G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 6 - G. F. Unger - E-Book

G. F. Unger Western-Bestseller Sammelband 6 E-Book

G. F. Unger

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Beschreibung

3 spannende Westernromane lesen und sparen!

G.F. Unger ist der erfolgreichste deutschsprachige Western-Autor. Mit einer Rekordauflage von über 250 Millionen Exemplaren gehört er zur internationalen Spitzenklasse der Spannungsliteratur. Und das zu Recht!

Niemand vermag es wie er, die unermesslichen Weiten des amerikanischen Westens und die Stärke der unerschrockenen Männer, die sie erschlossen, zu beschreiben. Erleben Sie den amerikanischen "Wilden Westen", wie nur G.F. Unger ihn schildern kann: hart, authentisch, leidenschaftlich.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2365 bis 2367:

2365: Die Geisterherde

Der Leithengst einer Geisterherde hatte mir meine wertvollen Zuchtstuten geraubt. Ich war fest entschlossen, sie mir zurückzuholen, auch wenn dieser Killerhengst schon mehr als einen Mann getötet hatte ...

2366: Missouri-Legende

Noch nie hatte es jemand geschafft, fünfhundert Rinder auf dem Big Muddy ins Goldland von Montana zu bringen. Doch für die schöne Karen Hutchinson wagt Barton Lane das Unmögliche ...

2367: Die Ranch am Raton Pass

Jim Bates kämpft die Bande nieder, die sich auf seiner Ranch breitgemacht hat. Es ist ein nutzloser Sieg, denn er hätte den schwer verwundeten Banditenboss nicht am Leben lassen dürfen ...

Der Inhalt dieses Sammelbands entspricht ca. 250 Taschenbuchseiten.
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Seitenzahl: 461

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln Coverillustration: Manuel Prieto/Norma ISBN 978-3-7325-8253-2

G. F. Unger

Western-Bestseller Sammelband 6

Inhalt

G. F. UngerG. F. Unger Western-Bestseller 2365 - WesternDer Leithengst einer Geisterherde hatte mir meine wertvollen Zuchtstuten geraubt. Ich war fest entschlossen, sie mir zurückzuholen, auch wenn dieser Killerhengst schon mehr als einen Mann getötet hatte ...Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2366 - WesternNoch nie hatte es jemand geschafft, fünfhundert Rinder auf dem Big Muddy ins Goldland von Montana zu bringen. Doch für die schöne Karen Hutchinson wagt Barton Lane das Unmögliche ...Jetzt lesen
G. F. Unger Western-Bestseller 2367 - WesternJim Bates kämpft die Bande nieder, die sich auf seiner Ranch breitgemacht hat. Es ist ein nutzloser Sieg, denn er hätte den schwer verwundeten Banditenboss nicht am Leben lassen dürfen ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Die Geisterherde

Vorschau

Die Geisterherde

Ich war mit einem Dutzend prächtiger Stuten unterwegs, die von Black Diablo gedeckt worden waren. Und die ganzen Wochen hatte ich dafür bei Colonel Walker umsonst gearbeitet.

Denn Colonel Walker besaß die berühmteste Pferdezucht auf tausend Meilen in der Runde. Und sein Deckhengst Black Diablo war ein absoluter King mit außergewöhnlichen Eigenschaften.

Meine Stuten hatten ihm mächtig gefallen.

Nun konnte ich hoffen – nachdem sie einige Wochen mit ihm durch das Tal gezogen waren –, dass sie mir prächtige Nachkommen von Black Diablo schenken würden.

Irrtum!

Noch ahnte ich nicht, wie sehr ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht hatte …

Colonel Walker war während des Krieges mein Kommandeur gewesen. Und er stand in meiner Schuld, weil ich ihn mal zwanzig Meilen durch die feindlichen Linien transportiert hatte, als er schon halb tot gewesen war.

Nun bezahlte er seine Schuld auf diese Weise.

Wir fingen dann meine zwölf Stuten wieder aus Black Diablos Herde. Und dann machte ich mich auf den Weg mit ihnen.

Alfredo war bei mir, ein alter Mexikaner, der zu Fuß ein hinkender Zwerg und im Sattel ein stolzer Ritter war.

Nun waren wir schon einige Tage unterwegs. Denn wir suchten ein schönes Tal in den Santa Catalinas, wo ich meine Pferderanch gründen wollte.

Es musste dort genügend Wasser geben. Und natürlich musste es ein Blaugrastal sein. Denn Blaugras, nun, dies enthielt besondere Mineralien, die für die Pferdezucht so ungeheuer wichtig sind.

Es war in der siebenten Nacht, als uns die Bande überfiel.

Schon die Tage und Nächte zuvor hatten wir stets irgendwie das Gefühl gehabt, dass man uns beobachtete und wir nicht allein durch das Land zogen.

Doch nie sahen wir andere Reiter. Es gab auch niemals irgendwelche Zeichen in der weiten Umgebung, zum Beispiel ein Blinken von Metallteilen in der Sonne, Staubfahnen oder Vögel, die sich in der Luft anders als üblich verhielten.

Es gab keine Zeichen. Nur unser Gefühl ließ uns immer wieder spüren, dass etwas in unserer Umgebung nicht in Ordnung war.

Doch dann, in der siebenten Nacht, schlugen sie zu.

Sie waren eine böse Mörderbande, nicht einfach nur Pferdediebe, die man in diesem Lande aufhängte, wenn man sie fangen konnte.

Nein, sie waren Mörder.

Denn sie schossen Alfredo, der die zweite Nachtwache hatte, mit einer Schrotflinte einfach vom Pferd.

Und als ich aus dem Schlaf hochfuhr, mich mit dem Colt in der Hand aus den Decken rollte, da bekam ich es ebenfalls. Sie hatten sich lautlos wie Schatten gegen Ende der Nacht angeschlichen und sogar den erfahrenen Alfredo überlistet, einen Mann, der wachsam und listig war wie ein Apache.

Ich erhielt einen Schlag auf den Kopf und fiel in tiefe Bewusstlosigkeit, wusste von nichts mehr.

Die Sonne weckte mich, weil sie bereits ziemlich stark brannte.

Es dauerte aber eine Weile, bis ich begriff, dass mein armer Kopf zwar böse und gnadenlos schmerzte, hämmerte, pochte, aber bis auf die Schramme über dem Ohr dennoch einigermaßen heil war.

Das herauslaufende Blut hatte mein Haar getränkt und bildete eine Kruste.

Als ich die Augen öffnete, da glaubte ich zuerst, es wäre noch Nacht. Doch das konnte nicht sein, denn ich spürte die warme Sonne.

Doch bald lichtete sich die Schwärze vor meinen Augen.

Nein, ich war nicht blind. Ich konnte nach kurzer Zeit wieder normal sehen. Nur die hämmernden Schmerzen in meinem Kopf blieben. Ich begriff, dass mich Kugel getroffen hatte und wie ein Keulenschlag gewirkt haben musste.

Und so kroch ich zur Wasserstelle, um mich zu erfrischen. Aufzustehen, das wagte ich nicht. Denn dann wäre ich gewiss ohne Gleichgewichtsgefühl wie ein Betrunkener umhergetaumelt.

Es dauerte dann ziemlich lange, bis es mir endlich wieder besserging. Immer wieder steckte ich den Kopf ins Wasser und wusch mir das getrocknete Blut aus dem Haar, betastete mit zitternden Fingern meine Streifwunde über dem Ohr.

Sie hatten mich für tot liegen lassen, glaubten an einen Kopfschuss.

Aber ich lebte.

Und endlich beschäftigte ich mich nicht nur mit meiner eigenen Not, sondern dachte an Alfredo.

Ja, was hatten sie mit ihm gemacht? War er tot?

Ich kam auf die Füße, verharrte eine Weile schwankend und wartete, bis sich in meinem Kopf nicht mehr alles so schlimm drehte und auch das Flimmern vor meinen Augen nachließ.

Dann machte ich mich auf den Weg.

Ich fand Alfredo etwa hundert Schritte weiter auf der anderen Seite der Wasserstelle, dort also, wo er meine zwölf Stuten immer wieder umritten hatte, wenn in der Ferne Wölfe oder Coyoten heulten und sie unruhig wurden.

Zuerst hielt ich Alfredo für tot. Denn sie hatten ihn übel mit Blei gefüllt, mit sogenanntem Indianerschrot.

Doch vielleicht war die Entfernung etwas zu weit gewesen oder die Pulverladung war zu schwach. Jedenfalls waren die Bleikugeln nicht besonders tief in seinen kleinen und zähen Körper eingedrungen.

Gewiss, er hatte viel Blut verloren, denn die Wunden hatten stark geblutet. Doch er lebte noch. Ich musste nur alles tun, um ihn zu retten.

Aber was konnte ich tun?

Verdammt, mir wurde in dieser Minute erst klar, dass sie uns ausgeraubt hatten.

Es war alles weg, was wir als Gepäck und Lagergerät mit uns führten. Es war nicht viel gewesen, aber auch das Wenige wäre jetzt so wichtig gewesen.

Weil meine Stiefel so abgerissen waren, hatten sie sich wohl nicht dafür interessiert. Aber unsere Waffen waren weg, auch unsere Sättel, die Deckenrollen und die Satteltaschen. In einer der Satteltaschen war Verbandszeug.

Grimmig fluchend holte ich mein Apachen-Messer aus dem Stiefelschaft. Wenigstens das Messer hatte ich noch.

Und dann machte ich mich daran, Alfredo das Blei aus dem Körper zu holen. Ich musste dieses verdammte Mistzeug eigentlich nur mit der Messerspitze heraushebeln. Aber er fing natürlich sofort wieder an zu bluten. Wie viel Blut hatte der kleine Kerl wohl? Dies fragte ich mich.

Ich nahm mein Unterhemd, riss es in Stücke und verband ihn so gut ich konnte, und dort, wo dies möglich war.

Ich kannte mich einigermaßen aus mit den Heilkräutern der Indianer. Und so begann ich wenig später die Umgebung der Wasserstelle abzusuchen. Ich machte aus einigen Heilkräutern eine dicke Pampe und pappte sie auf die Wunden.

Dann aber fand ich etwas ganz Großartiges: Honig.

Ja, es gab in einem hohlen Baum auf der anderen Seite der Wasserstelle tatsächlich ein Bienenvolk. Vorsichtig wie ein Bär holte ich mir Honig. Einige Male wurde ich gestochen, aber gegen meine höllischen Kopfschmerzen war das eigentlich nur ein Streicheln, mehr nicht.

Aber Honig von wilden Bienen – das wusste ich – war gut für Wunden. Diese schlossen sich schneller und entzündeten sich nicht.

Nun, ich tat also alles für Alfredo Gonzales.

Als ich mit Alfredo fertig war, da war ich restlos erledigt und fiel neben ihm in einen ohnmachtsähnlichen Schlaf. Das konnten auch meine hämmernden Kopfschmerzen nicht verhindern.

Es war am späten Nachmittag, als ich die Wagen kommen hörte. Sie mussten an die Wasserstelle kommen, denn diese war ja ein Haltepunkt am Wagenweg. Hier gab es Wasser für Mensch und Tier.

Ich hockte neben Alfredo, als die Frau zu mir geritten kam. Als ich wenig später auf meinen Füßen stand, wurde mir wieder schwarz vor Augen. Doch das verging nach einigen Atemzügen.

Und als ich zu ihr aufblickte, da sah ich, dass sie ein Prachtweib war, o ja, ein wirkliches Prachtweib, das wie eine Amazone im Sattel saß.

Wir musterten uns eine Weile. Dann fragte sie: »Pech gehabt?«

Ich wollte nicken, doch wegen meines schmerzenden Kopfes unterließ ich es und erwiderte nur: »O ja, Ma’am, das kann man wohl sagen.«

Sie sah auf Alfredo und fragte: »Dem geht es wohl nicht besonders?«

»Nein, Ma’am«, sprach ich heiser mit einer Stimme, die mir fremd vorkam. »Dem geht es wirklich schlecht. Vielleicht stirbt er mir in der kommenden Nacht. Er bekam eine Ladung Indianerschrot. Ja, vielleicht stirbt er mir.«

Sie glitt aus dem Sattel. Für eine Frau war sie mittelgroß und mehr als einen Kopf kleiner als ich. Ihre Bewegungen waren geschmeidig. Sie hatte grüne Katzenaugen und pechschwarzes Haar. Auf ihrer Nase entdeckte ich Sommersprossen.

Verdammt, mir ging es wahrhaftig dreckig. Und dennoch machte sie einen gewaltigen Eindruck auf mich. Ja, sie gefiel mir.

Sie war mit zwei Frachtwagen und vier Männern gekommen. Nun kniete sie neben Alfredo und untersuchte ihn, so, als verstünde sie etwas von Kranken und deren Pflege.

Dann sah sie mich an.

»Was ist passiert?«

Ich sagte es ihr mit drei Sätzen. Sie fragte: »Wertvolle Stuten?«

»Sie waren einige Wochen mit Black Diablo auf dessen Weide«, erwiderte ich. »Haben Sie schon mal was von Black Diablo gehört, Ma’am?«

Sie nickte sofort. »Wer hat das nicht auf fünfhundert Meilen in der Runde?« So fragte sie zurück.

Wieder sah sie mich an. Ich spürte nicht nur ihre Ausstrahlung, nein, da war mehr, nämlich ihr Instinkt. Und dieser tastete an mir und versuchte in mich einzudringen. Jedenfalls empfand ich das so.

»Und was haben Sie jetzt vor, Mister?« So fragte sie.

»Adams, Kelso Adams ist mein Name, Ma’am«, murmelte ich. Dann deutete ich auf die beiden Frachtwagen. Es waren schwere Murphy-Wagen mit Anhängern. Und jeder wurde von acht Maultieren gezogen. Hinter den Wagen waren auch Sattelpferde angebunden. Die vier Männer sahen wie harte und zähe Burschen aus.

Ich fragte: »Ist das ein fahrender Store, Ma’am? Können Sie mir vielleicht alle notwendigen Dinge verkaufen? Ich muss meinen kleinen Helfer gesund pflegen, bevor ich etwas anderes unternehmen kann.«

Immer noch sah sie mir in die Augen.

Sie hatte volle, vitale Lippen, die eine Menge Empfindungen auszudrücken vermochten, die also herb und hart, aber auch weich und verlangend wirken konnten. Ich ahnte das irgendwie.

Dann fragte sie: »Ja, könnten Sie Ihre Einkäufe denn bezahlen, Kelso Adams? Wurden Sie denn nicht ausgeplündert, nachdem man Sie für tot hielt?«

Nun grinste ich und begann die Knöpfe meiner alten, befransten Lederjacke abzureißen. Es waren große, mit Leder bezogene Knöpfe. Aber wie auch die ganze Jacke waren sie sehr unansehnlich, verbraucht und abgenutzt.

Mit der Messerspitze schnitt ich den Lederüberzug auf. Und da kam jedes Mal ein blanker Double Eagle zum Vorschein.

An meiner Jacke waren sechs solcher Knöpfe, also hatte ich einhundertzwanzig Dollar in Gold als eiserne Reserve. Das begriff sie schnell.

»Sie sind offenbar ein kluger Mann, Kelso Adams«, sagte sie und lächelte. »Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Mein Name ist Sue Golden. Ich denke, dass mein Vorschlag Ihnen gefallen wird.«

»Ich höre, Ma’am, ich höre«, sagte ich nur.

»Ich gebe Ihnen ein Pferd«, sprach sie. »Überdies rüste ich Sie aus mit Waffen und Proviant. Und Ihren kleinen Helfer transportieren wir in einem der Wagen nach Golden Mesa, wo ich den General Store betreibe. Wir werden alles tun, um Ihren Reiter am Leben zu halten.«

»Gut«, nickte ich. »Und was kostet das alles?«

Sie lächelte verständnisvoll, so, als wüsste sie zu gut, dass in mir Misstrauen sein musste, weil es nun mal auf dieser Welt nichts umsonst gab. Für alles musste man stets den Preis zahlen.

Sie fragte: »Ihre Stuten – waren es besonders gute Zuchtstuten?«

Ich nickte. »Die besten, die man sich denken kann.«

»Und sie wurden alle von Black Diablo gedeckt?«

Wieder nickte ich.

»Dann möchte ich das zuerst geborene Fohlen«, sprach sie ernst und hielt mir die Hand hin. »Abgemacht?«

Ich nahm die Hand und sah ihr dabei in die Augen.

Verdammt, was war sie für ein Prachtweib! Noch nie im Leben war ich solch einer Frau begegnet.

Und ich wusste, wo ich sie wiederfinden würde, wenn alles vorbei und geregelt war. Doch dann fiel mir ein, dass sie ja wahrscheinlich schon einen Mann hatte, einen ganz besonderen Mann. Denn solch eine Frau konnte nur einem Mann gehören, der wie kein anderer unter zehntausend Männern war.

Ich fragte: »Miss oder Mrs Golden?«

Sie sah mich wieder fest an, und ich spürte, dass sie genau wusste, warum ich es wissen wollte.

»Mrs Golden«, erwiderte sie. »Aber ich bin Witwe. Ist Ihre Neugierde nun gestillt, Mister Adams? Kann man eigentlich mit solch einem Brummschädel überhaupt neugierig sein?«

»Doch«, murmelte ich. »Das ist möglich, wenn man einer Frau wie Ihnen begegnet.«

Ihre langen Wimpern senkten sich. Einen Moment lang waren ihre Augen verborgen. Dann wandte sie sich ab und rief ihren Männern zu: »Wir rüsten Mister Adams neu aus und geben ihm den zähen Pinto …«

☆☆☆

Eine knappe Stunde später war ich unterwegs, so schlecht es mir auch ging. Denn mein armer Kopf nahm mir jeden Schritt des Pferdes übel, und der Schmerz darin war wie ein ständiges Warnsignal für mich, dass er platzen wollte.

Doch ich konnte den Pferdedieben, die uns ermordet zu haben glaubten, keinen weiteren Vorsprung gestatten. Es ging ja nicht nur um Vergeltung oder Rache, nein, es ging um die Basis meines zukünftigen Lebenswerkes.

Denn die zwölf wunderbaren Stuten, welche gewiss Fohlen bekommen würden von dem berühmten und einmaligen Hengst Black Diablo, sollten der Anfang einer Pferdezucht werden, die mein Lebenswerk sein würde, auf das ich stolz und mit Zufriedenheit zurückschauen konnte, wenn ich eines Tages ein alter Mann sein würde.

Eine berühmte Pferderanch, so eine wie Colonel Walker sie hatte, dies war mein Ziel – oder mein Traum.

Denn ich liebte Pferde. Für mich waren sie edle Geschöpfe. Es war eine Freude, sie auf einer Weide zu beobachten.

Ich konnte also nicht warten, bis mein Kopf sich manierlicher benahm. Ich musste der Fährte folgen. Denn schon beim nächsten Unwetter konnte sie verwischt werden.

Ich ritt auf der Fährte bis in die späte Nacht hinein, und bis ich nicht mehr sicher sein konnte, ob ich überhaupt noch auf der Fährte ritt, also die Richtung noch stimmte.

☆☆☆

Als der Morgen graute, wurde ich wach. Mein Kopf hatte sich beruhigt. Die hämmernden Schmerzen waren zu ertragen.

Ich trank Wasser aus der Flasche und aß etwas Rauchfleisch zu harten Biskuits.

Noch bevor die Sonne hochkam, ritt ich weiter. Und immer noch war die Fährte klar. Diese Narren waren sorglos wie Glücksspieler, die noch nie in eine Pechsträhne geraten waren und deshalb ständig an ihr Glück glaubten.

Doch diesmal würde es anders sein.

Noch einmal musste ich eine Nacht auf der Fährte meiner zwölf Stuten verbringen und trotz meines gemarterten Kopfes noch fast einen langen Tag im Sattel bleiben. Manchmal dachte ich an den kleinen Alfredo Gonzales und fragte mich, ob er noch am Leben war.

Doch ich hatte großes Vertrauen zu Sue Golden, war sicher, dass sie und ihre Männer alles tun würden, um Alfredo zu retten.

An diesem Tag gelangte ich zu einem Wegweiser, der an der Kreuzung zweier Wagenwege stand. Es waren nur selten benutzte Wagenwege, nur erkennbar an den Radfurchen und Hufspuren, keine richtigen Wege.

Auf diesem alten, verwitterten Wegweiser konnte ich lesen, dass es in Richtung Westen nach Golden Mesa ging. Bis dorthin sollten es siebenundfünfzig Meilen sein.

Nun wusste ich, wohin sie Alfredo Gonzales bringen würden und wo ich ihn finden würde, sobald ich meine Stuten zurückerobert hatte.

Deren Fährte führte weiter nach Norden ins Gila-River-Land.

Wohin wollten sie mit meinen Stuten? Vielleicht hinauf zur noch sehr fernen Mogollon Mesa? Sie mussten doch irgendwo einen Abnehmer haben. Denn diese vier Kerle waren gewiss keine Pferdezüchter. Sie wollten schnelles Geld, um sich damit irgendwo in einem Hurenhaus amüsieren zu können.

Ich ritt weiter.

Und als die Nacht anbrach, da sah ich von einem Hügelsattel aus das Feuer an einem Creek, den wahrscheinlich Biber zu einem See angestaut hatten. Denn als der Mond klarer wurde im schwindenden Dunst des Himmels, da begann der kleine See wie Silber zu glänzen. Das Feuer war nur ein rotes Auge in dieser heller werdenden Nacht.

Ich aber wusste, dass ich die Kerle eingeholt hatte.

Mein Kopf schmerzte immer noch ein wenig, doch längst nicht mehr so schlimm wie während der beiden vorherigen Nächte.

Ich ritt hinunter ins Tal und auf das Feuer zu, welches ich nur dann und wann sehen konnte, weil Bäume, Büsche und Felsen mir immer wieder die Sicht versperrten. Aber ich wusste ja, wo ich die Bande und meine Stuten finden würde. Ich kannte die Richtung.

Als ich so nahe heran war, dass ich den Rauch des Feuers wittern konnte, welcher mit dem leichten Wind durch das Tal strich und mir entgegen kam, da hielt ich an.

Ich ließ mein Pferd zurück, nahm das Gewehr in die Rechte und lockerte den Revolver, den ich links im Holster trug.

Die Stuten befanden sich dicht beim See auf meiner Seite. Die meisten hatten sich niedergetan. Ich verharrte zwischen den Büschen, von denen es hier so dicht am Wasser viele gab.

Und dann hörte ich den Reiter kommen. Er summte vor sich hin, als könnte er wie ein guter Mensch mit sich und dieser Welt zufrieden sein.

Als er mir ziemlich nahe war, da hielt er brummend an und knurrte vernehmlich: »Verdammt, ich glaube, ich bekomme die Scheißerei.«

Bei diesen Worten saß er ab, ließ die Zügel seines Pferdes fallen und begann sich die Gürtelschnallen zu öffnen. Aber als er sich die Hosen herunterlassen wollte, da trat ich zwischen den Büschen hervor hinter ihn und sagte ruhig: »He, mein Guter!«

Er hielt inne und wandte sich mir zu.

Und da gab ich es ihm.

Ich hielt das Gewehr quer vor meiner Brust und stieß es ihm wie eine Eisenstange unter seinem Kinn gegen den Hals.

Er tat keinen Mucks. Das konnte er gar nicht. Er fiel auf die Knie und legte sich zur Seite. Dabei schnappte er nach Luft. Und zugleich ging ihm alles, was er bisher mühsam gebändigt hatte, in die Hose.

Ich gab ihm dann noch was auf den Kopf und machte mich auf den Weg zum Feuer.

Ja, dort lagen sie zu dritt auf ihren Decken und benutzten die Sättel als Kopfkissen. Sie schliefen noch nicht. Einer rauchte. Ein anderer war dabei, sich liegend seiner Stiefel zu entledigen. Und der Dritte saß im Indianersitz und schnippelte mit seinem Messer an seinen Zehennägeln herum.

Dies alles wurde vom Feuerschein gut beleuchtet.

Ich trat nun in diesen Feuerschein, so als gehörte ich zu ihnen. Nur noch das Feuer war zwischen uns. Vorhin hatte es einen Moment etwas gequalmt, sodass ihnen die Sicht auf mich erschwert wurde. Doch nun hoben sie ihre Blicke und sahen, dass ich ein Fremder war.

»Jungs«, sprach ich, »heute ist gar kein Glückstag für euch.«

Sie erkannten mich wieder. Vielleicht hielten sie mich für einen Sekundenbruchteil sogar für einen Geist.

Dann brüllten sie auf und griffen zu den Waffen, die griffbereit neben ihnen lagen. Sie waren zwar zu dritt, doch nicht schnell genug.

Ich schoss zugleich mit dem Gewehr, welches ich am Kolbenhals gepackt hielt, und mit dem Revolver. Sue Golden hatte mir gute Waffen gegeben.

Ich traf die Mistkerle, bevor sie mich treffen konnten.

Die Schüsse verklangen in der Runde des Tales. Ich hörte die Kerle stöhnen und dann das zitternde Ausatmen eines der Kerle.

In mir war Bitterkeit und Widerwillen.

Aber ich hatte keine andere Wahl gehabt.

☆☆☆

Als es dann endlich Tag wurde, war alles klar.

Einer war tot. Die drei anderen würden überleben, auch jener unter ihnen, der nun einen schrecklich dicken Hals und eine faustgroße Beule am Kopf hatte.

»Ihr habt großes Glück«, sprach ich, »dass ihr am Leben geblieben seid.«

Sie begannen mich zu verfluchen. Es wurde ihnen klar, dass sie völlig in meiner Hand waren. Denn ich hatte sie entwaffnet. Sie waren entweder angeschossen oder – wie der eine – sozusagen »halskrank«. Und jener Halskranke mit der großen Beule am Kopf hatte sich überdies noch kräftig in die Hosen gemacht. Er stank bis zu mir herüber.

Was sollte ich mit ihnen tun?

Sie hatten Alfredo und mich töten wollen, uns für tot liegen gelassen. Und es konnte durchaus sein, dass Alfredo doch noch starb. Sie waren Pferdediebe, und Pferdediebe wurden nicht nur in Texas, sondern auch hier in New Mexico gehängt.

Nach unseren ungeschriebenen Gesetzen hier hatten sie den Tod verdient.

Aber konnte ich Richter und Henker sein?

Ich sagte zu dem Stinker: »Geh in den See und mach dich sauber. Ihr stinkt mir ohnehin schon zu viel, auch wenn ihr euch nicht in die Hosen macht. Und dann kannst du dich um deine Partner kümmern. Vielleicht schaffst du es auch, sie am Leben zu erhalten. Na los, mach dich sauber, du Hosenscheißer!«

Ich erhob mich von dem Baumstumpf, auf dem ich saß, und ging mein Pferd holen.

Als ich im Sattel zurückkam, da stand der Bursche im See und wusch seine Hose. Er starrte böse zu mir herüber. Einer seiner Kumpane aber rief stöhnend: »Na los, Rusty, komm her und kümmere dich um uns! Er hat es dir doch erlaubt. Du kannst dich auch ohne Hose um uns kümmern. Wir laufen aus. Und Lefty hat die Kugel noch in der Schulter. Komm endlich her, verdammt!«

Ich kümmerte mich nicht weiter um die Mistkerle.

Alles, was sie Alfredo und mir abgenommen hatten, packte ich wieder zusammen. Ich sattelte unsere Pferde und belud sie mit unseren Sattelrollen, Satteltaschen und unserem wenigen Lagergerät.

Nun trug ich auch wieder meinen eigenen Colt und hatte meinen eigenen Spencer-Karabiner im Sattelschuh.

Alles hatte ich wieder.

Doch ich würde eine höllisch schwere Arbeit zu leisten haben. Denn ich musste nun meine Stuten und unsere beiden Sattelpferde allein treiben.

Und ich musste nach Golden Mesa.

Denn dorthin wollte die schöne Sue Golden Alfredo bringen.

Würde ich dort nur sein Grab besuchen können? Oder würde ich ihn lebend auf einem Krankenlager vorfinden?

☆☆☆

Alfredo fehlte mir sehr, und so hatte ich eine höllisch schwere Arbeit zu leisten. Die Stuten – so schön und wunderbar sie auch sein mochten – benahmen sich immer wieder wie verdrehte Frauenzimmer, denen ständig irgendein Blödsinn in den Kopf kam, dem sie dann auch spontan nachgaben.

Zum Glück konnte ich nun auch Alfredos Pferd benutzen, die Reitpferde also abwechselnd reiten.

So zog ich also mit meinen Stuten durch das Land in Richtung Golden Mesa.

Was war Golden Mesa für eine Stadt? In was für ein Land würde ich kommen? Gab es dort vielleicht eine gute Weide für meine Stuten?

Wenn Alfredo noch lebte und vielleicht gar Wochen oder Monate brauchte, um wieder gesund zu werden, dann musste ich in seiner Nähe bleiben.

Ich hatte also in den nächsten Tagen harte Sattelarbeit zu leisten. Und auch in den Nächten bekam ich nicht viel Schlaf. Gewiss, ich hielt die Stuten stets in einem Seilcorral unter einigermaßen sicherer Verwahrung, aber immer dann, wenn in der Ferne Wölfe oder Coyoten heulten, wurden sie unruhig. Und dann musste ich hin zu ihnen und sie beruhigen, mit ihnen also reden, damit sie sich beschützt fühlten. Sie waren wirklich so schwierig wie verdrehte Frauenzimmer.

Es war dann gegen Ende der vierten Nacht – und ich hatte in einem engen Canyon das Camp aufgeschlagen –, als ich den donnernden Hufschlag hörte und aus den Decken sprang.

Dieser donnernde Hufschlag wurde nicht von Rindern erzeugt, nein, da kam eine große Pferdeherde durch den Canyon gejagt. Das vielstimmige Wiehern und Schnauben aber wurde immer wieder von einem schmetternden Laut übertönt, so, als würde eine Riesentrompete geblasen.

Dieser mächtige trompetenhafte Ton übertönte auch den donnernden Hufschlag.

Ich begriff sofort die Gefahr und machte, dass ich in den Sattel kam. Denn natürlich hatte ich auch in den Nächten stets eines der Pferde dicht neben meinem Lager gesattelt zur Verfügung.

Und so war ich binnen weniger Sekunden im Sattel, ließ alles stehen und liegen.

Es war eine Nacht mit einem blassen Mond an einem milchig wirkenden Himmel, welcher auch die Sterne nur ganz blass wirken ließ.

Sie kamen dann herangedonnert. Es war eine große Wildpferdherde von gewiss mehr als hundert Tieren, vielleicht sogar zweihundert.

Und als sie nahe genug waren, da erschrak ich. Denn sie alle wirkten wie Schimmel, nämlich weiß, fahlgrau, so als wären sie Geisterpferde. Denn unmöglich konnte es eine Herde nur von Schimmeln geben. Aber sie alle waren weiß oder fahlgrau.

Ein riesiger Hengst führte sie an.

Er kam genau auf mich zu galoppiert, so, als wollte er mich mitsamt meinem Wallach niederrammen. Dabei stieß er wieder das gewaltige Trompeten aus.

Ich riss meinen Braunen zur Seite und dann auf der Hinterhand herum. Nun hielt ich an der rechten Flanke der Herde, versuchte an die Spitze zu kommen.

Inzwischen hatten meine Stuten den Seilcorral niedergerissen, in dem sie sich mit den beiden anderen Sattelpferden befanden, und schlossen sich der Geisterherde an. Ja, ich nannte sie in meinen Gedanken bereits »Geisterherde«, weil sie alle wie in Milch getaucht wirkten – und weil ich im Unterbewusstsein glaubte, dass Geister alle weiß oder weißgrau wirkend umherschwebten.

Gewiss, die wie verrückt galoppierende Herde machte eine Menge Lärm. Geister aber waren lautlos.

Dennoch kam mir die Herde, mit der nun auch meine Pferde galoppierten, völlig anders und unwirklich vor.

Verdammt, erst hatten mir Pferdediebe die Stuten gestohlen und nun tat es dieser verdammte Hengst mit seiner geisterbleichen Herde.

Ja, ich war auch bereit, ihn zu erschießen, sollte er sich nicht abdrängen lassen oder mich sogar angreifen. Letzteres traute ich ihm zu. Denn von Anfang an war er mir wie ein böses Untier vorgekommen.

Ich schaffte es tatsächlich nach vorn an die Spitze der Herde und dicht neben den gewaltigen Hengst zu gelangen. O ja, er war ein Riesenpferd, gewiss an die vierzehn Zentner schwer. Aber er lief leicht und geschmeidig.

Als ich ihn abzudrängen versuchte, da rammte er gegen meinen Braunen.

Wir – mein Brauner und ich – stürzten, und ich musste zusehen, dass ich heil aus dem Sattel kam.

Als ich noch über den Boden rollte, sprangen einige der Pferde über mich hinweg. Aber eines der Tiere traf mich mit einem nach hinten auskeilenden Huf.

Und so verlor ich das Bewusstsein.

Als ich erwachte, war es still.

Für einen Moment glaubte ich an einen Albtraum. Doch dann spürte ich den Schmerz an meiner Schläfe, wo der auskeilende Huf mich gestreift hatte.

Ich fühlte mit meiner Hand und spürte Blut.

Mein armer Kopf hatte schon wieder etwas abbekommen.

Ich kam endlich auf die Füße. In der Nähe stand mein Brauner und schnaubte. Wenigstens er hatte mich nicht im Stich gelassen. Er stand da mit hängenden Zügeln und verharrte auf dem Fleck, so wie er es gelernt hatte, wenn die Zügelenden zu Boden hingen.

Ja, er war ein guter Partner.

Ich schwankte zu ihm und zog mich wieder in den Sattel.

Dann folgte ich der Fährte. Aber der zuerst so milchig wirkende Himmel wurde immer dunkler. Der Mond und auch die bisher nur blassen Sterne verschwanden hinter dunklen Wolken.

Die Fährte war nicht mehr zu verfolgen.

Ich hielt an. Verdammt, was sollte ich jetzt tun?

Was vor mir lag, konnte ich nicht erkennen. Ich befand mich in einer Schwärze, die mich umschloss wie die Finsternis in einem Keller ohne Fenster.

Also verließ ich mich auf meinen Braunen und hoffte, dass er auf der breiten Fährte bleiben würde.

Er ging auch vorwärts im Schritt, schnaubte manchmal.

Nach einer Weile blieb er stehen. Ich beugte mich nach vorn und versuchte über seine Ohren hinweg etwas zu erkennen.

Endlich begriff ich, dass mein Brauner am Ufer eines Sees verhielt, welcher wie Milch in der Dunkelheit schimmerte.

Was nun?

Ich konnte in der Dunkelheit nicht viel unternehmen. Es war auch kaum anzunehmen, dass die Herde in den See gelaufen war. Also lenkte ich mein Pferd am Ufer entlang. Weil der See so milchig schimmerte, war der Uferrand gut zu erkennen.

Ich weiß nicht, wie lange ich am Ufer entlang ritt – hundert Yards, zweihundert oder gar eine Viertelmeile.

Jedenfalls sah ich plötzlich zu meiner Linken Lichter in der Ferne.

Ich begriff, dass es links von mir einen Canyon gab, der vom See weg nach Westen führte. Und dort am Ende des Canyons, einige Meilen entfernt vom See, da musste es eine kleine Stadt geben. Denn ich erkannte mehr als ein Dutzend Lichter. Sie leuchteten gelblich in der schwarzen Nacht.

Es musste der Ort Golden Mesa sein. Denn sonst gab es weit und breit keinen anderen Ort von dieser Größe auf gewiss mehr als hundert Meilen in der Runde.

Ja, dort musste Golden Mesa sein.

Ich ritt wieder an. Die Lichter waren mein Ziel.

Und dieser verdammte Hengst, der mir mit seiner bleichen Herde meine Stuten gestohlen hatte, sollte mich noch kennenlernen.

☆☆☆

Ja, es war Golden Mesa, ein kleiner Ort mit einer einzigen Straße und einigen Quergassen.

Ich ritt langsam hinein. Die Häuser waren allesamt aus Adobe, also Lehmziegeln, oder gar Bruchsteinen errichtet. Es musste ein sehr alter Ort sein, denn die Bauten waren im spanischen Stil errichtet. Es gab auch eine Plaza. Dort stand eine alte Kirche mit einem Glockenturm.

Es herrschte noch etwas Leben in Golden Mesa. Sattelpferde standen vor einer großen Cantina und einem Saloon. Irgendwo klimperte eine Gitarre. Es gab ein Golden Hotel und einen Golden General Store.

Ich hielt vor dem Store, saß ab und trat ein.

Und da sah ich Sue Golden wieder.

Sie stand hinter dem Ladentisch und unterhielt sich mit zwei männlichen Kunden, die sich beide dicke Zigarren angesteckt hatten.

Als ich eintrat, wandten sie sich mir zu – und es war ein Lauern in ihren Blicken. Ich sah ihnen an, dass sie von einem Sekundenbruchteil zum anderen ihre Lockerheit aufgegeben hatten, mit der sie sich unterhielten. Nun wirkten sie gespannt und wachsam, bereit für alles.

Aber Sue Golden erkannte mich. Sie sagte: »Aaah, Kelso Adams, da sind Sie ja. Ich habe Sie in diesen Tagen erwartet. Ging alles gut?«

Die beiden Kunden entspannten sich wieder. Dass Sue Golden mich kannte, beruhigte sie offensichtlich sehr. Dennoch gingen sie eilig hinaus, nahmen jeder einen Sack mit irgendwelchen Einkäufen mit.

Ich aber stand Sue Golden gegenüber. Nur der Ladentisch trennte uns.

»Hallo«, sagte ich. »Und was Ihre Frage betrifft – nun, ich holte mir zwar meine Zuchtstuten zurück, aber dann wurden sie mir von einem Hengst gestohlen, der mit einer bleichen Herde über mein Camp raste und sie mitnahm. Ich konnte in der schwarzen Nacht nicht länger der Fährte folgen – nur bis zu einem bleichen See, dessen Wasser wie Milch zu sein schien. Ich sah dann links durch einen Canyon die Lichter von Golden Mesa in der Schwärze glänzen. Und nun bin ich erst einmal hier. Morgen will ich die Fährte wieder aufnehmen. Ma’am, Sie bekommen das erste Fohlen von Black Diablo unter Garantie.«

Sie sah mich im Lampenschein seltsam an.

»Ich lade Sie zum Abendbrot ein, Kelso Adams«, sprach sie dann. »Einer meiner Leute wird Ihr Pferd versorgen. Ist es mein Tier, welches ich Ihnen lieh oder …«

»Es ist mein brauner Wallach«, unterbrach ich sie. »Ihr Pferd wurde ebenfalls von dieser merkwürdigen Herde mitgenommen.«

»Es ist die Geisterherde«, erklärte sie mir. »Man nennt sie hier so. Aber es sind nur wenige echte Schimmel unter den Tieren. Sie sind nur alle vom Wasser des Kreidesees so gefärbt. Ich erkläre Ihnen alles beim Abendessen. Wahrscheinlich hatten Sie großes Glück. Denn der Killerhengst hat schon mehr als einen Pferdejäger getötet. Übrigens, der kleine Alfredo wird es überstehen.«

Sie rief einige Worte in den Hintergrund des Stores und veranlasste so, dass man mein Pferd versorgen würde.

»Kommen Sie«, sprach sie dann. »Mir gehört auch das Gasthaus nebenan. Sie bekommen mein bestes Zimmer, können sich erst einmal waschen. Und in einer halben Stunde essen wir zu Abend. Gut so?«

Ich nickte nur und wunderte mich über die schöne Frau. Es war mir, als hätte auch sie ungeduldig auf unser Wiedersehen gewartet. Ja, ich glaubte es in ihren grünen Augen erkennen zu können, wie sehr sie sich über mein Kommen freute.

Und ich war sehr froh, dass Alfredo offenbar außer Gefahr war.

☆☆☆

Eine halbe Stunde später saßen wir uns in einem separaten Zimmer neben der Gaststube des Gasthauses an einem Tisch gegenüber.

Eine füllige Mexikanerin bediente uns.

»Das ist Esmeralda.« Sue Golden lächelte. »Sie hat mich großgezogen. Ich ließ sie hierher nachkommen. Aber das ist eine lange Geschichte. Und fast jeder Mensch in diesem Land kennt sie.«

»Nur ich nicht«, erwiderte ich.

Sue schüttelte den Kopf. »Nein, erst erzählen Sie, Kelso.«

Aber ich fragte: »Wie geht es Alfredo? Ich möchte es genauer wissen. Gibt es hier überhaupt einen richtigen Doc?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nicht hier bei uns in Golden Mesa. Auch nicht in mehr als hundert Meilen in der Runde. Aber wir haben hier bei uns die alte Juanita. Und die ist besser als jeder Doc. Alfredo liegt bei ihr in der letzten Hütte am Südende des Ortes. Sie sagte mir, dass er wieder wird. Sie mögen den kleinen Mann wohl sehr, Kelso Adams?«

Ich nickte. »Er ist äußerlich ein Zwerg, aber dennoch ein stolzer Caballero mit der Ehre eines echten Hidalgos. Ja, ich mag ihn sehr. Er ist mein Amigo.«

Sie sah mich eine Weile prüfend an.

»Und warum waren Sie mit Ihren Stuten unterwegs?« So fragte sie schließlich.

»Ich suchte eine Weide, eine Blaugrasweide in einem schönen Tal mit reichlich Wasser. Ich will eine Pferdezucht gründen. Eines Tages soll sie so berühmt sein wie die von Colonel Walker.«

Sie nickte, als könnte sie mein großes Ziel gut begreifen.

»Ja, ein Mann muss sich eine große Aufgabe stellen«, murmelte sie. »Und dann muss er alles tun, um dieses Ziel zu erreichen. Auch mein Mann wollte das. Aber der Hengst mit seiner Geisterherde trampelte ihn tot. Sie stampften ihn in den Boden. Diese Wildpferdherde ist verrückt.«

Als sie bitter endete, schüttelte ich den Kopf.

»Nicht die Herde, nur der Hengst, der um ihre Freiheit kämpft«, widersprach ich. »Er wollte auch mich angreifen und niedertrampeln. Aber die anderen Tiere sprangen über mich hinweg. Es ist sein gutes Recht, sich seine Freiheit zu erhalten.«

Ihre Augen wurden groß und weit. Zuerst blickten sie zornig, dann aber wandelte sich dieser Ausdruck in ein Staunen.

»Sie sind auch fair zu einem Killerhengst?« So fragte sie.

Ich zuckte mit den Schultern.

»War Ihr Mann auch Pferdezüchter und Wildpferdjäger?« Ich fragte es nach einer Weile, nachdem wir einige Bissen gegessen und auch die Tassen schon halb geleert hatten. Sie sah wieder vom Teller auf und mir in die Augen. Und wieder dachte ich: O Himmel, was hat sie für wunderschöne grüne Augen!

Ich hörte sie fragen: »Sie kennen dieses Land wohl nicht, Kelso Adams?«

»Nein, Ma’am«, erwiderte ich. »Ich kam aus Texas zu Colonel Walkers Pferderanch und zog dann mit meinen Stuten nach Norden auf der Suche nach einem Tal, das geeignet ist für Pferde. Ich sagte es schon. Mir ist dieses Land fremd.«

Sie nickte und wirkte nun fast traurig, zumindest aber resigniert oder betrübt.

Dann sprach sie: »Manchmal wiederholen sich Vorkommnisse auf dieser Erde. Aber erst will ich Ihnen etwas über dieses Land hier erzählen. Es ist ein Land der Geächteten, Gejagten, all jener Menschen mit Schatten auf der Fährte. Viele von ihnen werden gehasst und erwidern diesen Hass mit ganzer Kraft und Leidenschaft. Auch mein Mann war einer dieser Geächteten. Wir kamen eines Tages hierher und glaubten, dass wir alle Verfolger abgeschüttelt hätten und nun endlich bleiben könnten. Wir bauten eine Hütte in einem Blaugrastal, verhielten uns einige Wochen still und warteten auf das Auftauchen von Verfolgern. Aber es kamen keine. Dann begann mein Mann Wildpferde zu jagen. Ich half ihm dabei, so gut ich konnte. Wir bekamen eine stattliche Herde zusammen. Mein Mann begann mit dem Zureiten. Doch eines Tages kam der Hengst mit der bleichen Geisterherde durch den Kreidesee. Er riss die Umzäunung der Weidekoppel ein, auch die Corral-Stangen.«

Sie schwieg einen Moment nachdenklich, dann fuhr sie fort: »Mein Mann stellte sich ihm in den Weg, schoss auch auf ihn mit seinem schweren Colt. Und obwohl er sonst ein unfehlbarer Schütze war, traf er offenbar nicht oder nicht gut genug. Denn der Hengst rammte ihn zu Boden, stampfte ihn fast zu Brei. Und dann ließ der Hengst seine Herde über den Resten meines Mannes kreisen. Sein Wiehern machte alle Tiere verrückt. Das war keine normale Wildpferdherde mehr, es waren wilde Teufel. Ich hätte niemals geglaubt, dass Wildpferde so böse und verrückt werden könnten. Es gibt eigentlich nur eine einzige Erklärung für dieses Verhalten. Irgendwo in den Bergtälern muss es ein Locokraut geben, irgendwelche Pflanzen, von denen die Tiere so verrückt werden, dass sie ihre Verhaltensweisen total ändern. Und dazu tönt stets das trompetenhafte Wiehern des Hengstes gewaltig wie eine Posaune aus der Hölle. Ich fand nicht viele Überreste meines Mannes. Aber ich begrub sie, so gut ich konnte.«

Nach diesen Worten machte sie eine lange Pause. Auch ich schwieg, denn ich dachte intensiv nach. Irgendwie spürte ich, dass ich in diesem Land auf außergewöhnliche Dinge gestoßen war vielleicht auch auf ungeklärte Geheimnisse. Gab es vielleicht wirklich in diesen Tälern ein Locokraut, welches die Pferde zu verrückten Bestien machte? Oder war es nur der Hengst, der seine Herde veränderte, so wie fanatische Menschen auch eine Masse verändern konnten?

Ich sah Sue Golden wieder an.

»Aber jetzt scheinen Sie hier eine wohlhabende Frau zu sein, Ma’am«, sprach ich zögernd, so als könnte ich etwas nicht begreifen. Ich gab meiner Stimme einen scherzenden Klang. »Fanden Sie vielleicht eine Goldader?«

Sie sah mich noch einmal ernst und sehr prüfend an, und irgendwie spürte ich, dass sich eine für mich noch unbestimmbare Gemeinsamkeit zwischen uns aufzubauen begann.

Sie lächelte und sprach dann: »Sie kennen dieses Land wirklich nicht, Kelso Adams. Sonst hätten Sie auch von dem großen Spiel zwischen mir und Jack Morgan gehört, einem Spiel um alles oder nichts.«

»Nein«, erwiderte ich. »Das habe ich nicht.«

»Er ist der Boss von Golden Mesa«, sprach sie dann. »Und nicht nur von diesem Ort, nein, er ist der große Patron dieses Landes. Er hat sie alle hinter sich, alle, die hier Zuflucht suchen. Wer hier ein Exil sucht, der muss sich ihm unterwerfen. Nach dem Tod meines Mannes wollte er mich haben. Er bat mich um eine Chance. Ich gab sie ihm. Er setzte diesen Store und das Gasthaus ein. Ich mich selbst. Ich zog die bessere Karte. So war das.«

Ich staunte.

Dann fragte ich ungläubig: »Und er ist ein fairer Verlierer?«

»Weil er mich immer noch haben will.« Sie lächelte. »Und weil er erkannt hat, dass er mich nur bekommen kann, wenn ich ihn achte – und wenn er mir Zeit lässt.«

Sie verstummte nachdenklich, so, als müsste sie tief in sich hineinlauschen. Dann sah sie mich wieder fest an.

»So ist das also hier in diesem Land und in Golden Mesa«, sprach sie. »Jack Morgan werden Sie gewiss bald kennenlernen. Wenn Sie ihm nicht gefallen – aus welchen Gründen auch immer –, dann sollten Sie nicht in diesem Land bleiben. Was also haben Sie vor, Kelso Adams?«

Ich machte erst den Teller und dann die Tasse leer.

Dann sprach ich: »Dieser Hengst mit seiner verdammten Geisterherde hat mir meine Stuten gestohlen. Ich werde sie mir zurückholen. Und wenn ich ihn vorher töten muss.«

☆☆☆

Ich hatte nun wieder genügend Geld zur Verfügung und war nicht mehr angewiesen auf meine mit Leder überzogenen Double-Eagle-Knöpfe.

Denn die Banditen, die Alfredo und mich so hinterhältig überfallen hatten, hatten noch keinen Dollar ausgeben können. Sie hatten meine Barschaft unter sich geteilt. Und wie alle anderen Dinge, die sie uns raubten, holte ich mir auch mein Stammkapital zurück. Es befand sich noch in meinem Lederbeutel, sodass ich auch das Geld, welches ich zur Gründung meiner Pferderanch benötigte, gerettet hatte.

Zuerst ging ich zum letzten Haus am Südende der kleinen Stadt, die kaum mehr als ein Dorf war.

Ein altes verhutzeltes Weiblein, welches kaum halb so groß war wie ich, betrachtete mich im Lampenschein mit klugen, hellen Augen, die so gar nicht zu diesem Weiblein passten.

Und mit einer dünnen Fistelstimme sagte dieses Weiblein zu mir empor: »Si, Señor, so hat Alfredo Sie mir beschrieben.«

Sie ließ mich in die kleine Kammer eintreten.

Im Lampenschein sah ich Alfredo auf einem weichen Lager liegen. Er blinzelte zu mir empor und sagte dann zufrieden: »Da bist du ja, Patron. Also hast du die Pferde zurückgeholt. Sonst wärest du nicht hier, nicht wahr, Patron?«

Wir duzten uns, aber er nannte mich dennoch stets Patron. Und wenn er mich mit meinem Vornamen anredete, dann setzte er Señor davor, also Señor Kelso. Ich konnte es ihm nicht abgewöhnen. Und so ließ ich es dabei.

»Ich hatte die Pferde wieder«, erklärte ich ihm, setzte mich zu ihm und erzählte ihm die ganze Geschichte.

Als ich schwieg, da dachte er eine Weile nach.

Dann sprach er: »Ein verrückter Hengst – si, warum soll es nicht auch verrückte Hengste geben so wie verrückte Menschen! Eine Geisterherde?«

»Sie nennen sie so, weil die Tiere offenbar immer wieder durch einen Kreidesee schwimmen«, erklärte ich ihm. »Ich war in der Nacht schon am Ufer dieses Sees irgendwo in den Bergen. Es muss dort Kreidefelsen geben, welche von starken Regenfällen abgewaschen werden. Vielleicht stürzen auch immer wieder ganze Brocken in den See nieder von den Wänden. Er ist wie eine dicke Suppe. Und der Hengst führt seine Herde dann und wann hindurch. Deshalb wirken sie im Mond- und Sternenschein wie Geisterpferde. Wir werden Schwierigkeiten haben, unsere Stuten herauszufinden. Es ist eine riesige Wildpferdherde. Und der Hengst ist ein Ungeheuer. Wenn er wiehert, dann klingt es wie die Posaunen von Jericho. Doch wir bekommen ihn. Aber erst musst du wieder gesund werden. Amigo.«

Seine Augen funkelten.

»Ich beeile mich mächtig, Patron«, flüsterte er.

»Ich weiß, Amigo«, erwiderte ich.

Dann konnte ich sehen, dass er müde wurde. Und so ging ich wieder und gab der alten Juanita ein goldenes Zwanzigdollarstück.

Sie hatte nur noch zwei Zähne, einen oben und einen unten. Aber sie biss in das Gold und nickte dann wohlgefällig zu mir empor.

»Sie sind ein Hidalgo, Señor«, sprach sie. »Und diesen kleinen Mann pflege ich gesund. Der wird bald wieder reiten.«

Ich trat hinaus in die Nacht. In Golden Mesa war es still. Alles wirkte so friedlich.

Ich dachte wieder an jenen Killerhengst und dessen bleiche Herde. Ich begann zu ahnen, dass es bald für eine Weile mein einziger Lebenszweck sein würde, ihn zu jagen. Und vielleicht würde ich ihn töten müssen.

Ich begann wieder an Sue Golden zu denken, sie wieder vor mir zu sehen. Ich hatte schon einige Frauen erobern können, und jede hatte ich für wunderschön und einmalig gehalten.

Aber keine war wie diese Sue Golden. Das war mir klar.

War es ein Zufall, dass sie Golden hieß wie dieser Ort am Fuße einer Mesa, die wie eine gewaltige Kathedrale inmitten des Tales stand, von dem aus viele Schluchten zu den benachbarten Tälern führten?

Aber vielleicht hatten sie und ihr Mann sich Golden genannt, als sie hierherkamen und glaubten, allen Verfolgern entkommen zu sein und ihre Fährte verwischt zu haben. Wahrscheinlich hieß das Paar ganz anders.

Mein Pferd war weggebracht worden in einen Stall. Sue Golden hatte einen ihrer Angestellten damit beauftragt. Ich setzte mich unschlüssig in Bewegung.

Aus einer kleinen Gasse traten mir zwei Männer in den Weg. Ich begriff sofort, dass sie auf mich gewartet hatten, und hielt inne.

Einer sagte: »Jack Morgan will Sie sehen, Freund. Kommen Sie! Jack Morgan will jeden Fremden, der in seine Stadt kommt, sehen. Er ist nun mal der Boss hier. Also …«

Sie nahmen mich in die Mitte. Ja, ich ging mit ihnen. Warum auch nicht? Ich war ja selbst auf diesen Jack Morgan neugierig, jenen Mann, der Sue mit der besseren Karte gewinnen wollte und der dann ein fairer Verlierer war, was ihn den Store, das Gasthaus, die Cantina und den Saloon kostete.

Ja, ich war verdammt neugierig auf ihn und wollte unser erstes Zusammentreffen möglichst schnell hinter mich bringen.

Wir gingen zu einem großen, aus Bruchsteinen gemauerten Haus, welches im spanischen Stil errichtet wurde und wahrscheinlich noch aus der Zeit stammte, als dies alles hier noch den Spaniern und später den Mexikanern gehörte.

Es gab einen Innenhof, in dem eine Quelle plätscherte, weil sie offenbar droben in den Bergen einen Druck erhielt. Gewiss wegen dieser Quelle hatte damals ein Hidalgo sich hier dieses palastartige Haus von seinen Sklaven errichten lassen.

Im Innenhof war viel Grün. Es duftete nach Blüten.

An einem Tisch unter den Arkaden saßen einige Männer beim Poker.

Einer meiner Begleiter sagte: »Boss, hier ist er.«

Sie alle sahen mich an. Jene, die mir zuvor den Rücken zuwandten, drehten sich auf ihren Sitzen um.

Ich verspürte den Anprall von scharfem Misstrauen und wachsamer Vorsicht. Und so erinnerte ich mich wieder daran, dass dieses Land hier eine Zuflucht von Geächteten war.

Hier war jeder Fremde ein möglicher Jäger.

Ja, sie starrten mich an.

Einer sagte: »Ich bin Jack Morgan. Setzen Sie sich und erzählen Sie uns etwas. Wir möchten wissen, warum Sie in dieses Land kamen. Also!«

Bei seinem letzten Wort kam ein Klang von Härte und Ungeduld in seine Stimme.

Ich sah ihn mir im Schein der Kandelaber-Laternen an.

O ja, er sah prächtig aus. Seine Augen leuchteten grün, aber sonst war er dunkel, also das genaue Gegenteil von mir. Denn ich war blond und blauäugig.

Dieser Jack Morgan strömte Wildheit aus. Seine Ausstrahlung war zwingend und gefährlich.

Ich setzte mich und sprach: »Eigentlich wollte ich gar nicht hierher. Es ergab sich so, weil …«

Und dann berichtete ich alles, erzählte von meinen zwölf herrlichen Stuten, vom Überfall der Pferdediebe – und wie dann Sue Golden mit ihren Wagen kam und Alfredo mit sich nahm. Ich erzählte alles, was geschehen war, denn ich hatte keinen Grund, etwas zu verschweigen.

Ich endete mit den Worten: »Wenn mein Gehilfe wieder reiten kann, werden wir uns von diesem Killerhengst aus dessen Herde meine Stuten wieder zurückholen. Und bis mein Gehilfe wieder gesund ist, will ich mich im Land umsehen und den Fährten dieser Geisterherde – wie man sie hier nennt – folgen. Ich will eine Menge über diese Herde herausfinden, bevor ich mit der Jagd beginne. Das ist alles, Mister Morgan, was ich Ihnen sagen kann.«

Sie schwiegen und starrten mich an. Abermals verspürte ich ihr scharfes Misstrauen. Ich erwiderte die Blicke dieser Männer und schätzte sie ab.

Ja, sie alle waren von der harten Sorte, die sich nirgendwo unterordnen konnte innerhalb einer menschlichen Gemeinschaft, die auf Schonung und Duldung der Schwachen ausgerichtet war. Diese da nahmen sich stets, was sie haben wollten, und gingen dabei keinem Kampf aus dem Weg.

Ich sah, dass sie um hohe Einsätze gespielt hatten. Vor jedem stapelten sich Geldscheine und auch gute Golddollars.

Was für Einkünfte hatten sie wohl? Dies fragte ich mich einen Moment lang.

Ich erhob mich, um zu gehen.

Aber Jack Morgan fragte: »Wollen Sie mitspielen, Kelso Adams?«

Er hatte sich meinen Namen gut gemerkt, obwohl ich ihn nur einmal genannt hatte während meines Berichtes.

Ich schüttelte den Kopf.

»Lieber nicht«, erwiderte ich. »Zurzeit habe ich keine Glückssträhne. Da möchte ich nicht noch meine letzten paar Dollars verlieren. Denn es wird vielleicht eine lange Jagd. Ich muss gewiss eine Menge Ausrüstung, Proviant und Ersatzpferde kaufen. Nein, ich brauche jeden Dollar. Ein andermal vielleicht, Mister Morgan.«

Nach diesen Worten ging ich.

Sie ließen mich gehen, aber ich spürte einen Atem von Feindseligkeit, der mir folgte wie ein kalter Hauch, der meinen Nacken traf.

Ich ging in den Saloon. Hier lümmelten sich einige Männer. Zwei standen am Schanktisch und würfelten mit dem Barmann. Dieser hatte ein narbiges Gesicht und Blumenkohlohren, ein Zeichen, dass er früher mal Preiskämpfer war, den harte Fäuste in vielen Kämpfen die Ohren breit klopften.

Aber seine Augen wirkten klug. Also war sein Hirn offensichtlich nicht von den Schlägen beschädigt worden.

Er nickte mir zu und schenkte mir ein Bier ein, schob auch einen Brandy nach.

»Das geht auf Kosten des Hauses«, sprach er. »Die Chefin will es so. Und ich soll Ihnen sagen, dass im Gasthaus nebenan ein Zimmer für Sie reserviert ist. Sie sind doch der Mann, dem die Geisterherde die Zuchtstuten wegnahm und dessen Gehilfe bei der alten Juanita liegt?«

Ich nickte und trank das Bier, kippte auch den Brandy. Es war Zeit, schlafen zu gehen. Ja, ich war müde und ausgebrannt.

☆☆☆

Am anderen Morgen, als ich im Store meine Einkäufe machte, sah ich Sue Golden wieder. Sie bediente mich selbst. Einmal, als unsere Hände sich zufällig über der Ladentheke beim Sortieren der Einkäufe berührten, durchfuhr es mich. Es war ein merkwürdiges Gefühl, so, als ginge etwas von ihr zu mir über.

Und in ihren Augen erkannte ich, dass es ihr offenbar ebenso erging wie mir.

Verdammt, was war das?

Gab es eine Zauberkraft zwischen uns, die uns miteinander verbinden wollte?

Wir waren beide etwas verlegen.

»Soll ich anschreiben?« So fragte sie.

»Nein, ich zahle sofort«, erwiderte ich. Und dabei sahen wir uns in die Augen.

Hatte uns beide so etwas wie ein Blitz getroffen? Gab es das, dass sich eine Frau und ein Mann begegneten und von Anfang an wussten, dass sie vom Schicksal füreinander bestimmt waren?

Aber dann sprach sie hart: »Wenn Sie den Killerhengst sehen, dann töten Sie ihn, Kelso. Denn sonst wird er Sie töten, so wie er auch meinen Mann damals getötet hat. Er ist ein Killer, kein normaler Hengst. Er ist ein Teufel, der aus der Hölle in Pferdegestalt in dieses Land kam. Passen Sie gut auf sich auf, Kelso. Und kommen Sie gesund wieder. Um Alfredo kümmere ich mich.«

Ich nickte nur, denn ich konnte nicht viel sagen.

Aber wir verstanden uns auch ohne Worte.

Und so packte ich meine Einkäufe in die Satteltaschen und in die Sattelrolle, trug alles hinaus zu meinem Pferd und ritt wenig später aus dem Ort.

Als Erstes wollte ich zu jenem Kreidesee, der den Pferden mit seinem milchigen Kreidewasser die bleiche Farbe gab, mochten sie Rappen, Braune oder Rotfüchse sein.

Ich wollte die Geisterherde finden, mit der jetzt meine zwölf prächtigen Stuten liefen, die von Black Diablo gedeckt worden waren.

Ich ritt hinaus in den noch kühlen Morgen. All meine Gedanken und Instinkte waren nun auf diesen Killerhengst ausgerichtet. Ich wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass ich seine Nähe spüren würde – irgendwann und irgendwo.

☆☆☆

In der einsetzenden Abenddämmerung erreichte ich den Kreidesee.

Nun sah ich ihn im letzten Licht des Tages.

Der See war fast kreisrund. Wäre er an den Ufern zu umreiten gewesen, dann hätte man das im Schritt auf einem Pferd in weniger als einer halben Stunde gekonnt.

Aber man konnte nur auf meiner Seite an ihn heran. Überall sonst waren die steilen Kreidefelsen. Das Wasser reichte bis zu ihnen. Ständig lösten sich kleine Stücke und fielen ins Wasser. Manchmal aber rutschten große Platten nieder.

Gewiss löste sich die Kreide im Wasser auf und machte das Wasser zu einer fahlweißen Brühe. Hier lebten keine Wassertiere.

Ich sah im Halbrund überall Spalten, wahrscheinlich enge Schlucht-Mündungen. Diese Risse waren so eng, dass zwei Reiter nur mit Mühe nebeneinander hätten reiten können.

Ich saß im Sattel und sah mir alles an.

Und ich begriff, dass der Wildhengst mit seiner Herde immer wieder aus diesen engen Schluchten kam oder von hier aus durch den See in ihnen verschwand.

Im Land dahinter gab es sicherlich tausend verborgene Winkel. Dort konnte sich eine ganze Armee verstecken. Und wahrscheinlich gab es in diesem Land auch viele verborgene Camps, deren Bewohner dann und wann nach Golden Mesa kamen.

Ich würde das alles erkunden müssen.

Eine Weile überlegte ich, ob ich durch diesen See reiten sollte. Gewiss gab es Untiefen in ihm, die zu den Schluchten führten. Oder musste man hinüberschwimmen in dieser Kreidebrühe?

Ich suchte mir einen geschützten Platz und bezog ein Camp.

Als ich mir den ersten Pfannkuchen mit Speck briet, wurde es Nacht. Und im See regte sich nichts. Er war ein toter, bleicher See.

Als ich später auf meiner Decke lag und meine Pfeife rauchte, da dachte ich wieder an Sue Golden.

Ja, ich wollte sie haben. Sobald ich meine Stuten wiederhatte, würde ich um sie werben. Oh, ich war ziemlich sicher, dass ich sie bekommen konnte. Das hatte ich gespürt.

Aber dann würde ich es mit diesem Jack Morgan zu tun bekommen. Da war ich sicher.

Irgendwann schlief ich ein.

Und nun träumte ich von Sue Golden, von dem Killerhengst – und auch von Jack Morgan. Immer wieder tauchte er in meinen Träumen als drohender Störenfried auf.

Manchmal erwachte ich. Es war eine helle Nacht. Weiß leuchtete der See. Aber in ihm spiegelten sich kein Mond und keine Sterne. Wie stumpfes Eis wirkte er in der hellen Nacht.

Immer wieder schlief ich ein und war ziemlich sicher, dass ich eine ruhige Nacht verbringen würde.

Aber dann, gegen Morgen, als die Sterne am Himmel schon blasser wurden und der Mond verschwunden war hinter der Golden Mesa, da kamen sie.

Ja, verdammt, das mussten sie sein.

War das für mich nun ein großes Glück, Schicksal – oder war alles nur ganz normal?

Ich kam auf die Füße, zog mir eilig die Stiefel an und trat zu meinem Pferd, welches unruhig schnaubte. Ich hielt ihm die Nüstern zu, wartete und lauschte.

Meinen Platz hatte ich zwischen einigen Kreidefelsen gut gewählt. Hier konnte die Wildpferdherde nicht über mein Camp trampeln. Diese elefantengroßen Felsen schützten mich mit meinem Tier.

Aber ich hatte in der immer noch hellen, wenn auch blass gewordenen Nacht eine gute Sicht, über den ganzen See hinweg bis hinüber zu den Stellen, wo die engen Schlucht-Eingänge gähnten.

Der dumpfe Hufschlag der Herde kam näher und näher. Ja, es war der gleiche Hufschlag wie in der vorletzten Nacht, als ich meine Stuten an den Hengst verlor. Ja, da kamen mehr als hundert Wildpferde, vielleicht sogar zweihundert.

Solche großen Wildpferdherden gab es sonst nie, aber auch das sprach für den Hengst. Er war stark, schnell und ausdauernd wie kein anderer Herdenherrscher, um sie alle unter Kontrolle zu halten und ihnen seinen instinkthaften Willen aufzuzwingen.

Ich sah sie nun kommen, hörte sie nicht mehr nur.

Ja, sie wirkten wie eine Geisterherde in dieser blassen und bleich gewordenen Nacht. Es war ihre Farbe. Alle waren sie kreidebleich, im besten Falle hellfahl oder blassgelb. Wahrscheinlich verloren sie diese Farbe gar nicht mehr, weil sie sehr oft den Kreidesee durchquerten. Nur im sauberen Wasser oder wenn Wolkenbrüche auf sie niedergehen würden, war es möglich, dass ihre Geisterfarbe verschwand und sie wieder ihre echten Fellfarben zeigten.

Ich sah den Hengst an der Spitze und erinnerte mich wieder daran, wie er mich angegriffen hatte.

Ich starrte gebannt auf das imponierende Bild.

Sie galoppierten wilder als jede andere Wildpferdherde. Und sie donnerten geradewegs zum Ufer des Kreidesees hinunter. Und erst dort zögerten einige Dutzend Tiere.

Aber da kam der Hengst von der Spitze nach hinten, so als hätte er das schon sehr oft tun müssen.

Er trieb die zögernden Tiere in das bleiche Wasser, welches ja eine mehr oder weniger dicke Kreidesuppe war. Er biss, schnaubte, trompetete wild, und manchmal schlug er auch mit den Hufen der Vorderhand. Er kannte keine Gnade, wirkte wie ein Sklaventreiber mit einer Peitsche, so erbarmungslos jagte er sie in das Kreidewasser.

Ich verharrte bei meinem Braunen und musste ihm nicht mehr die Nüstern zuhalten. Denn die Herde machte eine Menge Lärm. Das Schnauben und Wiehern meines Braunen kam nicht dagegen an, konnte uns nicht verraten.