Gebrochenes Eis - Julia Yovanna Susanne Brühl - E-Book

Gebrochenes Eis E-Book

Julia Yovanna Susanne Brühl

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Beschreibung

Das Leben eines Hauptkommissars im Hohen Norden Norwegens ist weder immer so ruhig, noch so friedlich wie er es gerne hätte. 
 Gleich zwei Frauenleichen werden in den umliegenden Wäldern gefunden, die den arme Jørn Johnsen beschäftigen. Sein ungeregeltes Privatleben hält ihn auf Dauertrab und auch auf dem Revier geht es nicht immer entspannt zu.
 Die Lösung dieses Falles fällt ihm schwer - 
trotz unverhoffter Hilfe. Ein Versprechen, das es zu halten gibt, setzt ihn unter Druck und gerade, als er glaubt einer Lösung nahe zu sein, verschwindet sein Schützling. 
Es geht plötzlich um mehr, um viel mehr als um die beiden toten Frauen, zwischen deren Tode es irgendeinen Zusammenhang geben muss.

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Seitenzahl: 370

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Julia Brühl

Gebrochenes Eis

Jørn Johnsens zweiter Fall

K

leiner Lesehinweis meinem Buch und mir

Dies ist die Fortsetzung meines ersten Kriminalromans Blutige Nordlichter.

Ich habe mich bemüht, die nötigen Informationen aus dem ersten Band in diese Geschichte einfließen zu lassen, sodass auch dieses Buch ein eigenständiger Kriminalroman ist. Es ist also nicht zwingend notwendig, den ersten Teil gelesen zu haben, um diesen zu verstehen.

Mein Name ist Julia Yovanna Susanne Brühl. Ich kam am 16. Januar 1990 in Starnberg zur Welt und lebe und arbeite im schönen Berchtesgadener Land.

In meinen Büchern bringe ich unter anderem meine Liebe zur nordischen Natur zum Ausdruck, die es mir ganz besonders angetan hat.

Auch wenn ich die Belastbarkeit des armen Jørn Johnsen gern austeste, ist er mir doch bereits in meinem ersten Buch so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mit diesem zweiten Fall weitermachen musste. Ich bin zuversichtlich, dass er das gut wegstecken und sich auch dieses Mal mit Leib und Seele dafür einsetzen wird, allen Widrigkeiten, die ich hinterlistiges Wesen ihm auferlege, zu trotzen.

Nun wünsche ich viel Lesevergnügen mit einem besonderen Norwegenkrimi!

Bootstrip

Salz lag in der Luft. Es war intensiv und kribbelte auf den Schleimhäuten. Ein kräftiger Westwind zerfetzte am graublauen Himmel die Wolken und jagte sie in kleinen Wattebäuschen über den Horizont.

Plötzlich zerriss ein gellender Angriffsschrei die bitterkalte Luft. Erschrocken zog sie den Kopf ein, wich zur Seite aus und konnte gerade noch ihr linkes Auge retten. Als sie sich wieder gefangen hatte, wollte sie wütend zurückschlagen, doch der Angreifer hatte ihre viel zu langsame Bewegung vorausgesehen und sich längst außer Reichweite gebracht. Ihr blieb keine Zeit nachzusetzen, denn schon kam die nächste Attacke, dieses Mal von der rechten Seite. Dann griff jemand von hinten an, ja sogar von oben glaubte sie eine Bewegung wahrzunehmen. Sie war jetzt von allen Seiten umzingelt. Schmerzhaft getroffen schrie sie auf und machte Anstalten, den ersten Angreifer mit einem Schlag ihrer Rechten abzuwehren, doch es blieb bei einem Versuch. Etwas Warmes lief ihr linkes Bein hinunter. Als sie sich nach hinten wandte, schnitt etwas in ihren Hals. Panisch kreischte sie auf. Gegen diese Übermacht war sie ohne Chance. In einem letzten, verzweifelten Versuch gab sie frei, was die Angreifer von ihr haben wollten, um mit dem Leben davonzukommen.

Da lichtete sich die Umklammerung der vielen Leiber und mit einer letzten, geschwächten Bewegung tauchte sie nach unten ab. Die Angreifer ignorierten sie und zankten sich lautstark um die Beute.

Als sie sah, wie der Leckerbissen in die Tiefe fiel, entfuhr ihr ein enttäuschter Laut.

Mit einem leisen Klatschen landete der tote Fisch im Wasser. Langsam versank er im dunklen Meerwasser. Er kam nicht weit. Die größte der Möwen, diejenige, die zum ersten Schnabelhieb ausgeholt hatte, setzte ihrem Mittagessen im Sturzflug nach, packte es mit dem messerscharfen Schnabel, warf den Fisch in die Luft und verschlang ihn in Sekundenschnelle.

Die beraubte Möwe verharrte für einen Moment flatternd in der Luft und sah sich verdrießlich um. Ihr Magen knurrte. Die Hiebe der Schnabelspitzen hatten sie einige Federn gekostet und ihr viele kleinere Wunden zugefügt. Sie blickte sich um und sah die anderen davonsegeln. Niemand legte sich freiwillig mit diesem Ungetüm an, das nun selbstzufrieden auf den Wellen wippte.

Die hungrige Möwe zog einen weiten Kreis, gewann so an Höhe und hielt Ausschau nach einem Ersatz, mit dem sie ihren Hunger stillen konnte.

Weit unter ihr erregte etwas ihre Aufmerksamkeit. Sie legte die Flügel an, verringerte ihre Flughöhe und begann, den Punkt zu umkreisen. Vergessen war die Wut über die verlorene Beute und sogar die schmerzhafteste der Wunden. Die weißen Federn zitterten, als sie ein kleines Manöver vollführte, um sich das Objekt von der anderen Seite anzusehen. Derartige Dinge waren ihr schon unzählige Male begegnet. Sie wusste, dass das Gebilde von den Menschen stammte, die sich aus Bäumen solche schwimmenden Untersätze bauten. Meistens waren diese seltsamen Zweibeiner, die sich auf Fischjagd begaben. Vielleicht würde hier etwas für sie abfallen?

Ein heller Schrei riss sie aus ihren Gedanken. Offenbar waren ihre verhassten Artgenossen zu demselben Schluss gelangt. Auch sie umkreisten neugierig das kleine Segelboot, das auf den wilden Wellen des Vefsnfjordes schaukelte. Ärgerlich zischte sie ihnen zu, sie sollten abhauen. Sie wollte nicht schon wieder den Kürzeren ziehen. Doch sie erntete nur höhnisches, mehrstimmiges Gelächter. Zumindest stellte sie mit Erleichterung fest, dass die kräftigste Artgenossin diesmal nicht dabei war.

Unten machte sich eine dunkel gekleidete Gestalt an Bord des verbraucht wirkenden Decks zu schaffen. Trotz seines zerbrechlichen Äußeren spannte sich das Hauptsegel kräftig im Wind und trieb die Freja, so der Name des Bootes, in spielerischer Leichtigkeit vor sich her.

Der Mann hatte sich dem Seil genähert, an dem das Segel befestigt war. Seine kräftigen Fäuste schlossen sich um das Takelwerk und brachten die Armmuskeln unter seinem hochgekrempelten Hemd zum Vorschein. Er zog kräftig am Aufholer. Das Seil straffte sich und der Klüver, das kleinere Segel am Bug des Bootes, glitt geschmeidig nach oben. Beherzt zog er daran, bis ihm kleine Schweißperlen auf die Stirn traten. Als der Klüver gehisst war, verknotete Frejas Helfer das Seil wieder fachmännisch und kehrte an das Ruder zurück.

Das Segelboot nahm weiter Fahrt auf. Das hinzugezogene Segel verlieh Freja den gewünschten zusätzlichen Antrieb und ließ sie noch schneller als zuvor über das Wasser sausen. Fröhlich platschten ihre Planken über das dunkelgrüne Nass.

Der blonde Mann mit den meerblauen Augen teilte Frejas Freude. Das Ruder fest in den Händen, die Gischt im Gesicht, den Wind in den flatternden Haaren war auch er ganz in seinem Element.

Er sah die kleinen gefiederten Gesellen, die ihn beobachtet hatten, kleiner werden und hörte ihre missmutigen Rufe verklingen. Die hatte er abgehängt.

Jørn Johnsen stand breitbeinig mit beiden Händen am Ruder und sog gierig die frische Meeresluft in seine Lungen. Entgegen besseren Wissens wollte er die Rückfahrt noch hinauszögern und verharrte regungslos. Seine Augen glitzerten mit dem Wasser unter seinem Bug um die Wette, zeugten von der Leidenschaft, die ihn durchströmte. Das Gefühl grenzenloser Freiheit versetzte ihn in Höchststimmung und ließ ihn ein heiseres Lachen ausstoßen. Einfach so, auch wenn niemand es hören konnte. Weil er sich gerade seines Lebens freute und diesem Glücksgefühl irgendwie Raum verschaffen musste. Seine Stimme hallte über die Wasseroberfläche, bis sie irgendwo von einer Woge geschluckt wurde.

Meine treue alte Freja und ich, dachte er, wir sind ein ausgezeichnetes Team. Sie ist zwar nur ein kleines Schiffchen und auch nicht mehr die Allerjüngste, doch sie hat bereits einige Male unter Beweis gestellt, was ihre geschmeidigen Planken auszuhalten vermögen.

Endlich war es so weit. Die beiden Uferseiten, die bislang vom Fjord geteilt worden waren, verschmolzen miteinander. Er betrachtete die blasse durchgehende Linie. Als er sich wieder nach vorn wandte, seufzte er. Vor ihm erstreckte sich das offene Europäische Nordmeer.

Je weiter er hinausfuhr, desto stärker wurde der Wind. Er zerrte an den Segeln und ließ die Seile ächzen. Die enttäuschten Möwen hatten es längst vorgezogen, eine kleine Insel anzusteuern. Sie war kaum mehr als ein mit Vogelkot überzogener und an den Seiten mit Muscheln besetzter Haufen Steine. Streitsüchtig wie immer, zankten sie sich dort lautstark um die besten Plätze.

Jørn fixierte das Ruder und beschloss, dass ihm noch genügend Zeit blieb, sich kurz aufzuwärmen. Er ließ sich auf der Bank nieder, die protestierend knarrte und zog seinen Mantel enger um sich. Er griff nach seinem Rucksack, holte ihn unter der Bank hervor und fand nach kurzem Wühlen seine Thermoskanne. Den Blick unverwandt nach hinten Richtung Westen gerichtet, achtete er nicht auf seine Hände als er sich einschenkte und an seinem Tee nippte.

Das war ein Fehler.

„Aua! Scheiße, ist das heiß!“ Die Tasse flog ihm aus der Hand, er hielt erschrocken den Atem an und lauschte auf ein verräterisches Platschen, doch zu seiner Erleichterung landete sie scheppernd innerhalb des Bootes. Doch die Kanne fiel natürlich ebenfalls um. Fluchend sprang er auf und brachte damit das ganze Boot zum Wanken. Mit glucksendem Geräusch ergoss sich der dampfende Inhalt der Kanne über seine Sachen. Hastig stellte er sie auf, wischte sie mit dem Ärmel ab und blickte in seinen Rucksack hinein. Wenigstens waren Handy und Geldbeutel nicht betroffen. Der nasse Pullover würde wieder trocknen und seine Kamera war in ihrer Schutzhülle sicher.

Seine Lippen brannten immer noch. Er tastete mit der Zunge nach seinem Gaumen, der sich anfühlte als wäre er gekocht worden. ,Wer zu sehr seinen Liebeleien nachging, lief eben Gefahr, sich zu verbrennen‘, sinnierte er und hängte das triefende Kleidungsstück nachlässig über seine Sitzgelegenheit.

Es wurde Zeit umzukehren. Leider.

Ein verbotener, oft verdrängter Gedanke drängte sich wieder einmal in den Vordergrund. Zu gern würde er der Versuchung nachgeben und Freja einfach ihren Lauf lassen. Er könnte immer weiterfahren, weiter und weiter. Fort. Weg von der Heimat, von allen Verpflichtungen, weg von … seine Gedanken gerieten ins Stocken, als er sein Herz stolpern fühlte. Nein, er durfte das nicht.

Er richtete seine Augen auf die kleine Norwegenflagge, die am Heck flatterte, und warf einen letzten Blick auf den lockenden Horizont.

Das Ufer war nun nur noch zu erahnen. Jørn wusste, dass es allmählich gefährlich wurde. Während er noch immer in seiner Stellung verharrte, durchzuckte ihn die abstruse Idee, dass seine Freja ein Eigenleben haben könnte. Sie würde sich sehnsüchtig fragen, ob er es wagen würde, ihren größten Wunsch zu erfüllen. Ob er ihr erlauben würde, ungebremst weiter über das Wasser zu preschen und ihren Weg nach Westen fortzusetzen. So lange, bis sie schließlich erschöpft von ihrer weiten Reise, mit zerfetzten Segeln und verkratztem Rumpf, an Islands Küste brandete. Jedoch nur, falls es ihr gelänge, den starken Wellengang der hohen See zu überstehen und schlussendlich vor Islands Küste den hinterlistigen Untiefen mit ihren scharfkantigen Felsen auszuweichen.

War sie dafür nicht ein wenig zu alt und marode? War er dafür nicht zu alt und marode?

Eine starke Windböe klappte Jørn den Mantelkragen nach oben. Beharrlich schlug er immer wieder gegen seine Wange, bis Jørn das Spiel beendete, ihn wieder herunterklappte und festknöpfte. Die Bewegung holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Das vorherige Glücksgefühl flog mit einer Böe davon, segelte auf ihr gen Westen. Ein leiser Seufzer begleitete es. Es war nun wirklich an der Zeit, Frejas ungestüme Fahrt zu bremsen.

Langsam zog er den Klüver wieder herunter und drehte in einer langgestreckten Kurve bei, um das Tempo zu drosseln. Sämtliche Handgriffe waren ihm im Laufe der Zeit in Fleisch und Blut übergegangen. Er arbeitete mechanisch und bedächtig. Nach der geschmeidigen Wende steuerte er zurück. Sein Blick fiel auf das dunkle, tiefe Wasser, auf dem kleine weiße Schaumkronen tanzten. In seiner Fantasie teilten sich die Wellen und bildeten menschliche Konturen.

Aus einem anmutigen Gesicht blickten ihn zwei von langen Wimpern umrahmte braune Augen von unten an.

Er blinzelte verwundert und im nächsten Moment war die Vision wieder verschwunden.

Johnsen fröstelte. Plötzlich fühlten sich seine Hände eiskalt an. Mit gerunzelter Stirn blickte er nach oben. Unbemerkt hatten Wolken sich verdichtet und ließen keinen einzigen Sonnenstrahl mehr durch. Besorgt beobachtete er, wie sie sich auftürmten und schätzte die Bedrohung ab, die von ihnen ausging.

Mit fachmännischem Blick erklärte er sie schließlich für harmlos. Kalt, dunkel, aber vorerst noch ungefährlich.

Er wandte sich ganz nach hinten und warf den Außenbordmotor an, um damit endgültig den Rückweg anzutreten. Er war nun wirklich lange genug unterwegs gewesen, zudem sagte ihm ein Blick auf die Uhr, dass die Fähre bald kommen würde. Er wollte es vermeiden, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, wusste er doch, dass der Kapitän nicht gut auf ihn zu sprechen war. Es war Segelbooten von Frejas Größe (sofern man hier überhaupt von Größe sprechen konnte) nicht gestattet, so weit aufs offene Meer hinauszufahren. Und gerade er sollte es vermeiden, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, denn als Erster Kriminalhauptkommissar hatte Jørn Johnsen schließlich Vorbildfunktion.

Steinehüpfen

Gudrun war überglücklich. Sie war von Natur aus ein fröhlicher Mensch, aber heute war sie besonders gut aufgelegt. Sie hatte es geschafft, die letzte Abschlussprüfung war geschrieben.

Heute war Mittwoch, der Tag, vor dem sie sich gefürchtet hatte, denn an diesem letzten Prüfungstag hatte Mathematik auf dem Plan gestanden. Ihr schlechtestes Fach. Umso größer die Erleichterung, die ewige Lernerei endlich hinter sich gebracht zu haben. Ob und wie gut sie sie bestanden hatte, wussten die Götter, es war ihr im Moment auch völlig gleichgültig. Hauptsache, sie hatte es hinter sich!

Der Ruf der Freiheit klang in ihren Ohren. Nun hieß es erst einmal: Freizeit en masse, tun wonach ihr zumute war, schultechnisch in genüsslichem, wohlverdientem Nichtstun verweilen zu können. Und natürlich auch, ausgelassen zu feiern! Aus den vielen Übungsunterlagen würde sie mit ihren Freunden am Wochenende ein herrliches Lagerfeuer machen.

Die Neunzehnjährige mit den schönen langen Beinen war zwei Busstationen eher als üblich ausgestiegen, um noch eine Runde durch den Wald zu joggen. Sie zog die Gurte ihres kleinen Schulrucksackes enger und rannte vergnügt den ausgetretenen Pfad entlang, um zum Fluss zu gelangen. Jetzt im Mai war in tieferen, geschützteren Lagen der Frühling auf dem Vormarsch, in den schattigeren oder höher gelegenen Bereichen herrschte jedoch nach wie vor der Winter. So war auch der Weg, der am Fluss entlangführte, ein einziges Wechselspiel der Jahres-zeiten. Manchmal streckten gelb leuchtende Schlüsselblumen am Ufer ihre Köpfe heraus, während ein paar Schritte weiter noch die Eiszapfen ins Wasser hingen.

Sie lief für ihr Leben gern und dieser Leidenschaft, der sie ihre schlanke Silhouette verdankte, gab sie sich nun voll und ganz hin. Bereits nach den ersten Metern bemerkte sie, wie sehr sie durch das viele Sitzen in letzter Zeit an Kondition eingebüßt hatte. Wenigstens hatte sie nicht den gleichen Fehler begangen, den so viele ihrer Klassenkameradinnen machten, und sich mit Energydrinks vollgeschüttet, die zum einen nur kurzfristig puschten und zum anderen schnell auf die Hüften wanderten. Sie nahm sich vor, ab heute wieder täglich eine Runde zu laufen. In ihrem Abschlusskleid wollte die ehrgeizige junge Frau eine gute, nein, die beste Figur machen. Sie war sich ihres hübschen Äußeren durchaus bewusst. Genauso wusste sie, dass sie ihren Teil dazu beitragen musste, um ihre Anziehungskraft zu erhalten. Ihr Aussehen war, gepaart mit ihrem ansteckenden Lachen, der Grund für einen Haufen glühender Verehrer, die ihrem kessen Hüftschwung mit schräggestellten Köpfen träumerisch nachblickten. Da konnte ihr Name noch so unglücklich sein. Sie hasste diesen furchtbaren, groben Klang von Gudrun und hörte grundsätzlich nur auf den Namen Nelly, den sie mit viel Phantasie von ihrem Nachnamen Nielson abgeleitet hatte.

Sie lächelte bei dem Gedanken daran, wie sie am Abschlussball den Jungs die Köpfe verdrehen und die blöden Zicken aus ihrem Jahrgang vor Neid erblassen lassen würde. Doch das war nur Spaß, denn ihr Herz schlug einzig und allein für einen bestimmten Mann. Sie würde aufs Ganze gehen, ihn als Tanzpartner wählen und sich an ihn ranschmeißen, dass ihm Hören und Sehen verging! Er sollte endlich seine bescheuerte Ex vergessen und seine Aufmerksamkeit jemandem widmen, der sie verdiente.

Nelly holte tief Luft und legte noch einen Zahn zu. Das Adrenalin rauschte durch ihren Körper. Schnell wie der Wind sauste sie den schmalen Pfad entlang und wich spielerisch den auf dem Weg liegenden Steinen aus. Die Sonne stand hoch am Himmel und die Vögel besangen voller Inbrunst diesen warmen Frühlingstag.

Sie fragte sich, wie lange sie diesmal für ihre Route brauchen würde. Ihr Atem ging bereits nach dieser kurzen Strecke stoßweise. Sie spornte sich an.

Sie wollte die angenehme Gelegenheit nutzen, einfach heimkommen zu können, wenn es ihr passte. Ohne ihre Eltern anrufen zu müssen, die trotz ihrer Volljährigkeit immer noch auf diese nervtötende Überwachung bestanden. Sie war ein Einzelkind und stets behütet worden wie ein Augapfel. Nun waren ihre Eltern für eine Woche verreist, um ihre Tante zu besuchen. Ein Besuch, der ihr – zu ihrer Erleichterung – erspart geblieben war. Sie hatte die beste Ausrede der Welt: Abschlussprüfungen. Das hatte ihr bei der Abreise der Eltern einen neidischen Blick ihres Vaters eingebracht. Er tat ihr leid. Mutter konnte gnadenlos sein. Nelly hatte ihm ins Ohr geflüstert, dass sie sich auf Sonntagabend freue und er hatte sie gequält angelächelt, als er daran erinnert wurde, wie weit er von seiner Erlösung entfernt war.

Sie erreichte die Drevja und anstatt über die hölzerne Brücke zu laufen, entschied sie spontan, den natürlichen Weg zu nehmen. Es machte doch viel mehr Spaß, von Stein zu Stein zu hüpfen, um ans andere Ufer des Flusses zu gelangen! Sie rutschte die kurze Böschung hinunter und peilte den ersten großen Trittstein an. Die Entfernung abschätzend nahm sie Anlauf und sprang. Sie landete geschickt auf dem rauen Felsen und drehte sich um. So ein schöner Tag war das heute! Das Gurgeln des Baches und das leise Piepen der Meisen waren die einzigen Geräusche, die sie wahrnahm. Keine Menschenseele weit und breit, niemand war zu hören, niemand zu sehen.

Der nächste Hüpfer gelang ebenfalls problemlos und elegant. Gerade, als sie sich hinunterbeugen und einen schönen Quarz aus dem Wasser fischen wollte, glaubte sie, doch etwas zu hören, das aus dem Rahmen der typischen Waldgeräusche fiel. War es ein Rascheln, ein Stöhnen oder etwas anderes gewesen? Ein unangenehmes Ziehen breitete sich in ihrer Magengegend aus. Es war das Gefühl, beobachtet zu werden, das sie verleitete, sich aufzurichten und aufmerksam umzusehen.

Sie suchte den Waldrand ab, konnte jedoch niemanden entdecken. Wahrscheinlich, dachte sie, bekam sie nun doch die Auswirkungen der großen Anspannung von heute Vormittag zu spüren. Also schob sie ihre Beklemmung achselzuckend auf den Prüfungsstress und duckte sich, um zum nächsten Felsen zu springen, als sie erneut ein Geräusch hinter sich hörte, das sie aus ihrer Konzentration riss. Sie ruderte hektisch mit den Armen, um ihre Balance wiederzuerlangen, als sie auf einer glitschigen Stelle ausrutschte und hinunterzufallen drohte. Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen und sie kämpfte heftig um ihr Gleichgewicht. Als sie endlich wieder stabil stand, atmete sie auf. Ihr Herz wollte aus ihrer Brust springen und das Blut rauschte in ihren Ohren. Sie verharrte noch einen Wimpernschlag, bis sich ihr Herzschlag ein wenig beruhigt hatte und wandte sich erneut um, sicher, dieses Mal etwas zu sehen, doch auch jetzt wirkte alles harmlos. Nicht einmal das Wackeln eines Zweiges verriet ihr, woher das Geräusch gekommen war.

Sie schalt sich als hysterisch. Sie befand sich in einem Wald, und natürlich lebten hier Vögel und Säugetiere. Wahrscheinlich war es nur ein Eichhörnchen, dass ein paar Zapfen vom Baum geworfen hatte. Sie drehte sich wieder um und versuchte sich zu sammeln. Es war wichtig, beim nächsten Sprung zu vermeiden, auf den moosigen, nassen Flecken zu landen, wenn sie sich keine nasse Hose holen wollte.

Das Kunststück gelang. Sie behielt ihre trockenen Füße und nach zwei weiteren Sätzen hatte sie etwa die Mitte des Flussbettes erreicht. In der starken Strömung zu ihren Füßen schwammen kleinere Äste, die wild auf den Wellen auf und ab hüpften. Nelly starrte wie gebannt auf das Wasser. Die Zweiglein wurden von kleinen Strudeln nach unten gezogen und tauchten manchmal erst einige Meter flussabwärts wieder auf. Sie entdeckte einen Käfer, der darum kämpfte, auf einen Stein zu klettern. Immer wieder verloren seine kleinen Füßchen den Halt. Er wirkte erschöpft, als wäre er bereits viele Male gescheitert. Als er es endlich schaffte, sich hochzuziehen, erhellte ein Lächeln ihr Gesicht.

Nelly musste ihren Blick von der hypnotisierenden Wasseroberfläche regelrecht losreißen, bevor sie den nächsten Trittstein anvisieren konnte. Sie breitete seitlich die Arme aus, um ihr Gleichgewicht besser halten zu können.

Da krachte es hinter ihr.

Sie erschrak, riss die Arme nach oben und wankte bedrohlich. Mit einem ausgestreckten Bein gelang ihr das Unglaubliche. Mit zitternden Gliedern und äußerster Vorsicht balancierte sie herum, hob erst, als sie ihre Endposition erreicht hatte, den Kopf und erstarrte.

Sie öffnete den Mund, doch kein Ton kam heraus.

Das andere Ufer der Drevja sollte die junge Frau niemals erreichen.

Kräuterweiblein

Oh, da war ja noch mehr Frauenmantel!

Die alte Frau mit den unzähligen Falten im Gesicht hatte trotz ihrer schlechten Augen ein Büschel samtiger Blätter erspäht. Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn, dachte sie schmunzelnd, als sie darauf zusteuerte.

Sie strich sich eine der silbrigweißen Haarsträhnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem geflochtenen Zopf gelöst hatte und sie am Kinn kitzelte. Wenn sie ihre Haare offen trug, reichten sie bis zur Hüfte hinunter. Das immer noch kräftige Haar war ihr großer Stolz. Andere Frauen hatten mit Mitte sechzig bereits kahle Stellen, während bei ihr noch immer ein dichter Schopf wuchs. Anstatt die ersten grauen Kandidaten zu färben, hatte sie sie gelassen, wie sie waren, und den gelegentlichen Spott der eitlen Damen ignoriert, die jetzt mit Neid auf ihre weiße Mähne blickten.

„Ich bin noch ziemlich fit für mein Alter!“, sagte sie ohne Bescheidenheit zu dem Blätterbüschel in ihrer Hand, bevor sie es in ihren Leinenbeutel stopfte. Dass die Hälfte davon an der Öffnung vorbei zu Boden glitt, bemerkte sie ebenso wenig, wie die Tatsache, dass sich einige welke Blätter in ihre Kräutersammlung eingeschlichen hatten. Sie stützte sich mit ihrer kräftigen Hand am Stamm einer der vielen Birken dieses Waldes ab und kam mit knackenden Knien wieder in die Höhe. Dabei unterdrückte sie ein Stöhnen.

„Au, blöde Knie!“, schimpfte sie, während sie weiter durch das Unterholz tappte. Nach ein paar Schritten lag ein toter Baum quer über ihrem Weg. Als sie darüber hinwegstieg, knackte es schon wieder in ihren Gelenken.

„Hey, Hüfte, zick du nicht auch noch rum!“, maßregelte sie den nächsten und nicht mehr ganz so jugendlichen Teil ihres Körpers. Es tat gut, ungehört ihrem Ärger über die vielen kleinen Leiden Luft machen zu können. Nur über das Treppensteigen konnte sie sich im Wald schwerlich auslassen.

Doch solange sie noch laufen konnte, würde nichts und niemand sie davon abhalten, sich jeden Tag, an dem es das Wetter auch nur annähernd zuließ, zu einem Waldausflug aufzumachen.

Heute war sie allein unterwegs. Ihren Mann, mit dem sie seit bald vierzig Jahren zusammen war, hatte sie daheim gelassen. Der Alte wollte die Regenrinne reparieren, bevor der erneut angekündigte Regen in den nächsten Tagen dieses Vorhaben vereiteln konnte. Die Pfütze vor dem Haus war bereits groß genug. Noch zwei Tage Regen mit defekter Rinne und die ersten Enten würden in dem Weiher vor ihrer Haustür landen.

Sunniva hingegen musste den ersten trockenen Tag seit Dienstagabend unbedingt ausnutzen, um auf Kräuterjagd zu gehen, denn es hatte seit vorgestern ohne Unterbrechung in Strömen geregnet. Erst heute Morgen hatte sich die Sonne wieder durchsetzen können. Die Pflanzen freuten sich darüber, im Frühjahr ordentlich gegossen zu werden, doch Sunniva, die dazu neigte, sich schnell eingesperrt zu fühlen, hatte ungeduldig die Wetterbesserung herbeigesehnt.

Die betagte Frau stieg über die dicke Wurzel einer mächtigen Kiefer und hob dabei ihre Stofftasche in die Höhe. Nach ihrer Rückkehr würde sie alle Kräuter waschen und zum Trocknen auslegen, aufhängen oder anderweitig verarbeiten.

Mit dem Ziel, den Rückweg anzutreten und am Waldrand noch nach Schafgarbe Ausschau zu halten, setzte sie ihren Weg fort.

Sie kam zu der Stelle, an der sie die Drevja überqueren musste. Wie der Fluss, so hieß auch der Ort, an dessen Rande sie mit ihrem Mann Sten ein kleines Häuschen am Waldrand bewohnte. Sunniva liebte diesen Fluss und wenn sie mit ihrem Mann unterwegs war, stiegen sie oft händehaltend wie die kleinen Kinder durch das breite Bachbett, um nach besonderen Steinen Ausschau zu halten und im Sommer die Füße zu kühlen.

Die Drevja schlängelte sich von den Bergen gen Südwesten und mündete in den Vefsnfjord. Eine alte Brücke führte über die Drevja und von der anderen Uferseite waren es nur noch ein paar Minuten, bis sie wieder zu Hause sein würde.

Das Kräuterweiblein fasste mit der Rechten an das Holzgeländer und betrat die Brücke. Sie kannte die beiden morschen Stellen in den Holzbalken, bei denen sie aufpassen und darüber hinwegsteigen musste. Behutsam setzte sie ihre Schritte fort. In der Mitte der Brücke angekommen, blieb sie stehen und blickte aus alter Gewohnheit zurück. Hinter dem Wald erhoben sich die sanften Bergrücken des Fjells in weichen, graugrünen Farbtönen. Sie war nur noch einen Schritt von der ersten maroden Stelle entfernt. Ihr Stoffbeutel hing in der Beuge ihres linken Ellenbogens und schaukelte bei ihren Bewegungen. Sie hielt sich an der Brüstung fest, nahm den Blick von den Bergen und richtete ihn auf das Bachbett. Da fuhr ihr ein Schreck durch die alten Knochen und ließ sie heftig zusammenzucken. Um ein Haar wäre ihr der Beutel entglitten. Als sie sich wieder gefasst hatte, kniff sie fest die Augen zusammen und spähte angestrengt in das Bachbett. Dort, bei einem angeschwemmten, toten Baum, war etwas im Wasser.

Seufzend schüttelte sie den Kopf.

Ihr Augenlicht ließ von Tag zu Tag mehr nach. „Auf euch beide ist auch kein Verlass mehr“, sagte sie und hoffte, dass ihre Augen ihr nur einen kleinen Streich gespielt hatten. Es hatte ausgesehen, als ob ihr von dort hinten jemand zugewunken hätte. Dabei war es wohl nur der Wind gewesen, der einen der Zweige bewegt hatte.

Sie blinzelte und wollte schon den Kopf abwenden, als ein Farbklecks im Wasser ihre Aufmerksamkeit erregte.

Dort im Geäst hing doch irgendetwas Buntes! Sie beugte sich weiter nach vorn. Doch sosehr sie sich auch bemühte, es blieb ihr rätselhaft, was sich dort im Geäst des angeschwemmten Baumes verfangen hatte. Und irgendetwas glaubte sie auch auf dem Wasser treiben zu sehen. Doch blieb es, wenn auch von den Wellen zuweilen unter Wasser gedrückt, an Ort und Stelle.

Um besser sehen zu können, machte sie einen Schritt nach vorn, den sie im selben Augenblick bereute.

Der Balken krachte splitternd.

Sunniva stieß einen spitzen Schrei aus. Der Beutel flog durch die Luft, sie verlor den Halt und krallte sich mit ihren verkrümmten Fingern an das Geländer. Auf einmal war das Rauschen unter ihr bedrohlich laut. Hinter ihren Schläfen pochte es, wie auch in ihren Fingern und Handinnenflächen, in die sich schmerzhaft unzählige Holzsplitter bohrten. Dennoch hatte sie Glück gehabt. Sie befand sich noch immer auf der Brücke. Ihre Hände zitterten, als sie ihren Griff vorsichtig lockerte, sich aufrichtete und nach ihrem Beutel bückte.

Vor ihr klaffte nun ein Loch im Boden, groß genug, dass sie hineinfallen und stecken bleiben könnte. Vorsichtig und krampfhaft das Geländer umklammernd, umrundete sie es auf der gegenüberliegenden Seite. Die Balken gaben unter ihren Füßen nach und sie schickte ein Stoßgebet an einen Gott, an den sie nicht glaubte, in einen Himmel, den sie für eine Erfindung der Kirche hielt. Es klappte. Wer auch immer eine schützende Hand über sie – oder besser gesagt: unter ihre wackeligen Füße – gehalten hatte, erfüllte seine Aufgabe zuverlässig. Sie atmete auf, als sie auf einem festen Balken ankam und zurück auf das entstandene Fenster blickte, durch das man nun das Wasser plätschern sehen konnte.

Sie wollte jetzt schnellstmöglich nach Hause, um sich von ihrem Schreck zu erholen. Sunniva hatte gerade das andere Ufer erreicht, war einige Meter über den Schotter gegangen und wieder auf den hellen Pfad gelangt, als ein Geräusch sie erneut zusammenzucken ließ.

Das überlaute „Hei!“ eines entgegenkommenden Wanderers hatte sie jäh aus ihren Gedanken gerissen. Sie grüßte deutlich leiser grummelnd zurück und musterte den Entgegenkommenden kurz. Es war eindeutig niemand, den sie kannte, also sicher ein Tourist.

Vielleicht der Depp, der nicht auf seine Sachen aufpassen kann, dachte sie, als ihr wieder einfiel, was sie vor ihrem kleinen „Einbruch“ im Wasser gesehen hatte. Was auch immer es sein mochte … blöde Augen.

Kritisch betrachtete sie das neongrüne Oberteil des Mittvierzigers, das so gar nicht zu den roten Wanderstiefeln passen wollte. Sie verkniff sich ein abfälliges Kopfschütteln und schwang ihren Beutel über die andere Schulter. Was waren das für Zeiten, in denen solche komischen Leute in ihren Wäldern herumliefen? Hatten die denn überhaupt noch einen Sinn für die herrliche Natur, in der sie ihre Fußabdrücke und nicht selten ihren Müll hinterließen? Der aufwallende Ärger währte jedoch nur kurz. Viel zu groß war die Freude über ihr Glück, dass sie heilen Fußes nach Hause kam. Ob es klug war, Sten davon zu erzählen? Besser wäre es, den Vorfall für sich zu behalten, beschloss sie, und nach ein paar Schritten verschluckte der Birkenwald ihre Gestalt.

Es lag wohl am lauten Tosen des Flusses, denn Sunnivas Gehör war (zumindest nach ihrer eigenen Auffassung und im Gegensatz zu ihren Augen und diverser anderer Körperteile) noch in bester Ordnung, dass ihr der Schrei entging. Ein schrilles Kreischen, das einen kleinen Schwarm Vögel mit panischem Flügelschlagen flüchten ließ.

Und so setze Sunniva guter Dinge ihren Weg zu ihrem Häuschen fort, während zur gleichen Zeit ein farbenfroher Wandersmann mit schneeweißem Gesicht und offenem Mund auf eben jenen toten Baum im Flusswasser starrte.

Er war an derselben Stelle festgenagelt, an der kurz zuvor ein Bein der alten Frau durchs morsche Holz gebrochen. Das Loch war kein Problem, er konnte locker drüber springen. Nein, der wahre Grund für den geistigen Aussetzer war ein ganz anderer. Er brauchte einige Sekunden, bis sein Verstand sich unwirsch meldete und ihn anblaffte, dass hier alle Schreie ungehört verhallten, es also absolut nichts brachte. Hier stehen zu bleiben und auf Hilfe zu warten, stellte keine sinnvolle Option dar.

Der Tourist war ein durchtrainierter, sehniger Mann, ein Läufer, Radfahrer und Skiläufer. Zu jeder Jahreszeit fit wie ein Turnschuh. Doch so schnell wie jetzt war er in seinem Leben noch nie gerannt.

Passendes Fernsehprogramm

„Mit wie vielen Leuten hast du täglichen Kontakt? Hast du jemals darüber nachgedacht, ob du dich deinen Mitmenschen gegenüber so verhältst, wie sie es wirklich verdienen? Musst du dir nicht im Stillen eingestehen, dass du zu viel Zeit damit verbringst, deinen Vorgesetzten in den Arsch zu kriechen, dich bei den Nachbarn einzuschmeicheln und dich mit nervtötenden Verwandten abzugeben, nur weil du glaubst, es zu müssen, anstatt dich um diejenigen zu kümmern, die deine Aufmerksamkeit wirklich verdienen? Es …“

Hast schon recht, aber jetzt reicht‘s, dachte Johnson und drückte genervt auf der Fernbedienung herum. Das blasse Antlitz des Psychologen mit der schwarz gerahmten Brille verschwand. Glücklicherweise noch bevor er mit erhobenem Finger seine nächste Weisheit verkünden konnte. Es war Johnsen ein Rätsel, wie man diesem neunmalklugen Kerl länger als zehn Sekunden ernsthaft zuhören konnte. Mit dem Daumen auf der Fernbedienung fragte Johnson sich unwillkürlich, ob dieser Studierte seine ungesunde Gesichtsfarbe schon länger hatte oder ob ihn seine eigenen Erkenntnisse erblassen ließen. Allzu viel Sonne bekam er jedenfalls nicht ab.

Außerdem ist mir das zu viel Wahrheit, das kann ich im Moment weniger gebrauchen, dachte er missmutig, nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche, die er neben sich auf den Couchtisch gestellt hatte, und schaltete zum nächsten Sender. Der Bildschirm flimmerte auf und ab, die Ziffern zählten immer höher, bis er wieder beim ersten Programm ankam.

„Auch Sie haben einen Waschbrettbauch, ob Sie es glauben oder nicht! Sie müssen ihn nur befreien. Bleiben Sie dran und erfahren Sie, wie sie ihn hervorlocken können …“

Johnsen grunzte und zappte weiter.

„Der Klimawandel nimmt immer drastischere Gestalt an. Wetterexperten warnen vor zunehmenden Katastrophen, die vor allem die Ärmsten der Armen treffen werden. Wenn wir alle nicht sofort unseren Lebensstil verändern, sieht die Zukunft schwarz für unseren Planeten aus. Wir …“

Johnsen hatte unwillkürlich zu dem genickt, was der Umweltaktivist in der grünen Jacke gesagt hatte, doch auch wenn er ganz seiner Meinung war, wollte er jetzt keine Dramen! Weder hören und schon gar nicht bildreich untermalt sehen. Der Verweis auf den Waschbrettbauch eben war hart genug gewesen, dachte er mit leisem Sarkasmus. Zumindest von Weltuntergangsszenarien oder ähnlich dramatischen Themen, die seine ohnehin getrübte Stimmung noch weiter in den Keller rauschen ließen, wollte er verschont bleiben. Eine harmlose Ablenkung, war das denn zu viel verlangt?

Der nächste Kanal zeigte eine Zeichentricksendung, der übernächste eine Nachkriegsdokumentation und der darauffolgende war ein Shopping-Kanal, in dem irgendwelche unbezahlbaren Brillis angeboten wurden. Auch nicht gerade das, wonach er suchte. Für einen Moment erwog er ernsthaft den Gedanken, zurück zu Tom und Jerry zu schalten, drückte dann jedoch auf off.

Der Bildschirm wurde dunkel. Das Prasseln gegen die Wohnzimmerfensterscheibe teilte ihm unüberhörbar mit, dass es noch immer in Strömen regnete.

Seufzend ließ Johnsen den Blick durch den Raum wandern. Auf der Sofalehne hing ein getragenes Hemd von gestern, am Boden lagen die Krümel seines letzten (oder vorletzten?) Abendbrotes und der Schreibtisch quoll über vor unerledigtem Papierkram.

Das Wort „aufräumen“ hallte schrill in seinen Ohren, die Stimme, die ihm das in vorwurfsvollem Ton nahelegte, klang verdächtig nach der seiner Mutter – Gott hab sie selig.

Er war erwachsen, seine Mutter konnte ihm schon lange keine Vorschriften mehr machen. Johnsen stand auf, ging zur Garderobe, streifte seinen Mantel über, schlüpfte in die Schuhe, schnappte sich den Schlüssel und verließ die Wohnung. Nicht hastig, aber er hatte es definitiv eilig.

Trotz der eigentlich milden Temperaturen in diesem Mai begann er augenblicklich zu frieren, als er in die Freiluftdusche hinaustrat. Dieser vermaledeite Regen wollte und wollte einfach nicht nachlassen. Johnsen vermisste seinen Schirm, doch er war zu faul, umzukehren. Als Alternativmaßnahme schlug er den Kragen hoch und zog den Kopf ein. Seine kalten Hände in die Manteltaschen gestopft, schritt er rasch aus. Er hatte kein bestimmtes Ziel und ließ seine Beine einfach draufloslaufen, sie würden den richtigen Weg auch ohne sein bewusstes Lenken finden. Wie immer, wenn er das tat, trugen sie ihn zuverlässig an den beschaulichen kleinen Hafen von Mosjøen. Auf dem Pier blieb er stehen und blickte gedankenverloren auf das Wasser, in das Regentropfen beharrlich kleine Kreise auf die dunkle Wasseroberfläche malten.

Seine Gedanken schwammen im Regen umher wie ein Blatt auf dem Fluss und strandeten bei der Frage, ob er mit seinem Leben glücklich sei. Zufrieden war er im Grunde. Ja. Er war gesund, konnte gut leben. Grob gesagt mangelte es ihm an nichts.

Und dennoch. Dennoch fehlte ihm etwas gewaltig. Etwas, das er sich von keinem Geld der Welt kaufen konnte. Etwas, von dem er keine Ahnung hatte, wie er es bewerkstelligen könnte, es zu bekommen.

Jørn war gern allein, wenn er nach Dienstschluss oder an freien Tagen mit seiner Freja hinausfuhr. Er genoss die Stille, wenn er sich mit dem Fernglas bewaffnet in den Lomsdal-Visten-Nationalpark aufmachte. Dort in aller Einsamkeit Tiere zu beobachten, beispielsweise einen der wenigen Raufußbussarde zu erspähen, die kleiner und struppiger als gewöhnliche Bussarde waren und ihm gerade deshalb und wegen ihres angegrauten Gefieders so gut gefielen, diese Dinge machten ihn zu einem reichen Mann.

Wenn er nach einem solchen Tag – oder zwei, wenn er in einer der Bergvereinshütten übernachtete – nach Hause zurückkehrte, überkam ihn mitunter ein Gefühl der Beklemmung. Wäre es nicht viel schöner, all das mit jemandem teilen zu können? Mit jemandem, der ihn verstand und mit dem er seine Liebe zur Natur, zu allem, was ihn dort draußen umgab, teilen konnte? Der wusste, welche Pflanzen hier wuchsen, welcher Vogel über ihm flog, und der auf größeren Komfort verzichten konnte und mit ihm ein bescheidenes Leben führen wollte?

Eine Windböe fegte über die Straße und ließ eine weggeworfene Dose scheppernd in den Rinnstein kullern. Das Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Ein wenig verloren stand er am Pier und starrte die Dose an, wie sie hin und her geweht wurde und schließlich in einer braunen Pfütze liegen blieb.

Seine Gedanken wanderten boomerangartig zurück zu sich und der Lücke in seinem Leben. Eine Frau. Er wollte nicht länger allein sein, nicht einsam altern und irgendwann von einem besorgten Nachbarn entdeckt werden, weil dem ein unangenehmer Geruch in der Wohnung nebenan aufgefallen ist.

Wieder einmal kam ihm eine bestimmte Frau in den Sinn. Sie. Ausgerechnet. Die sollte er sich endlich aus dem Kopf schlagen. Es gab noch andere.

Im entfuhr ein Seufzer.

Der Markt war dürftig. Natürlich gab es auch hier ein paar Kandidatinnen, die noch nicht vergeben waren. Die dürre Kassiererin mit den hervorstehenden Zähnen und den strähnigen Haaren zum Beispiel. Hm, sehr anregend. Oder die beinahe hübsche Blondine aus dem Supermarkt. Zweitere hatte durchaus Interesse an ihm gezeigt, doch in einer derart aufdringlichen Art und Weise, dass Jørn schnell Reißaus genommen hatte und seitdem beim Einkaufen im europris stets auf der Hut vor ihr war. Sie zur Verehrerin zu haben, war nicht gerade praktisch, wenn man bedachte, dass es nur einen größeren Laden im Ort gab …

„Jaja, man kann eben nicht alles im Leben haben …“, grummelte er in seinen Mantelkragen und schlurfte weiter an der Hafenmauer entlang.

Es prasselte unerbittlich auf ihn nieder. Seltsamerweise störte ihn der Guss kaum noch.

Er blieb stehen, stemmte sich gegen das unwirtliche Wetter und versuchte zu verstehen, was in ihm vorging, was er ändern musste, was er tun konnte, um dieses Loch in seinem Inneren zu füllen.

Die Zeit verrann plätschernd im Fjord. Johnsen merkte, dass seine Kleidung durchlässig wurde. Die dadurch einsetzende Kälte ließ ihn wieder frösteln. Doch sie hatte auch etwas Gutes, denn sie schaffte Klarheit in seinem wirren Geist. Als würde der Regen sich seinem Strudel aus Fragen und Gedankenspielen anpassen, wurden die Kreise auf dem Wasser allmählich kleiner. Der kräftige Guss von oben verwandelte sich in ein zaghaftes Tröpfeln. Die Kreise auf dem Gewässer bildeten sich immer langsamer.

Es war nun fast ein ganzes Jahr her, seit er den Fall des Verschollenen von Lomsdal-Visten gelöst hatte. Er hatte seitdem immer wieder an diese Zeit zurückdenken müssen und sich auch mit Weyn, seinem Kollegen, des Öfteren über den Fall unterhalten. Es war schon eine besonders ausgefallene Geschichte, die sie damals erlebt hatten, kein Wunder also, dass sie in Erinnerung geblieben war. Doch nicht das allein war der Grund dafür, noch immer tagtäglich an diese Zeit zurückzudenken. Er hatte versucht, den Fall auch gedanklich abzuschließen, und sich eingeredet, dass er niemanden der damals Involvierten jemals wieder treffen würde. Welch ein Irrtum.

Es war gestern, am Sonntag gewesen.

Johnsen sah sie nur zufällig, als er in seinem Stammcafé saß und seinen Morgenkaffee trank. Er war gerade dabei, den Leitartikel zu lesen, als ihn eine Bewegung im Hintergrund aufsehen ließ. Die Zeitung glitt in seinen Schoß. Eine Seite fiel zu Boden, doch er bemerkte es nicht. Die Frau auf der anderen Straßenseite hielt seinen Blick gefangen. Es bestanden nicht einmal für ein Sekundenbruchteil Zweifel daran, dass nur sie es sein konnte. Sie hatte sich im Laufe des letzten Jahres kein Stück verändert. Was auch zu schade gewesen wäre, schoss ihm unwillkürlich durch den Kopf.

Aus einem ihm unerklärlichen Reflex schnellten seine Hände plötzlich nach oben und wie ein Spion in einem alten James Bond Film versteckte er sich hinter der Zeitung. Und genau wie so ein Spion linste er über ihren Rand hinweg. Beobachtete, wie sie geradewegs auf der Kante seiner Morgenzeitung entlangmarschierte. Die Tischnachbarn begannen hinter vorgehaltenen Händen über ihn zu tuscheln. Er reagierte nicht darauf. Alles um ihn herum war mit einem Mal unwichtig und unwirklich.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn wahrgenommen hatte, war denkbar gering. Hoffentlich hatte sie ihn nicht gesehen!

Er beobachtete, wie sie ein Handy ans Ohr presste und den Blick auf den Boden vor sich geheftet hielt. Ihre raschen Schritte ließen ihre nachtschwarze Lockenpracht gleichmäßig auf und ab wippen.

Sie war zu weit entfernt, als dass er ihre Stimme hätte hören können, nur einmal schallte ein freudiges Lachen herüber. Johnsen ertappte sich dabei, dass er verstohlen Ausschau nach einer etwaigen Begleitung hielt.

Sie war allein und einen Augenblick später auch schon um die nächste Ecke verschwunden. Ratlos blickte er auf die Hausecke, als hoffte er, dass sie dort wieder auftauchte. Leises Getuschel drang an seine Ohren, machte ihm bewusst, wie peinlich sein Verhalten gerade gewesen war. Verstohlen griff er nach seiner Tasse, doch der Kaffee hatte jeglichen Geschmack verloren.

Er bezahlte und verließ das Café. Die Norwegen Post ließ er, entgegen seiner Gewohnheit, nahezu ungelesen auf seinem Stuhl zurück. Er hatte sie schlichtweg vergessen. Einem Drang folgend, der keinen Widerstand duldete, nahm er die Verfolgung auf.

Am Ende der Gasse blieb er abrupt stehen.

Was tat er da eigentlich? Was und vor allem: warum? Wenn er sie jetzt tatsächlich einholte, was würde er dann zu ihr sagen?

„Hi Janina, vielleicht erinnerst du dich an mich, ich bin der Kommissar, der letztes Jahr den Betrug aufgedeckt hat, in den dein Freund verwickelt war.“ Schwachsinn.

Er drehte um. Freund oder Exfreund?

Vielleicht war es das, was er wissen wollte.

Der Vorfall hatte sich gestern ereignet. Seitdem war er zu keiner vernünftigen Tätigkeit mehr in der Lage. Dann war auch noch dieser alles Gute wegwaschende Regen dazugekommen. Und dieser Fernseher. Johnsen liebäugelte schon länger mit dem Gedanken, das Ding zu verschenken, da er ohnehin nur selten von ihm Gebrauch machte. Ausgerechnet heute, wo er sich ausnahmsweise einmal gern berieseln lassen wollte, gab es nichts nach seinem Geschmack! Nur Promis, Kommerz, Dreck und Dramen.

Blöde Kiste, ich werf sie doch raus, brummte er vor sich hin, während er zurückging. Der Nieselregen war kaum noch spürbar. Johnsen hatte den Eindruck, dass sich sogar die massive Wolkendecke ein wenig gelichtet hatte.

Wie im Karussell kreisten seine Gedanken wieder zurück, es gelang es ihm nicht einmal, sich ausreichend über den Fernseher zu ärgern, um sich damit von dieser Frau abzulenken.

Eine kurze Bewegung an seiner Brust ließ ihn plötzlich zusammenzucken. Jetzt schaltete sich also auch noch ein vertrautes Geräusch hinzu, das gedämpft aus seiner Innentasche kam. Hastig öffnete er die Knöpfe seines Mantels, griff hinein und nahm den eingehenden Anruf entgegen, bevor sich die Melodie von Yellowsubmarine der Beatles vollends entfalten konnte.

Der Grund für seine hektischen Bewegungen war weniger, dass er einen dringenden Anruf erwartete; er konnte dieses Lied schlichtweg nicht mehr hören. Ein rascher Blick auf das Display zeigte ihm die Nummer seines Kollegen Thor Weyn.

Nach Feierabend.

Bei dem Sauwetter.

Wo er doch gerade so schön am Nachdenken war.

Ein Gefühl der Freude wallte in ihm hoch. Perfekt!

„Ja, Thor, was gibt‘s?“, meldete er sich rasch und eine Spur zu fröhlich.

„Hei Jørn“, antwortete der Kollege verhalten. Johnsen konnte sich das Gesicht mit der fragend gerunzelten Stirn seines Kollegen bildhaft vorstellen.

„Einen neuen Fall gibt es.“

Johnsen war ganz Ohr. Ein neuer Fall bedeutete Arbeit, Ablenkung. Sehr gut.

„Na dann schieß mal los!“

Das ließ sich Weyn nicht zweimal sagen. Mit den Ausführungen wurde das Gesicht des Kommissars immer ernster. Seine gute Stimmung hatte gerade einmal zwei Sekunden angehalten und war nun, nach so kurzer Zeit, wieder wie weggeblasen.

Johnsen entging, dass er wegen seines geöffneten Mantels von oben bis unten klatschnass wurde, da der Regen ohne Vorwarnung wieder stärker geworden war. Es schüttete wie aus Kübeln. Von wegen Auflockerung.

Der Kommissar stand erstarrt in einer immer größer werdenden Pfütze und lauschte aufmerksam, während ihm ein Schauder wie ein Wasserfall den Rücken hinunterlief.

Spurensuche

Björn, der Abteilungsleiter der Spurensicherung, war voll und ganz in seinem Element. Ohne sich von der klirrenden Kälte des Wassers aufhalten zu lassen, schob er sich zielstrebig wie ein Roboter durch den Fluss. Keuchend und mit erhobenen Armen schaufelte er sich auf das Baumskelett zu. Johnsen empfand tiefen Respekt vor dieser Leistung. Er wusste aus eigener blaugefrorener Erfahrung, dass der Schutzanzug, den der Spurensicherer trug, nicht viel mehr brachte, als seinen Träger gerade so vor dem Erfrierungstod zu bewahren.

Die Strömung zog mit aller Kraft erbarmungslos und ohne Unterlass an Björns Beinen. Ein Seil war an seinem Anzug befestigt, das ihn davor bewahrte, abgetrieben zu werden, sollte ihm die Kraft schwinden. Sich von der Brücke aus mit der Strömung treiben zu lassen, war ein Leichtes gewesen, doch da der Bewuchs an den Uferseiten und das Geäst des toten Baumes hinderlich waren, musste er sich nun quer durch den Fluss einige Meter zu der Stelle vorkämpfen, an der sich etwas beziehungsweise jemand verfangen hatte.

Die Sicherung erfolgte von der Brücke aus, unter deren Rändern eine Reihe Eiszapfen hing.

Johnsens Blick schweifte über die anwesenden Leute, die auf der Brücke zugange waren. Er sah gerade in dem Moment zurück zu Björn, als dieser auf einem glitschigen Untergrund ausrutschte. Ihm wurde durch den Sog des Wassers buchstäblich der Boden unter den Füßen weggezogen. Erschrockene Rufe hallten über den Fluss.