Gedichte - Enno Ahrens - E-Book

Gedichte E-Book

Enno Ahrens

0,0

Beschreibung

Das Buch enthält phantasievolle und realbezügliche, auch kritische Gedichte, Sentenzen habe ich ans Buchende angehängt, Aphorismen und Lyriksplitter, die sich im Laufe von zehn Jahren angesammelt haben. Ich habe auch einige witzige Wortspiele mir ausgedacht, die sich verstreut im Inhalt befinden. Einige, der Produkte wurden bereits in Literaturzeitschriften veröffentlicht.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 81

Veröffentlichungsjahr: 2023

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Enno Ahrens

  Laborant, Grafiker, Zeichner und Dichter

Impressum

Texte:   © 2023 Copyright by Enno Ahrens

Inhalt:

Gedichte

Ausgesetzt

Sein Zweig auf dem Baum des

Lebens war nicht aus Rosenholz,

er lebte unterhalb auf

den wilden Trieben,

ein Findelkind mit einem

riesigen Mittelfinger,

ins gallenstichige Nest

gesetzt zu zwei ränkenden

Fünffingervogelhähnen;

sie balzten um seine Ziehmutter;

mit zierlicher Hand schnappte sie

sich den Erstbesten, und sagte:

"Das ist nun dein Vater." Der zeigte

dem anderen kotzfrech

einen Abschiedsgruß,

mit "erigiertem" Stinkefinger.

Ein Zischeln der Vipern

legte sich über das Moor,

als über Holland die Flut kam;

am Abend nabelte er sich ab,

brachte einen kugeligen Maasdamer

auf die Rollbahn, zwängte

sich in einen Hohlraum,

wie in einem Insektenhotel

hangelt er noch immer ab, einsam

im Orbit, unter einer Käseglocke.

Nur seine Mutter sah er einmal

vorbeifliegen, auf dem Weg 

ins ewige Himmelreich.

Organtransen

Manchmal fühle ich mich

mies und klein, denk, ich leb‘

auf einem Gallenstein, und

es geht mir an die Nieren;

hingezogen von Baktieren

ziehts mich zu dem Nierenstein,

denn dort haust meine Ebensein.

Jedoch plötzlich ein Eingriff, der

stand in den Sternen, und nun

lässt Gott den Gallenstein entfernen.

Mit Ebensein gibt`s für mich keine Wonnen,

lande bei der Charite in einer der Tonnen.

War zu nichts mehr tauge, nicht mal als

Reimer; egal, jetzt bin ich eh im Eimer.

Trautes Heim

Ich möchte bei dir wohnen,

barrierefrei,

lebe derzeit 1000 Meilen entfernt.

Die Freundin deiner Ex erzählte ihrem

ehemaligen Kumpel, und dieser mir nun aber,

du ließest ständig deine benutzten Socken

herumhängen überm Sektkühler, die

Unterhosen lägen achtlos in den Ecken.

So muss ich mir wohl `ne eigene

Unterkunft suchen, unweit von dir, in

derselben Stadt

gibt es aber nur wenige Angebote,

barrierefrei,

unter der Einflugschneise zum Flughafen,

gut geeignet für Taube.

Im Problemviertel der Arbeitslosen ist

noch was frei,

barrierefrei, ebenfalls

durchaus geeignet für berufstätige Gehörlose, die

nachts schlafen wollen, und blind sind, um das

dortige Elend nicht sehen zu müssen.

So muss ich wohl vorerst bleiben in meiner Stadt,

1000 Meilen von dir entfernt, auch

wenn ich vor Sehnsucht versterbe.

Mit ihm kam die Sonne

in die schattige Einkaufszone

sommers überstrahlte er

die matten Gesichter

der Passanten mit seinem

unermesslichen Lächeln

unangemessen meinten einige

Es gab keinen vernünftigen Grund

derart glücklich zu sein

zu arglos wäre so einer

brächte es fertig übers Wasser

laufen zu wollen und würde

selbst beim Absaufen noch lächeln

Man sperrte ihn weg

in Sicherheitsverwahrung

drei glanzlose Sommer

erlebte die Einkaufszone

Dann sah ich ihn wieder

an seinem alten Platz hocken

hatte ihn fast übersehen

im Heer der Passanten mit

seiner glanzlosen Miene

Rückkopplung mit Korrektur

Noch schmauste die Herde

auf grüner Au.

Jedoch immer mehr Zähne

säumten den Weg zur Hölle,

mit gespitzten Mäulern.

Ungespeiste Bescheidenheit.

Auf kahler Prärie lauschte

man dem nachwachsenden Gras.

Die Erde war zu einem

Apfel der Versuchung verkommen.

Noch bevor der einsame Baum in

feuriger Wüste seinen neuen

Jahresring anlegte,

die Fische den siedenden

Meeren entflohen,

flehten die Menschen gen

Himmel um Rettung, erhielten

alsbald Gottesasyl,

und ihre Gerippe warfen

Schatten auf mickrige Stoppel.

Immenser Gebissausfall.

Der Planet erholte sich,

alles versank gemächlich in

uralter Glückseligkeit.

Nur zwei Überlebende -

Adam und Steve.

Apokalypse

Ohne Freude war ich, die früher mal

angehoben hatte wie ein gasgefüllter

Luftballon; er hatte die Neigung verloren

zu zerplatzen. Lag im Sarg Probe, die

Glühwürmchen längst verglimmt, herbstkalt

die Glieder. Dem Arzt wollte ich zukünftig

nur noch vertrauen wie meinem Frisör, bis

ein Ohr ab wäre; wollte pro Jahr nur noch

einen Kandisberg versetzen auf meiner

kiesgrauen Flora. Die Sehnsuchtsschläge der

Nachtigall schienen endgültig verstummt zu

sein, es quakte nur noch das Froschkonzert.

Gestrandeter Fisch war ich, den nichts

mehr angetrieben gehabt hatte, und

der so angetrieben war.

Kulturevolutionsschock wollte ich werden, mit

Bullenborke angehen gegen das Erschlaffen,

mir blitzblanke dritte Zähne wachsen lassen,

mich durchbeißen durch meinen

neuen Verpuppungskokon, entfaltete

den Falter in mir; blies mir frischen Wind

unter die steifen Flügel.

Eine Todeskapsel führte ich mit mir.

Das verlieh mir ein gutes Gefühl, sollte

mein Leben unerträglich werden.

Dann stolperte ich durch einen

finsteren Wald, flehte, käme doch

ein Lichtblick; streckte beide Hände

aus in Richtung Himmel; da biss

das Schicksal ganz fest zu, mir

beide Arme ab und kein

MacGyver da, der mir diese blöde

Pillendose geöffnet hätte.

Überraschend kam ein Rettungswagen,

der sich verfahren hatte. Nun waren

beide Arme wieder dran.

„Eine Fügung von etwas Höherem“,

frohlockte meine Mutter. „Das

Leben hat noch etwas vor mit dir.“

Drei Tage später traf sie der Schlag,

höchste Pflegestufe.

Sitzenbleiber

Mama, setz dich.

Wie steh ich jetzt vor dir da?

Verena, meine Braut, sitzt.

Ich steh dafür nicht gerade.

Sie ist ja schon im gesetzten Alter.

Ihr Hauptsitz ist bei mir in Köln.

Drei Jahre lang lässt sie mich sitzen.

Ich bin geknickt.

Keiner richtet mich auf.

Die Post bleibt liegen.

Umwelt

Katastrophe hoch vier,

gefallen Strauch und Baum,

längst landunter wären wir,

eingedämmt in unserem Raum,

es wäre kaum zu fassen,

unser Biotop ein Stau,

hätte man ihn gelassen –

dieser Biber, diese Sau.

Was aber,

wenn ich nur noch das Blickfeld vor Augen habe,

und nicht mehr die Welt dahinter, die

große Weite vergessen wäre, gelöscht,

alles, was permanent in mir präsent erschien,

dies Konstrukt aus Landkarten und

vom Hörensagen,

wenn nur noch eine Ahnung in mir bliebe,

ein Stein gebrochen aus dem All in meinem Kopf,

und plötzlich unzählige Kaninchen wie ein Schwarm

Mücken vor meiner Nase herumtanzten,

schwerelos, aus heiterem Himmel und ein

Rettungswagen vor meiner Haustüre parkte,

müsste ich mich trotzdem sorgen, auch wenn

die Sanitäter ausschließlich alle Kaninchen

einfingen, aber ohne mich davonführen?

Was ist er mir

gewesen einst

der volle Mond

ein Romantiker

Liebesgeläut in

verklärendem Schein

Nun hängt er nutzlos ab

dort droben an seinem

rostigen Nagel wirft ein

stumpfes Licht durchs

Dachbodenfenster neben

Omas alten Nachttopf

Tödliche Brandung

Ungeheuer abwehren

auf Wogen traumdurchpflügt

bis das Gaumensegel birst

Von Geisterschiffen her

blinzelt ein Nachtlicht

Deine Sirene setzt den Totenkopf

träufelt dir Gift in

das schnarchende Maul

Auf unsicherem Kurs

Unser Kulturdampfer ist ein Seelenverkäufer.

An Bord geboren, begebe ich mich

auf eine abenteuerliche Fahrt; wir

versuchen alles, die Reise angenehm

zu gestalten, ein Leben lang, bis jeder für

sich übergesetzt wird ins Reich des Todes.

Immer wieder peitschen mich die längst

versiegten Stimmen im Wind an, als Vater

forderte: “Man kann, wenn man will!” Und

Mutter fügte hinzu: “Sogar im Bett!”

Schnell war mir klar: ich muss nur wollen,

wenn ich kann.

Wir werden permanent bedroht von

Treibstoff- und Wassermangel, schippern in

eine schweißtreibende Treibhausgezeit;

müssen unterwegs in Seenot geratene

Menschen aufnehmen, werden ständig

überfrachtet von einer Angst des Scheiterns.

"O Mensch, aus der

Unendlichkeit bist du

gekommen.

Endlich gehst du."

Der gealterte Frühling

schlurft über den flirrenden Asphalt

seine Schicksalshölzchen sind gefallen

Füßchen so schwer im Fundament

Er hält inne

ein leichtes Wehen aus

fernen Gärten herüber

ein Duft von Flieder

Der Blick des Alten streift

die leere Werbetafel

von Schmetterlingen überzeichnet

mögliche Reklame in

zarte Poesie

entfacht nochmal Gedanken an

erste Liebe an süße Verlockungen

an die Träume seiner Jugend

Wie Killerbienen schwirren

die Erinnerungen

ihm durchs Gehirn ohne dass

ihre Stachel ihn injizieren

mit etwas von Bedeutung

Dann ein frisches Wehen

und alles ist verflogen

mit dem Duft von Flieder

Du tust nur immer so

als hättest du alles unter Kontrolle

dabei kennst du nicht mal die

Anzahl deiner Schritte zum

Bahnhof und am Abend zurück

kennst nicht mal die genauen

Maße deiner Frau

behauptest aber zu wissen

um die Rundungen der Erde

dabei siehst du kaum die eigene

Hand vor Augen ohne Brille

und alles was weiter weg ist

verschiebt sich in den

Dunstkreis deiner Spekulationen

du tust aber immer so

als hättest du alles im Blick

Traumatisiert

Der Homo sapiens war zu

einem Selbstläufer entartet

hatte sich zum Affen gemacht

noch bevor die Evolution eine

Rückrufaktion ins Leben rief

hatte Bens Vater den Schwerpunkt

tiefer gelegt das Rätselhafte

was über den Dingen schwebte

jedoch ausgeklammert aus

seiner mathematischen Formel

er nannte es Unwissen

da kamen nachts die Ratten hervor

er hörte ihre Flöhe ihm was husten

am Times Square das Flimmern

der Reklame ließ ihm ein Licht aufgehen

er war geschrumpft zum Ameisengott

zog in den Regenwald wurde seßhaft

auf dem Kopf des Tigers von wo aus

er die Welt beherrschen wollte

hatte seinem Sohn ein Mastermind-Spiel

gekauft damit sollte dieser alle älteren

Nachbarjungen schlagen an

seinem zweijährigen Geburtstag

es fehlten jedoch die Kleinteile

wir fanden sie in seinem Nachttöpfchen

“Dummheit frisst!” platzte es heraus aus

dem gefräßigen Maul von Max Schulze

es wurde hämisch gelacht auch der kleine

Mann grinste und sein Vater fühlte

sich gedemütigt war enttäuscht in seinem

Ehrgefühl verletzt schlug er dem Sohn

unvermittelt ins Gesicht während wir uns

feige davonstahlen allerdings mit

betretenen Mienen und infolge war das

Schönwetterleuchten in den Augen

des Jungen erloschen ich sah ihn nur

noch mit leerem Blick wie in einem

emotionalen Schützengraben kauernd

Wir haben alles im Blick

unter unseren Stiefelsohlen

quatscht und platscht die Welt

im Feuchtgebiet

tragen wir Grabenkämpfe aus

auf dem Rücken des Bibers