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Das Buch enthält phantasievolle und realbezügliche, auch kritische Gedichte, Sentenzen habe ich ans Buchende angehängt, Aphorismen und Lyriksplitter, die sich im Laufe von zehn Jahren angesammelt haben. Ich habe auch einige witzige Wortspiele mir ausgedacht, die sich verstreut im Inhalt befinden. Einige, der Produkte wurden bereits in Literaturzeitschriften veröffentlicht.
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Seitenzahl: 81
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Enno Ahrens
Laborant, Grafiker, Zeichner und Dichter
Impressum
Texte: © 2023 Copyright by Enno Ahrens
Inhalt:
Gedichte
Sein Zweig auf dem Baum des
Lebens war nicht aus Rosenholz,
er lebte unterhalb auf
den wilden Trieben,
ein Findelkind mit einem
riesigen Mittelfinger,
ins gallenstichige Nest
gesetzt zu zwei ränkenden
Fünffingervogelhähnen;
sie balzten um seine Ziehmutter;
mit zierlicher Hand schnappte sie
sich den Erstbesten, und sagte:
"Das ist nun dein Vater." Der zeigte
dem anderen kotzfrech
einen Abschiedsgruß,
mit "erigiertem" Stinkefinger.
Ein Zischeln der Vipern
legte sich über das Moor,
als über Holland die Flut kam;
am Abend nabelte er sich ab,
brachte einen kugeligen Maasdamer
auf die Rollbahn, zwängte
sich in einen Hohlraum,
wie in einem Insektenhotel
hangelt er noch immer ab, einsam
im Orbit, unter einer Käseglocke.
Nur seine Mutter sah er einmal
vorbeifliegen, auf dem Weg
ins ewige Himmelreich.
Organtransen
Manchmal fühle ich mich
mies und klein, denk, ich leb‘
auf einem Gallenstein, und
es geht mir an die Nieren;
hingezogen von Baktieren
ziehts mich zu dem Nierenstein,
denn dort haust meine Ebensein.
Jedoch plötzlich ein Eingriff, der
stand in den Sternen, und nun
lässt Gott den Gallenstein entfernen.
Mit Ebensein gibt`s für mich keine Wonnen,
lande bei der Charite in einer der Tonnen.
War zu nichts mehr tauge, nicht mal als
Reimer; egal, jetzt bin ich eh im Eimer.
Trautes Heim
Ich möchte bei dir wohnen,
barrierefrei,
lebe derzeit 1000 Meilen entfernt.
Die Freundin deiner Ex erzählte ihrem
ehemaligen Kumpel, und dieser mir nun aber,
du ließest ständig deine benutzten Socken
herumhängen überm Sektkühler, die
Unterhosen lägen achtlos in den Ecken.
So muss ich mir wohl `ne eigene
Unterkunft suchen, unweit von dir, in
derselben Stadt
gibt es aber nur wenige Angebote,
barrierefrei,
unter der Einflugschneise zum Flughafen,
gut geeignet für Taube.
Im Problemviertel der Arbeitslosen ist
noch was frei,
barrierefrei, ebenfalls
durchaus geeignet für berufstätige Gehörlose, die
nachts schlafen wollen, und blind sind, um das
dortige Elend nicht sehen zu müssen.
So muss ich wohl vorerst bleiben in meiner Stadt,
1000 Meilen von dir entfernt, auch
wenn ich vor Sehnsucht versterbe.
Mit ihm kam die Sonne
in die schattige Einkaufszone
sommers überstrahlte er
die matten Gesichter
der Passanten mit seinem
unermesslichen Lächeln
unangemessen meinten einige
Es gab keinen vernünftigen Grund
derart glücklich zu sein
zu arglos wäre so einer
brächte es fertig übers Wasser
laufen zu wollen und würde
selbst beim Absaufen noch lächeln
Man sperrte ihn weg
in Sicherheitsverwahrung
drei glanzlose Sommer
erlebte die Einkaufszone
Dann sah ich ihn wieder
an seinem alten Platz hocken
hatte ihn fast übersehen
im Heer der Passanten mit
seiner glanzlosen Miene
Rückkopplung mit Korrektur
Noch schmauste die Herde
auf grüner Au.
Jedoch immer mehr Zähne
säumten den Weg zur Hölle,
mit gespitzten Mäulern.
Ungespeiste Bescheidenheit.
Auf kahler Prärie lauschte
man dem nachwachsenden Gras.
Die Erde war zu einem
Apfel der Versuchung verkommen.
Noch bevor der einsame Baum in
feuriger Wüste seinen neuen
Jahresring anlegte,
die Fische den siedenden
Meeren entflohen,
flehten die Menschen gen
Himmel um Rettung, erhielten
alsbald Gottesasyl,
und ihre Gerippe warfen
Schatten auf mickrige Stoppel.
Immenser Gebissausfall.
Der Planet erholte sich,
alles versank gemächlich in
uralter Glückseligkeit.
Nur zwei Überlebende -
Adam und Steve.
Apokalypse
Ohne Freude war ich, die früher mal
angehoben hatte wie ein gasgefüllter
Luftballon; er hatte die Neigung verloren
zu zerplatzen. Lag im Sarg Probe, die
Glühwürmchen längst verglimmt, herbstkalt
die Glieder. Dem Arzt wollte ich zukünftig
nur noch vertrauen wie meinem Frisör, bis
ein Ohr ab wäre; wollte pro Jahr nur noch
einen Kandisberg versetzen auf meiner
kiesgrauen Flora. Die Sehnsuchtsschläge der
Nachtigall schienen endgültig verstummt zu
sein, es quakte nur noch das Froschkonzert.
Gestrandeter Fisch war ich, den nichts
mehr angetrieben gehabt hatte, und
der so angetrieben war.
Kulturevolutionsschock wollte ich werden, mit
Bullenborke angehen gegen das Erschlaffen,
mir blitzblanke dritte Zähne wachsen lassen,
mich durchbeißen durch meinen
neuen Verpuppungskokon, entfaltete
den Falter in mir; blies mir frischen Wind
unter die steifen Flügel.
Eine Todeskapsel führte ich mit mir.
Das verlieh mir ein gutes Gefühl, sollte
mein Leben unerträglich werden.
Dann stolperte ich durch einen
finsteren Wald, flehte, käme doch
ein Lichtblick; streckte beide Hände
aus in Richtung Himmel; da biss
das Schicksal ganz fest zu, mir
beide Arme ab und kein
MacGyver da, der mir diese blöde
Pillendose geöffnet hätte.
Überraschend kam ein Rettungswagen,
der sich verfahren hatte. Nun waren
beide Arme wieder dran.
„Eine Fügung von etwas Höherem“,
frohlockte meine Mutter. „Das
Leben hat noch etwas vor mit dir.“
Drei Tage später traf sie der Schlag,
höchste Pflegestufe.
Sitzenbleiber
Mama, setz dich.
Wie steh ich jetzt vor dir da?
Verena, meine Braut, sitzt.
Ich steh dafür nicht gerade.
Sie ist ja schon im gesetzten Alter.
Ihr Hauptsitz ist bei mir in Köln.
Drei Jahre lang lässt sie mich sitzen.
Ich bin geknickt.
Keiner richtet mich auf.
Die Post bleibt liegen.
Umwelt
Katastrophe hoch vier,
gefallen Strauch und Baum,
längst landunter wären wir,
eingedämmt in unserem Raum,
es wäre kaum zu fassen,
unser Biotop ein Stau,
hätte man ihn gelassen –
dieser Biber, diese Sau.
Was aber,
wenn ich nur noch das Blickfeld vor Augen habe,
und nicht mehr die Welt dahinter, die
große Weite vergessen wäre, gelöscht,
alles, was permanent in mir präsent erschien,
dies Konstrukt aus Landkarten und
vom Hörensagen,
wenn nur noch eine Ahnung in mir bliebe,
ein Stein gebrochen aus dem All in meinem Kopf,
und plötzlich unzählige Kaninchen wie ein Schwarm
Mücken vor meiner Nase herumtanzten,
schwerelos, aus heiterem Himmel und ein
Rettungswagen vor meiner Haustüre parkte,
müsste ich mich trotzdem sorgen, auch wenn
die Sanitäter ausschließlich alle Kaninchen
einfingen, aber ohne mich davonführen?
Was ist er mir
gewesen einst
der volle Mond
ein Romantiker
Liebesgeläut in
verklärendem Schein
Nun hängt er nutzlos ab
dort droben an seinem
rostigen Nagel wirft ein
stumpfes Licht durchs
Dachbodenfenster neben
Omas alten Nachttopf
Tödliche Brandung
Ungeheuer abwehren
auf Wogen traumdurchpflügt
bis das Gaumensegel birst
Von Geisterschiffen her
blinzelt ein Nachtlicht
Deine Sirene setzt den Totenkopf
träufelt dir Gift in
das schnarchende Maul
Auf unsicherem Kurs
Unser Kulturdampfer ist ein Seelenverkäufer.
An Bord geboren, begebe ich mich
auf eine abenteuerliche Fahrt; wir
versuchen alles, die Reise angenehm
zu gestalten, ein Leben lang, bis jeder für
sich übergesetzt wird ins Reich des Todes.
Immer wieder peitschen mich die längst
versiegten Stimmen im Wind an, als Vater
forderte: “Man kann, wenn man will!” Und
Mutter fügte hinzu: “Sogar im Bett!”
Schnell war mir klar: ich muss nur wollen,
wenn ich kann.
Wir werden permanent bedroht von
Treibstoff- und Wassermangel, schippern in
eine schweißtreibende Treibhausgezeit;
müssen unterwegs in Seenot geratene
Menschen aufnehmen, werden ständig
überfrachtet von einer Angst des Scheiterns.
"O Mensch, aus der
Unendlichkeit bist du
gekommen.
Endlich gehst du."
Der gealterte Frühling
schlurft über den flirrenden Asphalt
seine Schicksalshölzchen sind gefallen
Füßchen so schwer im Fundament
Er hält inne
ein leichtes Wehen aus
fernen Gärten herüber
ein Duft von Flieder
Der Blick des Alten streift
die leere Werbetafel
von Schmetterlingen überzeichnet
mögliche Reklame in
zarte Poesie
entfacht nochmal Gedanken an
erste Liebe an süße Verlockungen
an die Träume seiner Jugend
Wie Killerbienen schwirren
die Erinnerungen
ihm durchs Gehirn ohne dass
ihre Stachel ihn injizieren
mit etwas von Bedeutung
Dann ein frisches Wehen
und alles ist verflogen
mit dem Duft von Flieder
Du tust nur immer so
als hättest du alles unter Kontrolle
dabei kennst du nicht mal die
Anzahl deiner Schritte zum
Bahnhof und am Abend zurück
kennst nicht mal die genauen
Maße deiner Frau
behauptest aber zu wissen
um die Rundungen der Erde
dabei siehst du kaum die eigene
Hand vor Augen ohne Brille
und alles was weiter weg ist
verschiebt sich in den
Dunstkreis deiner Spekulationen
du tust aber immer so
als hättest du alles im Blick
Traumatisiert
Der Homo sapiens war zu
einem Selbstläufer entartet
hatte sich zum Affen gemacht
noch bevor die Evolution eine
Rückrufaktion ins Leben rief
hatte Bens Vater den Schwerpunkt
tiefer gelegt das Rätselhafte
was über den Dingen schwebte
jedoch ausgeklammert aus
seiner mathematischen Formel
er nannte es Unwissen
da kamen nachts die Ratten hervor
er hörte ihre Flöhe ihm was husten
am Times Square das Flimmern
der Reklame ließ ihm ein Licht aufgehen
er war geschrumpft zum Ameisengott
zog in den Regenwald wurde seßhaft
auf dem Kopf des Tigers von wo aus
er die Welt beherrschen wollte
hatte seinem Sohn ein Mastermind-Spiel
gekauft damit sollte dieser alle älteren
Nachbarjungen schlagen an
seinem zweijährigen Geburtstag
es fehlten jedoch die Kleinteile
wir fanden sie in seinem Nachttöpfchen
“Dummheit frisst!” platzte es heraus aus
dem gefräßigen Maul von Max Schulze
es wurde hämisch gelacht auch der kleine
Mann grinste und sein Vater fühlte
sich gedemütigt war enttäuscht in seinem
Ehrgefühl verletzt schlug er dem Sohn
unvermittelt ins Gesicht während wir uns
feige davonstahlen allerdings mit
betretenen Mienen und infolge war das
Schönwetterleuchten in den Augen
des Jungen erloschen ich sah ihn nur
noch mit leerem Blick wie in einem
emotionalen Schützengraben kauernd
Wir haben alles im Blick
unter unseren Stiefelsohlen
quatscht und platscht die Welt
im Feuchtgebiet
tragen wir Grabenkämpfe aus
auf dem Rücken des Bibers