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Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Psychologie - Religionspsychologie, Note: 2,0, , Sprache: Deutsch, Abstract: Geistlicher Missbrauch kommt in vielen Kirchen und Gemeinden vor. Das belegen zahlreiche Berichte von Betroffenen. Er findet inmitten eines geistlichen Umfelds statt und ist meist schwer durchschaubar, da er „fromm“ aussieht und „im Namen Gottes“ ausgelebt wird. Doch offiziell wird dieses heikle Thema kaum angesprochen. Das vorliegende Buch zeigt auf, wie geistlicher Missbrauch erkannt wird und welche Dynamiken dahinter stecken können. Ob dabei eine gewisse Prädisposition von Seiten der Opfer besteht, die den Missbrauch begünstigen kann, kommt ebenso zur Sprache wie die Verwundungen, die der Missbrauch hinterlässt. Zusätzlich wird in diesem Buch beschrieben, wie Betroffene nach dem Erlebten Heilung erfahren können und was Leiter vorbeugend tun können, um nicht zum Täter zu werden. Dieses Buch wurde geschrieben um zu helfen, nicht um zu verurteilen – damit Glaube nicht krank macht und ein Leben in Kirche und Gemeinde gelingt. Es soll herausfordern und ermutigen, genauer hinzusehen. Mit dem Ergebnis, dass Glaube und Gottes Botschaft der Liebe in ein Leben von Freiheit und Eigenverantwortung führen und nicht in Unterdrückung und Abhängigkeit.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Was ist geistlicher Missbrauch?
1.1 Der Begriff „Missbrauch“
1.2 Formen des Missbrauchs
1.3 Begriffsdefinition „geistlicher Missbrauch“
1.4 Kennzeichen des geistlichen Missbrauchs
1.4.1 Vermittlung falscher Gottesbilder
1.4.2 Gesetzlichkeit
1.4.3 Unangemessene Einflussnahme auf Privatleben
1.4.4 Bevormundung und Beschämung
1.4.5 Macht- und Autoritätsansprüche
1.4.6 Unausgesprochene Regeln
1.4.7 Mangelnde Ausgewogenheit
1.4.8 Missbrauch der Bibel
1.4.9 Missbrauch von Prophetie und Geistesgaben
1.5 Abgrenzung: Was geistlicher Missbrauch nicht ist
2 Geistlicher Missbrauch in der Praxis
2.1 Aus der Sicht des Opfers
2.1.1 Fall „Sarah“
2.1.2 Fall „Alexander“
2.2 Aus der Sicht des Täters
3 Die Verwundungen durch geistlichen Missbrauch
3.1 Auswirkungen von geistlichem Missbrauch
3.1.1 Geistliche Nöte
3.1.2 Psychische Nöte
3.1.3 Soziale Nöte
3.2 Folgeverletzungen
4 Die Dynamiken geistlichen Missbrauchs
4.1 Die Dynamiken in missbräuchlichen Gemeindesystemen
4.1.1 Grenzverletzung
4.1.2 Machtmissbrauch
4.1.3 Manipulation
4.1.4 Weitere Taktiken in missbräuchlichen Gemeindesystemen
4.2 Exkurs: Abgrenzung zur Sekte
4.3 Täter-Opfer-Dynamik
4.3.1 Die Opfer
4.3.2 Die Täter
4.4 Systeme und wie sie funktionieren
4.4.1 Was ist ein System?
4.4.2 Strukturbildung
4.4.3 Gruppendynamische Wirkungen
4.4.4 Herausbildung von Normen
4.4.5 Identitätsverlust
4.4.6 Die Gruppe als „Kraftfeld“
5 Mögliche Hintergründe für geistlichen Missbrauch
5.1 Religiosität
5.2 Die religiöse Entwicklung des Menschen
5.2.1 Instinkttheoretischer Ansatz nach I.P. Pawlow - Ein Suchen nach Schutz
5.2.2 Ansatz nach B. Malinowski - Hoffnung auf Unsterblichkeit
5.2.3 Psychoanalytischer Ansatz nach Freud - Zwang und regressiver Wunsch nach Schutz
5.2.4 Objektbeziehungstheoretischer Ansatz - Eine Frage des Selbstwertgefühls
5.2.5 Der bindungstheoretische Ansatz - Das Bedürfnis nach Nähe und Sicherheit
5.2.6 Der attributionstheoretische Ansatz - Eine Bereitschaft zu neugier-, kontroll- und selbstwertmotivierten Deutungen
5.2.7 Multimotivationaler Ansatz nach G.W. Allport - Verwurzelt in Wünschen, Werten und der Sinnfrage
5.3 Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitsdimensionen und Religiosität
5.3.1 Zum Thema Persönlichkeit
5.3.2 Kontrollüberzeugungen
5.3.3 Extrinsisch und intrinsisch religiöse Orientierung
5.3.4 „Selbstbestimmte Fremdbestimmung“
5.4 Fazit
6 Heilung von geistlichem Missbrauch
6.1 Was können Betroffene tun?
6.1.1 Benennung des Missbrauchs
6.1.2 Traumatherapie
6.1.3 Trauer
6.1.4 Umgang mit Schuld
6.1.5 Bearbeitung von Triggern
6.1.6 Eigenreflektion
6.1.7 Konfrontation
6.1.8 Vergebung
6.1.9 Gemeindewechsel
6.2 Was können Leiter tun?
6.2.1 Persönliche Prädisposition
6.2.2 Allgemeine Vorsichtsmaßnahmen von Seiten der Leiter
6.2.3 Leitung nach biblischem Vorbild
6.2.4 Ausgewogene Verkündigung
6.2.5 Seelsorge- und Beratungssetting
6.3 Was können Angehörige und Freunde tun?
7 Schlussbetrachtung
7.1 Der Mensch - Ein Individuum
7.2 Die Alternative - Ein Leben ohne Gemeinde?
7.3 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Berichte über geistlichen Missbrauch decken ein weites Spektrum ab, vom offensichtlichen, durch Irrglauben geprägten Machtsystem über missbräuchliches Leiterverhalten, bis hin zum zerstörerischen Glauben innerhalb und außerhalb missbräuchlicher Umstände (vgl. Tempelmann, 2009, S. 12). Wo immer in religiösen Gemeinschaften Macht ausgeübt wird, die persönlichen Grenzen des Einzelnen nicht geachtet werden oder ein falsches Gottesbild vermittelt wird, werden Menschen geschwächt und behindert statt ermutigt und gefördert. Die Verletzungen, die daraus resultieren, können zu tiefen Nöten führen (vgl. Leben im Kontext e.V., Seminarbroschüre „Religiöser Missbrauch“, 2012). Die Gemeinde, die Schutzraum sein sollte, hat sich für diese Menschen als das Gegenteil erwiesen. Fakt ist dass Gemeinden, Seelsorgeeinrichtungen und Beratungsstellen, die sich für dieses Thema geöffnet haben und sich ehrlich damit auseinandersetzen, mit großer Not konfrontiert sind - in Deutschland sowie weltweit (vgl. Tempelmann, 2009, S. 9).
Doch was passiert genau, wenn Menschen, deren amtliche Funktion es ist, andere in Momenten der Verletzlichkeit zu schützen und geistlich beizustehen, stattdessen in deren Seelen eindringen? Dies geschieht häufig im Namen Gottes, aber mit eigenen Vorstellungen und Ansprüchen. Da es sich um eine Person handelt, die offiziell als geistliche Autorität fungiert, der also vertraut wird und die im Namen Gottes handelt, werden Übergriffe zugelassen, die sich Betroffene im „normalen Leben“ wahrscheinlich eher nicht bieten lassen würden (vgl. Wilbertz, 2006, S. 136). Sicher hat so gut wie jeder Mensch seine persönlichen Bruchstellen und Nöte, an denen er angreifbar und manipulierbar ist. Es stellt sich jedoch die Frage, ob nicht gerade die Gemeinschaft von Christen ein Ort sein sollte, an dem Menschen mit ihren Schwächen sicher sind und sich öffnen können (vgl. ebd.).
Statistiken besagen, dass viele Menschen, die sich persönlich zum christlichen Glauben bekennen, heute keiner Gemeinde mehr zugehörig sind. Diese Tatsache gilt es ernst zu nehmen und sie kann nicht mit einer Stigmatisierung von „mangelnder Verbindlichkeit“ abgetan werden. Viele dieser Menschen haben Missbrauch in einem „frommen Gewand“ erlebt. Manche von ihnen sind fest entschlossen, ihr Glaubensleben außerhalb von einem „offiziellen“ Gemeindeleben weiterzuführen. Andere sind zu verletzt, um überhaupt weiter als „Gläubige“ leben zu wollen (vgl. Tempelmann, 2009, S. 10-11).
Wie Berichte über geistlichen Missbrauch aufzeigen, können in jedem System missbräuchliche Dynamiken auftreten (vgl. Wilbertz, 2006, S. 13). Die unterschiedlichen christlichen Bewegungen sollen in diesem Buch daher gleichermaßen mit Wertschätzung und ohne Vorurteile betrachtet werden. Das Thema des geistlichen Missbrauchs wird unabhängig von einer bestimmten Glaubensrichtung behandelt. Darüber hinaus soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass Leitern prinzipiell zu misstrauen sei. Dieses Buch soll sensibilisieren, dass auch das beste System kippen kann, wenn die Liebe, Freiheit und Wahrheit Gottes verloren gehen und der Respekt sowie die gegenseitige Wertschätzung untereinander vernachlässigt werden, um vermeintlich hohen Zielen nach zu jagen (vgl. ebd.).
Statistiken zeigen, dass heutzutage jede 3. bis 4. Frau und jeder 7. bis 8. Mann zwischen dem 1. und 16. Lebensjahr Opfer sexueller Gewalt wird (vgl. www.befreitleben.org, Stand 03.01.2013). Wie viele Menschen durch emotionalen oder verbalen Missbrauch geschädigt wurden, ist statistisch nicht erfasst, jedoch lässt sich vermuten, dass Missbrauch häufiger geschieht als wir annehmen und in Formen existiert, die häufig nicht sofort als Missbrauch erkannt werden (vgl. ebd.).
In seinem Werk „Walking out of Spiritual Abuse” schreibt Marc Dupont über Missbrauch im Allgemeinen: „Missbrauch ist der missbräuchliche Gebrauch von Macht. Ob der Missbrauch emotional, körperlich, sexuell oder geistlich ist, immer geht es um den verkehrten Einsatz von Macht und Autorität: Die Macht, die ein Einzelner gebraucht, um andere zu kontrollieren, zu beherrschen, zu manipulieren oder zu benutzen. Für das Opfer ist das Endergebnis eine Schädigung, sei es ein körperlicher…emotionaler…sexueller…oder Geistlicher Schaden oder eine Kombination davon. Missbrauch handelt immer davon, dass diejenigen mit Macht und Autorität ihre Macht und Autorität verkehrt einsetzen, um ihre eigenen Ängste, Verletzungen oder Unsicherheiten zu kompensieren“ (Dupont, 1997, S. 8-9).
Ausgeübt wird Missbrauch also von einer Person gegenüber einer anderen Person in einer Täter-Opfer-Beziehung, oft unter Ausnutzung eines bestehenden Vertrauens- oder Schutzverhältnisses wie zum Beispiel Ehe, Verwandtschaft, Kind, Schüler oder Klient. Das Opfer erleidet durch die missbräuchlichen Handlungen - oft unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit der Betroffenen – meist starken psychischen oder physischen Schaden, oftmals auch beides (vgl. Streich, 2012, S. 2-3).
Nachfolgend werden einige Formen des Missbrauchs näher betrachtet. Der geistliche Missbrauch ist bei dieser Aufzählung ausgenommen, da ihm als zentrales Thema des Buches ein eigenes Kapitel gewidmet wird.
Sexueller Missbrauch
„Missbraucht ein Erwachsener ein Kind sexuell, so benutzt er die Liebe, die Abhängigkeit oder das Vertrauen für seine sexuellen Bedürfnisse und setzt sein Bedürfnis nach Unterwerfung, Macht oder Nähe mit sexueller Gewalt durch. Er gefährdet dessen Lebens- und Entwicklungsgrundlage und schädigt die Seele des Kindes“ (www.missbrauch-opfer.info, Stand 03.12.2013). Ein Missbrauch durch nahe Verwandte wie Vater, Mutter oder Geschwister weist meist noch schwerwiegendere Folgen für die Opfer auf, als wenn die Täter in großer Distanz zum Missbrauchsopfer stehen. Hier begeht nämlich derjenige, der für Liebe zuständig ist, den Verrat. Die Opfer zeigen oft eine typische Opferidentität mit psychischen Beeinträchtigungen und entwickeln häufig psychosomatische Störungen (vgl. Röhr, 2003, S. 169-170).
Seelischer Missbrauch
Unter seelischem Missbrauch versteht man die Tatsache, dass ein Kind regelmäßig dazu gebraucht wird, die Rolle eines erwachsenen Lebensgefährten, eines Beraters oder eines Vertrauten zu übernehmen (vgl. www.befreitleben.org, Stand 03.01.2013).
Emotionaler Missbrauch
Emotionaler Missbrauch kann verbal oder nonverbal ablaufen. Diese Art des Missbrauchs beinhaltet defensive Wut, die dazu dient, das Gegenüber zu bedrohen, einzuschüchtern oder auf Distanz zu halten. Dies kann durch Beschimpfungen, Kritik, ständige Schuldzuweisungen, Drohungen, Beschämung, Streitsucht, Verweigerung von Unterstützung, Demütigung, dominierendes und kontrollierendes Verhalten geschehen. Nonverbaler Missbrauch geschieht durch ständig ablehnendes und abwertendes Verhalten. Beispiele hierfür sind strafendes Schweigen, Ignorieren des anderen oder Verweigerung von Zuwendung. Diese Art von Missbrauch kann passiv oder aktiv sein, wie beispielsweise immer wiederkehrendes destruktives emotionales Verhalten durch Überforderung oder auch durch unterlassenes emotionales Verhalten wie Liebesentzug, Zurückhalten verdienter Anerkennung, Entzug von Geborgenheit und die Weigerung Gefühle auszudrücken (vgl. ebd.). Auch diese Opfer entwickeln im Laufe der Zeit eine „Opfer- und Helferidentität“ (vgl. Röhr, 2003, S. 167).
Missbrauch durch den Ehepartner
Hier tritt ein Muster von gewalttätigem Verhalten auf, um durch Angst, Einschüchterung, emotionalem Missbrauch oder soziale Isolation Kontrolle über den Partner zu gewinnen. Oft geschieht dies unter Androhung von physischer oder sexueller Gewalt (vgl. www.befreitleben.org, Stand 03.01.2013).
Körperlicher Missbrauch
Jede Art ständiger körperlicher Verletzung wie zum Beispiel Schlagen, Stoßen, Treten bis zum Gebrauch von Waffen, um zu verletzten oder zu töten ist körperlicher Missbrauch. Dieser liegt auch dann vor, wenn körperliche Bedürfnisse bewusst vernachlässigt werden (vgl. ebd.).
Ritueller (satanischer) Missbrauch
Diese Art des Missbrauchs geschieht durch in Okkultismus involvierte Personen oder durch Mitglieder von geheimen Vereinigungen. Sie erlangen Macht, indem sie Satan anrufen und ihn auffordern, sich in ihren Gruppenritualen, Zeremonien und Treffen zu manifestieren. Die Absicht dahinter ist es, Macht durch Verletzung oder Tötung unschuldiger Personen zu gewinnen. Alles was diese Gruppierungen tun ist eine Perversion des Christentums (vgl. ebd.).
Der in deutschen Gemeinden kursierende Begriff des „geistlichen Missbrauchs“ wurde aus dem Englischen „spiritual abuse“ abgeleitet (vgl. Tempelmann, 2009, S. 14-15). Vermutlich wird dieser Ausdruck viele Menschen stören, wenn nicht sogar schockieren. Dies ist nicht Absicht des vorliegenden Buches. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass es sich hierbei um ein ernstzunehmendes Problem handelt, das im Folgenden näher beleuchtet wird. Hierzu eine Begriffsdefinition von Johnson & VanVonderen aus ihrem Werk „Geistlicher Missbrauch - Die zerstörende Kraft der frommen Gewalt“:
„Geistlicher Missbrauch ist der falsche Umgang mit einem Menschen, der Hilfe, Unterstützung oder geistliche Stärkung braucht, mit dem Ergebnis, dass dieser betreffende Mensch in seinem geistlichen Leben geschwächt und behindert wird“ (Johnson & VanVonderen, 2003, S. 23). „Die weitreichende Folge davon ist eine Störung seiner Beziehung zu Gott - sofern er überhaupt in der Lage ist, eine Beziehung zu Gott aufzubauen“ (ebd. S. 16).
Eine weitere Begriffserklärung findet sich bei Tempelmann: „Es gibt geistliche Systeme, in denen die Meinungen, Gefühle und Bedürfnisse eines Menschen nicht zählen. Sie bleiben unbeachtet. In diesen Systemen sollen die Mitglieder die Bedürfnisse ihrer Leiter befriedigen - das Bedürfnis nach Macht, Ansehen, Nähe, Wert. Diese Leiter versuchen im religiösen Wohlverhalten der Menschen, denen sie eigentlich dienen und weiterhelfen sollten, Erfüllung zu finden. Das stellt die Gemeinde Christi auf den Kopf. Es ist geistlicher Missbrauch“ (Tempelmann, 2009, S. 19).
Ronald M. Enroth drückt das Phänomen des geistlichen Missbrauchs in „Churches that abuse“ wie folgt aus: „Anders als der körperliche Missbrauch, den man meist an den entsprechenden Wunden erkennen kann, hinterlässt der geistliche Missbrauch psychische Wunden tief in der menschlichen Seele. Er wird von denjenigen Menschen zugefügt, denen unsere Gesellschaft normalerweise Respekt und Achtung erweist, weil sie eine Leiterfunktion im geistlichen Amt ausüben und als Vorbilder gelten. Wenn solche Menschen jedoch das ihnen anvertraute Amt missbrauchen und ihre kirchliche Position dazu benutzen, ihre Herde unter Druck zu setzen und zu manipulieren, kann dies zu katastrophalen Folgen führen“ (Enroth, 1992, S. 29).
Bei den Betroffenen führt dies zu Verwundungen in ihrem Glaubensleben, was den emotionalen und körperlichen Bereich in der Regel mit betrifft. Menschen, denen geistliche Autorität übertragen ist, missbrauchen in diesem Fall das Vertrauen der ihnen anbefohlenen Menschen. Sie können so fest entschlossen sein ihre geistliche Autoritätsstellung, eine Doktrin oder eine Handlungsweise zu verteidigen, dass sie jede Person, die sie in Frage stellt, anderer Meinung ist oder sich nicht so verhält, wie sie es für richtig halten, zurechtweisen. Wenn die Worte und Handlungsweisen solcher Autoritäten einen anderen Menschen niederdrücken oder seine Stellung als Christ angreifen und schwächen, um sich selbst, die eigene Stellung und Überzeugungen zufriedenzustellen, dann kann dies als Missbrauch bezeichnet werden (vgl. Johnson & VanVonderen, 2003, S. 27). So angewandt, wird Macht dazu missbraucht, die Stellung einer führenden Persönlichkeit zu bestätigen oder deren Bedürfnisse zu befriedigen.
Geistlicher Missbrauch kann auch geschehen, wenn eine geistliche Stellung benutzt wird, andere dazu zu veranlassen einem bestimmten „geistlichen Standard“ entsprechend zu leben. Dabei wird ein äußeres „geistliches Verhalten“ gefordert. Dies geschieht ebenfalls ohne Rücksicht auf das Wohlergehen der jeweiligen Betroffenen (vgl. ebd. S. 24).