Georg Trakls Lyrik - Georg Trakl - E-Book

Georg Trakls Lyrik E-Book

Georg Trakl

0,0

Beschreibung

Dieser Auswahlband versammelt alle wichtigen Werke des exzeptionellen Lyrikers Georg Trakl, dessen Wirkung auf die ihm nachfolgenden Dichtergenerationen seit über einhundert Jahren anhält und stetig wächst; ein Einfluss, der gar nicht überschätzt werden kann. Trakls Dichtungen sind legendär sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Hinsicht. Sonette, durchstrukturierte freirhythmische Gebilde, Strophen mit drakonischer Verszahl und vieles mehr. Untergang und Rettung streiten häufig miteinander. Seine exorbitante Symbolsprache kombiniert Bizarres mit ungewöhnlichen Farben und Klängen. Synästhetisch auch Odeur und keineswegs zu vergessen: Schweigen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 105

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über dieses Buch

Dieser Auswahlband versammelt alle wichtigen Werke des exzeptionellen Lyrikers Georg Trakl, dessen Wirkung auf die ihm nachfolgenden Dichtergenerationen seit über einhundert Jahren anhält und stetig wächst; ein Einfluss, der gar nicht überschätzt werden kann.

Trakls Dichtungen sind legendär sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Hinsicht. Sonette, durchstrukturierte freirhythmische Gebilde, Strophen mit drakonischer Verszahl und vieles mehr. Untergang und Rettung streiten häufig miteinander. Seine exorbitante Symbolsprache kombiniert Bizarres mit ungewöhnlichen Farben und Klängen. Synästhetisch auch Odeur und keineswegs zu vergessen: Schweigen.

Der Autor

Georg Trakl erblickt das Licht der Welt am 3. Februar 1887 in Salzburg als Sohn eines Eisenhändlers. Übungsschule der katholischen Lehrerbildungsanstalt und k. k. Staatsgymnasium bis zur siebenten Klasse in Salzburg. Danach Pharmaziepraktikant. Pharmaziestudium in Wien. Drogenexperimente. In Ludwig von Fickers Zeitschrift werden etliche seiner Gedichte publiziert. Trakl flieht ein bürgerliches Dasein. Nie hält er es lange bei einer Arbeitsstelle aus. Während des Ersten Weltkriegs Sanitätsleutnant in Galizien. Schlacht bei Grodek, die ihn traumatisiert. Nach einem Selbstmordversuch Überstellung zur Beobachtung nach Krakau, wo er am 3. November 1914 an einer Herzlähmung bzw. einer Überdosis Kokain stirbt. [Detaillierter Lebenslauf siehe Joerg K. Sommermeyer, Biographischer Abriss Georg Trakls, unten S. 95 ff]

Der Herausgeber

Joerg K. Sommermeyer (JS), geb. am 14.10.1947 in Brackenheim, Sohn des Physikers Kurt Hans Sommermeyer (1906-1969). Kindheit in Freiburg. Studierte Jura, Philosophie, Germanistik, Geschichte und Musikwissenschaft. Klassische Gitarre bei Viktor v. Hasselmann und Anton Stingl. Unterrichtete in den späten Sechzigern Gitarre am Kindergärtnerinnen- / Jugendleiterinnenseminar und in den Achtzigem Rechtsanwaltsgehilfinnen in spe an der Max-Weber-Schule in Freiburg. 1976 bis 2004 Rechtsanwalt in Freiburg. Zahlreiche Veröffentlichungen. JS (Joerg Sommermeyer) lebt in Berlin und Lahnstein.

Orlando Syrg, Berlin, 5. Oktober 2023

Inhalt

Über dieses Buch

Der Autor

Der Herausgeber

Gedichte in der Reihe

Der jüngste Tag

(

Kurt Wolff, Leipzig 1913)

Die Raben

Die junge Magd

1. Oft am Brunnen, wenn es dämmert

2. Stille schafft sie in der Kammer

3. Nächtens übern kahlen Anger

4. In der Schmiede dröhnt der Hammer

5. Schmächtig hingestreckt im Bette

6. Abends schweben blutige Linnen

Romanze zur Nacht

Im roten Laubwerk voll Gitarren

Musik im Mirabell

Melancholie des Abends

Winterdämmerung

Rondel

Frauensegen

Die schöne Stadt

In einem verlassenen Zimmer

An den Knaben Elis

Der Gewitterabend

Abendmuse

Traum des Bösen

Geistliches Lied

Im Herbst

Zu Abend mein Herz

Die Bauern

Allerseelen

Melancholie

Seele des Lebens

Verklärter Herbst

Winkel am Wald

Im Winter

In ein altes Stammbuch

Verwandlung

Kleines Konzert

Menschheit

Der Spaziergang

1. Musik summt im Gehölz am Nachmittag

2. Die Zeit verrinnt. O süßer Helios!

3. Ein altes Wiegenlied macht dich sehr bang

De profundis

Trompeten

Dämmerung

Heiterer Frühling

1. Am Bach, der durch das gelbe Brachfeld fließt

2. Dich lieb ich treu du derbe Wäscherin

3. Wie scheint doch alles Werdende so krank!

Vorstadt im Föhn

Die Ratten

Trübsinn

In den Nachmittag geflüstert

Psalm

Rosenkranzlieder

Nähe des Todes

Amen

Verfall

In der Heimat

Ein Herbstabend

Menschliches Elend

Im Dorf

1. Aus braunen Mauern tritt ein Dorf, ein Feld

2. Der Arme, der im Geiste einsam starb

3. Ans Fenster schlagen Äste föhnentlaubt

Abendlied

Drei Blicke in einen Opal

1. Blick in Opal: ein Dorf umkränzt von dürrem Wein

2. Der ihn befeuchtet, rosig hängt ein Tropfen Tau

3. Die Blinden streuen in eiternde Wunden Weiherauch

Nachtlied

Helian

Sebastian im Traum

(

Kurt Wolff, Leipzig 1914/1915)

Sebastian im Traum

Kindheit

Stundenlied

Unterwegs

Landschaft

An den Knaben Elis

Elis

1. Vollkommen ist die Stille dieses goldenen Tags

2. Ein sanftes Glockenspiel tönt in Elis’ Brust

Hohenburg

Sebastian im Traum

1. Mutter trug das Kindlein im weißen Mond

2. Frieden der Seele. Einsamer Winterabend

3. Rosige Osterglocke im Grabgewölbe der Nacht

Am Moor

Im Frühling

Abend in Lans

Am Mönchsberg

Kaspar Hauser Lied

Nachts

Verwandlung des Bösen

Der Herbst des Einsamen

Im Park

Ein Winterabend

Die Verfluchten

1. Es dämmert. Zum Brunnen gehn die alten Fraun

2. Am Abend säumt die Pest ihr blau Gewand

3. Ins braune Gärtchen tönt ein Glockenspiel

Sonja

Entlang

Herbstseele

Afra

Der Herbst des Einsamen

Siebengesang des Todes

Ruh und Schweigen

Anif

Geburt

Untergang

An einen Frühverstorbenen

Geistliche Dämmerung

Abendländisches Lied

Verklärung

Föhn

Der Wanderer

Karl Kraus

An die Verstummten

Passion

Siebengesang des Todes

Winternacht

Gesang des Abgeschiedenen

In Venedig

Vorhölle

Die Sonne

Gesang einer gefangenen Amsel

Sommer

Sommersneige

Jahr

Abendland

1. Mond, als träte ein Totes

2. So leise sind die grünen Wälder

3. Ihr großen Städte

Frühling der Seele

Im Dunkel

Gesang des Abgeschiedenen

Traum und Umnachtung

Verstreutes

(

1914/1915)

Das Herz

Der Schlaf

Das Gewitter

Der Abend

Die Nacht

Die Schwermut

Nachtergebung

Offenbarung und Untergang

Nachtseele

Grodek

Verlassenheit (Salzburger Zeitung, 1906)

1. Nichts unterbricht mehr das Schweigen der Verlassenheit

2. Niemand vermag mehr in den Park einzudringen.

3. Und droben in einem rissigen Turmgemach

Biographischer Abriss Georg Trakls

(

Joerg K. Sommermeyer)

Gedichte in der ReiheDer jüngste Tag

(Kurt Wolff, Leipzig 1913)

Die Raben

Über den schwarzen Winkel hasten

Am Mittag die Raben mit hartem Schrei.

Ihr Schatten streift an der Hirschkuh vorbei

Und manchmal sieht man sie mürrisch rasten.

O wie sie die braune Stille stören,

In der ein Acker sich verzückt,

Wie ein Weib, das schwere Ahnung berückt,

Und manchmal kann man sie keifen hören

Um ein Aas, das sie irgendwo wittern,

Und plötzlich richten nach Nord sie den Flug

Und schwinden wie ein Leichenzug

In Lüften, die von Wollust zittern.

Die junge Magd

Ludwig von Ficker zugeeignet

1

Oft am Brunnen, wenn es dämmert,

Sieht man sie verzaubert stehen

Wasser schöpfen, wenn es dämmert.

Eimer auf und nieder gehen.

In den Buchen Dohlen flattern

Und sie gleichet einem Schatten.

Ihre gelben Haare flattern

Und im Hofe schrein die Ratten.

Und umschmeichelt von Verfalle

Senkt sie die entzundenen Lider.

Dürres Gras neigt im Verfalle

Sich zu ihren Füßen nieder.

2

Stille schafft sie in der Kammer

Und der Hof liegt längst verödet.

Im Holunder vor der Kammer

Kläglich eine Amsel flötet.

Silbern schaut ihr Bild im Spiegel

Fremd sie an im Zwielichtscheine

Und verdämmert fahl im Spiegel

Und ihr graut vor seiner Reine.

Traumhaft singt ein Knecht im Dunkel

Und sie starrt von Schmerz geschüttelt.

Röte träufelt durch das Dunkel.

Jäh am Tor der Südwind rüttelt.

3

Nächtens übern kahlen Anger

Gaukelt sie in Fieberträumen.

Mürrisch greint der Wind im Anger

Und der Mond lauscht aus den Bäumen.

Balde rings die Sterne bleichen

Und ermattet von Beschwerde

Wächsern ihre Wangen bleichen.

Fäulnis wittert aus der Erde.

Traurig rauscht das Rohr im Tümpel

Und sie friert in sich gekauert.

Fern ein Hahn kräht. Übern Tümpel

Hart und grau der Morgen schauert.

4

In der Schmiede dröhnt der Hammer

Und sie huscht am Tor vorüber.

Glührot schwingt der Knecht den Hammer

Und sie schaut wie tot hinüber.

Wie im Traum trifft sie ein Lachen;

Und sie taumelt in die Schmiede,

Scheu geduckt vor seinem Lachen,

Wie der Hammer hart und rüde.

Hell versprühn im Raum die Funken

Und mit hilfloser Gebärde

Hascht sie nach den wilden Funken

Und sie stürzt betäubt zur Erde.

5

Schmächtig hingestreckt im Bette

Wacht sie auf voll süßem Bangen

Und sie sieht ihr schmutzig Bette

Ganz von goldnem Licht verhangen,

Die Reseden dort am Fenster

Und den bläulich hellen Himmel.

Manchmal trägt der Wind ans Fenster

Einer Glocke zag Gebimmel.

Schatten gleiten übers Kissen,

Langsam schlägt die Mittagsstunde

Und sie atmet schwer im Kissen

Und ihr Mund gleicht einer Wunde.

6

Abends schweben blutige Linnen,

Wolken über stammen Wäldern,

Die gehüllt in schwarze Linnen.

Spatzen lärmen auf den Feldern.

Und sie liegt ganz weiß im Dunkel.

Unterm Dach verhaucht ein Girren.

Wie ein Aas in Busch und Dunkel

Fliegen ihren Mund umschwirren.

Traumhaft klingt im braunen Weiler

Nach ein Klang von Tanz und Geigen,

Schwebt ihr Antlitz durch den Weiler,

Weht ihr Haar in kahlen Zweigen.

Romanze zur Nacht

Einsamer unterm Sternenzelt

Geht durch die stille Mitternacht.

Der Knab aus Träumen wirr erwacht,

Sein Antlitz grau im Mond verfällt.

Die Närrin weint mit offnem Haar

Am Fenster, das vergittert starrt.

Im Teich vorbei auf süßer Fahrt

Ziehn Liebende sehr wunderbar.

Der Mörder lächelt bleich im Wein,

Die Kranken Todesgrausen packt.

Die Nonne betet wund und nackt

Vor des Heilands Kreuzespein.

Die Mutter leis' im Schlafe singt.

Sehr friedlich schaut zur Nacht das Kind

Mit Augen, die ganz wahrhaft sind.

Im Hurenhaus Gelächter klingt.

Beim Talglicht drunt' im Kellerloch

Der Tote malt mit weißer Hand

Ein grinsend Schweigen an die Wand.

Der Schläfer flüstert immer noch.

Im roten Laubwerk voll Gitarren

Im roten Laubwerk voll Gitarren

Der Mädchen gelbe Haare wehen

Am Zaun, wo Sonnenblumen stehen.

Durch Wolken fährt ein goldner Karren.

In brauner Schatten Ruh verstummen

Die Alten, die sich blöd umschlingen.

Die Waisen süß zur Vesper singen.

In gelben Dünsten Fliegen summen.

Am Bache waschen noch die Frauen.

Die aufgehängten Linnen wallen.

Die Kleine, die mir lang gefallen,

Kommt wieder durch das Abendgrauen.

Vom lauen Himmel Spatzen stürzen

In grüne Löcher voll Verwesung.

Dem Hungrigen täuscht vor Genesung

Ein Duft von Brot und herben Würzen.

Musik im Mirabell

Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn

Im klaren Blau, die weißen, zarten.

Bedächtig stille Menschen gehn

Am Abend durch den alten Garten.

Der Ahnen Marmor ist ergraut.

Ein Vogelzug streift in die Weiten.

Ein Faun mit toten Augen schaut

Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.

Das Laub fällt rot vom alten Baum

Und kreist herein durchs offne Fenster.

Ein Feuerschein glüht auf im Raum

Und malet trübe Angstgespenster.

Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.

Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.

Die Magd löscht eine Lampe aus,

Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.

Melancholie des Abends

– Der Wald, der sich verstorben breitet –

Und Schatten sind um ihn, wie Hecken.

Das Wild kommt zitternd aus Verstecken,

Indes ein Bach ganz leise gleitet

Und Farnen folgt und alten Steinen

Und silbern glänzt aus Laubgewinden.

Man hört ihn bald in schwarzen Schlünden –

Vielleicht, dass auch schon Sterne scheinen.

Der dunkle Plan scheint ohne Maßen,

Verstreute Dörfer, Sumpf und Weiher,

Und etwas täuscht dir vor ein Feuer.

Ein kalter Glanz huscht über Straßen.

Am Himmel ahnet man Bewegung,

Ein Heer von wilden Vögeln wandern

Nach jenen Ländern, schönen, andern.

Es steigt und sinkt des Rohres Regung.

Winterdämmerung

An Max von Esterle

Schwarze Himmel von Metall.

Kreuz in roten Stürmen wehen

Abends hungertolle Krähen

Über Parken gram und fahl.

Im Gewölk erfriert ein Strahl;

Und vor Satans Flüchen drehen

Jene sich im Kreis und gehen

Nieder siebenfach an Zahl.

In Verfaultem süß und schal

Lautlos ihre Schnäbel mähen.

Häuser dräu'n aus stummen Nähen;

Helle im Theatersaal.

Kirchen, Brücken und Spital

Grauenvoll im Zwielicht stehen.

Blutbefleckte Linnen blähen

Segel sich auf dem Kanal.

Rondel

Verflossen ist das Gold der Tage,

Des Abends braun und blaue Farben:

Des Hirten sanfte Flöten starben

Des Abends blau und braune Farben

Verflossen ist das Gold der Tage.

Frauensegen

Schreitest unter deinen Frau'n

Und du lächelst oft beklommen:

Sind so bange Tage kommen.

Weiß verblüht der Mohn am Zaun.

Wie dein Leib so schön geschwellt

Golden reift der Wein am Hügel.

Ferne glänzt des Weihers Spiegel

Und die Sense klirrt im Feld.

In den Büschen rollt der Tau,

Rot die Blätter niederfließen.

Seine liebe Frau zu grüßen

Naht ein Mohr dir braun und rau.

Die schöne Stadt

Alte Plätze sonnig schweigen.

Tief in Blau und Gold versponnen

Traumhaft hasten sanfte Nonnen

Unter schwüler Buchen Schweigen.

Aus den braun erhellten Kirchen

Schaun des Todes reine Bilder,

Großer Fürsten schöne Schilder.

Kronen schimmern in den Kirchen.

Rösser tauchen aus dem Brunnen.

Blütenkrallen drohn aus Bäumen.

Knaben spielen wirr von Träumen

Abends leise dort am Brunnen.

Mädchen stehen an den Toren,

Schauen scheu ins farbige Leben.

Ihre feuchten Lippen beben

Und sie warten an den Toren.

Zitternd flattern Glockenklänge,

Marschtakt hallt und Wacherufen.

Fremde lauschen auf den Stufen.