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Beschreibung

Fakten der Geschichte - Antike, Mittelalter, Neuzeit, Mauerfall, Nachkriegsordnung und europäische Integration - interaktiv nachschlagen, Zusammenhänge erkennen, Prüfungen vorbereiten - dieses Buch bietet das Grundwissen der Geschichte und eignet sich für die Sekundarstufe 1 und 2 (Klassen 5 - 13) bis zum Abitur. Ein digitaler Begleiter um Wissenslücken zu schließen und im Studium oder Beruf Erlerntes wieder auf zu frischen. Alle wichtigen Themen und über 600 anschauliche Grafiken und Bilder vermitteln auf präzise Weise die grundlegenden Inhalte. Verlinkungen führen automatisch zu ergänzenden oder verwandten Themen. Digitales Lernen, das Lust macht auf kreatives Arbeiten und Schluss macht mit sturer Paukerei.

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Antike - Mittelalter - Neuzeit – Was ist Geschichte?

Feuerstein, Bronze, Eisen – Ur- und Frühgeschichte

„Geschenk des Nils“ – Die ägyptische Hochkultur

Die Hochkulturen Mesopotamiens

Hochkulturen von Kreta und Kleinasien

Die Geschichte des Volkes Israel

Griechenland – Von den Anfängen bis zur Adelsherrschaft

Athen – Wiege der Demokratie

Perserkriege, Peloponnesischer Krieg und Niedergang der Polis

Alexander der Große – Der Hellenismus erobert die Welt

Rom – Eine Stadt wird Weltmacht

Blüte und Untergang des römischen Kaiserreiches

Das Christentum wird Weltreligion

„Varus, Varus …“ – Die Römer in Germanien

„Völkersturm“ – Die große germanische Völkerwanderung

Hausmeier, Könige, Kaiser – Das Frankenreich

Deutsches Königreich – Heiliges Römisches Kaiserreich

Papst gegen Kaiser – Die Kirche im Mittelalter

Von Ritterschlag und Minnesang – Das Rittertum

„Auf ins Heilige Land“ – Die Kreuzzüge

„Stadtluft macht frei“ – Die mittelalterliche Stadt

Fehde, Gottesfriede, Landfriede – Recht und Gesetz

Die europäischen Staaten im Mittelalter

Auf der Suche nach Indien – Die Entdeckung einer „Neuen Welt”

Kaiser Karl V. und die Reformation

Kampf gegen die Kirche – Martin Luther

Reformation und Glaubenskämpfe in den europäischen Staaten

Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede

„Der Staat bin ich!“ – Frankreich und sein „Sonnenkönig“ Ludwig XIV.

Machtkämpfe zwischen König und Parlament – blutige und „glorreiche“ Revolutionen in England

Peter I. der Große – „Lehrjahre“ eines Zaren machen Russland zur Großmacht

Die Türken vor Wien – Die Entstehung der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie

„Großer Kurfürst“, „Soldatenkönig“ und „Erster Diener des Staates“ – Der Aufstieg Preußens zur Großmacht

„Und sie bewegt sich doch!“ – Das Zeitalter der Aufklärung

„Alle Macht ruht im Volke!“ – Die Unabhängigkeit der USA

Höfische Singspiele, Reifröcke und Zopfperücken – Die Krise des französischen Absolutismus

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ – Die Französische Revolution

„Der Sohn des Glücks“ – Das Ende der Revolution und Napoleons Krieg gegen Europa

Vom Wiener Kongress zum „Vormärz“ – Der Deutsche Bund

„Großdeutsch“ oder „kleindeutsch“? – 1848/49 und die „deutsche Frage“

„Eisen und Blut“ – das deutsche Kaiserreich entsteht

„Ein ehrlicher Makler“ – Das Bündnissystem Bismarcks

Gegen die „Reichsfemde“ – Bismarcks Innenpolitik

Militarismus und Nationalismus – Das „wilhelminische“ Deutschland

„Kapitalisten“ und „Proletarier“ – Industrielle Revolution und soziale Frage

„Amerika den Amerikanern“ – Die USA auf dem Weg zur Weltmacht

„Ein Platz an der Sonne“ – Der „Run“ auf Kolonien

Weltweite Rivalität und europäisches Gleichgewicht – Das Zeitalter des Imperialismus

„Deutschlands Zukunft liegt auf dem Wasser“ – Der Rüstungswettlauf

Das „Pulverfass“ explodiert – Balkankrise und Ausbruch des Ersten Weltkrieges

„In Europa gehen die Lichter aus“ – Der Erste Weltkrieg

„Genugtuung“ oder „Gewaltfrieden“? – Die Pariser Friedensschlüsse

„Diktatur des Proletariats“ – Die russische Oktoberrevolution

Demokratie ohne Demokraten – Die Weimarer Republik

Inflation, Reparationen und Weltwirtschaftskrise – Die Bewältigung des Ersten Weltkriegs

Demokratie in der Defensive – Diktaturen auf dem Vormarsch

Die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur

Volksempfänger, Arbeitsdienst, Kleiderkarte – Alltagsleben im nationalsozialistischen Deutschland

Flugblätter, Spionage, Attentate – Der Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur

„Holocaust“ – Die Ermordung der europäischen Juden

Von der Revision zur Aggression – Die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs

Kriegsverlauf und totale Niederlage

Von Pearl Harbor nach Hiroshima – Der Krieg im Pazifik

Währungsreform und doppelte Staatsgründung – Die Teilung Deutschlands

Der „Eiserne Vorhang“ – Kalter Krieg, Entspannungspolitik und Wettrüsten

Berlin, Budapest, Prag – Der „Ostblock“

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen“ – 40 Jahre geteiltes Deutschland

Indien, Vietnam, Algerien – Der Zusammenbruch der Kolonialreiche

Hüterin des Weltfriedens? – Die Vereinten Nationen

Von der Montanunion zum „Euro“ – Die europäische Integration

Nach dem Mauerfall – Das Ende der Nachkriegsordnung

Antike - Mittelalter - Neuzeit – Was ist Geschichte?

Die ältesten Spuren von Leben auf der Erde stammen von primitiven Algen und sind über eine Milliarde Jahre alt. Vor 500 Millionen Jahren lebten in den Meeren die ersten einfachen Tiere, vor über 350 Millionen Jahren die ersten Fische. Landtiere und Insekten gibt es seit über 300 Millionen Jahren. Das Zeitalter von 200–60 Millionen Jahren wurde von den Dinosauriern beherrscht, und erst seit 60 Millionen Jahren haben die Säugetiere die Oberhand gewonnen. Die ersten Urmenschen entstanden vor einer Million Jahren, während unsere heutige Form des Menschen, der Homo sapiens, sich erst vor 50.000 Jahren gegen die anderen Menschenarten, die es damals gab, durchgesetzt hat.

Doch woher wissen wir das alles? An der Erforschung dieser Zeiten sind verschiedene Wissenschaften beteiligt. Die älteste Zeit der Erde, als die Erdkruste noch zähflüssig und in Bewegung war, wird von den Astronomen - den Sternforschern - untersucht, die auch danach forschen, wie die Sonne, die Erde, der Mond und die anderen Planeten überhaupt entstanden sind. Für die Zeit, nachdem die Erdkruste abgekühlt war und sich die ersten Gebirge und Meere bildeten, sind die Geologen - die Gesteinsforscher - zuständig. Sie kennen genau die verschiedenen Schichten der Erdkruste, die sich im Laufe der Zeit gebildet haben. Anhand der Schicht, in der sich ein Tierskelett befindet, können sie recht genau die Zeit angeben, in der dieses Tier gelebt hat. Deshalb nennt man die Zeit von 600 Millionen bis vor etwa 600.000 Jahren die geologische Zeit.

Die Erforschung dessen, was wir Geschichte nennen, beschäftigt sich jedoch ausschließlich mit den Menschen, ihren Bräuchen, ihren technischen Errungenschaften sowie den Formen ihres Zusammenlebens. Eine typische Eigenschaft des Menschen, die ihn von allen Tieren unterscheidet, ist seine Fähigkeit, auf seine Umwelt Einfluss zu nehmen. Er kann sie gezielt verändern und gestalten und hinterlässt dabei deutliche Spuren seines Wirkens. Alles, was uns die Menschen vergangener Zeiten hinterlassen haben, nennen wir Quellen. Sie sind die wichtigsten Zeugnisse der Geschichte. Deshalb nennt man die Zeit, aus der wir solche Quellen besitzen, die geschichtliche Zeit. Sie schließt sich an die geologische Zeit an und dauert bis heute an.

Die gesamte Geschichte der Menschheit seit 600.000 Jahren bis heute wird in mehrere Abschnitte unterteilt, die man als Epochen bezeichnet. Die Epochengrenzen sind jedoch keine klaren Schnitte, sondern können je nach Betrachtungsweise und geographischem Raum beträchtlich schwanken.

1.Ur- und Frühgeschichte: Die Geschichte der Menschheit begann in der Zeit, aus der die ältesten Quellen stammen. Für die Geschichte der Ur- und Frühzeit „erzählen” uns neben den Skelettfunden vor allem die archäologischen Quellen vom Leben der ersten Menschen. Dazu zählen alle Gegenstände, die von den Menschen vergangener Zeiten hergestellt oder bearbeitet worden sind, wie Werkzeuge, Waffen, Reste von Haushaltsgegenständen und Gefäßen sowie ehemalige Feuerstellen, Abfallgruben usw. Die meisten dieser Gegenstände müssen ausgegraben werden, da sich im Laufe der Jahrtausende viele Meter dicke Erdschichten auf ihnen abgelagert haben. Anhand der Herstellungstechnik und des Materials kann der Archäologe - der Wissenschaftler, der sich mit den Ausgrabungen beschäftigt - das Alter eines Fundes bestimmen. Da die frühzeitlichen Menschen die Schrift noch nicht erfunden hatten, gibt es von ihnen natürlich auch keine schriftlichen Quellen. Doch manche von ihnen besaßen große Fähigkeiten auf dem Gebiet der Malerei. So „erzählen” uns heute zahlreiche, teilweise sehr kunstvolle Höhlenzeichnungen vom Leben der steinzeitlichen Menschen. Solche Quellen nennt man geschichtliche Quellen.

2.Altertum oder Antike: Diese Epoche begann mit der Bildung der ersten Hochkulturen in Ägypten und Mesopotamien vor ca. 5000 Jahren. Sie setzte sich fort mit der griechischen Geschichte, dem Entstehen der Stadtstaaten, dem Kampf gegen die Perser, dem Krieg zwischen Athen und Sparta und schließlich dem Eroberungszug Alexanders. Nach dem Niedergang seines Riesenreiches stiegen die Römer zur Großmacht auf und schufen allmählich ihr Römisches Reich, das beinahe die ganze damals bekannte Welt umfasste. Auch in der Antike sind es wieder vor allem die archäologischen Quellen, die uns Informationen über das Leben in den ersten Staaten der Geschichte liefern. Neben Waffen, Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen sind es vor allem Münzen, Gebäude und sogar ganze Siedlungen, die von den Archäologen ausgegraben werden. Doch werden die archäologischen immer mehr durch geschichtliche Quellen ergänzt. Von unschätzbarem Wert ist dabei die Erfindung der Schrift. Die geheimnisvollen Hieroglyphen der Ägypter und die gelehrten Schriften der Griechen und Römer liefern uns ein wesentlich schärferes Bild des damaligen Lebens, als die archäologischen Quellen allein dies jemals könnten. Das Altertum endete mit der großen Völkerwanderung und dem Ende des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert (Abb. 1).

Abb. 1: Antike: Darstellung einer Tagung des Senats der Römischen Republik

3.Mittelalter: Die Zeit ab dem 5. Jahrhundert nennen die Geschichtsforscher das Mittelalter. Germanische Stämme verließen ihre Heimat und zogen durch Europa. Sie eroberten Italien und plünderten und verwüsteten Rom. Später bildeten sich das Frankenreich und dann das Heilige Römische Reich. Der Papst wurde zum mächtigsten Mann der Welt und rief zu mehreren Kreuzzügen auf. Für das Mittelalter verlieren die archäologischen Quellen immer mehr an Bedeutung. Dafür werden die geschichtlichen Quellen immer wichtiger: Alte Urkunden und Handschriften, Chroniken, in denen die Geschichte von Städten, Reichen oder Herrschern festgehalten wurde, geben uns heute ein ziemlich genaues Bild jener Zeit. Das Mittelalter endete nicht plötzlich, sondern es klang - wie die Antike auch - allmählich aus. Die Vertreibung der letzten Moslems aus Südspanien (1492), die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus (1492) sowie der Beginn der Reformation durch Martin Luther (1517) sind wichtige Daten dieser Zeitenwende (Abb. 2).

Abb. 2: Mittelalter: Die Krönung Ottos III. zum deutschen König 983. Die Darstellung ist allerdings ungenau, denn in Wirklichkeit war Otto bei seiner Krönung zum König erst drei Jahre alt

4.Neuzeit: Durch die Reformation wurden in fast allen europäischen Staaten Glaubenskämpfe ausgelöst, die schließlich in den Dreißigjährigen Krieg führten. In allen europäischen Staaten herrschten Könige oder Kaiser, bis zuerst in England und dann auch in Frankreich durch Revolutionen die Könige gestürzt wurden. Napoleon eroberte fast ganz Europa, nach seinem Sturz wurden jedoch weitgehend die alten Verhältnisse wieder hergestellt. Mit dem Aufkommen der ersten Industrien begann ein Wettlauf der europäischen Staaten um Macht und Kolonien, der schließlich zum Ersten Weltkrieg führte. Bei den Quellen setzt sich die Entwicklung aus dem Mittelalter fort. Die archäologischen Quellen verlieren für die Neuzeit ihre Bedeutung weitgehend, die geschichtlichen Quellen werden immer wichtiger. Mit der Erfindung des Films am Ende des 19. Jahrhunderts kam eine neue Art von Quellen hinzu, die uns das Leben der vergangenen Zeiten in bewegten Bildern zeigt (Abb. 3).

Abb. 3: Neuzeit: Nachbauten der Schiffe Nina, Pinta und Santa Maria, mit denen Kolumbus 1492 lossegelte, um Indien zu entdecken. Stattdessen entdeckte er Amerika

5.Zeitgeschichte: Mit diesem Begriff bezeichnen die Forscher die Zeit, in der wir heute leben. Der Anfang dieser Epoche ist oft umstritten gewesen. Viele Forscher betrachten das Jahr 1917 als den Beginn der Zeitgeschichte - einige wegen des Eintritts der USA in den Ersten Weltkrieg, andere wegen der kommunistischen Oktoberrevolution in Russland. Wieder andere Forscher lassen sie erst mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 beginnen. Für die Zeitgeschichte spielen die archäologischen Quellen fast überhaupt keine Rolle mehr. Neben schriftlichen Zeugnissen sind es vor allem die Archive von Rundfunk, Film und Fernsehen, die über die vergangenen Ereignisse Auskunft geben können. Eine Besonderheit der Zeitgeschichte ist es, dass es noch lebendige Zeitzeugen gibt, die die Ereignisse selbst erlebt haben und davon berichten können. Und auch wir werden mit jedem miterlebten Ereignis immer mehr zu Zeitzeugen, die zukünftigen Generationen über die Zeitgeschichte berichten werden. Denn alles, was heute Gegenwart ist, wird schon morgen zu Geschichte (Abb. 4).

Abb. 4: Zeitgeschichte: Die Unterzeichnung des Vertrages über die Wiedervereinigung Deutschlands („Einigungsvertrag”) durch Bundespräsident Richard von Weizsäcker am 24.9.1990

Zum Weiterlesen:

→ Ur- und Frühgeschichte

→ Die römische Welt

→ Die Französische Revolution

Feuerstein, Bronze, Eisen – Ur- und Frühgeschichte

Noch vor 200 Jahren glaubten die Forscher, dass der Mensch von Anfang an so ausgesehen habe wie heute. Erst allmählich fand man heraus, dass er sich über Millionen von Jahren langsam entwickelt hat. Da tauchte sofort die Frage auf, bis zu welchem Zeitpunkt man bei dieser Entwicklung noch von Tieren sprechen musste, und ab wann man eindeutig von Menschen sprechen konnte. Heute hat man sich darauf geeinigt, für die Bezeichnung „Mensch” neben dem aufrechten Gang auf zwei Beinen vor allem den Gebrauch und die gezielte Herstellung von Werkzeugen als Voraussetzung zu nehmen. Durch Skelettfunde wissen wir, dass sich von den gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Affen vor ca. 20 Mio. Jahren die ersten Vorläufer der Menschen abspalteten. Diese entwickelten den aufrechten Gang auf zwei Beinen, und ihr Gehirn vergrößerte sich über Hunderttausende von Jahren ständig. Es gibt allerdings keinen Beweis dafür, dass es sich schon um „echte” Menschen handelte, denn außer einigen Knochenresten hat man von diesen Lebewesen bis heute nichts gefunden. Doch wie kann man feststellen, wie alt ein ausgegrabenes Skelettstück oder Werkzeug überhaupt ist? (Abb. 1)

Abb. 1: Archäologischer Längsschnitt durch die verschiedenen Erdschichten

Die archäologischen Quellen vergangener Zeiten haben sich in Schichten auf dem Erdboden abgelagert. Bei einer Ausgrabung stößt man daher in den allermeisten Fällen von oben nach unten zuerst auf die jüngeren und dann auf immer ältere Schichten. In den letzten 600.000 Jahren hat es insgesamt je vier Warm- und Kaltzeiten gegeben. Wir leben heute in einer Warmzeit, die vor ca. 10.000 Jahren begonnen hat. Jede dieser Klimaänderungen zog große Veränderungen in der Pflanzen- und Tierwelt nach sich. In Kaltzeiten gab es Tiere wie den Höhlenbären, das Rentier, das Mammut oder das Wollnashorn. In einigen Warmzeiten lebten auch bei uns Flusspferde, Nashörner, Elefanten, Wildpferde und Höhlenlöwen. Da der Verlauf der Warm- und Kaltzeiten mittlerweile sehr gut erforscht ist, kann das Alter eines bestimmten Tier- oder Menschenskeletts oder Werkzeugs anhand der Bodenschicht, in der es sich befindet, ziemlich genau bestimmt werden. Hilfreich bei der Datierung von Werkzeugen ist es außerdem, dass die Steinzeitmenschen in verschiedenen Abschnitten der Steinzeit mit unterschiedlichen Techniken der Herstellung gearbeitet haben, so dass man sie einer bestimmten Kultur zuordnen kann.

Das Leben in der Steinzeit war für die Menschen sehr gefährlich, wenn man bedenkt, mit welch mächtigen Raubtieren sie zusammenlebten. Bären, Höhlenlöwen und Wolfsrudel durchstreiften Wälder und Steppen auf der Suche nach Beute und verschmähten sicherlich auch einen Steinzeitmenschen nicht, wenn er ihnen in die Quere kam. Doch hatten die Menschen bereits eine Waffe entwickelt, die das Überleben sicherte und die letztlich weitaus stärker war als die körperlichen Kräfte der Raubtiere: die Intelligenz. Zuerst beobachteten sie - vielleicht durch Zufall dass ein spitzer Stein, der fest in der Faust gehalten wird, die Wirkung eines Faustschlages erheblich verstärkt und dass ein spitzer Stock als Verlängerung des Armes die Chancen im Kampf mit einem wilden Tier bedeutend verbessert. Dann entdeckten sie Techniken, mit denen sie solche spitzen Steine oder Stöcke gezielt herstellen konnten. So entstanden mit den zunächst noch recht grob geschärften Steinen die ersten Werkzeuge, mit denen bereits die allerersten Urmenschen Waffen - Lanzen oder Speere - herstellen konnten. Bald wurden die gefährlichen Wildtiere selbst zur Jagdbeute der Menschen. Dass man bisher keine Jagdwaffen aus dieser Zeit gefunden hat, liegt daran, dass diese aus Holz hergestellt wurden und in der Zwischenzeit längst verrottet sind.

Die ältesten gefundenen Werkzeuge bestehen aus primitiven, an einer Seite geschärften Steinen und sind ca. 1 Mio. Jahre alt. Sie stammen von einem Urmenschen mit noch recht kleinem Gehirn, den die Forscher lange Zeit gar nicht als Menschen anerkannten und der den Südosten Afrikas und Asiens besiedelte. Für fast 1 Mio. Jahre blieb nun Stein der wichtigste Rohstoff für die Herstellung von Werkzeugen und sonstigen Geräten. Deshalb nennt man diese riesige Zeitspanne die Steinzeit (Abb. 2).

Abb. 2: Bedeutende Funde der Steinzeit

Der Urmensch wurde vor 600.000 Jahren von einem neuen Typ, den die Forscher Homo erectus („der aufrecht gehende Mensch”) nennen, abgelöst. Er lebte - mit unterschiedlichem Aussehen - in weiten Teilen Afrikas, Europas und Asiens. Eine seiner größten Leistungen war die Beherrschung des Feuers, die zuerst aus der Nähe von Peking in China bekannt ist. Mit Hilfe des Feuers konnte er sich wärmen und Essen zubereiten. Außerdem diente es der Abwehr wilder Tiere - vor allem bei Nacht. Schließlich lernten die Menschen, das Feuer gezielt bei der Jagd einzusetzen. Auch bei den Werkzeugen machte der Homo erectus einen großen Fortschritt. Aus seiner Zeit stammen die ersten Faustkeile, die wichtigsten und häufigsten Werkzeuge der gesamten Steinzeit (Abb. 3). Sie wurden hergestellt, indem man einen großen Block Feuerstein auf einen Fels schlug. Der Feuerstein spaltete sich dabei, und in der Mitte entstand ein spitzes, scharfkantiges Stück, dessen Schneide so scharf wie ein Rasiermesser war. Später ging man dazu über, den Feuerstein mit anderen Werkzeugen zu behauen, um kleinere Absplitterungen zu erzeugen. Diese konnten dann als Schaber oder Messer benutzt werden. In der Mitte des Feuersteins blieb bei dieser Technik ein perfekter Faustkeil übrig.

Abb. 3: Werkzeuge aus Feuerstein

Eine neue, höhere Stufe des Menschen war der Neandertaler, der nach seinem ersten Fundort im Neandertal bei Düsseldorf benannt wurde und vor 180.000 Jahren über ganz Europa, Afrika und Südasien verbreitet war. Er verbesserte die Herstellung von wirkungsvollen Faustkeilen und erfand lange, spitze Messer („Handspitzen”) sowie Schabewerkzeuge. Aus seinen Werkstätten stammen die ersten Lanzen- und Speerspitzen aus Stein, auch wenn noch häufig Speere aus Eibenholz benutzt wurden, deren Holzspitzen über dem Feuer gehärtet wurden. Mit seinen Waffen war der Neandertaler ein sehr erfolgreicher Jäger, der sich auch an die größten und stärksten Wildtiere heranwagte. Verschiedene Jagdgruppen spezialisierten sich auf eine bestimmte Tierart. So jagten manche Gruppen nur Elefanten, andere nur Höhlenbären.

Die Neandertaler haben ihre Verstorbenen bestattet. Meistens haben sie sie in Schlafstellung in Felsspalten gelegt und mit Steinen bedeckt oder in der Erde begraben. Das beweist, dass sie schon so etwas wie eine Religion besessen haben, die vorschrieb, den Menschen auch nach seinem Tode gut zu behandeln (Abb. 4).

Abb. 4: Die Entwicklung der Schädelformen vom Urmenschen bis zum Homo sapiens

Der Neandertaler wurde während der letzten Eiszeit, wahrscheinlich vor ca. 50.000 Jahren, vom Homo sapiens, dem „weisen, denkenden Menschen”, verdrängt. Die Forscher streiten sich heute noch darüber, ob der Homo sapiens den Neandertaler ausgerottet hat. Immerhin wurden sehr viele Schädel von Neandertalern gefunden, die eindeutig an schweren Keulenschlägen gestorben waren. Der Homo sapiens breitete sich jedenfalls rasch aus und besiedelte auch Nordamerika und Australien. Er besaß eine hohe technische und künstlerische Begabung. Seine Werkzeuge waren sehr vielseitig: Neben Klingen zum Schneiden und Schaben gab es Werkzeuge zum Kratzen, Bohren und Graben und sogar Nähnadeln mit Nadelöhr. Außerdem stellte er sehr wirkungsvolle Waffen (Speerspitzen mit Widerhaken, Harpunen usw.) her.

Zu dieser Zeit lebten die Menschen in Horden von 20–50 Personen. Sie ernährten sich von der Jagd und den wilden Früchten, die sie im Umkreis sammelten. Ihre feinen und leichten Jagdwaffen - Pfeil und Bogen, leichte Wurfspeere - dienten zur Jagd auf Vögel und kleinere Säugetiere. Mit ihren schweren Steinäxten, Stoßlanzen und Wurfspeeren waren die Menschen in der Lage, auch große Beutetiere - wie Bären, Rentiere oder Mammuts - erfolgreich zu jagen und zu erlegen (Abb. 5). Wirkungsvoll unterstützt wurden sie dabei von den ersten Hunden, die vor 13.000 Jahren zu den ältesten Haustieren wurden. Oftmals wurden sogar ganze Herden - z. B. Wildpferde - Opfer größerer Jagdgruppen. Neben der Hetz- und Treibjagd arbeiteten die Jäger auch mit Fallgruben und Fangnetzen, die sie aus Pflanzenfasern herstellten. Da die Herden große Wanderungen unternahmen, mussten die Jäger ihnen ständig folgen. Deshalb konnten sich auch keine dauerhaften Siedlungen bilden. Die Menschen bevorzugten natürliche Behausungen - vor allem Höhlen.

Abb. 5: Steinzeitmenschen jagen ein Mammut

Eine besondere Leistung des Homo sapiens, durch die wir viel über sein steinzeitliches Leben wissen, ist die Erfindung der Kunst. Prächtige und kunstvolle Höhlenmalereien, die in Südfrankreich und Spanien entdeckt wurden, geben uns Auskunft über Jagdtechniken, das tägliche Leben und die Religion (Abb. 6). Außerdem ritzten die Menschen naturgetreue Gravierungen in Steine und stellten Statuen von Menschen und Tieren aus Lehm oder Elfenbein her, die in Höhlen zahlreich entdeckt worden sind.

Abb. 6: Höhlenmalerei in Lascaux, Frankreich

Wenn die Jäger ihren Beutetieren auf deren Wanderungen folgen mussten, legten sie Wohncamps mit Zeltanlagen an. Die Zelte waren rund oder länglich mit einem Durchmesser von bis zu acht Metern und standen meistens in Bodenvertiefungen. Sie bestanden aus einem Holzgerüst, das mit Tierfellen abgedeckt wurde. Den Zeltrand am Boden dichtete man mit großen Steinen oder Erde ab. In einigen Zelten wurden sogar Feuerstellen gefunden. Die größten, bis heute bekannten Zeltanlagen bestanden aus bis zu sechs Zelten.

Die archäologischen Funde dieser Camps beweisen, dass es auch damals bereits eine Arbeitsteilung gegeben hat. An einigen Zelten häuften sich die Funde von Werkzeugteilen und Steinsplittern. Daher nimmt man an, dass hier regelrechte Spezialisten mit der Herstellung von Waffen und Werkzeugen beschäftigt waren, während andere Hordenmitglieder eher auf die Jagd spezialisiert waren. Einige Forscher meinen, dass die Männer auf die Jagd gingen, während die Frauen sich mit dem Sammeln wilder Beeren und Früchte beschäftigten. Allerdings gibt es für eine solche Rollenaufteilung von Mann und Frau keinen geschichtlichen Beweis.

Auch die religiösen Kulte entwickelten sich ständig weiter. Die Toten wurden nun vor der Bestattung mit Tierzähnen, Muschelschalen usw. geschmückt. Grabbeigaben in Form von Waffen und Nahrung beweisen, dass man bereits - wenn auch nicht in unserem christlichen Sinne - an ein Leben nach dem Tode glaubte.

Seit dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 12.000 Jahren hat sich der Homo sapiens immer schneller entwickelt. Seine Umwelt veränderte sich mit dem Rückgang des Eises stark: Es entstanden riesige Wälder mit einem großen Wildreichtum. Das bedeutete, dass die Jäger nicht mehr so weit und so lange fort mussten, um den Nahrungsbedarf zu decken.

Der Mensch machte nun einige Entdeckungen, die so wichtig waren, dass viele Geschichtsforscher in diesem Zusammenhang von einer „Revolution” sprechen. Er übertrug die Erfahrungen, die er mit dem Hund als erstem Haustier gemacht hatte, nun auf andere Tierarten wie Ziegen, Schafe, Pferde und Rinder und entdeckte so die Viehzucht. Gleichzeitig „erfand” er die Landwirtschaft, indem er aus den Wildgräsern allmählich bestimmte Getreidesorten züchtete. Viehzucht und Landwirtschaft führten dazu, dass der Mensch sein Leben nun viel besser planen konnte, da er nicht mehr so sehr von den Launen der Natur und vom Jagdglück abhängig war und nicht mehr ständig auf der Suche nach Jagdbeute oder Früchten umherziehen musste. Bald entstanden erste feste Siedlungen und sogar Dörfer: Der Mensch war sesshaft geworden!

In diese Zeit gehört auch die Erfindung der Keramik, die zuerst aus Lehm, dann aus Ton hergestellt und zunächst nur getrocknet, später dann auch in Ofen gebrannt wurde. Es entstand eine Keramikindustrie mit je nach Gegend unterschiedlichen Kunstformen und Gegenständen z. B. durch Abdrücke von Schnüren und Bändern verzierte Keramik, trichter- und glockenförmige Trinkbecher (Abb. 7).

Abb. 7: Die Jungsteinzeit in Europa

Die Behandlung des Feuersteins wurde durch die Erfindung des Steinschliffs weiter verfeinert (Streitäxte). Neu waren nun sehr kleine Werkstücke, die wahrscheinlich zur Zierde an Keramikgegenständen angebracht oder zu Pfeilspitzen verarbeitet wurden. Für den Nachschub an hochwertigem Feuerstein legten die Menschen unter der Erde richtige Bergwerke an, in denen Feuerstein abgebaut wurde.

Gegen Ende der Steinzeit war Europa von einem dichten Geflecht von Handelswegen durchzogen, auf denen Bernstein von der Ostsee nach Süden, Muscheln vom Mittelmeer nach Norden sowie hochwertiger Feuerstein von den Abbaugebieten nach ganz Europa transportiert wurden. Entlang dieser Verkehrsadern vollzog sich eine starke Vermischung der verschiedenen Kulturen. Dabei entstand in fast ganz Europa ein einheitliches sprachliches Grundmuster, von dem beinahe alle heutigen europäischen Sprachen (außer Finnisch, Baskisch, Ungarisch und Türkisch) abstammen. Sie werden als indoeuropäische Sprachen bezeichnet. Auf dieser sprachlichen Grundlage entwickelten sich seit dem Ende der Steinzeit die europäischen Völker, wie wir sie heute kennen.

Bei der Förderung von Feuerstein stießen die Bergleute zum ersten Mal auf Kupfer, das bald zur wichtigen Handelsware und zum begehrten Rohstoff für die Produktion von Schmuck wurde. Für die Herstellung von Werkzeugen und Waffen ist Kupfer allerdings viel zu weich. Doch bald stellten die Menschen fest, dass die Bronze, eine Mischung von viel Kupfer und wenig Zinn, viel härter ist als reines Kupfer. Schnell wurde die Bronze zum wichtigsten Werkstoff, die den über Hunderttausende von Jahren benutzten Feuerstein verdrängte und damit der Steinzeit ein Ende bereitete. Die folgende Zeit wird als Bronzezeit bezeichnet (Abb. 8).

Abb. 8: Verschiedene Gegenstände der Bronzezeit

Diese Entwicklung fand jedoch nicht überall auf der Welt gleichzeitig statt. Die Menschen im Orient entdeckten die Bronze schon vor etwa 4500 Jahren. Ab diesem Zeitpunkt entwickelten sich diese Gebiete ganz anders als die europäischen Kulturen. Es kam in den an reichen, fruchtbaren Flusstälern (Nil, Euphrat, Tigris) gelegenen Gebieten zur Bildung früher Hochkulturen mit Staatswesen, Erfindung der Schrift, Staatsreligionen usw. Weil man bei der Erforschung dieser Hochkulturen nicht mehr ausschließlich auf archäologische Quellen angewiesen ist, sondern seit der Erfindung der Schrift über geschichtliche Quellen verfügt, wird der Ablauf der Geschichte hier nicht mehr nach den wichtigsten Werkstoffen eingeteilt. In Europa jedoch, wo geschichtliche Quellen erst für viel spätere Zeiten vorliegen, muss man die Geschichte noch für weitere 3000 Jahre nach dem Material und der Art der Fundstücke sowie weiterer archäologischer Quellen (Gräber, Siedlungen usw.) einteilen. Mit anderen Worten: Für Europa spricht man weiterhin von Ur- und Frühgeschichte, während für den Orient und bald für den ganzen Mittelmeerraum nun das Altertum (Antike) beginnt.

Bei uns in Europa wurde die Herstellung der Bronze erst vor ca. 3500 Jahren, also 1000 Jahre später als im Orient, entdeckt. In der Bronzezeit beherrschten die Menschen die Land- und Viehwirtschaft schon so gut, dass sie ersten Besitz und sogar Reichtümer anhäuften. Das führte bald zu Neid, Raub und sogar Kriegen zwischen benachbarten Siedlungen. Die Folge davon waren die ersten Befestigungen durch Erdwälle und Gräben.

Nahe den Siedlungen entstanden die ersten Friedhöfe, in Mitteleuropa zunächst mit Hügelgräbern (Bestattung in Hockstellung), später mit Urnenfeldern (Totenverbrennung). Die Gruppen mit Urnenfeld-Kulturen waren besonders kriegerisch, breiteten sich in der Bronzezeit über ganz Europa aus und wurden zur vorherrschenden Schicht (Abb. 9).

Abb. 9: Stonehenge, große Anlage bei Salisbury, England. Entstanden am Übergang von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit

Um 800 V. Chr. stieß man auf ein neues Metall: das Eisen. Zunächst war es so wertvoll, dass es wohl nur für Schmuckstücke verwendet wurde. Doch schon bald verdrängte es die Bronze bei der Herstellung von Werkzeugen und Waffen. Damit begann die Eisenzeit. Die Eisenschwerter waren den Bronzewaffen im Kampf überlegen und verbreiteten sich - wiederum von Mitteleuropa aus - über ganz Europa. Die Gruppen der Träger von Eisenwaffen werden als „Hallstadt-Kulturen” bezeichnet. Sie bestatteten ihre Toten in der Erde, wobei die Ehefrau und die Diener eines verstorbenen Mannes oftmals getötet und mitbestattet wurden.

Während der Eisenzeit drangen aus dem Osten zwei Reitervölker in den Orient und nach Europa vor: die Kimmerier und die Skythen. Die kämpferische Überlegenheit (schnelle Pferde, Pfeil und Bogen) dieser Steppenvölker führte dazu, dass bald weite Teile Europas unter ihren Einfluss gerieten. Die Kultur der Eroberer vermischte sich rasch mit der europäischen und brachte damit zum ersten Mal Teile der vorderasiatischen Kultur nach Europa.

Zum Weiterlesen:

→ Die ägyptische Hochkultur

→ Mesopotamien

→ Kreta und Kleinasien

→ Das Volk Israel

→ Griechenland

„Geschenk des Nils“ – Die ägyptische Hochkultur

Der griechische Geschichtsschreiber Herodot, der Ägypten um 450 v. Chr. besuchte, bezeichnete das Land als „Geschenk des Nils”. Und in der Tat bestand das alte Ägypten aus einem höchstens 10 km breiten, grünen und fruchtbaren Streifen links und rechts der letzten 1000 km des Nils vor seiner Mündung in das Mittelmeer. Dazu kam noch die fruchtbare Ebene des Mündungsdeltas mit seinen mehr als zehn Mündungsarmen. Mit 1,5 Mio. Einwohnern war das Niltal damals die am dichtesten besiedelte Gegend der ganzen Welt (Abb. 1).

Abb. 1: Die ägyptische Hochkultur

Westlich und östlich des Nils erstreckten sich undurchdringliche Felswüsten. Das landwirtschaftlich intensiv genutzte Niltal bildete die Wirtschaftsgrundlage für die Bevölkerung.

Die sommerliche Regenzeit im Inneren Afrikas erzeugte jedes Jahr eine gewaltige Flutwelle, die sich den Nil hinunterwälzte. Sie brachte riesige Mengen von schwarzem Schlamm mit sich. Dieser lagerte sich auf den überschwemmten Flächen ab und bildete nach dem Rückgang des Wassers einen sehr fruchtbaren Boden, auf dem die Bauern nach dem Ende der Flut ihr Getreide aussäten und reiche Ernten einfuhren. Nach dem oben erwähnten Bericht Herodots brauchten sich die Bauern dabei - im Vergleich zu anderen Ländern - noch nicht einmal besonders anzustrengen, da der Boden sehr weich und einfach zu bearbeiten war. Allerdings mussten die Anbauflächen bei niedrigem Wasserstand durch Wassergräben künstlich bewässert werden, was eine große Arbeitsleistung erforderte.

Die 3000 Jahre dauernde Geschichte der ägyptischen Hochkultur kann man in vier Epochen aufteilen, die sich in der Größe des Staates, der Stellung des Königs, der Art der Religion und der Verteilung von Macht und Besitz sehr unterscheiden.

Die ersten 1000 Jahre der ägyptischen Hochkultur (ca. 3000–2000 v. Chr.) nennt man Altes Reich. Im Gegensatz zur alten sumerischen Hochkultur, die zur gleichen Zeit in Mesopotamien entstand, bildeten sich in Ägypten keine Stadtstaaten, sondern es entstand ein Flächenstaat. Das bedeutet, dass nicht jede Stadt einen eigenen Herrscher hatte, sondern dass es im Alten Reich eine Hauptstadt mit einem Herrscher gab, der das ganze Reich regierte. Dieser König wurde in Ägypten nach seinem Palast Pharao („großes Haus”) genannt. Doch war der Pharao nicht einfach nur König, sondern hatte auch wichtige religiöse Funktionen: Er stand in ganz besonderer Beziehung zu den Göttern. Zuerst galt er als menschliche Verkörperung des höchsten Gottes „Horus”, eines Gottes in Falkengestalt (Abb. 2).

Abb. 2: Darstellung des Gottes „Horus” in Falkengestalt

Nachdem dieser als oberster Gott vom Sonnengott „Re” verdrängt worden war, betrachtete man den Pharao als „Res” Sohn.

Die Pyramiden, die die Pharaonen des Alten Reiches noch zu ihren Lebzeiten als ihre eigenen Grabstätten bauen ließen, galten als Zeichen ihrer göttlichen Macht und Größe. Und in der Tat gelten die Pyramiden von Giseh wegen ihrer Größe und Schönheit auch heute noch als „Weltwunder”. Die größte Pyramide ist die Cheops-Pyramide. Sie ist 230 m lang, war ursprünglich fast 150 m hoch und besteht aus über zwei Millionen Steinblöcken, von denen jeder über zwei Tonnen wiegt. Der Grieche Herodot berichtete. dass über 100.000 Arbeiter 20 Jahre an der Cheops-Pyramide gebaut haben (Abb. 3).

Abb. 3: Die Pyramiden von Giseh

Die überragende Stellung der Pharaonen des Alten Reiches zeigte sich auch darin, dass ihnen der gesamte Staat persönlich „gehörte”. Damit waren sie auch Besitzer des gesamten Ackerlandes. Unter der obersten Leitung eines Ministers, des Wesirs, wurden hohe Beamte mit der Bewirtschaftung der Ackerflächen beauftragt. Die große Masse der Bevölkerung waren einfache Bauern ohne Landbesitz, die auf diesen Feldern arbeiteten. Um die gesamte Landwirtschaft zu beaufsichtigen, erfand man eine Schrift, deren Zeichen von den Griechen später als Hieroglyphen bezeichnet wurden. Es entstand der hoch angesehene Beruf des Schreibers. So blieb die Kenntnis von der Schrift auf wenige Menschen beschränkt. Erst viel später - um 700 v. Chr. - entstand so etwas wie eine allgemeine „Volksschrift” (Abb. 4).

Abb. 4: Der Beruf des Schreibers war hoch angesehen

Die Beobachtung der Natur - vor allem des Sternenhimmels - machte zu dieser Zeit große Fortschritte. So hatte man bereits einen Kalender, der das Jahr in 365 Tage mit jeweils 24 Stunden einteilte. Auch die Ausrichtung der Pyramiden auf eine bestimmte Stelle des Sternenhimmels zeugt vom tiefen Verständnis der Astronomie.

Die Religion war vom Glauben an mehrere Götter mit einem obersten Gott gekennzeichnet. Die Menschen glaubten an ein Leben nach dem Tode und an ein Totengericht, in dem sie nachweisen mussten, dass sie in ihrem Leben immer richtig gehandelt hatten. Wer es sich finanziell leisten konnte, ließ sich nach seinem Tode zur Mumie einbalsamieren und ein Buch in den Sarg legen, das dem Verstorbenen ein sündenfreies Leben bescheinigte.

Am Ende des Alten Reiches verlor der Pharao einen großen Teil seiner weltlichen Macht an die Fürsten der einzelnen Gebiete. Doch diese führten lange Kriege untereinander, so dass der gesamte Staat immer schwächer wurde und schließlich beinahe ganz zerfallen wäre.

Von ca. 2000–1500 V. Chr. bestand das Mittlere Reich. Die Provinzfürsten wurden durch den Herrscher von Theben entmachtet. Das politische Zentrum verlagerte sich nun von der alten Hauptstadt Memphis im Norden in die viel weiter südlich gelegene Stadt Theben. Der Pharao erhielt seine alte Macht als alleiniger Herrscher zurück. „Re” wurde als höchster Gott von „Amun” abgelöst. Zu dessen Ehren entstanden bald große Tempelanlagen. Pyramiden wurden während des Mittleren Reiches nur noch wenige gebaut.

Eine der wichtigsten Änderungen des Mittleren Reiches war die Verteilung von Landbesitz an die einfachen Bauern. Damit wurden die Bauern selbst Eigentümer des Landes, das sie bebauten, was für sie natürlich ein großer Ansporn war, die Methoden der Landwirtschaft zu verbessern und die Erträge der Felder zu steigern.

Um 1650 v. Chr. wurde das Mittlere Reich von den Hyksos, einem Volk aus dem Orient, angegriffen, die über die Sinai-Halbinsel nach Ägypten eindrangen. Dank ihrer überlegenen Kampftechnik mit Pferden und Streitwagen eroberten sie schnell den nördlichen Teil Ägyptens. Sie bildeten eine neue Oberschicht, die sich jedoch bald der ägyptischen Kultur anpasste, da diese viel höher entwickelt war als ihre eigene.

Die Zeit von ca. 1500–700 v. Chr. wird als Neues Reich bezeichnet. Nach der Vertreibung der Hyksos stieg Ägypten unter der Königin Hatschepsut zu höchster Blüte auf und wurde zur beherrschenden Großmacht des östlichen Mittelmeers und Orients. Diese Vorherrschaft dauerte jedoch nur ca. 100 Jahre, dann setzte ein allmählicher Niedergang ein. Die Erhebung des „Aton”, der Sonnenscheibe, zum alleinigen Gott löste eine Krise aus, die zu inneren Kämpfen führte. Diese endeten mit dem Verbot von „Aton” und der Rückkehr zur Verehrung mehrerer Götter mit „Amun” an der Spitze. Zur Bestätigung dieser Entwicklung wurden in Karnat und Luxor riesige Tempelanlagen zu Ehren von „Amun” gebaut. Im Neuen Reich wurden die Pharaonen nun nicht mehr in Pyramiden, sondern in kunstvoll ausgeschmückten Felsgräbern mit reichen Grabbeigaben bestattet (Abb. 5). Das berühmte „Tal der Könige” bei Luxor entstand.

Abb. 5: Der Totengott Anubis vollendet die Einbalsamierung eines Mannes

Ab ca. 1200 v. Chr. war Ägypten ständigen Angriffen fremder Völker ausgesetzt. Vor allem die Seevölker (Griechen, Philister), die um diese Zeit alle Küsten des östlichen Mittelmeeres bedrohten, und die Libyer lieferten den Ägyptern lange Kämpfe. Die ständigen Kriege und die neuerliche Enteignung des bäuerlichen Landbesitzes durch den Pharao führten zur Verarmung des Landes. Die Pharaonen verloren immer mehr Macht an die Priesterschaft in den großen Tempeln, die bald den Staat regierte. Nach der Eroberung Ägyptens durch die Libyer (um 900 v. Chr.) und der Vertreibung der Priester (um 750 v. Chr.) endete das Neue Reich.

In der Spätzeit der ägyptischen Hochkultur, die um ca. 700 v. Chr. begann, wurde Ägypten zunächst von verschiedenen Eroberern beherrscht. Nach den Libyern kamen die Äthiopier und schließlich die Assyrer, bevor Ägypten sich wieder befreien konnte. Nach einer kurzen Blüte wurde das Land 525 V. Chr. von den Persern erobert und zur persischen Provinz gemacht. Fast 200 Jahre lang herrschten die Perser, bevor Ägypten schließlich 332 v. Chr. von Alexander d. Gr. erobert und Teil seines hellenistischen Weltreiches wurde.

Zum Weiterlesen:

→ Mesopotamien

→ Kreta und Kleinasien

→ Das Volk Israel

→ Griechenland

→ Das römische Kaiserreich

Die Hochkulturen Mesopotamiens

Das Wort Mesopotamien bedeutet „Land zwischen den Flüssen”. Damit ist das Gebiet zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris gemeint. Der Hauptteil dieses „Zweistromlandes”, der Teil, der für die Entstehung der mesopotamischen Hochkulturen besonders wichtig ist, liegt heute im Irak. Jeden Frühling, wenn im Kaukasus-Gebirge, dem Quellgebiet von Euphrat und Tigris, der winterliche Schnee schmolz, wälzten sich riesige Flutwellen die beiden Flüsse herunter. Sie überfluteten weite Gebiete des zwischen ihnen gelegenen Landes. Deshalb bestand der Süden Mesopotamiens aus Schwemmland, das die beiden Flüsse auf ihrer Reise aus dem Norden mitbrachten. Dabei verschob sich die Küstenlinie ständig nach Süden. So liegt die Stadt Ur, vor 4500 Jahren eine Hafenstadt, heute ca. 200 km vom Meer entfernt. Das Hochwasser der beiden Flüsse und ein zeitweise angestiegener Meeresspiegel führten zu katastrophalen Überschwemmungen, auf die sich wahrscheinlich die biblische Geschichte von der großen Sintflut bezieht. Die Menschen reagierten auf diese Bedrohung, indem sie mit dem Bau von Dämmen und Deichen begannen, um die beiden großen Flüsse zu kanalisieren (Abb. 1).

Abb. 1: Flussverläufe und Hochkulturen

Nach dem Rückgang des Frühjahrshochwassers breitete sich auf den Überschwemmungsflächen ein reicher Pflanzenbewuchs aus. Doch die Hitze und das trockene Klima- in dieser Gegend regnet es fast nie - ließen die Pflanzen schon bald wieder verdorren. Um eine dauerhafte landwirtschaftliche Nutzung des Gebietes zwischen den Flüssen zu ermöglichen, legten die Menschen die ersten Auffangbecken, Wasserspeicher und Bewässerungskanäle an. Genau wie in Ägypten schuf also auch hier eine Flusslandschaft die Voraussetzungen für die Bildung einer Hochkultur.

Im Gegensatz zu Ägypten war Mesopotamien jedoch nicht durch undurchdringliche Wüstengebiete gegen feindliche Völker abgeschirmt. Von allen Seiten versuchten immer wieder fremde Herrscher, dieses fruchtbare Land für sich zu erobern. Die gefährlichsten Angreifer kamen aus dem iranischen Bergland (Gutäer, Meder und Kimmerier), aus dem arabischen Raum (Semiten) und aus der heutigen Türkei (Hethiter).

Die Sumerer, die ab ca. 3200 v. Chr. im südlichen Mesopotamien siedelten, schützten sich vor den ständigen Angriffen ab 3000 V. Chr. durch die Bildung der ersten befestigten Städte der Welt. Die wichtigsten Städte hießen Kisch, Lagasch, Larsa, Nippur, Umma, Ur und Uruk.

Im Unterschied zur ägyptischen Hochkultur, die einen Gesamtstaat mit einer einzigen Hauptstadt und dem Pharao als oberstem Herrscher entwickelte, wurde bei den Sumerern jede einzelne Stadt zu einem eigenen Staat mit einem eigenen Herrscher. Das Zentrum des sumerischen Stadtstaates war der meist riesige Stufentempel, auch Zikkurat genannt (Abb. 2). Hier wurden die Götter angebetet, an deren Spitze man eine Dreifaltigkeit der drei Götter „An”, „Enki” und „Enlil” verehrte. Im Glauben der Sumerer gehörte alles Land und die gesamte Natur den Göttern. Es wurde verwaltet vom Priesterfürsten der Stadt. Er war gleichzeitig oberster Priester und oberster Herrscher des Stadtstaates. Im Namen der Götter verpachtete der Priesterfürst das Land an die Bauern.

Abb. 2: Schematische Rekonstruktion einer Zikkurat

Der Tempel war jedoch nicht nur das Zentrum des religiösen und politischen Lebens der Sumerer, sondern auch das Wirtschaftszentrum des Stadtstaates. Hier wurde der gesamte Handel der Stadt abgewickelt. Es gab riesige Vorratsräume, über deren Inhalt genau Buch geführt wurde. Zu diesem Zweck erfand man die Keilschrift, die älteste Schrift der Welt, die noch älter ist als die ägyptischen Hieroglyphen. Sie entwickelte sich aus alten Zählzeichen, die schon lange bekannt waren. Die symbolhaften Zeichen der Keilschrift wurden mit stempelähnlichen Geräten in Tontafeln hineingedrückt. Auch hier entstand - wie in Ägypten - bald der angesehene Beruf des Schreibers. Aber die sumerische Keilschrift war für das Volk leichter zu lernen als die ägyptischen Hieroglyphen. Und bald entstanden die ersten geschriebenen Geschichten, so die älteste Erzählung überhaupt, das Gilgamesch-Epos, das von den Heldentaten der sumerischen Herrscher berichtete.

Was ist eine Hochkultur?

Im Allgemeinen wird die Zeit ab ca. 4500 v. Chr. als Jungsteinzeit („Neolithikum”), ab ca. 1700 v. Chr. als Bronzezeit und ah 800 V. Chr. als Eisenzeit bezeichnet. Doch für manche Gegenden der Erde wählen die Geschichtsforscher eine andere Zeiteinteilung und sprechen ab dem Zeitraum von ca. 3500 V. Chr. von Hochkulturen. Die oben genannte Zeiteinteilung nach den wichtigsten Werkstoffen verliert hier ihre Bedeutung. Doch was ist überhaupt eine Hochkultur, worin unterscheidet sie sich von den jungsteinzeitlichen, bronzezeitlichen und eisenzeitlichen Kulturen der restlichen Welt?

Für die Bildung der Hochkulturen waren verschiedene Voraussetzungen wichtig:

- Erwärmung des Klimas und Ausdehnung der Trocken- und Wüstengebiete in Ägypten, Mesopotamien, Indien und Ost-China

- Konzentration der Bevölkerung auf die fruchtbaren grünen Flusstäler des Nils, des Euphrats und des Tigris, des Indus und des Gelben Flusses

- Rasch wachsende Bevölkerungsdichte

- Reiche Bodenschätze (Kleinasien)

- Ungestörte Entwicklung in einem vor Angriffen geschützten Lebensraum wie im Niltal oder auf Kreta (Insellage)

- Notwendigkeit der Verteidigung durch ständige Angriffe von außen wie in Mesopotamien (Sumerer)

Nun gibt es sicherlich einige Gebiete auf der Welt, für die verschiedene dieser Voraussetzungen zutrafen, ohne dass die Geschichtsforscher die dort entstandenen Kulturen als Hochkulturen bezeichnen würden. Woran kann man also erkennen, ob es sich bei einer Kultur um eine Hochkultur handelt?

- Bildung von Städten und Staaten

- Zentrale Regierung

- Bildung einer gemeinsamen Religion

- Bildung von verschiedenen gesellschaftlichen und beruflichen Schichten (Bauern, Handwerker, Schreiber, Priester usw.)

- Zentral gelenkte Verwaltung

- Existenz einer Schrift

- Zentrale Planung von Bewässerungsanlagen und anderen wirtschaftlichen Notwendigkeiten

- Drang zur Ausdehnung und Eroberung von größeren Gebieten, Keimzelle von Großreichen

Ab 2500 V. Chr. war der Oberpriester nicht mehr automatisch Herrscher des Stadtstaates. Neben den Tempelanlagen entstanden nun die Paläste der Stadtkönige. Einige dieser Herrscher versuchten, die anderen sumerischen Stadtstaaten zu erobern und sich zum Oberherrscher aller sumerischer Städte zu machen. Die langen Kämpfe schwächten jedoch alle Beteiligten, so dass der Herrscher des nordmesopotamischen Reiches Akkad schließlich alle sumerischen Städte erobern konnte. Die Stadtherrscher wurden nun zu Statthaltern des Königs von Akkad. Doch die zahlreichen Angriffe von Völkern aus dem Norden und Süden zerstörten dieses Reich bald wieder. Die sumerische Kultur, vor allem die Schrift und die Sprache, lebten jedoch noch lange nach dem Untergang des klassischen Sumerertums weiter.

Etwa um 1800 V. Chr bekam die bis dahin unbedeutende kleine Stadt Babylon einen neuen Herrscher. Er kurbelte die Wirtschaft an, ließ Tempel für die sumerischen Götter bauen und die Stadt stark befestigen. Nach einigen Generationen von Herrschern war der Machtbereich Babylons schon beträchtlich gewachsen, als schließlich Hammurabi die Herrschaft übernahm. Er bildete mit zwei Verbündeten eine Allianz und besiegte die von Norden und Süden her angreifenden Völker. Danach griff er seine Verbündeten an und besiegte auch sie. Am Ende dieser Kriege war Babylonien zum Großreich geworden, das ganz Mesopotamien und die nördlich vorgelagerten Gebiete umfasste. Die bedeutendste Leistung Hammurabis war jedoch die Einführung eines einheitlichen, schriftlich festgehaltenen Rechts, auf dessen Gesetze sich jeder - vom Sklaven über die Frauen (was damals nicht selbstverständlich war) bis zum Adligen - berufen konnte. Für heutige Verhältnisse waren die Gesetze sehr streng und die Strafen sehr hart. Aus ihnen stammt der Grundsatz „Auge um Auge, Zahn um Zahn” (s. Gesetzessammlung Hammurabis). Doch schaffte es Hammurabi, in seinem riesigen Reich Recht und Ordnung herzustellen. Nach seinem Tod zerfiel das Reich allmählich.

Aus der Gesetzessammlung Hammurabis:

§ 1: Wenn ein Bürger einen anderen Bürger des Mordes beschuldigt, ohne es zu beweisen, so wird der, der den anderen beschuldigt hat, getötet.

§7: Wenn ein Bürger Silber oder Gold oder einen Sklaven oder eine Sklavin oder sonst irgendetwas aus der Hand des Sohnes eines Bürgers ohne Zeugen kauft, so ist dieser Bürger ein Dieb, er wird getötet.

§14: Wenn ein Bürger das Kind eines Bürgers gestohlen hat, so wird er getötet.

§22: Wenn ein Bürger Raub begangen hat und er ergriffen wird, so wird er getötet.

§53: Wenn ein Bürger seinen Deich nicht befestigt hat und in seinem Deich eine Öffnung entsteht und die Flur vom Wasser weggeschwemmt wird, so ersetzt dieser Bürger das Getreide, das er dadurch vernichtet hat.

§54: Wenn er das Getreide nicht ersetzen kann, so verkauft man ihn und seine Habe, und seinen Nachbarn, deren Getreide das Wasser weggeschwemmt hat, teilen den Erlös.

§195 : Wenn ein Sohn seinen Vater schlägt, so schneidet man seine Hand ab.

§196: Wenn ein Bürger das Auge eines Bürgers zerstört, so zerstört man sein Auge.

§200: Wenn ein Bürger den Zahn eines Bürgers ausschlägt, so schlägt man seinen Zahn aus.

Ab ca. 1300 V. Chr. entstand aus dem alten Babylonien das Reich der Assyrer. Sie stammten aus der weiter nördlich gelegenen Stadt Assur und galten als strenges, kriegerisches Volk. Das assyrische Reich dehnte sich durch umfangreiche Eroberungen bis in die heutige Türkei hinein aus. Zeitweilig gehörte sogar Ägypten zum assyrischen Reich. Während Hammurabi von Babylonien versucht hatte, seine Herrschaft auf Recht und Gesetz zu stützen, kannten die Assyrer nur ein Mittel zur Herrschaftssicherung: Gewalt. Wenn eine Stadt bei der Eroberung durch die Assyrer erbitterten Widerstand geleistet hatte, ließen die assyrischen Herrscher einen Großteil der Einwohner umbringen. Dazu dachten sie sich möglichst grausame Todesarten aus: Pfählen, Schinden, Abhacken von Armen und Beinen, lebendiges Emmauern usw. Oft wurden die eroberten Städte auch völlig zerstört, alle Einwohner umgebracht und ihre Köpfe vor der Stadt zu einem riesigen Haufen aufgetürmt. Ganze Völker wurden mit Waffengewalt aus ihrer Heimat in völlig fremde, oftmals unfruchtbare Gebiete umgesiedelt. Dieses brutale Vorgehen nennt man Deportation.

Nach fast sieben Jahrhunderten des assyrischen Terrors verbündeten sich ab 650 v. Chr. die Babylonier mit allen Feinden Assyriens und griffen das Reich an. In langen Kämpfen wurden nun alle Städte Assyriens erobert und restlos dem Erdboden gleichgemacht. Damit hörte Assyrien auf zu existieren.

Gewinner dieser Entwicklung war Babylonien, das fast alle Gebiete des assyrischen Reiches übernahm (Abb. 3).

Abb. 3: Die Ausdehnung des Neubabylonischen Reiches

Nach einer kurzen Blüte, in die auch der berühmte „Turmbau zu Babel” fällt, wurde es jedoch 539 v. Chr. von den Persern erobert und zur persischen Provinz gemacht. 331 v.Chr. wurde Mesopotamien dann von Alexander d. Gr. erobert und seinem Weltreich eingegliedert.

Zum Weiterlesen:

→ Die ägyptische Hochkultur

→ Kreta und Kleinasien

→ Das Volk Israel

→ Die Perserkriege

→ Alexander der Große

Hochkulturen von Kreta und Kleinasien

Es hat in der Geschichte des Altertums nicht nur in Mesopotamien und Ägypten Hochkulturen gegeben. Die wichtigsten Entwicklungen wie die Bildung von Städten und Staaten, die Festigung einer Religion, das Entstehen von Gesetzen und Rechtsprechung gab es auch in anderen Gegenden der Welt. Ah 2600 v. Chr. entwickelte sich die Hochkultur von Kreta, ah 2000 v. Chr. bildeten sich erste Staaten in Kleinasien.

Ab 2600 V. Chr. begannen die Bewohner Kretas mit dem Bau von Hafenanlagen. Bald darauf entstanden die ersten Paläste, die für die Kultur Kretas, die auch minoische Kultur genannt wird, sehr typisch waren. Die Paläste waren nicht befestigt, was darauf schließen lässt, dass Kreta damals keine Feinde hatte. Sie waren nicht nur der Sitz der kretischen Könige, sondern auch die wirtschaftlichen Mittelpunkte der Städte. In den Palästen gab es riesige Vorratsräume für Lebensmittel und Wein. Ab 2000 v. Chr. stieg Kreta allmählich zur wichtigsten Handelsmacht des östlichen Mittelmeeres auf. Vor allem der Handel mit Ägypten blühte. Von hier übernahm man auch die Bilderschrift (Hieroglyphen). Um 1600 v. Chr. wurden die Paläste zerstört - vermutlich von schweren Erdbeben.

Nach dem Bau neuer, noch größerer befestigter Paläste blühte die minoische Kultur wieder auf Man entwickelte nun eine eigene Schrift auf der Grundlage von Buchstaben. Der Handel mit Ägypten wurde wieder aufgenommen, und Kreta stieg zur stärksten Seemacht des östlichen Mittelmeeres auf. Doch wiederholt zerstörten schwere Erdbeben die Paläste und erschütterten die wirtschaftliche Grundlage des Landes. Ab 1500 V. Chr. begannen die Griechen mit der Eroberung Kretas, die schließlich 1425 v. Chr. mit der Zerstörung des größten Palastes (Knossos) endete (Abb. 1).

Abb. 1: Der Palast von Knossos auf Kreta

2000 V. Chr. siedelten sich im Gebiet der heutigen Türkei die Hethiter an. Das Land war zwar nicht besonders fruchtbar, dafür aber sehr reich an Bodenschätzen wie Kupfer, Zinn, Gold oder Silber, die mit den damaligen Mitteln ziemlich leicht abgebaut werden konnten.

Die Hethiter waren das erste Volk mit indoeuropäischer Sprache, das eine Hochkultur bildete. Sie brauchten fast 400 Jahre, um die Oberherrschaft über die einheimische Bevölkerung zu erlangen und ein großes Reich zu gründen. Der Staat wurde von einem König beherrscht, der zuerst Adlige, später dann Beamte mit der Verwaltung beauftragte. Nach dem Tode wurde der König als Gott verehrt. In der Religion übernahmen die Hethiter viel von den Traditionen Babyloniens, z. B. Kulte, Riten und Magie. Auch in anderen Bereichen galt die alte Kultur Mesopotamiens als Vorbild. So übernahm man weitgehend die babylonische Schrift und lehnte sich auch in der Literatur stark an Babylonien an. Das Rechtssystem war für die damaligen Verhältnisse sehr modern. Die Rechte von Mann und Frau wurden durch den Staat garantiert. Der Gedanke der Wiedergutmachung war wichtiger als eine Vergeltung oder Rache. Die Todesstrafe wurde nur sehr selten verhängt, und körperliche Verstümmelungen gab es als Strafe überhaupt nicht.

Das Reich der Hethiter dehnte sich von 1600 V. Chr. an aus, bis es sich über fast ganz Kleinasien sowie Teile von Mesopotamien und Syrien erstreckte. Um 1200 v. Chr. brach das Reich unter den ständigen schweren Angriffen der Seevölker (Philister, Griechen), die zu dieser Zeit alle Küsten im östlichen Mittelmeer bedrohten, zusammen (Abb. 2).

Abb. 2: Das Reich der Hethiter

Nach langer Fremdherrschaft durch die Assyrer entstand um 800 v. Chr. in Kleinasien ein phrygisches Reich. Es ist vor allem bekannt durch seinen größten König Midas, über dessen ungeheure Goldschätze bereits in der griechischen Sage berichtet wurde. Nach der Vernichtung dieses Reiches durch die Kimmerier (um 700 v. Chr.) entstand bald ein lydisches Reich (Abb. 3).

Abb. 3: Die Reiche der Lyder und Phryger

Die Lydier erfanden als erstes Volk die Geldmünze. Auch hier herrschte ein märchenhafter Reichtum — der Name des letzten lydischen Königs, Krösus, wurde geradezu zum Inbegriff für einen schwerreichen Mann. 546 v. Chr. wurde Lydien von den Persern erobert.

Zum Weiterlesen:

→ Die ägyptische Hochkultur

→ Mesopotamien

→ Das Volk Israel

→ Griechenland

→ Die Perserkriege

Die Geschichte des Volkes Israel

Das Volk Israel hat nicht - wie die Sumerer - die Schrift erfunden. Es hat auch keine Großreiche errichtet wie die Perser, Griechen oder Römer. Dafür hat es eine Religion entwickelt, die mit ihrem Glauben an einen einzigen, allmächtigen, gerechten und barmherzigen Gott („Jahwe”) ihrer Zeit weit voraus war und bis heute lebendiggeblieben ist. In einer Zeit, als Verstümmelungen, Vertreibungen und sonstiges Unrecht oftmals staatliche Politik waren (s. Assyrien), forderte der „neue” Gott Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit, aber auch unbedingten Gehorsam (Abb. 1). Das heilige Buch der Juden, die Thora, ist Grundlage und als „Altes Testament” Bestandteil des heiligen Buches der Christen, der Bibel. Und auch das heilige Buch der Mohammedaner, der Koran, baut eindeutig auf den Geschichten, Regeln und Weisheiten der Juden auf.

Abb. 1: Synagoge und siebenarmige Leuchter

Um 1500 V. Chr. siedelten sich die ersten israelitischen Stämme in Palästina an. Im Krieg des „Neuen Reiches” von Ägypten mit den Hethitern um die Vorherrschaft in Palästina wurden einige dieser Stämme nach Ägypten verschleppt. Hier hat man bei Ausgrabungen auf einer über 3200 Jahre alten Steinsäule die erste schriftliche Erwähnung des Stammes „Israel” gefunden. Um 1250 v. Chr. wanderten die israelitischen Stämme unter Moses und Aaron wieder aus Ägypten aus. Auf der Rückwanderung nach Palästina kam es zur Offenbarung Gottes, wie im Alten Testament der Bibel berichtet wird. Sie führte zur Annahme des Glaubens an einen einzigen Gott (Monotheismus) und der von Gott gegebenen Gesetze, der Zehn Gebote. Man schloss mit Gott einen Bund und betrachtete sich fortan als „auserwähltes” Volk, das allen anderen Völkern zeigen sollte, welche Lebensführung Gott von den Menschen verlangte. Zum Symbol dieses Bundes und zum religiösen Mittelpunkt wurde die Bundeslade, der Schrein, in dem die Tontafeln mit den Zehn Geboten aufbewahrt wurden.

Um 1200 V. Chr. schlössen sich die zwölf israelitischen Stämme enger zusammen, wohl um besser gegen Angriffe der Philister gerüstet zu sein, die sich seit dem „Seevölkersturm” an der Küste angesiedelt hatten (Abb. 2).

Abb. 2: Ansiedlung der Stämme um 1200

Als die Kämpfe mit den Philistern immer heftiger wurden und auch noch Angriffe aus dem Osten dazukamen (Ammoniter), gründeten die zwölf Stämme ein Königtum und wählten 1010 v. Chr. Saul zu ihrem ersten König. Sein Nachfolger David schaffte es, die Philister zu besiegen. Er gründete nun einen großen Staat mit moderner Verwaltung. Die Hauptstadt Jerusalem wurde Standort der Bundeslade und damit auch zum religiösen Mittelpunkt des Landes. Unter Davids Nachfolger Salomon stieg Jerusalem weiter zum absoluten Zentrum des Königreiches auf Salomon ist uns heute noch als sehr weiser und gerechter König bekannt, der auch verzwickte Situationen lösen konnte. So nennt man eine Entscheidung, die allen Seiten gerecht wird, ein „salomonisches Urteil”.

Nach dem Tode Salomons zerfiel das Reich 926 v. Chr. in zwei Hälften. Der Norden wurde zum Königreich Israel mit der Hauptstadt Samaria. Im Süden entstand das Königreich Juda mit der Hauptstadt Jerusalem (Abb. 3). In der folgenden Zeit machten sich immer mehr die Einflüsse Phöniziens, eines Seefahrerstaates an der Küste des Mittelmeeres, bemerkbar. Durch die Vermischung der Bevölkerung gelangten neue Götterkulte nach Israel und Juda (z. B. der Gott „Baal”). Immer wieder verkündeten Propheten den Untergang, wenn man nicht zum rechten Glauben zurückkehren würde.

Abb. 3: Die Königreiche Israel und Juda

722 v. Chr. eroberten die Assyrer Israel und zerstörten die Hauptstadt Samaria. Juda konnte mit ägyptischer Hilfe die assyrischen Angriffe abwehren. 587 v. Chr. jedoch eroberten die Babylonier Juda, zerstörten Jerusalem und führten die Bevölkerung in die Verbannung („Babylonische Gefangenschaft”). Erst nach der Eroberung Babyloniens durch die Perser 539 v. Chr. konnten die Juden wieder in ihr Gelobtes Land zurückkehren. Ihre weitere Geschichte bestand in unzähligen Fremdherrschaften (Perser, Griechen, Römer, Araber usw.) und ihrer Verstreuung über die ganze Welt („Diaspora”). Oft wurden sie als Sündenböcke für die Fehler anderer verfolgt, deportiert oder sogar ermordet, bis sie 1948 mit dem modernen Staat Israel zum ersten Mal seit fast 2500 Jahren wieder einen eigenen Staat gründeten.

Zum Weiterlesen:

→ Die ägyptische Hochkultur

→ Mesopotamien

→ Kreta und Kleinasien

→ Alexander der Große

→ Weltreligion Christentum

Griechenland – Von den Anfängen bis zur Adelsherrschaft

Ab 2500 V. Chr. begann die Urbevölkerung des südlichsten Teils des griechischen Festlandes, der Halbinsel Peloponnes, mit der Gründung erster bäuerlicher Dörfer. Sie vermischte sich seit 1800 v. Chr. mit einwandernden indogermanischen Stämmen, wodurch ein neues Volk entstand. In den wichtigsten Siedlungen entstanden mächtige Königsburgen. Die einzelnen Könige waren grundsätzlich gleichberechtigt, auch wenn zeitweise der König von Mykene die Oberherrschaft innehatte. Deshalb wird diese Zeit auch als mykenische Kultur