Geschichte der Philosophie im Islam - T. J. de Boer - E-Book

Geschichte der Philosophie im Islam E-Book

T. J. de Boer

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Von alters her war, wie heutzutage, die arabische Wüste der Tummelplatz unabhängiger Beduinenstämme. Mit freiem, gesundem Sinn blickten diese in ihre einförmige Welt hinein, deren höchster Reiz der Beutezug, deren geistiger Schatz die Stammesüberlieferung war. Weder die Errungenschaften geselliger Arbeit noch die Gaben schöner Muße waren ihnen bekannt. Nur an den Rändern der Wüste wurde, in Staatenbildungen, die oft von den Überfällen jener Beduinen zu leiden hatten, eine höhere Stufe der Gesittung erreicht. So war es im Süden, wo in christlicher Zeit unter abyssinischer oder persischer Oberhoheit das alte Reich der Königin von Saba fortbestand. Im Westen lagen an einer alten Handelsstraße Mekka und Medina (Jathrib), und besonders Mekka mit seinem Markte im Schutze eines Tempels war ein Mittelpunkt regen Verkehrs. Im Norden endlich hatten sich zwei halbsouveräne Staaten unter arabischen Fürsten gebildet: gegen Persien hin das Reich der Lachmiden in Hira und gegen Byzanz der Gassaniden Herrschaft in Syrien. Aber in Sprache und Poesie stellte sich schon vor Mohammed einigermaßen die Einheit der arabischen Nation dar. Die Dichter waren die Wissenden ihres Volkes. Ihre Zaubersprüche galten zunächst den Stämmen als Orakel. Doch ging ihre Wirkung wohl oft über den eigenen Stamm hinaus.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



T. J. de Boer

UUID: a4fa73cc-b590-11e7-a95b-49fbd00dc2aa
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (http://write.streetlib.com) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort.

I. Zur Einleitung.

II. Philosophie und arabisches Wissen.

III. Die pythagoreische Philosophie.

IV. Die neuplatonischen Aristoteliker des Ostens.

V. Der Ausgang der Philosophie im Osten.

VI. Die Philosophie im Westen.

VII. Zum Schluss.

Vorwort.

Nach der vortrefflichen Skizze Munk’s1 ist dies der erste Versuch, die Geschichte der Philosophie im Islam im Zusammenhang vorzuführen. Ein neuer Anfang also, kein Abschluss möchte meine Arbeit sein. Nicht Alles, was auf diesem Gebiete vorgearbeitet, ist mir bekannt geworden und nicht alles Bekannte war mir zugänglich. Handschriftliches konnte nur ausnahmsweise benutzt werden.Der Darstellung wegen sind die Quellenbelege zurückgehalten. Nur wenn ich etwas fast wörtlich oder ohne Nachprüfung herübergenommen habe, ist das in den Noten bemerkt worden. Übrigens bedauere ich sehr, dass es jetzt nicht gehörig zur Anschauung kommen kann, was ich, für das Verständnis der Quellen, Männern wie Dieterici, de Goeje, Goldziher, Houtsma, Aug. Müller, Munk, Nöldeke, Renan, Snouck Hurgronje, Steinschneider, van Vloten und vielen, vielen anderen verdanke.Erst nach Abschluss dieser Arbeit ist eine interessante, auch über die Vorgeschichte der Philosophie im Islam sich verbreitende Monographie über Ibn Sina erschienen.2 Sie gibt mir aber keine Veranlassung, meine Auffassung im ganzen zu ändern.Für alles Bibliographische verweise ich auf die Orientalische Bibliographie, Brockelmann’s Geschichte der Arabischen Litteratur und die Litteraturnachweise bei Überweg-Heinze. Bei der Umschreibung arabischer Namen habe ich mehr auf Tradition und deutsche Aussprache als auf Konsequenz geachtet. Es sei nur bemerkt, dass das z als weiches s zu sprechen, und das th wie das englische. Im Personenregister bezeichnen Accente die Länge.So viel wie möglich hab’ ich mich auf den Islam beschränkt. Deshalb sind Ibn Gebirol und Maimonides nur im Vorbeigehen genannt, andere jüdische Denker ganz übergangen, obgleich sie, philosophisch betrachtet, dem muslimischen Bildungskreise angehören. Der Schaden ist aber nicht gross. Denn über die jüdischen Philosophen ist schon viel geschrieben worden, während man bis jetzt die muslimischen Denker sehr vernachlässigt hat.Groningen (Niederlande).T. J. de Boer.1S. Munk, Mélanges de philosophie juive et arabe, Paris 1859. ↑2Carra de Vaux, Avicenne, Paris 1900. ↑

I. Zur Einleitung.

1. Der Schauplatz.1.Von alters her war, wie heutzutage, die arabische Wüste der Tummelplatz unabhängiger Beduinenstämme. Mit freiem, gesundem Sinn blickten diese in ihre einförmige Welt hinein, deren höchster Reiz der Beutezug, deren geistiger Schatz die Stammesüberlieferung war. Weder die Errungenschaften geselliger Arbeit noch die Gaben schöner Muße waren ihnen bekannt. Nur an den Rändern der Wüste wurde, in Staatenbildungen, die oft von den Überfällen jener Beduinen zu leiden hatten, eine höhere Stufe der Gesittung erreicht. So war es im Süden, wo in christlicher Zeit unter abyssinischer oder persischer Oberhoheit das alte Reich der Königin von Saba fortbestand. Im Westen lagen an einer alten Handelsstraße Mekka und Medina (Jathrib), und besonders Mekka mit seinem Markte im Schutze eines Tempels war ein Mittelpunkt regen Verkehrs. Im Norden endlich hatten sich zwei halbsouveräne Staaten unter arabischen Fürsten gebildet: gegen Persien hin das Reich der Lachmiden in Hira und gegen Byzanz der Gassaniden Herrschaft in Syrien. Aber in Sprache und Poesie stellte sich schon vor Mohammed einigermaßen die Einheit der arabischen Nation dar. Die Dichter waren die Wissenden ihres Volkes. Ihre Zaubersprüche galten zunächst den Stämmen als Orakel. Doch ging ihre Wirkung wohl oft über den eigenen Stamm hinaus.2.Mohammed und seinen nächsten Nachfolgern, Abu Bekr, Omar, Othman und Ali (622–661) ist es nun gelungen, die freien Wüstensöhne zusammen mit den gesitteteren Bewohnern der Küstenstriche für ein gemeinsames Unternehmen zu begeistern. Diesem Ereignis verdankt der Islam seine Weltstellung. Denn Allah zeigte sich groß und für die Ihm sich Ergebenden (Muslime) war die Welt gar klein. In kurzer Zeit wurde ganz Persien erobert und verlor das oströmische Reich seine schönsten Provinzen: Syrien und Ägypten.Medina war der Sitz der ersten Chalifen oder Stellvertreter des Propheten. Aber Mohammeds tapferer Schwiegersohn, Ali, und dessen Söhne unterlagen Moawia, dem klugen Statthalter von Syrien. Seit der Zeit besteht die Partei des Ali (Schiiten), die unter mancherlei Wandlungen, bald unterworfen, bald an einzelnen Stellen zur Herrschaft gelangt, ihr Wesen in der Geschichte treibt, bis sie sich (1502) im persischen Reich endgültig gegen den sunnitischen Islam abschließt.In ihrem Kampfe gegen die weltliche Macht haben die Schiiten sich aller möglichen Waffen, auch der Wissenschaft bedient. Schon früh erscheint unter ihnen die Partei der Kaisaniten, die dem Ali und seinen Erben eine übermenschliche Geheimwissenschaft zuschreibt, ein Wissen, mit dessen Hilfe der innere Sinn der göttlichen Offenbarung erst klar werde, das aber auch von seinen Adepten nicht weniger Glauben und unbedingten Gehorsam gegen die Träger solchen Wissens erfordert als der Buchstabe des Korans. (Vgl.III, 2 § 1.)3.Nach dem Siege Moawias, der Damaskus zur Hauptstadt des muslimischen Reiches machte, lag die Bedeutung Medinas hauptsächlich auf geistigem Gebiete. Es musste sich damit begnügen, zum Teil unter jüdischen und christlichen Einflüssen, die Wissenschaft des Gesetzes und der Tradition zu pflegen. In Damaskus aber führten die Omajjaden (661–750) ihr weltliches Regiment. Unter ihrer Herrschaft dehnte sich das Reich vom atlantischen Meere bis über die Grenzen Indiens und Turkestans aus, vom südlichen Meere bis an den Kaukasus und vor die Mauern von Konstantinopel. Damit war aber auch die weiteste Ausdehnung erreicht.Araber nahmen jetzt überall die führende Stellung ein. Sie bildeten eine militärische Aristokratie und der schlagendste Beweis für ihren Einfluss ist dies, dass unterworfene Völker mit alter, überlegener Kultur die Sprache der Sieger annahmen. Die arabische Sprache wurde die Sprache des Staates und der Religion, der Poesie und der Wissenschaft. Während aber die hohen Staats- und Militärämter vorzugsweise von Arabern verwaltet wurden, blieb es zunächst Nichtarabern und Mischlingen überlassen, Künste und Wissenschaften zu pflegen. In Syrien ging man bei Christen in die Schule. Die Hauptstätten geistiger Bildung aber wurden Basra und Kufa, in denen Araber und Perser, Muslime, Christen, Juden und Magier zusammenstießen. Dort, wo Handel und Gewerbe aufblühten, sind, unter hellenistisch-christlichen und persischen Einflüssen entstanden, die Anfänge weltlicher Wissenschaft im Islam zu suchen.4.Den Omajjaden folgten die Abbasiden (750–1258) nach. Diese machten, um zur Herrschaft zu gelangen, dem Persertum Konzessionen und benutzten religiös-politische Bewegungen. Nur in dem ersten Jahrhundert ihrer Regierung (bis etwa 860) mehrte oder hielt sich noch die Größe des Reiches, als dessen Mittelpunkt Mansur, der zweite Herrscher dieses Hauses, im Jahre 762 Bagdad gründete, eine Stadt, die bald an weltlichem Glanze Damaskus und als Leuchte des Geistes Basra und Kufa überstrahlte. Nur mit Konstantinopel war sie zu vergleichen. In Bagdad, an dem Hofe Mansurs (754–775), Haruns (786–809), Mamuns (813–833)u. s. w.fanden sich, besonders aus den nordöstlichen Provinzen, Dichter und Gelehrte zusammen. Mehrere Abbasiden liebten weltliche Bildung, sei es an sich oder zur Ausschmückung ihres Hofes, und wenn sie oft auch den Wert der Künstler und Gelehrten nicht erkannt haben mögen, so wussten doch diese die materiellen Güter ihrer Herren wohl zu schätzen.Wenigstens seit der Zeit Haruns bestand in Bagdad eine Bibliothek und eine Gelehrtenanstalt. Schon unter Mansur, besonders aber unter Mamun und seinen Nachfolgern, wurde dann die wissenschaftliche Litteratur der Griechen, meistens durch syrische Vermittelung, in die arabische Sprache übertragen. Auch Kompendien und Erläuterungen dazu wurden verfasst.Als diese gelehrte Arbeit ihren höchsten Aufschwung nahm, war die Herrlichkeit des Reiches im Niedergang begriffen. Die alten Stammesfehden, die unter den Omajjaden nie geruht hatten, waren scheinbar einer festgefügten Einheit des Staates gewichen. Aber es dauerten in verschärftem Maße andere Streitigkeiten fort, theologische und metaphysische Zänkereien, wie sie ähnlich den Verfall des oströmischen Reiches begleiteten. Der Staatsdienst brauchte in der orientalischen Despotie nur wenig befähigte Köpfe. Viele junge Kräfte gingen im üppigen Genusse unter, andere verfielen auf Wortkünstelei und Scheingelehrsamkeit. Zur Verteidigung des Reiches dagegen zog man die frische Kraft weniger überbildeter Völker heran: zuerst iranische oder iranisierte Chorasaner, darauf Türken.5.Immer deutlicher zeigte sich des Reiches Verfall. Die Machtstellung des Türkenheeres, Aufstände städtischen Pöbels und ländlicher Arbeiter, schiitische und ismaelitische Umtriebe überall, dazu die Selbständigkeitsgelüste der entfernten Provinzen waren entweder die Ursachen oder die Symptome des Untergangs. Neben dem Chalifen, der zum geistlichen Würdenträger herabsank, herrschten die Türken als Hausmeier. Und an der Peripherie entstanden nach und nach selbständige Staaten, bis zu einer ganz entsetzlichen Kleinstaaterei. Die wichtigsten, mehr oder weniger unabhängigen Herrscher waren im Westen, abgesehen von den spanischen Omajjaden (vgl.VI, 1), die Aglabiden Nordafrikas, die Tuluniden und Fatimiden Ägyptens und die Hamdaniden Syriens und Mesopotamiens; im Osten die Tahiriden und Samaniden, allmählich von den Türken verdrängt. An den Höfen dieser kleinen Dynastien sind in der nächsten Zeit (10. und 11. Jahrh.) die Dichter und Gelehrten zu finden. Mehr als Bagdad machen sich auf kurze Zeit Haleb (Aleppo), der Sitz der Hamdaniden, und auf längere Zeit Kairo, im Jahre 969 von den Fatimiden erbaut, als Heimstätten geistiger Bestrebungen geltend. Im Osten glänzt noch einen Augenblick der Hof des Türken Machmud von Ghazna, der seit dem Jahre 999 Herr von Chorasan war.In diese Zeit der Kleinstaaterei und der Türkenwirtschaft fällt auch die Gründung der muslimischen Universitäten. Im Jahre 1065 wurde die erste in Bagdad errichtet. Seit der Zeit besitzt der Orient die Wissenschaft nur in stereotypen Auflagen. Der Lehrer hat gelehrt, was ihm von seinen Lehrern überliefert worden, und jedes neue Buch enthält kaum einen Satz, der nicht schon in älteren Büchern stände. Die Wissenschaft ist gerettet. Aber die Gelehrten Transoxaniens, die, der Überlieferung nach, als sie die Gründung der ersten Madrasah erfuhren, eine Trauerfeier zu Ehren der Wissenschaft veranstalteten, haben Recht behalten.1Über die östlichen Länder des Islam brauste dann (13. Jahrh.) der Mongolensturm dahin. Was der Türke übrig gelassen, raffte dieser hinweg. Es blühte da keine Kultur wieder auf, die aus sich heraus eine neue Kunst hervortrieb oder zu einer Erneuerung der Wissenschaft die Anregung darbot.2. Orientalische Weisheit.1.Vor seiner Berührung mit dem Hellenismus hat der semitische Geist, in philosophischer Hinsicht, es nie weiter als zu Rätselfragen und Spruchweisheit gebracht. Einzelbeobachtungen aus der Natur, hauptsächlich aber aus Leben und Schicksal des Menschen, liegen zu Grunde, und wo das Verständnis aufhört, stellt sich leicht die Ergebung in den allmächtigen und unergründlichen Willen Gottes ein. Wir kennen diese Weisheit aus dem Alten Testament. Dass sie sich ähnlich bei den Arabern ausbildete, zeigen uns die biblische Geschichte der Königin von Saba und die Gestalt des weisen Loqman in der arabischen Überlieferung.Neben solcher Weisheit gab es überall die Magie des Zauberers, ein Wissen, das sich in der Herrschaft über die Dinge bewährte. Aber nur in den priesterlichen Kreisen Alt-Babyloniens, unter welchen Einflüssen und in welchem Umfange wissen wir nicht genau, erhob man sich zu einer wissenschaftlicheren Betrachtung der Welt. Vom Wirrsal des Erdendaseins wandte dort das Auge sich der himmlischen Ordnung zu. Nicht wie der Hebräer, der über ein gewisses Staunen nicht hinwegkam2oder in den unzähligen Gestirnen nur ein Sinnbild eigener Nachkommenschaft sah3, sondern ähnlich dem Griechen, der das Viele und Mannigfaltige unter dem Monde erst verstehen lernte, nachdem er in der Einheit und Stetigkeit der Himmelsbewegung die Harmonie des Alls gefunden hatte. Nur dass sich mit dem Guten, wie es denn im Hellenismus nicht anders war, viel mythologisches Spiel und astrologisches Afterwissen verschlangen.Diese chaldäische Weisheit wurde in Babylonien und Syrien seit den Tagen Alexanders des Großen mit hellenistischen, später mit hellenistisch-christlichen Ideen durchsetzt oder davon verdrängt. Nur in der syrischen Stadt Harran hielt sich bis in die Zeit des Islam das alte Heidentum, von christlichen Einflüssen wenig berührt. (Vgl.I, 3 § 4.)2.Bedeutender als etwaige semitische Überlieferung war es, was dem Islam von persischer und indischer Weisheit zugeführt wurde. Auf die Frage, ob die orientalische Weisheit von griechischer Philosophie, oder diese von jener ursprünglich beeinflusst sei, brauchen wir hier nicht einzugehen. Was der Islam graden Weges Persern und Indern entnommen hat, lässt sich aus den arabischen Quellen mit ziemlicher Sicherheit ersehen, und auf dieses dürfen wir uns beschränken.Persien ist das Land des Dualismus, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass seine dualistische Religionslehre, sei es direkt, sei es durch Vermittelung des Manichäismus oder anderer gnostischer Sekten, auf die theologischen Streitigkeiten im Islam eingewirkt habe. Viel größer aber ist in weltlichen Kreisen der Einfluss desjenigen Systems gewesen, das der Überlieferung nach unter dem Sasaniden Jezdegerd II. (438/9–457) sogar zur öffentlichen Anerkennung kam, des Zrwanismus (vgl.III, 1 § 6). In diesem System war die dualistische Weltansicht dadurch aufgehoben, dass als oberstes Prinzip die endlose Zeit (zrwan, arab.dahr) aufgestellt und mit dem Geschick, der äußersten Himmelssphäre oder der Bewegung des Himmels identifiziert wurde. Diese Lehre, die philosophischen Köpfen zusagte, hat sich, mit oder ohne die Maske des Islam, in der persischen Litteratur und bis auf unsere Zeit in den volkstümlichen Anschauungen einen großen Platz zu erhalten gewusst. Von den Theologen aber und nicht weniger von der idealistischen Schulphilosophie wurde sie als Materialismus, Atheismusu. s. w.abgewiesen.3.Als das wahre Land der Weisheit galt Indien. Vielfach findet sich bei den arabischen Schriftstellern die Anschauung, dort sei die Geburtsstätte der Philosophie zu finden. Durch friedlichen Handelsverkehr, dessen Vermittler zwischen Indien und dem Abendlande hauptsächlich Perser waren, dann infolge der muslimischen Eroberung verbreitete sich die Kenntnis indischer Weisheit. Unter Mansur (754–775) und Harun (786–809) wurde vieles davon, teils durch die Mittelstufe des Persischen (Pahlawi) hindurch, teils direkt aus dem Sanskrit übersetzt. Von der ethischen und politischen Spruchweisheit, aus Fabel und Erzählung der Inder, ward manches herübergenommen, so die von Ibn al-Moqaffa zu Mansurs Zeit aus dem Pahlawi übersetzten Erzählungen des Pantschatantrau. A.An erster Stelle aber wirkten indische Mathematik und Astrologie, letztere in Verbindung mit praktischer Medizin und Zauberkunst, auf die Anfänge der Weltweisheit im Islam. Die Astrologie des Siddhanta von Brahmagupta, unter Mansur mit Hilfe indischer Gelehrten von Fazari aus dem Sanskrit übersetzt, war noch vor des Ptolemäus Almagest bekannt. Eine weite Welt, in Vergangenheit und Zukunft, that sich da auf. Die hohen Zahlen, mit denen der Inder operierte, erzeugten auf die nüchternen muslimischen Annalisten einen gewaltigen, verwirrenden Eindruck, wie andererseits der arabische Kaufmann, der in Indien und China das Alter unserer erschaffenen Welt auf einige Tausend Jahre ansetzte, sich im höchsten Grade lächerlich machte.Auch die logischen und metaphysischen Spekulationen der Inder sind den Muslimen nicht unbekannt geblieben, aber viel weniger als Mathematik und Astrologie haben diese die wissenschaftliche Entwicklung beeinflusst. Die Grübeleien der Inder, an ihre heiligen Bücher anknüpfend und durchaus religiös bestimmt, haben gewiss auf persisches Sufitum und islamische Mystik nachhaltig eingewirkt. Aber Philosophie ist nun einmal ein griechischer Begriff und es geht nicht an, einem Tagesgeschmack zu liebe, in unserer Darstellung den Kuhmilchgedanken frommer Inder allzuviel Platz einzuräumen. Was jene sinnigen Büßer über den täuschenden Schein alles Sinnlichen vorgebracht haben, mag oft einen poetischen Reiz besitzen, stimmt auch wohl zu dem, was dem Osten aus neupythagoreischen und neuplatonischen Quellen an Betrachtungen über die Vergänglichkeit alles Irdischen zugänglich war, hat aber, ebensowenig wie dieses, etwas Erhebliches zur Erklärung der Erscheinungen, zur Erweckung wissenschaftlichen Sinnes beigetragen. Nicht indischer Phantasie, sondern griechischen Geistes bedurfte es dazu, das Nachdenken auf die Erkenntnis des Wirklichen zu richten. Das beste Beispiel dafür ist die arabische Mathematik. Nach dem Urteile ihrer besten Kenner ist indisch darin fast nur die Rechenkunst, griechisch, wenn auch nicht ausschließlich, doch vorwiegend, die Algebra und die Geometrie. Zum Begriffe reiner Mathematik ist wohl kaum ein Inder durchgedrungen. Die Zahl, auch die höchste, blieb doch immer eine konkrete. Und in der indischen Philosophie blieb das Wissen überhaupt ein Mittel. Zweck war die Erlösung vom Übel des Daseins, die Philosophie Anleitung zum seligen Leben. Daher die Monotonie dieser auf das einheitliche Wesen aller Dinge gerichteten Weisheit, der gegenüber die reichgegliederte Wissenschaft der Hellenen die Wirkungen der Natur und des Geistes allseitig zu erfassen bestrebt war.Orientalische Weisheit, Astrologie und Kosmologie, hat den muslimischen Denkern mancherlei Stoff geliefert, aber die Form, das bildende Prinzip, kam ihnen von den Griechen her. Überall, wo es sich nicht um bloßes Aufzählen oder zufälliges Zusammenreihen handelt, sondern nach sachlichen oder logischen Gesichtspunkten eine Anordnung des Mannigfaltigen versucht wird, darf mit Wahrscheinlichkeit auf griechischen Einfluss geschlossen werden.3. Griechische Wissenschaft.1.Wie die Perser hauptsächlich den Handelsverkehr zwischen Indien-China und Byzanz leiteten, so traten im fernen Westen, bis ins Frankenreich, die Syrer als Kulturvermittler auf. Es waren Syrer, die Wein, Seideu. s. w.ins Abendland einführten. Aber es waren auch Syrer, die griechische Bildung aus Alexandrien und Antiochien nach Osten hin verbreiteten und in den Schulen von Edessa und Nisibis, Harran und Gondeschapur fortpflanzten. Syrien war das richtige Land der Mitte, wo Jahrhunderte lang die beiden Weltmächte, die römische und die persische, feindlich oder friedlich zusammenstießen. Unter solchen Umständen spielten die christlichen Syrer eine Rolle, wie sie ähnlich später den Juden zu teil ward.2.Die muslimischen Eroberer fanden die christliche Kirche, abgesehen von vielen Sekten, in drei Abteilungen gespalten. Im eigentlichen Syrien herrschte neben der orthodoxen Reichskirche die monophysitische, in Persien die nestorianische Kirche vor. Der Unterschied zwischen den Lehrsystemen dieser Kirchen ist wohl nicht ohne Bedeutung für die Entwicklung der muslimischen Dogmatik gewesen. Nach der Lehre der Monophysiten waren in Christus Gott und Mensch zueinerNatur vereinigt, während die Orthodoxen und viel schärfer noch die Nestorianer eine göttliche und eine menschliche Natur unterschieden. Nun heißt Natur vor allem Energie oder Wirkungsprinzip. Es handelt sich um die Frage, ob göttliches und menschliches Wollen und Wirken in Christus ein und dasselbe seien oder verschieden. Die Monophysiten hoben, aus spekulativen und religiösen Motiven, auf Kosten des Menschlichen die Einheit in Christus, ihrem Gotte, hervor, die Nestorianer dagegen betonten die Eigenart menschlichen Seins, Wollens und Wirkens dem göttlichen gegenüber. Letzteres aber bietet, unter Begünstigung politischer und kultureller Verhältnisse, einer philosophischen Welt- und Lebensbetrachtung freieren Spielraum, und thatsächlich haben die Nestorianer am meisten für die Pflege griechischer Wissenschaft gethan.3.Die Sprache sowohl der westlichen als auch der östlichen (persischen) Kirche war das Syrische. Daneben aber wurde in den Klosterschulen das Griechische gelehrt. In der westlichen (monophysitischen) Kirche sind Rasain und Kinnesrin als Stätten der Bildung zu nennen. Bedeutender war, wenigstens anfangs, die Schule von Edessa, wie denn auch der edessenische Dialekt sich zur Schriftsprache erhoben hatte. Aber im Jahre 489 ward die dortige Schule wegen der nestorianischen Gesinnung ihrer Lehrer geschlossen. Sie that sich dann in Nisibis wieder auf und verbreitete in Persien, aus politischen Gründen von den Sasaniden begünstigt, nestorianischen Glauben und griechisches Wissen.Der Unterricht in jenen Schulen hatte vorzugsweise biblisch-kirchlichen Charakter und war auf kirchliche Bedürfnisse berechnet. Aber es nahmen auch Ärzte oder künftige Studenten der Medizin daran teil. Dass diese oft dem geistlichen Stande angehörten, hebt den Unterschied zwischen theologischem Studium und der Beschäftigung mit weltlichem Wissen nicht auf. Zwar haben, nach dem syrisch-römischen Rechtsbuch, die Lehrer (gelehrten Priester) und Ärzte Steuerfreiheit und andere Privilegien gemeinsam. Aber dass die ersteren als Heilkünstler der Seele betrachtet wurden, während die Ärzte bloß den Leib zu flicken hatten, begründete den Vorzug jener vor diesen. Die Medizin blieb doch immer etwas Weltliches, und nach den Statuten der Schule zu Nisibis (vom Jahre 590) durften die heiligen Schriften nicht mit Büchern des weltlichen Gewerbes in einem Raume zusammen gelesen werden.In ärztlichen Kreisen wurden die Werke des Hippokrat, Galen und Aristoteles sehr geschätzt. In den Klöstern aber verstand man unter Philosophie zunächst das beschauliche Leben des Asketen und achtete nur auf das Eine, das not thut.4.Eine eigentümliche Stellung nimmt die mesopotamische Stadt Harran, in der Nähe Edessas, ein. Altsemitisches Heidentum verknüpft sich hier, besonders nach der arabischen Eroberung, als die Stadt neu emporblühte, mit mathematischen und astronomischen Studien und neupythagoreischer und neuplatonischer Spekulation. Die Harranier oder Sabier, wie sie im 9. und 10. Jahrhundert heißen, führen ihre mystische Weisheit auf Hermes Trismegistos, Agathodaemon, Uraniusu. A.zurück. Zahlreiche Pseudepigraphen des späteren Hellenismus werden von ihnen gläubig aufgenommen, einzelnes wird vielleicht in ihrem Kreise fabriziert. Als Übersetzer und gelehrte Schriftsteller sind einige aus ihrer Mitte thätig gewesen. Viele haben mit persischen und arabischen Gelehrten des achten bis zehnten Jahrhunderts einen regen wissenschaftlichen Verkehr unterhalten.5.In Persien, zu Gondeschapur, finden wir eine von Chosrau Anoscharwan (531–579) gegründete Anstalt für philosophische und medizinische Studien. Ihre Lehrer waren hauptsächlich nestorianische Christen. Aber außer den Nestorianern duldete der weltlicher Bildung geneigte Fürst auch Monophysiten. Besonders als Mediziner waren damals, wie später am Hofe der Chalifen, christliche Syrer in Ehren.Auch die im Jahre 529 aus Athen vertriebenen sieben Philosophen der neuplatonischen Schule fanden am Hofe Chosraus eine Zufluchtsstätte. Sie mögen aber dort ähnliche Erfahrungen gemacht haben, wie die französischen Freigeister des vorigen Jahrhunderts am russischen Hofe. Jedenfalls sehnten sie sich nach der Heimat zurück. Und der König war freisinnig und großmütig genug, sie gehen zu lassen und für sie im Friedensvertrage mit Byzanz vom Jahre 549 Glaubensfreiheit zu bedingen. Ganz ohne Einfluss wird ihr Aufenthalt im persischen Reich doch wohl nicht geblieben sein.6.Die Zeit der syrischen Übersetzungen profaner Schriften aus dem Griechischen läuft etwa vom vierten bis zum achten Jahrhundert. Im vierten Jahrhundert wurden Spruchsammlungen übertragen. Als erster mit Namen genannter Übersetzer erscheint Probus, “Priester und Arzt in Antiochien” (erste Hälfte des fünften Jahrhunderts?). Vielleicht war er auch nur Erklärer logischer Schriften des Aristoteles und der Isagoge des Porphyrius. Bekannter ist Sergius von Rasain (gestorben, wahrscheinlich in Konstantinopel, um 536, etwa 70 Jahre alt), ein mesopotamischer Mönch und Arzt, der den ganzen Umfang der alexandrinischen Wissenschaft, vielleicht in Alexandrien selbst, studierte und dessen Übersetzungen nicht nur auf Theologie, Moral und Mystik, sondern mehr noch auf Physik, Medizin und Philosophie sich erstreckten. Auch nach der muslimischen Eroberung wurde die gelehrte Thätigkeit der Syrer fortgesetzt. Jakob von Edessa (etwa 640–708) übersetzte griechisch-theologische Schriften, befasste sich aber außerdem mit Philosophie und erklärte auf eine diesbezügliche Anfrage, es sei christlichen Geistlichen erlaubt, Kindern von muslimischen Eltern gelehrten Unterricht zu erteilen. Bei den letzteren war also ein Bildungsbedürfnis vorhanden.Die Übersetzungen der Syrer, namentlich des Sergius von Rasain, sind im allgemeinen treu; die logischen und naturwissenschaftlichen aber entsprechen dem Original genauer, als die ethischen und metaphysischen. In diesen gab es eben viel Dunkles, das missverstanden oder einfach weggelassen, und viel Heidnisches, das durch Christliches ersetzt ward. Für Sokrates, Platon und Aristoteles (als Beispiele) traten wohl einmal Petrus, Paulus und Johannes ein. Das Schicksal und die Götter mussten dem Einen Gotte weichen. Und Begriffe wie Welt, Ewigkeit, Sünde und dergleichen erhielten ein christliches Gepräge. Übrigens sind die Araber mit der Anpassung an ihre Sprache, Kultur und Religion später viel weiter gegangen als die Syrer. Teils lässt sich das wohl aus der muslimischen Scheu vor allem Heidnischen, teils aber auch aus einer größeren Anpassungsfähigkeit erklären.7.Abgesehen von einigen mathematischen, physischen und medizinischen Schriften haben die Syrer sich für ein Zweifaches interessiert. Erstens für moralisierende Spruchsammlungen, mit etwas Philosophiegeschichte verbunden, und im allgemeinen für mystische pythagoreisch-platonische Weisheit. Diese findet sich hauptsächlich in Pseudepigraphen, die den Namen des Pythagoras, Sokrates, Plutarch, Dionysiusu. A.tragen. Im Mittelpunkte des Interesses steht eine platonische Seelenlehre, in späterer pythagoreischer, neuplatonischer oder christlicher Bearbeitung. Platon wird in den syrischen Klöstern sogar zu einem orientalischen Mönch, der sich eine Zelle im Herzen der Wildnis erbaute, weitab von den Wohnsitzen der Menschen, und dort, nach dreijährigem Schweigen und Grübeln über einen Bibelvers, die göttliche Dreieinigkeit erkannt haben soll.Dazu kam denn als Zweites die Logik des Aristoteles. Aristoteles war den Syrern, wie längere Zeit auch den Arabern, fast nur als Logiker allgemein bekannt. Die Bekanntschaft erstreckte sich, ähnlich wie in der Frühscholastik des Abendlandes, auf Kategorien, Hermeneutik und erste Analytik bis zu den kategorischen Figuren. Der Logik bedurfte man schon, um die Schriften griechischer Kirchenlehrer zu verstehen, da dieselben, wenigstens formal, davon beeinflusst waren. Wie man aber die Logik nicht vollständig hatte, so besaß man sie auch nicht rein, sondern in neuplatonischer Überarbeitung, wiez. B.ersichtlich ist aus dem Werke des Paulus Persa, welches in syrischer Sprache für Chosrau Anoscharwan geschrieben wurde. Es wird darin das Wissen über den Glauben gestellt und die Philosophie definiert als die Selbstbesinnung der Seele auf ihr inneres Wesen, in dem sie, gleichsam wie ein Gott, alle Dinge erblickt.8.Was die Araber den Syrern verdanken, spricht sichu. a.darin aus, dass arabische Gelehrte das Syrische für die älteste oder richtige (natürliche) Sprache hielten. Zwar haben die Syrer Selbständiges nicht geschaffen, aber ihre Übersetzerthätigkeit kam der arabisch-persischen Wissenschaft zu gute. Es sind fast ohne Ausnahme Syrer gewesen, die vom 8. bis 10. Jahrhundert aus den älteren oder den von ihnen teils verbesserten, teils neu veranstalteten syrischen Übersetzungen die griechischen Werke ins Arabische übertrugen. Schon der omajjadische Prinz Chalid ibn Jezid (gest.704), der sich unter Leitung eines christlichen Mönches mit der Alchemie befasste, soll Übersetzungen alchemistischer Werke aus dem Griechischen ins Arabische veranstaltet haben. Sprichwörter, Gnomen, Briefe, Testamente, überhaupt Philosophiegeschichtliches, wurden schon früh gesammelt und übersetzt. Aber erst unter Mansur wurde damit angefangen, naturwissenschaftlich-medizinische und logische Schriften der Griechen, zum Teil aus dem Pahlawi, ins Arabische zu übertragen. Besonders beteiligte sich daran Ibn al-Moqaffa, ein Anhänger des persischen Dualismus, von dem die Späteren sich durch ihre Terminologie unterschieden haben sollen. Es ist uns aber von seinen philosophischen Übersetzungen nichts erhalten. Auch anderes aus dem achten Jahrhundert ist verloren gegangen; erst aus dem neunten Jahrhundert, aus der Zeit Mamuns und seiner Nachfolger, ist einiges Übersetzte auf uns gekommen.Die Übersetzer des neunten Jahrhunderts waren meistens Mediziner und nach Ptolomäus und Euklid wurden Hippokrat und Galen mit am ersten übertragen. Beschränken wir uns auf die Philosophie im engeren Sinne. Von Juhanna oder Jachja ibn Bitriq (Anfang des neunten Jahrhunderts) soll eine Übersetzung des platonischen Timäus herrühren, ferner Aristoteles’ Meteorologie, das Buch der Tiere, ein Auszug aus der Psychologie und die Schrift Über die Welt. Dem Abdalmasich ibn Abdallah Naima al-Himsi (um 835) wird zugeschrieben eine Übertragung der aristotelischen Sophistik, dazu des Johannes Philoponus Kommentar zur Physik und die sogenannte Theologie des Aristoteles, ein paraphrastischer Auszug aus Plotin’s Enneaden. Qosta ibn Luqa al-Balabakki (um 835) soll übersetzt haben Alexanders von Aphrodisias und Johannes Philoponus’ Kommentare zur aristotelischen Physik, zum Teil Alexanders Kommentar zu de generatione et corruptione, dazu Pseudo-Plutarchs placita philosophorumu. A.Die fruchtbarsten Übersetzer waren Abu Zaid Honain ibn Ishaq (809?–873), dessen Sohn Ishaq ibn Honain (gest.910 oder 911) und Neffe Hobaisch ibn al-Hasan. Da sie zusammen arbeiteten, gibt es vieles, das bald dem Einen, bald dem Anderen zugeschrieben wird. Manches wird unter ihrer Aufsicht von Schülern und Untergebenen angefertigt sein. Ihre Thätigkeit dehnte sich auf den ganzen Umfang der damaligen Wissenschaft aus. Älteres wurde verbessert, Neues hinzugefügt. Der Vater übersetzte vorzugsweise Medizinisches, der Sohn aber mehr Philosophisches.Im zehnten Jahrhundert dauerte noch die Arbeit der Übersetzer fort. Es zeichneten sich besonders aus Abu Bischr Matta ibn Junus al-Qannai (gest.940), Abu Zakarija Jachja ibn Adi al-Mantiqi (gest.974) und Abu Ali Isa ibn Ishaq ibn Zura (gest.1008). Endlich Abu-l-Chair al-Hasan ibn al-Chammar (geb. 942), ein Schüler des Jachja ibn Adi, von dem, ausser Übersetzungen, Kommentarenu. s. w., auch eine Schrift über die Übereinstimmung zwischen Philosophie und Christentum genannt wird.Die Thätigkeit der Übersetzer seit Honain ibn Ishaq beschränkte sich fast ganz auf die aristotelischen und pseudo-aristotelischen Schriften, deren Auszüge, Paraphrasen und Kommentare.9.Als besonders große Philosophen sind diese Übersetzer nicht anzusehen. Selten arbeiteten sie spontan, fast immer im Dienste eines Chalifen, eines Wezirs, oder eines anderen vornehmen Mannes. Außer ihrem Fachstudium, gewöhnlich der Medizin, interessierte sie höchstens die Weisheit: schöne Geschichten mit moralischer Anwendung, Anekdötchen und Sprüche. Was wir uns im Verkehr, in der Erzählung oder auf der Bühne nur als Eigentümlichkeit gewisser Personen gefallen lassen, wurde von jenen Biedermännern ihres weisen Inhalts oder vielleicht auch nur schönrednerischen Prunkes wegen bewundert und gesammelt. In der Regel blieben sie dem väterlichen Christenglauben treu. Charakteristisch für ihre Auffassung und den Freisinn der Chalifen ist es, was die Überlieferung in Bezug auf Ibn Dschibril berichtet. Als Mansur ihn zum Islam bekehren wollte, soll er gesagt haben: “Im Glauben meiner Väter werde ich sterben, wo sie sind, wünsche ich auch zu sein, sei’s nun im Himmel oder in der Hölle.” Da lächelte der Chalif und entließ ihn reich beschenkt.Von selbständigen Schriften dieser Männer hat sich nur weniges gerettet. Eine kleine Abhandlung des Qosta ibn Luqa über den Unterschied zwischen Seele und Geist (πνεῦμα, ruh), in lateinischer Übersetzung erhalten, ist viel genannt und benutzt worden. Der Geist ist danach ein feiner Körper, der von der linken Herzkammer aus den menschlichen Leib belebt und darin Bewegung und Wahrnehmung bewirkt. Je feiner und klarer dieser Geist, um so vernünftiger denkt und handelt auch der Mensch. Darüber sind sich Alle einig. Schwieriger aber ist es, etwas Sicheres und Allgemeingültiges über die Seele auszusagen. Die Aussprüche der größten Philosophen sind zum Teil verschieden, zum Teil einander widersprechend. Jedenfalls ist die Seele unkörperlich, weil sie Qualitäten, und zwar die entgegengesetzten zugle [...]