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Dieses Vorlesebuch handelt vom Großen Bären, der eines Tages plötzlich im Stadtpark auftauchte und mir von einer Reihe lustiger Erlebnisse aus seinem Leben berichtete. Diese Geschichten erzählte ich meinen Kindern und Enkeln. Meine inzwischen erwachsene Tochter Annika erinnert sich daran sehr lebhaft und hat das Buch illustriert.
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Seitenzahl: 58
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Wie ich den Großen Bären kennenlernte
Wie der Große Bär eine Honigbonbon-Fabrik besuchte
Wie der Große Bär ein Flugzeug bestieg und nach Berlin flog
Wie der Große Bär in Kanada seine Bärenfrau fand
Wie der Große Bär von einer Biene in die Nase gestochen wurde
Wie der Große Bär Soldat werden sollte
Wie der Große Bär mit seiner Tatze einen Wasserstrahl stoppte
Wie der Große Bär einmal blau war
Wie der Große Bär Käpt’n Blaubär besuchte
Wie der Große Bär den kleinen Bären einen Bären aufband
Wie der Große Bär von einer schönen blonden Fee und einer Schildkröte träumte
Wie der Große Bär ein Großvater wurde
Unseren Kindern Gute-Nacht-Geschichten vorzulesen, zählt zu den selbstverständlichen Vater-Pflichten. Besser noch war es, so erinnere ich mich, wenn ich die Geschichten auf der Bettkante selbst erfand. Und so wurde der Große Bär zum Mittelpunkt spontan erfundener Geschichten, mit denen ich meine Kinder in den Schlaf zu erzählen versuchte. Ich war immer wieder verblüfft, dass Kai-Kristian, Annika und Laura die Erlebnisse des Großen Bären immer wieder hören wollten, auch wenn sie sich wiederholten. Sie erinnerten sich aller Details, ungleich präziser als ich. Meine Bären-Geschichten glichen nicht den kurzen Märchen über schöne Prinzessinnen oder zahmen Rehen und blühenden Blumenwiesen, die angeblich die Kinder beruhigen und einschlafen lassen sollen. Meine Geschichten waren länger, aufregender und vor allem lustiger.
Immer wieder haben mich meine inzwischen längst erwachsenen Kinder gebeten, die Geschichten vom großen Bären aufzuschreiben. Die meisten habe ich längst vergessen. Und auch der Appell an das Gedächtnis der Kinder förderte nur Reste der geliebten und gehörten Gute-Nacht-Geschichten zu Tage. Weil nun die ersten Enkelinnen geboren wurden und mich meine Kinder prompt an die Geschichten vom Großen Bären und seinen Abenteuern erinnerten, bin ich ihrem Wunsch nachgekommen und habe den Großen Bären wieder zum Leben erweckt. Etliche dieser Geschichten erfand ich neu. Etliche meiner Vergessenheit angefallenen Details haben meine Kinder beigesteuert. Die meisten der zwölf Kapitel schrieb ich in unserem wunderschönen umbrischen Feriendomizil „Il Querceto“ am Lago Trasimeno.
Was wäre dieses Bärenbuch ohne Bilder! Mein ganz lieber Dank gilt daher meiner Tochter Annika für ihre großartigen Illustrationen. Für Anregungen und ihren ebenso strengen wie erprobten Korrekturen-Blick bin ich meiner Frau Eva-Maria zu großem Dank verpflichtet. Sie hat die Arbeit an diesem Buch mit Geduld begleitet.
Als stolzer Großvater widme ich die Geschichten vom Großen Bären meinen Enkelkindern Frieda-Charlotte und Lotte-Emilia sowie allen, die noch kommen. Mein Sohn und meine Schwiegersöhne sind aufgefordert, die Geschichten vorzulesen und sich neue auszudenken.
An einem schönen Sommertag hatte ich mich in unserem Stadtpark ins Gras gelegt. Um mich herum spielten Kinder mit dem Ball oder liefen umher. Ihre Mütter und Väter hatten Liegestühle oder Wolldecken mitgebracht, andere grillten Fleisch und Würstchen.
Ich lag behaglich auf dem Rücken und blinzelte in die Sonne. Plötzlich bemerkte ich einen großen Schatten, der mir die Sonnenstrahlen nahm. Ich riss meine Augen auf und erschrak: Neben stand mir stand ein gewaltiger Koloss mit schwarz-braunem Fell. Ich zitterte, blieb aber liegen und versuchte mich nicht zu regen.
Vor mir stand ein riesengroßer Bär und guckte mich neugierig an.
Mir blieben vor Schreck die Worte im Halse stecken. Was sollte ich tun? Bloß nicht bewegen, dachte ich. Dann tut er mir nichts.
Plötzlich sagte der Große Bär mit tiefer Stimme: „Hallo, wie geht es Dir?“
Ein sprechender Bär! Sowas gibt es doch gar nicht, dachte ich. Gab es aber doch. Denn der Bär sagte: „Du musst keine Angst vor mir haben, ich tu Dir nichts.“
Mir verschlug es noch immer die Sprache. Dann stammelte ich: „Mir geht’s gut. Aber was machst Du denn hier in unserem Stadtpark?“
„Ich passe auf, dass die Leute nicht einfach ihre Abfälle auf die Wiese werfen“, behauptete er und setzte sich neben mich, „und wenn sie es doch tun, fletsche ich meine Zähne. Dann bekommen sie es mit der Angst zu tun, ha, ha...“
„Wo kommst Du denn eigentlich her?“, wollte ich wissen.
„Aus Kanada“, brummte er vergnügt, „da leben alle meine Verwandten.“
Ich beobachtete den Großen Bären. Sein Fell war dunkelbraun, fast schwarz. Er hatte große Füße mit Haaren auf der Unterseite. An seinen Vorder- und Hinterfüßen ragten jeweils fünf Zehen hervor mit über fünf Zentimeter langen Krallen. Und was für ein Gebiss mit breiten, flachen Backenzähnen hatte er!
Der Große Bär bemerkte meine neugierigen Blicke.
„Meine Krallen kann ich nicht einziehen“, sagte er, „aber wenn Du willst, kann ich Dich trotzdem streicheln.“
Mir lief ein Schauer über den Rücken. Von einer Bärenpranke gestreichelt zu werden? Das musste doch weh tun, dachte ich.
„Die Kinder da“, rief der Große Bär und sprang auf, „haben keine Angst vor mir wie Du!“
Er lief auf seinen Fußsohlen zu einer Gruppe kleiner Jungen und Mädchen. Er stützte sich auf seine vorderen Tatzen mit den scharfen Krallen und forderte die Kinder auf, auf seinen breiten Rücken zu steigen.
Bald saßen fünf oder sechs lachende Kinder auf dem Rücken des Bären und riefen: „Los, Großer Bär, wir wollen reiten!“
Der Große Bär trabte auf allen Vieren los, kreuz und quer über die große Wiese im Stadtpark. Und die Kinder auf seinem Rücken schrien vor Vergnügen.
Sie hatten keine Angst vor dem Bären.
Als sich der Große Bär wieder neben mich ins Gras legte, war er ein bisschen aus der Puste.
„Siehst Du“, hechelte er, „die Kinder hier haben Vertrauen zu mir, weil sie wissen, dass ich ihnen nichts tue und mit ihnen spielen will.“
„Ganz schön anstrengend für Dich“, bemerkte ich.
„Ja, man kommt in die Jahre“, antwortete er, „deshalb freue ich mich schon auf meinen Winterschlaf.“
„Winterschlaf?“, fragte ich.
„Ja, wir Bären ruhen uns bis zu fünf oder sechs Monaten im Jahr aus. Das solltet Ihr Menschen auch mal tun, statt ständig herum zu hetzen.“
„Und wann fresst und trinkt Ihr in dieser Zeit?“
„Gar nicht“, lachte der Große Bär, „wir legen vorher Vorräte an, um nicht zu verhungern.“
„Was fresst Ihr denn?“, wollte ich wissen.
„Wir Bären, mein Lieber, sind Allesfresser. Wir mögen Gräser, Kräuter aller Art, Blüten, Wurzeln, Knollen, Nüsse und Beeren.“
„Kein Fleisch?“, fragte ich verwundert.
„Doch: Insekten, leckere Vögel oder deren Eier, Erdhörnchen, Murmeltiere, Taschenratten und Wühlmäuse.“
„An große Tiere wagt Ihr Euch wohl nicht ran“, rief ich lachend.
„Aber klar“, entrüstete sich der Große Bär, „in Kanada habe ich Elche, Rentiere, Bisons, Gabelböcke und Hirsche gejagt - und natürlich gefressen.“ Ich erschauerte.
„Na ja“, räumte er ein, „die waren schon ein bisschen krank und von Jägern angeschossen.
„Aber Ihr selbst, fresst Ihr Euch auch gegenseitig auf?“, fragte ich.
Der Große Bär schnaufte durch die Nase.
„Nö, das machen wir nicht“, ließ er mich wissen, „wir sind doch keines Kannibalen. Wir mögen lieber Schafe, Ziegen oder junge Rinder.“
„Nur dass Ihr sie nicht bratet, wie wir Menschen“, bemerkte ich.
„Ich schätze gebratenes Fleisch inzwischen sehr“, sagte der Große Bär, „aber soll ich Dir ein Geheimnis verraten?“
„Na, klar!“, antwortete ich neugierig.