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Dieses Buch umfasst mehrere Geschichten einer jungen Freizeit Autorin. Wenn man keine Zeit hat einen ganzen Roman zu lesen, ist diese Geschichtssammlung die Lösung. Diese spannenden Geschichten bieten eine gute Gelegenheit um auch in kurzen Pausen ein wenig zu lesen.
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Seitenzahl: 122
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Engelsstimme
Der Kastanienbaum
Die Klinik
Zurück ins Leben
Mia
Die Antwort
Lisa und ich trafen uns für ein Picknick im Stadtpark. Es war ein wunderschöner Sommertag und die perfekte Gelegenheit nach all den Monaten, in denen wir uns nicht hatten sehen können, endlich wieder etwas zu unternehmen. Der Park war wie vermutet sehr voll mit Leuten, die genauso wie wir das wunderbare Wetter genießen wollten. Lisa breitete die Bettdecke aus und wir ließen uns darauf nieder. Wir aßen und redeten über alles, was in der letzten Zeit passiert war. Es war, als wären wir nie getrennt gewesen. Unser gesamtes Leben verbrachten wir beinahe unzertrennlich miteinander, doch jetzt nach ihrem Umzug hatte sich alles schlagartig geändert. Wir sahen uns nur selten und redeten nicht mehr viel miteinander. Aber jetzt, in diesem Moment, fühlte es sich an, als wäre nichts geschehen. Der Tag verging, aber ich wollte sie noch nicht gehen lassen. Ich schaffte es, sie zu überreden, noch den Sonnenuntergang mit mir anzusehen, danach würde ich sie nach Hause bringen und wir müssten uns wieder verabschieden. Allein bei dem Gedanken daran zog sich mir schmerzlich die Magengrube zusammen. Die Sonne neigte sich langsam, aber stetig dem Horizont entgegen, und ich wusste, bald würde ich mich verabschieden müssen. Wir lagen nebeneinander an einen Baum gelehnt da und betrachteten schweigend die untergehende Sonne. Immer wieder warf ich einen vorsichtigen Blick auf meine langjährige beste Freundin und Vertraute. Sie holte ihren MP3-Player heraus und ließ eine sanfte Melodie spielen. Ich bekam Gänsehaut, doch als sie begann, ein Lied zu dieser unbekannten Melodie zu singen, erstarrte ich, gefangen in diesem unglaublichen Moment. Diese engelsgleiche Stimme, die ich immer reden gehört, aber nie singend vernommen hatte. Es war, als würde ich Lisa zum ersten Mal hören. Ein wohlig warmes Gefühl zog sich durch meinen gesamten Körper. Wie tausend hauchfeine Küsse umspielte der Klang ihrer Stimme meine Ohren in diesem einen perfekten Moment. Alles um uns herum war verschwunden und es gab nur noch sie und diese sanfte Melodie. Sie sang mehrere Lieder, doch das bekam ich gar nicht mit. Der bloße Klang ihrer Stimme fesselte mich dermaßen, dass ich alles andere nicht registrierte. Die Sonne war untergegangen, und sie sah mich fragend an, bevor sie sagte, sie müsse nach Hause, denn es sei schon spät. Ich nickte nur wie in Trance. Sogleich stand ich auf und half ihr, alle Sachen zu packen. Wie versprochen begleitete ich sie bis vor die Wohnungstür. Ich konnte nicht anders, ich musste es wissen. Ich bat sie, noch einmal zu singen, nur für mich. Sie schien etwas irritiert zu sein, tat es aber. Wieder durchzog mich dieses wohlig warme Gefühl und ich konnte es nicht begreifen. Ich kannte sie mein Leben lang, wieso fiel mir erst nach so vielen Jahren diese Schönheit auf? Sie war bildhübsch, groß, durchtrainiert und diese endlos langen Beine … Aber nicht nur das. Von ihr ging eine Aura aus, die in der Lage war, mich in Bruchteilen von Sekunden um den Verstand zu bringen. Mit einem einzigen Blick wickelte sie mich um den kleinen Finger und ich war absolut machtlos. Es gab nicht, das ich ihrem Charme entgegensetzen konnte. Sie war einfach perfekt.
All die Jahre hatte ich verschwendet und all das nicht gesehen. In Gedanken verloren bemerkte ich, wie sie mich in die Arme schloss und mir leise zuflüsterte, dass sie mich vermissen würde und ich sie besuchen kommen solle. Ich verabschiedete mich schweren Herzens und machte mich auf den Weg zu meiner Wohnung. Ich fühlte mich plötzlich traurig und schwer, als würde eine riesige Last auf meinen Schultern ruhen. Ich blieb stehen und drehte mich um. Mir wurde bewusst, was ich all die Jahre nicht gesehen hatte. Ich liebte Lisa. Doch würde sie meine Gefühle erwidern? Würde ich damit alles zerstören, was wir hatten? Ich wusste nicht, was ich tun sollte und rang mit dem Drang, zu ihr zu gehen, doch ich hatte Angst.
Die Angst überwog letztendlich doch, und ich setzte meinen Weg nach Hause fort. Meine abendliche Routine fiel mich schwer, da all meine Gedanken bei Lisa waren. Halbherzig putzte ich die Zähne und machte mich bettfertig. Stundenlang wälzte ich mich von Seite zu Seite und versuchte zu schlafen. Es gelang mir nicht, die gesamte Nacht lag ich wach und dachte über Lisa nach. Alles hatte sich zum Schlechten gewandelt, seit sie weggezogen war. Mir wurde schlagartig bewusst, dass sie mir nie einen Grund genannt hatte, weshalb sie gegangen war und den Kontakt mit mir beinahe verloren gegangen war. „Wollte sie mich etwa nicht mehr in ihrem Leben? War sie die Freundschaft etwa satt?“ Diese und etliche weitere grausame Gedanken kreisten in meinem Kopf umher. Ich war ratlos und brauchte jemanden zum Reden. Aber mit wem konnte ich sprechen? Sie war meine beste Freundin und die einzige wirklich Vertraute. Ich weinte lange und bei jedem neuen schlechten Gedanken wurde mein Herz schwerer und die Tränen größer. Ich war verloren. Die wichtigste Person in meinem Leben wollte mich anscheinend nicht mehr und ich konnte sie verstehen. Wir verbrachten jede freie Minute miteinander, doch trotzdem waren wir wie Tag und Nacht, so unterschiedlich, und doch kann das eine nicht ohne das andere existieren. Mit müden Augen schaute ich auf mein Handydisplay und zu meiner Überraschung sah ich zwei verpasste Anrufe von Lisa. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in mir aus, als ich mich aufsetzte und die Nummer wählte. Nach einem Klingeln nahm sie ab, denn sie hatte mich erwartet. Voller Sorge fragte ich, was denn los sei. Eine schier endlos lange Stille legte sich über uns beide, bis sie antwortete: „Nichts, ich wollte dich nur nochmal hören. Der Abschied fällt mir schwer und ich werde dich extrem vermissen.“ Mein Herz schlug schlagartig höher. Ich entgegnete ihr mit einer traurigen Stimme: „Du wirst mir auch fehlen, Lisa! Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ich liebe dich doch über alles!“ Es dauerte eine Sekunde, bis ich realisierte, was ich gerade zugegeben hatte. Wieder war es still, und als ich auf meinem Display sah, bemerkte ich, dass der Anruf beendet worden war. „Ich habe alles versaut, ich habe gesagt, ich liebe sie, und sie hat aufgelegt“, waren meine einzigen Gedanken. Wieder begann ich zu weinen und verbrachte damit auch die restliche Nacht.
Den folgenden Tag verbrachte ich in meinem Bett, mein Herz war zu schwer und meine Gedanken zu zerstreut. Ich war heilfroh, heute Urlaub zu haben, was jedoch das einzig Gute an diesem qualvoll langen Tag war. Meine gesamte Urlaubswoche verbrachte ich in meiner Wohnung, ohne auch nur mit einem Menschen zu sprechen. Lisa hatte sich nicht gemeldet und ich kannte den Grund ganz genau. Es zerbrach mein Herz, denn sie war alles, was ich noch hatte, und ich hatte sie vertrieben. Einige Wochen vergingen, in denen ich mir nichts nach außen anmerken ließ, jedoch innerlich immer lauter schrie. Tausend Vorwürfe kreuzten täglich mein Gedanken: „Ich habe alles kaputt gemacht. All die Jahre verloren wegen mir.“ Die Arbeit lenkte mich so gut wie nur möglich von alldem ab, doch jeden Abend brach ich weinend zusammen. Es war extrem schwer, immer gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Nach den ersten vier Wochen zurück im Alltag fühlte ich mich innerlich tot, trotzdem hatte ich den Kampf nicht aufgegeben. So vergingen weitere lange Wochen, in denen es genauso lief wie in der ersten. In der gesamten Zeit lag mein Handy zuhause in einem Schrank, ausgeschaltet und leer, genau wie ich. Es waren über zwei Monate, in denen ich mein Handy nicht anfasste, doch ich konnte mich nicht ewig verkriechen, dachte ich, also hängte ich es an die Steckdose und startete es. Als es hochgefahren war, war ich überrascht. Viele Nachrichten waren mir von den verschiedensten Personen geschickt worden. Alles wollten wissen, was in letzter Zeit mit mir los sei. „Du hast dich um 180 Grad gewandelt, ich erkenn dich gar nicht mehr wieder! Ist etwas passiert? Brauchst du Hilfe? Melde dich bei mir, ich mach mir wirklich Sorgen, Großer!“, schrieb meine Cousine Patty mir. Nachdem ich mich durch die Nachrichten gearbeitet hatte, war ich den Tränen nahe, denn von Lisa war nichts gekommen. Sie war wie vom Erdboden verschluckt. „Ich verrotte hier und sie schert sich nicht darum!“, schoss es mir durch den Kopf. „War ich ihr etwa schon immer so egal?“ Die Gedanken überschlugen sich, und ich ließ mich kraftlos auf mein Sofa fallen, als Tränen begannen, meine Wange hinunterzukullern. Zusammengekauert lag ich da und schaffte es kaum, einen klaren Gedanken zu fassen. Plötzlich sprang ich auf. „So kann das nicht weitergehen! Selbstmitleid bringt mich auch nicht weiter!“, brüllte ich meine Wand an. Mir kam die perfekte Idee – Cousine Patty würde mir bestimmt helfen. Eilig wählte ich ihre Nummer und konnte mir ein Lachen kaum verkneifen bei ihrer Begrüßung. „Na, du untreue Tomate! Freut mich, dass du wieder unter den Lebenden wandelst!“, prustete Patty ins Telefon. Lachend antwortete ich ihr: „Sorry, ich hatte viel Arbeit und allgemein einiges im Kopf. Du sag mal, besteht die Chance, dass wir heute Abend zusammen feiern gehen? Ich muss endlich den Kopf frei bekommen.“ Kaum hatte sich mein Mund geschlossen, lachte sie. „Na klar doch, Großer! Ich hatte mich schon gefragt, wann du endlich bereit bist, über Lisa zu sprechen.“ Geschockt stotterte ich „Wie … Aber woher weißt du … Ähm, ich meine, wie kommst darauf, dass es etwas mit Lisa zu tun hat?“ Meine Cousine seufzte theatralisch. „Ich bin nicht blöd“, sagte sie, „seit du dich mit Lisa getroffen hast, hast du dich von jedem zurückgezogen. Davor konntest du mir gar nicht genug erzählen, wie sehr du deine heiß geliebte beste Freundin vermisst. Aber jetzt im Ernst, das sieht ein Blinder mit Krückstock, dass da etwas im Busch ist!“ Ich war sprachlos, war ich etwa so durchschaubar? „Also, wo und wann wollen wir uns treffen? Worauf hast du Lust?“, ergriff ich die Initiative. Patty erwiderte freudig: „Zieh dich an, aber etwas Hübsches! In einer Stunde bin ich bei dir, dann gehen wir ins Casino!“ Kaum hatte sie den Satz beendet, klickte es auch schon in der Leitung und sie war weg. „Was für eine verrückte Nudel“, dachte ich lächelnd. „Ich wusste, auf sie ist Verlass.“
Ich suchte mir etwas Ausgehtaugliches zum Anziehen aus dem Kleiderschrank und ging in Richtung Bad, um mir noch eine heiße Dusche zu gönnen. Ich ließ meinen Gedanken zum ersten Mal in so langer Zeit freien Lauf.
Unvermeidlich stoppten meine Gedanken bei Lisa, doch diesmal ließ ich es einfach zu und träumte vor mich hin. Die Erinnerung an diese unglaublich warme Stimme beschwor immer noch ein wohlig warmes Gefühl in meinem Bauch. Es war dasselbe Gefühl wie an jenem wunderschönen und doch so verheerenden Abend. War es wirklich Liebe oder einfach Lust auf das Unerreichbare? Ich konnte mir diese Frage selbst nicht beantworten, ich würde es wohl auch nie wissen. Ich war mir nicht sicher, was für Gefühle es waren, aber das spielte in diesem Moment keine Rolle, denn es fühlte sich wunderbar an. Die Türklingel ertönte und ich fiel beinahe aus allen Wolken, so sehr erschrak ich. Vor lauter Träumen hatte ich die Zeit aus den Augen verloren. Ganz beschämt schlüpfte ich aus der Dusche in meinen Bademantel und ließ Patty herein. Sie sah mich einen Moment lang säuerlich an, schloss mich jedoch einige Sekunden später fest in ihre Arme und befahl mir, mich zu beeilen.
Schnell ging ich zurück ins Bad, um mich anzuziehen und meine Haare und mein Makeup zu machen. Als ich wieder in mein Wohnzimmer kam, saß Patty ausgelassen auf der Couch und blätterte ungeduldig in einer Zeitschrift. Als sie mich sah, sprang sie auf und pfiff beeindruckt, was dafür sorgte, dass ich sofort rot im wurde. Sie nahm mich an der Hand und zerrte mich aus der Wohnung. Der Abend war schön, der Himmel war klar, sodass man selbst die kleinsten Sterne sehen konnte. Unweigerlich dachte ich an den Abend mit Lisa im Park, doch Patty riss mich sofort wieder aus den Gedanken, indem sie sagte: „Heute wollen wir Spaß haben, also zieh nicht so ein Gesicht!“ Bei ihrem Befehlston musste ich lachen und erwiderte kurz: „Ja, Frau Feldwebel“, worauf wir beide in starkes Gelächter ausbrachen. Beim Club angekommen wurden wir vom Türsteher sofort durchgelassen, sodass wir sofort anfangen konnten zu feiern. Wir tranken, lachten, tanzten und flirteten, bis die Nacht zu Ende war und wieder die Sonne aufging. So gut hatte ich mich lange nicht gefühlt und ich war unendlich dankbar, dass Patty mich hierzu gebracht hatte. Ich war betrunken und fühlte mich unbesiegbar. Eine neue Türsteherin kam auf uns zu, um uns rauszubringen, da sie schließen wollten. Aber ich wollte noch nicht gehen. Endlich fühlte ich mich wieder frei und das wollte ich mir nicht nehmen lassen. Sofort ging ich in die Offensive und flirtete mit der Türsteherin, um uns noch etwas Zeit zu verschaffen, bevor wir gehen mussten. Patty lachte und lallte: „So schnell ist Lisa vergessen, wie ich es dir gesagt habe!“ Dieser Satz traf mich wie ein Schlag ins Gesicht und die hübsche Türsteherin war rot vor Wut. Sie packte uns jeweils an den Armen und zerrte uns zur Tür, um uns endlich rausschmeißen und Feierabend machen zu können. Wortlos und ohne Protest folgte ich ihr, selbst Patty tat es mir gleich. Bevor sich die Tür schloss, murmelte ich eine kurze Entschuldigung, ohne der Frau in die Augen zu schauen. Durch diese unüberlegten Worte hatte ich diese hübsche groß gewachsene Blondine verletzt, und ich hasste mich in diesem Moment dafür. Ich hatte in Kauf genommen, jemanden zu verletzen, nur um noch etwas Spaß zu haben. „Was ist los mit dir?“, unterbrach Pattys Stimme meine Gedanken. Es machte mich wütend, dass sie nicht einmal bemerkt hatte, wie sehr mich all das mit der Türsteherin, aber auch das mit Lisa mitnahm. „Du verstehst es einfach nicht!“, keifte ich Patty an. „Du willst es einfach nicht verstehen, wie sehr ich an Lisa hänge, oder? Musstest du unbedingt das Thema heute wieder hochholen? Der Abend war dazu gedacht, um mich für wenigstens ein paar Stunden von Lisa abzulenken! Wieso musstest du mir das gute Gefühl jetzt kaputt machen, hab ich es nicht auch verdient, mal einen Abend glücklich zu sein?“ Ich bemerkte, wie ich mich selbst immer mehr in Rage redete, deshalb stürmte ich einfach ohne ein weiteres Wort an meiner Cousine vorbei und lief in Richtung meiner Wohnung. Die kühle Morgenluft beruhigte mich zunehmend und ich ließ mich von Beinen komplett gedankenverloren durch die noch ruhige