Gespenster-Krimi 143 - Thomas Williams - E-Book

Gespenster-Krimi 143 E-Book

Thomas Williams

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Beschreibung

Um nach seiner Tournee nicht auszubrennen, will sich DJ Marius erst mal eine Auszeit gönnen. Seine Villa im beschaulichen Münster ist genau der richtige Ort, um auszuspannen.
Einen Wunsch erfüllt er sich, als er ein altes Kostüm aus einer Comicverfilmung der Neunziger ersteigert. Angeblich liegt auf dem letzten Teil der Filme ein Fluch, da es während der Produktion viele Unglücksfälle gab. Einer der Darsteller der Comichelden starb sogar in dem Kostüm, das jetzt in Marius‘ Besitz ist.
Als seine Schwester ihn besuchen kommt, präsentiert Marius ihr voller Stolz seinen Kauf. Katharina jedoch spürt sofort ein tiefes Unbehagen. Es ist, als ob das Böse in diesem Anzug steckt ...


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Inhalt

Cover

Das Kostüm

Vorschau

Impressum

Das Kostüm

Von Thomas Williams

Um nach seiner Tournee nicht auszubrennen, will sich DJ Marius erst mal eine mehrmonatige Auszeit gönnen. Seine Villa im beschaulichen Münster ist genau der richtige Ort, um auszuspannen.

Einen Kindheitswunsch erfüllt er sich, als er in den USA ein Filmkostüm der »Viking Frogs« ersteigert. Dass auf dem Blockbuster der Neunziger angeblich ein Fluch lag, da es während der Produktion außergewöhnlich viele Unglücksfälle gab, stört ihn nicht. Genauso wenig wie die Tatsache, dass der Schauspieler in dem Kostüm, das jetzt in Marius' Besitz ist, erstickte.

Als seine Schwester ihn besuchen kommt, präsentiert Marius ihr voller Stolz das Kostüm. Katharina jedoch spürt sofort ein tiefes Unbehagen. Es ist, als ob das Böse in diesem Anzug steckt ...

Als kleines Kind hatte Steven unter schrecklichen Albträumen gelitten. Solche, in denen Monster unter seinem Bett oder aus dem Schrank hervorkrochen, um ihn zu fressen. In diesen Träumen hörten ihn seine Eltern niemals schreien, sodass es den Monstern jedes Mal gelang, ihn zu packen. Dann endeten die Träume, an die er in den letzten vierzig Jahren kaum noch gedacht hatte. Sie waren zu einer blassen Erinnerung geworden, doch was er nun sah, drohte all die verdrängten, kindlichen Ängste neu aufleben zu lassen.

Statt wie sein Kollege John den vor ihm liegenden Raum zu betreten, blieb er in der Tür stehen und fragte mit halberstickter Stimme: »Was ist das?«

John zeigte keine Reaktion auf seine Frage oder das grässliche Ungetüm, das ihnen entgegenblickte. Als hätte er gar keine Augen dafür. Vielleicht stimmte das sogar, obwohl es schwerfallen musste, dieses Ding zu übersehen.

Es stand mitten im Zimmer und starrte die Männer in ihren blauen Overalls aus leeren Augenhöhlen an. Der breite Mund mit den krummen Reißzähnen stand einen Spalt weit offen. Die Mundwinkel hingen herab, sodass es irgendwie traurig wirkte. Aus seinem Kopf wuchsen zwei spitze Hörner, und überall am graugrünen Körper platzte die Haut ab.

»John!«, rief Steven.

John drehte sich zu ihm um. Und als Steven nicht weitersprach, fragte er: »Was is'n?«

Ohne eine Antwort zu geben, zeigte Steven auf das Monster.

John, der endlich von seinem Klemmbrett aufsah, blickte die Kreatur an. Sie überragte ihn um einen halben Kopf, stand nur zwei Schritte entfernt und hätte ihn mit ihren großen Flossenhänden packen können. Doch anstatt anzugreifen, blieb sie an ihrem Platz.

Schulterzuckend wandte John sich Steven zu. »Hässlich, oder?«

Als wäre die Sache damit erledigt, richtete John seinen Blick wieder auf das Klemmbrett in seiner Hand, schrieb etwas in das Formular und erklärte dann: »Okay, wir müssen das Ding einpacken und nach ... Deutschland schicken. Münster heißt die Stadt. Kaum zu glauben, dass einer dieses hässliche Zeugs gekauft hat. Manche Menschen haben eben einfach zu viel Geld. Freaks sind das.«

»Wir sollen das einpacken?«, krächzte Steven, der nichts lieber getan hätte, als die Tür hinter sich zuzuschlagen und wegzurennen. Dann kam ihm eine noch bessere Idee, die er auch aussprach: »Wir sollten es verbrennen!«

John lachte auf. »Was ist denn los mit dir? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.« In einem ernsteren Tonfall hakte er nach: »Geht's dir gut?«

Steven schüttelte den Kopf und antwortete: »Ich frage noch einmal. Was ist das?«

Erneut sah John auf das Klemmbrett. »Yllnir Frogson oder so. Keine Ahnung, wie man das richtig ausspricht.«

»Und was, zur Hölle, soll das sein?« Steven hätte fast geschrien. Noch immer stand er mitten im Türrahmen. Unfähig einzutreten, geschweige denn, sich diesem Ding zu nähern.

Lange Kralle ragten aus den Fingern, zwischen denen Schwimmhäuten wuchsen. Etwas wie Fell bedeckte den Genitalbereich, doch zwischen kleinen Lücken lugte auch dort etwas graugrüne Haut hindurch.

Verwirrt von Stevens Ausbruch, fragte John: »Alter, was ist denn los mit dir? Du drehst ja völlig durch.«

»Na, sieh dir das Ding doch mal an.«

»Du verarschst mich, oder? Du hast Angst davor? Wir haben schon sehr viel Schlimmeres verpackt.« John breitete die Arme aus, wie um auf all die Kisten und in Regalen aufgebahrten Filmrequisiten hinzuweisen, die es hier zu bestaunen gab. »Ich wiederhole mich wirklich ungern, aber nun gut. Wir sind ein Auktionshaus für Filmrequisiten. Wir verhökern diesen Mist an verrückte Filmfans. Leute mit zu viel Geld.«

»Aber das da ...«

»Ist auch nur ein Kostüm, in das sich irgendwann mal eine arme Sau reinquetschen musste, um seine Miete zu bezahlen.« John zeigte auf das Formular. »Hier steht, dass der Film Viking Frogs 2 – Dschings Rache hieß. Klingt, als wäre es ein Kinderfilm. Ich meine, Wikingerfrösche? Hahaha!« Er holte sein Handy aus der Tasche. »Wir können uns ja mal den Trailer ansehen.«

Er ging auf Steven zu, der jetzt erst merkte, dass er sich am Türrahmen festhielt.

Steven war inzwischen über fünfzig, und John ging gerade einmal auf die dreißig zu. Während sie auf dem Handydisplay die Vorschau für einen Film aus den Neunzigern anschauten, in denen Wikingerfrösche im damaligen New York gegen einen Zauberer und Monster kämpften, erinnerten sie sich an ihre Jugend.

Den kleinen Bildschirm betrachtend, nickte Steven.

»Ja, verdammt. Die kenne ich doch. Davon hatte ich sogar mal ein paar Spielzeuge. Mann, das hatte ich völlig vergessen.«

Und John fügte hinzu: »Ach, die sind das. Meine Freunde haben früher eine Neuauflage davon geguckt, ich konnte mit diesen Sachen nie viel anfangen. Ich habe mit meinem alten Herrn lieber Baseballspiele verfolgt. Zuerst, weil er mir erlaubt hat, dabei Bier zu trinken und ich vor meinen Freunden damit angeben konnte, aber irgendwann hat es mir gefallen. Guckst du eigentlich Baseball?«

»Gelegentlich. Ich stehe mehr auf Basketball.« Steven hätte noch etwas hinzugefügt, aber in dem Moment sah er, wie das Kostüm des Wikingerfroschs hinter John einen Arm fallen ließ. Gerade noch hatte er ihn angehoben gehabt, als wollte er winken, da sackte er leblos nach unten.

»Scheiße!«, fluchte Steven, weiter in den Flur zurücktretend.

Schnell sah John über die Schulter, doch es war schon zu spät. Das Kostüm stand da wie zuvor.

Irritiert wandte John sich wieder Steven zu.

»Es hat sich bewegt!«, stieß der ängstlich hervor.

»Ach, jetzt komm schon.«

»Nein, wirklich. Es hat ...«

»Hör endlich auf mit dem Blödsinn! Wir haben noch mehr zu tun, und wenn wir wieder trödeln, kriegen wir garantiert einen Anschiss.«

»Ich fasse das Ding nicht an. Niemals!«

»Wie bitte?«

»Ich fasse das da nicht an!« Jetzt schrie Steven tatsächlich. Er wusste selbst, wie lächerlich er wirken musste. Ein erwachsener Mann, der sich vor einem Kostüm fürchtete, das früher einmal Kinder unterhalten hatte. Allerdings in einem sehr viel besseren Zustand. Damals hatte es noch Lippen gehabt, sodass die Zähne nur kurz zum Vorschein kamen, wenn es sprach. Und die Fingernägel wirkten nur deswegen so lang, weil die Haut drum herum sich auflöste. Die Hörner gehörten zu einem Helm, der jedoch fest mit dem Kopf verbunden war. Der Großteil dieser Kopfbedeckung hatte sich aufgelöst, dass es aussah, als wuchsen die beiden Hörner aus der Schädeldecke.

Und die zwei weißen Augen existierten auch nicht mehr. Den Schauspielern hatten diese ohnehin nie etwas genutzt. Während sie in den Kostümen steckten, mussten sie durch die Mäuler der Froschmenschen blicken.

Steven schluckte. »Es tut mir leid, John, aber du musst das alleine machen.«

»Was?« John klang nicht nur wütend, er war es auch. Mit dem Klemmbrett zeigte er auf seinen Kollegen. »Spinnst du jetzt völlig? Das ist doch nur ein Anzug. Wir haben bereits Sachen aus Horrorfilmen verpackt. Aber das hier macht dir Angst?«

»Ich kann es nicht erklären. Dieses Ding hat etwas ...« Steven ließ den Froschmann mit Hörnern nicht aus den Augen. Und deswegen wusste er auch, dass dieser sich wieder bewegte. Nur ganz leicht. Ein Ruck, der durch den Körper ging, als wollte er auf die Menschen zutreten, doch da war ein Metallgestell, das ihn fest- und aufrechthielt. Es lag um seine Hüfte und seinen Brustkorb, um ihn in einer aufrechten Position zu halten.

»Alter, jetzt komm schon.« John streckte eine Hand nach Steven aus, aber der schlug sie weg.

»Lass das! Ich habe dir gesagt, dass ich das nicht kann.«

»Du bist ja völlig irre.«

»John, hör mir zu. Dieses Ding hat sich gerade bewegt. Ich weiß, das klingt verrückt, aber es stimmt. Vorhin hat es seinen Arm gehoben, und dann wollte es zu uns kommen.«

Jetzt erst sah John wieder das Kostüm an.

»Okay, soll es herkommen. Vielleicht lässt es sich dann leichter verpacken. Oder noch besser, wir spendieren ihm den Flug nach Deutschland. In der ersten Klasse versteht sich, denn schließlich ist es ein Filmstar.«

»John, ich bitte dich. Lass uns abhauen.«

Der junge, blonde Mann zögerte, als ließe er sich die Idee durch den Kopf gehen. Plötzlich hielt er wieder sein Handy in der Hand und murmelte: »Dann rufe ich eben Mister Shuster an, dass er mir jemand anderen schicken soll. Alleine kann ich die Kiste nicht tragen, in die es hinein soll.«

»John!«

»Keine Sorge, es einzupacken, kriege ich alleine hin. Mir geht es nur um die Kiste. Du kannst Feierabend machen. Wahrscheinlich für immer.«

»John!«

John wandte sich ab, sprach bereits in das Telefon. »Hallo, Mister Shuster. Hier ist John Lennox. Tut mir leid, dass ich störe, aber wäre es möglich, mir jemanden zu schicken, der mir mit dem Kostüm hilft?«

Steven blieb nicht lange genug, um zu hören, was sein Kollege über ihn sagte. Er lief davon. Ganz gleich, wie lächerlich es wirken mochte und was für Konsequenzen es haben sollte, er wollte keinen Schritt näher an dieses Ungetüm herantreten. Er fürchtete nicht um seinen Job. Mit Mr. Shuster ließ sich bestimmt reden. Obwohl es in diesem Fall ein ganz besonders eigenartiges Gespräch werden sollte.

Draußen atmete er tief die frische Luft ein. Auf der Straße fuhren Autos entlang, Passanten gingen achtlos am Gebäude des Auktionshauses vorbei. Oft fragte Steven sich, wie sie reagiert hätten, wenn sie wüssten, was für Schätze sich hinter den Mauern verbargen. Für die einen war es Schrott, für die anderen ein Vermögen wert.

Die Köpfe bekannter Filmmonster und -roboter. Modellbauten von Landschaften aus Science Fiction Filmen. Gewöhnliche Anzüge, die ein berühmter Geheimagent mal getragen hatte.

Nichts davon hatte Steven je in Angst versetzt. Bis zu diesem ... Kostüm.

Mit zitternden Händen zündete er sich eine Zigarette an und kam zu folgendem Entschluss: Er benahm sich wie ein Idiot.

Ja, als Kind hatte er unter schrecklichen Albträumen gelitten, aber mehr waren diese auch nicht gewesen. Sie konnten ihm nichts tun, das wusste er schon lange. Der Anblick des Kostüms mochte alte, längst vergrabene Ängste geweckt haben, doch wie John schon sagte, sie waren Schlimmeres gewohnt.

Künstliche, abgetrennte Gliedmaßen aus Filmen, zum Beispiel. Was war dagegen schon ein Frosch mit Hörnern?

Das würde Ärger geben. Mr. Shuster war ein guter Kerl, aber wenn jemand dafür sorgte, dass sich eine Lieferung verzögerte oder Arbeit liegen blieb, konnte er ein anderer Mensch werden. Steven hatte es einmal erlebt und wollte es kein zweites Mal tun.

Zu Hause warteten zwar weder Frau noch Kinder auf ihn, aber eine Wohnung, für die er Miete zahlte, sowie einiges anderes, was ihn monatlich Geld kostete. Er konnte nicht hier stehen bleiben und an Albträume denken, die er als Kind gehabt hatte. Er war ein erwachsener Mann.

John musste ihn für einen kompletten Idioten halten. Aber dieses Ding hatte sich bewegt. Ganz bestimmt. Zuerst der Arm, dann der ganze Körper. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, doch Steven wusste es.

Er nahm noch einen Zug. Seine Hand zitterte merklich weniger. Er mochte den Geschmack von Zigaretten nicht einmal, redete sich jedoch ein, dass ihn das Nikotin beruhigte. Während es das tat, überdachte er das Gesehene.

John war ein Scherzkeks. Ein wirklich netter und aufgeschlossener Kerl, mit dem Steven gerne zusammenarbeitete, aber wie oft hatte er ihm schon Streiche gespielt? Er kannte keine Hemmungen, die teuren Requisiten zu benutzen, um Steven einen Schrecken einzujagen. Das Messer einer berühmten Horrorfilmikone, Masken und jetzt war es eben ein Kostüm gewesen.

Da hatte jemand dringesteckt, verdammt. Irgendein weiterer Kollege bestimmt. Und jetzt lachten die beiden sich über Steven kaputt, der wie ein kleines Kind davongerannt war.

»Arschgeigen!«, fluchte Steven, zertrat die Zigarette unter seinem Schuh und drehte sich auf der Stelle um.

Ein langer Flur führte durch das Gebäude zu dem Requisitenraum, in welchem unter anderem Yllnir Frogson bereitstand.

Unterwegs ballte Steven die Hände zu Fäusten. Er hatte nicht vor, die beiden Idioten zu schlagen, aber er war so wütend, dass er es zu gerne doch getan hätte.

Fast an der Tür angekommen, rief er: »John, du mieser, kleiner ...«

Erneut blieb Steven im Türrahmen stehen, doch diesmal lag es nicht am Anblick des Kostüms. Das stand in seinem Gestell, als hätte es sich keinen Millimeter bewegt. Zu seinen Füßen lag Johns linker Schuh. Vom Rest seines Kollegen fehlte jede Spur.

»Oh, sehr witzig. Komm raus, du Arsch.« Steven lachte, obwohl er es gar nicht wollte. Er sah sich um, konnte jedoch niemanden entdecken. Weder John noch einen möglichen Komplizen.

Steven mochte kein fotografisches Gedächtnis besitzen, trotzdem wusste er, dass sich etwas verändert hatte. Dass das Kostüm etwas mehr nach links gerichtet stand und ihn nur noch aus dem Augenwinkel erfassen konnte. Außerdem bewegte sich etwas in ihm. Die Mischung aus Schaumstoff, Latex und Leder dehnte sich an mehreren Stellen ein wenig aus, bevor sie wieder zusammensackte.

Es passierte noch einmal, diesmal drückte von innen etwas so stark gegen den Brustkorb, dass Steven glaubte, er könnte jeden Moment reißen. Etwas wie eine Hand mit gespreizten Fingern zeichnete sich unter der graugrünen Haut ab, dahinter ein Arm.

Verdammt ... Steven wünschte sich, niemals zurückgekommen zu sein, als er glaubte, einen gedämpften Schrei hören zu können.

Sein Herz raste. Unter seinen Achseln bildete sich Schweiß. Gleichzeitig nahm der Brustkorb wieder seine normale Form an. So, als würde der Arm sich auflösen.