Gespenster-Krimi 18 - Jason Dark - E-Book

Gespenster-Krimi 18 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Bei Vollmond holt dich der Vampir

In dem großen Zimmer herrschte eine unheimliche Stille. Zwei Kerzen warfen ihr flackerndes Licht über die sechs Menschen, die kaum zu atmen wagten. Sie saßen um einen runden Tisch, ihre Hände lagen auf der blanken Holzplatte. Ein Stuhl war frei. Dort würde der Meister sitzen. Der Meister und gleichzeitig das Oberhaupt der Familie.
Draußen tobte der Sturm. Schwere Wolken trieben über den Himmel, Regenschleier legten sich über das Land, und Blitze durchdrangen immer wieder die Nacht, dicht gefolgt von krachendem Donner. Für Sekundenbruchteile waren das Haus und der daneben liegende Friedhof deutlich zu sehen, bis die Dunkelheit alles wieder verschluckte.
Und dann öffnete sich knarrend die große Zimmertür ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Bei Vollmond holt dich der Vampir

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati/BLITZ-Verlag

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8186-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Bei Vollmond holt dich der Vampir

von Jason Dark

In dem großen Zimmer herrschte eine unheimliche Stille. Zwei Kerzen warfen ihr flackerndes Licht über die sechs Menschen, die kaum zu atmen wagten. Sie saßen um einen runden Tisch, ihre Hände lagen auf der blanken Holzplatte. Ein Stuhl war frei. Dort würde der Meister sitzen. Der Meister und gleichzeitig das Oberhaupt der Familie.

Draußen tobte der Sturm. Schwere Wolken trieben über den Himmel, Regenschleier legten sich über das Land, und Blitze durchdrangen immer wieder die Nacht, dicht gefolgt von krachendem Donner. Für Sekundenbruchteile waren das Haus und der daneben liegende Friedhof deutlich zu sehen, bis die Dunkelheit alles wieder verschluckte.

Und dann öffnete sich knarrend die große Zimmertür …

Der Meister kam!

Seine große Gestalt stand wie ein Denkmal im Türrahmen.

Der Meister murmelte ein paar Worte, die niemand verstand. Dann setzte er sich in Bewegung – mit langsamen Schritten und hoch aufgerichtet.

Die Menschen in dem Zimmer hielten den Atem an. Gebannt hingen ihre Augen an der Gestalt des Meisters.

Der Meister setzte sich. Er stellte ein Kästchen auf den Tisch. Seine langen knochigen Finger hoben den Deckel an.

Der Kerzenschein reichte gerade noch aus, dass jede der anwesenden Personen erkennen konnte, was geschah. Die Augen des Meisters glitzerten seltsam, als er in das Kästchen griff. Mit spitzen Fingern zog er einen Gegenstand hervor.

Es war ein Totenkopf!

Ein Aufstöhnen ging durch die sechs Menschen, als sie den bleichen Schädel sahen.

Der Schädel war naturgetreu nachgeahmt. Nur in den Augenhöhlen leuchteten zwei Rubine wie kaltes Feuer.

»Ihr wisst, was das zu bedeuten hat?« Der Meister sprach diese Worte. Seine Stimme klang dunkel und zwingend.

»Der Tod wird uns besuchen!«, flüsterte die Stimme einer Frau.

»Ja, der Tod«, erwiderte der Meister düster.

Er lehnte sich in seinem großen Stuhl zurück. Dieser Stuhl mit der hohen Lehne war immer für ihn reserviert. Niemand durfte dort Platz nehmen. »Wir wollen die Toten rufen«, flüsterte er. »Sie sollen in unsere Mitte kommen, mit uns reden und uns aus dem Jenseits berichten.«

»Hol Ken, meinen ehemaligen Verlobten. Bitte, Meister. Versuche ihn zu holen. Bitte.« Eine gequälte Frauenstimme stieß diese Worte hervor.

»Ich werde es versuchen, Ellen«, erwiderte der Meister mit ruhiger Stimme. »Fasst euch an den Händen. Konzentriert eure Gedanken auf das Jenseits. Macht eure Seelen frei.«

Dann verstummte er. Seine dunklen Augen tasteten über die Anwesenden, über seine eigene Familie.

Dort saß Martha, seine Frau. Daneben Paul und George, seine beiden Söhne. Und dann kamen Ellen und Gloria, die Töchter. Neben Gloria saß noch Bill Sturgess, ihr Verlobter. Bisher wusste der Meister noch nicht, was genau er von ihm zu halten hatte.

Der Meister atmete schwer. Seine knochigen Hände krallten sich um den Totenkopf. Sein hagerer Körper wurde steif, als er mit leiser, monotoner Stimme in einer unverständlichen Sprache murmelte. Seine Lippen bewegten sich wie in Trance, seine Hände zuckten, die Rubine in den Augenhöhlen des Totenkopfs schienen noch mehr zu glühen …

Die anwesenden Personen starrten wie hypnotisiert auf den bleichen Schädel. Eine greifbare Spannung lag über dem Zimmer.

»Komm zurück! Komm aus deinem Reich!« Die Stimme des Meisters überschlug sich plötzlich, brach abrupt ab, und nur noch das schwere Atmen der Menschen war zu hören.

Da! Eine Stimme! Klagend, wie von Schmerzen gepeinigt. Sie kam aus dem Nichts. Aus der Unendlichkeit. »Ich komme.«

»Es ist Ken! Ich höre ihn genau. Er ist es. Mein Gott, er ist es!«, stieß Ellen hervor.

Die Stimme wurde deutlicher, schien den ganzen Raum auszufüllen. Die Luft flimmerte. Etwas Unheimliches, Schreckliches, schien auf die Menschen zuzukommen.

Ein Toter wollte zurückkehren!

Das merkwürdige Flimmern verdichtete sich, nahm Gestalt an, materialisierte sich …

»Ken! Ken!«, rief Ellen aufschluchzend.

Die Konturen eines Menschen schienen über dem Tisch zu schweben.

Da! Wieder diese klagende Stimme. »Ich kann noch nicht kommen. Jemand ist unter euch. Ein Fremder. Ein Feind.«

»Nein! Nein!«, schrie Ellen. »Bleib! Bleib! Bitte, bleib hier.«

Sie sprang auf, streckte ihre Hände vor, wollte die Konturen der Gestalt fassen … Ein Stromstoß schien plötzlich durch ihren Körper zu jagen. Mit einem Aufschrei brach Ellen zusammen und blieb mit dem Oberkörper auf dem Tisch liegen.

Die Konturen des Toten schwebten vorbei, lösten sich auf, so, als wären sie nie da gewesen.

Draußen tobte noch immer das Gewitter. Ein gewaltiger Donnerschlag riss die Menschen aus ihrer Erstarrung.

Der Meister war in seinem Stuhl zusammengesunken. Schwer atmend stützte er sich hoch. Sein Blick fiel auf Ellen, die immer noch auf dem Tisch lag. »Bringt sie auf ihr Zimmer«, sagte er zu George und Paul.

Die Söhne gehorchten schweigend.

»Macht Licht!«, befahl der Meister.

Martha, seine Frau, drehte den Schalter. Zwei Wandlampen leuchteten auf und verbreiteten gedämpftes Licht. Die Menschen in dem Zimmer hatten sich alle erhoben. Bis auf Bill Sturgess. Er saß immer noch zusammengesunken auf seinem Stuhl.

»Bitte, Bill. Steh auf«, sagte Gloria leise.

Bill rührte sich nicht. Gloria schickte ein entschuldigendes Lächeln zu ihrem Vater und ermahnte Bill noch einmal.

Wieder rührte sich Bill nicht.

Der Meister sah mit kalten Augen auf die Szene.

Gloria bekam plötzlich Angst. Sie wusste auch nicht, warum. Aber dieses Angstgefühl legte sich wie ein schwerer Druck auf ihren Körper.

Ihre Augen irrten zu den Familienmitgliedern, fragend, Schreckliches vorausahnend.

Im selben Augenblick spürte Gloria neben sich eine Bewegung. Sie fuhr herum.

Wie in Zeitlupe kippte Bull Sturgess, ihr Verlobter, nach vorn. In seinem Rücken steckte ein Messer …

»Aaah!«

Gellend durchschnitt Glorias Schrei die Stille. Aufschluchzend warf sich das Mädchen über den Toten.

Zwei harte Hände rissen sie zurück.

Gloria sah in das Gesicht ihres Vaters. Die kohlschwarzen Augen schienen sie anzuglühen. Gloria sah das hagere Gesicht ihres Vaters dicht vor sich, entdeckte fast jede Falte in der dünnen, pergamentartigen Haut und spürte, wie ihr ein Schauder über den Rücken lief.

Vergeblich versuchte sie sich aus dem harten Griff zu befreien.

»Ihr habt ihn umgebracht«, flüsterte sie mit erstickter Stimme.

»Es war der Tote«, zischte ihr Vater. »Bill Sturgess war der Feind in unserer Mitte. Der Tote hat es gewusst. Er hat sich gerächt.«

Wild schüttelte Linus Mortimer seine Tochter hin und her.

»Lass mich los!«, schrie Gloria auf. »Loslassen!«

Mit einem Ruck schleuderte Linus Mortimer seine Tochter von sich.

Gloria fiel auf den Boden. Sie raffte sich wieder auf und lief aufschluchzend aus dem Zimmer.

Mit verzerrtem Gesicht sah Mortimer ihr nach. »Sie wird das nächste Opfer werden«, flüsterte er heiser …

»Scheißwetter!«, fluchte Jeff Spencer und starrte durch die Windschutzscheibe.

Es goss wie aus Eimern. Literweise klatschte das Wasser gegen die Scheiben des alten Chevrolet, sodass die nicht mehr ganz intakten Scheibenwischer die Wassermassen kaum bändigen konnten.

»Man sollte am besten stehen bleiben«, murmelte Jeff Spencer und zündete sich die dreißigste Zigarette an diesem Tag an.

Du rauchst auch zu viel, dachte er und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, da der Rauch seine Netzhäute reizte.

Jeff Spencer öffnete das Seitenfenster einen Spalt und bekam prompt nasse Knie.

»Scheiße«, fluchte er wieder und starrte mit rot umränderten Augen durch den dichten Regenvorhang auf die Straße.

Jeff Spencer war Vertreter. Genauer gesagt, Vertreter für Damenunterwäsche. Das hört sich zwar gut an, doch der Job war verdammt hart, außerdem schlief die Konkurrenz nicht, und die eigenen Fabrikanten ließen sich auch nichts Neues mehr einfallen. Aus diesem Grunde hatte Jeff Spencer auch gekündigt. Er hatte nur noch fünfzehn Tage und sogar noch ein gutes Abschlussgeschäft vor sich.

Jeff Spencer zockelte mit seinem Chevy in Alabama herum. Im Augenblick befand er sich auf einer Landstraße, etwa fünfzig Meilen östlich von Montgomery, der Hauptstadt des Staates, entfernt.

Er wollte unbedingt noch in dieser Nacht die Stadt erreichen und hatte sich bereits in einem billigen Hotel ein Zimmer reservieren lassen.

Nach wie vor klatschte der Regen gegen die Scheiben. Jeff Spencer schnippte die Zigarette aus dem Fenster. Durch Schaden klug geworden, kurbelte er die Scheibe schnell hoch, schaltete in einen anderen Gang, und dann wurde der Wagen plötzlich langsamer. Jeff gab mehr Gas. Nichts tat sich.

Der Motor erstarb mit einem komischen Geräusch. Der Chevy blieb stehen.

Jeff schluckte. Er sah vorsichtig auf die Benzinuhr. Der Zeiger stand ganz auf der linken Seite. Linker ging’s schon nicht mehr.

Jeff wusste, was das zu bedeuten hatte. Tank und Reservetank waren leer.

»Scheiße«, sagte er zum dritten Mal. Er hatte noch vorgehabt, zu tanken, es aber dann wieder vergessen.

Wo sollte er um diese Zeit Benzin herbekommen? Außerdem herrschte auf dieser Straße so gut wie gar kein Verkehr. Ihm war erst ein Wagen entgegengekommen.

Jeff starrte angestrengt durch die Frontscheibe.

Die grauen Regenschleier verwischten alles. Aber, Moment, was war das?

Entschlossen kurbelte Jeff die Scheibe herunter. Sofort waren sein Gesicht und Teile seiner Schulter klatschnass.

Aber er hatte sich nicht getäuscht. Am linken Straßenrand sah er ein Schild. Es war an einem Baum befestigt. Ob hier in dieser Gegend Menschen wohnten?

Jeff zögerte nicht länger. Nachdem er die Wagentür geöffnet hatte, trafen ihn Regen und Sturm mit voller Wucht. Im Nu war der Vertreter bis auf die Haut durchnässt.

Sich gegen das Unwetter anstemmend, stapfte er auf den Baum zu. Das Schild war ungefähr in Kopfhöhe angebracht.

Jeff musste sich zweimal das Wasser aus den Augen wischen, ehe er die Buchstaben lesen konnte.

Mortimer House – 200 Meter.

Das müsste zu schaffen sein, dachte Jeff und sah im Licht der Autoscheinwerfer den Anfang eines schmalen Pfades, der in einen lichten Wald führte.

Jeff Spencer kehrte noch einmal zu seinem Wagen zurück und löschte die Scheinwerfer.

Dann machte er sich auf den Weg. Auf den Weg machen war vielleicht übertrieben. Der Gang zu dem Haus glich schon eher einem Himmelfahrtskommando.

Der Sturm schüttelte Jeff Spencer wie eine Puppe hin und her, und ab und zu peitschten kleine Zweige gegen seinen Oberkörper und das Gesicht.

Der Weg mündete in einen großen Platz.

Jeff Spencer atmete schwer und kniff die Augen zusammen. Trotz der Dunkelheit sah er die Umrisse eines großen Hauses.

»Die werden mir doch wohl helfen können«, knurrte Jeff verbissen. »Vielleicht fahren sie mich auch zu meinem Chevy zurück. Habe keine Lust mehr, den Weg noch mal zu machen.«

Jeff Spencer stemmte sich noch einmal gegen den Sturm und stand kurz darauf vor dem wuchtigen Eingangsportal.

Ein Löwenkopf diente als Klingel. Mit dem Zeigefinger drückte Jeff auf das Auge des Löwen. Ein seltsamer Gong ertönte im Haus.

Komisch, dachte Jeff. Hört sich an wie die Beerdigungsglocke in meinem Heimatdorf.

Schwere Schritte näherten sich. Ein Schlüssel ratschte im Schloss. Dann wurde die Tür ein Stück aufgezogen. Warmer Lichtschein flutete nach draußen. Zwei stechende Augen eines jungen Mannes blickten Jeff Spencer an.

»Was wollen Sie?«, fragte der Mann unfreundlich und wich einen Schritt zurück, um den Regenböen zu entgehen.

Jeff setzte ein verunglücktes Lächeln auf und antwortete betont freundlich: »Wenn Sie etwas Benzin für mich hätten? Mein Wagen steht drüben auf der Landstraße. Ich bezahle Ihnen den Sprit auch.«

Der Mann verzog sein Gesicht. »Wir haben kein Benzin, Mister. Schlafen Sie im Wagen. Vielleicht leiht Ihnen morgen Früh der Milchmann was.«

»Aber Sie können mich doch nicht …«

»Nein. Haben Sie nicht verstanden?«

Der Mann wollte die Tür zuschmettern.

»Paul!«, rief plötzlich eine scharfe Stimme.

Der junge Mann zuckte zusammen.

»Was ist da los?«

»Hier ist einer, der Sprit haben will. Ich habe ihm gesagt, wir haben keinen.«

»Lass den Mann herein!«

Widerwillig öffnete Paul die Tür ein Stück weiter.

Aufatmend trat Jeff Spencer in das Haus. Er befand sich in einer großen Halle, wie man sie in den Patrizierhäusern der Südstaaten oft findet. An der Decke hing ein riesiger Kristallleuchter und spendete warmes Licht.

Es brach sich in dem blanken Steinfußboden, auf dem im Hintergrund der Halle einige Tierfelle lagen. Vor einem offenen Kamin gruppierte sich eine schwere antike Sitzgruppe, in deren Sessel ein Mann saß und sich bei Jeffs Eintritt umwandte.

»Kommen Sie doch näher, junger Mann«, sagte er mit einer sonoren Stimme.

Jeff kam sich komisch vor. Auf dem Fußboden bildeten sich Pfützen, und seine Kleidung klebte ihm wie eine zweite Haut am Körper. Außerdem fror er.

Langsam ging er auf den Mann zu.

»Ich bin Linus Mortimer«, sagte dieser und streckte Jeff seine knochige Gichthand hin.

Jeff zögerte einen Augenblick, dann ergriff er die dargebotene Hand. Sie fühlte sich an wie Eis. So, als wäre kein Blut mehr in ihr.

Wieder musterten Jeff zwei dunkle, kohlrabenschwarze Augen. Eine unheimliche Faszination schien von diesen Augen auszugehen. Außerdem spannte sich die Haut wie Pergament über das hagere Gesicht des Alten.

Mortimer ließ Jeffs Hand los.

»Mein Name ist Jeff Spencer«, sagte der Vertreter. »Ich will Sie bestimmt nicht belästigen, Mister Mortimer. Aber mein Wagen steht auf der Landstraße ohne Benzin. Und da wollte ich Sie fragen, ob Sie vielleicht …«

»Geschenkt«, winkte Mortimer ab. »Natürlich können Sie Benzin bekommen.«

Danke!, wollte Jeff noch sagen, aber ein Niesanfall erstickte das Wort.

Mortimer lächelte dünn. »Das ist gefährlich, junger Mann. Sie können sich eine Lungenentzündung holen. Was Sie dringender brauchen als Benzin, sind ein Bad und frische, trockene Kleidung.«

»Machen Sie sich, um Gottes willen, keine Umstände, Mister Mortimer«, sagte Jeff. »Ich komme schon so zurecht.«

»Keine Widerrede, Mister Spencer. Sie sind für heute Nacht unser Gast.«

Linus Mortimer winkte Paul, der bisher im Hintergrund gestanden hatte, heran.

»Mister Spencer bleibt heute Nacht bei uns. Ich hoffe, du weißt, wie du dich einem Gast gegenüber zu benehmen hast.«

»Ja, Dad.«

»Dann ist es gut.«

Jeff Spencer fühlte sich unbehaglich.

Schon jetzt bereute er es, dieses Haus betreten zu haben.

Paul verschwand über eine breite, mit Teppichen belegte Treppe nach oben. Auf halber Höhe warf er Jeff noch einen seiner stechenden Blicke zu.

Jeff folgte Paul mit den Augen und zuckte im nächsten Moment wie elektrisiert zusammen.

Oben auf der Treppe erschien eine junge Frau. Leichtfüßig kam sie die Stufen hinunter.

Linus Mortimer hörte die Schritte. Er drehte sich im Sessel und blickte der Frau entgegen.

»Meine Tochter Ellen«, sagte er.

Fast hätte Jeff durch die Zähne gepfiffen. Die junge Frau war wirklich eine Klasse für sich.

Das lange, offen getragene schwarze Haar, umrahmte das Gesicht eines Engels. Jeff fiel auf, dass dieses Gesicht unnatürlich bleich war. Die kohlrabenschwarzen Augen, die wohl alle Mortimers hatten, stachen darin ab.

»Darf ich dir Mister Spencer vorstellen?«, fragte Linus Mortimer.

Ellen Mortimer reichte Jeff ihre schmale Hand. Jeff nahm sie so vorsichtig, als hätte er Angst, sie zu zerbrechen.

Ellen zauberte ein Lächeln auf ihre vollen blutroten Lippen und sagte mit leiser, weicher Stimme: »Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«

»Mister Spencer ist heute Nacht unser Gast«, erklärte der alte Mortimer. »Sei so gut, Ellen, und zeige ihm unser Gästezimmer.«

»Sicher, Dad.«

Linus Mortimer erhob sich. »Dann darf ich mich jetzt auch verabschieden, Mister Spencer. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nachtruhe.«

»Danke, Mister Mortimer.«

Jeff schritt neben Ellen die Treppe hoch.

Die junge Frau trug ein langes weißes Kleid, das schon mehr einem Negligé ähnelte. Jeff konnte, wenn er genauer hinsah, die Konturen der prallen Brüste unter dem Stoff erkennen.

Die möchte ich auch mal gerne …, dachte Jeff Spencer.

Die beiden gelangten in die obere Etage. Ein langer dunkler Gang nahm sie auf. Die Wände waren holzgetäfelt. Eine etwas trübe Lampe verbreitete gedämpftes Licht.

Jeff war ziemlich erstaunt über die Aufmachung.

Ellen musste wohl seinen Blick bemerkt haben, denn plötzlich sagte sie: »Mein Vater hat die Wände täfeln lassen. Er liebt Holz über alles.«

»Aha.« Jeff nickte und behielt seine Gedanken für sich.