Gespräche und Aussprüche - Swami Vivekananda - E-Book

Gespräche und Aussprüche E-Book

Swami Vivekananda

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Beschreibung

Swami Vivekananda (1863-1902), der berühmte Schüler Ramakrishnas, reiste nach dem Tod seines Meisters in die USA und Europa und brachte die Lehre des Hinduismus, v.a. des Vedanta, in den Westen. Er hinterließ ein enormes Werk mit seinen Schriften über die vier Yogas, seiner Rede vor dem Parlament der Religionen, zahlreichen Vorträgen, Gesprächen, Notizen, Gedichten und Briefen, das ein Klassiker des religiösen und philosophischen Schrifttums ist. Vom 11. September 1893, Vivekanandas erstem Vortrag vor dem Weltparlament der Religionen in Chicago, bis fast zu seinem Tod am 4. Juli 1902 hielt er unzählige öffentliche Vorträge und Seminare im Westen und in Indien. Die vorliegende Werkausgabe enthält eine repräsentative Auswahl in drei Bänden: 1. Die Vier Yogas sowie die Aphorismen von Patanjali 2. Reden vor dem Parlament der Religionen und Vorträge 3.Gespräche und Aussprüche Swami Vivekananda setzte sich schon früh nicht nur mit der indischen, sondern auch mit der westlichen Philosophie auseinander und war auch sehr an den zu dieser Zeit aufblühenden Naturwissenschaften und technischen Errungenschaften interessiert, was er in seine Lehre einfließen ließ. Er verband westliches und östliches Denken, Philosophie, alltägliches Leben und die Einsichten der Wissenschaften. Seine Ideen basieren auf der Lehre des Vedanta, den er, und das ist ganz neu, als eine universale Religion verstand und nicht nur, wie traditionell, für (indische) Asketen geeignet und gedacht. Dabei betonte er die Bedeutung der persönlichen Erfahrung und die verändernde Wirkung bis in die Gesellschaft hinein. In diesem dritten Band sind einige Dialoge, die Vivekananda mit mehreren Schülern führte, enthalten. Bedeutend sind auch die "Inspirierenden Gespräche auf den 'Tausend Inseln'" (Inspired Talks). Vivekananda verbrachte im Sommer 1895 mehrere Wochen mit einer kleinen Schülergruppe im Thousand Island Park, einem Dorf auf Wellesley Island, der zweitgrößten Insel der Thousand-Island-Inselgruppe am St. Lawrence-Strom, wo er täglich Unterricht gab. Sara Ellen Waldo, eine seiner Schülerinnen und eine Teilnehmerin, schrieb seine Vorträge mit.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Gespräche mit verschiedenen Schülern

Sri Surendra Nath Das Gupta

Sri Surendra Nath Sen aus seinem Tagebuch

Sri Priya Nath Sinha

Sharat Chandra Chakravarty

Inspirierende Gespräche auf den „Tausend Inseln“

Aussprüche in Auswahl

Glossar

Einleitung

Swami Vivekananda (1863-1902) hinterließ ein enormes Werk mit seinen Schriften über die vier Yogas, seiner Rede vor dem Parlament der Religionen, zahlreichen Vorträgen, Gesprächen, Notizen, Gedichten und Briefen, das ein Klassiker des religiösen und philosophischen Schrifttums ist. Das englische Gesamtwerk wurde posthum ab 1907 in der Mayavati-Ausgabe vom Advaita-Ashram in Indien zunächst in vier Bänden zusammengestellt und herausgebracht und wuchs in den folgenden Auflagen bis zuletzt auf neun Bände an.

Vom 11. September 1893, Vivekanandas erstem Vortrag vor dem Weltparlament der Religionen in Chicago, bis fast zu seinem Tod am 4. Juli 1902 hielt er unzählige öffentliche Vorträge und Seminare in den USA, Europa und in Indien. Viele davon wurden von seinem Sekretär J.J. Goodwin mitgeschrieben, der ihn 1896 von Amerika nach England und 1897 von England nach Indien begleitete. Ida Ansell stenografierte seine Vorträge in San Franzisco und Alameda mit. Zudem machte sich Vivekananda viele Notizen.

Da bislang nur Einzelwerke in deutscher Übersetzung vorliegen, habe ich mich entschlossen, aus dem Gesamtwerk eine repräsentative Auswahl zu treffen, sie inhaltlich zu ordnen und in drei Bänden zu veröffentlichen:

1. Die Vier Yogas sowie die Aphorismen von Patanjali

2. Reden vor dem Parlament der Religionen und Vorträge

3. Gespräche und Aussprüche

Swami Vivekananda setzte sich schon früh nicht nur mit der indischen, sondern auch mit der westlichen Philosophie auseinander und war auch sehr an den zu dieser Zeit aufblühenden Naturwissenschaften und technischen Errungenschaften interessiert, was er in seine Lehre einfließen ließ.

In seiner Lehre verband er westliches und östliches Denken, Philosophie, alltägliches Leben und die Einsichten der Wissenschaften. Seine Ideen basieren auf der Lehre des Vedanta, den er – und das ist ganz neu – als eine universale Religion verstand und nicht nur, wie traditionell, für (indische) Asketen geeignet und gedacht. Dabei betont er die Bedeutung der persönlichen Erfahrung und die verändernde Wirkung bis in die Gesellschaft hinein.

Durch seine kraftvolle und überzeugende Art zu reden, gewann er schnell viele Anhänger in Ost und West und wurde sehr populär.

Vivekananda erklärt auf wunderbare, ausführliche Weise die Struktur seiner Religion. Wer bislang nur ansatzweise mit dem Hinduismus und v.a. mit dem Vedanta vertraut ist, wird durch diese Lektüre in das Herz dieser Religion eindringen und zu einem tieferen Verständnis finden. In diesem Sinn wünsche ich dem Leser und der Leserin eine aufschlussreiche Lektüre.

In diesem dritten Band sind einige Dialoge, die Vivekananda mit mehreren Schülern führte, enthalten. Bedeutend sind auch die „Inspirierenden Gespräche auf den ‚Tausend Inseln‘“ (Inspired Talks)1. Vivekananda verbrachte im Sommer 1895 mehrere Wochen mit einer kleinen Schülergruppe im Thousand Island Park, einem Dorf auf Wellesley Island, der zweitgrößten Insel der Thousand-Island-Inselgruppe am St. Lawrence-Strom, wo er täglich Unterricht gab. Sara Ellen Waldo, eine seiner Schülerinnen und eine Teilnehmerin, schrieb seine Vorträge mit.2

Gabriele Ebert

1 eine alte Übersetzung davon s.a.: Swami Vivekananda: Gespräche auf den tausend Inseln, Zürich, 1944

2 Näheres zu diesem Seminar auf den Tausend Inseln s. Ebert, Gabriele: Vivekananda: Sein Leben, Norderstedt, 2023

Gespräche mit verschiedenen Schülern

(aus: Collected Works V)

Sri Surendra Nath Das Gupta

Eines Tages ging ich mit einigen meiner jungen Freunde, die zu verschiedenen Colleges gehörten, zum Belur Math, um Swamiji zu sehen. Wir saßen um ihn herum. Es wurden Gespräche über verschiedene Themen geführt. Kaum hatte man ihm eine Frage gestellt, gab er die schlüssigste Antwort. Plötzlich rief er, indem er auf uns deutete: „Ihr alle studiert verschiedene Schulen der europäischen Philosophie und Metaphysik und lernt neue Fakten über Nationalitäten und Länder. Könnt ihr mir sagen, was die Größte aller Wahrheiten im Leben ist?“

Wir begannen zu überlegen, konnten aber nicht erkennen, was er von uns hören wollte. Als keiner eine Antwort gab, rief er angeregt: „Seht her – wir werden alle sterben! Denkt immer daran. Dann wird der Geist in euch erwachen. Dann erst wird euer Geiz verschwinden. Die praktische Arbeit wird sich einstellen. Euer Geist und Körper werden neue Kraft bekommen, und auch diejenigen, die mit euch in Berührung kommen, werden spüren, dass sie etwas Erhebendes von euch erhalten.“

Dann folgte dieses Gespräch zwischen ihm und mir:

Ich: „Aber, Swamiji, wird der Geist nicht bei dem Gedanken an den Tod zusammenbrechen und das Herz von Mutlosigkeit überwältigt werden?“

Swamiji: „So ist es. Zuerst wird einen der Mut verlassen, und Niedergeschlagenheit und düstere Gedanken werden deinen Geist besetzen. Aber bleibe hartnäckig. Lass die Tage vergehen – und dann? Dann wirst du sehen, dass neue Kraft in dein Herz gekommen ist, dass der ständige Gedanke an den Tod dir neues Leben gibt und dich immer nachdenklicher macht, indem er dir jeden Augenblick die Wahrheit des Sprichwortes vor Augen führt: ‚Eitelkeit der Eitelkeiten, alles ist eitel!‘ Warte! Lass Tage, Monate und Jahre vergehen, und du wirst spüren, dass der Geist in dir mit der Kraft eines Löwen erwacht, dass die kleine Kraft in dir sich in eine mächtige Kraft verwandelt! Denk immer an den Tod, und du wirst die Wahrheit eines jeden Wortes erkennen, das ich sage. Was soll ich noch mit Worten sagen!“

Einer meiner Freunde lobte Swamiji mit leiser Stimme.

Swamiji: „Lobe mich nicht. Lob und Tadel haben in unserer Welt keinen Wert. Sie wiegen einen Menschen nur wie auf einer Schaukel. Lob habe ich genug bekommen, Tadel habe ich auch ertragen müssen, aber was nützt es, daran zu denken! Soll doch jeder unbesorgt seine eigene Pflicht tun. Wenn der letzte Augenblick gekommen ist, werden Lob und Tadel für euch, für mich und für andere gleich sein. Wir sind hier, um zu arbeiten, und werden alles verlassen müssen, wenn der Ruf kommt.“

Ich: „Wie klein wir doch sind, Swamiji!“

Swamiji: „Wie wahr! Das hast du gut gesagt! Denke an dieses unendliche Universum mit seinen Millionen und Abermillionen von Sonnensystemen, und denke daran, mit welch unendlicher, unbegreiflicher Kraft sie angetrieben werden, als wollten sie die Füße des einen Unbekannten berühren – und wie klein wir sind! Wo ist denn hier Platz, dass wir uns in Niedertracht und Gemeinheit ergehen? Was sollen wir hier gewinnen, wenn wir gegenseitige Feindschaft und Parteigeist pflegen? Nehmt meinen Rat an. Stellt euch ganz in den Dienst der anderen, wenn ihr von euren Colleges kommt. Glaubt mir, ihr werdet dann viel glücklicher sein, als wenn ihr eine ganze Schatzkammer voller Geld und anderer Wertgegenstände zur Verfügung hättet. Wenn ihr auf eurem Weg geht und anderen dient, werdet ihr auf dem Pfad des Wissens entsprechend vorankommen.“

Ich: „Aber wir sind doch so arm, Swamiji!“

Swamiji: „Lass die Gedanken an die Armut beiseite! In welcher Hinsicht bist du arm? Fühlst du Bedauern, weil du keine Kutsche und kein Gespann oder Gefolge von Dienern hast, die dir zu Diensten sind? Was ist das schon? Du weißt kaum, dass dir im Leben nichts unmöglich ist, wenn du Tag und Nacht mit deinem Herzblut für andere arbeitest! Und siehe da, die andere Seite des geheiligten Flusses des Lebens steht offen vor deinen Augen – der Schleier des Todes ist verschwunden, und du bist der Erbe des wundersamen Reiches der Unsterblichkeit!“

Ich: „Oh, wie wir es genießen, vor dir zu sitzen, Swamiji, und deine lebensspendenden Worte zu hören!“

Swamiji: „Seht ihr, auf meinen Reisen durch Indien in all den Jahren bin ich vielen großen Seelen begegnet, vielen Herzen, die von liebender Güte überfließen, zu deren Füßen ich einen mächtigen Strom der Kraft in mein Herz strömen spürte, und die wenigen Worte, die ich zu euch spreche, erfolgen nur durch die Kraft dieses Stroms, die ich durch den Kontakt mit ihnen gewonnen habe! Glaubt nicht, dass ich selbst etwas Großes bin!“

Ich: „Aber Swamiji, wir betrachten dich als jemanden, der Gott verwirklicht hat!“

Kaum hatte ich diese Worte gesagt, als sich seine faszinierenden Augen mit Tränen füllten (oh, wie lebhaft sehe ich diese Szene noch jetzt vor meinen Augen), und er sprach mit einem Herzen, das vor Liebe überquillt, sanft und leise: „Bei jenen gesegneten Füßen ist die Vollkommenheit des Wissens, die von den Jnanis gesucht wird! Bei jenen gesegneten Füßen ist auch die Erfüllung der Liebe, die von den Liebenden gesucht wird! Oh, sagt, wohin sonst werden Männer und Frauen ihre Zuflucht nehmen als zu diesen gesegneten Füßen!“

Nach einer Weile sagte er: „Ach, was ist es für eine Torheit der Menschen in dieser Welt, ihre Tage damit zu verbringen, miteinander zu kämpfen und zu streiten, wie sie es tun! Aber wie lange können sie auf diese Weise weitermachen? Am Abend des Lebens (am Ende des gesamten wandernden Daseins) müssen sie alle nach Hause kommen, in die Arme der Mutter.“

Sri Surendra Nath Sen aus seinem Tagebuch

Samstag, 22. Januar 1898

Früh am Morgen kam ich zu Swamiji, der sich damals im Haus von Balaram Babu in der Ramkanta Bose Street 57 in Kalkutta aufhielt. Der Raum war voll mit Zuhörern. Swamiji sagte: „Wir wollen Shraddha, wir wollen Vertrauen in unser eigenes Selbst. Stärke ist Leben, Schwäche ist Tod. ‚Wir sind der Atman, unsterblich und frei, rein, von Natur aus rein. Können wir jemals eine Sünde begehen? Unmöglich!‘ Ein solcher Glaube ist notwendig. Ein solcher Glaube macht Menschen aus uns, macht Götter aus uns. Es ist der Verlust dieser Idee von Shraddha, der das Land in den Ruin geführt hat.“

Frager: „Wie ist es dazu gekommen, dass wir dieses Shraddha verloren haben?“

Swamiji: „Wir haben von Kindesbeinen an eine negative Erziehung genossen. Wir haben nur gelernt, dass wir niemand sind. Selten wurde uns zu verstehen gegeben, dass in unserem Land jemals große Männer geboren wurden. Man hat uns nichts Positives beigebracht. Wir wissen nicht einmal, wie wir unsere Hände und Füße benutzen sollen! Wir beherrschen alle Fakten und Zahlen über die Vorfahren der Engländer, aber wir sind traurigerweise unaufmerksam gegenüber unseren eigenen. Wir haben nur Schwäche gelernt. Da wir eine besiegte Rasse sind, haben wir uns selbst zu der Überzeugung gebracht, dass wir schwach und in nichts unabhängig sind. Wie kann es also sein, dass Shraddha verloren geht? Die Idee des wahren Shraddha muss wieder in uns geweckt werden, der Glaube an unser eigenes Selbst muss wieder erweckt werden, und nur dann werden wir allmählich alle Probleme, mit denen unser Land konfrontiert ist, selbst lösen können.“

Frager: „Wie kann das jemals geschehen? Wie soll Shraddha allein die zahllosen Übel beheben, mit denen unsere Gesellschaft behaftet ist? Außerdem gibt es im Land so viele schreiende Missstände, für deren Beseitigung der Indische Nationalkongress und andere patriotische Vereinigungen sich vehement einsetzen und Petitionen an die britische Regierung richten. Wie könnten ihre Anliegen besser bekannt gemacht werden? Was hat Shraddha mit dieser Angelegenheit zu tun?“

Swamiji: „Sag mir, wessen Wünsche sind das – eure oder die der Regierung? Wenn es eure sind, wird die Regierung sie für euch erfüllen, oder müsst ihr das selbst tun?“

Frager: „Aber es ist die Pflicht der Regierung, sich um die Bedürfnisse des Volkes zu kümmern. Zu wem sollten wir aufschauen, wenn nicht zum König?“

Swamiji: „Niemals werden die Bedürfnisse eines Bettlers erfüllt. Angenommen, die Regierung gibt euch alles, was ihr braucht, wo sind dann die Männer, die in der Lage sind, die geforderten Dinge zu bewerkstelligen? Beschafft also zuerst Männer. Männer wollen wir, und wie können Männer beschafft werden, wenn Shraddha nicht da ist?“

Frager: „Aber Herr, das ist nicht die Ansicht der Mehrheit.“

Swamiji: „Was du als Mehrheit bezeichnest, besteht hauptsächlich aus Dummköpfen und Menschen mit einem gewöhnlichen Intellekt. Menschen, die einen Verstand haben, um für sich selbst zu denken, gibt es überall nur wenige. Diese wenigen Menschen mit Verstand sind die wahren Führer in allem und in jedem Bereich der Arbeit. Die Mehrheit wird von ihnen wie an einer Schnur geführt, und das ist gut so, denn alles geht gut, wenn sie in die Fußstapfen dieser Führer treten. Diejenigen, die sich für zu hoch halten, um sich jemandem zu beugen, sind nur Dummköpfe, und sie stürzen sich selbst ins Verderben, indem sie nach ihrem eigenen Urteil handeln. Ihr sprecht von sozialen Reformen? Aber was tut ihr? Alles, was ihr mit eurer Sozialreform meint, ist entweder die Wiederverheiratung von Witwen oder die Emanzipation der Frau oder etwas in dieser Art. Oder nicht? Und diese wiederum sind nur auf einige wenige Kasten bezogen. Ein solcher Reformplan mag zweifellos einigen wenigen zugutekommen, aber was nützt er der ganzen Nation? Ist das eine Reform oder nur eine Form des Egoismus – irgendwie den eigenen Raum zu säubern und in Ordnung zu halten, und den anderen geht es immer schlechter!“

Frager: „Du willst also sagen, dass es überhaupt keinen Bedarf an sozialen Reformen gibt?“

Swamiji: „Wer sagt das? Natürlich gibt es einen Bedarf dafür. Das meiste von dem, was du als Sozialreform bezeichnest, berührt die armen Massen nicht. Sie haben bereits die Dinge – die Wiederverheiratung von Witwen, die Emanzipation der Frau usw. –, nach denen du rufst. Aus diesem Grund werden sie diese Dinge überhaupt nicht als Reformen betrachten. Was ich damit sagen will, ist, dass der Mangel an Shraddha all die Übel unter uns hervorgebracht hat und immer mehr hervorbringt. Meine Behandlungsmethode besteht darin, die Ursachen der Krankheit an der Wurzel zu packen und sie nicht einfach zu unterdrücken. Reformen sollten wir in vielerlei Hinsicht haben. Wer wird so töricht sein, dies zu leugnen? Es gibt zum Beispiel einen guten Grund für Mischehen in Indien, ohne die die Rasse von Tag zu Tag körperlich schwächer wird.“

Sonntag, 23. Januar 1898

Es war Abend und der Anlass für die wöchentliche Versammlung der Ramakrishna Mission im Haus von Balaram Babu in Baghbazar. Swami Turiyananda, Swami Yogananda, Swami Premananda und andere waren vom Math gekommen. Swamiji saß auf der Veranda im Osten, die jetzt voller Menschen war, ebenso wie der nördliche und der südliche Teil der Veranda. Aber das war jeden Tag der Fall, wenn Swamiji in Kalkutta weilte.

Viele Menschen, die zu dem Treffen kamen, hatten gehört, dass Swamiji gut singen konnte, und wollten ihn daher unbedingt hören. Da er dies wusste, flüsterte Meister Mahashaya (M.) einigen Herren in seiner Nähe zu, sie sollten Swamiji bitten, zu singen. Doch er durchschaute ihre Absicht und fragte spielerisch: „Meister Mahashaya, worüber flüstert ihr miteinander? Sprecht laut.“ Auf die Bitte von Meister Mahashaya begann Swamiji nun mit seiner bezaubernden Stimme das Lied „Bewahre die geliebte Mutter Shyama in deinem Herzen. …“ zu singen. […] Als es zu Ende war, sagte er zu Meister Mahashaya: „Nun, bist du jetzt zufrieden? Nicht mehr Gesang! Sonst werde ich vom Rausch des Gesangs mitgerissen. Außerdem ist meine Stimme durch die häufigen Vorträge im Westen geschädigt. Meine Stimme zittert sehr stark.“

Swamiji bat dann einen seiner Brahmachari-Schüler, über die wahre Natur von Mukti zu sprechen. Also stand der Brahmachari auf und sprach ausführlich. Ein paar andere taten es ihm gleich. Swamiji lud dann zu einer Diskussion über das Thema der Rede ein und bat einen seiner Haushälter-Schüler, sie zu moderieren. Doch als dieser versuchte, Advaita und Jnana zu befürworten und Dualismus und Bhakti einen geringeren Stellenwert einzuräumen, stieß er auf den Protest eines Zuhörers. Als jeder der beiden Kontrahenten versuchte, seinen eigenen Standpunkt darzulegen, kam es zu einem lebhaften Wortgefecht. Swamiji beobachtete sie eine Weile, doch als er sah, dass sie sich aufregten, brachte er sie mit den folgenden Worten zum Schweigen:

„Warum regt ihr euch auf, streitet und macht alles kaputt? Hört zu! Sri Ramakrishna pflegte zu sagen, dass reines Wissen und reine Bhakti ein und dasselbe sind. Nach der Lehre von Bhakti wird Gott als „All-Liebe“ betrachtet. Man kann nicht einmal sagen: „Ich liebe Ihn“, weil Er die All-Liebe ist. Es gibt keine Liebe außerhalb von Ihm selbst. Die Liebe, die im Herzen ist, mit der man Ihn liebt, ist Er selbst. In ähnlicher Weise sind alle Anziehungskräfte und Neigungen, von denen man sich angezogen fühlt, Er selbst. Der Dieb stiehlt, die Hure verkauft ihren Körper an die Prostitution, die Mutter liebt ihr Kind – in jedem von ihnen ist auch Er! Ein Weltsystem zieht ein anderes an – auch darin ist Er. Überall ist Er. Auch nach der Lehre von Jnana wird Er überall verwirklicht. Hier liegt die Versöhnung von Jnana und Bhakti. Wenn man in die höchste Ekstase der göttlichen Schau (Bhava) eingetaucht ist oder sich im Zustand von Samadhi befindet, dann hört der Gedanke der Dualität auf, und die Unterscheidung zwischen dem Gottgeweihten und seinem Gott verschwindet.

In den Schriften über Bhakti werden fünf verschiedene Wege der Beziehung erwähnt, durch die man zu Gott gelangen kann, aber ein weiterer kann sehr wohl zu ihnen hinzugefügt werden, nämlich der Weg der Meditation über die Ungetrenntheit oder das Einssein mit Gott. So kann der Bhakta auch die Advaitins als Bhaktas bezeichnen, aber von der nicht-differenzierenden Art. Solange man sich in der Region von Maya befindet, wird die Idee der Dualität zweifellos bestehen bleiben. Raum – Zeit – Verursachung oder Name und Form ist das, was Maya genannt wird. Wenn man über diese Maya hinausgeht, wird nur das Einssein verwirklicht, und dann ist der Mensch weder ein Dualist noch ein Advaitin – für ihn ist alles eins.

Der ganze Unterschied, den du zwischen einem Bhakta und einem Jnani feststellst, liegt in der Vorbereitungsphase – der eine sieht Gott im Außen, der andere sieht ihn im Inneren. Aber es gibt noch einen anderen Punkt: Sri Ramakrishna pflegte zu sagen, dass es eine weitere Stufe der Bhakti gibt, die man die höchste Hingabe (Parabhakti) nennt, d.h. Ihn zu lieben, nachdem man sich im Bewusstsein von Advaita gefestigt und Mukti erlangt hat. Es mag paradox erscheinen und die Frage aufgeworfen werden, warum jemand, der bereits Mukti erlangt hat, den Wunsch haben sollte, den Geist der Bhakti beizubehalten? Die Antwort ist: Der Mukta oder Freie ist jenseits aller Gesetze. In seinem Fall gilt kein Gesetz, und daher kann keine Frage in Bezug auf ihn gestellt werden. Selbst wenn sie Muktas werden, behalten einige aus freiem Willen Bhakti bei, um von ihrer Süße zu kosten.“

Frager: „Gott mag in der Liebe der Mutter zu ihrem Kind sein. Aber Herr, dieser Gedanke ist wirklich verwirrend, dass Gott sogar in den Dieben und Huren in Form ihrer natürlichen Neigung zur Sünde ist! Daraus folgt, dass Gott für die Sünde genauso verantwortlich ist wie für alle Tugenden in dieser Welt.“

Swamiji: „Dieses Bewusstsein kommt in einem Stadium der höchsten Verwirklichung, wenn man sieht, dass alles, was dem Wesen nach Liebe oder Anziehung ist, Gott ist. Aber man muss diesen Zustand erreichen, um diesen Gedanken im wirklichen Leben zu sehen und zu verwirklichen.“

Frager: „Aber man muss doch zugeben, dass Gott auch in der Sünde ist!“

Swamiji: „Siehst du, in Wirklichkeit gibt es keine so unterschiedlichen Dinge wie Gut und Böse. Sie sind lediglich konventionelle Begriffe. Dieselbe Sache nennen wir schlecht, und ein anderes Mal nennen wir sie gut, je nachdem, wie wir sie nutzen. Nehmen wir zum Beispiel dieses Lampenlicht. Durch sein Brennen sind wir in der Lage, zu sehen und verschiedene nützliche Dinge zu tun. Das ist eine Art, das Licht zu nutzen. Wenn du deine Finger hineinsteckst, werden sie verbrannt. Das ist eine andere Art, dasselbe Licht zu nutzen. Wir sollten also wissen, dass eine Sache gut oder schlecht wird, je nachdem, wie wir sie nutzen. Ähnlich verhält es sich mit Tugend und Laster. Grob gesagt wird der richtige Gebrauch einer der Fähigkeiten unseres Geistes und Körpers als Tugend bezeichnet, und ihre unsachgemäße Anwendung oder Verschwendung wird als Laster bezeichnet.“

So wurden Fragen über Fragen gestellt und beantwortet. Jemand meinte: „Die Theorie, dass Gott sogar dort ist, wo ein Himmelskörper einen anderen anzieht, mag als Tatsache wahr sein oder nicht, aber man kann die hervorragende Poesie, die dieser Gedanke vermittelt, nicht leugnen.“

Swamiji: „Nein, mein lieber Herr, das ist keine Poesie. Man kann ihre Wahrheit selbst erkennen, wenn man Wissen erlangt.“

Nach dem, was Swamiji weiter zu diesem Punkt sagte, verstand ich ihn so, dass Materie und Geist, obwohl sie allem Anschein nach zwei verschiedene Dinge zu sein scheinen, in Wirklichkeit zwei verschiedene Formen einer Substanz sind. Und in ähnlicher Weise sind alle verschiedenen Kräfte, die uns bekannt sind, ob in der materiellen oder inneren Welt, nur verschiedene Formen der Manifestation einer Kraft. Wir nennen ein Ding Materie, wo sich diese geistige Kraft weniger manifestiert, und lebendig, wo sie sich mehr zeigt, aber es gibt nichts, was zu allen Zeiten und unter allen Bedingungen absolut Materie ist. Dieselbe Kraft, die sich in der materiellen Welt als Anziehung oder Gravitation zeigt, wird in den höheren geistigen Verwirklichungsstufen in ihrem feineren und subtileren Zustand als Liebe und dergleichen empfunden.“

Frager: „Warum sollte es überhaupt diesen Unterschied in Bezug auf den individuellen Gebrauch geben? Warum sollte es überhaupt diese Neigung im Menschen geben, eine seiner Fähigkeiten schlecht oder unangemessen zu nutzen?“

Swamiji: „Diese Neigung ist das Ergebnis der eigenen vergangenen Handlungen (Karma). Alles, was der Mensch hat, ist sein eigenes Werk. Daraus folgt, dass es allein in der Hand jedes Einzelnen liegt, seine Neigungen zu kontrollieren und sie richtig zu lenken.“

Frager: „Auch wenn alles das Ergebnis unseres Karmas ist, so muss es doch einen Anfang gehabt haben. Warum sollten unsere Neigungen am Anfang gut oder schlecht gewesen sein?“

Swamiji: „Woher willst du wissen, dass es einen Anfang gibt? Die Srishti (Schöpfung) ist ohne Anfang – das ist die Lehre der Veden. Solange es Gott gibt, gibt es auch die Schöpfung.“

Frager: „Nun, Herr, warum ist diese Maya hier, und woher kommt sie?“

Swamiji: „Es ist ein Fehler, in Bezug auf Gott nach dem ‚Warum‘ zu fragen. Wir können dies nur in Bezug auf jemanden tun, der Mängel oder Unvollkommenheiten hat. Wie kann es ein ‚Warum‘ in Bezug auf Ihn geben, der keine Bedürfnisse hat und der das eine Ganze ist? Eine Frage wie ‚Woher ist Maya gekommen?‘ kann nicht gestellt werden. Zeit – Raum – Verursachung ist das, was Maya genannt wird. Du, ich und alle anderen befinden sich innerhalb dieser Maya. Und du fragst nach dem, was jenseits von Maya ist! Wie kannst du das tun, während du in Maya lebst?“

Wieder folgten viele Fragen. Das Gespräch drehte sich um die Philosophien von Mill, Hamilton, Herbert Spencer usw., und Swamiji ging zur Zufriedenheit aller auf sie ein. Alle staunten über den Umfang seiner westlichen philosophischen Gelehrsamkeit und die Schnelligkeit, mit der er antwortete.

Die Versammlung löste sich nach einem kurzen Gespräch über verschiedene Themen auf.

Sri Priya Nath Sinha

Unser Haus lag ganz in der Nähe von Swamijis Haus, und da wir Jungen aus demselben Stadtteil waren, spielte ich oft mit ihm. Seit meiner Kindheit fühlte ich mich besonders zu ihm hingezogen, und ich war fest davon überzeugt, dass er ein großer Mann werden würde. Als er ein Sannyasin wurde, dachten wir, dass das Versprechen einer glänzenden Karriere für einen solchen Mann vergeblich war.

Später, als er nach Amerika ging, las ich in den Zeitungen Berichte über seine Vorträge beim Parlament der Religionen in Chicago und andere, die er an verschiedenen Orten in Amerika gehalten hatte, und ich dachte, dass Feuer niemals unter einem Tuch verborgen bleiben kann. Das Feuer, das in Swamiji steckte, war jetzt zu einer Flamme entbrannt. Die Knospe war nach so vielen Jahren aufgeblüht.

Nach einiger Zeit erfuhr ich, dass er nach Indien zurückgekehrt war und in Madras feurige Vorträge gehalten hatte. Ich las sie und wunderte mich, dass es in der Hindu-Religion so erhabene Wahrheiten gab und dass sie so klar erklärt werden konnten. Was für eine außergewöhnliche Macht hatte er! War er ein Mensch oder ein Gott?

Als Swamiji nach Kalkutta kam, herrschte große Begeisterung, und wir folgten ihm in das Gartenhaus der Sils am Ganges in Cossipore. Ein paar Tage später hielt der „Junge aus Kalkutta“ in der Residenz von Raja Radhakanta Dev einen inspirierenden Vortrag vor einer riesigen Menschenmenge als Antwort auf eine Willkommensrede, und Kalkutta hörte ihn zum ersten Mal und war in Bewunderung versunken. Aber das sind Fakten, die allen bekannt sind.

Nach seiner Ankunft in Kalkutta war ich sehr darauf bedacht, ihn einmal allein zu sehen und mich frei mit ihm unterhalten zu können, wie in unserer Jugendzeit. Aber es gab immer eine Ansammlung eifriger Fragesteller um ihn herum, und die Gespräche gingen ohne Unterbrechung weiter. So bekam ich einige Zeit lang keine Gelegenheit dazu, bis wir eines Tages im Garten am Ufer des Ganges spazieren gingen. Er begann sofort, wie in alten Zeiten mit mir, dem Spielkameraden seiner Kindheit, zu sprechen. Kaum waren ein paar Worte zwischen uns gewechselt, da kam wiederholt die Mitteilung, dass viele Herren gekommen waren, um ihn zu sehen. Schließlich wurde er ein wenig ungeduldig und sagte zu dem Boten: „Gib mir einen kleinen Aufschub, mein Sohn. Lass mich ein paar Worte mit diesem Gefährten aus meiner Jugendzeit sprechen. Lass mich eine Weile an der frischen Luft bleiben. Geh und begrüße die, die gekommen sind. Bitte sie, sich zu setzen, biete ihnen Tabak an und bitte sie, ein wenig zu warten.“

Als wir wieder allein waren, fragte ich ihn: „Nun, Swamiji, du bist ein Sadhu (heiliger Mann). Es wurde Geld für deinen Empfang hier gesammelt, und ich dachte, dass du angesichts der Hungersnot in diesem Land ein Telegramm schreiben würdest, bevor du in Kalkutta ankommst, in dem du sagst: ‚Gebt keinen einzigen Penny für meinen Empfang aus, sondern spendet die gesamte Summe an den Hungerhilfefonds.‘ Aber ich habe festgestellt, dass du nichts dergleichen getan hast. Wie kam das?“

Swamiji: „Nun, ich wollte vielmehr, dass eine große Begeisterung geweckt wird. Verstehst du nicht: Wie würden die Menschen ohne so etwas zu Sri Ramakrishna hingezogen und in seinem Namen angefeuert werden? Wurde diese Ovation für mich persönlich gemacht, oder wurde dadurch nicht sein Name verherrlicht? Sieh, wie viel Durst im Geist der Menschen entstanden ist, etwas über ihn zu erfahren! Nun werden sie nach und nach von ihm erfahren, und wird das nicht dem Wohl des Landes förderlich sein? Wenn die Menschen den nicht kennen, der für das Wohl des Landes gekommen ist, wie kann ihnen dann Gutes widerfahren? Wenn sie wissen, was er wirklich war, wird das Männer – echte Männer – hervorbringen. Und wenn es solche Männer gibt, wie lange wird es dauern, Hungersnöte usw. aus dem Land zu vertreiben? Ich sage also, dass ich mir eher wünsche, dass es in Kalkutta eine gewisse Betriebsamkeit und Aufregung gibt, damit die Öffentlichkeit geneigt ist, an die Mission von Sri Ramakrishna zu glauben. Was hätte es sonst für einen Sinn, so viel Aufhebens um meinetwillen zu machen? Was kümmert es mich? Bin ich jetzt größer geworden als damals, als ich mit dir in deinem Haus spielte? Ich bin derselbe, der ich früher war. Sag mir, findest du irgendeine Veränderung an mir?“

Obwohl ich sagte: „Nein, ich kann keine nennenswerten Veränderungen feststellen“, dachte ich in Gedanken: „Du bist jetzt tatsächlich ein Gott geworden.“

Swamiji fuhr fort: „Die Hungersnot ist zu einer konstanten Größe in unserem Land geworden. Sie ist eine Art von Verderben. Gibt es in irgendeinem anderen Land so häufige Hungersnöte? Nein, denn in anderen Ländern gibt es Menschen, während bei uns die Menschen zu einer toten Materie geworden sind, die ganz träge ist. Die Menschen sollen zuerst lernen, ihrer selbstsüchtigen Natur zu entsagen, indem sie Sri Ramakrishna studieren, indem sie ihn so kennenlernen, wie er wirklich war, und dann werden von ihnen wirkliche Anstrengungen ausgehen, um die häufig wiederkehrenden Hungersnöte zu beenden. Nach und nach werde auch ich Anstrengungen in dieser Richtung unternehmen. Du wirst sehen.“

Ich: „Das wird gut sein. Dann wirst du hier viele Vorträge halten, nehme ich an. Wie soll sonst sein Name gepredigt werden?“

Swamiji: „Was für ein Blödsinn! Nichts dergleichen! Gibt es noch irgendetwas, womit sein Name bekannt gemacht werden kann? Auf diesem Gebiet ist genug getan worden. Vorträge werden in diesem Land nichts bewirken. Unsere gebildeten Landsleute würden sie hören und bestenfalls jubeln und in die Hände klatschen und sagen: ‚Gut gemacht.‘ Das ist alles. Dann würden sie nach Hause gehen und, wie wir sagen, alles, was sie gehört haben, mit ihrem Essen verdauen! Was nützt es, auf ein rostiges altes Eisen einzuhämmern? Es wird nur in Stücke zerbröckeln. Man muss es erst rotglühend machen. Dann kann es durch Hämmern in jede beliebige Form gebracht werden. Es wird in unserem Land nichts nützen, wenn wir dem Volk nicht ein glühendes und lebendiges Beispiel geben. Was wir brauchen, sind junge Männer, die auf alles verzichten und ihr Leben für ihr Land opfern. Wir sollten zuerst ihr Leben formen, und dann können wir wirkliche Arbeit erwarten.“

Ich: „Nun, Swamiji, es hat mich immer verwundert, dass du, anstatt etwas für sie zu tun, nach England und Amerika gegangen bist, um den Hinduismus zu predigen, während die Menschen unseres Landes, die ihre eigene Religion nicht verstehen konnten, fremde Religionen wie das Christentum, den Islam usw. annahmen.“

Swamiji: „Siehst du nicht, dass sich die Umstände jetzt geändert haben? Haben die Menschen in unserem Land noch die Kraft, die wahre Religion anzunehmen und zu praktizieren? Was sie haben, ist nur der Stolz auf sich selbst, dass sie sehr sattvisch sind. Es gab eine Zeit, da waren sie zweifellos sattvisch, aber jetzt sind sie sehr tief gefallen. Der Fall von Sattva stürzt einen kopfüber ins Tamas! Das ist es, was mit ihnen geschehen ist. Glaubst du, dass ein Mensch, der sich überhaupt nicht anstrengt, der nur den Namen Hari wiederholt und sich in einem Zimmer einschließt, der ruhig und gleichgültig bleibt, selbst wenn er vor seinen Augen ein riesiges Ausmaß an Unrecht und Gewalt sieht, das anderen angetan wird, die Qualität von Sattva besitzt? Nichts dergleichen. Er ist nur von dunklem Tamas umhüllt. Wie können die Menschen eines Landes Religion praktizieren, wenn sie nicht einmal genügend Nahrung bekommen, um ihren Hunger zu stillen? Wie kann Entsagung zu den Menschen eines Landes kommen, in deren Geist die Wünsche nach Bhoga (Genuss) nicht im Geringsten gestillt wurden? Findet deshalb zuerst die Mittel und Wege heraus, mit denen die Menschen genug zu essen und genug Luxus haben können, um das Leben ein wenig zu genießen. Dann wird sich allmählich wahres Vairagya (Leidenschaftslosigkeit) einstellen, und sie werden fähig und bereit sein, die Religion im Leben zu verwirklichen.

Wie voll von Rajas sind die Menschen in England und Amerika! Sie haben sich an allen Arten von weltlichen Vergnügungen sattgesehen. Außerdem nimmt das Christentum als Religion des Glaubens und des Aberglaubens denselben Rang ein wie unsere Religion der Puranas. Mit der Verbreitung von Bildung und Kultur können die Menschen des Westens darin keinen Frieden mehr finden. Ihr gegenwärtiger Zustand ist so, dass sie mit einem einzigen Auftrieb das Sattva erreichen können. Würdet ihr in diesen Tagen die Worte eines in Lumpen gekleideten Sannyasins genauso akzeptieren wie die eines Bleichgesichts (Westlers), das zu euch kommt und über eure eigene Religion spricht?“

Ich: „Genau, Swamiji! Herr N. N. Ghosh (ein berühmter Rechtsanwalt, Journalist und Pädagoge aus Kalkutta) spricht auch genau in diesem Sinne.“

Swamiji: „Ja, wenn meine westlichen Schüler, nachdem sie die richtige Ausbildung und Erleuchtung erlangt haben, in großer Zahl hierherkommen und dich fragen werden: ‚Was macht ihr alle? Warum seid ihr so wenig gläubig? Inwiefern sind eure Riten und Religion, Sitten, Gebräuche und Moral in irgendeiner Weise minderwertig? Wir halten eure Religion sogar für die höchste!" – dann werdet ihr sehen, dass viele unserer großen und einflussreichen Leute sie hören werden. So werden sie diesem Land unendlich viel Gutes tun können. Denkt nicht einen Moment lang, dass sie kommen werden, um für euch die Position von Religionslehrern einzunehmen. Sie werden zweifellos euer Guru in Bezug auf praktische Wissenschaften usw. sein, um die materiellen Bedingungen zu verbessern, und die Menschen unseres Landes werden ihr Guru in allem sein, was mit Religion zu tun hat. Diese Beziehung von Guru und Schüler auf dem Gebiet der Religion wird für immer zwischen Indien und dem Rest der Welt bestehen.“

Ich: „Wie kann das sein, Swamiji? Wenn man bedenkt, mit welchem Gefühl des Hasses sie auf uns blicken, scheint es unwahrscheinlich, dass sie uns jemals aus rein selbstlosen Motiven heraus Gutes tun werden.“

Swamiji: „Sie finden viele Gründe, uns zu hassen, und so können sie sich dafür rechtfertigen. Erstens sind wir eine besiegte Rasse, und außerdem gibt es nirgendwo auf der Welt eine solche Nation von Bettlern wie wir! Die Massen, die die untersten Kasten bilden, haben durch die ständige Tyrannei der höheren Kasten und dadurch, dass sie von ihnen auf Schritt und Tritt mit Schlägen und Tritten behandelt wurden, ihre Männlichkeit völlig verloren und sind wie berufsmäßige Bettler geworden. Und diejenigen, die eine Stufe höher als diese stehen, hängen, nachdem sie ein paar Seiten Englisch gelesen haben, mit Bittschriften in der Hand an den Türschwellen öffentlicher Ämter herum. Wenn eine Stelle für zwanzig oder dreißig Rupien frei wird, bewerben sich fünfhundert B.A.s und M.A.s um sie! Und, meine Güte, wie seltsam formuliert sind diese Bitten! ‚Ich habe zu Hause nichts zu essen, mein Herr, meine Frau und meine Kinder hungern. Ich bitte dich inständig, mein Herr, mir Mittel zu geben, um mich und meine Familie zu versorgen, sonst werden wir verhungern!‘ Selbst wenn sie sich in den Dienst stellen, werfen sie jede Selbstachtung in den Wind und ergeben sich der Knechtschaft in ihrer schlimmsten Form.

So sieht also der Zustand der Massen aus. Die hochgebildeten, prominenten Männer unter euch schließen sich in Vereinen zusammen und schreien lauthals: ‚Ach, Indien geht zugrunde, Tag für Tag! Oh, ihr englischen Herrscher, nehmt unsere Landsleute in die höheren Ämter des Staates auf, befreit uns von Hungersnöten‘ und so weiter, und so schreien sie Tag und Nacht mit dem ewigen Ruf ‚Gebt‘ und ‚Gebt‘! Der einzige Grundgedanke ihrer Rede ist: ‚Gebt uns, gebt uns mehr, ihr Engländer!‘ Du liebe Zeit, was werden sie dir noch geben? Sie haben dem Lande Eisenbahnen, Telegraphen, eine geordnete Verwaltung gegeben – haben die Räuberei fast völlig bezwungen, haben wissenschaftliche Bildung gegeben – was werden sie noch geben?