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In Felix Neureuthers Buch steht die Förderung eines nachhaltigen und gesundheitsbewussten Lebensstils innerhalb der Familie im Mittelpunkt, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Felix möchte mit seinen persönlichen Erfahrungen als Vater und Sportler – herausgefordert und gestützt von wissenschaftlichen Experten - eine Verhaltensrevolution in der Familie anstoßen, die auf Bewegung, gesunder Ernährung, Nachhaltigkeit und Naturschutz basiert. Das Buch reicht von den Auswirkungen des Klimawandels auf Kinder, über die Bedeutung der Natur bis hin zu konkreten Handlungsaufforderungen. Felix möchte Eltern und Kinder motivieren, im Alltag nachhaltige Entscheidungen zu treffen und so einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Das Buch verfolgt die Vision, dass Kinder von klein an einen verantwortungsvollen und ressourcenschonenden Umgang mit ihrer eigenen Gesundheit und der unseres Planeten lernen und leben. So leistet es einen Beitrag zum kollektiven Handeln, um die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen hin zu mehr Gesundheit für "Mensch und Planet" zu verändern und die Lebensgrundlagen für künftige Generationen zu sichern.
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Seitenzahl: 213
Veröffentlichungsjahr: 2025
FELIX NEUREUTHER
MIT DR. FLORIAN KREUZPOINTNER UND SIMON BIALLOWONS
Nur so überleben wir
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2025
Hermann-Herder-Straße 4, 79104 Freiburg
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Bei Fragen zur Produktsicherheit wenden Sie sich an [email protected]
Idee: Felix Neureuther, Robert Lübenoff, Dr. Florian Kreuzpointner
Konzeption: Dr. Florian Kreuzpointner, Stefanie Oetterich
Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
Umschlagmotiv: Peter Neusser, München
E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe
ISBN Print 978-3-451-71901-1
ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83981-8
ISBN E-Book (PDF) 978-3-451-71901-1
Vorwort
1. KAPITEL MEINE ÜBERLEBENSSTRATEGIE FÜR UNSERE KINDER
Mein Herzensanliegen
Wir brauchen ein neues Bewusstsein
Warum ich so bin, wie ich bin – und was ich davon weitergeben möchte
Wie unsere Kinder Freiheit erfahren und leben können
Meine Fragen an den Experten
Praktische Impulse
2. KAPITEL KRANKE ERDE, KRANKE KINDER
Die physischen und psychischen Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Kinder
Der Klimawandel trifft die Schwächsten: die Armen, die Alten – und unsere Kinder
Was Gesundheit für mich bedeutet
Meine Fragen an den Experten
Praktische Impulse
3. KAPITEL ÜBERLEBENSRAUM NATUR
Welche Bedeutung haben Naturräume für die Entwicklung von Kindern?
Welche Aspekte der Entwicklung von Kindern werden durch den Aufenthalt in der Natur besonders gefördert?
Weisheit aus dem hohen Norden: Was ich in Norwegen über das Leben gelernt habe
Meine Fragen an den Experten
Praktische Impulse
4. KAPITEL VERANTWORTUNG UND ZUTRAUEN
Welchen Einfluss haben Eltern auf das Gesundheitsverhalten ihrer Kinder?
Handys, Tablets und Soziale Medien: Wo ist das echte Leben?
Geheime Kraftquellen und unser Lebenselixier
Ohne sie geht wenig: Wie viel wir unseren Großeltern verdanken
Unsere starken Kinder: Wie wir ihnen helfen können – und was wir von ihnen lernen dürfen
Meine Fragen an den Experten
Praktische Impulse
5. KAPITEL AUFTRETEN STATT LEISETRETEN
Wir haben unsere Zukunft in der Hand
Gelassenheit und der wichtigste Job der Welt
Auftreten statt leisetreten
Meine Fragen an den Experten
Praktische Impulse
Unsere Experten
Bildnachweis
Liebe Leserinnen und Leser,
natürlich war der Tod von Rosi der einschneidendste Schicksalsschlag in meinem Leben. Wenn du abends heimkommst, niemanden zum Erzählen mehr hast, Erlebnisse und Freude nicht mehr teilen kannst, wenn das „Auf geht’s“ zum abendlichen „Auslaufen“ fehlt, dann sind das Momente, die besonders wehtun. Aber wenn meine Enkelkinder mit ausgestreckten Armen auf mich zukommen und rufen: „Opa, das Abendessen ist fertig“, dann ist das ein pures Glücksgefühl. Das Leben geht weiter, und in den Kindern und Enkeln lebt auch Rosi weiter. Genau so wollte es die Rosi.
Aufgeben kommt für uns Neureuthers nicht infrage. Nach dem Krieg bin ich in einem Berghaus aufgewachsen, und später als Sportler wurde mir Disziplin eingeimpft. Ich habe gelernt, dass man sich nie hängen lassen darf. Die Dankbarkeit für das gemeinsam Erlebte prägt meine Gedanken, in schwierigeren Momenten besinne ich mich darauf, genau das hat sich Rosi gewünscht. Ich weiß aber auch, dass nicht jeder so wie ich das Glück hat, eine Familie um sich zu haben, die einen auffängt. Die Familie ist das Wichtigste!
Dass es mir heute so geht wie einstmals dem Opa Mittermaier, der noch mit über 80 mit seinen Enkelkindern Felix und Ameli zum Skifahren gehen konnte. Das ist bis heute unvergesslich. Jetzt darf ich mit meinen Enkeln das Gleiche erleben. Was für ein Glück.
Es gibt bei allen Sporterfahrungen nichts Schöneres, als bei Sonne oben auf einem Berg zu stehen, unter sich ein unverspurter Pulverschneehang, und in den hineinzutauchen. Und wenn man dann unten abschwingt und zurückblickt, dann sieht man die Spuren, die man im Schnee hinterlassen hat. Auch im Leben gibt es Kraft, wenn man freudig auf das zurückblicken kann, was man so alles erlebt oder auch geschaffen hat.
Natürlich bin ich total glücklich und in Demut dankbar, was aus unseren Kindern geworden ist. Ameli ist eine tolle Künstlerin und meistert ihr Leben als alleinerziehende Mutter bewundernswert. Und der Felix? Der hat mit seiner Miri sein Glück gefunden – und mit inzwischen vier Kindern sich und der Miri eine neue Lebensaufgabe gegeben, die kaum herausfordernder sein kann. Gerade in diesen Zeiten.
Dem Felix waren Kindern schon immer wichtig. Und nicht nur die eigenen. Schon während seiner aktiven Laufbahn als Skirennläufer hat der Felix Ski-Camps für Kids veranstaltet und finanziert und Bewegungs- und Sportprogramme für Kinder gefördert und umgesetzt. Zuletzt hat er seine Stiftung, die Felix Neureuther Stiftung, gegründet – und sein Programm „Beweg dich schlau!“ macht den Kids nicht nur Spaß, sondern fordert und fördert Geist und Körper gleichzeitig. Neudeutsch heißt das übrigens Neuroathletik und wird von fast jedem Spitzensportler gemacht.
Deswegen ist es nur konsequent, dass Felix weiterdenkt. Was nützt es, wenn wir Kinder unterstützen, gesund und fit zu sein, wenn sie auf einer kranken Erde leben müssen. Kindergesundheit und planetare Gesundheit muss man zusammendenken. Deshalb hat Felix mit seinen Mitstreitern die Initiative Gesunde Erde. Gesunde Kinder. ins Leben gerufen und dieses Buch zusammen mit Dr. Florian Kreuzpointner und anderen herausragenden Experten geschrieben.
Kinder zu motivieren und zu befähigen, mit der eigenen Gesundheit und der Gesundheit unserer Erde ressourcenschonend umzugehen – das ist das Ziel dieser Initiative. Und wir alle, Opa, Oma, Vater, Mutter, Tante und Onkel, wir alle haben die Pflicht und Verantwortung, unsere Kinder auf diesem Weg zu unterstützen.
Auf geht’s, pack mas gemeinsam an – nur so überleben wir!
Euer Christian
Mein Herzensanliegen
Wusstest du, dass global 88 Prozent der klimabedingten Krankheitslast Kinder unter fünf Jahren betrifft und gar 99 Prozent (!!!) aller Kinder von mindestens einer Klimafolge betroffen sind? Ich weiß nicht, wie es dir dabei geht. Ich bin Vater von vier Kindern und muss sagen, ich bin schockiert. In Deutschland haben wir oft das Gefühl, dass uns der Klimawandel nicht betrifft. Es gibt „mal“ Katastrophen wie 2021 im Ahrtal. Bei dem Hochwasser starben 135 Personen. Das ist eine Katastrophe und passiert nicht „mal“, sondern wird sich noch in ähnlichen oder noch größeren Ausmaßen wiederholen. Wenn ich mir die genannten Klimafolgen anschaue, dann gibt es neben dem Hochwasser, von dem sicherlich jeder Deutsche schon gehört hat, auch Folgen, die uns direkt betreffen, aber die man vielleicht nicht unbedingt auf dem Schirm hat. Es geht dabei um die Luftqualität. Und das betrifft uns alle in Deutschland und in der Welt. Und es betrifft vor allem unsere Kinder!
Neben der planetaren Gesundheit haben wir aber auch das Thema der Kindergesundheit. Die aktuellen Entwicklungen stimmen mich leider auch nicht positiv. Im Gegenteil, sie machen mir Angst. Wir sitzen zu viel, wir hängen nur noch am Handy rum, wir sind kaum noch in der Natur und wir essen zu wenig Obst und Gemüse. Dieser Lebensstil macht uns dick, träge und krank. Und das betrifft bereits unsere Kinder. Nur etwa ein Viertel der Kinder und Jugendlichen erreicht das empfohlene Aktivitätslevel der WHO, über 15 Prozent sind übergewichtig und adipös, und rund ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen sind psychisch auffällig.
So kann es nicht weitergehen. Wir müssen JETZT etwas für unsere Gesundheit tun! Nur so überleben wir.
Sorry, dass der Einstieg etwas hart war. Doch ich glaube, wir müssen uns mit aller Deutlichkeit vor Augen führen, wie der Zustand von unserer Erde und uns Menschen ist. Natürlich ist in der öffentlichen Debatte, aber auch in unseren persönlichen Gesprächen viel und ausführlich die Rede vom Klimawandel, der Biodiversität oder der Verschmutzung der Meere. Und ich finde es berührend und beeindruckend, wie viele, vor allem junge Menschen, sich in den letzten Jahren für unseren Planeten engagiert haben. Wie viele Stunden, Tage und Wochen sie investiert haben, um uns als Gesellschaft aufzurütteln und um konkrete Maßnahmen in die Wege zu leiten. Das kann man ihnen gar nicht hoch genug anrechnen. Und auch wenn manche dabei über das Ziel hinausgeschossen sind – ich bin froh, dass es Generationen gibt, die das Kostbarste einbringen, was sie haben: ihre Zeit und damit ihr Leben.
Es gibt also das Bewusstsein, dass unsere Erde krank ist. Aber wie krank genau, das ist die entscheidende Frage. Ich würde sagen: Für den Patienten Erde ist es bei weitem noch nicht zu spät, aber wir müssen jetzt aufwachen und anpacken, wir müssen jetzt beginnen, etwas für unsere Erde zu tun. Von alleine wird und bleibt sie nicht gesund. Darum geht es mir in diesem Buch zuallererst: um eine Bewusstseinsänderung, ich werde darauf später noch ein paar Mal zurückkommen.
Dabei will ich aber nicht mit einem erhobenen moralischen Zeigefinger herumlaufen und nur „ihr müsst“ und „ihr sollt“ rufen. Ich bin Papa von vier Kindern und weiß ziemlich genau: Das bringt eh nichts. Stattdessen würde ich gerne mit dir, liebe Leserin und lieber Leser, meine eigenen Erfahrungen teilen, die für mich mit Blick auf die Gesundheit unserer Erde, auf unsere Gesundheit und vor allem mit Blick auf die Gesundheit unserer Kinder prägend sind. Ich glaube und habe es immer wieder selbst erlebt, dass wir von den Erfahrungen anderer oft mindestens so viel lernen können wie von unseren eigenen. Deshalb freue ich mich und bin jedes Mal wieder dankbar, wenn ich auf meinen Reisen Menschen treffe, die mir von ihren Erfahrungen und von ihrem Leben erzählen.
Ich bin als Kind in einem bestimmten Umfeld aufgewachsen, in Garmisch-Partenkirchen in der Bergidylle, zusammen mit meinen Eltern, die beide Sportstars waren und uns die Natur zur Heimat gemacht haben. Ich war selbst Sportler, bin mit dem Skizirkus durch die ganze Welt getourt und gleichzeitig immer hier in Garmisch heimisch geblieben. Ich habe meine Frau Miri kennengelernt, auch sie eine Wintersportlerin und aus Garmisch -Partenkirchen, ihre Mutter allerdings stammt aus Norwegen. Der Kontakt mit Skandinavien, den Menschen und der Natur und nicht zuletzt auch mit der skandinavischen Pädagogik haben mir mega viel beigebracht. Auch davon werde ich in diesem Buch erzählen, weil wir in Deutschland und überall auf der Welt uns einiges davon abschauen können. Ich habe also diesen biografischen Background und treffe natürlich bei meinen Reisen – früher als Sportler und heute in meinen verschiedenen Funktionen – immer wieder auf Menschen, die komplett anders aufgewachsen sind und auch ganz anders leben. Von ihnen zu lernen, bereichert mich total. Zugleich, und das fasziniert mich sehr, sehe ich, dass viele der Probleme und Sorgen, die uns belasten, sich ähneln, aber auch die Lösungen und Träume, die wir haben. Eines ist auf jeden Fall immer gleich: Wir sind gemeinsam auf dieser Erde – und können deshalb gemeinsam für eine gesunde Erde sorgen. Auch als begeisterter Skifahrer. Gemeinsam, aber auch jede und jeder für sich.
Das ist mir nämlich auch noch wichtig: Ich halte es für entscheidend, dass wir als Einzelne unser Bewusstsein ändern, aber auch als Gesellschaft insgesamt. Doch immer wieder erlebe ich, dass gerade das Warten auf Letzteres bestimmte Gefahren birgt, weil eine Änderung des kollektiven Mindsets etwas dauert. Deshalb will ich in diesem Buch mit der Hilfe von Expertinnen und Experten aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen ganz konkrete Erkenntnisse und Lösungsvorschläge mit euch teilen, die wir alle in unseren Alltag einbauen können. Das scheint auf den ersten Blick vielleicht nichts Bahnbrechendes zu sein, aber auch eine Lawine fängt mit einem ersten Stein oder Schneeball an und wird zu einer gewaltigen Macht. Ich lade dich und euch deshalb ein, konkrete Schritte auszuprobieren, um unserem Ziel einer gesunden Erde näher zu kommen. Für uns und für unsere Kinder.
Und noch ein letztes Anliegen: Eine kranke Erde macht alle krank, das ist klar. Doch Kinder, das werden wir später sehen, leiden unter den schädlichen Umwelteinflüssen ganz besonders. Sie leiden physisch, aber eben auch psychisch. Wenn wir also die Erde schützen, schützen wir auch unsere Kinder. Was wir für die Natur tun, tun wir auch für unsere Kinder, ja mehr noch: Das tun wir für unsere Kinder und deren Kinder und wieder deren Kinder und so weiter. Der Kampf gegen die Klimakatastrophe und für unser Erde ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Generationenkampf. Aber kein Kampf zwischen den Generationen, sondern für die Generationen, auch und gerade für die, die erst noch kommen werden. Die Gesundheit der Erde kennt keinen Jahresstichtag. Und am Ende gilt der Leitsatz: Gesunde Kinder kann es nur auf einer gesunden Erde geben.
Ihr habt es bestimmt schon gemerkt: Mich beschäftigen diese Themen zutiefst. Allein schon deswegen, weil ich in und mit der Natur aufgewachsen bin. Ich werde euch noch davon erzählen und auch davon, was das für mich und für unsere ganze Familie bedeutet. Dabei geht es um mehr als nur ein romantisches Schwärmen von Bergglühen oder Sonnenuntergängen, um viel, viel mehr. Und mein Gefühl, was die Natur für uns Menschen bedeutet, hat sich mit den Jahren weiterentwickelt. Am Anfang stand die naiv-kindliche Verbundenheit, die meine Eltern förderten, indem sie uns die Natur auf einfache Weise erleben ließen. Wir lernten Respekt und Staunen, und zwar nicht theoretisch, sondern ganz natürlich, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich wurde Skifahrer und Athlet und konnte die Berge neu entdecken und neu erfahren. Ich erhielt später die Möglichkeit, Dinge zurückzugeben, meiner Familie, aber auch der Natur. Nicht, dass man je alles zurückgeben könnte. Doch es ist für mich ein Herzensanliegen, die Schönheit und die Faszination und die Gesundheit, die unsere Erde uns schenkt, anderen Menschen zu zeigen. Schließlich wurde ich Vater, und das hat mir weiter die Augen geöffnet und mir diese Themen noch nähergebracht: Meine persönlichen Erfahrungen als Vater und Sportler haben mir gezeigt, wie wichtig ein nachhaltiger und gesundheitsbewusster Lebensstil ist. Und mir wurde klar: Um wirklich etwas zu bewegen, müssen wir bei unseren Kindern anfangen. Deshalb habe ich mit meiner Stiftung das Programm Beweg dich schlau! entwickelt. Unsere Kinder stehen heute vor Herausforderungen, die es in meiner Jugend so noch nicht gab – und genau deshalb müssen wir sicherstellen, dass sie mit den richtigen Werkzeugen ausgestattet sind, um diese Welt selbstbewusst und erfolgreich zu meistern.
Aber das kann nur gelingen, wenn wir überzeugend auf unsere Kinder wirken. Und das wiederum klappt nur, wenn wir selbst überzeugt sind. Deshalb müssen wir ein verändertes, ein neues Bewusstsein entwickeln. Ich bin als Sportler ehrgeizig und gewohnt, mir hohe Ziele zu setzen. Genauso ist es auch für mich als Vater und bei diesem Thema: Was wir brauchen, ist nichts Geringeres als eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung unserer Gesellschaft. Doch was auf globaler Ebene geschehen muss, das muss im Kleinen lokal beginnen. Also vor Ort, in unseren Schulen und Kindergärten, in unseren Familien, bei uns selbst. Wir sprechen sehr häufig davon, dass man bewusster leben muss. Aber was heißt das eigentlich?
Wenn wir verstehen, wie wichtig bestimmte Dinge für die Erde, für unsere Kinder, für jede und jeden von uns selbst sind, dann ist die Chance viel größer, dass wir anders auf diese Welt und auf unser Leben blicken.
Wie kann es uns gelingen, uns zu motivieren, unser Bewusstsein bzw. unser Verhalten zu ändern? Eines will ich jetzt schon verraten: Das kann nicht durch das Wörtchen „müssen“ funktionieren. Nur wenn wir es wollen, wenn wir uns es wirklich vornehmen, dann können wir dieses ehrgeizige Ziel erreichen. Wenn wir aber bloß dazu gezwungen werden und keinen inneren Antrieb haben, kein Feuer dafür – dann vergesst es! Deshalb hoffe ich, dass dieses Buch nicht besserwisserisch oder belehrend daherkommt. Ich bin kein Wissenschaftler, bin überhaupt nicht perfekt und mag auch keine fundamentale Denkungsweise, aber ich habe viel erlebt, ich habe viel erfahren und lernen dürfen, und davon möchte ich hier etwas einbringen. Aber ich weiß, das reicht nicht. Deshalb bin ich den Experten auch so dankbar, die in diesem Buch die neuestens Erkenntnisse und Forschungsstände einfach und verständlich präsentieren. Denn es geht um Fakten, wissenschaftlich fundierte Fakten, die unsere Thesen untermauern und uns eindrücklich vor Augen führen, wie brisant die Lage ist, wie wichtig die Bewusstseinsänderung ist – und was wir tun können. Das nämlich ist das Schöne: Wir können tatsächlich etwas tun. Wir können einen Unterschied machen, jeden Tag, für uns, für unsere Kinder, für unsere Gesellschaft und für unsere Erde.
Ich habe für dieses Buch mit unseren Experten gesprochen und viele grundlegende Fakten und Einschätzungen erfahren, die mir immer wieder vor Augen führen, dass es einen echten Handlungsbedarf gibt. Und ich bin mir sicher, dass sie uns aufs Beste dazu motivieren, etwas für unsere Erde und unsere Kinder zu tun. Ich werde nicht alles befolgen oder befolgen können, aber ich habe viel daraus gelernt. Und neben all den Fakten und Expertisen möchte ich auch von etwas anderem sprechen, vor allem von meinen Erfahrungen als Sportler, kritischer Geist und vor allem als Vater. Und von unserem Alltag zu Hause, denn das ist das Faszinierende: Es sind nicht nur die großen Sachen, die einen Unterschied machen, sondern oft schon die kleinen. Wir brauchen nicht nur auf das berühmte „große Ganze“ zu starren, sondern können im Kleinen bei uns selbst anfangen. Wie und was frühstücken wir? Welches Verhältnis haben wir zur Natur? Welche Rolle spielen Handy, Social Media und andere digitale Instrumente für uns? Lieben wir die Bewegung oder nur das Sofa? Sind wir aktiv? Und wenn wir aktiv sind, sind wir dann gemeinsam aktiv? Gibt es feste Zeiten und Rhythmen, die unserem Alltag und damit uns selbst Halt und Orientierung schenken? Welche Fehlerkultur haben wir und wie motivieren wir uns gegenseitig? Das sind nur einige der Fragen, zu denen ich meine persönlichen Erfahrungen und Geschichten erzählen will. Und ihr werdet merken: Auch wir machen genug Fehler. Ich, meine Frau Miri, wir als Familie. Das ist völlig normal. Und gerade deshalb kann jede und jeder von uns ganz beruhigt sein: Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, etwas zu tun – und einfach irgendwo mal anzufangen. Im weiteren Verlauf erfahrt ihr, warum Kinder davon lernen und profitieren können, wenn wir als Erwachsene Fehler eingestehen.
Anpacken, das habe ich von meinen Eltern gelernt. Nicht lange rumreden, sondern loslegen. Und wenn ich darüber nachdenke, wenn ich mich an die vielen Lektionen und Werkzeuge erinnere, die mir meine Eltern mitgegeben haben, dann bin ich unendlich dankbar. Und es spornt mich an, als Vater meinen Kindern ebenfalls dieses Wissen, diese Werte und Instrumente und auch anderes, was ich selbst erlernt habe, weiterzugeben. Für mich ist das jeden Tag ein Ansporn, ein tägliches Zielsetzen wie früher beim Sport. Nur, dass es damals vor allem um mich und meine Zukunft ging; jetzt geht es um mehr, es geht um die Zukunft meiner vier Kinder. Ich weiß: Erziehung ist kein Hobby.
Eltern spielen in der Erziehung eine tragende Rolle, das ist klar. Oder vielleicht ist es doch nicht ganz so klar. Denn wenn ich mir unsere Gesellschaft anschaue, habe ich nicht selten den Eindruck, dass viele ihre Erziehungsverantwortung von sich wegschieben. Vielleicht nicht völlig, aber zumindest wollen sie sie verteilen und an andere abgeben. Ich meine das nicht besserwisserisch, und ich will mich hier auch nicht als Superpapa aufspielen. Glaubt mir, auch wir machen jede Menge Fehler bei der Erziehung unserer Kinder. Wir mussten so viel lernen und tun es immer noch. Aber was ich beobachte: Das Bild vom Elternsein hat sich in den letzten Jahrzehnten verschoben. Das liegt erst einmal daran, dass sich die Gesellschaft brachial verändert hat.
Keine Sorge, jetzt kommt keine der nervigen „Früher war alles besser“-Arien, null. Ganz viel von dem, was meine Kinder hoffentlich einmal an gesellschaftlichem Fortschritt genießen dürfen, ist wirklich großartig: Gleichberechtigung, eine große Vielfalt an Studienmöglichkeiten, eine tolerante Gesellschaft und viele andere Errungenschaften unserer Moderne. So ist das auch in Bezug auf die Familie. Manche der Familienbilder und Elternrollen, die wir noch von unseren Eltern oder Großeltern her kennen, sind zum Glück verschwunden.
Deshalb sage ich ganz wertfrei: Früher war es klar, dass ein Elternteil zu Hause blieb und sich um die Kinder kümmerte, und das war meistens die Frau. Das andere Elternteil – meistens der Mann – ging arbeiten und verdiente das Geld. Und das hatte selbstverständlich Auswirkungen auf die Erziehung, weil viel von dem Alltag zu Hause eher von dem Elternteil bewältigt werden musste, das daheimblieb.
Heute ist das anders, beide Elternteile wollen arbeiten. Das heißt: Sie wollen nicht nur, sie müssen es oft auch, um sich das Leben und teure Mieten überhaupt leisten zu können. Ich habe den allergrößten Respekt vor den vielen Alleinerziehenden, die ihre Aufgaben häufig mit Bravour meistern. Wenn beide Elternteile arbeiten müssen, weil alles so unglaublich teuer geworden ist, dann kann das problematisch werden, weil die Eltern vielleicht nicht mehr ihre tragende Rolle in der Erziehung ausfüllen können, selbst wenn sie es wollen. Das hat auch die Politik irgendwie erkannt. Ab 2026 wird daher die Ganztagsbetreuung ab der ersten Klasse und dann schrittweise verpflichtend eingeführt. Oder muss ich schreiben: „soll eingeführt werden“?! Auch wenn ich nicht glaube, dass solche Einrichtungen jemals die elterliche Erziehung komplett ersetzen können, ist das prinzipiell sinnvoll, weil es aus gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gründen nun einmal nicht anders geht. Der Haken dabei ist: Diese Ganztagseinrichtungen müssen vernünftig aufgestellt werden, weil die Kinder dort den ganzen Tag verbringen. Und das sind sie oft nicht.
Für mich ergibt sich daraus eine klare Forderung an die Politik: Wenn wir eine Gesellschaft haben, in der das Leben so teuer geworden ist, dass es sich eine normale Familie kaum mehr leisten kann; wenn Eltern so viele Stunden arbeiten müssen, die sie eigentlich lieber mit ihren Kindern zusammen verbringen möchten und diese Zeit nie wieder zurückbekommen, dann hat die Politik – sorry – die verdammte Pflicht, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder in einer Form unterkommen, in der es ihnen gutgeht. Das gilt für die Schulen, egal ob Grundschule oder Hauptschule oder Gymnasium. Das gilt aber auch für die Natur, die unsere Kinder umgibt. Wenn die Eltern keine Zeit haben, mit ihren Kindern in die Natur zu gehen, weil eben nicht alle einen Wald oder einen schönen See vor der Haustür haben, dann muss die Politik in unseren Dörfern und Städten dafür sorgen, dass Kinder die Natur auf eine andere Art und Weise erleben können. Das ist, ich sage es noch einmal, ihre Pflicht! Ansonsten leiden unsere Kinder von Anfang an darunter, weil die Erziehung nicht so sein kann, wie sie sein sollte.
Wenn ich hier die Politik so massiv zum Handeln auffordere, dann muss ich natürlich auch über uns Eltern reden. Wie gesagt, auch Miri und ich machen nicht alles richtig. Doch ich finde es krass, wenn ich höre, wie viele Menschen Kinder bekommen, sie aber gar nicht haben wollen. Wie viele Menschen Eltern werden, aber nicht Eltern sein wollen. Ich rede hier wohlgemerkt nicht über ungewollte Schwangerschaften oder andere schlimme Begebenheiten. Ich rede darüber, dass es zum Beispiel mittlerweile Hotels gibt, in denen du dein Kind, das gerade einmal sieben Tage alt ist, abgeben kannst, während du dich von der Geburt erholst. Die Angestellten, bestimmt top ausgebildet, kümmern sich um das Kleine. Aber ich finde das krass. Da müssen wir uns schon ein Stück weit an die eigene Nase fassen und uns entscheiden: Will ich denn ein Kind in die Welt setzen, ja oder nein? Und will ich mich um das Kind kümmern, ja oder nein? Und diese Entscheidung muss ich treffen, bevor ich zur Tat schreite, nicht danach. Auch das ist – sorry noch einmal – unsere verdammte Pflicht.
Eltern sein zu wollen, nicht nur biologisch, sondern mit allem, was dazugehört, ist nicht einfach. Das merken wir in unserer Familie auch ständig. Doch ohne die grundlegende Bereitschaft geht’s nicht. Zu dieser Bereitschaft gehören viele verschiedene Einstellungen und Eigenschaften. Für meine eigene Entwicklung, also dafür, dass ich so aufwachsen konnte und so wurde, wie ich bin, für meine innere Resilienz und die Fähigkeit, mit Widerständen und Rückschlägen umzugehen, sind drei Einstellungen besonders wichtig: Fehler machen (dürfen) und Fehler machen lassen. Freiheit haben und Freiheit geben. Sowie Vorbilder haben und Vorbild sein.
Das Thema „Vorbilder“ tippe ich an dieser Stelle nur an, weil es im vierten Kapitel noch ausführlicher behandelt wird. Hier nur so viel: Wie stark Vorbilder und das richtige Verhalten auf Kinder wirken können, erfahre ich jeden Tag bei meinen eigenen. Wenn du ihnen die Dinge glaubhaft vormachst, ist es erstaunlich, was das bei Kindern bewirkt. Ich bin kein Entwicklungspsychologe oder Pädagoge, aber ich sehe immer wieder: Kinder lernen nicht so sehr durch das Akustische, sondern vor allem durch das Optische. Was will ich damit sagen? Während wir Erwachsenen viel durch die Akustik, durch das, was wir hören, lernen, ist das bei Kindern anders, sie sind deutlich stärker auf das Optische fixiert. Wenn du also Kindern bestimmte Dinge vorlebst, dann werden sie das selbst auch so machen.
Warum bin ich als Kind jeden Tag zum Skifahren gegangen? Warum wollte ich nach der 10. Klasse die Schule abbrechen, um Skirennen zu fahren? Natürlich weil meine Eltern mir diese Dinge vorgelebt haben, aber weil sie auch dafür gesorgt haben, dass ich die Schule nicht abgebrochen habe. Doch nicht nur meine Eltern. Ich hatte auch ein anderes sehr großes Vorbild, und das war Alberto Tomba. Der war damals absolute Weltspitze, gewann dreimal Gold bei Olympia im Slalom und Riesenslalom, wurde zweimal Weltmeister und holte auch noch den Gesamtweltcup. Damals war ich gerade zehn und wollte fahren wie Tomba, la Bomba. Ich bin raus auf die Piste – und dann Vollgas!
Vorbilder, davon bin ich überzeugt, braucht jeder von uns. Vor-Bilder – das steckt schon im Wort – hat man vor sich. Und diese Bilder – auch das steckt im Wort – bilden. Sie bilden etwas ab, Werte zum Beispiel, Haltungen und Einstellungen, Lebenslust und Freiheit. Und indem sie etwas abbilden, können sich ande