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Sex, Drogen und Tod auf dem Lande. Der zweite Fall vom Ermittlerduo Polizei-Fw Fritz Hebel und Polizei-Wm Helene Wachter. Der Fall bringt Hebel und Wachter in dieselbe Gegend zurück, wo sie bereits früher einen Doppelmord zu klären hatten. Auch im neuen Fall sind wieder zwei Tote zu beklagen. Haben die beiden Toten etwas miteinander zu tun?
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Seitenzahl: 307
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Rony Brunner ist ein junger Mann; ein Lebemann. Er bewegt sich oft an der Grenze der Legalität; und manchmal auch darüber. Arbeit ist für ihn ein notwendiges Übel um das Leben zu finanzieren wenn das Geld nicht anderweitig beschafft werden konnte. Arbeitskleidung, schmutzige Hände und körperliche Betätigung sind ihm ein Gräuel. Die Lehre als Kaufmann, die er nach der Schulzeit begann, beendete er zwar, jedoch ohne Abschluss. In den ersten Jahren nach seiner Lehrzeit arbeitete er temporär an verschiedenen Stellen. Unterordnen konnte er sich damals nicht und kann es auch heute noch nicht. So ist es nicht verwunderlich, dass er es nie lange an einer Stelle aushielt. Selbstverständlich waren immer die Anderen schuld. Entweder war der Chef ein unmöglicher Kerl, oder die Arbeit entsprach nicht den Vorstellungen von Rony. Am liebsten sind ihm Anstellungen als Aussendienstmitarbeiter. Er fühlt sich dabei nicht kontrolliert und kann seine Arbeitszeit einteilen wie er will. Aber genau dies ist immer wieder der Grund, dass er auch eine solche Stelle nie lange innehat. Denn bei so viel Freiheit, ist es ihm lieber in Restaurants herumzuhängen, als Kunden zu besuchen.
Eine gescheite Freizeitbeschäftigung hat er nicht. Seine Hobbys sind Bars und Clubs.
Rony Brunner ist ledig. Er wohnt in einer schönen viereinhalb Zimmer-Dachwohnung in einer freundlichen Überbauung auf dem Lande, in der Nähe eines Waldes. Grundsätzlich gefällt ihm die Wohnung. Sie ist modern und günstig. Einzig findet er es störend, dass auf dem Land jeder auf den anderen schaut. Er fühlt sich deswegen beobachtet und hat das Gefühl, er werde von allen schief angesehen.
Freundinnen blieben nicht lange, denn er lebt mit der Treue auf Kriegsfuss. Auch im Liebesleben braucht er Abwechslung und immer wieder etwas Neues. Frauen, mit denen er etwas anfängt sind meistens solche, die er in einer Bar oder einem Club kennen lernt. So bleibt es dann meistens bei einem one night stand, oder einer Liebschaft für einige Tage. Die Frauen, die er so abschleppt sind selber auch nicht an einer längeren Beziehung zu Rony Brunner interessiert. Irgendwann kam immer die Zeit, in der in der Wohnung mal was gemacht werden sollte. Da sich Rony auch für Hausarbeit zu schade ist, dachte er, ‚seine‘ Frauen könnten ja auch etwas tun, dafür dass sie bei ihm wohnen können. Durch sein Auftreten hat er jedoch immer ein Händchen dafür, Frauen aufzugabeln, die nur an einem Interessiert waren: Geld und Sex.
Schnell wurde den Frauen jeweils klar, dass das mit dem Geld ein Reinfall ist und dass das Getue von Rony vor allem Schall und Rauch ist.
Trotzdem kam der Tag, an dem er eine Frau kennen lernte, die offenbar ernste Absichten hegte. Sie war Rony bereits ab der zweiten Nacht hörig. Milliza Wafzig ist eine wunderschöne grossgewachsene Blondine, ursprünglich aus Ungarn stammend. Sie kam mit ihren Eltern als Kind in die Schweiz. Ihre Eltern zogen nach ihren Pensionierungen wieder zurück nach Ungarn. Milliza blieb in der Schweiz, da sie in Ungarn keine Perspektiven sieht. Hier in der Schweiz betätigt sie sich als Tänzerin und Begleitung für betuchte Herren. Sie hat vor allem Landsmänninnen als Freundinnen, die im horizontalen Gewerbe tätig sind. Durch die Arbeit in Escort-Agenturen hat sie meistens mit den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer von Bordellen Kontakt. Rony ist diese Art von Arbeit, der Milliza nachgeht egal. Eifersüchtig ist er nicht, kann er ja auch nicht sein, mit seinem Lebenswandel. Die Situation war ihm sogar recht. Er hatte immer eine Liebespartnerin und jemand, der sogar das Nötigste im Haushalt erledigte.
So ist Rony. Frauen sind für ihn mehr Sexobjekte, als menschliche Wesen mit eigenen Gefühlen und Bedürfnissen.
Als es wieder einmal knapp mit dem Geld wurde, überlegte Rony, wie er diesem Missstand begegnen könnte. Er kam auf die Idee, seine Wohnung teurer unter zu vermieten. Er wollte sich mit Milliza eine günstigere Wohnung nehmen und so ein monatliches ‚Grundeinkommen‘ schaffen. Aber wer würde die Wohnung zu einem Zins mieten, der für ihn einen anständigen Gewinn abwerfen wird?
Durch die Beziehungen Milliza‘s zu Bordellen konnten sie die Wohnung an verschiedene ihr bekannten Bordellbetreiberinnen und Betreiber anbieten.
Rony war bestrebt für eine neue schnuckelige Wohnung. Etwa zwanzig Kilometer vom jetzigen Wohnort entfernt fand er eine zweieinhalb Zimmerwohnung mit Balkon. Die Wohnung konnte er zu einem viel günstigeren Preis mieten, als die, die er zurzeit bewohnte.
Mit der Besitzerin der Dachwohnung, welche in einem anderen Teil der Schweiz lebt, wurde alles Rechtliche geklärt. Er bekam die Bewilligung zur Untervermietung der Wohnung. Der Vermieterin sagte er jedoch nicht, um was für Untermieter oder besser Untermieterinnen es sich handeln würde. Entgegen kam ihm, dass sie auch nicht danach fragte. Ihr war nur wichtig, dass die Wohnung vermietet ist und sie dafür Geld einnehmen konnte. Sie betrieb ein Geschäft für Damenwäsche. Das Geschäft lief mehr schlecht als recht und sie war deshalb auf die Einnahmen der Wohnung angewiesen. Sie konnte die ganzen Mieteinnahmen für sich nutzen. Die Wohnung war ohne Schulden. Ihr Exmann musste sie ihr bei der Scheidung abtreten. Bares war nicht vorhanden. Ab dem ersten Tag, an dem sie Eigentümerin der Wohnung wurde, vermietete sie das Objekt. An den Eigentümerversammlungen erschien sie nie. Sie übertrug ihr Stimmrecht jeweils dem Verwalter, Kurt Wanner.
Milliza und Rony hatten in der Folge mit einer Bordellbesitzerin die Abmachung getroffen, dass sie monatlich einen bestimmten Betrag erhalten würden. Dafür konnten sie in der Wohnung auf dem Lande ihre Damen einquartieren. Das Geschäft war lukrativ. Die Bordellbetreiber liessen es sich gerne etwas kosten. Immer wieder mussten Frauen für eine kurze oder längere Zeit versteckt werden. Sei es, weil sie keine Aufenthalts- und Arbeits-Bewilligungen hatten, weil sie eine Gefahr für die Szene darstellten, oder weil sie selber in Gefahr waren. Die Wohnung war dafür optimal, verkehrstechnisch zentral und doch weit genug von den Zentren entfernt gelegen.
Die Mädchen verlassen im Verlaufe des Tages jeweils die Wohnung und kehren früher oder später wieder zurück. Manchmal bleibt eine der Damen auch einen ganzen oder sogar mehrere Tage weg. Sie benutzen Taxis, werden durch Angestellte der Bordelle oder manchmal auch durch Freier chauffiert.
Es kommt auch vor, dass ein Freier, das eines der Mädchen heimfährt für den Rest der Nacht bleibt.
Das Kommen und Gehen in der Wohnung hält sich in Grenzen, so dass der Wechsel der Bewohnerinnen und die Besuche von immer wieder anderen Männern den Nachbarn nicht wirklich auffallen. Auch weil immer alles ruhig und von aussen auf jeden Fall gesittet abläuft, wird nichts Ungewöhnliches registriert.
Nur der Abwart und Verwalter der Überbauung, Herr Kurt Wanner, und seine Frau Elisabeth bemerkten, dass nicht ganz alles so ist, wie bei ‚normalen‘ Bewohner. Sie machten sich aber weiter keine Gedanken, die Wohnung ist ja nicht durch sie vermietet. So lange alles ruhig abläuft und von den anderen Bewohner keine Reklamationen eingingen, liessen sie der Sache ihren Lauf, ohne zu intervenieren. Auch die Besitzerin informierten sie nicht.
Den Bordellbesitzer ist die ‚Filiale‘ mit der Zeit aber zu aufwendig geworden. Die Kontrollen, welche die Zuhälter regelmässig durchführten, wurden ihnen zu kompliziert. Immer den weiten Weg von Zürich in das kleine Dorf und wieder zurück; zu viele tote Zeit. Auch sind ihnen die Umsätze auf dem Land zu gering. Es ist kein Vergleich mit denen in der Stadt. Aus diesem Grunde zogen die meisten Bordellbesitzer ihre Damen wieder in ihre Hauptsitze zurück.
Nur drei Prostituierte blieben. Sie wollten sich mit ihren Zuhälter einigen. Es sollte aber noch ein langer Weg bis zur bedingungslosen Freiheit sein.
Es sind drei junge Frauen, ursprünglich alle aus dem Ostblock; Maxima und Suzanna, genannt Susi, aus Ungarn und Natascha aus Russland.
Jede der drei Frauen ist eine Schönheit für sich. Sie können sich nicht über mangelnde Arbeit in den Bordellen beklagen. Die Freier reissen sich um sie. Ihnen kommt eine Abwechslung und die Möglichkeit ein wenig freier arbeiten zu können, gerade recht. Obwohl sie selber merkten, dass der Umsatz kleiner als in der Stadt war, malten sie sich aus, dass wenn sie dann alleine in der kleinen Wohnung blieben, das Geschäft dann schon besser gehen würde. Wenn sie dann auch nicht mehr einen grossen Teil ihrer Einnahmen den Zuhältern abliefern müssen, würden ihre Verdienste wieder vergleichbar mit denen in der Stadt. Vorläufig mussten sie aber noch Abgaben tätigen. Da sie nicht mehr unter der strengen Kontrolle ihrer Zuhälter waren, konnten sie die Angaben ihrer Einnahmen etwas frisieren und gaben nicht den Teil ab, der eigentlich fällig gewesen wäre. Die geringen Umsätze, die sie angaben, brachten ihnen oft Ärger ein. Sie konnten sich aber immer wieder rausreden und versprachen jeweils, sich mehr anzustrengen.
Ihre Dienste nur in der Wohnung anzubieten erbrachte aber dann doch weniger Einkommen, als sie sich vorgestellt hatten. Sie mussten wohl oder übel auch auswärts anschaffen gehen, obwohl dies nicht nach ihrem Sinn war. Schliesslich sassen ihnen immer noch die Zuhälter im Nacken.
Je nachdem welchen Weg die Frauen bei ihren ‚Ausflügen‘ nehmen, fahren sie nicht weit von ihrem Wohnort entfernt, auf einer Verbindungsstrasse zweier Ortschaften, durch ein kurzes Waldstück. Auf beiden Seiten der Strasse sind lange Parkplätze angeordnet. Von diesen Parkplätzen führen einige Wege in den Wald hinein.
Bei jeder Durchfahrt wunderten sich die Frauen, dass immer viele Autos auf den Parkplätzen stehen. Dem Wald entlang, oder auf den Waldwegen sind stets viele Spaziergänger unterwegs. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Männer.
Eine der Frauen fragte bei einer ihrer Ausfahrt den Taxichauffeur, ob er ihr erklären könne, was es auf sich hat mit diesem kuriosen Waldstück. Der Taxichauffeur musste lachen. „Selbstverständlich kann ich ihnen sagen was hier los ist.“ Er schaute in den Innenrückspiegel nach hinten zu seinem Fahrgast. Er lächelte weiter „Es ist das ‚Schwulenwäldchen‘. Hier treffen sich Homos um sich zu vergnügen. Entweder es finden sich Zwei, oder Stricher bieten ihre Dienste an. Ab und zu beschert mir dieser Wald auch schon mal ein schönes Geschäft. Es ergibt sich schon mal, dass ich von einem der Bahnhöfe in der Gegend Fahrgäste hierher fahren kann. Ein gutes Trinkgeld ist da jedes Mal fast sicher. Schlussendlich erhoffen sich die lieben Jungs durch gutes Trinkgeld auch eine höhere Diskretion. Es sind wahrscheinlich auch viele Männer darunter, die nicht nur auf männliche Liebschaften stehen, sondern auch solche, die ganz normal eine Familie haben. Ich konnte schon beobachten, dass der eine oder andere Fahrgast während der Fahrt seinen Ehering vom Finger zog und ins Portemonnaie versorgte.“ Die Frau bedankte sich für die Auskunft und meinte: „Das habe ich nun doch noch nie gesehen. Ich weiss wohl, dass es dies gibt, ich bin ja auch in dieser Branche tätig. Aber so intensiv? Das ist auch für mich sehr verwunderlich.“
Als die drei Frauen zufälligerweise einmal alle zusammen zu Hause waren, erzählte Maxima was sie vom Taxifahrer über den komischen Wald in der Nähe erfahren hatte. Die drei fanden es lustig, dass es hier auf dem Lande so ein ‚Schwulenwäldchen‘ gab.
In der laufenden Diskussion kam Maxima plötzlich eine Idee: „He Leute, da könnten doch auch wir etwas daraus machen, etwas Kapital schlagen. Was meint ihr?“ Susi schaute sie ungläubig an: „Wie meinst du das? Willst du ein Kaffee eröffnen, oder einen Automaten mit Kondomen aufstellen?“ „Nein. Einfach. Wir könnten doch das ‚Angebot‘ in diesem ‚Schwulenwäldchen‘ mit unseren Dienstleistungen ergänzen und so unseren Verdienst optimieren.“ Nun meldete sich auch Natascha zu Wort „Super, wenn es dann läuft, dann können wir uns ja selbstständig machen, uns endlich von unseren Schmarotzern befreien und hätten die ganze verdiente Kohle für uns selber. – Aber kommen wir aus unseren jetzigen Verpflichtungen raus?“ Susi stimmte Natascha zu: “Ich bin da auch skeptisch, ob mein ‚Gebieter‘ da so einfach mitmacht und mich aus seinen Fängen entlässt.“ Sie verzog dabei ihr Gesicht zu einer unfreundlichen Fratze. Maxima fand die Idee von Natascha nicht schlecht: „Ich finde die Idee sehr gut. Ich habe sicher keine Probleme. Ich arbeite in einem Etablissement mit einer anständigen Betreiberin. Ich bin mehr oder weniger frei und kann mit Sicherheit austreten.“
Sie machten ab, dass sie sich bei ihren jetzigen ‚Arbeitgeber‘ vorsichtig informieren, mit welchen Konsequenzen sie selbstständig arbeiten könnten. Unterdessen soll Maxima mal im ‚Schwulenwäldchen‘ ‚die Lage sondieren‘. Sie soll eine ‚Marktanalyse‘ erarbeiten.
Maxima ist eine hübsche selbstsichere Frau mit viel Erfahrung im Geschäft. Sie hatte keine Probleme sich ins ‚Schwulenwäldchen‘ zu begeben. Sie dachte sich, die Schwulen würden ihr mit Sicherheit nichts tun, sie seien ja nicht an Frauen interessiert und es ist ja bekannt, dass Schwule eher noch freundlicher zu Frauen sind, als Heteros.
Da das ‚Schwulenwäldchen‘ nicht weit vom Wohnort der drei Frauen entfernt ist, ging Maxima zu Fuss an den zu prüfenden Ort. Obwohl sie aus der Prostituiertenszene stammt und eine selbstsichere Frau ist, war es ihr etwas mulmig in der Magengegend, als sie an einem schönen Sommerabend ins Wäldchen spazierte. Sie wurde dann auch von den anwesenden Männern von oben bis unten schräg angesehen. Sie konnte es ab den gerunzelten Stirnfalten, an den erstaunten Augen ablesen: „Was will den eine Frau hier, was will denn ausgerechnet diese Frau hier?“
Es war Maxima klar, sie musste offensiv arbeiten, wenn sie etwas erreichen wollte. Es war absolut unbekannt, dass hier nicht nur männliche, sondern auch weibliche Prostituierte ihre Dienste anboten. Auch in einschlägigen Internetseiten ist nur immer von Männern die Rede, welche sich in diesem Wald treffen und vergnügen konnten.
Aus diesem Grunde bewegte sie sich vor allem in der vorderen Hälfte des Parkplatzes. Sie wollte erreichen, dass vorbeifahrende potentielle Kunden sie wahrnahmen. Entsprechend war sie auch aufreizend angezogen. Sie trug hohe rotbraune Stiefel, die bis zu den Knien reichten, einen schwarzen engen Minirock, nicht breiter als eine Männerhand, der erkennen liess, dass sie darunter einen knappen schneeweissen String trug und eine gelbe Bluse. Diese trug sie offen, nur über dem Bauch mit einem Knoten zusammengebunden. Einen Büstenhalter trug sie nicht; benötigte sie auch nicht. Ihr stattlicher Vorbau wölbte sich aus dem Ausschnitt, wie wenn sie einen Push-Up-BH tragen würde. Die Brustwarzen zeichneten sich deutlich unter dem dünnen Stoff ab.
Am ersten Abend passierte nicht viel. Es fiel ihr auf, dass die Autos deutlich ihre Geschwindigkeit drosselten, als sie die hübsche leicht bekleidete Frau sahen. Ein Auto hielt an und beschimpfte Maxima, sie habe hier nichts verloren, sie solle machen, dass sie nach Zürich auf den Strich komme. Nach dieser Beschimpfung fuhr er ein paar Meter weiter, parkierte und verschwand im Wald. Maxima schaute ihm kopfschüttelnd nach, bis sie ihn nicht mehr sah. Ein anderer Fahrzeuglenker erkundigte sich bei ihr nach dem Weg zur Autobahn Richtung Basel. Als Maxima schon wieder nach Hause gehen wollte, hielt ein weiteres Fahrzeug an. Der Mann fragte freundlich und mit offenbar gebildetem Sprachschatz, ob am Platz nun das Angebot auch auf die Lesben-Szene erweitert worden sei. Dies sei doch ein Schwulentreffpunkt. Maxima konnte sich ein verschmitztes Lächeln nicht verkneifen. Sie dachte sich, entweder ist das ein oberschwuler Akademiker, oder ein Bulle der die Szene checken wollte. Sie beugte sich tief durch das Seitenfenster in den Wagen hinein. Der Mann konnte es nicht verkneifen Maxima länger als nötig in den Ausschnitt zu sehen. Sie gab ihm die Antwort, dass sie eigentlich eher die Herren der Schöpfung ansprechen möchte und nicht zur Lesben-Szene gehöre. Sie erhoffte sich den ersten Kunden angeln zu können. Sie bewegte sich etwas weiter ins Wageninnere und schob mit dem Unterarm ihre Brüste noch etwas weiter nach oben. So weit, dass sie fast aus der Bluse hüpften. Doch der Mann liess sich nicht weiter beeindrucken und bedankte sich für die Antwort. Enttäuscht zog sich Maxima aus dem Auto zurück. Beim Wegfahren gab er ihr noch eine Warnung mit auf den Weg. Hier im Wald könnte es gefährlich für eine Frau wie sie werden. Hier könne sie sicher nicht auf rasche Hilfe hoffen, sollte sich einer gar grob benehmen. Er wünschte ihr viel Glück und fuhr mit den Worten, man werde sich in diesem Falle sicher mal wieder sehen, weiter.
Maxima war zwar enttäuscht, aber erstaunt über die Freundlichkeit des Mannes und hoffte, dass es sich nicht um einen Bullen gehandelt hatte. Sonst würden ihre ‚Geschäftsideen‘ eher im Sande oder in einer Zelle verlaufen als ihr es lieb sein konnte.
Da sie offenbar wahrgenommen wurde, verschob sie ihren Heimgang noch eine weitere halbe Stunde. Doch weiter ereignete sich nichts mehr. Es hielt kein weiteres Auto mit einem potentiellen Kunden an.
Zu Hause erzählte Maxima die Erlebnisse ihres Erkundungsausfluges in allen Einzelheiten. Sie kamen zum Schluss, dass es wohl doch etwas schwieriger sein werde, in einer Schwulenhochburg als weibliche Liebesdienerinnen Fuss zu fassen und sich zu etablieren.
Einige Tage später besprachen sich die drei Frauen wieder bezüglich ihres Vorhabens. Sie kamen überein, dass sie es wagen wollten.
Als erstes aber mussten sie mit ihren jetzigen ‚Arbeitgeber‘ zurechtkommen.
In ihren Etablissements konnten nur Maxima und Natascha die Angelegenheit regeln. Sie gaben Susi nicht Preis, auf welche Weise diese Regelung stattgefunden hatte. Es war allen klar, einfach so aus einem solch speziellen Vertrag wie sie in der Szene vorhanden sind, kommt man normalerweise nicht raus. Schliesslich handelt es sich nicht um normale schriftliche Verträge, die an gesetzliche Vorschriften gebunden sind und die man einklagen kann, wenn sie nicht eingehalten würden. Normalerweise müssen sich die Damen bei ihren Zuhältern freikaufen, wenn sie den einseitigen Vertrag künden wollen.
Susi hatte nicht so viel Glück mit ihrem ‚Arbeitgeber‘. Wohl bekam sie die Bewilligung, sich an der neuen Geschäftsidee zu beteiligen. Sie bekam den Befehl, auch von ihrer neuen Nebenbeschäftigung den Anteil von siebzig Prozent abzugeben. Ihr Zuhälter, Johnny Bellami, mit richtigem Namen Hans Schön, machte ihr seinen Standpunkt gleich mit einer Tracht Prügel klar. Dies ist der normale Fall, wie Johnny eine Vertragsklausel einseitig einführt. Nur schon mit einer solchen Idee zu ihm zu kommen, konnte er gar nicht fassen. Susi steckte die Prügel locker weg; sie ist sich gewohnt, dass es hart zu und her ging, wenn Johnny nicht zufrieden war. Zum Schluss der einseitigen Besprechung vergewaltigte Johnny Susi auf brutale Weise um ihr zu verdeutlichen, dass er sie als sein Eigentum betrachte und sie dies nie vergessen dürfe. Als er mit ihr fertig war und sich ins Bad zurückzog konnte sie sich glücklicherweise davon machen, bevor sie ihm sagen musste, wo sie zurzeit logierte und ihre Geschäfte machte.
Die Frauen fanden, dass sie in dieser Wohnung bleiben wollten. Man kennt sie hier nicht. Sie sind zwar angemeldet, aber die Gemeindebehörden sind bekanntlich verschwiegen und sie sind somit schwer zu finden. Die Miete konnten sie fortan auch selber direkt Rony Brunner entrichten. Maxima konnte über ihre Chefin die Verbindung zur Freundin von Rony herstellen. Milliza und sie verstanden sich als Landsmänninnen von Anfang an bestens. So wurde die neue Vereinbarung auch ohne Probleme getroffen. Die drei Frauen entrichten monatlich einen bestimmten Betrag an Maxima, die ihrerseits das Geld an Milliza und Rony überbringt.
Nach den ersten Erfahrungen der drei Frauen im ‚Schwulenwäldchen‘ sahen sie ein, dass ohne Werbung ihr Geschäft nicht anlaufen konnte. Sie mussten dafür sorgen, dass weit herum bekannt wurde, dass am besagten Schwulentreffpunkt nun auch Frauen zur Verfügung stehen würden. Sie wollten aber auch verhindern, dass es den Anschein macht, es würde sich um eine Lesbenszene handeln, so wie es einer der Automobilisten bereits falsch verstanden hatte.
Die Frage, was die effektivste Werbung ist, war schnell beantwortet.
Das Internet.
Susi kannte einen Internetspezialisten. Sie war sicher, dass sie ihn gewinnen konnte, ihnen mit einschlägiger Werbung behilflich zu sein.
Er ist einer der angenehmsten Kunden die Susi hat. Er ist jeweils daran interessiert ein paar schöne Stunden mit einer Frau verbringen zu können. Eine Freundin hat er keine. Er ist nie grob; immer zärtlich, wie mit einer eigenen Freundin, die er nicht hat. Es gab auch mal Schäferstündchen mit ihm, die eine ganze Nacht gingen. Susi berechnete ihm dann aber nur den normalen Tarif für eine Stunde, denn auch Susi wollte ab und zu Momente geniessen, wie wenn sie eine normale Beziehung hätte. Bei solchen Begegnungen wurde natürlich auch viel geredet. Susi fand nie heraus, warum Fredy, so hiess der Internetspezialist, keine Freundin hat. Auch wenn sie sich fast schon etwas näher kamen, war nie die Rede davon, dass sie eine normale Freundschaft eingehen könnten, dass sie zusammen gehen könnten. Er versuchte auch nie, sie zu überreden, ihren Beruf aufzugeben, um nur für ihn da zu sein. Es war auch für sie jeweils nicht nur Arbeit, sondern sie empfand die Nächte schön und angenehm. Einfach eine schöne liebevolle Abwechslung zu den anderen meist groben und anzüglichen Freier, die sie bedienen musste. Dies brachte ihr auch ein oder zwei Mal Prügel von Johnny ein, da er dies mitbekam. Eine ganze Nacht mit demselben Freier, hätte mehr Geld einbringen sollen. Ausreden nützten da nichts.
Susi war sich sicher, dass diese Nächte ihr nun auch einen Vorteil bringen könnten. Sie ordnete Fredy, den Informatiker, als korrekten Mann ein, der ihre Gutmütigkeit nicht als Selbstverständlichkeit hinnahm. Sie machte mit ihm ab, dass er im Internet das ‚Schwulenwäldchen‘ nun auch für Kundschaft der Heteroszene bekannt machen werde. Die Bezahlung für die Internetdienstleistung erfolgte – natürlich -- in natura.
Die Schaltungen im Netz wurden immer aktuell gehalten. Das heisst, es wurden immer wieder andere Bilder von schönen Frauen abgebildet, was den Anschein machte, dass ein Wahnsinns-Angebot vorhanden sei. Diesen Trick bedienen sich fast alle einschlägigen Etablissements. Es entsprach zwar nicht der Wahrheit, ist aber sehr geschäftsfördernd, wie sich später herausstellen sollte. Wahrheit in dieser Szene ist eh ein Fremdwort. Man bedient sich allerhand Tricks um die Geschäfte anzukurbeln. Da ist die Masche mit nicht existierenden Mädchen zu werben gerade noch heilig.
Mit dieser Werbung begann das Geschäft zu laufen. Die Drei haben immer etwas zu tun. Maxima und Natascha sind etwas diskreter als Susi. Sie steigen in der Regel bei den Freier ins Auto, fahren einige Kilometer weg und lassen sich nach ‚getaner Arbeit‘ wieder zurück zum ‚Schwulenwäldchen‘ bringen. Öffentliche Parkplätze oder andere stille Orte gibt es in der näheren Umgebung zur Genüge.
Susi ist viel offensiver. Es kommt oft vor, dass sie sich mit einem Freier in ein Dickicht verzieht und dort ihrem Geschäft nachkommt.
Diese Machenschaften verursachte in der Homo-Szene Unruhe. Alle Drei, besonders aber Susi werden immer wieder von Schwulen beschimpft. Einmal wurde Susi tätlich angegriffen. Ein ganz besonders aggressiver Typ, Susi stufte ihn als Strichjunge ein, versetzte ihr eine Ohrfeige. Die Ohrfeige tat ihr zwar höllisch weh. Sie zeigte dies aber nicht. Der Typ war gross, schlank und kräftig. Ein Model-Typ. Sie steckte diese einmalige Attacke weg und tat sie als Berufsrisiko ab. Bedroht wurde sie öfters. Man werde ihr schon mal zeigen, wohin sie ihre Geschäfte hier in ihrem ‚Hoheitsgebiet‘ führen werde. Man kenne genug Männer, die wissen würden, wie man unfolgsame zickige Schlampen behandeln müsse. Sie nahm die Drohungen nicht wirklich ernst. Unangenehm war es aber trotzdem. Das bisherige Bild der anständigen, zu Frauen zuvorkommenden, Schwulen wich der Tatsache, dass dies nur für Männer galt, die in einer festen gleichgeschlechtlicher Beziehung lebten. Hier ging es offenbar um hartes Business.
Mit der Zeit begaben sich die drei Frauen mit ihren Freiern immer öfters zu ihnen nach Hause. Die Geschäfte können dort in aller Ruhe und in angenehmer Umgebung getätigt werden. All die, die mal mit Maxima, Natascha oder Susi in der Wohnung waren, kamen auch hier her wieder zurück. Die Kunden wurden immer seltener im ‚Schwulenwäldchen‘ gesucht.
Die Stammkundschaft stieg stark an. Mehr und mehr arbeiten sie nur noch zu Hause. Das ‚Schwulenwäldchen‘ wurde immer uninteressanter für die Frauen. Die Internetwerbung wurde wieder eingestellt; sie war nicht mehr notwendig. Die Anzahl der Stammkunden war gross genug geworden und die dazukommende Mund zu Mund Propaganda brachte immer noch mehr neue Kunden. Der Stammkundenkreis wuchs so in eine ihnen nicht vorher vorstellbare Dimension.
Der hilfsbereite Fredy blieb ein gerngesehener Kunde von Susi. Er blieb der beliebteste Kunde mit Spezialkonditionen.
Der Umstand, dass die Geschäfte nun ausschliesslich in der Dachwohnung getätigt werden, führte aber dazu, dass bald das Quartier von den Machenschaften etwas mitbekam.
Das Geschehen in der Wohnung war dann auch ein Thema bei den Eigentümerversammlungen. Man wollte aber nichts weiter unternehmen. Lediglich die Eigentümerin wurde nun von Herr Wanner informiert. Diese reagierte nicht auf den entsprechenden Brief. Sie wohnte ja nicht dort und das Geld für die Miete kam immer pünktlich bei ihr an. Dies ist das Einzige, was sie interessierte.
Besonders betroffen ist das Ehepaar, Frau und Herr Hanselmeier. Sie leben auf derselben Etage in der gegenüberliegenden Wohnung. Die Beiden bekommen das Treiben nicht nur visuell, sondern oft auch akustisch mit.
Der Mann ist arbeitslos und den ganzen Tag zu Hause.
Hanselmeier ist gelernter Elektromonteur. Er verlor seine vorletzte Stelle, weil er unzuverlässig war. Die Kundschaft beschwerte sich oft beim Firmeninhaber, er komme später als abgemacht zur Kundschaft, mache übermässig lange Pausen und räume nach der Arbeit den verursachten Schmutz nicht weg. Einige Reklamationen stammten auch von Frauen, die sich durch Hanselmeier belästigt fühlten. Er mache anzügliche Bemerkungen. Einige hatten Angst, er würde sie irgendeinmal gar betatschen. Zwar war dem Arbeitgeber von Hanselmeier bekannt, dass es auch Frauen gab, die auf Abenteuer mit einem Handwerker, die Servicearbeiten ausführen, aus sind. Dies war auch die Ausrede von Hanselmeier, die Frauen seien diejenigen, von denen die sexuellen Fantasien jeweils ausgegangen seien. Sie würden nur reklamieren, weil sie von ihm nicht bekamen, was sie sich ausdachten. Alles sei nur Rache um ihm eines auszuwischen. Gerade diejenigen, die angegeben hatten, sie hätten Angst vor ihm, seien die gewesen, die jeweils leicht bekleidet an die Türe gekommen seien. Einige hätten ihm Kaffee offeriert und dafür gesorgt, dass er ab und zu etwas mehr Fleisch zu sehen bekommen habe, als das normal gewesen wäre. Es waren aber viele der reklamierenden Frauen dabei, die der Firmeninhaber persönlich kannte und denen er mehr Glauben schenkte als seinem Mitarbeiter. Aus diesem Grunde kündigte er Hanselmeier. Seiner Frau sagte er nichts vom wirklichen Kündigungsgrund. Er sei aus reorganisatorischen Gründen gekündigt worden, war seine offizielle Erklärung. Ohne Stelle war es Hanselmeier nicht lange wohl.
Er wollte nicht Stempeln gehen, dies liess sein Ego nicht zu. Er wollte aber auch keine Stelle mehr, bei der man stark abhängig von Vorgaben, Regeln und Kontrollen war. Er hatte nach der Kündigung genug Zeit, sich Pläne für eine Tätigkeit seines Sinnes auszudenken. Als Krimi Fan spielte er immer öfters mit dem Gedanken, er könnte Privatdetektiv werden, oder wenigstens in einer Sicherheitsfirma arbeiten. Schon als Kind gab er immer als Traumberuf Polizist oder Detektiv an. Er überlegte, was da für berufliche Skills vorhanden sein mussten und kam zum Schluss, dass er über diese verfüge. Mit Elektronik und Computer kannte er sich aus. In der heutigen Zeit wird dies als Elektromonteur ebenfalls benötigt. Mehr und mehr ist Elektronik und Computer selbst im einfachen Haushalt vorhanden, ja nicht mehr wegzudenken. Er schätzte sich auch als guten Analytiker ein. Schliesslich kannte er beim Lesen oder Schauen von Krimis immer sehr schnell den Täter. Dumm war er auch nicht. Er besuchte die Bezirksschule. So wurde der Plan immer konkreter, er werde Privatdetektiv oder Ermittler in einer Sicherheitsfirma. Für die Polizei war er erstens zu alt und da müsste man sich wieder zu stark an Regeln und Befehle halten. So begann er in der Presse und im Internet Stellenangebote zu suchen, die seinen Vorstellungen entsprachen. Als normale Sicherheitsleute gab es massenhaft Stellenangebote. Securitas und so weiter stellen aber nur Leute ein, die für langweilige Objektbewachungen, Verkehrsdienst und der Gleichen tätig sein würden. Erst nach ein paar Wochen entdeckte er ein Inserat, das ihn ansprach, obwohl nicht viel von der künftigen Tätigkeit beschrieben war. Es handelte sich um ein kleines Büro mit einem kleinen Team von Mitarbeitenden. Er trat mit dem Büro in Verbindung und konnte sich sofort vorstellen.
Es handelte sich um ein Ermittlungsbüro, wie sie sich nannten, das alle Arten von Nachforschungen übernahm. Dies ging von Beschattungen von angeblich treulosen Ehemänner oder Ehefrauen, über Ermittlungen für öffentliche Ämter, die keine eigenen Ermittler hatten, wie zum Beispiel die Invalidenversicherung, bis zu Abklärungen in Sachen Werksspionage. Die Arbeit konnte selbstständig von A bis Z durchgeführt werden. Am Schluss musste ein Bericht mit Sach- und/oder Bildbeweisen erstellt werden. Manchmal müsse man auch als Personenbeweis vor Gericht seine Aussagen über die Ermittlungsergebnisse machen. Der Chef des Ermittlungsbüros zeigte Interesse an Herr Hanselmeier, er wollte ihn vorerst für eine Probezeit von sechs Monaten einstellen. Hanselmeier war hoch erfreut diese Chance zu bekommen. Sein Traumberuf schien in Reichweite zu stehen. Der neue Chef machte ihm aber klar, dass zu dieser Freude auch ein Wermutstropfen dabei sei. Es könne schon mal vorkommen, dass man länger als normal, oder auch in der Nacht arbeiten müsse. Je nach Auftrag sei es möglich, dass man längere Zeit, mehrere Tage, unterwegs sei und nicht nach Hause gehen könne. Man müsse bereit sein, auch mal aus dem Koffer zu leben und im Hotel oder sogar im Auto zu nächtigen. Dies war für Hanselmeier aber überhaupt kein Übel. Im Gegenteil, er empfand gerade dies als grosse Herausforderung. Mit seiner Frau würde er klar kommen. Er verschwieg dem neuen Chef, dass der Haussegen so oder so etwas schief stand. Vor Allem die Kündigung am alten Ort war daran schuld. Da seine Frau ihn kannte, glaubte sie nie wirklich an die wirtschaftlichen Gründe für die Kündigung. Sie dachte eher in die Richtung, in die sich der Kündigungsgrund in Wirklichkeit richtete. Dies gab immer wieder heftige Diskussionen und anhand der Reaktionen von Hanselmeier wurde die Frau immer mehr in ihren Verdächtigungen bestärkt.
Nach einem langen Gespräch zwischen dem Chef des Ermittlungsbüros und Hanselmeier, schlugen die beiden ein. Hanselmeier konnte am nächsten Ersten mit seiner Arbeit beginnen.
Der erste Auftrag bestand darin, einen Mitarbeiter einer kleinen Firma zu überprüfen. Er soll über seine Verhältnisse leben und der Verdacht kam auf, dass er dazu Firmengelder abzweigen könnte. Hanselmeier konnte den Mann schon nach kurzer Zeit überführen. Die Probezeit wurde daraufhin sofort abgebrochen und Hanselmeier bekam eine Festanstellung.
Aufträge, einer interessanter als der andere, wurden Hanselmeier übertragen. Es ging nicht lange, hatte er sich ein grosses technisches und taktisches Wissen angeeignet. Für viele seiner Aufgaben musste er einfache bis sehr komplexe Werkzeuge einsetzten. Er hatte dazu auch ein ansehnliches Budget und Kompetenzen, sich das zu erwerben, was er brauchte. Vieles erwarb er, ohne dass er seinen Chef davon in Kenntnis setzte. Er besorgte sich sogar eine Waffe; eine Glock 17 mit Reservemagazin, einem Hüft- und einem Schulterholster. Besonders diesen Kauf behielt er für sich. Das Ermittlungsbüro war zwar bei der Polizei registriert, aber als waffenloses Unternehmen. Erstens war die Bürokratie kleiner und man kann vielen Risiken aus dem Weg gehen. Das aber war für Franz ein negativer Punkt; er konnte keinen offiziellen Waffentragschein erwerben. Das hiess, er durfte die Waffe gar nicht in der Öffentlichkeit tragen. Er trug sie aber immer auf sich; illegal. Er wurde bei seiner Arbeit auch viel durch die Polizei kontrolliert. Nachdem er sich jeweils als privaten Ermittler eines bekannten Büros ausgewiesen hatte, wurde er nicht weiter durchsucht. Die Waffe wurde nie entdeckt. Mit der Zeit war er bei sehr vielen Polizisten bekannt. Einige seiner Ermittlungen halfen der Polizei auch Straftaten, bei denen sie Probleme hatte, aufzuklären. Da er nie mit einer Straftat direkt in Verbindung gebracht wurde, waren die Kontrollen mit der Zeit nur noch eine Begrüssungszeremonie bei der er nur erklären musste, dass er ermittelte.
Einige seiner schlechten Charakterzüge verlor er aber trotz seiner nun für ihn stimmigen beruflichen Tätigkeit nicht. Er konnte dem Nachstellen von hübschen Frauen nicht widerstehen und in Stresssituationen wurde er immer noch sehr schnell unfreundlich und aggressiv, manchmal auch handgreiflich. Aber auch dies konnte ihm strafrechtlich nie nachgewiesen werden. Seine ‚Gegner‘ waren allesamt nicht von den ‚Guten‘. Keiner machte Anzeige bei der Polizei.
Dies gefährdete immer öfter den Erfolg von Aufträgen. Insbesondere solche, die er nicht als Einzelner, sondern im Team erledigen sollte. Kunden und auch die anderen Mitarbeitenden des Ermittlungsbüros beklagten sich immer öfters beim Chef. Hanselmeier musste in immer kürzeren Abständen beim Chef antraben und sich erklären. Seine Ausreden waren jeweils fahrig und schluderig. Seinen Arbeitskollegen blieb auch nicht verborgen, dass er eine Waffe trug, was sie natürlich ebenfalls dem Chef erzählten, als sie der Meinung waren, dass Franz Hanselmeier nicht mehr zu ihnen passe. Sie wollten ihn nicht mehr unter sich haben.
Das Fass überlief, als er wieder einmal einen einfachen Auftrag erledigen musste. Das Büro wurde von einer Frau eines Geschäftsmannes beauftragt, ihren Mann zu überprüfen. Sie hatte den Verdacht, dass er ihr untreu sei und dass er ein Verhältnis mit seiner Sekretärin habe. Diesen Sachverhalt sollte Hanselmeier beweisen. Nach vielen interessanten Fällen nun einen solchen Routinefall bearbeiten zu müssen, ging ihm gegen den Strich. Dieser Fall war etwas für Anfänger und sicher nicht für einen Topermittler, für den er sich hielt. Trotzdem ging er an den Fall ran und observierte den Mann. Er konnte aber in der Öffentlichkeit keine beweiskräftigen Fotos machen. Dieser Umstand brachte ihn in Rage. Er wollte den Fall so schnell wie möglich erledigt wissen, um wieder interessanteren Geschichten nachgehen zu können. Eines Nachmittags verfolgte er den Mann zu einer kleinen Stadtwohnung. Nachdem der Mann in der Wohnung verschwand, wartete er im Treppenhaus, einen Treppenabsatz höher, was weiter geschehen würde. Tatsächlich kam etwa eine halbe Stunde später eine junge hübsche, langhaarige Brünette die Treppe hoch und betrat dieselbe Wohnung wie der Mann vor ihr. Bevor sie die Türe schliessen konnte, schob er seinen Fuss dazwischen und trat ebenfalls in die Wohnung. Dabei stiess er die Frau leicht von sich, die so ins Innere stolperte. Es handelte sich um eine kleine zwei Zimmer Wohnung. Der Mann sass auf dem Sofa. Er hatte das Sakko ausgezogen und die Krawatte stark gelockert. Vor ihm auf dem Salontisch stand ein Whisky-Glas. Als die beiden in die Wohnung traten, erschrak der Mann im ersten Moment. Er hatte sich aber schnell gefasst, schoss vom Sofa hoch, stiess dabei das Whisky-Glas um und machte einen Satz, an der Frau vorbei, Richtung Hanselmeier. Erzürnt rief er: „Was soll das? Wer sind sie? was wollen sie?“ Als er auf eine Armlänge von Hanselmeier rangekommen war, versetze Hanselmeier dem Mann einen Faustschlag ins Gesicht. Dieser wurde zurückgeworfen und fiel hin. Sofort beugte sich die Frau über den am Boden liegende Mann, strich ihm über das Gesicht, begann zu weinen und fragte mit zitternder Stimme: „Was ist hier los? Kennst du diesen Mann?“ Der Geschlagene fand im ersten Moment keine Worte. Er betastete mit seinen Fingern die blutende gebrochene Nase. Hanselmeier nahm seinen Fotoapparat und machte ein Foto der beiden. Er liegend, sie fürsorglich kniend über ihn gebeugt. Als er eine ganze Serie von Fotos gemacht hatte, meinte er: „Nun ist es vorbei mit euren Schäferstündchen. Diese Fotos werden deiner Frau sicher gefallen.“ Ohne dass eines der beiden etwas sagen konnte, drehte er sich um und verliess die Wohnung. Hanselmeier war zufrieden. Endlich erledigt. Es können wieder interessante Fälle kommen.
Die betrogene Ehefrau war zwar froh darüber, dass sie nun Gewissheit hatte, dass sie ihr Mann tatsächlich betrog, machte aber dennoch eine Beschwerde beim Chef des Ermittlungsbüros. Diese Härte sei, trotz allem, wirklich nicht angebracht gewesen. Eine Anzeige wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruch gegen Hanselmeier wurde durch den untreuen Ehemann nicht erstattet. Er hatte schon genug Ärger mit seiner Frau. Mehr konnte er zurzeit nicht ertragen.
Es musste kommen, wie es kommen musste. Es wurde ihm wieder gekündigt. Einen solchen Mitarbeiter könne sich das Büro nicht leisten. Diesmal wurde der Kündigungsgrund offen dargelegt und er konnte seiner Frau keine Lügen wegen Wirtschaftlichkeit auftischen. Frau Hanselmeier war sich nun auch über den ersten Kündigungsgrund zu einhundert Prozent sicher.
Sein Abgang war alles andere als schön. Er ging mit lautstarken Beschimpfungen an alle Mitarbeitenden und auch an den Chef. Als letzten Cup an seinem alten Arbeitsort, nahm er eine stattliche Ausrüstung an Überwachungsanlagen und vielem anderen an Equipment mit. Dies fiel nicht auf, da er das Meiste ohne Wissen des Büros erworben hatte. Einzig die Tatsache, dass bei der Meldestelle für Ermittlungsbüros bei der Polizei gemeldet wurde, dass er ausgeschieden war, war für Franz nicht vorteilhaft. Der Polizei wurde auch mitgeteilt, dass Hanselmeier eine Handfeuerwaffe habe. Da der Besitz einer Waffe nicht verboten ist, wurde seitens Polizei nichts weiter unternommen. Lediglich eine Aktennotiz wurde angelegt. Darin wurde auch notiert, dass Hanselmeier sehr schnell aggressiv und handgreiflich werden konnte. Die Aktennotiz wurde im zentralen Verzeichnis abgelegt. Sollte jemals, aus welchem Grund auch immer, eine Untersuchung gegen Hanselmeier laufen, würde man so diese Aktennotiz auch wieder finden.
Von nun an gab sich Hanselmeier keine Mühe mehr, eine Stelle zu finden. Wozu auch. Seine Frau verdiente genug für sie beide. Sie ist ja in einer guten Stellung als Sekretärin in einem Grosskonzern in der Nähe. Obwohl die beiden nicht mehr gut harmonieren, denkt er in keinem Moment daran, dass sie eine Trennung in Betracht ziehen könnte.
In der Zeit, in der Hanselmeier nun arbeitslos, den ganzen Tag zu Hause ist, bekommt er nicht nur der Spur nach mit, was sich in der Nachbarswohnung abspielt, sondern in allen Details. Er sagt seiner Frau nicht alles was er sieht und hört. Frau Hanselmeier arbeitet zu einhundert Prozent. Sie ist den ganzen Tag nicht zu Hause. Da den Geschäften in der Nachbarswohnung, sachbedingt, auch nachts nachgegangen wird, bekommt sie genügend mit, um eins und eins zusammenzählen zu können.