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Sagen können uns darüber erzählen, wie das Leben der Menschen damals, vor Hunderten von Jahren, ausgesehen hat. Die ältesten Sagen, die wir kennen, sind die Zwergen- und Riesensagen. Und hier kommt der Zwergenjunge Gewek ins Spiel, der sowohl den Kindern als auch sagen- und geschichtsinteressierten Erwachsenen von seinem Leben erzählen möchte: "Hallo Leute, mein Name ist Gewek. Ich bin ein Zwergenkind und lebe am Rand des Grinderwalds. Genauer gesagt, liegt mein Zuhause in einem Waldstück namens "Krähe". Das ist ganz in der Nähe von Stöckse. Stöckse wiederum liegt in der Nähe von Nienburg und Nienburg gar nicht so weit weg von Hannover und Bremen. Jetzt kannst du dir sicher vorstellen, wo das ungefähr ist." Komm mit in Geweks Welt! Lerne das große Zwergenreich seines Vaters, König Gülig, kennen und erlebe Geweks Abenteuer, die ihren Ursprung in Sagen haben, die sich die Menschen rund um die "Krähe" und den Grinderwald schon vor Hunderten von Jahren erzählten!
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2024
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wurde 1974 in Nienburg geboren, studierte Biologie und Germanistik an der Universität Hannover und arbeitet als Lehrerin am Gymnasium in Neustadt am Rübenberge.
Mit ihrer Familie lebt sie mitten im Zwergenreich, ganz in der Nähe des Grinderwalds.
Für alle kleinen und großen Zwergenfreunde und ganz besonders für Felix
Anke Runschke, 2023
Was du alles vorher wissen solltest
Das Zwergenland
Der Zwergenjunge Gewek
Hereinspaziert!
Von Zwergen und Bickbeeren
Der Stöckser Kuhhirte
Lines Burg
Das Meer der Tränen
Der Auszug der Zwerge
Schünwieschn und die Zwerge
Gewek und Feda-Line gründen den Grinderwaldspielplatz
Elgo macht nicht mit
Elgos wundersame Rettung
Die Zwergenhochzeit in Hoya
Vom bösen Bäcker
König Gülig wird Pate
König Güligs Tod
Der Streit der Brüder
Und heute?
Nachwort
Originalquellen
Es war einmal vor unendlich langer Zeit, da ließ sich ein Zwergenvolk auf der Suche nach einer neuen Bleibe in einem Waldstück namens „Krähe“ nieder und baute eine Zwergenstadt in einer Höhle, direkt unter einem Stein, den wir heute Giebichenstein nennen.
Schau dir die Gegend nur an! Rundherum breiten sich noch heute ausgedehnte Wälder aus, die früher noch viel größer waren. Umgrenzt wurden die Wälder von ebenso großen Moor- und Sumpfgebieten. Nur wenige Menschen hatte es in diese unwirtliche Gegend verschlagen. Sie lebten an den Waldrändern in kleinen Dörfern und mit Müh und Not erwirtschafteten sie ihr Brot.
Hier war es ruhig. Gerade richtig für Zwerge, die das Lärmen der Menschen in den großen Städten überhaupt nicht mögen.
Ist dir auch die Nähe des Giebichensteins zum Führser Mühlbach aufgefallen? Er ist nur ein kleiner Bach, aber neben den großen Flüssen Weser und Leine gehört er tatsächlich zu den Hauptverkehrsadern der Zwerge von Westen nach Osten. Vom Nordwesten bringt er die Zwerge von der Weser zu den Wäldern.
Folgen sie seinem Weg, gelangen sie von der „Krähe“ durch das Moor direkt in den Grinderwald.
Dort ist es einsam und unter dem Dach der schützenden Bäume kann ein Zwerg unbehelligt bis zur Leine wandern. Biegt er hingegen bereits hinter dem Moor zum Steinhuder Meerbach ab, führt ihn ein Bruchwaldweg am Bach entlang sogar bis zum Steinhuder Meer.
Hallo Leute, mein Name ist Gewek.
Ich bin ein Zwergenkind und lebe am Rand des Grinderwalds.
Genauer gesagt, liegt mein Zuhause in einem Waldstück namens „Krähe“. Das ist ganz in der Nähe von Stöckse. Stöckse wiederum liegt in der Nähe von Nienburg und Nienburg gar nicht so weit weg von Hannover und Bremen. Jetzt kannst du dir sicher vorstellen, wo das ungefähr ist.
Meine Familie und ich, wir wohnen unter einem großen Stein, den heute alle Giebichenstein nennen.
Der Stein ist sage und schreibe 2,50 m hoch, 4,50 m breit und 7,50 m lang. Der Riese Hans Lohe aus Linsburg hat ihn damals in unseren Wald geschleudert. Eigentlich wollte er ja den Kirchturm in Wölpe treffen, weil ihn die Menschen geärgert hatten, doch da hatte er die Rechnung nicht mit meinem Papa gemacht.
Mein Papa mag die Menschen dort nämlich sehr und er hat Zauberkräfte. Papa hat den Stein einfach schon vorher im Wald fallen gelassen, sodass ihn niemand wieder aufheben konnte.
Früher war der Stein sogar noch viel größer, aber in einer schlimmen Gewitternacht, nachdem mein großer Bruder Giebich und ich uns wirklich ordentlich gestritten hatten, ist er einfach in zwei Teile zerbrochen. Wir glauben alle, dass das wohl Giebichs Strafe war, weil der wirklich gemein zu mir war.
Der eine Teil des Steins ist als Giebichenstein jedenfalls hier liegen geblieben und der zweite Teil ist ein bisschen weiter weg als Gewekenstein in Richtung Forsthaus geflogen. Leider kannst du den Stein mit meinem Namen heute nicht mehr finden. Bauern haben einfach immer wieder Stücke von ihm abgehauen und sie für den Straßenbau der Straße von Stöckse nach Nienburg genommen. Schade!
Damals haben wir unseren Stein auch Königsstein genannt, denn mein Papa ist der Zwergenkönig Gülig. Papas Reich erstreckt sich im Norden bis nach Verden und im Süden fast bis nach Hannover. Brüder von Papa helfen beim Regieren. Einen großen Zwergensitz haben wir zum Beispiel in Hoya unter dem Schloss.
Viele meiner Freunde wohnen aber auch direkt bei den Bauern in Waldnähe unter den Ställen. Ich darf mit meinem Papa oft die Zwerge in allen Ecken unseres Reichs besuchen, trotzdem fühle ich mich so richtig zuhause genau hier in der „Krähe“ und im Grinderwald.
Wenn du jetzt denkst, wie kann man nur unter einem Stein im Wald leben und das auch noch schön finden, dann weißt du noch nicht, wie schön eine Zwergenstadt mit einem Palast in einer unterirdischen Höhle sein kann.
Mach dir mal den Spaß und überzeuge deine Eltern von einem Ausflug zu unserem Königsstein!
Du siehst den Giebichenstein erst einmal nur als riesigen Stein mitten zwischen den Bäumen. Du kannst gerne ganz herumgehen: Wetten, du findest den Eingang zu unserer Höhle mit der Zwergenstadt nicht?! Ich habe schon ganz schön viele Menschen gesehen, die in allen möglichen Löchern am Stein und neben dem Stein herumgestochert haben. So wird das nichts!
Zunächst einmal können sowieso nur Menschenkinder unsere Höhle finden, Erwachsenen ist der Eingang versperrt. Und dann haben wir den Eingang natürlich auch getarnt. Von außen siehst du nur den grau-grünen Fels. Selbst, wenn du genau vor unserer Tür stündest, würdest du nichts erkennen. Die Tür öffnet sich erst, wenn ein Zwerg mit der Spitze seiner Mütze genau an dem Schließmechanismus entlangstreicht. Klack, Tür auf, herzlich willkommen!
Eine gläserne Wendeltreppe führt vom Höhleneingang ins Tal, wo wir unsere Stadt gebaut haben. Von oben kannst du schon sehen, wie schön es unten glitzert. Die Wendeltreppe ist genau andersherum gedreht, als es bei euch Menschen in Burgen üblich ist. Von oben aus gesehen, dreht sie sich nach rechts. Das hat den ganz entschiedenen Vorteil, dass wir im Falle eines Angriffes, wenn wir von unten hochkommen, mit unserem rechten Schwertarm die Angreifer abwehren können. Praktisch, oder?
Gerade wenn man bedenkt, dass die meisten Zwerge Rechtshänder sind. Die Angreifer hingegen haben ihre rechte Hand am Geländer und können mit links nicht so gut das Schwert führen. Gott sei Dank sind wir aber schon ganz lange nicht mehr angegriffen worden. Auch der böse Zwergenkönig Argo aus dem Nachbarkönigreich hinter Verden hat sich schon lange nicht mehr hierhergewagt.
Jetzt aber zu unserer Zwergenstadt.
Unten im Tal angekommen, werden dir die vielen Häuser auffallen. Alle sind klein, gemütlich und glänzen sauber, so wie wir Zwerge es am liebsten mögen.
Tagsüber ist es bei uns so hell wie im Wald, denn kleine Spiegel, die wir an den Ritzen des Steins angebracht haben, spiegeln das Sonnenlicht bis in den letzten Winkel unserer Höhle hinein.
Unsere Straßen sind nicht nur aus festgetretener Erde, Papa hat dafür gesorgt, dass sie mit silbernen Platten gepflastert wurden. Heute gibt es ja fast überall glatte und geteerte Straßen, aber vor 500 Jahren hat sich Papa da schon etwas Besonderes einfallen lassen!
An den Straßenecken sind Bänke zum Ausruhen aufgestellt, jede Bank mit Blumen wundervoll geschmückt. Ganz in der Mitte unserer Stadt erreichst du unseren Zwergenkönigspalast. Im Vorgarten spiele ich gerne zwischen Mamas Wasserspielen und Springbrunnen.
Nachts sieht das hier besonders toll aus, wenn kleine Lichtkegel nur die Wassertropfen zum Strahlen bringen. Mama mag Wasser so gerne, weil sie aus einer Zwergenfamilie am Meer kommt.
Ich bin davon begeistert, weil man ganz fürchterlich viel Quatsch damit machen kann. Drücke ich zum Beispiel einfach einzelne Düsen zu und lasse sie dann ganz plötzlich los, wenn ein erwachsener Zwerg vorbeikommt, kann das ganz schön lustig werden. Sogar ein paar elegante Schwäne fühlen sich an den Teichen unseres Gartens wohl.
Der Palast selbst hat ganz viele Räume. Jeder von uns Kindern hat ein eigenes Schlaf- und Spielzimmer. Unsere Betten sind sehr bequem aus feinstem Moos. Der schönste Raum ist unser Saal, wo wir gerne feiern, aber auch jeden Tag uns zum Essen treffen. Alles glänzt hier golden und silbern. Gläserne, mit Edelsteinen besetzte Kronleuchter hängen an der Decke. Unsere Gäste sind immer ganz beeindruckt. Wenn unsere Köchin dann auch noch ihre erlesenen Speisen für uns zubereitet!
Glaub mir, hier lässt es sich wirklich gut leben!
Es war ein schöner Augustmorgen, gerade erst 5 Uhr, aber die Sonne blinzelte schon mit Macht durch die Fenster des Zwergenpalastes. Gewek kuschelte sich gerade noch gemütlich in sein weiches Moosbettchen, da schrie es aus dem Nachbarraum: „Aufstehen, Gewek! Langschläfer!“ Sein älterer Bruder Giebich kannte kein Erbarmen. Ihr Vater, Zwergenkönig Gülig, hatte seinen beiden Jungen für heute Morgen aufgegeben, Bickbeersträucher zu pflanzen. „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen!“, das war König Güligs Grundsatz und das galt auch für seine Söhne.
Noch etwas maulig verließ Gewek sein Bett, wusch sich und streifte seine grüne Wamshose und sein blaues Hemd über. Dann ging er eilig in den großen Saal, wo seine Familie trotz der frühen Stunde bereits vollzählig saß. Der Tisch war bereits gedeckt. Die Köchin hatte Hafergrütze und Pannekoken mit Bickbeerenmus zubereitet. Lecker, Gewek liebte besonders die Pannekoken, von denen er heimlich ein paar für ein zweites Frühstück im Wald einpackte.
Und schon ging es los. Gewek und Giebich setzten ihre Zwergentarnkappen auf, schulterten ihre Beutel voller kleiner Bickbeerensetzlinge und machten sich auf den Weg. Gülig hatte seinen Söhnen aufgetragen, heute den Wald in Richtung Linsburg zu kontrollieren. Am Giebichenstein selbst wuchsen die Sträucher bereits gut. Bei guter Pflege kann ein solcher Strauch bis zu 60 cm groß werden und bietet damit den Zwergen eine gute Versteckmöglichkeit auf ihren Wegen.
Natürlich mehr vor fremden Zwergengruppen, die manchmal wildernd im Wald Ausschau nach hilflosen Zwergenfrauen hielten, die sie für ihren Zwergenstamm stehlen konnten; für das Menschenauge waren die Zwerge mit ihren Tarnkappen ja sowieso unsichtbar.
Was die beiden Zwergenkinder nicht ahnten, war, dass sich zur gleichen Zeit in Linsburg die Menschenkinder Feda-Line und Vido ebenfalls auf den Weg zum Linsburger Bauernbruchwald machten. Ihre Mutter hatte ihnen aufgetragen, zwei Körbe voller Bickbeeren im Wald zu sammeln, denn Bickbeeren waren auch für die Menschen wichtig.
Einerseits sind sie frisch gepflückt einfach unheimlich lecker, andererseits wollte die Mutter aus ihnen Mus für den Winter einkochen und sie als einfaches Medikament gegen Durchfall trocknen.
So kam es also, dass die Zwergenkinder plötzlich ein Trappeln im Wald hörten. „Gewek, hörst du das auch?“, wisperte Giebich. „Das kommt von da hinten zwischen den Bäumen!“, erwiderte Gewek und zeigte in die Richtung, wo gerade zwei Kinder mit ihren Körben aus dem Dickicht auftauchten.
„Komm, das schauen, wir uns mal genauer an. Was machen die denn da? Die trauen sich was, ganz alleine so tief im Wald und das auch noch ohne Tarnkappe“. Giebich war schon auf dem Weg und Gewek blieb nichts Anderes übrig, als seine Setzlinge liegen zu lassen und seinem Bruder zu folgen. Lautlos folgten sie den Kindern.
Ganz so lautlos waren sie aber wohl doch nicht. Als ein kleiner Ast unter Geweks Füßen knackte, blieb Feda-Line, stehen: „Vido, irgendetwas ist hier! Wie viele Beeren hast du denn schon? Wollen wir besser umkehren? Irgendwie ist es so dunkel hier, ich fühle mich überhaupt nicht wohl.“
„Feda-Line, was soll denn das? Willst du Ärger mit Mama und Papa bekommen? Ich habe gerade erst den Boden von meinem Körbchen vollgesammelt“, empörte sich Vido.
Gewek konnte es nicht glauben: Wieso war Vido so gemein zu seiner Schwester? Hätte er sie nicht einfach beruhigen können? Als Gewek in das Körbchen von Feda-Line hineingeguckt hatte, konnte er sehen, dass ihr Korb bereits fast gefüllt war. Was hatte Vido denn die ganze Zeit gemacht? Als Vido das nächste Mal den Mund aufmachte, war die Sache klar. Vido hatte ganz offensichtlich mehr für den eigenen Bauch gesammelt. Eine tiefblaue Zunge und blau unterlaufene Zähne entlarvten den Täter.
Die Menschenkinder liefen weiter, ohne die Zwerge zu bemerken und sammelten ihre Bickbeeren, die Zwergenkinder begleiteten sie heimlich. Giebich konnte es nicht lassen, den Kindern immer mal wieder Eicheln und Tannenzapfen vor die Füße zu werfen und Gewek machte kleine Trampelspuren zu besonders reich besetzten Sträuchern, damit die Kinder ihnen folgen konnten.
„Vido, du, ich weiß jetzt, was hier los ist! Dass ich da nicht eher drauf gekommen bin. Ich glaube, das sind Zwerge, die uns hier gerade folgen. Vielleicht zeigen sie uns ja sogar den Weg. Wenn ich hier vorne gucke, das sind doch gar keine Rehspuren.“ „Ach, Feda-Line, jetzt reicht es aber! Was soll denn der ganze Unsinn? Kannst du nicht einfach sammeln und mich mit deinen blöden Ideen zufriedenlassen?
Erst hast du Angst vor Räubern oder so, dann kommen Zwerge, wahrscheinlich erzählst du mir gleich noch was von irgendwelchen Drachen, die aus dem Dickicht springen und Feuer speien. Mal ganz ehrlich, bei uns gibt es weder das Eine noch das Andere und überhaupt, Zwerge gib es nur in deinem Kopf.“
Feda-Lines Augen füllten sich mit Tränen. Die Mutter hatte ihnen extra für den Fall, dass sie auf Zwerge treffen, eine kleine Leckerei in den Korb als Dankeschön hineingelegt. Der Vater hatte noch gemahnt, dass sie artig sein sollten, wenn sie Zwergen begegneten. Und das soll alles nur eine Fantasie in ihrem Kopf sein? Und wenn es denn keine Zwerge gibt, was ist es denn dann, was sie die ganze Zeit begleitete? Feda-Line fühlte es tief in ihrem Herzen, dass sie recht hatte.
Gewek und Giebich folgten unterdessen dem Streit der Kinder und konnten es nicht fassen, dass Vido tatsächlich ihre Existenz infrage stellte. „Dem zeigen wir es!“, raunte Giebich.
„Los, du kümmerst dich um Feda-Line und ich knöpfe mir Vido vor.“
Von den beiden Zwergenjungen war Gewek als der Jüngere immer schon eher der ruhige und Giebich der aufbrausendere und unnachgiebigere. Gewek ging also vor und zeigte Feda-Line weiter schöne Bickbeersträucher, Giebich unterdessen stellte Vido zunächst erst einmal ein Bein. Vido fiel der Länge nach in eine kleine Erdkuhle. Eine Schlammspur zog sich über sein Gesicht, die Bickbeeren kullerten aus seinem Korb. Giebich kannte kein Erbarmen und bombardierte ihn als nächstes mit Tannenzapfen und Eicheln, die er direkt auf Vido zielte.
Vido schrie auf vor Entsetzen. „Na, wer bin ich denn, der dir gerade weh tut? Was ist dir lieber, dass ich dir helfe oder dass ich dein Feind bin?“, raunte ihm Giebich hämisch zu.
Feda-Line blickte sich besorgt um, aber im gleichen Moment setzte Gewek seine Tarnkappe ab und stand als echter Zwerg vor ihr: „Feda-Line, mach dir keine Sorgen. Vido bekommt jetzt seine gerechte Strafe dafür, dass er uns Zwerge verleugnet hat. Du aber sollst dafür belohnt werden, dass du an uns glaubst und auf uns hörst. Magst du einen Pannekoken von mir abhaben? Ich habe mir heute Morgen beim Frühstück welche für nachher im Wald eingesteckt. Das reicht für uns beide.“
Die beiden setzten sich, verspeisten die leckeren Pannekoken und lauschten dem handfesten Streit zwischen Vido und Giebich, bei dem Vido eindeutig unterlegen war.
Gewek fing an zu erzählen: „Weißt du eigentlich, dass wir dich und deine Familie kennen? Ich komme mit meinem Vater, dem Zwergenkönig Gülig, manchmal an dem Haus deiner Eltern vorbei, wenn wir in den Grinderwald gehen. Ich habe schon oft gesehen, wie hart deine Eltern arbeiten müssen und wie wenig ihr trotzdem zu essen habt. Lass mich dir helfen. Ich zeig dir erst einmal unsere Zwergenhöhle und nachher bringe ich dich wieder nach Hause.“
Fürsorglich nahm Gewek Feda-Line das Körbchen ab und die beiden gingen einen Waldweg entlang, der Feda-Line gänzlich unbekannt vorkam. Alte knorrige Bäume wechselten sich ab mit kleinen Wasserlöchern, hier und da flankiert von kleinen Bickbeersträuchern.
Merkwürdig war, dass Feda-Line gar keine Angst vor dem fremden Zwergenjungen hatte. Sie hatte scheinbar sofort begriffen, dass von diesem Jungen keine Gefahr ausging, obwohl ihre Eltern ihr immer wieder gesagt hatten, dass sie auf gar keinen Fall mit Fremden mitgehen solle, egal, was sie anbieten würden. Gewek freute sich, denn es kam nicht oft vor, dass er sich mit einem Menschenkind unterhalten konnte und zu Hause spielte er meistens auch nur mit seinen älteren Geschwistern Giebich und Elgo. Verglichen mit Menschen- und Zwergenjahren könnte Feda-Line genau sein Alter sein.
Wenig später kamen die beiden beim Königsstein an. Gewek bat Feda-Line kurz, die Augen zu verschließen. Dann öffnete er mit dem Zipfel seiner Mütze den Eingang zur Zwergenhöhle und Feda-Line durfte als erstes Menschenmädchen die Zwergenstadt betreten.
Du weißt ja schon, wie es in der Zwergenstadt aussieht. Da kannst du dir sicher Feda-Lines Erstaunen und ihre Begeisterung vorstellen!
Den gesamten Rest des Tages spielten das Menschenmädchen und der Zwergenjunge miteinander im Palastgarten zwischen den Wasserspielen und hatten beide so viel Spaß wie nie zuvor. Feda-Line durfte sogar bei der Zwergenfamilie im Saal essen.