Giraffensprache - Marshall B. Rosenberg - E-Book

Giraffensprache E-Book

Marshall B. Rosenberg

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Beschreibung

Wie kann ich als Giraffe kommunizieren, wenn die Welt scheinbar voller Wölfe ist? Marshall Rosenberg arbeitete in seinen Seminaren mit zwei Metaphern: mit der Giraffe und dem Wolf. Beide Tiere stehen für bestimmte Haltungen, für bestimmte Arten zu kommunizieren. Der Wolf neigt zu Verurteilungen, Beschuldigungen und erzeugt Scham. Die Giraffe hingegen ist empathisch und spricht eine Sprache des Herzens. Deshalb wird die Gewaltfreie Kommunikation häufig auch als Giraffensprache bezeichnet. Was ist das Besondere an der Giraffensprache? Mit Seminarteilnehmer*innen erarbeitet Rosenberg dies mithilfe konkreter Alltagsituationen. Es zeigt sich: Wenn empathisches Zuhören und das Teilen von Gefühlen und Bedürfnissen zur Grundlage des Kontakts mit uns selbst und mit anderen werden, verbessert sich auch unsere Lebensqualität.

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Seitenzahl: 135

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Marshall B. RosenbergGiraffenspracheGewaltfreie Kommunikation im Alltag

Über dieses Buch

Wie kann ich unter Wölfen als Giraffe kommunizieren? 

Marshall Rosenberg arbeitete in seinen Seminaren mit zwei Metaphern: Giraffe und Wolf. Beide Tiere stehen für bestimmte Haltungen und Arten zu kommunizieren. Der Wolf neigt zu Verurteilungen, Beschuldigungen und erzeugt Scham. Die Giraffe hingegen ist empathisch und spricht eine Sprache des Herzens. Deshalb wird die Gewaltfreie Kommunikation häufig auch als Giraffensprache bezeichnet. 

Was ist das Besondere an der Giraffensprache? Mit Seminarteilnehmer*innen erarbeitet Rosenberg dies mithilfe konkreter Alltagssituationen. Es zeigt sich: Wenn empathisches Zuhören und das Teilen von Gefühlen und Bedürfnissen zur Grundlage des Kontakts mit uns selbst und mit anderen werden, verbessert sich unsere Lebensqualität.

Dr. Marshall B. Rosenberg (1934–2015) war international bekannt als Konfliktmediator und Gründer des internationalen Center for Nonviolent Communication in den USA.

Copyright: © der deutschen Ausgabe: Junfermann Verlag, Paderborn 2021

Originalausgabe: Il Linguaggio Giraffa © Esserci Edizioni 2012http://www.centroesserci.it

Übersetzung: Petra Quast

Coverfoto: © Marianne Purdie – iStock

Covergestaltung / Reihenentwurf: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Satz, Layout & Digitalisierung: Junfermann Druck & Service GmbH & Co. KG, Paderborn

Alle Rechte vorbehalten.

Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2021

ISBN der Printausgabe: 978-3-7495-0104-5

ISBN dieses E-Books: 978-3-7495-0266-0 (EPUB), 978-3-7495-0268-4 (PDF), 978-3-7495-0267-7 (Kindle).

Vorbemerkung:

Dieses Buch basiert auf verschieden Seminaren mit Marschall B. Rosenberg. In Reggio Emilia stellt er einem begeisterten und enthusiastischen Publikum die Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) vor und zeigt, wie man sie im Alltag anwenden kann.

Hinweis: Um Unterschiede in der Kommunikation zu veranschaulichen, nutzt Marschall Rosenberg an einigen Stellen Handpuppen: eine Giraffe und einen Wolf. Außerdem arbeitet er mit auf Haarreifen montierten Wolfs- und Giraffenohren.

1. Einführung

1.1 Zwei Arten der Kommunikation

Ich bin sehr froh, dass Sie bereit sind, mir etwas von Ihrer Zeit zur Verfügung zu stellen. Ich möchte einen Kommunikationsprozess mit Ihnen teilen, von dem Sie bereits gehört haben: die Gewaltfreie Kommunikation bzw. die Giraffensprache. Es handelt sich um eine Art der Kommunikation, die für mich mit jedem Tag wertvoller wird, und ich freue mich sehr, dass mir Menschen aus der ganzen Welt sagen, dass sie auch ihnen hilft. Ich möchte Ihnen zeigen, worum es sich bei der GFK handelt und wie man sie in verschiedenen Kontexten anwenden kann. Ich werde Sie um Beispiele alltäglicher Situationen aus Ihrem Leben bitten, von denen wir einige auswählen werden, die echte kommunikative Herausforderung darstellen. So haben Sie die Chance, das Modell in die Praxis umzusetzen.

Zu Beginn möchte ich Ihnen etwas über mich selbst erzählen und erklären, wie es dazu kam, dass ich mit der Entwicklung dieses Kommunikationsmodells begonnen habe.

Was mich interessiert, ist eine bestimmte Art des Gebens und Nehmens, die jeder von Ihnen sicher schon kennt. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Sie diese Art der Kommunikation, um die es hier gehen soll, auch heute schon verwendet haben. Ich denke an eine Art des Gebens und Nehmens, bei der man nicht klar sagen kann, wer gibt und wer empfängt, eine Situation, in der beide Menschen den Austausch zu genießen scheinen. Vielleicht hat Ihnen zum Beispiel heute Morgen jemand Frühstück gemacht und es hat Ihnen geschmeckt. Der andere hat gemerkt, dass es Ihnen gefallen hat, und die Zeit, die er mit dieser Arbeit verbracht hat, war angenehm für ihn, denn ihn motivierte die Gelegenheit, Ihr Leben zu bereichern.

Das Frühstück könnte auch aus anderen Gründen zubereitet worden sein. Vielleicht haben Sie z. B. gesagt: „Wenn du mich wirklich liebst, würdest du mir Frühstück machen“, und die andere Person hat geantwortet: „Ich bin sehr müde, mir wäre es lieber, du würdest es dir selbst zubereiten.“ Eine Weile saßen Sie schmollend da und am Ende hat der andere Ihnen das Frühstück gemacht, aber nicht mit der gleichen Freude, über die wir vorhin gesprochen haben. In diesem Fall ist die Motivation ein Schuldgefühl, und wenn das der Fall ist, müssen Sie später dafür bezahlen, und es wird ein sehr teures Frühstück.

Oder Sie haben auf noch eine andere Art und Weise gefrühstückt. Vielleicht haben Sie gesagt: „Entweder du machst mir Frühstück oder du wirst es bereuen.“ Und Sie sind alt genug, um den anderen leiden zu lassen, wenn er nicht tut, was Sie sagen. Oder Sie sind vielleicht derjenige, der die Kontrolle über das Geld hat. Wenn die andere Person kein Frühstück macht, geben Sie ihr auch kein Geld. Wenn Ihr Frühstück aus diesen Gründen zubereitet wurde, werden Sie einen sehr hohen Preis dafür bezahlen.

Die erste Art des Austauschs tut allen gut, und es ist diese Art des Austauschs, die mich interessiert. Wer gibt, hat Freude am Geben, und wer empfängt, hat Freude am Empfangen. Es gibt nichts zu bezahlen, und die Beziehung zwischen den Menschen verbessert sich. Und doch lassen wir uns, obwohl wir es besser wissen, in andere Spielarten hineinziehen und nutzen oft Angst, Schuld und Scham, um das zu bekommen, was wir wollen. Dies führt immer zu Gewalt zwischen Menschen. Sie muss nicht unbedingt physischer, sondern kann auch psychischer Natur sein und gibt den Menschen das Gefühl, nicht gewürdigt zu werden, was wiederum dazu führt, dass sie sich gegenseitig verachten.

Wie kommt es, dass wir uns so oft in diese Art der Kommunikation hineinziehen lassen?

Es gibt Menschen, die sich auf diese Art von Beziehungen nicht einlassen, d. h., sie benutzen weder Angst noch Schuld oder Scham, auch wenn andere um sie herum auf diese Weise interagieren. Diese Menschen verlieren niemals das Bewusstsein für das, was ich eine wirklich menschliche Art der Beziehung nenne. Ich möchte verstehen, was diesen Menschen hilft, sich jederzeit auf diese menschliche Art der Kommunikation zu besinnen. Meine Großmutter zum Beispiel war ein solcher Mensch. Selbst wenn andere um sie herum gewalttätige Kommunikationsformen verwendeten, behielt sie ein gewisses Bewusstsein für die menschliche Art der Kontaktpflege bei und blieb dieser Vision treu.

Ich bin sicher, dass jeder von Ihnen jemanden kennt, sogar in der eigenen Familie, der diese Art der Kommunikation nutzt. Ich habe solche Menschen studiert und festgestellt, dass sie eine andere Sprache sprachen als ich damals, dass sie zu allen Zeiten diese andere Art der Kommunikation in ihren Köpfen kultivierten. Mir wurde Wolfssprache beigebracht, die es sehr schwierig macht, auf menschliche Weise zu geben und zu empfangen, weil die Wolfsdenkweise den Geist mit anderen Prozessen beschäftigt.

Wenn Sie Wolfssprache sprechen, versuchen Sie zu verstehen, ob das, was eine Person gesagt hat, richtig oder falsch ist, ob ihr Verhalten angemessen oder unangemessen ist, ob sie sich richtig oder falsch verhält. Ständig analysieren Sie sich selbst und andere Menschen und fragen sich, wer eine Belohnung und wer eine Strafe verdient, und je mehr wir unseren Geist mit dieser Art von Gedanken beschäftigen, desto schwieriger wird es, auf menschliche Weise zu geben und zu empfangen.

Menschen, die so leben, wie ich leben möchte, sprechen Giraffensprache, ihr Geist ist nicht voller Urteile und Kategorien. Sie fragen: „Wie geht es dir?“ und nicht: „Was bist du?“

Meine Großmutter zum Beispiel war sehr arm und hatte neun Kinder. Eines Tages kam ein Mann an ihre Tür, er war zerzaust, hatte einen langen Bart und seine Kleidung war schmutzig. Einer meiner Onkel sagte mir, er habe sehr unangenehm gerochen. Dieser Mann sagte, er sei hungrig und wolle etwas zu essen haben. Er trug ein Kupferkreuz um den Hals. Während meine Oma ihn mit Essen versorgte, fragte sie ihn nach seinem Namen. „Mein Name ist Jesus“, antwortete er.

„Und Ihr Nachname?“, fragte sie. „Jesus, der Herr.“ „Und wo wohnen Sie?“ „Ich habe kein Zuhause.“

„Wo werden Sie heute Nacht bei der Kälte schlafen?“ „Ich weiß es nicht.“

Sie fragte ihn, ob er bleiben wolle. Er blieb sieben Jahre lang.

Sehen Sie, meine Großmutter sprach keine Wolfssprache, denn in diesem Fall hätte sie ihn als schizophren, gefährlich und böse klassifiziert. Sie sprach Giraffensprache, also überlegte sie, wie es diesem Menschen wohl ginge: Wenn ein Mensch hungrig ist, gibst du ihm zu essen, wenn er keinen Platz zum Schlafen hat, gibst du ihm einen. Das ist Giraffensprache, Sie denken nur an das Leben, Sie sind an einem lebendigen Austausch interessiert: „Wie geht es mir?“ Oder: „Was könnte man tun, um das Leben schöner zu machen?“ „Wie geht es Ihnen und was würde Ihr Leben schöner machen?“ Wen kümmert es, was wir sind? Was spielt das für eine Rolle?

Wie geht es uns und was können wir tun, um das Leben schöner zu machen?

Als ich diese Sprache verstanden hatte, wusste ich: Das ist es, was ich lernen will. Aber das war nicht leicht, denn mir war eine Sprache des Verstandes, des Kopfes beigebracht worden, eine Sprache, die behauptet zu wissen, wer und was jemand ist. Die Giraffensprache jedoch ist eine Sprache des Herzens.

Als ich Wolfssprache sprach, wusste ich nicht einmal, dass ich ein Herz hatte, mein Kopf war so damit beschäftigt zu analysieren, wer und was die Leute waren, dass ich nicht wusste, wie ich mit den Gefühlen in meinem Herzen in Berührung kommen konnte, und so war es eine große Herausforderung für mich, die Giraffensprache zu lernen.

Die Leute fingen an, mich zu bitten, das Gelernte weiterzugeben, und so unterrichte ich seit 40 Jahren, was ich über diese Sprache gelernt habe. Überall auf der Welt wünschen sich Menschen sehr, das zu lernen, weil viele von ihnen erkennen, wie schwierig es ist, auf natürliche Weise zu geben und zu empfangen, wenn man eine bestimmte Art von Sprache verinnerlicht hat. Und sie wollen mit dem Herzen geben und empfangen.

1.2 Diskussion

Jetzt würde ich gerne Ihre Fragen und Reaktionen auf das bisher Gesagte hören. Ich kann auch noch mehr sagen, wenn es etwas gibt, das Sie wissen möchten.

Teilnehmerin (T): Ich würde gerne wissen, wie sich der Kontakt zu Ihrem Herzen in diesen 40 Jahren entwickelt hat.

Marshall B. Rosenberg (MBR): Ich bin wesentlich mehr mit meinem Herzen verbunden und Menschen, die mich seit 40 Jahren kennen, sagen mir, dass sie sich jetzt viel sicherer mit mir fühlen.

Bevor ich mit meinem Herzen in Kontakt kam, war ich sehr verkopft und habe alles analysiert, und das machte es für andere sehr schwierig, mit mir in Verbindung zu sein. Ich sagte zum Beispiel zu anderen, was mit ihnen nicht stimmte, und einige von ihnen hörten das leider mit Wolfsohren und glaubten es. Sie glaubten tatsächlich, ich wüsste, was mit ihnen nicht stimme. Mit diesen Ohren zu hören ist sehr kostspielig. Nehmen wir an, Sie tun das bei einer Person, die ebenfalls Wolfssprache spricht und die Ihnen sagt: „Das Problem mit Ihnen ist …“ Wenn Sie es dann glauben, denken Sie am Ende wirklich, Sie hätten ein Problem. Ich habe die Wolfssprache früher sehr gut gesprochen, und es schien, als wüsste ich wirklich, was mit den anderen nicht stimmte. Ich war ein sehr freundlicher Wolf, denn was ich sagte, war immer nur zu ihrem Besten.

Das sind die gefährlichsten Wölfe. Ich sprach auch verschiedene Wolfs-Dialekte, und wo ich aufgewachsen bin, in Detroit, Michigan, einer sehr gewalttätigen Stadt, lernte ich den Wolfsslang der Straße. Wenn mir beim Fahren jemand mit seinem Auto in die Quere kam, rief ich aus: „Du Idiot!“

Dann habe ich einen akademischen Abschluss als professioneller Wolf gemacht, und kam mir jetzt jemand mit seinem Auto in die Quere, sagte ich: „Neurotiker!“ Es war aber immer noch Wolfssprache. Ständig glaubte ich zu wissen, was mit den anderen nicht stimmte.

In der Giraffensprache gibt es keine Worte, um Menschen zu verurteilen. Wenn wir ein Giraffenbewusstsein haben, wissen wir, dass alle Urteile, die wir über andere fällen, ein tragischer Ausdruck unserer Bedürfnisse sind. Wann immer wir zu jemandem sagen: „Das Problem mit dir ist …“, haben wir Bedürfnisse, die nicht erfüllt sind. Aber wir kommunizieren das auf eine Art und Weise, die es der anderen Person sehr schwer macht, uns etwas Empathie, Mitgefühl oder Verständnis entgegenzubringen. Eine Sprache zu sprechen, die es schwierig macht, ein wenig Verständnis zu bekommen, ist eine Tragödie.

Gibt es noch weitere Fragen?

T: Haben Sie mit dieser Sprache die ganze Welt bereist?

MBR: Ja, viele Teile der Welt.

T: Wird sie unabhängig von der Kultur der Menschen gleich gut verstanden?

MBR: In allen Ländern, in die ich reise, scheinen die Menschen begierig darauf zu sein, Gewaltfreie Kommunikation zu lernen. Ich glaube, diese Art des Gebens und Empfangens, von der ich gesprochen habe, ist universell. Es ist die natürliche Art und Weise menschlicher Kommunikation: Man hat Freude daran, die Freude anderer zu sehen. Die Wolfssprache lässt uns das Leiden anderer genießen, und das ist für uns Menschen nicht natürlich.

T: Ich glaube, Kindern ist die Giraffensprache angeboren. Ich denke, dass für Erwachsene das Problem darin besteht, sich wieder an diese Sprache zu erinnern.

MBR: Das ist richtig, bei unserer Geburt haben wir alle Giraffensprache gesprochen, und in unserem ersten Lebensjahr beherrschten wir diese Sprache perfekt.

Stellen Sie sich vor, ein vier Monate altes Kind wacht in der Nacht auf und schreit: „Eltern, wie könnt ihr so unsensibel sein? Ich habe seit ein paar Stunden nichts mehr gegessen, was ist nur los mit euch?“ Dieses Kind würde wahrscheinlich verhungern. Wer will schon jemanden ernähren, der solche Dinge sagt?

Glücklicherweise wurden wir mit der Sprache des Lebens geboren. Man sieht kein vier Monate altes Kind, das lächelt, wenn es in Wirklichkeit leidet, aber ein 40-jähriger Wolf kann ein Lächeln auf dem Gesicht haben, wenn er faktisch bereit ist, Sie zu töten. Man weiß nicht, was in ihm vorgeht.

Ich freue mich, dass Ihnen aufgefallen ist, dass ich den Menschen eigentlich beibringe, zu einer natürlichen Art des Seins und der Kommunikation zurückzukehren.

T: Ist die Giraffensprache nur auf Individuen anwendbar oder auch auf verschiedene Gruppen, wie Nationen oder bei internationalen Konflikten?

MBR: Wir werden lernen, wie man das GFK-Modell auf all diesen Ebenen anwenden kann.

Im Lauf der nächsten Tage werde ich Ihnen zeigen, wie Sie mit sich selbst Giraffensprache sprechen können. Viele Menschen reden Wolfssprache mit sich selbst. Sind wir einmal nicht perfekt, geben wir uns selbst beleidigende Namen. Wir erzeugen Schuldgefühle in uns, und das macht es uns schwierig, aus unseren Fehlern zu lernen: Je mehr wir uns hassen, umso schwieriger wird es, uns zu ändern. Selbst wenn wir es versuchen, beginnen wir mit Selbsthass. Deshalb müssen wir lernen, mit unseren inneren Wölfen Giraffensprache zu sprechen. Dann werden wir lernen, das auch mit anderen Menschen, in der Familie und am Arbeitsplatz zu tun.

Wir werden versuchen, mit einer Gruppe von Menschen Giraffensprache zu sprechen, und dann werden wir lernen, wie man als Vermittler zwischen zwei Gruppen fungieren kann, die Probleme miteinander haben. Wir werden sehen, wie man zwei Gruppen von Wölfen in Menschen verwandeln kann, die es schaffen, zusammenzuarbeiten. Die Menschen in den verschiedenen Ländern, in denen ich arbeite, sind daran interessiert, die Giraffensprache auf genau diesen Ebenen anzuwenden. Aber ich schlage vor, dass wir mit Eins-zu-eins-Beziehungen beginnen.

T: Hat Ihre Großmutter jemals Wolfssprache gesprochen?

MBR: Natürlich! Da bin ich mir sicher. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der ausschließlich Giraffensprache spricht, mit Ausnahme bestimmter Stämme in einigen Ländern, in denen ich arbeite, in denen die Menschen nie Wolfssprache gelernt haben.

T: Wie war es möglich, dass Ihre Großmutter Giraffensprache sprach?

MBR: Was ich sagen will, ist: Es ist für uns alle natürlich, wir haben es alle schon getan. Jetzt, wo Sie mir die Frage stellen, wird mir klar, dass ich noch nie darüber nachgedacht habe. Meine Großmutter hatte einen großen Vorteil, sie war nie zur Schule gegangen. In den Ländern, in denen sie lebte, wurden die Schulen von Wölfen kontrolliert, und es wäre für sie sehr schwierig gewesen, eine Giraffe zu bleiben. Ihr erster großer Vorteil war, diese Schulen nicht besucht zu haben. Der zweite Vorteil war die Tatsache, dass sie eine Frau war. In der Gesellschaft, in der sie lebte, wurde Männern schon sehr früh beigebracht, zu Wölfen zu werden. Männern wurde beigebracht, dass sie hart genug sein mussten, um zu töten.

Damit Männer töten können, müssen Sie ihnen beibringen, sich von ihren Gefühlen abzuschneiden. Ich glaube, das waren zwei Dinge, die ihr geholfen haben. Ich wünschte, sie wäre noch am Leben, damit ich sie fragen könnte. Ich habe nie daran gedacht, sie zu fragen, und in ihrem letzten Lebensjahr konnte sie nicht einmal mehr sprechen, weil sie völlig gelähmt war.