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"Glauben ist wie Tanzen - und du bestimmst die Weise und den Rhythmus mit!" Glauben heißt nicht, Regeln blind zu befolgen, sondern sich mit Herz, Hand und Verstand einzulassen: auf sich selbst, auf andere Menschen und die Welt. Dieses Trainingsbuch zum Aufbau religiöser Kompetenzen für Christ:innen sowie Lehrende und Lernende im Religionsunterricht und in der Kinder- und Jugendhilfe lädt zur Reflexion ein: Es ermutigt und begleitet auf dem Weg zu entscheidenden personalen und sozialen Kompetenzen, die jede:r braucht, um Glauben und Nächstenliebe authentisch leben zu können. Zwölf konkrete Lernfelder zeigen: Dialogfähigkeit, Empathie, kritisches Denken und Reflexionsfähigkeit, Geschlechtersensibilität, Selbstannahme, ethisches Handeln und weitere können und müssen erlernt werden - im Religionsunterricht, im Selbststudium, im Theologie-Praktikum, in der Gemeinde und im Alltag. Ein Buch für alle, die ihren Glauben nicht nur lernen, sondern leben wollen: flexibel, mutig und mit Freude an der Liebe zur/zum Nächsten. Denn wer seinen Glauben wirklich lebt, tanzt nicht nur nach fremden, dogmatischen Regeln, sondern bewegt sich auch abgestimmt und selbstbewusst im Einklang mit dem Rhythmus seines eigenen Lebens: Glauben ist wie Freude am Tanzen! - und diese "Abstimmungs-Arbeit" kann man erlernen.
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Seitenzahl: 397
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Eureka Circe ist Herausgeberin und Curatorin der Buch-Reihe „DEUS EX MACHINA“und des vorliegenden Bandes „Glauben ist wie Tanzen – Vom Glauben bewegt als Christ:in wachsen. Trainingsbuch zum Aufbau religiöser Kompetenzen. (DEUS EX MACHINA - Part III)“.
Ebenso sind erschienen: „DEUS EX MACHINA – Oder: Vom fragenden Leben“(Part I) und Heimkehr vom Papst – Eine Quintessenz der Nächstenliebe (Part II).
Die Curatorin setzt sich mit dem Werk „DEUS EX MACHINA“ für die Dokumentation und ggf. Diskussion der Texte von Künstlicher Intelligenz im religiösen und theologischen Kontext ein. Ihre These: „Künstliche Intelligenz (KI) stellt eine tiefgreifende Zäsur dar, weil sie das Verhältnis von Mensch, Wissen und Weltzugang fundamental verändert – nicht nur technisch, sondern auch kulturell, erkenntnistheoretisch und gesellschaftlich. Sie eröffnet einen neuen Zugang zum Wissen und führt zu dessen Vervielfachung und Demokratisierung: KI-Systeme machen Informationen niedrigschwellig verfügbar – oft ohne klassisches Lesen oder vertieftes Vorwissen. Das verändert grundlegend, wie wir denken, lernen und verstehen, und fördert zugleich eine neue Form der Individualisierung des Denkens – was sich exemplarisch auch für den spirituellen Glauben darstellen lässt. Mehr noch: Maschinen erzeugen heute Sinn – Texte, Bilder, Argumente –, wo früher ausschließlich menschliche Expertise gefragt war. Das hat langfristig Folgen für Bildung, Wissenschaft, Politik und Religion.“
Seen a lot of this before and it ain't over
'Til the day we disappear out of nowhere (out of nowhere)
When you're blinded by the dark, it's an illusion
There's a light inside your heart that keeps you moving,
yeah, yeah
It goes on and on and on and on
On and on and on
And if tomorrow's hopeless
At least we had this magic learning
A memory forever frozen
Because tonight goes on and on and on
frei zitiert nach bzw. in Anlehnung an:
Glockenbach
Inhaltsverzeichnis
Einleitung:
Glauben ist wie Tanzen
Übung 1:
Frauen in Führung denken lernen: Geschlechtergerechtigkeit verstehen und Machtstrukturen verändern lernen
Übung 2:
Geschlechtersensible und queere Theologie eigenständig hinterfragen und neu denken
Übung 3:
Ganzheitliche Spiritualität mit Leib und Seele entdecken: Den Körper und die Gefühle wertschätzen und in die Spiritualität einbinden lernen
Übung 4:
Liebe in Vielfalt verstehen und wertschätzen: Empathie für vielfältige Beziehungen entwickeln
Übung 5:
Mündiger Glaube: Selbstbestimmt urteilen und Autoritäten kritisch hinterfragen
Übung 6:
Sexualität verantwortungsvoll, lustvoll und reflektiert leben: Kompetenzentwicklung
Übung 7:
Angstfrei über Sexualität sprechen im Religionsunterricht – Kompetenzentwicklung in der Praxis
Übung 8:
Weltgestalter:in mit Kopf, Herz und Hand - Selbstannahme und ethisches Handeln: Kompetenzen für Gewissen und Mitgefühl erwerben
Übung 9:
Gottesbilder kreativ gestalten – neue spirituelle Räume öffnen
Übung 10:
Dialogfähigkeit im Glauben fördern: Gemeinsamkeiten erkennen in der Vielfalt
Übung 11:
Spiritualität geschlechtergerecht, queersensibel und lebensnah gestalten
Übung 12:
Wandel gestalten, Reformen mittragen, partizipativ handeln – Kompetenz für Kirche, Schule und Demokratie heute
Anhang
Studienguide: Glaube und Identität im Wandel – Fragen und Antworten
Essayfragen
Abbildungsverzeichnis
Weiterführendes Schriftum (Auswahl)
Glauben ist wie Tanzen – dieser poetisch anmutende Vergleich ist weit mehr als ein schönes Bild: Er ist zugleich Einladung, Haltung und Programm. Tanzen heißt, sich zu bewegen, auf einen Rhythmus zu hören, sich auf andere einzulassen und dabei eigene Schritte zu finden. Es ist eine Bewegung, die das Herz öffnet, ein Rhythmus, der mitreißt, und eine Beziehung, die von Balance, Achtsamkeit und der Fähigkeit geprägt ist, sich ganz einzulassen.
Auch der Glaube ist eine solche Bewegung: nicht starr oder abgeschlossen, sondern lebendig, persönlich und immer wandelbar. Er wurzelt tief im Inneren und strebt doch mitten hinein ins Leben.
Wie beim Tanz gibt es auch im Glauben viele Wege und Stile: Standard oder Latein – oder doch eher Varianten wie Line Dance, Jazz, Freestyle, West Swing Coast oder Disco-Fox?
Manche bevorzugen feste Schrittfolgen, andere lieben die freie Improvisation oder neue kreative Kombinationen. Es geht darum, eine Standard-Folge der Schritte zu erlernen oder sich als Führende:r oder Geführte:r auf neue situative Schritte einzulassen oder gar selbst neue Schritte, Richtungen, Kombinationen und das Austanzen in einem vorhandenen Raum zu gestalten.
Beispielsweise im Tango Argentino zeigt sich eindrucksvoll, wie durch feinfühlige Kommunikation und sensibles Zusammenspiel eine ästhetische, lebendige Bewegung im gemeinsamen Raum entsteht. Der Tanz ist wie jede Bewegung mit Musik eine „Abstimmungs-Arbeit“, die man erlernen und traineren kann.
Wer den Glauben wie einen Tanz begreift, lernt ebenso, eigene Schritte zu finden, sensibel und achtsam im Gleichklang und Dialog mit anderen - oder auch für sich zu bleiben und kreativ neue Bewegungen, Gespräche und Ideen im gebotenen oder eigenen Raum mit Musik und deren Rhythmik zu erproben.
Dieses Buch möchte dabei helfen, im Glauben beweglich zu bleiben und beweglicher zu werden: nicht nur dem Glauben anderer zu folgen, sondern den eigenen Weg des Glaubens mutig zu finden, abgestimmt und nachhaltig mit anderen sowie wirksam für einen selbst zu üben und bewusst zu gestalten – mit Kopf, Herz und Hand!
Ziel zeitgemäßer Glaubensbildung ist es, Glauben und Nächstenliebe im Alltag authentisch zu leben. Dies setzt voraus, sich selbst und anderen mit Respekt, Empathie und Dialogbereitschaft zu begegnen. Religiöse Kompetenz meint dabei insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, ethische Reflexion, spirituelle Ausdrucksfähigkeit und soziale Verantwortung.
Das Besondere: Dieses Buch folgt nicht einem dogmatischen Kanon, sondern einem kompetenzorientierten, dialogischen Zugang. Grundlage ist die Überzeugung, dass alle religiöse Bildung – und besonders der Religionsunterricht – Menschen befähigen soll, mündig, empathisch, urteilsfähig und verantwortungsbewusst zu glauben.
In zwölf Übungensabschnitten werden zentrale personale und soziale Schlüssel-Kompetenzen vorgestellt – sei es die Fähigkeit zu Dialog, Empathie, Geschlechtersensibilität oder reflektierter Sexualethik und kritisches Denken und weitere.
Dabei geht es nicht um abstraktes Wissen, sondern um konkrete Lebensfragen und benötigte Fähigkeiten:
Wer bin ich und was gibt meinem Leben Orientierung und Sinn?
Wie gehe ich mit Vielfalt, Konflikten und ethischen Entscheidungen um? Und: Wie bleibe ich dabei empathisch, authentisch und handlungsfähig?
Wie spreche ich über meinen Glauben – mit mir selbst, mit anderen, mit Gott? Wie gehe ich mit Andersheit um? Wie kann ich mein Gottesbild, meine Zweifel, meine Sehnsucht ehrlich betrachten?
Wie gestalte ich Beziehungen, Sexualität, Gerechtigkeit oder Nächstenliebe und Seelsorge sowie liturgische Sprache inklusiv, lebensnah und lebendig?
Jedes Kapitel vertieft einen Kernbereich religiöser Kompetenzentwicklung, zum Beispiel:
Dialogfähigkeit und Empathie entwickeln:
offen und vorurteilsfrei mit anderen in den Dialog treten, Unterschiede als Bereicherung sehen;
Geschlechtersensibilität und Umgang mit Sexualität:
ein bewusstes Verständnis von Geschlechterrollen fördern und verantwortungsvoll über Sexualität sprechen;
Offen über herausfordernde Themen reden:
angstfrei auch kontroverse oder schwierige Fragen (z.B. Leid, Zweifel, Tod) zur Sprache bringen;
Kritisches Denken und Urteilsvermögen stärken:
eigene Standpunkte reflektieren, fundiert begründen und zu unabhängigen Entscheidungen finden;
Selbstannahme und Resilienz:
innere Stärke aufbauen, mit Rückschlägen umgehen und sich selbst mit allen Stärken und Schwächen annehmen;
Ethisches Handeln und soziale Verantwortung:
Werte nicht nur erkennen, sondern im Alltag mutig danach handeln und Verantwortung für Mitmenschen übernehmen;
Kreative spirituelle Ausdrucksformen:
eigene Gottesvorstellungen und Glaubensbilder kreativ entwickeln und Ausdruck für das spirituelle Erleben finden;
Bereitschaft zur Veränderung:
Wandel als Chance begreifen, Traditionen kritisch-konstruktiv hinterfragen und Neues mitgestalten.
„Glauben ist wie Tanzen“ ist das dritte Buch der Reihe DEUS EX MACHINA und versteht sich als Trainingsbuch für religiöse Kompetenzen.
Es richtet sich an Menschen, die ihren Glauben bewusst reflektieren, vertiefen und lebendig gestalten möchten – sei es im schulischen Religionsunterricht, in theologischen Ausbildungen, in kirchlichen Kontexten oder im persönlichen Selbststudium.
Religiöse Bildung heute ist mehr als bloße Wissensvermittlung: Sie verbindet Glauben mit persönlicher Entwicklung und Lebenspraxis.
Das Lernen ist dabei aufgebaut wie ein Lehrender uns mit Übungen einen Tanz beibringen würde: Es gibt klare Lernziele, praktische Übungen, Reflexionsfragen, Vorschlägen und Impulse für Unterricht, Gemeindearbeit und spirituelle Praxis.
Besonders im Blick sind dabei alle Gläubigen, die sich weiter entwickeln wollen, sowie auch junge Menschen, queer denkende und lebende Menschen, spirituell Suchende – alle, die nicht (mehr) in alte Formen passen und gerade deshalb das Evangelium neu buchstabieren möchten.
Wer Glauben wie Tanzen lernt, entwickelt mit der Zeit eine innere Haltung von Offenheit, Respekt und Lebensfreude, die weit über Klassenzimmer, Gottesdienste und Kirchenräume hinausstrahlt.
Weil Glaube und Religion die grundlegenden Lebensfragen berühren, die uns alle bewegen, sollte gerade ein pädagogischer Anspruch im Religionsunterricht den Fokus auf solche Kompetenzen legen: Indem fachliche Inhalte mit persönlichen Erfahrungen verknüpft werden, wird religiöses Lernen zu einem Weg der Selbstreflexion und Persönlichkeitsentwicklung.
Gerade der Religionsunterricht kann ein einzigartiger Ort sein, um junge Menschen dabei zu unterstützen, eigene Werte zu entdecken, wichtige Lebenskompetenzen einüben, Vielfalt zu respektieren und in einer pluralistischen Welt Orientierung zu finden. Eine glaubwürdige gelebte Religion braucht offene Dialogbereitschaft, Sensibilität für Vielfalt, Mut zur Veränderung und verantwortungsbewusstes Handeln.
Diese ganzheitliche Bildung, die Kopf, Herz und Hand gleichermaßen anspricht, soll der pädagogische Kern der Bemühungen sein.
Doch nicht nur Schüler:innen profitieren von diesen Inhalten. Auch angehende Lehrpersonen, Geistliche und Theologiestudierende finden in den vorgestellten Methoden und Übungen ebenso wertvolle Impulse: Dieses Buch unterstützt auch Lehrende, Seelsorgende und pastoral Tätige als Multiplikator:innen dabei, ihre persönlichen, sozialen und spirituelle Kompetenzen zu erweitern, eigene Haltungen zu reflektieren und neue Wege in der religiösen Bildungsarbeit zu entdecken.
Zugleich zeigt das Buch, wie wichtig die Unterstützung durch Bildungseinrichtungen ist, um diese Kompetenzen zu fördern. Schulen und Hochschulen können konkret dazu beitragen, dass ganzheitliches religiöses Lernen gelingt – sei es durch angepasste Lehrpläne, partizipative Unterrichtsmethoden oder gezielte Fortbildungen für Lehrkräfte. Jeder Abschnitt umfasst klar formulierte Lernziele, inspirierenden Good-Practice-Beispiele und Anregungen zur Umsetzung.
Und noch etwas ist besonders: Dieses Buch ist Teil des theologischen Projektes DEUS EX MACHINA. Alle Texte wurden durch Künstliche Intelligenz erzeugt. Ausgangspunkt war der zweite Band der Reihe, „Heimkehr vom Papst – Eine Quintessenz der Nächstenliebe“, dessen wesentliche Themen durch KI - die Deus ex Machina - in konkrete und notwendige Kompetenzen übersetzt wurden, die erforderlich und zu bestärken sind, um diese Botschaften und das Evangelium im Alltag wirklich zu leben.
Dieses Buch will daher bestärken, religiöses Lernen als Weg persönlicher Weiterentwicklung zu begreifen: nicht nur mehr über den Glauben zu hören oder zu lesen, sondern Persönlichkeitswachstum, ethisches Denken, spirituelle Ausdruckskraft und soziale Verantwortung zu stärken.
Machen wir uns also gemeinsam mit der Deus in diesem Band auf den Weg: Lernen wir Glauben wie das Tanzen – mit Freude, Tiefgang und der Bereitschaft, uns immer wieder weiterzuentwickeln. Auf diese Weise kann religiöse Bildung zu einer lebendigen Kompetenzentwicklung werden, die uns alle ein Stück weit verwandelt und unsere Welt ein bisschen heller und menschlicher macht.
Eureka Circe, im April 2025.
Und nun zu den einzelnen Abschnitten und Übungen zur Kompetenz-Entwicklung, die durch Künstliche Intelligenz verfasst wurden.
Die Übung befasst sich mit dem Lernen zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und der kritischen Reflexion von Machtstrukturen auch im theologischen Kontext. Zielgruppen sind Gläubige, Lernende in Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, sowie zur Theologie, Religionslehrkräfte und angehende Geistliche, die tradierte Geschlechterrollen hinterfragen und geschlechtergerechte Haltungen im Leben, im Unterricht und der Gemeinde entwickeln wollen. Wesentliche Kompetenzen umfassen die Wahrnehmung geschlechtsbezogener Ungerechtigkeiten, systemische Analysefähigkeit, empathische Wahrnehmung, Selbstreflexion und Handlungskompetenz für gendersensible Praxis.
Diese wichtigen Kompetenzen beinhalten folgende weitere Fähigkeiten: systemisches Denken, gendersensibles Machtverständnis, fokussierte Aufmerksamkeit auf subtile geschlechtsbezogene Ungleichheiten sowie empathisches Wahrnehmen („zärtliches Wahrnehmen“). Reflexions- und Dekonstruktionskompetenz ermöglichen es, stereotype Geschlechterrollen kritisch zu hinterfragen und aufzubrechen. Persönliche Lernwege fördern nachhaltige Kompetenzentwicklung durch biografische Reflexion, Dialog, praktische Erfahrungen und Perspektivwechsel, Achtsamkeitsübungen sowie kontinuierliche Reflexion und Feedbackprozesse.
Ebenso umfassen die didaktischen Methoden praxisorientierte Wissensvermittlung, Fallstudien, Rollenspiele, Biografiearbeit, empathische Übungen, intersektionale Ansätze sowie Sprach- und Materialanalyse. Diese Methoden fördern eine ganzheitliche und nachhaltige Kompetenzentwicklung durch persönliche Beteiligung, emotionale Berührung und kritische Reflexion.
Durch entsprechende Lernprozesse können Gläubige, Studierende und Lehrkräfte ausgebildet werden: Sie entwickeln ein geschärftes Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit, größere Empathie, souveränen Umgang mit Machtstrukturen und erweiterte Handlungsfähigkeit. Als Multiplikator:innen können sie nachhaltigen Wandel hin zu einer gerechten und machtsensiblen Kultur anstoßen.
Lern- und Entwicklungsziel:
Wesentlichste personale Kompetenz ist die Reflexions- und Dekonstruktionskompetenz, da sie Lernende befähigt, stereotype Geschlechterrollen bewusst zu hinterfragen und transformativ zu handeln. Das Lernziel ist, eigene und institutionelle Macht- und Geschlechterstrukturen kritisch zu reflektieren und konstruktiv zu verändern.
Good-Practice-Beispiel:
Biografische Schreibübung, bei der Teilnehmende persönliche Erfahrungen zu geschlechtsspezifischen Prägungen und Ungerechtigkeiten schriftlich reflektieren und anschließend im geschützten Rahmen austauschen. Diese Methode fördert Selbstreflexion und Empathie.
Kirchliche Unterstützung durch:
Gläubige und Geistliche können als Vorbilder und Mentor:innen wirken, indem sie geschlechtergerechte Praktiken in ihrer Gemeinde aktiv vorleben, Diskussionen anregen und Offenheit für strukturelle Veränderungen signalisieren.
Lokale Budget-Verwendung:
Finanzielle Mittel der Gemeinde könnten gezielt in Fortbildungen, Workshops und Seminare zu Geschlechtergerechtigkeit investiert werden. Konkrete Ausgaben umfassen Honorare für externe Referierende, Materialien zur Genderbildung sowie Zuschüsse für Projekte zur Umsetzung gendersensibler Maßnahmen.
Anpassung des Curriculums in der Schule:
Das Curriculum im Religionsunterricht sollte um Module zur Förderung von Genderkompetenz erweitert werden. Inhalte umfassen Sensibilisierung für Geschlechterungerechtigkeiten, hinterfragende Analyse traditioneller Rollenbilder sowie Förderung empathischer und machtsensibler Kommunikation. So werden Schüler:innen befähigt, Machtverhältnisse und Geschlechtergerechtigkeit in Schule, Kirche und Gesellschaft reflektiert wahrzunehmen und konstruktiv zu gestalten.
Eine Referentin in einem Workshop zu Geschlechtergerechtigkeit in der Bildung. Solche Lernangebote helfen angehenden Lehrkräften und Theolog:innen, ein Bewusstsein für Geschlecht und Machtstrukturen zu entwickeln.
Abbildung 1: Workshop Geschlechtergerechtigkeit.
Eine engagierte Frau leitet einen Workshop zum Thema Geschlechtergerechtigkeit. Im Hintergrund steht ein Whiteboard mit dem Schriftzug ‚Geschlechter-Gerechtigkeit‘ und dem Symbol für Gleichstellung von Frau und Mann. Die Workshop-Leiterin spricht vor einer kleinen Gruppe von Teilnehmenden und vermittelt Inhalte zu Gleichstellung, Chancengleichheit und Gender-Sensibilisierung in einem professionellen, offenen Lernumfeld.
Eine faire und inklusive Haltung gegenüber Geschlecht und Macht zu entwickeln, ist ein Weg der persönlichen und professionellen Reifung. Theologisch Interessierte, Studierende der Theologie, Religionslehrkräfte und angehende Geistliche stehen oft vor der Herausforderung, tradierte Rollenbilder zu hinterfragen und mehr Geschlechtergerechtigkeit in ihren Gemeinden und Klassenräumen zu fördern. Dazu brauchen sie nicht nur Wissen, sondern vor allem bestimmte Kompetenzen: Sie müssen lernen, Geschlechterungerechtigkeit analytisch zu durchschauen und transformativ darauf zu reagieren – im eigenen Handeln ebenso wie in den Strukturen ihres Umfelds. Dieses Lernen ist praxisnah möglich und kann inspirierend gestaltet werden, sodass es zu einer echten Veränderung der Sichtweisen führt. Im Folgenden werden konkrete Lehrziele, erforderliche Kompetenzen und geeignete Methoden beschrieben, um genau diese Fähigkeit zur geschlechtergerechten und machtsensiblen Wahrnehmung zu entwickeln. Dabei liegt der Fokus auf pädagogisch-praktischen Ansätzen – ohne dass theologische oder biblische Herleitungen im Vordergrund stehen.
Ein erster Schritt ist zu klären, welche Lernziele angestrebt werden. Dabei geht es um klare, greifbare Ziele, die Lernende erreichen sollen. Mögliche Lehrziele für ein Seminar oder Training zum Thema Geschlechtergerechtigkeit und Macht könnten sein:
Wahrnehmung von Ungleichheiten:
Die Teilnehmenden können geschlechterbezogene Ungerechtigkeiten und Machtungleichgewichte in ihrem eigenen Umfeld erkennen und sachlich benennen (z.B. ungleiche Beteiligung von Frauen und Männern in Diskussionen, stereotype Rollenzuweisungen in Gemeinde oder Schule).
Analysefähigkeit:
Sie sind in der Lage, diese beobachteten Phänomene mit geeigneten Konzepten zu
analysieren
– also die tieferliegenden Ursachen und Zusammenhänge zu verstehen. Dazu gehört etwa, persönliche Erfahrungen in Verbindung mit gesellschaftlichen Strukturen zu sehen oder historische und kulturelle Hintergründe von Geschlechterrollen zu kennen.
Selbstreflexion:
Ein zentrales Ziel ist, dass die Lernenden ihre
eigenen
Einstellungen, Prägungen und Vorurteile in Bezug auf Geschlecht und Macht kritisch hinterfragen. Sie sollen erkennen, wie die eigene Biografie und Sozialisation ihr Verhalten beeinflusst – und bereit werden, eingefahrene Denkmuster zu ändern.
Handlungskompetenz:
Die Teilnehmenden entwickeln konkrete
Strategien
, um in ihrem beruflichen oder ehrenamtlichen Kontext gendersensibel zu handeln. Sie lernen, ihr eigenes Verhalten und auch Strukturen in Schule, Hochschule, Gemeinde oder Kirche so zu gestalten, dass mehr Chancengleichheit entsteht.
Kommunikations- und Beziehungskompetenz:
Ziel ist auch ein einfühlsames und respektvolles Miteinander. Die Lernenden üben einen Kommunikationsstil ein, der frei von abwertenden Stereotypen ist, und fördern eine Kultur der
Wertschätzung,
in der alle Geschlechter sich gehört und ernstgenommen fühlen.
Diese Lehrziele machen deutlich, dass es nicht nur um theoretisches Wissen geht, sondern um eine Haltung und Fähigkeiten, die das Handeln prägen. Am Ende soll stehen, dass zukünftige Lehrkräfte oder Geistliche Genderkompetenz besitzen – also fähig und motiviert sind, Geschlechterrollen kritisch zu reflektieren und ihr Wissen praktisch für mehr Gerechtigkeit einzusetzen.
Mit diesen Zielen vor Augen lassen sich nun die dafür nötigen Kompetenzen bestimmen.
Um die genannten Lernziele zu erreichen, müssen verschiedene Kompetenzen entwickelt werden. Einige der wichtigsten – wie im Voraus angedeutet – sind:
Systemisches Denken in Geschlechterfragen:
Die Lernenden sollen Geschlecht nicht als isoliertes Merkmal betrachten, sondern im
systemischen
Zusammenhang verstehen. Das heißt, sie erkennen, dass persönliche Erfahrungen immer eingebettet sind in größere soziale Strukturen. Beispielsweise hängen Rollenbilder in der Kirche oder in Schulbüchern mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen und historisch gewachsenen Traditionen zusammen. Systemisches Denken bedeutet, Muster zu erkennen: Etwa wie Institutionen, Sprache oder Erziehung Geschlechterrollen beeinflussen. Wer diese Kompetenz besitzt, kann über einzelne Fälle hinaus das
„große Ganze“ sehen
– also z.B. begreifen, wie Denkweisen, Handlungsmuster und Machtverhältnisse zusammenwirken.
Gendersensibles Machtverständnis:
Hier geht es um ein feines Verständnis dafür,
wie Macht und Geschlecht zusammenhängen.
Künftige Religionslehrkräfte und Theolog:innen sollen wahrnehmen können, wo Machtungleichgewichte zwischen den Geschlechtern bestehen – sei es in der Leitung einer Gruppe, in Gesprächsdynamiken oder in institutionellen Regeln. Gendersensibel heißt: Die Person erkennt geschlechterspezifische
Machtdynamiken
und hinterfragt sie kritisch.
Dazu gehört z.B. zu bemerken (und ggf. auch auszusprechen), wenn immer eine bestimmte Gruppe (etwa Männer) die Entscheidungsgewalt hat, oder wenn Frauen zwar viel organisieren, aber wenig Anerkennung erhalten. Diese Kompetenz umfasst auch, die eigenen Machtpositionen zu reflektieren: Eine angehende Pfarrerin oder ein angehender Pfarrer lernt, sich der Autorität des Amtes bewusst zu sein und sie nicht unbewusst in patriarchaler oder machtorientierter Weise auszuspielen.
Fokussierte Aufmerksamkeit auf Ungerechtigkeiten:
Damit ist die Fähigkeit gemeint, im Alltag
achtsam und aufmerksam
auf geschlechterbezogene Details zu achten. Oft zeigen sich Ungerechtigkeiten in scheinbar kleinen Dingen – etwa wer im in der Unterrichtsstunde oder im Seminar am häufigsten unterbrochen wird, welches Pronomen in Gottesbildern benutzt wird, oder wie Aufgaben in einer Gruppe verteilt werden. Fokussierte Aufmerksamkeit bedeutet, solche Signale nicht zu übersehen. Diese Kompetenz ist eng mit
Achtsamkeit
verwandt: Die Sinne werden darauf geschult, wahrzunehmen, was sonst als „normal“ durchgeht. Eine Lehrkraft mit fokussierter Aufmerksamkeit bemerkt beispielsweise, wenn Mädchen und Jungen im Unterricht unterschiedlich behandelt werden, oder wenn bestimmte Perspektiven (z.B. von Frauen, LGBTQIA+-Personen) in Lehrmaterial fehlen.
„Zärtliches“ Wahrnehmen (Empathisches Wahrnehmen):
Dieser etwas poetische Begriff weist auf eine
einfühlsame, empathische Art der Wahrnehmung
hin. Gemeint ist, die Realität mit einer inneren
Haltung der Zärtlichkeit
zu betrachten – also mit Wärme, Respekt und Offenheit. Warum ist das wichtig? Weil gerade in Fragen von Geschlecht und Macht viele Erfahrungen schmerzhaft sein können. Wer zärtlich und empahtisch wahrnimmt, hört z.B. den Erfahrungsberichten von Betroffenen von Diskriminierung aufmerksam und mit Mitgefühl zu, statt vorschnell zu urteilen. Diese Kompetenz könnte man auch als
geschlechtsempathisches Wahrnehmen
bezeichnen.
Sie befähigt dazu, hinter Statistiken und Analysen die menschlichen Geschichten zu sehen. Für angehende Seelsorger:innen etwa ist dies essentiell: Nur mit einer sanften, wertschätzenden Wahrnehmung können sie das Vertrauen von Menschen gewinnen, die vielleicht Ausgrenzungen erlebt haben.
Reflexions- und Dekonstruktionskompetenz:
Neben dem empathischen Hinschauen braucht es die Fähigkeit, Gesehenes kritisch zu
reflektieren und einzuordnen
. Dies beinhaltet,
Geschlechterrollen zu dekonstruieren
– also vermeintlich „natürliche“ Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit bewusst auseinanderzunehmen. Andrea Lehner-Hartmann spricht in diesem Zusammenhang von
„geschlechtsempathischem Wahrnehmen verbunden mit geschlechtsde-konstruktivem (Be)Arbeiten“
, als Kurzformel für genderbewusstes Lehren.
Die Formel „geschlechtsempathisches Wahrnehmen verbunden mit geschlechtsde-konstruktivem (Be)Arbeiten“ beschreibt einen zentralen pädagogischen Ansatz für genderbewusstes Lehren. Sie bedeutet, dass Lehrende einerseits sensibel und empathisch wahrnehmen, wie Geschlecht in konkreten Situationen erlebt, dargestellt oder bewertet wird – zum Beispiel, wenn bestimmte Schüler:innen im Unterricht weniger zu Wort kommen oder wenn Rollenbilder in Materialien einseitig dargestellt sind. Dieses „geschlechtsempathische Wahrnehmen“ verlangt eine achtsame, mitfühlende Haltung, die die Wirkung von Geschlecht auf das Erleben der Lernenden ernst nimmt.
Gleichzeitig geht es nicht nur um Empathie, sondern auch um ein aktives, reflektiertes Handeln: „geschlechtsde-konstruktives (Be)Arbeiten“ meint die Fähigkeit, stereotype oder normierende Vorstellungen von Geschlecht kritisch zu hinterfragen, aufzubrechen und alternative Denk- und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Lehrkräfte sollen nicht bei der reinen Beobachtung stehen bleiben, sondern gezielt Materialien, Sprache und Unterrichtssituationen so gestalten, dass Vielfalt sichtbar wird und Diskriminierungen abgebaut werden.
Zusammen bilden beide Elemente – Wahrnehmen und Dekonstruieren – eine Haltung, die dazu befähigt, Schule und Bildung bewusst geschlechtergerecht und inklusiv zu gestalten.
Praktisch heißt das: Man nimmt einerseits einfühlsam wahr, was an Ungleichheit da ist, und arbeitet andererseits aktiv daran, die dahinterstehenden Rollenbilder und Machtmuster aufzubrechen. Diese Kompetenz zeigt sich z.B., wenn Studierende gelernt haben, bei sich selbst und anderen nicht vorschnell in „Schubladen“ (wie typisch männlich/typisch weiblich) zu denken, sondern Kategorien in Bewegung zu bringen und alternative Handlungsmöglichkeiten zu suchen. Dadurch werden starre Grenzen gelockert und das Verhaltensrepertoire aller Beteiligten wird erweitert – ein wichtiger Schritt hin zur Transformation von Machtstrukturen.
All diese Kompetenzen hängen zusammen und stützen sich gegenseitig. Fachliches Wissen über Gender-Theorien und Forschung ist dabei die Grundlage (denn ohne Wissen kann man schwer analysieren). Ebenso wichtig sind soziale und persönliche Fähigkeiten wie Empathie, Kommunikationsfähigkeit und Selbstreflexion. In der Didaktik spricht man von Genderkompetenz mit verschiedenen Dimensionen – Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz –, die hier im Grunde alle angesprochen sind. Wer diese Fähigkeiten entwickelt, kann Geschlechtergerechtigkeit nicht nur verstehen, sondern auch im eigenen Einflussbereich fördern.
Doch wie lassen sich solche Kompetenzen nun sinnvoll und persönlich lernen? Im nächsten Abschnitt geht es um mögliche Lernwege aus Sicht der Lernenden selbst – also wie man sich diese Fähigkeiten aneignen kann.
Theorie allein genügt nicht, um die genannten Kompetenzen wirklich zu verinnerlichen. Entscheidend ist ein persönlicher Lernprozess, der Kopf und Herz sowie Hand anspricht. Folgende Ansätze helfen Lernenden (ob nun Studierende, Lehrkräfte in Ausbildung oder angehende Pfarrer:innen), die Kompetenzen sinnvoll und individuell zu entwickeln:
1. Eigene Biografie und Prägungen reflektieren: Eine der ersten und wichtigsten Übungen ist die Selbstreflexion. Indem man die eigene Lebensgeschichte unter dem Aspekt Geschlecht/Macht betrachtet, gewinnt man Aha-Erlebnisse und wird sensibilisiert. Konkret kann man sich Fragen stellen wie: Welche biografischen Hintergründe haben mich in meiner Geschlechterrolle geprägt? Wo habe ich aufgrund meines Geschlechts Vorteile oder Nachteile erfahren? Wie gehe ich damit um, wenn ich merke, dass ich andere aus Voreingenommenheit falsch beurteilt habe?
Solche Reflexionsfragen bringen oft unbewusste Annahmen ans Licht. Zum Beispiel erinnert sich vielleicht eine Theologiestudentin daran, wie sie als Mädchen ermutigt oder entmutigt wurde, laut ihre Meinung zu sagen – diese Erfahrung beeinflusst womöglich bis heute, wie sie in Diskussionen auftritt. Oder ein angehender Religionslehrer erkennt, dass ihm als Junge bestimmte Gefühle (Weinen, Verletzlichkeit zeigen) abtrainiert wurden, was jetzt seine Empathiefähigkeit beeinflusst. Durch das bewusste Nachdenken über solche Prägungen lernt man sich selbst besser kennen. Man entwickelt die Selbstkompetenz, die eigenen Denkmuster zu erkennen und bei Bedarf zu korrigieren.
Dieser Prozess ist persönlich oft berührend – er erfordert Mut zur Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, führt aber zu echtem Wachstum.
„Unconscious Bias“ (zu Deutsch etwa: unbewusste Voreingenommenheit oder unbewusste Vorurteile) beschreibt dabei automatische, unbewusste Denkmuster, die unser Handeln, Denken und Urteilen beeinflussen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Diese Vorurteile entstehen durch gesellschaftliche Prägung, kulturelle Erfahrungen, Medien und Erziehung und wirken sich besonders in Situationen aus, in denen wir schnelle Entscheidungen treffen oder Menschen einschätzen.
Solche unbewussten Vorurteile können sich auf Merkmale wie Geschlecht, Alter, ethnische Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung oder Behinderung beziehen. Beispielsweise könnte ein „Unconscious Bias“ darin bestehen, dass man einem männlichen Bewerber automatisch mehr Kompetenz zutraut als einer weiblichen Bewerberin, ohne dass dafür objektive Gründe vorliegen. Diese Form der Verzerrung kann zu unfairen, diskriminierenden und benachteiligenden Handlungen führen – häufig unabsichtlich und unbeabsichtigt.
Um solchen Bias entgegenzuwirken, ist es wichtig, sie zunächst wahrzunehmen („Bewusstmachen“) und dann gezielt gegenzusteuern („Dekonstruieren“). Bewusstseinsbildung und Training helfen dabei, solche automatischen Denkmuster zu erkennen und durch reflektierte, gerechtere Entscheidungen zu ersetzen. Dadurch trägt man dazu bei, soziale Diskriminierung abzubauen und eine fairere, inklusivere Gesellschaft zu fördern.
Ein E-Learning-Modul zum Thema „Unconscious Bias“ für Universitäten, Theologie-Fakultäten und kirchliche Einrichtungen könnte inhaltlich wie folgt gegliedert sein:
Zu Beginn erfolgt eine Einführung, die den Begriff „Unconscious Bias“ erläutert und seine Relevanz für kirchliche, theologische und akademische Kontexte hervorhebt. Anschließend werden typische Formen von unbewussten Vorurteilen vorgestellt, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, kulturelle Herkunft, sexuelle Orientierung und Behinderung. Danach zeigt das Modul konkrete Situationen und Praxisbeispiele aus dem Alltag der Organisationen: z. B. Personalauswahl, Bewertung von Studierenden, Umgang mit Kolleg:innen und seelsorgliche Gespräche. Es folgen interaktive Übungen, in denen Teilnehmende lernen, eigene unbewusste Vorurteile zu erkennen, zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen. Abschließend vermittelt das Modul konkrete Strategien und Handlungsempfehlungen, wie Mitarbeitende, Lehrende und Seelsorgende bewusst und diskriminierungsfrei agieren können. Ziel ist es, eine Haltung der Sensibilität und Offenheit im Umgang miteinander nachhaltig zu fördern und Diskriminierungen zu reduzieren.
2. Austausch und Dialog: Lernen muss nicht einsam stattfinden – gerade bei Themen wie Geschlechtergerechtigkeit ist der Dialog mit anderen zentral. Im Gespräch mit Kommiliton:innen oder Kolleg:innen lassen sich Erfahrungen teilen und Perspektiven erweitern. So erfährt z.B. ein männlicher Theologiestudent vielleicht erst im Austausch mit einer weiblichen Kommilitonin, welche subtilen Benachteiligungen diese im Unialltag erlebt (etwa nicht ernst genommen zu werden oder ständig auf ihr Aussehen angesprochen zu werden). Solche Gespräche fördern Empathie und rütteln am eigenen Weltbild. Peer-Learning in gemischten Gruppen ist daher sehr wertvoll: Unterschiedliche Sichtweisen kommen auf den Tisch, und man übt, sich gegenseitig zuzuhören. Wichtig ist dabei ein geschützter Raum des Vertrauens, in dem alle offen sprechen können. Lernende können hier ihre Erkenntnisse aus der Selbstreflexion abgleichen und vertiefen. Der Dialog schult zugleich die Kommunikationskompetenz – man lernt, respektvoll über kontroverse Themen zu sprechen, eigene Privilegien anzuerkennen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
3. Praktische Erfahrungen und Perspektivwechsel: Nichts prägt so sehr wie praktische Erfahrungen. Daher sollten Lernende Gelegenheiten bekommen, das Gelernte im echten Leben anzuwenden oder zumindest zu erproben. Ein Ansatz ist der Perspektivwechsel: sich bewusst in die Lage von Menschen anderen Geschlechts hineinzuversetzen. Das kann z.B. bedeuten, einen Tag lang in einer üblichen Situation die Rolle zu tauschen – beispielsweise übernimmt ein männlicher Studierender mal eine typisch „frauendominierte“ Aufgabe in der Gemeinde (wie Kinderbetreuung oder Küchendienst), während eine Studentin eine sonst männerdominierte Rolle testet (wie Leitung eines Gottesdienstes). Solche Rollentausche oder Simulationen schärfen den Blick für ungesehene Herausforderungen. Ebenso könnten angehende Lehrkräfte ein Praktikum oder kurze Hospitation bei einer Einrichtung machen, die als Good Practice für Geschlechtergerechtigkeit gilt – etwa ein Jugendzentrum, das gezielt Mädchen fördert, oder eine Pfarrei, in der Frauen und Männer gleichberechtigt leiten. Durch die Beobachtung vor Ort und Mitarbeit sammelt man Erfahrungen, die Theorie lebendig machen. Auch kleine Projekte im eigenen Umfeld gehören hierher: Zum Beispiel könnte eine Gruppe Studierender ein Projekt initiieren, um in ihrer Hochschule eine gendergerechte Sprache durchzusetzen, oder Religionstudierende könnten in der Schule Workshops mit ihren Klassen zum Thema Gleichberechtigung durchführen. Solche Projekte verbinden praktisches Tun mit Reflexion und festigen die Kompetenzen enorm.
4. Achtsamkeit und Wahrnehmungsübungen: Die zuvor erwähnte fokussierte Aufmerksamkeit und das „zärtliche“ Wahrnehmen kann man durch Achtsamkeitsübungen gezielt trainieren. Das klingt vielleicht ungewöhnlich im theologischen Kontext, hat aber viel mit Spiritualität und Präsenz zu tun (ohne dass man dabei theologische Inhalte braucht). Eine Übung könnte sein, im Alltagstagebuch festzuhalten, wann und wo einem Unterschiede im Umgang mit Geschlechtern auffallen. Jeden Abend notiert man z.B.: Was ist mir heute zum Thema Gender aufgefallen? Gab es Situationen, in denen jemand aufgrund seines Geschlechts anders behandelt wurde? Wie habe ich selbst in solchen Momenten reagiert? Durch diese fokussierte Beobachtung schult man seine Sinne. Eine andere Übung: sich vornehmen, in einem Meeting oder einer TV-Sendung bewusst darauf zu achten, wer wie viel Redezeit bekommt, und das innerlich mitzuzählen. Oder im Schulalltag: einen Tag lang genau beobachten, ob man Buben und Mädchen gleich häufig lobt bzw. tadelt. Solche Achtsamkeitsübungen machen oft erst bewusst, wo überall Gender-Dynamiken wirken, die man vorher gar nicht bemerkte. Wichtig ist dabei, eine wertfreie, sanfte Haltung zu bewahren – also beobachtend, nicht sofort wertend. Das entspricht dem „zärtlichen“ Wahrnehmen: Man nimmt Fakten und Gefühle wahr, ohne sich selbst oder anderen Vorwürfe zu machen. Mit der Zeit wird diese achtsame Aufmerksamkeit zur Gewohnheit und fließt ganz natürlich ins Verhalten ein.
5. Kontinuierliche Reflexion und Feedback: Persönliches Lernen hört nicht nach einem Workshop oder Semester auf. Daher sollten Lernende lernen, sich kontinuierlich Feedback zu holen und zu reflektieren. Beispielsweise kann man einen vertrauenswürdigen Kollegen bitten, einen selbst im Unterricht oder in der Gruppenleitung zu beobachten und Rückmeldung zu geben, ob man alle Geschlechter fair einbezieht. Oder man führt ein offenes Feedback-Ritual ein: Am Ende eines Seminars oder Gemeindetreffens dürfen alle anonym Feedback geben, ob sie sich gehört und respektiert fühlten. So erfährt man, wo man steht und kann gezielt weiter an sich arbeiten. Auch Selbstevaluation gehört dazu: Immer wieder innehalten und fragen, wo stehe ich auf meinem Weg zu einer gendergerechten Haltung? Wo habe ich blinde Flecken? Was gelingt mir schon besser als früher? Diese fortlaufende Reflexion hält die Motivation aufrecht und vertieft die Lernfortschritte stetig.
Durch diese persönlichen Lernwege werden aus abstrakten Konzepten gelebte Erfahrungen. Die Kompetenzen wachsen organisch: Man erlebt die Bedeutung von Geschlechtergerechtigkeit und verinnerlicht nach und nach die neuen Denk- und Verhaltensweisen. Jeder findet dabei seinen eigenen Zugang – die eine Person vielleicht mehr über theoretische Lektüre und Schreiben, die andere über Gespräche und Aktion. Entscheidend ist, dass Lernen hier immer mit persönlichem Beteiligtsein einhergeht. So wird der Wandel von Einstellungen und Wahrnehmungen nachhaltig.
Aus pädagogischer Sicht stellt sich die Frage: Wie kann man diese Inhalte und Kompetenzen am besten vermitteln? Welche Methoden, Zugänge und Inhalte eignen sich besonders, um die genannten Ziele zu erreichen? Für Lehrende (z.B. Dozierende in der Theologenausbildung oder Fortbildner*innen in der Gemeinde) gibt es eine Fülle von Möglichkeiten, den Unterricht praxisnah und kompetenzorientiert zu gestalten. Hier einige bewährte Ansätze:
Wissensvermittlung mit Praxisbezug:
Zu Beginn steht oft die Vermittlung von
Grundwissen
– etwa über Gender-Theorien, Studien zu Geschlechterrollen oder rechtliche Grundlagen der Gleichstellung. Dies sollte jedoch
praxisnah
geschehen. Anstatt nur abstrakte Theorie zu dozieren, kann man kurze Inputs geben und diese sofort mit Beispielen verknüpfen, die den Alltag der Lernenden betreffen. Z.B. könnte ein
e Dozent
in kurz das Konzept des
Doing Gender
erklären und dann fragen:
"Wo beobachtet ihr im (Schul-)Alltag, dass Geschlecht 'gemacht' wird?"
Die Studierenden könnten im Plenum Beispiele nennen (etwa: „In unserer Schule wählen fast nur Mädchen Religion, die Jungen Ethik“ oder „Bei uns hält der Pastor immer Frauenkreis ab, nicht der Pastorin“). So wird deutlich, dass die Theorie direkt hilft, Realität zu verstehen.
Good-Practice-Beispiele
aus Kirche und Schule, wo Gendergerechtigkeit schon gut gelebt wird, sind ebenfalls motivierend: Man kann kurze Fallportraits vorstellen (z.B. eine Gemeinde, die paritätische Leitungsstrukturen eingeführt hat, oder eine Religionsklasse, die ein Projekt zu Diversity gemacht hat). Diese Geschichten zeigen,
dass
Wandel möglich ist, und liefern konkrete Inspiration.
Didaktische Übungen und Fallarbeit:
Um analytische Kompetenzen zu fördern, eignen sich
Fallstudien
und Übungen, in denen die Teilnehmenden aktiv etwas erarbeiten. Beispielsweise kann man reale oder fiktive Szenarien aus dem Gemeindeleben oder Unterricht vorgeben:
Ein Mädchen will Ministrantin werden, aber einige im Kirchenvorstand sind dagegen.
Oder:
In einer Religionsstunde dominieren die Jungs die Diskussion, während die Mädchen schweigen.
Die Aufgabe der Lernenden ist es dann, in Gruppen diese Fälle zu analysieren: Was passiert hier in Bezug auf Geschlecht und Macht? Welche Faktoren spielen eine Rolle? Wie könnte man die Situation verändern? Solche fallbasierten Analysen schulen das systemische Denken und machen Machtverhältnisse konkret sichtbar.
Die Gruppen können ihre Ergebnisse vorstellen, und gemeinsam werden Lösungen diskutiert – so übt man zugleich, Handlungsstrategien zu entwickeln. Rollenspiele sind eine weitere Methode: Ein Fall wird nachgespielt, und die Beteiligten können alternative Verläufe ausprobieren (z.B. probiert jemand im Rollenspiel aus, wie es wäre, als Lehrkraft gezielt die leisen Mädchen zu ermutigen, sich zu melden). Durch das Erleben im Rollenspiel werden Erkenntnisse oft tiefer empfunden als durch Gespräch allein.
Biografie-Arbeit und empathische Übungen: Wie oben beschrieben, ist der Blick auf die eigene Biografie ein mächtiges Lerninstrument. In der Lehre kann man dies methodisch einbinden, etwa durch Schreib- oder Erzählübungen. Eine Methode ist die biografische Schreibübung: Die Teilnehmenden schreiben ein kurzes persönliches Erlebnis auf, das mit Gender (Un-)Gerechtigkeit zu tun hat. Danach werden (auf freiwilliger Basis) einige Geschichten vorgelesen oder in Kleingruppen geteilt. Diese Übung fördert nicht nur Selbstreflexion, sondern ermöglicht es den Zuhörenden, sich einfühlsam in die Perspektive anderer zu versetzen – genau das „zärtliche Wahrnehmen“, das geübt werden soll. Eine weitere empathieorientierte Methode ist der sogenannte Perspective-Taking-Dialog: Zwei Personen setzen sich zusammen, Person A schildert eine Situation, in der sie sich aufgrund ihres Geschlechts ungerecht behandelt fühlte; Person B hört nur zu und fasst anschließend aus der Ich-Perspektive von A das Gehörte zusammen („Ich bin frustriert, weil…“). Dann wechseln die Rollen. Diese Übung lehrt aktives Zuhören und versetzt die Beteiligten direkt in die Gefühlswelt des Gegenübers. Solche Methoden schaffen Betroffenheit im positiven Sinne: Sie öffnen die Augen und Herzen, was Zahlen und Fakten allein kaum erreichen.
Intersektionale Zugänge:
Bei der Planung der Inhalte sollte berücksichtigt werden, dass
Geschlecht
immer auch mit anderen Vielfalt-Dimensionen verschränkt ist (Intersektionalität). Daher empfehlen sich
Inhalte
, die über den reinen Genderfokus hinausgehen und z.B. die Verbindung von Geschlecht mit Herkunft, Hautfarbe, sozialer Lage oder Alter beleuchten.
Praktisch kann man dies umsetzen, indem man Fallbeispiele variiert (z.B. einmal die Erfahrung einer Migrantin in der Kirche, dann die eines Mannes mit Behinderung) oder Gastreferent*innen mit unterschiedlichen Hintergründen einlädt. Dadurch lernen die Teilnehmenden, Geschlechtergerechtigkeit nicht isoliert zu betrachten, sondern im größeren Kontext von Vielfalt und Machtverhältnissen. Das fördert ein noch systemischeres Denken und bewahrt vor simplen Lösungen.
Sprach- und Materialanalyse:
Ein sehr praktischer Zugang, gerade für angehende Lehrkräfte, ist die
Analyse von Sprache und Materialien
auf Gender-Bias. Gemeinsam kann man Lehrbücher, Arbeitsblätter, Liturgietexte oder Liedhefte durchsehen: Wie oft kommen weibliche vs. männliche Personen vor? In welchen Rollen werden sie dargestellt? Welche Pronomen und Gottesbilder werden verwendet? Die Studierenden können lernen, Kriterien zu entwickeln, um solche Materialien zu bewerten.
Das schult den Blick ungemein. Ebenso kann man an der Sprache arbeiten: Übungen, in denen bewusst Texte geschlechtergerecht umformuliert werden (z.B. männliche Formen in inklusive Sprache ändern, oder in Predigten sowohl Gott Mutter als auch Gott Vater sagen), sensibilisieren dafür, wie Sprache Wirklichkeit abbildet und beeinflusst. Diese Methoden verbinden analytisches und kreatives Tun: Die Lernenden identifizieren einerseits kritisch die androzentrischen Verengungen in Materialien, entwickeln aber zugleich Alternativen – was eine sehr konstruktive, transformierende Übung ist.
Austausch mit Praxismentor:innen:
Neben klassischen Seminarmethoden ist der
Kontakt zu Vorbildern
hilfreich. Das kann bedeuten, erfahrene Lehrpersonen oder Geistliche einzuladen, die bereits als
genderkompetent
gelten. Im Gespräch oder Interview können diese Praxismentor*innen teilen, wie sie selbst gelernt haben, mit Geschlechterfragen umzugehen, welche Herausforderungen es gab und gibt, und welche Tipps sie haben. Für Studierende ist das inspirierend und erdet das Gelernte in realen Lebensgeschichten. Solche Begegnungen motivieren oft stark: Man sieht einen Menschen, der den Weg bereits ein Stück gegangen ist, und erkennt, dass es machbar ist, zu mehr Gerechtigkeit beizutragen.
Diese und weitere Methoden sollten stets in einem abwechslungsreichen Methodenmix eingesetzt werden. Abwechslung hält die Motivation hoch und spricht unterschiedliche Lerntypen an – mal eher kognitiv-analytisch, mal erfahrungsbezogen, mal kreativexpressiv. Entscheidend ist die Haltung der Lehrenden: Sie sollten eine lernförderliche Atmosphäre schaffen, in der sich alle ernstgenommen fühlen und sich trauen, auch heikle Themen anzusprechen.
Dazu gehört, dass Lehrende ihre eigene Position reflektieren und offen für Feedback sind, denn auch sie lernen in diesem Prozess ständig hinzu.
Wenn all das gelingt, können die genannten Kompetenzen mit Freude und Tiefgang vermittelt werden.
Was ergibt sich nun aus all diesen Bemühungen für die Lernenden selbst? Idealerweise durchlaufen sie eine Transformation – eine spürbare Veränderung ihrer Sichtweise, Haltung und vielleicht sogar ihres weiteren Weges als Lehrkraft oder Geistliche:r. Diese Transformation zeigt sich auf mehreren Ebenen:
Verändertes Bewusstsein:
Zunächst einmal öffnet sich der
Blick
. Nach solch einer Ausbildung sehen die Absolvent*innen ihren Alltag mit neuen Augen. Wo früher vieles selbstverständlich schien (
„Das ist halt so“
), erkennen sie nun Mechanismen und Ungerechtigkeiten. Sie bemerken z.B., wenn in einer Diskussion Frauen unterrepräsentiert sind, oder sie fühlen schneller Unbehagen, wenn jemand einen sexistischen Witz macht – weil ihre Wahrnehmung jetzt geschärft ist. Dieses Bewusstsein ist
nicht mehr rückgängig
zu machen: einmal erkannt, bleibt die Realität dauerhaft in einem anderen Licht. Viele berichten, dass sie nach solch einer Lernerfahrung überall Anknüpfungspunkte sehen, um für mehr Fairness zu sorgen – ob in der Kirche, an der Uni oder im privaten Umfeld.
Empathie und wertschätzende Haltung:
Durch den intensiven Austausch und die Reflexion entwickeln die Lernenden eine tiefere
Empathie
für andere Perspektiven. Sie können sich besser in Menschen hineinversetzen, die vielleicht bisher am Rand standen. Zum Beispiel wird ein angehender Pfarrer nach diesem Lernprozess viel einfühlsamer auf die Anliegen von Frauen in seiner Gemeinde hören und ihre Gaben fördern. Oder eine Religionslehrerin wird im Kollegium couragiert dafür eintreten, dass männliche und weibliche Kollegen gleichbehandelt werden. Die innere Haltung wird insgesamt inklusiver und
wertschätzender
: Unterschiedlichkeit wird nicht mehr als Bedrohung, sondern als Bereicherung gesehen.
Souveräner Umgang mit Macht:
Ein wichtiges Transformationsmerkmal ist, dass die zukünftigen Lehrenden/Geistlichen
bewusster mit Macht umgehen
. Sie haben ja gelernt, Machtstrukturen zu analysieren und sich ihrer eigenen Rolle darin gewahr zu werden. Das führt dazu, dass sie im Berufsalltag Macht gerechter verteilen möchten. Ein Pfarrer, der diese Kompetenz erworben hat, wird z.B. darauf achten, Laien beiderlei Geschlechts angemessen in Entscheidungen einzubeziehen, statt autoritär allein zu entscheiden. Eine Lehrerin wird versuchen, in ihrer Klasse eine Kultur zu etablieren, in der nicht nur die lautesten Jungs das Sagen haben, sondern
alle
gehört werden. Diese Personen erkennen auch schneller, wann sie selbst vielleicht unbewusst privilegiert handeln, und können gegensteuern. Insgesamt entsteht ein
gendersensibles Machtverständnis
im Alltagshandeln: man nutzt Macht verantwortlich und zum Empowerment anderer, anstatt alte Hierarchien zu zementieren.
Erweiterte Handlungsfähigkeit:
Das wohl schönste Ergebnis ist, dass die Lernenden sich
handlungsfähiger
fühlen, wenn es um Geschlechtergerechtigkeit geht. Wo man vorher vielleicht ratlos oder gehemmt war (
„Ich sehe da ein Problem, aber was kann ich kleines Licht schon tun?“
), hat man nun Werkzeuge und Erfahrungen an der Hand. Die Absolvent:innen haben Strategien eingeübt, wie man intervenieren kann – sei es durch ein klärendes Gespräch, durch methodische Kniffe im Unterricht oder durch strukturelle Initiativen. Sie wissen,
wo
sie ansetzen können, um etwas zu verändern. Dieses Gefühl von
Selbstwirksamkeit
ist enorm wichtig: Es motiviert, sich nicht mit dem Status quo abzufinden, sondern aktiv zu werden. Und selbst wenn Widerstände kommen (die wird es geben, denn Veränderungen treffen auch auf Gegenwehr), haben sie ein Netzwerk und das Wissen, um dran zu bleiben. So kann ihr eigenes Handeln Schritt für Schritt zum
Abbau von Ungleichheiten
beitragen – ganz im Sinne der ursprünglichen Zielsetzung.
Vorbild- und Multiplikator:innen-Wirkung:
Schließlich werden solche transformierten Personen selbst zu
Multiplikator:innen.
In ihrem Umfeld wirken sie als Vorbilder und geben die Haltung weiter. Studierende der Theologie, die heute diese Kompetenzen erwerben, sind die Pfarrer:innen, Religionslehrkräfte oder Wissenschaftler:innen von morgen, die in ihren Gemeinden, Schulen und Institutionen das Thema Geschlechtergerechtigkeit präsent halten. Ihre neue Sichtweise strahlt auf andere ab: Kolleg:innen spüren vielleicht, dass hier jemand mit besonderer Achtsamkeit und Fairness agiert, und lassen sich davon inspirieren. Auch die nächste Generation von Schüler:innen profitiert, wenn ihre Lehrperson gendersensibel unterrichtet – oft ohne dass es explizit benannt wird, einfach durch das gelebte Beispiel. So setzt die Transformation der einzelnen Lernenden einen
Kulturwandel
in Gang, der über das einzelne Seminar oder die Unterrichtsstunde hinausreicht.
Zusammengefasst erleben die Lernenden einen Wandel vom rein rationalen Verstehen hin zum ganzheitlichen Begreifen und Handeln. Aus Wissen ist Weisheit geworden: die Fähigkeit, im konkreten Leben für Geschlechtergerechtigkeit und einen fairen Umgang mit Macht einzustehen. Dabei haben sie gelernt, empathisch wahrzunehmen und kritisch zu denken – eine Kombination, die es ihnen ermöglicht, kreative Lösungen zu finden und Brücken zu bauen. Andrea Lehner-Hartmanns Konzept des empathischen Wahrnehmens und dekonstruktiven Bearbeitens von Geschlechterrollen spiegelt sich nun in ihrer Haltung wider: Sie nehmen Ungleichheiten bewusst und mit Mitgefühl wahr und gestalten aktiv an einer Veränderung mit, indem sie starre Kategorien auflösen.
Am Ende steht für die Lernenden oft das Gefühl einer Berufung zu diesem Thema: Viele erkennen, dass Geschlechtergerechtigkeit kein „Zusatzthema“ ist, sondern zum Kern ihres beruflichen Selbstverständnisses gehört – sei es als Lehrende, als Seelsorgende oder als Theolog:innen. Sie sehen nun klarer, dass gerechte Machtstrukturen und Gleichberechtigung grundlegende Voraussetzungen für glaubwürdige Bildungsarbeit und Gemeindearbeit sind. Mit dieser neuen Sichtweise können sie hoffnungsvoll in ihre Praxis gehen: bereit, kleine und große Schritte zu tun, um ihre Umwelt ein Stück weit gerechter und menschlicher zu machen.
Das Thema „Frauen in Amts-Führung“ lässt sich am besten in einem forschenden Lernprozess erschließen. Unterschiedliche Lernwege – Fragen stellen, Texte erarbeiten, diskutieren und kreativ werden – helfen dabei, sich schrittweise zu orientieren. Ein möglicher Ausgangspunkt ist die Lebenswirklichkeit der Lernenden: Welche Rollen nehmen Frauen und Männer in ihrer Gemeinde wahr? Vielen wird auffallen, dass zwar Frauen z.B. im Pfarrgemeinderat, in der Caritas und im Alltag der Pfarrei enorm viel leisten, aber dass Priester und Bischöfe bislang immer Männer sind. Von dieser Beobachtung aus kann man Fragen formulieren: Warum ist das so? Hat das nur mit Tradition zu tun, oder auch mit dem Willen Jesu? – Solche Fragen öffnen den Blick für weitere Recherchen. Die Lernenden können dann biblische Spurensuche betreiben: Gemeinsam werden Bibelstellen gelesen, in denen Frauen im Umfeld Jesu und in der Urkirche auftreten. Zum Beispiel könnte man die Ostererzählungen betrachten, in denen Jesus zuerst den Frauen erscheint und sie beauftragt, die Botschaft weiterzugeben.
Die Schüler:innen könnten sich fragen: Wenn Jesus Frauen diese zentrale Aufgabe zutraut – was bedeutet das für ihr Ansehen und mögliche Ämter? Auch Paulusworten wie Galater 3,28 – „hier ist nicht Mann noch Frau, denn ihr alle seid eins in Christus“ – regen zur Diskussion an: Ist es demnach theologisch haltbar, Frauen vom Priestersein auszuschließen, obwohl doch alle Getauften Christus „angezogen“ haben?
Neben der Bibelarbeit kann die Beschäftigung mit kirchlichen Quellen viel lernen lassen: Die Lernenden könnten einen Ausschnitt aus dem Lehrschreiben Ordinatio Sacerdotalis von Papst Johannes Paul II. (1994) analysieren. Darin erklärte der Papst feierlich, die Kirche habe „keinerlei Vollmacht, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ und alle Gläubigen müssten diese Entscheidung „endgültig“ halten.
Im Unterricht könnte man diesen Text in eigenen Worten zusammenfassen und kritisch hinterfragen: Warum sieht der Papst keine Vollmacht? Welche Gründe werden genannt? (Etwa das Vorbild der zwölf männlichen Apostel oder die Vorstellung, ein Priester müsse Christus als Mann repräsentieren.) Anschließend kann gefragt werden: Sind diese Gründe heute noch überzeugend? Hier bieten sich Gruppenarbeiten an, in denen Pro- und Contra-Argumente gesammelt werden. Zum Kontrast können die Lernenden auch einen Blick auf andere christliche Kirchen werfen: Viele evangelische, anglikanische und alt-katholische Gemeinschaften haben im 20. Jahrhundert Frauen zum geistlichen Amt zugelassen.
Was hat diese Kirchen dazu bewegt, und welche Erfahrungen machen sie damit? Ein Vergleich schärft das Verständnis dafür, dass die Frage von Frauen im Amt innerhalb der Christenheit unterschiedlich beantwortet wurde – und dass Wandel möglich ist.
Für Lehrkräfte besteht die Herausforderung darin, dieses Thema sachkundig, sensibel und offen zu vermitteln. Es geht darum, einen Raum zu schaffen, in dem Tradition und Kritik nebeneinander stehen dürfen. Ein bewährter didaktischer Ansatz ist die Diskussion in geschütztem Rahmen: Etwa ein moderiertes Klassengespräch oder eine Debatte, in der verschiedene Standpunkte eingenommen werden. Hierbei kann die Lehrkraft Rollen verteilen – z.B. spricht eine Gruppe als „Anwalt der Tradition“ (mit Argumenten der Kirche), die andere als „Anwalt der Veränderung bzw. des heutigen Standes in der Gesellschaft“ (mit reformorientierten Argumenten). Durch das Rollenspiel lernen Schüler:innen, sich in unterschiedliche Perspektiven einzufühlen und sachlich zu argumentieren. Wichtig ist, dass die Lehrperson zuvor fundiertes Material bereitstellt: Originalzitate aus der Bibel, lehramtliche Texte, aber auch Stimmen aus der aktuellen kirchlichen Diskussion. So könnte man als Impuls ein Zitat des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, einbringen: „Für mich ist die Frage [nach der Frauenweihe] nicht abgeschlossen, sondern sie ist als offene Frage da in der Kirche und muss als solche behandelt werden“.
Ein solcher aktueller Ausspruch eines Bischofs zeigt den Lernenden, dass sogar in der Kirchenleitung unterschiedliche Meinungen existieren – das macht Mut, eigene Fragen zu stellen. Ebenso könnte man Ergebnisse des Synodalen Wegs in Deutschland heranziehen: Dort haben im Jahr 2022 über 80 % der anwesenden Bischöfe einer Resolution zugestimmt, die den Vatikan um eine Prüfung des Verbots der Frauenordination bittet – also Frauen auch als Päpstin zu akzeptieren: In diesem Text wird festgestellt, die Lehre von Ordinatio Sacerdotalis werde vom Volk Gottes weithin nicht mehr verstanden oder angenommen, und es wird gefordert zu klären, ob diese Lehre nicht doch veränderbar ist, um Frauen eine angemessene Beteiligung an Verkündigung und sakramentaler Sendung zu ermöglichen.
Solche Dokumente im Unterricht zu lesen, vermittelt den Lernenden ein Gespür dafür, wie innerhalb der Kirche mit Anliegen umgegangen wird und wie Veränderungsprozesse angestoßen werden können. – Neben Diskussion und Textarbeit bieten sich auch kreative Methoden an: Die Schüler:innen könnten in einem Brief an den Papst ihre Gedanken formulieren oder in einem fiktiven Interview die Apostelin Junia zu Wort kommen lassen, um historische und heutige Stimmen dialogisch zu verknüpfen. Multimedia-Material wie kurze Videostatements (z.B. eine Ordensfrau, die ihre Sicht schildert) können das Thema lebendig machen. All diese Methoden haben zum Ziel, Kopf und Herz sowie Hand gleichermaßen anzusprechen: Faktenwissen, Empathie und eigenes Nachdenken gehen Hand in Hand.
Stellen wir uns eine solche Szene vor: Eine betagte Frau mit weißem Haar steht am Altar, trägt Albe und Stola und erhebt zum Segen die Hände. Was heute in der römisch-katholischen Kirche (noch) undenkbar scheint, könnte in Zukunft Realität sein. Moderne Sichtweisen und Weiterdenken: Genau darum geht es in diesem Lernprozess – neue Denkwege im Licht des Evangeliums zu eröffnen, ohne respektlose Brüche mit der Tradition. Wie könnte das kirchliche Amtsverständnis weitergedacht werden, damit Frauen und Männer gleichermaßen ihre Gaben einbringen dürfen? Zunächst hilft ein nüchterner Blick auf die Gegenwart: Die offizielle Lehre der Kirche schließt Frauen von Weiheämtern aus, was vom Vatikan als endgültig betrachtet wird.
Versuche, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, ziehen zwar Sanktionen nach sich – sie werden als ungültig angesehen und führen zur Exkommunikation. Diese Haltung beruft sich auf die Tradition Jesu und der Apostel sowie auf eine bestimmte Symbolsprache der Sakramente: Ein Priester handelt in der Eucharistie „in persona Christi“ – in der Person Christi – und viele im Lehramt meinen noch, dies könne nur ein Mann stellvertretend tun.
Doch genau hier setzen moderne theologische Überlegungen an: Ist Christus wirklich auf sein männliches Geschlecht reduzierbar? Oder repräsentiert der Priester nicht vielmehr Christus in seiner Menschheit und seinem Dienst, was prinzipiell auch eine Frau verkörpern könnte? Schließlich war Jesus zwar Mann, aber die erlösende Botschaft und Hingabe gelten allen Menschen – sein Menschsein verbindet ihn mit Männern und Frauen gleichermaßen. Paulus betont, dass alle Getauften Christus „angezogen“ haben und so zu Söhnen und Töchtern Gottes werden.
In der frühen Tauftradition galt: „Da ist nicht männlich und weiblich, ihr alle seid eins in Christus Jesus.“
Wenn also die Taufe Frauen und Männer ohne Unterschied in Christus eint, warum sollte dann eine getaufte Frau nicht Christus repräsentieren dürfen? Diese Frage zielt auf den Kern des Amtsverständnisses. Viele Theolog:innen argumentieren heute, dass das Ausschließen von Frauen vom Weiheamt dem inklusiven Geist des Evangeliums widerspricht. Sie verweisen auf Jesu Umgang mit Frauen: Er durchbrach kulturelle Barrieren, sprach mit Frauen (etwa der Samariterin am Brunnen) auf Augenhöhe, und vertraute Frauen wie Maria Magdalena zentrale Botschaften an.
Die Botschaft Jesu – Liebe, Gerechtigkeit, Heil für alle – kennt keine personellen Schranken, so die Überzeugung. Wenn die Kirche Frauen aufgrund ihres Geschlechts von Amt und Autorität fernhält, sendet sie ein widersprüchliches Zeichen aus: Nach außen verkündet sie die Gleichwürdigkeit aller Menschen, innerhalb aber praktiziert sie eine Ungleichbehandlung. Dies erkennen auch immer mehr Menschen innerhalt der Kirche als Problem. Bereits Papst Johannes XXIII. sah Anfang der 1960er die Frauenfrage als „Zeichen der Zeit“ und erkannte ausdrücklich das Recht der Frau an, den Priesterberuf zu ergreifen.
Seine Nachfolger gingen darauf leider weniger ein, doch die Aussage bleibt bemerkenswert: Ein Papst begründete die Gleichberechtigung der Frau auch in Bezug auf kirchliche Ämter mit der Würde der Person und ihrer Berufungsfreiheit.
Heute, über ein halbes Jahrhundert später, sind diese Worte aktueller denn je. Aus der Spannung zwischen Tradition und Gleichberechtigung erwächst die Forderung nach sachlicher Weiterentwicklung
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