Gleichnisse des Jesus von Nazareth - Frank Weber - E-Book

Gleichnisse des Jesus von Nazareth E-Book

Frank Weber

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Beschreibung

Die Gleichnisse Jesu gehören zu den eindrucksvollsten Texten der Bibel. Sie sind einfache Geschichten und zugleich Türen in eine tiefere Wirklichkeit. Wer sich auf sie einlässt, spürt: Hier spricht mehr als Moral und Weisheit, hier klingt die Botschaft des Reiches Gottes an. Dieses Buch lädt ein, die Gleichnisse neu zu entdecken: kreuz und quer gedacht im Licht des Kreuzes. Es zeigt, wie Jesus mit alltäglichen Bildern ungewohnte Perspektiven eröffnet, Gewissheiten hinterfragt und Hoffnung weckt. Bekannte Erzählungen wie der barmherzige Samariter oder der verlorene Sohn leuchten dabei ebenso auf wie weniger vertraute Gleichnisse, die uns überraschend nahekommen. Einfühlsam und zugleich verständlich geschrieben, verbindet dieses Werk Bibel, Glaubenspraxis und Lebensnähe. Es ist ein Begleiter für alle, die im persönlichen Glauben wachsen, für Fragen des Lebens, für Predigt und Unterricht Impulse suchen oder die alte Botschaft Jesu neu entdecken möchten. Wer dieses Buch aufschlägt, entdeckt: Die Gleichnisse Jesu sind mehr als Geschichten aus vergangener Zeit, sie sind lebendige Worte, die auch heute Wegweisung schenken, Fenster in Gottes Wirklichkeit und sprechen mitten in unser Leben hinein.

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Seitenzahl: 431

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt:

Vorab gesagt

1. Von neuen Flicken und neuem Wein

Mk 2, 21.22; Mt 9, 16.17; Lk 5, 36-39

2. Vom Sämann

Mk 4, 3-8; Mt 13, 3-8; Lk 8,5-8

3. Vom Licht unter dem Scheffel

Mk 4, 21-22; Mt 5, 14-15; Lk 8,16; 11,33

4. Von der selbstwachsenden Saat

Mk 4, 26-29

5. Vom Senfkorn

Mk 4, 30-32; Mt 13, 31-32; LK 13, 18-19

6. Vom Kamel und dem Nadelöhr

Mk 10, 24 ff.; Mt 19, 23 ff.; Lk 18, 24 ff.

7. Von den bösen Weingärtnern

Mk 12, 1-9; Mt 21, 33-41; Lk 20 9-16

8. Vom sprossenden Feigenbaum

Mk 13, 28-29; Mt 24, 32-33; Lk 21, 29-32

9. Von den wachsamen Knechten

Mk 13, 33-37; Mt 24, 45-51; Lk 12, 35-48

10. Vom Gang zum Richter

Mt 5, 25 f., Lk 12,58 f.

11. Vom Hausbau

Mt 7, 24-27; Lk 6, 47-49

12. Von den spielenden Kindern

Mt 11, 16-19; Lk 7,31-35

13. Vom zurückkehrenden, unreinen Geist

Mt.12, 43-45; Lk11, 24-26

14. Vom Unkraut unter dem Weizen

Mt 13, 24-30

15. Vom Sauerteig

Mt 13, 33; Lk 13, 20-21

16. Vom Schatz

Mt 13, 44

17. Von der Perle

Mt 13, 45-46

18. Vom Fischnetz

Mt 13, 47-48

19. Vom Blindensturz

Mt 15, 14; LK 6,39

20. Vom verlorenen Schaf

Mt 18, 12-13; Lk 15, 4-7

21. Vom unbarmherzigen Gläubiger

Mt 18, 23-35

22. Von den Arbeitern im Weinberg

Mt 20, 1-16

23. Von den ungleichen Söhnen

Mt 21, 28-31

24. Vom großen Abendmahl

Mt 22, 2-10; Lk 14, 16-24

25. Vom Gast ohne feierliches Gewand

Mt 22, 11-13

26. Vom Einbrecher

Mt.24, 43 f.; Lk 12, 39 f.

27. Von den klugen Jungfrauen

Mt 25, 1-13

28. Von dem anvertrauten Geldern

Mt 25, 14-30; Lk 19, 12-17

29. Vom Weltgericht

Mt 25, 31-36

30. Vom Gläubiger und seinen Schuldnern

Lk 7, 41-43

31. Vom barmherzigen Samariter

Lk 10, 25-37

32. Vom bittenden Freund

Lk 11, 5-13

33. Vom reichen Kornbauern

Lk 12, 16-21

34. Vom Feigenbaum ohne Früchte

Lk 13, 6-9

35. Von der verschlossenen Tür

Lk 13,24-30

36. Von den Ehrenplätzen bei der Hochzeit

Lk 14, 7-14

37. Vom Turmbau und vom Krieg führen

Lk 14, 28-33

38. Vom verlorenen Groschen

Lk 15, 8-10

39. Vom verlorenen Sohn

Lk 15, 11-32

40. Vom ungerechten Haushalter

Lk 16, 1-8

41. Vom reichen Mann und dem armen L.

Lk 16, 19-31

42. Vom Herrn und Knecht

Lk 17, 7-10

43. Vom ungerechten Richter

Lk 18, 1-8

44. Vom Pharisäer und dem Zöllner

Lk 18, 9-14

45. Vom Weizenkorn

Joh 12, 24

46. Von der gebärenden Frau

Joh 16, 21

Sorge dich nicht, lebe. – Ein Vergleich

Versuch eines Nachwortes

Zum Schluss

Literatur

Die Bibelstellen der Gleichnisse - alphabetisch

Texte und Überschriften

Vorab gesagt

Was sagt mir Jesus von Nazareth, wenn er heute durch seine Gleichnisse aus seiner Zeit zu mir spricht? Was hat Jesus gemeint mit dem Reich Gottes? Existiert das Reich Gottes erst dermaleinst am Sankt Nimmerleinstag oder ist es schon heute in der Gegenwart zu erleben? Wie kommt man vom Bibelwort zum Predigttext?

Dieser Jesus wurde als ältester Sohn in die Familie des Zimmermannes Josef und seiner Frau Maria hineingeboren, und er gab als der Sohn aus der Familie eines einfachen Handwerkers dieser Welt - teilweise - eine neue Richtung.

Die Gleichnisse sind zentraler Bestandteil der Lehre und Verkündigung des Jesus von Nazareth. Sie erzählen den Zuhörenden Geschichten aus ihrer Lebenswirklichkeit, aus ihrem Alltag und zeigen gelichzeitig weit darüber hinaus. Jesus eröffnet durch die alltäglichen Bilder seiner Gleichnisse von Saat und Ernte, von Handel und Festmahl, von Verlust und Wiederfinden tiefe Einsichten in die Wirklichkeit des Reiches Gottes und lädt ein, Gottes Reich auch heute in der Welt zu suchen.

Der Untertitel „Kreuz und quergedacht“ markiert zwei Grundzüge dieser Erzählungen. Einerseits zielen die Erzählungen der Gleichnisse auf das Kreuz als Mitte des Evangeliums. Im Licht des Kreuzes wird deutlich, dass die in den Gleichnissen angedeutete Umkehrung der Verhältnisse – die Erhöhung des Geringen, die Rettung des Verlorenen, die Annahme des Schuldigen – ihre tiefste Erfüllung in Jesu Hingabe findet. Andererseits sind die Gleichnisse „quergedacht“: Sie irritieren, konfrontieren mit dem Unerwarteten, brechen vertraute Denkschemata auf und entwerfen alternative Sichtweisen. Der Ausgestoßene wird zum Nächsten, der Verlorene zum Erben, der Kleinste zum Größten. Die Logik Gottes stellt die menschlichen Maßstäbe infrage, indem sie gerade im Unscheinbaren, im Abgelehnten und im Paradoxen das Heil ankündigt.

Bei der Arbeit an diesem Buch habe ich Bibelübersetzungen und Sekundärliteratur verwendet, die im Literaturverzeichnis am Ende des Buches aufgelistet sind. Die im Buch zitierten Textstellen stammen aus der Bibel in der Übersetzung nach Luther, Fassung 2017. Weitere Quellenangaben finden sich in den Fußnoten. (Ja, einiges stammt auch aus wikipedia).

Die Textvorschläge aus künstlicher Intelligenz (Google, ChatGPT) sind leicht gekürzt, umformuliert, zusammengefasst und mit einem (ki) versehen.

1. Von neuem Wein und alten Klamotten

(Mt 9, 16.17; Mk 2, 21.22; Lk 5, 36-39)

Die drei synoptischen Evangelien erzählen die beiden Gleichnisse von den neuen Flicken auf dem alten Kleid und vom neuen Wein in alten Schläuchen als Doppelgleichnis. Jesus antwortet damit auf die Frage, warum die Jünger nicht wie die Pharisäer oder wie die Jünger von Johannes dem Täufer fasten. Er erklärt, dass die Hochzeitsgäste auch nicht fasten können, solange der Bräutigam bei ihnen sei. Wenn aber der Bräutigam von ihnen genommen werde, dann solle für seine Jünger die Zeit des Fastens sein

Wie ein Bräutigam ist Gott in der Person Jesu in das Leben seiner Jünger gekommen; und seine Anwesenheit bedeutet für die Gläubigen das Reich Gottes auf Erden. Damit sind alte, liebgewonnene Rituale obsolet und nicht mehr zeitgemäß. Es widerspräche sich, die neue Lehre Jesu vom Reich Gottes und gleichzeitig nach alten Gesetzen leben zu wollen. Man würde das alte Tuch und den neuen Stoff ruinieren, wollte man das Eine mit dem Anderen flicken. Ebenso ginge beides verloren, wollte man wertvollen, neuen Wein in alte Schläuche füllen. Altes und Neues lassen sich nicht ganz so einfach miteinander verbinden.

Neuer Wein und alte Schläuche im Altertum1

Wein wurde von alters her in Amphoren oder Fässern gelagert. Oder man nähte aus Ziegenhaut schlauchartige Behälter, in die Wein eingefüllt wurde. Erst später füllte man den Wein in Flaschen aus Glas.

Bei der Weingärung ablaufende chemische Vorgänge setzen dem Ziegenleder zu, und bei der Gärung entstehendes Kohlendioxid - kurz CO2 - lässt einen Innendruck entstehen, den Ziegenhaut und Nährte aushalten müssen. Nach einer Weinfüllung wird das Leder durch diese Beanspruchungen hart und brüchig. Und wenn man neuen Wein einfüllt, der weiterhin gärt, würden das Leder und die Nähte zerreißen. Der neue, wertvolle Wein wäre verloren. Jesus will damit sagen, dass eine neue Lehre auch neue Denk- und Lebensweisen erfordert.

Wir kennen auch die Umkehrung, den alten Wein in neuen Schläuchen. Nicht nur beim Facelift eines PKW-Modells: Zur Verkaufsförderung wird die Rezeptur verbessert, die Verpackung bunter. Und dann der Preis …

Mt. 9, 16.17

16 Niemand flickt ein altes Kleid mit einem Lappen von neuem Tuch; denn der Lappen reißt doch wieder vom Kleid ab und der Riss wird ärger. 17 Man füllt auch nicht neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißen die Schläuche und der Wein wird verschüttet und die Schläuche verderben. Sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche, so bleiben beide miteinander erhalten.

Jesus wird von den Jüngern Johannes‘ des Täufers mit der Frage konfrontiert, warum seine Jünger nicht fasten wie andere fromme Gläubige auch. Er antwortet , dass seine Jünger und er glücklich sind, einander gefunden zu haben und jeden Tag des Zusammenseins feiern wie eine Hochzeit2; daher haben sie auch weder Zeit noch Anlass zu fasten und traurig zu sein. Jesus kündigt aber an, daß seine Jünger zum Fasten dann Gelegenheit haben werden, wenn er nicht mehr bei ihnen sein wird1.

Er vergleicht das Evangelium mit jungem Wein und sagt, das Reich Gottes sei nahe; es sei also angebracht, fröhlich zu sein und Neues zu wagen. Die alten Riten und Glaubenspraktiken passen nicht zu dem Neuen. Es bedarf neuer Ausdrucksformen2, soll das Neue des Neuen Bundes doch den Alten Bund zur Erfüllung bringen. Jesus will ein anderes, ein inhaltlich neues Glaubensleben, das jedoch in den alten Formen nicht gedeihen kann3.

Jesu Meinung zum Thema Fasten

Mt 6;16-18:

»16 Wenn ihr fastet, dann setzt keine Leidensmiene auf wie die Scheinheiligen. Sie machen ein saures Gesicht, damit alle Welt merkt, dass sie fasten. Ich versichere euch: Sie haben ihren Lohn bereits bekommen. 17 Wenn du fasten willst, dann wasche dein Gesicht und kämme dich, 18 damit niemand es merkt als nur dein Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, ….«

Jesus will das Fasten nicht abschaffen. Gebet und Fasten gehören untrennbar zusammen. Letzteres ist Ausdruck von Buße und Ernsthaftigkeit. Jesus hat nicht viel übrig für Fassade und Heuchelei.

Paulus ermahnt die römische Gemeinde: „Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“(Römer7,19)

Das Doppelgleichnis erinnert mich an Restaurierungen:

Der Oldtimerfan und das alte Traumauto.

Ein Mensch hat sich ein Traumauto zugelegt. Ein uraltes Gefährt, der Traum aus längst vergangener Zeit. Und der Zahn eben jener Zeit hat Spuren hinterlassen. Unübersehbar. Mit Duftbäumchen und neuen Sitzbezügen ist es jetzt nicht mehr getan.

Um das Gefährt wieder fahrtüchtig zu machen, wird das Auto (vom Fachmann oder Hobbyschrauber) in Einzelteile zerlegt. Jede Schraube, jedes Teil, alles wird überprüft, entrostet, gereinigt, wenn nötig erneuert. Fahrgestell, Räder, Getriebe und Motor, die Karosserie, Türen, Scheiben, Lackierung und die Innenausstattung, einfach alles wird überholt, von Grund auf erneuert. Bleche werden eingeschweißt, alles wird generalüberholt, die Oldtimerszene liefert Ersatzteile im Original. Und erst, wenn die Technik in Ordnung ist, wird neu lackiert, die verchromten Spiegel wieder angeschraubt und die mit Originalstoffen und Leder neu bezogene Innenausstattung wieder eingebaut. Duftbäumchen brauchts dann nicht mehr. - Auch wenn der Oldtimer ein Oldtimer bleibt: Was neu aussieht, ist auch neu gemacht. Und original.

Der Immobilienkunde und das neue Heim.

Die Familie wünscht ein neues Heim. Ein fester Wohnsitz, ganz was eigenes.

Ist die Immobilie ein Neubau, können individuelle Gestaltungswünsche wie Malerarbeiten, Wand- und Fußbodenbeläge mit dem Bauträger abgestimmt werden. Handelt es sich um eine Gebrauchtimmobilie, einen Altbau, dann ist etwas mehr Erneuerung nötig.

Tapeten und Fliesen kann man überkleben oder -streichen. Wer jedoch viel Geld investiert und sein neues Heim für Jahrzehnte fit machen will, lässt alte Wand- und Bodenbeläge erneuern, ebenso Wärmedämmung, Energieversorgung und Haustechnik wie Sanitär- und Elektroinstallation. Es macht keinen Sinn, moderne Technik zu installieren, wenn es durch die Ritzen zieht, das Dach undicht und der Keller feucht ist. Hier sind Fachleute gefragt, die sich mit Konstruktion, mit Materialien und moderner Bautechnik auskennen.

Auch ein altes Haus wird innen wie außen modern daherkommen, wenn das, was neu aussieht, auch neu gemacht ist. Und darum geht’s: Kein neuer Wein in alten Schläuchen. Nicht nur neue Flicken auf altem Kleid.

Mk. 2, 21.22

21 Niemand flickt einen Lappen von neuem Tuch auf ein altes Kleid; sonst reißt der neue Lappen vom alten ab und der Riss wird ärger. 22 Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der Wein die Schläuche, und der Wein ist verloren und die Schläuche auch; sondern man füllt neuen Wein in neue Schläuche.

Durch die Menschwerdung Jesu, durch seine Person, Auftreten und Lehren, ist die Zeit des Heils gekommen und das Reich Gottes ist da, es ist real. Hochzeit und Festmahl gelten beide als Bild für die Erfüllung der Heilszeit. Damit sind religiöse Praktiken wie das Fasten am Versöhnungstag oder das wöchentlich zweimalige Fasten der Gläubigen um Buße und Sühne zu erbitten sowie aus Trauer um den Abfall des Gottesvolkes vom Bund Gottes gegenstandslos geworden. Die neue und Frohe Botschaft vom Reich Gottes verlangt nach Neuen Formen; die Zeit der Trauer und des Fastens wird früh genug wiederkehren, wenn Jesus diese Welt verlassen hat.

Es wäre geradezu paradox, auf Einhaltung alter Ordnungen zu bestehen, wo in Person und Lehre Jesu das Heil schon gekommen ist. Niemand würde alte Kleider mit neuem Stoff flicken oder frischen Most in alte und brüchig gewordene Schläuche füllen. Neu und Alt lassen sich so nicht miteinander verbinden6. Gegen eine solche Entwicklung richtet sich auch Paulus Polemik im Galaterbrief4.

Jesu will Neues auf den Weg bringen5. Er setzt aber weniger auf ritualisierte mönchische Zucht als auf Selbstdisziplin. Auch Fasten ist nicht verpflichtend.

Ein Tadel des Paulus

9 Nun aber, da ihr Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wie wendet ihr euch dann wieder den schwachen und dürftigen Mächten zu, denen ihr von Neuem dienen wollt? 10 Ihr beachtet bestimmte Tage und Monate und Zeiten und Jahre. (Gal.4,9.10)

Paulus ermahnt die Gemeinde in Galatien. Eine Gruppe aus der Gemeinde von Judenchristen hat sich wieder dem mosaischen Gesetz zugewendet, und er möchte sie zurückgewinnen für die Lehre Jesu.

Diät oder neue Lebensweise; das ist hier die Frage:

Das Wort Diät bedeutet im altgriechischen Wortsinne Lebensweise und lässt daher auf ein eher langfristiges Engagement schließen. Eine Diät ist keine Turnübung für eben mal zwischendurch - eigentlich.

In unserer Umgangssprache ist Diät meist reduziert auf Reduktionsdiät und Ernährung, die auf (dauerhafte) Reduzierung des Körpergewichtes abzielt. – Oder zumindest auf Förderung der Gesundheit.

Will jemand abnehmen und dauerhaft schlank werden, aufhören zu rauchen, den Alkoholkonsum reduzieren, dann wird die betreffende Person eine völlig neue Lebensweise lernen (müssen). Alte Gewohnheit will hinterfragt und beseitigt, neues, erwünschtes Verhalten, das dem angestrebten Ziel – gesundem Leben - entspricht, will erlernt und gefestigt sein.

Da ist es wenig hilfreich, wenn man große Ausnahmen macht „Ach komm, einmal ist keinmal. Nur eine Zigarette, nur ein Schluck, nur ein Leckerli. Nur mal sehen, ob’s noch schmeckt.“ - Und ob das schmeckt! -

Für abstinente Raucher, trockene Alkoholtrinker oder Diätkandidaten gilt wie nie zuvor: „Beim ersten Schluck oder Zug sind wir wie Könige, beim Zweiten schon Knechte.“ - Der Körper holt sich den Stoff der Begierde - mit Macht. Und der JoJo steht grinsend in der Tür. –

Potemkinsche Dörfer

Der russische Feldmarschall Grigori Potemkin, Gouverneur von Neurussland und Liebhaber der Zarin Katharina die Große, hat Häuserfassaden aufstellen lassen, um seine Herrscherin bei ihrer Reise durch neu besiedeltes Gebiet zu täuschen. Die Zarin sollte den Eindruck von blühenden Landschaften haben.

Die Redewendung, die den Fürsten Potemkin in ein schlechtes Licht rückt, ist historisch nicht korrekt. Sie wurde von Potemkins Gegnern in Umlauf gebracht und hat sich bis heute als Beschreibung einer täuschenden Kulisse, hinter der wenig bis keinerlei Wahrheit steckt, erhalten. Diese Redewendung mag eine Warnung sein, dass religiöse Bräuche zum Schein werden können.

Das Vertreten persönlicher Überzeugung und ein lebendiges Glaubensleben ist aller Ehren wert, aber mit der Anzahl der Termine wächst die Gefahr, dass aus Religiosität Fassade wird, wenn „das Herz nicht mehr dabei ist“.

Und Jesu sucht weniger perfekt choreografierte Darstellungen, er (be-)sucht die einfachen Menschen, bei denen es wie bei dem Kind in der Krippe auch schon mal nach Mensch, nach Natur riechen darf.

Lukas 5, 36-39

36 Und er sagte zu ihnen ein Gleichnis: Niemand reißt einen Lappen von einem neuen Kleid und flickt ihn auf ein altes Kleid; sonst zerreißt man das neue und der Lappen vom neuen passt nicht auf das alte. 37 Und niemand füllt neuen Wein in alte Schläuche; sonst zerreißt der neue Wein die Schläuche und wird verschüttet, und die Schläuche verderben. 38 Sondern neuen Wein soll man in neue Schläuche füllen. 39 Und niemand, der vom alten Wein trinkt, will neuen; denn er spricht: Der alte ist milder.

Jesus sucht immer wieder Kontakt und die Gesellschaft mit den Zöllnern, mit Sündern und anderen, die gesellschaftlich „unten durch“ sind. Er sitzt gerne mit ihnen zu Tisch9, wo man isst und trinkt und sich austauscht.

In der Wahrnehmung mancher Mitmenschen scheinen Jesus und seine Jünger allzu oft „Party zu machen“6, während fromme Juden - besonders Pharisäer und die Jünger des Johannes - fastend allen Genüssen entsagen. Auf diesen Widerspruch wird er angesprochen und muss antworten. Er tut dies, indem er sich mit einem Bräutigam vergleich, in dessen Gegenwart die Hochzeitsgäste unmöglich fasten können. Es sei nicht so einfach möglich, Neues und Altes zu verbinden, dabei würde ein neues Kleid zerstört wegen eines alten.

Offenbar sehen die Nachfolger Jesu es als nötig an, Zugeständnisse zu machen an die bewährten Religionspraktiken, in denen die Menschen ihrer Zeit nach wie vor Geborgenheit finden. Das gärende Neue der jungen, christlichen Gemeinden könnte manches Altbewährte, aber auch manch zartes Pflänzchen zerstören. Umso mehr fordert er die Zuhörer auf, sich der neuen Lehre wegen und des Evangeliums vom Althergebrachten zu trennen7.

Jesu weiß sehr wohl, dass nach der aktuellen Zeit der Freude auch große Traurigkeit auf seine Jünger zukommen wird. Doch vorher will er ihnen ein bisher unbekanntes Glaubensleben zeigen8. Da gilt es, die alten Zöpfe abzuschneiden und sich ganz bewusst von alten Praktiken zu verabschieden. Umso mehr, da Jesus nur zu gut weiß um das Bedürfnis der Menschen, sich auf vertrautem Terrain zu bewegen und bei erstbester Gelegenheit in alte, vertraute Verhaltensmuster zurückzukehren.

Der Trampelpfad durch die Blumenwiese9

Vergleichen wir unser Gehirn mit einer Blumenwiese: Wenn wir einen neuen Gedanken denken, baut das Gehirn neue Verbindungen zwischen Gehirnzellen. Wie eine ungefähre Spur entlang der umgeknickten Grashalme und Blumenstängel, wenn wir einmal durch eine Wiese gehen.

Folgen wir öfter dieser einen Spur, dann bildet sich ein Trampelpfad. Später wird aus dem Pfad vielleicht ein breiter Weg. Ähnlich ist es im Gehirn, wenn wir neuen Gedankengängen folgen. Was mit einigen zaghaften Verbindungen im Gehirn beginnt, wird bei wiederholtem Nach-Denken zu einer festen Verbindung. Wir gewöhnen uns an Gedanken, die eben noch völlig neu waren.

Unser Gehirn wird bevorzugt, die gängigen, die altbekannten Pfade zu gehen.

Es wird nicht freiwillig neue Synapsen, neue Verbindungen zwischen Nervenzellen schaffen. Aber das kostet Energie. Das Gehirn des Menschen ist seit Urzeiten auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit getrimmt; vorhandene Energie darf nicht verschwendet werden. Daher werden zuerst die bestehende Nervenverbindungen genutzt.

Entstehen durch neue Überlegungen neue Verbindungen, müssen diese eingeübt und gefestigt werden. Flüchtige Ideen und Gedanken sind sonst bald wieder verschwunden. Unser Gehirn geht am liebsten bekannte Wege. Und wir bewegen uns auf vertrautem Terrain. Auch im Glauben.

Jesus weiß darum. Er ist mit der Natur des Menschen vertraut. Deshalb mahnt er zur Erneuerung. Und er weiß, dass der alte Wein nachher sowieso wieder besser schmeckt. (Lk.5,39) Früher war ja auch alles besser.

Wir Menschen nehmen uns immer wieder großartige Dinge vor, malen uns aus, wunders wie schön und gut alles werden könnte, und dann fallen wir wieder in alte Verhaltensmuster zurück. Statt neue Wege zu gehen und den neuen Trampelpfad anzulegen, folgen wir dem bekannten, breiten Weg, den wir schon immer gegangen sind. Und laufen ggf. immer schön im Kreis …

Alte Zöpfe abschneiden10

Seit Beginn des 18. Jahrhundert wurden Zöpfe „Standardfrisur“ europäischer Soldaten, die zuvor ihr Haar offen getragen hatten. Für preußische Soldaten war der Zopf Vorschrift. Nach der französischen Revolution gegen Ende des 18. JH verschwand der Zopf aus der Öffentlichkeit wieder und galt fortan als allzu konservativ und rückständig. Alte Zöpfe abschneiden steht heute noch für die Abkehr von veralteten Ritualen und Gebräuchen. (wikipedia)

1 Aus „Wer’s glaubt wird selig“, Redewendungen aus der Bibel, G.Wagner 2014

2 Aus dem großen Buch zur Bibel zu Mt.9,14-17

1 Aus der Lutherbibel erklärt zu Mt.9,ab 15

2 Aus dem Kommentar zur Bibel, Guthrie&Motyer (Mt.9,17):

3 Aus der Brunsbibel zu Mt.9,17

6 Aus dem Kommentar zur Bibel, Guthrie&Motyer zu Mk.2,20.21

4 vgl. Gal.4,9.10

5 Aus der Brunsbibel zu Mk.2.21.22

9 Aus der Stuttgarter Erklärungsbibel Lk.5,33-39

6 Aus dem großen Buch zur Bibel zu Lk.5,33-39

7 Aus dem Kommentar zur Bibel, Guthrie&Motyer zu Lk.5,36-39

8 Aus der Brunsbibel zu Lk.5,33-39

9Aus Update für dein Unterbewusstsein, Thimon von Berlepsch 2020

10Aus „Wer’s glaubt wird selig“, Redewendungen aus der Bibel, G.Wagner 2014

2. Vom Sämann

(Mk 4, 3-8; Mt 13, 3-8; Lk 8,5-8)

Das Gleichnis vom Sämann wird wieder von den drei Synoptikern berichtet: Jesus ist ein bekannter Prediger, der mit seinem Gefolge - heute würde man es Fangemeinde nennen. - von einem Ort zum nächsten zieht. Einige wurden von Jesus geheilt, einige haben etwas Vermögen, das sie mit der Truppe teilen. Jede und jeder hat sicher auch so seine Erwartungen, welchen Nutzen und welche Bedeutung die Nachfolge Jesu mit sich bringt. Und manche wollen erleben, was er zu sagen hat, wenn er in ihren Ort kommt und gesellen sich dann zum Publikum hinzu.

An einem Seeufer steigt er in ein Boot und spricht von dem Boot aus zu den Menschen. Dabei erzählt er ihnen das Gleichnis vom Sämann, der den Samen des Getreides, das er anbauen will, aus der Tasche nimmt und mit einem eleganten Schwung auf den Acker wirft und verteilt. In der Zeit, aus der Jesus durch sein Gleichnis zu uns spricht, ist es Stand der Technik, das der Sämann erst den Samen auf dem Feld verteilt und hinterher mit seinem Werkzeug über das Feld geht, um die Aussaat in den Boden einzuarbeiten.

Dabei bleibt einiges ungeschützt obenauf liegen und wird von den Vögeln gefressen. Ein anderer Teil kann nicht wurzeln, da die Erdschicht über den Steinen nicht ausreichend dick ist, und dann verdorrt es in der Sonne. Noch anderer Samen fällt unter Dornen oder unter andere Pflanzen, wo er zwar keimt, aber kein Licht hat, somit nicht wachsen kann und abstirbt. Und ein vierter Teil fällt auf gutes Land, wo der Same wurzeln kann, wo die Pflanzen hochwachsen und dann auch blühen und Früchte tragen können.

Die Einwände seiner Freunde und Zuhörer*Innen, er rede verklausuliert und in Rätseln, beantwortet er damit, dass nur wenige die göttliche Botschaft verstehen wollten oder können. Bereits Jesaja habe angekündigt, dass Menschen sie sehenden Auges nicht erkennen, und sie zwar hören, aber nicht verstehen könnten (Mt.13,14f.).

Dabei bezieht sich Jesus auf Jesaja 6,9f.: Und er sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und verstehet’s nicht; sehet und merket’s nicht! 10 Verfette das Herz dieses Volks und ihre Ohren verschließe und ihre Augen verklebe, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen. 11 Ich aber sprach: Herr, wie lange? Er sprach: Bis die Städte wüst werden, ohne Einwohner, und die Häuser ohne Menschen und das Feld ganz wüst daliegt.

Den Jüngern dagegen sagt er, dass sie in seiner Gegenwart und durch seine Lehre miterleben können, was eine Menge an Propheten und Gelehrten bereits gewünscht hätten, erleben und verstehen zu dürfen.

Dann erklärt er den Inhalt des Gleichnisses: Kein Samen könne wachsen auf dem Weg, auf felsigem Grund und unter den Dornen; wenn der Satan die Saat wegnehme, wenn der Keimling keinen Grund finde oder wenn die Aussaat von Sorgen oder Begierden überwuchert werde. Aber wenn sein Wort von den Zuhörern gehört und verstanden würde, wenn sie es sich zu Herzen nähmen, dann seien sie der gute Boden, auf dem die Saat aufgehen und fruchtbar sein könne.

Wie so manche Botschaft braucht auch die Frohe Botschaft, das Evangelium des Jesus von Nazareth, ein bisschen Zeit zum Keimen und Wachsen. Und es braucht einige verständige Menschen, die der Aussaat wie ein guter Boden Raum und Nahrung geben und sich damit beschäftigen, damit das junge Pflänzchen wachsen kann.

Auf fruchtbaren Boden fallen11

Heutzutage liegen Brot und Backwaren allzeit griffbereit in den Regalen, ob im Supermarkt oder im kleinen Laden. Das gilt auch für die Backzutaten wie z.B. verschiedene Mehlsorten usw., die jederzeit und selbstverständlich verfügbar sind. Und keiner weiß noch, welche Arbeit der Getreidebauer tun muss, wenn er Getreide aussät und später erntet; welche Arbeit der Müller tut, um nur einen Sack voll Getreide zu Mehl zu verarbeiten, und welche Arbeit der Bäcker tut, um Brot und anderes zu backen. – Auch wenn mit modernen Maschinen manche Arbeit leichter von der Hand geht.

Jesus ist Sohn aus der Familie eines Handwerkers, des Zimmermannes Josef. Daher weiß er, was Arbeit ist. In der Zeit, aus der Jesus durch sein Gleichnis zu uns spricht, gab‘s keine Tante-Emma-Läden. Brot wurde selbst gebacken, Getreide selbst angebaut oder gekauft und selbst gemahlen.

Jesus kannte die Arbeit des Getreidebauern. Nachdem er einige Beispiele erzählt, wie die Aussaat misslingt und die Saatkörner verderben, nennt er die Möglichkeiten eines guten Bodens, der dreissig-, sechzig- oder hundertfache Frucht hervorbringen kann. - Es ist die Entscheidung jedes Einzelnen, wie sie/er mit der Botschaft umgeht.

Mt.13,1-9

1 An demselben Tage ging Jesus aus dem Hause und setzte sich an das Meer. 2 Und es versammelte sich eine große Menge bei ihm, sodass er in ein Boot stieg und sich setzte, und alles Volk stand am Ufer. 3 Und er redete vieles zu ihnen in Gleichnissen und sprach: Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. 4 Und indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen es auf. 5 Anderes fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. 6 Als aber die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. 7 Anderes fiel unter die Dornen; und die Dornen wuchsen empor und erstickten’s. 8 Anderes fiel auf das gute Land und brachte Frucht, etliches hundertfach, etliches sechzigfach, etliches dreißigfach. 9 Wer Ohren hat, der höre!

Ein Bauer sät sein Getreide aus, und wie es damals üblich ist, wird vor dem Pflügen gesät. Dabei können die Samen überall hinfallen, auf recht unterschiedliche Böden. - Quer über den Acker ist ein Trampelpfad ausgetreten worden, auf dem die Körner nicht wurzeln können. Oder der Sämann hat die Steine und das Felsige wegen der dünnen Erdschicht nicht erkennen können, als er die Saat ausgeworfen hat. Einige Körner landen dann auch noch am Rand des Feldes unter den Dornen. Und ein weiterer Teil der Aussaat landet auf gutem Land, wo er Wurzeln schlagen und schlussendlich auch Frucht bringen kann. Zunächst geht der Sämann übers Land und verteilt großzügig das Saatgut, dann arbeitet er die Saatkörner in den Boden ein und darf hinterher eine große Ernte erwarten, wenn die Aussaat, die auf gutes Land gefallen ist, aufgeht12. –

Jesus erklärt das Gleichnis seinen Jüngern in den Versen 18 bis 23: Er selbst und später seine Jünger streuen durch ihr Predigen das Evangelium, die Gute Nachricht vom Reich Gottes, in die Ohren und Herzen der Zuhörenden, wo sie vom Satan ausgerissen, durch Verfolgung verdorrt oder durch Sorgen erstickt werden. Je nach den unterschiedlichen Menschentypen werden die Worte der Verkündigung unterschiedlich aufgenommen, bei manchen durch Lebensfreude oder Gleichgültigkeit, durch Angst und Sorge verdrängt, und bei anderen aber auf den sprichwörtlich guten Boden fallen. Jesus weiß, dass viele Samen ohne Frucht bleiben, andere zu reicher Ernte führen werden13.

Noch heute gilt für alle Verkündigung: Sie ist und sie gilt für alle. Auch wenn die Ergebnisse unterschiedlich ausfallen. Tausende hören zu – damals wie heute – und verstehen nichts. Darum die Mahnung, richtig hinzuhören. Jesus weiß wie andere auch um die Misserfolge jeder Aussaat, er weiß um die vielen Gefahren für die Samenkörner und manches zarte Pflänzchen, die Gegenargumente und die drohende Verfolgung. Aber er weiß auch um die Kraft des Wortes; seines Wortes, das fruchtbar sein kann, wenn man das Wort wirken lässt und es reiche Frucht bringt. - Jesus spricht von Frucht, nicht von Erfolg14.

Mk.4,3-8

3 Hört zu! Siehe, es ging ein Sämann aus zu säen. 4 Und es begab sich, indem er säte, fiel etliches an den Weg; da kamen die Vögel und fraßen’s auf. 5 Anderes fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde hatte, und ging bald auf, weil es keine tiefe Erde hatte. 6 Da nun die Sonne aufging, verwelkte es, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. 7 Und anderes fiel unter die Dornen, und die Dornen wuchsen empor und erstickten’s, und es brachte keine Frucht. 8 Und all das Übrige fiel auf das gute Land, ging auf und wuchs und brachte Frucht, und einiges trug dreißigfach und einiges sechzigfach und einiges hundertfach.

Jesus sitzt in einem Boot wenige Meter vom Ufer entfernt und spricht zu seinen Zuhörern. Er beschreibt, wie ein Bauer seine Saat ausbringt. Die Aussaat fällt auf den Weg oder auf die Felsen, unter die Dornen und auf guten Boden. Die Körner werden von Vögeln gefressen, von der Sonne verbrannt, unter Dornen erstickt. Nur der gute Boden bringt eine reiche Ernte hervor.

Scheinbar handelt es sich um einen ungeschickten Sämann, der so viele Samen vergeudet, weil diese auf unfruchtbaren Boden fallen. Felsiger Boden heißt hier, dass nur eine dünne Erdschicht, wo Pflanzen wenig Halt finden, die darunterliegenden Steine überdeckt, was in Galiläa häufig vorkommt. Ähnlich ist es mit jeder Verkündigung, die wie der Samen großzügig ausgestreut wird, nur wenige Menschen wirklich erreicht und nur dort wirklich wachsen kann, wo auch der benötigte Boden vorhanden ist15.

Jesus erzählt seinen Zuhörern Geschichten und Gleichnisse. Dabei spricht er sie auf alltägliche Erfahrungen an; er lässt sie darin Gott entdecken. Er überlässt es den Menschen, die Verbindung herzustellen zwischen seinen Worten und dem Reich Gottes.

Als die Jünger nachfragen, erklärt er ihnen, die Frohe Botschaft sei ein Geheimnis, dass ihnen anvertraut werde. Viele, andere Menschen weigern sich, an Gott zu glauben, sind geistlich blind und taub und verstehen nichts. Ähnliches berichtet Jesaja in Jes.6,9.19, dessen Verkündigung von Gottes Wort von seinen Mitmenschen abgelehnt wurde. Jesus sieht sich in einer ähnlichen Lage. Er selbst ist der Sämann, seine Verkündigung die Aussaat.

Es ist eine alltägliche Szene: Man sät auf ein unvorbereitetes Feld, auf ausgetretene Pfade, dahin, wo Gestrüpp wächst und Steine rumliegen. Danach erst wird untergepflügt. Die Saat fällt auf unterschiedlichen Boden, sie erreicht die Herzen verschiedenster Menschen, wenn sie dafür offen sind16. Oder auch nicht. Manche sind hart oder oberflächlich, andere Menschen haben schlicht andere Interessen. Und wieder andere sind tiefgründig und offen.

Für die Missernte scheint es mindestens die drei geschilderten Gründe zu geben, vielleicht auch noch einige mehr: Die Saat wird von Vögeln gefressen, sie verdorrt oder wird überwuchert. Andererseits wächst da eine große Ernte auf gutem Ackerland. – Die Zuversicht derer, die aussäen bei ihrer Aussaat ist die eine Seite, die Beschaffenheit des Bodens die andere17. Beim Zuhören (und Lesen) wird recht deutlich, wer und was gemeint ist. Und die Gute Nachricht wird trotzdem und gerade deshalb eine große Ernte einbringen18.

Aussaat und Ernte

Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. (1.Mose 8,22)

Noah bringt dem Herrn ein Opfer, und Gott lässt sich dadurch besänftigen. Er sagt die Bewahrung der Schöpfung zu, die er zuvor seinen Menschen zur Bewahrung anvertraut hat. Seither gilt das oben genannte Gesetz.

Was die Natur alleine schafft, die Arterhaltung der Pflanzen durch Abwurf reifer Samen, obliegt dem Bauern oder Gärtner, die Aussaat von Nutz- und Kulturpflanzen. Ähnlich verhält es sich mit der Verkündigung, die ausgebracht wird durch Jünger und Zeugen Jesu; mit dem Unterschied, dass der Gärtner das Land bestellt, während der Zustand des „Herzensbodens“, die Aufnahmebereitschaft der Zuhörenden Angelegenheit jedes Einzelnen ist.

Lk 8,5-8

5 Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf. 6 Und anderes fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. 7 Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s. 8 Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Der Evangelist Lukas berichtet, wie ein Getreidebauer über sein Feld geht und mit großzügigem Armschwung Saatgut über das Ackerland verstreut. Das Land ist recht unterschiedlich beschaffen, und dem entsprechend wird sich auch die Aussaat entwickeln, die erst nachträglich untergepflügt wird19. Ob die Saat aufgeht, ob sie dann keimen und wachsen kann und hinterher auch Früchte trägt, das liegt an der Aufnahmebereitschaft und Haltung, am Glauben und der Beharrlichkeit eines jeden Menschen selbst.

Jesus selbst ist dieser Bauer, der durch seine Verkündigung den guten Samen streut. Und er kennt die Kraft und Fruchtbarkeit seiner Lehre. Aber er kennt auch die mächtigen, irdischen Gegenkräfte, nicht zuletzt die Schwächen seiner geliebten Mitmenschen. Dabei wird er nicht müde, diese zu ermahnen, dass ein jeder für sein Seelenheil verantwortlich ist20. Lukas will vor dem Missverständnis warnen, es sei Gottes Wille, wenn Menschen nicht glauben können21. Vielmehr ist es eine Frage des richtigen Hinhörens, was Jesus durch sein Evangelium zu sagen hat.

Aussaat oder Verkündigung bringt unterschiedlichen Ertrag. Je nachdem, ob die Menschen dem Neuen gegenüber aufgeschlossen sind und wie die Botschaft verstanden wird, kann sie Gutes wirken und die Menschen zum Besseren bewegen. Oder das Wort wird durch wichtigere Interessen schlicht übertönt, durch aktuelle Begeisterung zunichte gemacht oder durch Sorge erstickt. Doch es lassen sich immer wieder Menschen finden, deren Herzen wie guter Boden empfänglich sind für das Evangelium, und durch die Gott reiche Frucht wirken kann22.

11 Aus „Wer’s glaubt, wird selig“, S. 91

12 Aus dem großen Buch zu Bibel zu Mt.13,1-25

13 Aus dem Kommentar zur Bibel zu Mt.13,1-9

14 Aus der Brunsbibel zu Mt.13,1-9

15 Aus dem Kommentar zur Bibel zu Mk 4,3-8

16 Aus der Brunsbibel zu Mk.4,3-8

17 Aus der Stuttgarter Erklärungsbibel zu Mk.4,3-8

18 Aus dem großen Buch zur Bibel zu Mk.4,1-20

19 Aus dem Kommentar zur Bibel zu Lk.8,5-8

20 Aus der Brunsbibel zu Lk.8,5-8

21 Aus der Stuttgarter Erklärungsbibel zu Lk.8,11-15

22 Aus dem großen Buch zur Bibel zu Lk.8,4-15

4. Von der selbstwachsenden Saat

(Mk 4, 26-29)

Markus 4,26-29

„26 Und er sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft 27 und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. 28 Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. 29 Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da. “ –

Das Gleichnis von der selbstwachsenden Saat ist ein Sondergut, das nur im Evangelium von Markus vorkommt34. Das Wort Gottes wird im Herzen aufgenommen, es wird keimen, wachsen und Frucht bringen, genauso, wie es den Regeln der Natur entspricht35. Der Mensch kann säen und ernten, er mag die richtigen Voraussetzungen schaffen, doch das Wachsen ist eine Angelegenheit von Gottes Segen. Als wirksames Mittel zur Pflege der Aussaat hat sich der Glaube aller Beteiligten an Gottes unaufhaltsames Wirken bewährt. Und dank der Kraft, die im Wort Gottes steckt36, wird es wachsen, so oder so. Es wird hier und da ein schlechte Boden sein, aber insgesamt wird die Aussaat auch immer wieder mal auf gutes Land fallen, dann umso erfolgreicher sein und auch reiche Frucht bringen.

Jesaja prophezeit

Jes.55,10.11

10 Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, 11 so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.

Die Feuchte aus Regen, Schnee und Tauwasser wird dafür sorgen, dass Samen, die im Boden sind, anfangen zu keimen und anschließend Pflanzen daraus wachsen, die Früchte tragen und den Menschen Nahrung bieten. Wenn nach einigen Tagen ohne Regen die Erde ausgetrocknet ist, wenn die Wiesen wegen der Trockenheit vielleicht schon braun geworden sind, dann braucht’s unbedingt einen Regen. Und wenn der Regen dann endlich gekommen ist, dann dauert es meist nur wenig Zeit, bis alles Gras wieder grün ist und die Natur wieder erwacht.

Im Frühling erscheinen die ersten Blüten und ein zaghaftes Frühlingsgrün an den Bäumen. Wenn dann der erste Frühlingsregen kommt, dann legt die Natur erst richtig los und nicht nur die Bäume werden wieder grün. Auch im Garten kehrt wieder das Leben zurück, und je nachdem welche Vorarbeiten schon getan sind wächst nach der Aussaat bis zum Herbst wieder eine schöne Ernte heran. Ähnlich ist es mit dem Wort Gottes, das, wenn es Menschen er-reicht, Frucht bringen soll und kann.

Pflanzen wachsen von alleine?

Das kann man so sagen. – Wenn man aussät, dann sollten die Samen wenige Zentimeter tief im Boden liegen. Dort sind sie vor der Sonne geschützt, aber auch vor Fressfeinden wie z.B. vor den Vögeln, die ständig etwas suchen, was sie aufpicken können. Hat der Boden dann noch ein wenig Feuchtigkeit, können die Samen keimen. Es bilden sich Wurzeln, und die Pflanz kann hochwachsen. Dazu bildet die Pflanze aus Wasser H2O aus dem Boden und Kohlendioxid CO2