Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Als der Tod bei ihrem Klassentreffen auf die Wette ihres Jugendrivalen eingeht, ahnt sie nicht, dass sie damit den Untergang allen Lebens auf der Erde besiegelt. Um diese Katastrophe zu verhindern, werden vier zufällig ausgewählte Personen auf eine Mission geschickt, um das Schicksal abzuwenden. Doch es gibt bereits auf der Erde Wesen, die glauben, als Gewinner aus dem Untergang hervorgehen zu können. Immer deutlicher wird, dass die Gruppe der vier, die unsere Rettung sein sollten, scheitern könnte. Die Lage ist hoffnungslos, aber ein Krokodil lässt sich auch nicht durch Hausarrest davon abhalten, zusammen mit seinen Freunden die Welt zu retten.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 168
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Prolog
Kapitel 01
Kapitel 02
Kapitel 03
Kapitel 04
Kapitel 05
Kapitel 06
Kapitel 07
Kapitel 08
Kapitel 09
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Epilog
In der angesagtesten Musikbar in Berlin saßen zwei in die Jahre gekommene Altrocker zusammen: Gott und Satan. Die Freunde tranken Bier und stritten lautstark über die aktuellen Songs in den Charts. Früher, als sie die Geschicke der Welt noch geleitet hatten, hätten sie ein Großteil davon verhindert. Klar waren auch da Fehler passiert: Modern Talking zum Beispiel. Aber einiges war der Menschheit erspart geblieben.
Trotz allem, viel war in dem Jahr nicht passiert, seit die beiden von mir, dem fast allwissenden Erzähler und meinen Freunden ihrer Macht beraubt worden waren. Es war nicht einmal der Kirche aufgefallen, dass die zwei einzigen Rechtfertigungen für ihre Existenz fehlten, zumindest die hätten es nun wirklich merken müssen. Da wir des lieben Friedens willen auf diese Ämter verzichteten, waren die Posten von Gott, Satan und Tod nicht besetzt. Um es kurz zu machen: Es merkte keine Sau. Aus Feinden wurden Freunde und so hatten wir alle zusammen diese Bar eröffnet.
Es gab aber Anzeichen dafür, dass es Gott nicht mehr gab. Ein Beispiel: das Radioprogramm. Es lief nur noch Mist oder dieser reiche alte Sack mit dem Eichhörnchenschwanz auf dem Kopf. Glauben Sie, wenn es einen Gott gäbe, wäre der als Präsidentschaftskandidat der Republikaner gewählt worden? Okay, dies passierte in den USA, möglich dass er es trotz Gott geschafft hätte.
Ich kam zu den beiden an den Tisch und setzte mich dazu. Mein Bier hatte ich mir redlich verdient. „Und was haltet ihr von denen?“ Ich zeigte genervt zur Bühne, wo meiner Meinung nach eine der schlechtesten Musikgruppen, die in den letzten Wochen bei uns aufgetreten war, ihre Instrumente missbrauchte.
„Queen, fürchterlich“, stimmte mir Satan zu. „Und wie der Sänger rumläuft … die haben keine große Zukunft.“
Langsam lehrte sich der Gastraum, die letzte Band hatte vor fast einer Stunde aufgehört zu spielen. Kurz darauf setzten sich auch Jens und Rainer zu uns.
„Es hätte ruhig einer von euch an der Bar übernehmen können. Das lange Stehen … Ich spüre meine Beine nicht mehr!“, beschwerte sich Rainer.
„Alter, der macht immer ein Drama, wenn er einmal was arbeiten muss“, kommentierte Gott das Gehörte, ohne von seinem Bier aufzusehen.
Jens hatte sein Smartphone in der Hand. Ich war mir nicht sicher, ob er chattete oder Pokémon jagte. Hier saß nun fast die Besetzung, die vor nicht mal zwölf Monaten um Herrschaft über die Welt gekämpft hatten. Unser wichtigster Trumpf, ohne den wir nie gewonnen hätten, fehlte jedoch: Rudolph, das sprechende Riesenkrokodil. Er hatte zurück in seine Welt gehen müssen.
Mein letzter Stand war, dass er wohl bei einer Klassenfahrt zu tief ins Glas geschaut hatte und mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus gekommen war. Rudolphs Vater hatte den Lehrer gefressen und Rudi Hausarrest gegeben.
Auch fehlte der Tod. Sie war entschuldigt, sie war schwanger. Wer sich nun fragt, wie der Knochenmann mit Sense ein Kind bekommen kann, muss wissen, dass dieses Bild nicht die Wahrheit widerspiegelt. Der Tod ist eine sexy Blondine, die fast perfekt ist, bis auf eine kleine Schwäche: Sie liebt die Menschen. Ja, und sie war wieder mit Satan zusammen.
Fast dreihundert Jahre nach ihrer Scheidung war ihre Liebe neu entflammt. Dieser Umstand hatte unseren guten Rainer in eine tiefe Depression gestürzt, was dazu führte, dass er sich dauernd verrechnete. Da er für unsere Kasse zuständig war, konnte man die Situation als suboptimal bezeichnen. Aber rechnen konnte er schon ohne Depression nicht und so merkte keiner, dass er mies drauf war. Ich auch nur, weil wir uns ewig kannten und er etwas gequält schaute, wenn der Tod im Raum war.
Ich muss zugeben, dass es mich irritierte, dass er sich zum Tod hingezogen fühlte, das kannte man sonst nur von Gothiks oder Emos. In diesem Moment stach mich eine Stechmücke.
„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, diese Drecksviecher auf die Erde zu bringen?“, fuhr ich Gott an.
„Was kann ich dafür?“, antwortete er verärgert.
„Erinnerst du dich … Bibel? An ich weiß nicht welchem Tag schufst du Mücken, Schnacken und sonstiges Getier“, versuchte ich sein Gedächtnis in Schwung zu bringen.
„Das Geschreibsel kannst du getrost vergessen, das waren Hobbyschreiber wie du. Klar deren Buch wird öfter gekauft und gelesen. Sonst kaum ein Unterschied.“
Kurz überlegte ich, Gott in den Arsch zu treten, machte mich dann aber doch beleidigt auf den Weg nach Hause.
Vor der Tür urinierte ich noch in den Kühlergrill von Gottes Luxusschlitten. Tropfen für Tropfen merkte ich, wie es mir besser ging. Wäre ich nicht beleidigt abgezogen, hätte ich erfahren, dass es doch einen guten Grund gab, warum es dieses blutsaugende Ungeziefer existierte.
In dieser Nacht konnte der Tod nicht schlafen. Ihre Gedanken kreisten um das Klassentreffen und ihr Wiedersehen mit Donald. Er war schon zu ihrer Schulzeit ein arrogantes und selbstherrliches Arschloch gewesen, der nie seine Hände bei sich lassen konnte. Sein Charakter hatte sich in den Jahrmillionen nicht zum Positiven verändert. Diese Zusammenkünfte waren für sie die pure Hölle. Ständig lag er ihr in den Ohren, was er schon alles erreicht hatte: ein Sternensystem mit gut zwei Dutzend Zivilisationen, die alle weit höher entwickelt waren als ihre Menschen. Seine Paradestücke hatten inzwischen den Heimatplaneten verlassen und lebten in riesigen Raumstationen im All. Die Menschen, so lästerte er an diesem Wochenende das ein oder andere Mal, hatten es gerade mal gepackt, einen Stofffetzen am Stab auf den Mond zu platzieren. Kunststück! Er hatte gut reden, er hatte groß geerbt, sie musste mit dem jämmerlichen Sonnensystem hier auskommen.
Im Laufe des Abends hatte er sie so lang provoziert, bis sie sich auf einen Wettstreit mit ihm eingelassen hatte: seine am wenigsten entwickelte Zivilisation gegen die Menschheit. Sie machte sich große Vorwürfe. Warum hatte sie nur zugestimmt? Dazu kam, dass Donald ein echt schlechter Verlierer war und zu seinen weiteren negativen Charakterzügen gehörten Jähzorn und Rachsucht. Beim letzten Mal, als sie so dumm gewesen war, mit ihm zu wetten, hatte er, als er am Verlieren war, kurzerhand einen Meteor auf die Erde geschleudert. Die Arbeit von Jahrtausenden war auf einmal vernichtet worden. Zugegeben, diese Dinosaurier waren eine Sackgasse gewesen, aus denen wäre nie was geworden.
Sie weckte sanft Satan. Er musste gleich Morgen eine Truppe aufstellen, die die Invasion von Donalds Volk verhindern würde. Natürlich mussten sie auch Rudolph und seine Freunde mit ins Boot holen. Wie schlagkräftig diese jedoch ohne Rudolph sein würden, war unklar.
Horst Kowalski lenkte seinen Vierzigtonner auf der A6 in Richtung Karlsruhe. Er achtete nicht viel auf die Straße, der Bildschirm seines Laptops forderte alle Aufmerksamkeit, die er erübrigen konnte. Motorisch war es natürlich eine ehrenwerte Leistung. Er konnte LKW fahren, sich nackte Männer im Internet anschauen und sich dabei noch lustvoll sein erigiertes Glied reiben. Horst bezweifelte, dass seine Frau stolz auf diese Multitasking-Meisterleistung wäre, aber ihr konnte er eh nie etwas recht machen.
Dann passierten mehrere Dinge gleichzeitig, die sein Leben für immer verändern sollten.
Seine Frau Gaby rief an und lenkte seine Aufmerksamkeit von einem muskulösen Schwarzen auf die Freisprecheinrichtung am Display. Dann sah er den Campingbus auf der Überholspur, aus dem ihn ein lachender Polizist filmte. Wenn dies alles nicht schon schlimm genug gewesen war, sah er beim Blick auf die Autobahn vor sich plötzlich einen roten VW Polo stehen. Horst hatte noch die Hand am Penis, als er ungebremst in den Kleinwagen raste.
Als er im Krankenhaus aufwachte, hatte er viel Post. Obenauf lag eine Tageszeitung – die Titelseite zeigte sein Gesicht. Horst las auf der Titelseite: Schwuler Autobahn-Irrer tötet junge Familie.
Er holte die Zeitung zu sich. Unter der Schlagzeile sah man ein Foto, auf dem ein roter Schrotthaufen abgebildet war, wo – so vermutete er – mal ein Polo gewesen war. Horst brauchte nicht erst zu lesen was da über ihn stand, er warf das Blatt in den Müll.
Der erste Brief war von seinem Arbeitgeber, der ihm wenig einfühlsam mitteilte, dass er gefeuert sei. Das war zwar dumm, aber zu erwarten gewesen. Der zweite Brief kam von einem Anwaltsbüro. Horst war erleichtert. Bei dem ganzen Malheur brauchte er Hilfe und Gaby hatte sich offensichtlich schon um einen Rechtsbeistand für ihn gekümmert. Diese Einschätzung war jedoch nur zum Teil richtig. Seine Liebste hatte sich zwar an einen Anwalt gewandt, wollte allerdings die Scheidung einreichen.
Die Handschrift auf dem nächsten Umschlag kannte er: Es war die akkurate und schnörkellose Schrift seiner Mutter. Hier würde er endlich Trost und Mitgefühl erfahren. Wenn ihn auch alle im Stich ließen, sie nicht.
Sie hatte geweint beim Schreiben, das konnte er an den verwischten Stellen sehen. Der Inhalt war auf eine Aussage kürzbar: Sie hatte keinen Sohn mehr.
Das Gekritzel, auf dem nächsten Brief, konnte er niemandem zuordnen. Es war seine Schwiegermutter, die mitteilte, dass sie Gaby schon immer vor ihm gewarnt hatte und er ihr nie mehr unter die Augen kommen sollte.
Gut, anscheinend kamen nun die besseren Nachrichten. Die letzte war vom Ordnungsamt, die ihn in Beamtendeutsch unterrichteten, dass sein Führerschein eingezogen sei.
Horst nahm die Fernbedienung vom Beistelltisch und wollte den Fernseher einschalten, doch auf dem Gerät erschien eine Meldung, dass die Benutzung 5 Euro pro Tag kostete und er sein Guthaben an der Kasse im Erdgeschoss aufladen könne. Er sah sich im Zimmer um. Seine Jeans lag zusammengelegt über dem Stuhl. Als er die nackten Beine unter der Decke hervorzog, bemerkte er ein Plastikband am Fußgelenk. Er zog sich die Hose an, prüfte, ob er Geld im Portmonee hatte und machte sich auf den Weg ins Erdgeschoss. Doch er kam nicht weit.
Als Horst durch die Tür ging, veranstaltete sein neues Schmuckstück am Knöchel eine Geräuschkulisse, dass sich alle zu ihm umdrehten.
Aus dem Schwesternzimmer stürmten zwei Polizisten.
„Stehen bleiben!“, brüllte der erste Beamte. Im Vollsprint erreichte er Horst und schlug ihn im Lauf zu Boden.
Der zweite warf sich auf ihn und presste mit seinem Gewicht alle Luft aus Horsts Lunge. Natürlich war der langsamere der beiden gut doppelt so schwer. Kowalski schossen Tränen des Schmerzes in die Augen, er bekam keine Luft und das, obwohl er nicht einmal versucht hatte, zu flüchten.
„Wo wollen wir denn hin?“, fragte der Polizist, der sich gerade auf Horsts Rücken häuslich einrichten wollte.
„Will nur den Fernseher bezahlen“, stammelte er.
„Sie müssen sich melden, wenn Sie das Zimmer verlassen wollen. Warum haben Sie das nicht getan?“, fuhr ihn der stehende Beamte an, während er seinem Kollegen aufhalf.
„Tut mir leid. Hat mir niemand gesagt“, verteidigte sich Kowalski, dem keiner vom Boden aufhalf.
Der ältere Polizist sprach nun zu seinem Kollegen. „Geh mit ihm runter zur Hauptkasse und pass mir auf die Schwuchtel gut auf. Wenn er flüchten will …“ Weiter brauchte er nicht zu sprechen. Horst hörte das charakteristische Geräusch, als der Jüngere der beiden seine Dienstwaffe durchlud.
„Ich weiß“, verkündete dieser mit fiesem Grinsen. „Dann fehlt noch einer beim CSD.“
„Ich bin nicht schwul. Ich bin verheiratet“, verteidigte sich Horst.
Als die Beamten aufhörten zu lachen, zog der jüngere sein Smartphone aus der Hosentasche und zeigte ihm ein YouTube Video. Er erkannte sich darauf, erkannte das Führerhaus seines Trucks. Ihm kam wieder der Campingbus auf der Überholspur in den Sinn … die lachenden Polizisten. Hatten die ihn gefilmt? Wahrscheinlich, sie brauchten ja einen Beweis, wenn sie ein Vergehen zur Anzeige bringen wollten. Und dann?
Horst schwirrte der Kopf und er sah wieder den Bildschirm seines Laptops. Man sah einen nackten Mann und was seine Hand tat konnte jeder mit wenig Fantasie erahnen. Wäre dies nicht schlimm genug gewesen, erkannte er unter dem Video 10 Millionen Klicks. Horst wollte sterben.
Auf dem Weg zur Hauptkasse spürte er die Blicke aller, viele flüsterten oder lachten. Aber einige machten auch eindeutige Handbewegungen. Sein Ziel befand sich im Kiosk und Horst nutzte die Chance. Er fragte nach einem Seil oder einer Wäscheleine, aber dies hatten sie nicht im Sortiment.
Zurück in seinem Zimmer schaltete er erst mal das TV-Gerät ein. Das Erste, was er sah, war ein Video, auf dem er zu sehen war. Er schaltete wieder aus. Die 5 Euro hätte er auch aus dem Fenster werfen können.
Eine gute Idee, dachte er, aus dem Fenster springen. Horst öffnete es und sah Gitter davor. Aus dem Park blickten Personen zu ihm auf. Die meisten lachten, einige fotografierten ihn mit ihren Smartphones.
Er schloss das Fenster wieder. Es war frustrierend, nicht mal ein Selbstmord war in diesem beschissenen Krankenhaus möglich. Wahrscheinlich war er der Einzige, der hier keinen multiresistenten Keim abbekommen würde. Rasierklingen gab es im Badezimmer nicht, das Messer beim Abendessen war stumpf und aus Plastik.
Am Abend kam der Dicke der Polizisten und verkündete feierlich, dass er am Montag dem Haftrichter vorgeführt werden würde. Horst fragte sich, ob er selbst auf die Todesstrafe plädieren konnte.
Zu der Zeit, als Horst noch hoffte, einen Strick zum Erhängen im Krankenhauskiosk kaufen zu können, bekam Claudia Müller im Opel Autohaus in Ludwigshafen ihre neuen Wagenschlüssel.
Claudia war ein echter Augenschmaus: blond, blaue Augen, perfekte Figur und einen Riesenvorbau. Leider war die Brustvergrößerung so teuer gewesen, dass es nun nur noch für einen gebrauchten Kleinwagen gereicht hatte.
Sie war eine Traumfrau, bis sie den Mund aufmachte. Dies trieb erwachsenen Männern die Tränen in die Augen. Sie war so dumm, dass man ihr Absicht unterstellen musste, wenn sie wieder etwas verbockte, weil man so ungeschickt gar nicht sein konnte, wie sie sich anstellte. Claudia war mit einem Schwarzen aus Afrika zusammen, dessen großer Vorteil es war, dass er kein Wort Deutsch sprach, was das Zusammenleben mit der hübschen Frau Müller erträglich für ihn machte.
Sie fuhr mit ihrem neuen Corsa nach Mannheim. Die blinkende Tankanzeige ignorierte sie, bis es zu spät war. Sie blieb vor dem Landesgericht stehen und so kamen gleich Uniformierte, die ihr halfen, das Auto von der Straße zu schieben. Auch die Fehleranalyse übernahmen die freundlichen Beamten.
Kurz entschlossen nahm sie sich ihre Handtasche und lief zur Tankstelle in der Schwetzinger Vorstadt. In einem Mülleimer vorm Hauptbahnhof fand sie zwei 1,5 Liter PET Flaschen, die sie für den Transport des wertvollen Treibstoffs gut gebrauchen konnte. Als sie diese mit Benzin gefüllt hatte bemerkte sie, dass die Deckel fehlten. Sie suchte in ihrer Handtasche und fand Stofftücher, die sie in die Flaschenhälse stopfte. Dies war zwar nicht die perfekte Problemlösung, aber in ihrer Not musste das reichen.
Als die Blondine zurück am Landesgericht war, konnte sie es nicht fassen: Trotz all der Polizei, die auf dem Platz versammelt war, hatte jemand ihr Auto geklaut. Sie stand genau dort, wo ihr Kleinwagen noch vor einer Stunde gewesen war. Geschockt stellte sie ihre Flaschen vor die Schilder, die ihr hätten sagen sollen, dass hier absolutes Halteverbot angesagt war. Lesen war Claudia schon in der Schule zuwider gewesen. Die Warnung vor dem Abgeschleppen war circa 20 Zentimeter unter dem runden Schild angebracht.
Auf diesen Schock musste sie erst mal eine rauchen. Claudia fummelte eine Zigarette aus der Schachtel heraus und zitterte vor Aufregung so stark, dass es eine echte Leistung war, diese nicht zu zerbrechen.
Sie hatte gerade ihr Feuerzeug entflammt, als ein Polizist rief: „Fallen lassen!“
Claudia wandte sich zu der Stimme und sah, wie Uniformierte auf sie zu rannten und mit ihren Waffen auf sie zielten oder im Lauf ihren Schlagstock schwangen. Wie es auf die Beamten wirken musste, dass eine Blondine sich mit brennenden Gegenstand über zwei Flaschen beugte, aus der Stofftücher heraushingen, bedachte sie nicht.
Sie stand noch mit weit aufgerissenen Augen und brennendem Feuerzeug in der Hand auf dem Vorplatz und verstand nicht, warum Menschen in Panik wegrannten und Polizisten sie anbrüllten. In diesem Moment traf sie ein Schlagstock am Hinterkopf.
Ein Sicherheitsmitarbeiter war aus dem Gerichtsgebäude gestürmt und hatte die Terroristin todesmutig von hinten niedergeschlagen.
Claudia wachte in einem Auto auf, sie lag auf dem Rücken. Ein weiß gekleideter Mann sah auf sie hinab und sprach dann zu jemandem, der außerhalb ihres Blickfeldes lag. „Sie ist wach. Aber langsam, sie ist noch schwach und meine Patientin darf sich nicht aufregen.“
„Ja, aber wir müssen wissen, ob eine Bombe platziert wurde.“
Claudia verstand nur Bahnhof. Sie versuchte sich aufzurichten, aber ihre Hände waren am Bett fixiert und sie konnte sich nicht bewegen. Das alles war nicht wichtig. Was sie interessierte, war nur, wo ihr Auto abgeblieben war.
In ihrem Gesichtsfeld tauchte ein Polizist auf. „Gibt es eine Bombe? Wo ist sie versteckt?“
Claudia registrierte gar nicht, was gesagt wurde, sie hatte nur einen Gedanken. „Mein Auto, wo ist mein …“
Weiter brauchte sie nicht zu stammeln, denn der Beamte hatte sich abgewandt und brüllte aufgeregt in sein Funkgerät: „Die Bombe ist im Auto!“
Claudia war schon lange ins Land der Träume abgetaucht, als ein Sondereinsatzkommando ihren Corsa auf dem Parkplatz eines Abschleppunternehmens sprengte. Sie würde am folgenden Montag dem Haftrichter entgegentreten.
Einen ähnlich schlechten Tag hatte auch Tonio Candido. Er war ein stattlicher Mann mit 90 Kilogramm. Das wäre nicht schlimm gewesen, nur war er gerade mal etwas über einen Meter fünfzig groß. Er war fett und das bekam er jeden Tag von seiner Frau aufs Brot geschmiert.
Damals vor 30 Jahren, als sie ihn kennengelernt hatte, war sie zwar auch schon gut einen Kopf größer als er gewesen, aber er nur halb so schwer und Stürmer bei einem guten Amateurfußballverein. Seine Kariere war gerade so richtig ins laufen gekommen, da folgte der Rückschlag: ein Kreuzbandriss, zwei Operationen und 40 Kilo.
Heute hatte er zwei Kinder, eine nervende Frau und dank einer Firmenpleite zweihunderttausend Euro Schulden. So kam es, dass er bei den Falschen ein paar Euro nicht zurückzahlen konnte – solchen Menschen, denen man nicht sagt, dass man seinen Kredit nicht bezahlen kann.
Dann kam das Angebot. Man brauche nichts außer Verkaufstalent, hatte der hagere Asiate gemeint, und es wären mehrere Hundert Euro in nur wenigen Stunden drin. Tonio sollte ganz einfach Zigaretten verkaufen. Er fragte nicht, woher die Glimmstängel kamen und so packte er die Dinger in einen alten Koffer, stellte sich auf den Paradeplatz und machte sich auf Kundensuche. Er brauchte nicht lange zu warten, da sprach ihn ein junger Mann an und wollte eine Stange.
Tonio freute sich. Wenn es so weiter gehen würde, hätte er sein Cashflow-Problem bald überwunden. Er öffnete umständlich seinen Koffer, immer darauf bedacht, dass keiner den Inhalt erspähen konnte.
Tonio zauberte eine Stange Zigaretten hervor und sagte im Aufrichten: „Macht 15 Euro.“
Der Käufer zog seinen Dienstausweis aus dem Geldbeutel. „Ich zahle mit Karte.“
Ein zweiter Mann, den Tonio noch gar nicht bemerkt hatte, wandte sich ihm ebenfalls zu und zeigte seinen Ausweis. Dem Italiener fiel vor Schreck der Koffer aus der Hand und die Stangen verteilten sich auf dem Boden.
Während Tonio versuchte, seine Ware wieder in den Gepäckstück zurückzustopfen, zog einer der Beamten seine Handschellen hervor und verkündete: „Dicker, mach dir keine Arbeit. Das erledigen wir für dich.“
Sein Kollege lachte hämisch.
Tonio war ein stolzer Italiener und er würde sich hier nicht vor allen auf dem Paradeplatz in Mannheim verhaften lassen. Er nahm eine Packung Zigaretten und warf damit auf den Polizisten, dann rannte er so schnell er konnte los.
Die Beamten sahen sich grinsend an, dann gingen sie gemäßigten Schrittes dem Flüchtenden hinterher.
Tonios Lunge brannte wie Feuer, Schweiß lief ihm in die Augen und sein Herz raste – er gab alles.
Tausende von E-Books und Hörbücher
Ihre Zahl wächst ständig und Sie haben eine Fixpreisgarantie.
Sie haben über uns geschrieben: