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Ralf Ehrlich sucht keine Abenteuer! Trotzdem finden ihn Geschehnisse, die wie eine Achterbahnfahrt scheinen, deren Ankerpunkte Verrat, Misstrauen, Verlangen, Narzissmus und Gier sind. Und, deren Fahrt ihm erneut alles abverlangt. Im November 1987 ist es kalt; so kalt, dass seine Einheit im Einsatz im Braunkohletagebau ist. Der ungewöhnlich kalte Spätherbst lähmt grosse Teile des Landes und treibt Menschen in die Wärme ihrer Wohnungen, menschlicher Gesellschaft oder in jeder Hinsicht wärmender Eskapaden. Es ist so kalt, dass seine Gegner meinen, dass eine Leiche mehr oder weniger nicht auffällt. Die Frage, wem er und seine Freunde vertrauen können, wird quälend schnell zur Entscheidung auf Leben und Tod. Und während ihm die Täter immer einen Schritt voraus zu sein scheinen, wird das Spinnennetz aus Intrigen und Verbindlichkeiten mit atemberaubender Geschwindigkeit dichter, je näher er der Lösung des Falles kommt. zweiter Ralf-Ehrlich-Roman
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Seitenzahl: 584
Veröffentlichungsjahr: 2022
Walter R. Gerlach
Grenzgänger:Paradiesvögel
Ein Ralf-Ehrlich-Roman
© 2022 Walter R. Gerlach
Einbandgrafik von iStock LP (www.istockphoto.com)
Einbandgestaltung Klara Bernhard, W. R. Gerlach
Lektorat Andrea Klotzsch, Silke Fröhlich
Korrektorat Christine Klotzsch
Bearbeitung W. R. Gerlach (www.gerlach-diewölfin.de)
ISBN Softcover: 978-3-347-66598-9
ISBN Hardcover: 978-3-347-66604-7
ISBN E-Book: 978-3-347-66606-1
ISBN Großschrift: 978-3-347-66607-8
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
Alle Ähnlichkeiten mit realen Handlungen oder handelnder Charaktere mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind nicht rein zufällig.
Karte der Schauplätze auf Seite 579
Stichwortverzeichnis ab Seite 580
Erster Teil
Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Frieden nicht wert.
Reisegefährten
Ralf sass wieder im Zug nach Dresden. Er war über das Wochenende nach Hause gefahren und hatte seine Grossmutter besucht. Ihren Geburtstag im September hatte er versäumt, als er in Polen war. Da er ihr von den Ereignissen dort nichts erzählen konnte, hatte er einen Brief geschrieben, etwas von Prüfungen und einem Kurzurlaub erlogen und sich für heute angekündigt. Er hatte ihre Lieblingsessenz für das, was sie Grog nannte besorgt – eine Flasche "1450", wie der "Goldbrand" wegen seines Preises gerne genannt wurde. Das Zeug hatte neben dem "Nordhäuser Doppelkorn" den VEB Nordbrand Nordhausen an die Spitze der europäischen Schnapsbrenner katapultiert. Und da hockten die Nordhausener jetzt dank der Saufgewohnheiten in Ost und West wie festgeklebt. Ausserdem hatte Ralf eine Schachtel Schnapspralinen gekauft. Das war eine unschlagbare Kombination. Grossmutter hatte ihn dafür mit einem extra für ihn gekochten Essen aufgelauert. Sie wohnte seit Grossvaters Tod bei ihrer Schwester. Auf dem Bauernhof waren eine Kemenate und eine Abstellkammer frei und dort hatte sie eine eigene Küche, ein kleines Schlafzimmer und eine ebenso winzige Stube. Aber das reichte ihr völlig. Schliesslich zählte nur, mit wem man sich die Welt teilte, nicht wie gross sie war. Sie hatte ihn vor der Tür erwartet, war auf der oberen der beiden Steinstufen zum Eingang stehengeblieben, um Ralf, der sie um zwei Köpfe überragte, richtig in die Arme schliessen zu können. Sie trug wie immer eine Strickjacke, eine Kittelschürze, aus der die Steghose lugte und die vertrauten Pantoffeln. Schon, als er sie umarmte, roch es aus dem Hausflur köstlich. Sie stiegen die kurze, aber steile Treppe zu ihrer Wohnung empor. Ralf leerte als erstes die Kohleneimer auf das Herdblech und holte Nachschub aus dem Kohlenkeller. Er stellte die Eimer ab, wusch sich die Hände und fand das Essen bereits angerichtet auf dem Stubentisch. Grossmutter hatte Rouladen, Rotkohl und Kartoffeln zu einem Mahl zusammengestellt. Es duftete so intensiv, dass Ralf das Wasser im Mund zusammenlief. Seine Grossmutter kochte immer ein oder zwei Eier mehr, als sie für die Füllung brauchte, halbierte sie und liess sie in der Sauce ziehen.
Für Ralf goss sie Apfelsaft ein und sich selbst einen Grog auf. Dafür war es bei ihr nie zu früh. Ralf ass hungrig und mit Appetit, erzählte vom Studium, was er meinte teilen zu dürfen und merkte erst, als es bereits geschehen war, dass er Sybilla erwähnt hatte. Seine Grossmutter war bei der Vereidigung vor reichlich einem Jahr gewesen und wusste, dass es Frauen an der Offiziershochschule gab. Dass Ralf von einer bestimmten erzählte, weckte jedoch unmittelbar ihr Interesse.
"Nein, Omsen, das hast du falsch verstanden. Wir sind nur befreundet."
"Nur befreundet, soso?! Aber ihr seid gemeinsam verreist oder?" Sie lächelte ihn erwartungsfroh an. Hatte er das etwa auch erzählt? Ralf dachte darüber nach, was das gute Essen ihm noch entlockt haben mochte. "Ja, Omsen, waren wir. Aber ich kenne sie gerade mal einen Monat und sie ist verlobt, denke ich. Also ja, ich mag sie. Aber sie ist nur eine gute Freundin." In seiner Stimme lag mehr Bedauern als ihm lieb war. Grossmütter haben für so etwas eine sehr feine Nase. Sie musterte ihn über den Rand der Brille hinweg. "Aber das war doch ein Urlaub, Junge? Man fährt doch nicht einfach so mit 'irgendeiner' Frau in Urlaub oder?"
Ralf wurde bewusst, dass er Grossmutter tatsächlich geschrieben hatte, er würde einige Tage Urlaub nehmen. Aus welchem Grund er diesen 'Urlaub' angetreten hatte, konnte er natürlich nicht erklären. Aber Omas belügt man nicht. Also gestand er ein "ähm, na ja … ja, so etwas in der Art."
Grossmutter taxierte ihn durchdringend. "Aber du magst doch Frauen oder?"
Ralf verschluckte sich, hustete fast den Rotkohl aus und trank schnell Apfelsaft nach, um mit erstickender Stimme zu röcheln: "Ja, Omsen, mag ich! Nur ist diese eine schon vergeben. Keine Sorge, du kriegst deine Urenkel noch früh genug." Er hustete wieder.
"Also ich habe da so meine Zweifel, Junge. Ich werde nicht jünger, weisst du." Sie verschwand in der Küche. Ralf atmete auf. Dieses Gespräch hatte eine ungewollte Richtung eingeschlagen. Er fühlte sich ausserdem so satt, dass er im Sitzen hätte einschlafen können. Er musste einfach besser aufpassen, was er erzählte. Immer, wenn das Gespräch auf mögliche Anwärterinnen zur Urenkelbeschaffung kam, wurde es unangenehm. Ralf wollte seine Grossmutter sicher nicht enttäuschen und Alpträume von Vorwürfen am Sterbebett bekommen. Es war einfach noch keine ernstzunehmende weibliche Bedrohung über den Weg gestöckelt, dachte er. Dann revidierte er seinen Gedanken und stellte erschrocken fest, dass das ja so nicht mehr stimmte, dass es sich vor einem Monat mit dieser Sybilla von einem Tag zum nächsten geändert hatte, ohne, dass er es gewollt hatte, aber auch ohne, dass er etwas dagegen tun konnte. Er kannte sie im Grunde gar nicht.
Trotzdem war sie ihm sofort vertraut vorgekommen wie … ja, wie eigentlich? Ralf überlegte. Er hatte aus heiterem Himmel jemanden, der ihm wichtig war. Sie wohnte weit weg, war vergeben und damit für ihn unerreichbar. Sein Dilemma war plötzlich nicht mehr, dass er keine guten Karten hatte. Nein, es war vielmehr, dass die Herzdamen in seinem Spiel entweder nicht aus Fleisch und Blut waren wie die bildschöne Frau in seinem Traum oder bereits unter der Haube. Er rieb sich das Gesicht mit beiden Händen.
"Ich hab dir Kaffee aufgegossen, Junge", drang es aus der winzigen Küche. Grossmutter schob den Vorhang, den sie anstelle der Tür hatte, beiseite, stieg die eine Stufe aus der Küche herab und trug ein winziges Tablett mit einer umso grösseren einzelnen Kaffeetasse und einem Ein-Tassen-Kaffeefilter in die Stube, stellte es vor Ralf auf dem Tisch ab, während Ralf Platz schuf und fragte beiläufig: "Wann stellst du sie mir vor?" Ralf sah sie fragend an. Grossmutter stieg in die Küche zurück, vermutlich um ein weiteres Glas Grog zu holen und setze nach: "Die Sybilla – wann stellst du sie mir vor? Kennst du ihren Verlobten? Ist der auch Soldat?" Es klapperte gedämpft, als sie Zucker aus einer Dose in das Glas schaufelte. Dann kam sie mit dem Glas und einem Löffel, den sie in der goldgelben dampfenden Flüssigkeit klingelnd kreisen liess, zurück.
"Warum soll ich sie dir vorstellen? Sie ist doch schon vergeben. Sie wird die Sache mit den Urenkeln nicht regeln können." Grossmutter beäugte ihn über den Dampf, bis ihre Brille beschlug. "Bring sie trotzdem mit, bitte! Vielleicht wird es ja doch etwas." Das hörte sich gar nicht wie eine Bitte an, fand Ralf. "Hast du ein Bild von ihr, Junge?"
"Nein, Omsen, hab ich nicht. Sie ist ja nicht MEINE Verlobte, sondern die eines Anderen." Grossmutter wirkte traurig. Ihre Augen wurden feucht. Ralf hatte das schon häufig bemerkt, wenn es um ihr lebendes Vermächtnis ging. Grossmutter traute ihm scheinbar nicht zu, das noch zu ihren Lebzeiten in den Griff zu bekommen. Also stiess er einen leisen Seufzer aus und lenkte ein: "Ich werde sie dir vorstellen!" Allerdings wusste er weder, was das bringen noch, wie er es anstellen sollte. Dafür aber lächelte sie wieder. "Ich pack dir dann den Rest für die Fahrt ein." Sie verstaute alles in zwei Campingdosen und einem Beutel. Der Abschied fiel ihm zunehmend schwerer je älter sie wurde. Er hielt sie lange im Arm: "Gut Omsen, wenn kein Krieg ausbricht, komme ich nächsten Sonnabend wieder her, ja? Ich war in der letzten Zeit viel zu selten da." Seine Grossmutter nickte brav, aber zweifelnd.
Von hier lief er die Viertelstunde bis zum Bahnhof. Er wandte sich um und ging los. Er war gerade am Tor, als sie hinter ihm herrief: "Junge, warte! Ich hab doch noch was für dich." Ralf blieb stehen und sah sie im Haus verschwinden. Wenig später tauchte sie mit einem bunten Knäuel wieder auf und tippelte ihm entgegen. "Den hab ich doch für dich gemacht." Sie hielt ihm einen Schal entgegen. Das war etwas, das seine Grossmutter richtig gut konnte. Wenn sie irgendwo Wolle fand, zauberte sie daraus alle möglichen Dinge, solche Sachen, die man selbst wohl nie gekauft hätte, sich aber freute, wenn man sie von jemandem bekam. Ralf bedankte sich, nahm den Schal und trabte jetzt etwas zügiger los. Der Zug würde nicht auf ihn warten. Er musste von hier nach Karl-Marx-Stadt, dort weiter nach Dresden, dann nach Arnsdorf und von dort nach Kamenz. Ein verpasster Zug bedeutete, wieder per Anhalter fahren zu müssen.
Jetzt sass er gegen die Waggonwand gelehnt in einem leeren Abteil mit dem Schal als Kopfkissen und einem schief sitzenden Kopfhörer seines Sony-Walkmans, der ebenfalls ein Geschenk seiner Grossmutter war und die Hälfte ihrer Rente gekostet haben musste und döste im Takt der Schienenstösse. Er hörte Beethovens 7. Sinfonie, ein Werk voller Energie und Selbstbewusstsein, Vaterlandsliebe und Zuversicht. Man musste sie nur einmal hören, um zu verstehen, warum sie eines seiner erfolgreichsten Werke war. Ralf verschaffte sie ein ums andere Mal eine Gänsehaut. Und es war ihm egal, wenn ihn andere deshalb seltsam fanden.
Er nahm eine junge Frau wahr, die zustieg, als der Zug in Flöha hielt und einen Platz suchte. Das kam ihm seltsam vor, weil ausser seinem Abteil alle anderen frei waren. Die Frau, etwas älter als er selbst, stand vor seinem Abteil und redete mit ihm. Er schaltete den Walkman aus und zog den Kopfhörerbügel beiseite. "Ja bitte?"
"Ist hier noch frei?" Eine an sich lächerliche Frage, fand Ralf. "Ja! Bitte!" Die Frau stellte ihre Reisetasche auf den Sitz, eine Handtasche daneben, legte ihren Mantel ab und hing ihn an den Kleiderhaken, nahm ihre Mütze ab und setzte sich Ralf gegenüber. Sie war hübsch, schlank, trug einen dreiviertellangen dunkelbeigen Rock, einen etwas helleren Rollkragenpulli im gleichen Farbton, ein Tuch um den Hals und schwarze elegante Stiefel. Ihre Mütze leuchtete wie ein roter Tupfer auf dem ansonsten recht bieder wirkenden Sujet. Ihr Haar war rotblond, ihre Augen funkelten in einem absolut nicht kalten Eisblau. Ihre Stimme war warm, leicht rau. Ralf beobachtete ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe – eine aussergewöhnlich schöne Frau. Sie wandte sich an sein Spiegelbild: "Was hören Sie da, wenn ich fragen darf?"
"Was? Wer? Ich?" Ralf griff zum Walkman. "Ähm, Beethovens 7te…" antwortete er in Erwartung der unweigerlichen Enttäuschung im Gesicht seines Gegenübers. Sie lächelte: "Wirklich?" Ralf liess ein gedehntes "jaaah … wirklich" hören. Ihr Lächeln wurde zu einem Strahlen. "Ich weiss, man soll nicht nach Äusserlichkeiten urteilen. Aber Sie erschienen mir wie ein Soldat oder Polizist. Und die hören meist keine klassische Musik" entschuldigte sie sich. "Ich bin Cellistin und Studentin an der Musikhochschule Dresden. Ich heisse Anja, Anja Schülke." Sie reichte ihm die Hand.
"Ehrlich, Ralf Ehrlich! Freut mich dich kennenzulernen, Anja!"
"Wohin bist du unterwegs?" Sie fragte nicht 'wohin fährst du' oder 'wo soll's denn hingehen', sondern 'wohin bist du unterwegs'. Ralf wusste nicht, wie er diese Frage ähnlich stilvoll beantworten sollte. Also sagte er nur: "Du hast Recht gehabt mit dem Soldaten. Ich bin auf der Rückfahrt nach Kamenz."
"An die Hochschule?"
"Ja! … Ja, ich bin Offiziersschüler."
"Ein Freund ist auch dort. Aber du wirst ihn sicher nicht kennen. Da sind ja nicht nur zehn Studenten. Dafür kenne ich Kamenz recht gut." Ralf ertappte sich dabei, wie er sofort Gefallen an dem Gespräch und dieser Fremden fand, als abrupt die Verbindungstür zum nächsten Waggon geöffnet wurde. Drei Kerle erschienen im Gang und grölten so laut, dass die Konversation mit Anja kurzzeitig erstarb. Er lächelte Anja entschuldigend an und verstummte. Die drei Gestalten schlurften vorbei und in den nächsten Wagen. Anja schaute ihnen hinterher: "Da können sie gerne bleiben." Ralf fing ihren Blick ein. "Warum so feindselig, junge Frau?" Sie hob halb abwehrend, halb entschuldigend die Schultern: "…lange Geschichte".
"Oh, ich mag lange Geschichten und hab gerade nichts anderes vor." Ralf schmeckte das Geplänkel fast so gut wie Grossmutters Rouladen. Er lächelte und sie erwiderte das Lächeln, liess ihren Blick auf seinen Walkman sinken und öffnete die Lippen. Aber bevor sie antworten konnte, erschien die Stampede aus bierschwangerer Gröllust erneut im Wagen, nur diesmal von der anderen Seite. Sie machte genau an ihrem Abteil halt und wie auf Kommando links um. Die drei starrten sie an. Einige Sekunden lang geschah gar nichts und Ralf erwog nachzufragen, was ihr Begehr sei. Der mittlere und schwerste Kerl, offensichtlich der Anführer, glotzte Anja und Ralf abwechselnd an. Dann fasste er mit beiden Armen die Stahlrohre zwischen Sitzbank und Gepäckablage und brüllte wie ein Gorilla "Dyyynaaamooo!". Offenbar war damit alles gesagt, was gesagt werden musste. Anja fuhr vor Schreck zusammen. Dem Kerl, der geschrien hatte gefiel das anscheinend. Ralf hatte ein mieses Gefühl, gab sich aber gelassen. Vielleicht würden sie einfach gehen, wenn er ruhig bliebe. Das taten sie aber nicht. Anja und Ralf waren die einzigen beiden Opfer in diesem Zug. Und denen galt es nun offenbar alle Aufmerksamkeit zu schenken. Ralf sah zu Anja. Ihre Augen waren schreckgeweitet, ihre Atmung beschleunigt. Sie wirkte wie ein verängstigtes Reh. Das war ihr ganz offensichtlich zu viel für den Moment. Für Ralf fehlte jetzt nur noch, dass sich der Silberrücken mit dem angelaufenen Gesicht mit beiden Fäusten vor die Brust trommelte. Die Kerle wieherten vor Vergnügen. Die würden nicht einfach gehen. Der Primat, der gerade den Brüllaffen gegeben hatte, hielt sich weiter an den Stahlrohren fest, schwang rhythmisch vor und zurück und glotzte Anja unverhohlen auf die sich deutlich unter dem Pulli hebende und senkende Brust und ihren Rock. Aus einem soziologischen Aspekt musste das interessanter Stoff für eine Verhaltensstudie sein. Anjas Panik war fast stofflich greifbar. Ralf konnte sich zwar keinen Reim auf eine derart heftige Reaktion machen, wusste aber auch, dass das nicht besser werden würde. Er atmete tief durch und wandte sich an Bonobo uno, wie er den Vorturner kurzerhand nannte: "Hallo Jungs, macht's euch was aus, meine Schwester und mich in Ruhe zu lassen? Es geht ihr nicht gut, wie ihr sehen könnt. Das würde uns sehr helfen. Danke!" Dann wandte er sich Anja zu und legte ihr wie selbstverständlich seine Hände auf die ihren und sah ihr in die Augen. "Anjuschka, nje bojsja. Vsjo budjet chorosho!" Sie hob den Blick, plötzlich völlig ruhig und erwiderte seinen Händedruck "snaju!"
In schlimmstem Sächsisch, aber deutlich artikuliert schrie Bonobo uno ohne Vorwarnung in ihre Richtung: "Verschiss'nes Russenbalg, ich sorge gleich dafür, dass du ruhig bist!" Dann wandte er sich Ralf zu: "Aber vorher krieg ich deinen scheiss Schal, Drecks-Chemnitzer!" Anja schien eine konkrete Ahnung davon zu haben, was gleich geschehen würde. Sie hielt Ralfs Hände und Blickkontakt, blendete alles um sich herum aus. Ralf sah demonstrativ erst zu Bonobo uno auf, dann zu seinem Strickschal. Grossmutter hatte ihn blauweiss mit Ornamenten gestrickt. Ralf verstand gerade so viel von Fussball, dass das wohl ein Schal in den Farben einer anderen Mannschaft als 'Dyyynaaamooo' sein musste. Die Farbwahl war von Omsen sicherlich absolut willkürlich. Sie verbrauchte die Wolle, die sich fand. Aber was kümmerte das die sichtlich alkoholisierten 'Sportfreunde'? Denen reichte das wohl völlig als Streitgrund aus. Ralf löste seine Hände von Anjas, stopfte den Schal in den Spalt zwischen Sitz und Wagenwand, drehte sich um und sah dem Vorturner ins Gesicht. "Der Schal ist ein Geschenk meiner Grossmutter. Von Fussball verstehe ich nichts. Tut mir leid! Ausserdem kann er euch ja nun nicht mehr stören, oder? Man sieht ihn gar nicht mehr. Wie wär's also, wenn ihr jetzt geht? Bitte!"
Davon hielten die drei anscheinend absolut nichts. Bonobo uno stach trotz erheblicher Leibesfülle mit einer unerwartet flinken Bewegung mit beiden Armen in Richtung des Schals nach vorn und stützte sich dabei mit der schweissigen rechten Hand, sicherlich nicht ganz unbeabsichtigt, auf Anjas linkem Schenkel ab. Die schrie auf. Dann griff er mit der linken Hand in Richtung Schal und riss dabei Ralfs Walkman zu Boden, stolperte leicht nach vorn zur Scheibe und stützte sich mit Mühe gegen das Schaukeln des Zuges, der in den nächsten Bahnhof einfuhr, am Fenster ab. Dann stiess er sich ächzend hoch und trat unverrichteter Dinge zurück. Sein linker Fuss zertrat dabei wie beiläufig den Walkman. Anja rannen Tränen über das Gesicht. Sie zog ihre Beine so weit, wie es möglich war, zur Wagenwand. Bonobo uno quittierte das mit einem schmierigen Grinsen. "Warte Zarte, wir haben gleich Spass zusammen, nur einen Moment noch. Dann darfst du mit richtigen Männern Zug fahren." Die Meute feixte glucksend. Ralf stand auf und stellte sich zwischen Anja und den Angreifer, griff mit der Linken zum Gepäckträger über Anja und mit der Rechten an Bonobos Jackenaufschlag und hielt ihn fest. Bonobo glotzte ihn ungläubig an. Ralf versuchte die Beherrschung nicht zu verlieren. Er hatte schon einmal nichts tun können, als drei Kerle mit einer jungen Frau 'Spass' hatten. Diesmal würde es nicht dazu kommen. Eher würde er den 'Spass' aus dem Fettsack herausprügeln. Laut sagte er: "Na gut, der Walkman war auch ein Geschenk. Meine Grossmutter hat dafür wahrscheinlich die Hälfte ihrer Rente geopfert. Wenn ich ihr wäre, würde ich jetzt gehen!" Dann liess er den Kerl los, der zurücktaumelte und von seinem Hintermann aufgefangen wurde. Bonobo uno ging aus dem Licht und liess seine Handlanger vor. Ralf war klar, was jetzt kommen würde – drei gegen einen. Seine Vorteile waren, dass sie ihn nicht einschätzen und in dem schwankenden Wagen und dem engen Abteil nicht sinnvoll gleichzeitig angreifen konnten. Aber angreifen würden sie. Der etwas schlankere Typ links vor Ralf spuckte auf den Boden, grinste in Anjas Richtung und dann schoss seine rechte Faust nach vorn. Ralf hatte sie erwartet, lehnte sich zur Seite und trat ihm ansatzlos ins Gemächt, riss ihn mit dem linken Arm nach vorn, hieb mit dem rechten Ellenbogen zwischen Schulterblatt und Schlüsselbein der rechten Schulter und stiess ihn in Richtung Bonobo. Ohne aus der Bewegung zu kommen, griff er mit beiden Händen in die Gepäckablagen, um sicheren Halt zu bekommen, schwang sich nach vorn oben und trat dem rechts vor ihm schwankenden anderen Kumpan beide Fersen vor die Brust. Der riss zwar die Arme hoch, fiel jedoch trotzdem nach hinten in das Nachbarabteil. Ralf löste den Griff von den Gepäckablagen, hielt sich vorwärtsgehend mit der rechten Hand an der Armlehne der Sitzbank fest und liess sich kurz mit dem vorderen Knie auf den Innenoberschenkel des gestürzten Mannes fallen. Als der sich schreiend aufbäumte, rammte er ihm die rechte Faust auf die Nase. Blut schoss auf den schwarz-gelben Schal, das Vereinshemd und die Hose. Der Kerl kippte nach hinten um und jammerte. Jetzt trat Bonobo uno zwischen den beiden hervor und setzte einen Schwinger zu Ralfs Kopf. Der wich zwar aus, schaffte es aber nicht ganz der Faust zu entgehen, geriet dabei nach hinten aus dem Gleichgewicht, als der Zug bremste und in Freiberg hielt. Der Ruck des stoppenden Zuges, liess jedoch auch Bonobo nach vorn kippen. Ralf drehte sich zur Seite und schickte eine linke Gerade in die Rippen von Bonobos rechter Seite und eine Handkante mit der rechten Rückhand zum Hals, die den Doppelzentner schwanken liess. Dann riss er den rechten Arm des fetten Kerls nach oben und trat mit dem Knie von unten gegen den Ellenbogen. Das war's: Drei zu null, drei saubere Tore, keins kassiert. Er selbst war unverletzt geblieben, hielt sich keuchend an der Gepäckablage fest und starrte auf das Trio herab. Plötzlich gab es Geschrei. Zwei Transportpolizisten stoben in den Wagen und brüllten herum – irgendetwas von 'halt' bis 'mitkommen'. In Dresden würde man sie zur Klärung des Sachverhalts übergeben. Sicherheitshalber setzten die beiden beflissenen Polizisten alle vier fest.
Ralf fluchte. Er würde seinen Anschlusszug verpassen. So viel stand fest. Wegen der Kerle machte er sich keine Sorgen. Anja hatte angeboten, mit ihm zu warten und eine Aussage zu machen. Jetzt wusste er, warum sie sich nach Gefährten umsah, wenn sie reiste. Ralf fragte sich, ob alles, was eben geschehen war, auch passiert wäre, wenn sie nicht so aussergewöhnlich hübsch aus allen anderen hervorstechen würde. Die beiden Wachtmeister hatten jedenfalls sichtlich Mühe, ihre Blicke unter Kontrolle zu halten.
In Dresden angekommen, veranstaltete man kein grosses Federlesen. Die Polizisten führten sie auf dem kurzen Weg in die Dienststelle der TraPo und knöpften sich jeden einzeln vor. Das Verhör, das sich 'Befragung' tarnte, erschien Ralf leicht tendenziös. Fragen wie 'Was störte Sie an der Fussballbegeisterung der drei Sportfreunde?' und 'Was veranlasste Sie, die Jungs mit einem mitgebrachten FCK-Schal zu provozieren?', erinnerten ihn daran, wo er hier war. Das war Dresden – Heimspiel für deren Mannschaftsfreunde. Brot und Spiele halfen nicht nur in den römischen Arenen, den Plebs bei Laune zu halten. Er war müde und wollte einfach nur noch weiter. Seine Bereitschaft zu kooperieren, war nach zwei Stunden erschöpft wie er selbst. Er durfte nach zwei Stunden und 15 Minuten wieder in die Nachtluft. Trotzdem war er ohne Chance auf einen Zug nach Arnsdorf vor dem nächsten Morgen. Zum Glück war morgen erst Sonntag. Als er mit seinem Rucksack ins Freie trat, wartete Anja auf ihn. Er war erstaunt und merkte nicht, dass er sie anstarrte. Sie wischte seine Erschöpfung und Resignation mit ihren strahlenden Augen beiseite. Sie hatte wirklich gewartet, auf IHN gewartet. So schlimm erschien ihm der verpasste Zug mit einem Mal nicht mehr. Vielleicht ergab sich ja eine Gelegenheit, mit ihr noch etwas zu Zeit zu verbringen, denn die hatte er ja nun im Überfluss. Anja streckte die Arme aus und hielt ihm etwas entgegen. Beim Verlassen des Abteils hatte sie die Reste des Walkmans, die Kassette und die schmutzig orangefarbenen Kopfhörerpolster nebst Bügel aufgelesen und in den Schal eingewickelt. Ralf war gerührt. Er atmete tief ein und aus, versuchte die Tränen zurückzuhalten. Sie gab ihm das Bündel, nahm seinen Kopf in ihre Hände und küsste ihn. "Echte Männer dürfen auch weinen." Sie streckte sich und legte die Arme auf seine Schultern: "Danke, dass du mich vorhin nicht allein gelassen hast!" Sie nahm ihn an der Hand "komm mit, Soldat!" und zog ihn bis zum Wohnheim hinter sich her. "Mein Zimmer ist nicht gross, aber gross genug für zwei. Meine Mitbewohnerin kommt erst Montag früh. Ich organisiere etwas zu essen und duschen kannst du dich auch."
Sie hatte nicht gelogen. Das Zimmer war gerade gross genug für zwei. Ralf war müde und roch männlich herb. Auf ihrem Weg über die Flure hatte sich niemand daran gestossen, dass Männerbesuch auf die Zimmer kam. Scheinbar war das hier normal. Ralf packte den Proviant seiner Grossmutter aus und zauberte damit ein erneutes und diesmal eindeutig gieriges Lächeln in Anjas Gesicht. "Erst essen oder erst duschen?" Sie sah fragend zu ihm auf. Ralf besah seine Hände und roch an seinem Hemd. "Ich muss erst duschen, wenn ich darf." "Du darfst! Warte!" Sie verschwand fast vollständig im Schrank und warf ihm ein Handtuch zu. Dann griff sie ein zweites Handtuch, das über der Heizung hing und deutete auf die Tür. "Seife ist schon im Waschraum. Komm mit!" Sie ging vor und spähte schnell nach links und rechts auf den Gang, winkte Ralf zu, lief zu einem der Waschräume und öffnete die Tür. "Der hat Duschen." Ralf folgte ihr. "Da kannst du die Sachen ablegen." Sie deutete auf einige Stühle. Ralf zögerte: "Sind wir im Frauen-Waschraum?" "Ja, aber heute und morgen sind hier ausser uns vielleicht noch zwei oder drei Bewohner. Keine Sorge, da kommt niemand und guckt dir irgendwas ab." Sie zwinkerte ihm zu. "Ich bin mal auf Toilette. Die Seife ist die in dem dunkelblauen Seifenbeutel mit der roten Schnur." Damit verschwand sie. Ralf zog sich langsam die Sachen aus und legte ein ordentliches Päckchen für eine schnelle Flucht zusammen. Dann tapste er barfuss in die Duschkabinen. Sauber war es hier jedenfalls. Am Spiegel gegenüber einer der Duschkabinen baumelte ein blauer Seifenbeutel mit roter Schnur. Ralf griff ihn und drehte das Wasser auf, öffnete das Ventil für heisses Wasser und genoss das reinigende Gefühl. Die Seife roch etwas fraulich, aber frisch und angenehm. Vielleicht war der Tag doch nicht so schlecht. Er seifte sich ein, schrubbte die Finger und wusch sich den klebrigen Geruch der Zugfahrt ab, dachte an diese seltsame, aber angenehme Begegnung und bemerkte ein Lächeln in sich aufsteigen. Er hörte auf das Rauschen des Wassers und erstarrte plötzlich. Er hörte patschende Schritte näherkommen. Verdammt! Er war ein fremder Mann, nackt im Frauen-Waschraum. Er schielte zum Spiegel gegenüber seiner Duschkabine. Er würde warten, bis nebenan die Dusche anging und sich dann aus dem Staub machen. Aber die Schritte kamen schnell näher. Und sie hielten genau auf seine Kabine zu. Auf dem vom Dampf angelaufenen Spiegel erkannte er nur einen Schemen, einen schlanken Schemen mit roten Haaren. Und schon stand sie in der Dusche nebenan, drehte das Wasser auf und streckte die Hand zu ihm aus, um sich die Seife geben zu lassen. Ralf hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Einfach gehen konnte er nicht, warten aber auch nicht. Sie half ihm aus: "Ralf, kannst du mir den Rücken schrubben?" Er schluckte. Na klar konnte er, nur hatte er mit der Frage nicht gerechnet. Er stieg verlegen zu ihr in die Kabine und nahm die Seife. Ralf versuchte sich zu konzentrieren und fragte sich gleichzeitig, wie er aus der Nummer wieder herauskommen sollte. Aber wollte er das wirklich? Ihre Schultern waren weich, ihr Rücken der einer klassischen griechischen Statue. Er fühlte, wie sie seine Berührungen genoss, wie eine sinnliche Reinigung, die Schmutz und Stress des Tages aus allen Poren spülte. Er bemerkte, dass ihn das alles nicht so kalt liess, wie er es sich wünschte, folgte ihren Konturen mit dem Seifenbeutel, begann, sie mit kleinen Bewegungen seiner Finger zu liebkosen, verlor sich in der Faszination, die er für die Harmonie ihrer Kurven empfand. Sie war ein Kunstwerk, das er mit sanften Pinselstrichen aus dem Dampf hob. Er konnte den Blick nicht von ihr lassen, nicht aufhören diesen Linien zu folgen. Er bemerkte, dass sich seit geraumer Zeit etwas in ihm regte, seine Lust auf diese Frau sich physisch manifestierte. Seine Erektion griff, ohne dass er etwas hätte dagegen tun können oder vielleicht auch wollen, tastend nach der weichen, verlockend nass glänzenden Haut ihres Pos. Er sog die Luft scharf ein und sah verschämt weg, weg von ihrem schlanken Rücken, weg von ihrem Po, weg von ihrer schmalen Taille und ihren Schenkeln, sah zur Seite in den Spiegel. Nur machte es das nicht besser. Sie streckte sich ihm entgegen, griff mit beiden Händen hinter sich zu ihm und hielt ihn fest, angelte mit ihren Händen nach der Seife und raunte: "Danke! Du bist dran!" Sie registrierte seine schlecht zu verbergende Erregung, drehte ihn schmunzelnd zur Wand der Dusche um und begann seinen Rücken einzuseifen, seine Arme, seinen Po, schmiegte sich an ihn und liess ihre Hände mit der Seife um seinen Körper gleiten. Sie wusch ihn gründlich, liess keine einzige Stelle aus, hängte die Seife an die Mischbatterie und genoss ihr Werk Zentimeter für Zentimeter, bis das Wasser abkühlte, weil der Speicher fast leer war und sie beide sich, verschwitzt aber glücklich, erneut waschen mussten. Niemand war gekommen während der ganzen Zeit, niemand ausser ihnen.
Sie trockneten sich ab, wickelten die Handtücher um die Hüften und tapsten in das Zimmer zurück. Das Essen war zum zweiten Mal kalt. Aber das störte sie nicht. Sie assen kalte, aber köstliche Rouladen, tranken und legten sich zueinander aufs Bett. Anja räkelte sich, satt und einigermassen zufrieden. Ralf fragte sie nach einer kleinen Narbe unterhalb ihrer Brust. Sie nahm seine Hand und legte sie auf das Narbengewebe. "Das war ein Messer. Ich war gerade 17, allein im Zug nach Dresden. In Klingenberg sind zwei Männer eingestiegen. Der eine wollte meine Bluse aufschneiden. Der andere hat festgehalten. Der Zug ruckte und der Kerl hat mich fast erstochen. Das war's schon. Seither fahre ich nicht gerne im Zug allein." Ralf verstand plötzlich ihre Reaktion auf die drei Gestalten. Er hob die Hand von der Narbe und fuhr mit dem Zeigefinger ihre Konturen ab, umrundete ihre Brüste und führte den Finger jeweils in immer kleiner werdenden konzentrischen Kreisen zu ihren Gipfeln: "Woher hast du gewusst, dass ich nicht dasselbe vorhabe?"
"Ich sehe das einfach. Du hast wie jemand ausgesehen, dem ich vertrauen kann." Sie streichelte seine Brust und seinen Bauch. "Du hast irgendwie ehrlich unschuldig gewirkt."
"Bitte?"
"Ja, auf eine sehr angenehme Art…, deine Augen. Du weisst schon." Sie kicherte. "Warum hast du vorhin Russisch gesprochen?" Ralf schnaubte. "Na ja, ich dachte, kultivierte Menschen können Russisch. Ich wollte mit DIR reden, nicht mit ihnen." Jetzt lachte sie auf: "… oh Mann, kultiviert also? Du hältst mich also für kultiviert, so so…" Sie hob den Kopf und lauschte: "Ralf?"
"Ja!"
"Hörst du das?" Sie deutete auf die Wand zum Nachbarzimmer. Nebenan stöhnte eine Frau sehr laut und ein Bett mit Stahlfedernauflage quietschte ein wirres Stakkato.
"Ja, ich hör's. Ich finde, das ist extrem rücksichtslos oder?" Er machte ein künstlich empörtes Gesicht und bemerkte ihre Hand, die sich unter seinem Handtuch zu schaffen machte. Sie sah ihn mit einer Mischung aus Lust und Gier an, rutschte über ihn, hauchte "das können wir besser…" und biss ihm sanft in die Unterlippe, küsste seinen Hals und glitt zu seiner Brust hinab. Ralf stoppte sie: "Ja, das können wir! Aber weisst du, ich kann bei dem Lärm nicht…", er fuchtelte mit den Händen neben ihrem Körper und gab sich den Anschein nach dem passenden Wort zu suchen, "entspannen." Er gab seinem Gesicht ein möglichst unschuldiges Lächeln.
"Was…?" Weiter kam sie nicht, weil er ihr den Finger auf den Mund legte, sie sanft neben sich bettete und von der Matratze rutschend zwischen ihren Schenkeln verschwand, seinen Kopf in ihren Schoss tauchte und ihre Hüfte mit den Händen fixierte. Sie umschlang ihn und vergrub ihre Hände in seinem Haar. Er hörte kein Klappern und kein Stöhnen mehr, zumindest nicht von nebenan. Als es später im Nachbarzimmer längst still geworden war, schwang sie sich auf ihn und liess ihn seine Müdigkeit und den vergangenen Tag vergessen. Ein nasses Bettlaken später waren sie auf das zweite Bett im Raum umgezogen. Sie lag neben ihm und hielt seine Hand auf ihrem Herzen. Er spürte das leise Tremolo, das ihren Atem immer noch begleitete und die Gänsehaut, die seine Finger begleitete, als er sie jetzt von ihrem Hals bis über die Lenden wie eine warme Brise durch ein fruchtbares Tal gleiten liess. So schliefen sie ein.
Als sie fast am Ende dieser Nacht durch ein lautes Geräusch auf der Strasse unter dem Fenster aus dem Schlaf gerissen wurden, erwachte er in ihren Armen und mit seiner Hand auf ihrem flachen Bauch. Sie legte ihre Hand auf seine und drehte sich leicht zur Seite: "Ich habe Appetit!"
"Worauf" fragte Ralf.
"Verrate ich dir beim Duschen." Sie kniff ihn in die Seite: "Komm!"
Sie liefen daraufhin ein zweites Mal in dieser Nacht zum Duschraum. Diesmal nackt mit den Badetüchern in der Hand. Hier war ohnehin so gut wie niemand. Und alle Anwesenden schliefen. Beim Einseifen stellte Ralf dann die Frage, die ihn die ganze Zeit umtrieb. "Bist du eigentlich noch allein? Und wenn ja, wie ist das möglich? Frisst du deine Beute nach dem Sex? Muss ich mir Sorgen machen?" Sie lachte so unbeschwert auf, dass Ralf einstimmte und für einen kurzen Moment völlig vergass, wo er hier war.
"Nein, Soldat! Ich fresse dich nicht! Obwohl…" Sie schmiegte sich an ihn: "Obwohl ich gerade wieder Appetit auf dich bekomme." Sie begann ihre Art ritueller Reinigung an ihm von Neuem, spann ihn wie eine äusserst attraktive Spinne in ein aus heissem Wasser und Seife, aus ihren Händen und ihrem Mund, aus Verlangen und Lust kunstvoll wachsendes Netz, aus dem es kein Entrinnen gab. Sie hielt ihn fest und küsste ihn auf die Brust, massierte ihn sanft und gekonnt und sah ihn dabei mit einem schelmischen Grinsen an. "Ich hab's nur normalerweise nicht so mit Männern." Ralf zuckte kurz zusammen, aber eher vor Lust als vor Schmerz. "Das merkt man dir nicht an" keuchte er. Ihr Lächeln mäanderte. Es wurde jetzt verlangend, beinahe verzehrend. Sie griff seine Hand und platzierte sie zwischen ihren Schenkeln. "Bei dir mache ich eine Ausnahme." Sie küssten sich wild, hemmungslos und unbefangen, erkundeten und lebten ihre Lust in dem von Dampf und Hitze erfüllten Raum aus und duschten dann erneut. Ralf befürchtete schon, dass seine Haut irgendwann schrumpelig werden könnte. Und er fühlte sich frisch und gleichzeitig erschöpft wie lange nicht mehr. Sie begleitete ihn zum Bahnhof und steckte ihm zwei Telefonnummern zu – eine von Zuhause und die des Wohnheims. "Falls du mal in der Nähe bist, nehme ich dir nicht übel, wenn du vorbeischaust." Dann verabschiedeten sie sich am Zug. Sie legte ihm die Finger auf die Lippen. "Küss mich nicht. Ein Abschiedskuss ist ein Versprechen. Du musst mir nichts versprechen."
Ralf stieg in den Zug und winkte ihr aus dem offenen Fenster zu. Sie ging neben dem anfahrenden Zug her "und wenn du mal einen Offiziersschüler triffst, der Alex heisst, sag ihm schöne Grüsse!"
"Was? Wer? Alex?", Ralf stutzte, "meinst du etwa den Kuttner?" Ralf rief laut gegen das anschwellende Fahrgeräusch an. Es war an Anja überrascht zu blinzeln: "Ja!"
Ralf schüttelte lächelnd den Kopf: "Ganz bestimmt nicht!" Dann rief er ihr nach: "Na gut, für dich mache ich eine Ausnahme!"
Er verlor sie aus den Augen und dachte während der gesamten Fahrt über sie und diese Nacht und Alex nach. Dann stellte er fest, dass er eine ganze Nacht nicht an Sybilla gedacht hatte und bekam postwendend ein schlechtes Gewissen und fragte sich, wieso das so war. Schliesslich hatte er ja nichts falsch gemacht. Sybilla war es doch, die verlobt war, nichts von ihm wollte und jedes Wochenende Sex hatte, wenn sie nicht in der Garnison war. Er wusste gar nicht, worüber er sich Gedanken machte. Anja war einfach über ihn gekommen. Und er hatte es genossen. Und sie sicher auch.
Jetzt war er bereit für die Strafe, die so sicher kommen würde wie der nächste Morgenappell.
Einer ritt in die Gezeiten. Einer sprang daraus hervor. Einer wird für immer bleiben. Einer bleibt für immer Tor.
Auf Anfang
Insgesamt zwei Wochen waren vergangen, seit Ralf nun wieder in Kamenz und wieder im alten Trott war, wenn er das so nennen durfte. Äusserlich war er ganz der Alte. Im Inneren peitschten ihn ganz andere Stürme. Vor vierzehn Tagen hatte er bei Sybilla angerufen. Sie war nicht zu Hause gewesen. Nach dem fünften oder sechsten Klingeln hatte stattdessen ein Mann abgenommen: "Ja bitte?!" Seine Stimme war weder alt noch jung gewesen. Ralf hatte trocken geschluckt und gestottert. "Entschuldigen Sie bitte! Ich wollte Sybilla sprechen." Die Stimme hatte gefragt, wer er sei. Ralf hatte mit roten Ohren vor dem Telefon gestanden und heiser "Ralf Ehrlich! Ich bin Ralf Ehrlich…" gesagt. Daraufhin hatte die Stimme die Sprechmuschel zugehalten und etwas in den Raum gerufen, das Ralf nicht verstanden hatte, um keine Sekunde später die Muschel wieder freizumachen und "Sybilla ist nicht da und kommt auch vor morgen nicht zurück. Kann ich etwas ausrichten?" zu sagen. Ralf hatte verneint und aufgelegt. Wahrscheinlich dachten Sybillas Eltern jetzt, denn wer sollte das schliesslich sonst gewesen sein, dass er ein verkorkster Idiot sei und keinen geraden Satz hervorbekäme. Er hatte den Kopf geschüttelt und sich in die Arbeit gestürzt, teils um zu vergessen, teils um die vergangenen Wochen aufzuholen.
Und dann gab es da diese Frau, die Anja hiess und die nicht Sybilla war. Mit ihr hatte er letztes Wochenende die anstrengendste, denkwürdigste aber auch die erregendste Nacht seines Lebens gehabt. Wenn er daran dachte, bekam er noch jetzt eine Gänsehaut. Und er hatte schlaflose Nächte ihretwegen. Entweder wachte er mit dem Gedanken an ihre Finger und ihre Haut, ihren Duft und ihr Stöhnen auf oder er schlief gar nicht erst ein, weil er an Sybilla und den 'Verrat' an ihr denken musste. Natürlich war das Quatsch. Niemanden konnte er 'verraten'. Trotzdem hatte er keine Ahnung, wie er ihr das sagen und vor sich selbst begründen konnte – verdammter Gefühlsmüll.
Alex war seit Polen nahezu jeden Tag mit ihm zusammen gewesen. Der Freund kam ihm verändert vor, erwachsener, etwas gealtert. Ralf hatte gemeint, in Alex' schwarzer Mähne ein graues Haar entdeckt zu haben. Jedenfalls war er ihm nicht von der Seite gewichen. Ein wenig von der Unbeschwertheit, von vor einem Monat, war wohl verflogen und würde auch nicht wiederkommen. Seine Seele taugte, so war es Ralf erschienen, nicht mehr so sehr als Landeplatz für Paradiesvögel wie vorher. Sie hatten gelacht, trainiert, gelernt und trotzdem war in den ohnehin dunklen Augen von Alex ein Schatten eingezogen, der immer dann zum Vorschein kam, wenn sie alleine waren. Und dann hatte Alex ihm gestanden, dass ein Major Kaiser ihn befragt und unter Druck gesetzt hatte. Ralf hatte aufgehorcht und nicht ganz unerwartet festgestellt, dass der Freund ihn selbst und Hauser im Blick behalten und nur Kaiser direkt Bericht erstatten sollte. Alex hatte bei seiner Beichte elend gewirkt und entschuldigend mit den Armen gestikuliert. Ralf hatte ihn kurz schmoren lassen, ein beleidigtes Gesicht gemacht, laut losgelacht, ihm dann auf die breiten Schultern geklopft und nur "willkommen im Spitzelklub" gesagt. Daraufhin waren sie zu "Herbert" gegangen und hatten auf die Spitzelrunde getrunken, Alex mit Bier, Ralf mit Kaffee. Alex wirkte danach so erleichtert, dass sie begannen sich verwegene Pläne auszudenken, was und wie sie wirre Berichte abliefern konnten. Das alles hatte etwas von "Spion und Spion" und sie erinnerten sich an das MAD-Magazin, dessen Lektüre natürlich nicht in jedem Fall der gewachsenen sozialistischen Persönlichkeit eines Offiziersschülers angemessen und schon gar nicht erlaubt war. Und Ralf hatte dem Freund die Grüsse von Anja ausgerichtet. Alex hatte ihn verwirrt angesehen und "welche Anja" gefragt. Ralf hatte das im Raum stehenlassen und sich zunächst einfach über den gewaltigen Stein gefreut, der ihm vom Herzen gefallen war. Scheinbar gehörte Alex' Loyalität ihm. Und er, Ralf, würde sie nicht enttäuschen.
So war er durch die beiden Wochen geschlittert, nur halbwach, nur halb dabei. Er machte sich Sorgen um Hauser und Sybilla. Von beiden hatte er nichts gehört. Kaiser hatte er keinen Bericht abgegeben und sich darauf berufen, dass er Hauser nicht getroffen habe. Damit war das Telefonat mit Kaiser auch schon erledigt. Ralfs Gedanken an Hauser und Sybilla waren es nicht.
An diesem Freitagmorgen, am 16. Oktober um 05:25 Uhr, trabte der UvD in Ralfs Zimmer, das er sich mit einem anderen Zugführer teilte und hielt neben dem "freundlichen" Weckruf einen Zettel für Ralf in der Hand. Ralf, der mit seinem Mitbewohner übereingekommen war, den Wecker auf fünf Minuten vor dem Wecken zu stellen, nahm den Zettel hellwach entgegen und ignorierte das süffisante Grinsen des UvD. Der gefaltete und an dem Knickfalz zusammengeklebte Zettel roch leicht nach Bergamotte mit einem Hauch Rose - Sybilla.
Ralf sprang auf und entfaltete das Papier, schaltete die Deckenbeleuchtung an und las im Stehen unter der Lampe begierig die wenigen Worte:
Hallo Ralf, können wir reden? – triff mich, letzte UE vor dem Mittagessen. Wir sind in der F1.13., ihr 2 Räume weiter. S.
Darunter war ein Kreis mit einem Grinsen und abstehenden Ohren gezeichnet – ein Äffchen. Ralf schmunzelte, faltete den Zettel zusammen, sprang seinem Kameraden hinterher und hastete zum Frühsport. Endlich hatte dieser Tag wieder einen Sinn, auch wenn er ihr diesen Befehlston abgewöhnen musste.
In der Pause vor der UE wartete er bereits vor der Tür. Er hatte seinen Zug mit dem Gruppenführer der ersten Gruppe bereits einrücken lassen und spähte den Flur entlang in Richtung F1.13. Er war aufgeregt – eine seltsam belebende und erfrischende Aufregung. Eigentlich wusste er nicht, was ihn erwarten würde. Aber zu wissen, dass es ihr gut ging, reichte ihm schon. Absolut unvermittelt stand Sybilla neben ihm, griff seinen Jackenärmel und zog ihn sanft mit sich zur Toilette auf der Etage, drückte ihn durch die Tür und hielt ihn nun mit beiden Händen an den Ärmeln in Ellenbogenhöhe fest. Ralf musterte sie, ihr seltsam unergründliches Gesicht. Dann lächelte sie, zog ihn an sich, küsste ihn auf die Wange und legte die Arme um seine Taille. Ralf stiess die Luft langsam aus und erwiderte die Umarmung.
"Einen kurzen Moment dachte ich, dass du mich ohrfeigen willst."
"Idiot! Warum sollte ich das tun?"
Ihm fielen gleich drei Gründe vom letzten Wochenende ein. "Du… du hast mir gefehlt" setzte er zögernd nach. "Wie geht's dir?"
"Es geht." Sie schmiegte sich an ihn. "Hast du heute Abend Zeit? Ich lad' dich in Jojos Wohnung ein?" Sie löste sich von ihm und blickte fragend zu ihm auf. "Ich koche auch?"
"Wann?" fragte er.
"Zum Abendessen? Ich hole dich um sechs ab?"
Ralf nickte, lächelte Sybilla zu und wollte gehen; schliesslich stand er mitten im Eingang der Frauentoilette und die Vorlesung begann in wenigen Minuten. Sie hielt ihn zurück, fischte etwas aus der Uniformjacke und reichte es ihm. Ralf griff zu und hielt einen Schlüssel in der Hand. Er runzelte die Stirn und blickte erst auf den Schlüssel und dann zu Sybilla.
"Das ist DEIN Schlüssel für Jojos Reich. Er will, dass du einen eigenen hast." Sie sah ihm prüfend in die Augen. "Was?"
"Wie … warum… was…Wann hast du mit ihm…?"
"Ralf, du musst dich mal für eine Frage entscheiden", unterbrach sie ihn linkisch. "Du gehörst jetzt zur Familie! Find dich damit ab." Sie zwinkerte ihm zu und huschte vor ihm durch die Tür, drehte sich noch einmal um und rief "um sechs!". Dann liess sie ihn stehen und lief zu ihrem Unterrichtsraum. An der Tür wartete bereits der Dozent. Ralf beeilte sich seine Vorlesung pünktlich zu erreichen. Er schlug die Tür in dem Moment zu, als der Dozent sich gerade am Pult erhob, nahm Haltung an und salutierte: "Genosse Oberstleutnant, Offiziersschüler Ehrlich meldet: Zug ist vollständig zum Unterricht angetreten." Der Offizier am Pult quittierte mit einem unangemessenen Grinsen und Ralf schoss die Röte ins Gesicht. Er wandte sich zum Zug um: "Rührt euch! Setzen!" und gesellte sich zu seinen Kameraden.
Alex war nach Dienst in sein Zimmer gekommen. "Sie ist wieder da, was?" Das war mehr eine Feststellung als eine Frage. Ralf, der am Spind nach etwas Brauchbarem zum Anziehen suchte, drehte sich zu ihm um. "Ja, sie ist wieder da." Er konnte seinen Augen und Lippen das Lächeln nicht verbieten. "Und bevor du fragst. Nein, ich habe keine Ahnung, was sie mit mir besprechen will." Er stöhnte und stopfte die Hose wieder in das ‘Privat’-Fach. "Mist, ich hab nichts anzuziehen!" Er sah den Freund hilflos an. Alex lachte laut los. "Na klar, die Diva hat nichts anzuziehen. …schon geschnallt! Komm mit! Überlass das dem Fachmann!" Er stiess die Tür zum Gang auf und bedeutete Ralf ihm zu folgen. Keine fünf Minuten und drei oder vier anzügliche Bemerkungen später war er in Jeans, Hemd, Halbschuhen und seiner Lederjacke auf dem Weg zum KDL. Alex Hemd war angenehm weit und für Oktober ausreichend warm. Allerdings roch es auch nach Alex Deodorant. Aber schliesslich schaut man einem geliehenen Gaul nicht unter das Vorzelt oder so. Sybilla stand bereits am KDL und unterhielt den Posten. Als Ralf eintraf, wandte sie sich ihm zu, griff seine Hand und zog ihn mit sich. Sie sagte jedoch auf dem gesamten Weg kein einziges Wort, hielt ihn nur fest und den Blick stur auf den Weg gerichtet. Vor der Haustür angekommen, öffnete sie wortlos und verschloss die Tür hinter ihnen, stieg die wenigen Stufen nach oben und schloss die Wohnung auf. Erst, als sie die Wohnungstür hinter sich verriegelt hatte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und flüsterte Ralf "in der Stube" ins Ohr. Ralf bekam jedes einzelne Mal eine Gänsehaut, wenn sie das tat. Jetzt stand sie vor ihm, legte den Finger auf die Lippen und tat geheimnisvoll. Er schürzte die Lippen, musterte sie kurz, tat wie geheissen und verschwand Richtung Stube. Sie folgte ihm, verschloss wieder die Tür hinter ihnen. Plötzlich flammte Licht auf. In dem dunklen Raum war es so unvermittelt hell geworden, dass Ralf die Augen zukneifen musste. Er blinzelte, um sich an das Licht zu gewöhnen. Hauser sass grinsend im Sessel neben der Couch und wartete geduldig, bis Ralf wieder sehen konnte, stand dann auf und kam auf ihn zu. Ralf hatte das Gefühl, ihn wie einen Geist anzuglotzen. Dann erwiderte er das schiefe Grinsen des Älteren und wollte ihm die Hand geben. Hauser schlug aus und schloss ihn in die Arme. "Schön, dass es dir gut geht, Junge!" Dann schnüffelte er an Ralfs Hemd: "Du hast dich für das Äffchen ganz schön rausgeputzt! Was ist das für ein Parfüm?" Er stand jetzt vor Ralf und hielt ihn mit beiden Händen an den Hemdsärmeln in Ellbogenhöhe. Das musste in der Familie liegen, dachte Ralf. Und er dachte daran, dass er keine Ahnung hatte, wie das Parfüm oder Deodorant hiess, weil es nicht seines, sondern das von Alex war. Laut sagte er: "…war ein Geschenk." Das war nicht wirklich gelogen, aber auch nicht ganz wahr. "Aber ich will nicht über mich reden, Achim. Wie ist es DIR ergangen … wenn du darüber reden darfst?"
Hauser wies auf die Couch und Sybilla verschwand in Richtung Küche. Ralf sah ihr nach. Hauser warf ein: "Sie kennt das alles schon. Und keine Angst, sie kommt wieder!" Ralf fühlte sich ertappt und suchte sich einen Platz auf der Couch, schaute Hauser fragend an und wartete. Der nahm eine Flasche Rotwein, goss Ralf und sich selbst ein, griff sein Glas und lehnte sich zurück. "Ich darf darüber reden." Er lächelte vielsagend. "Und selbst, wenn ich nicht darüber reden dürfte…" Er beugte sich nach vorn, stellte das Glas wieder ab und machte mit dem Zeigefinger der rechten Hand eine kreisende Bewegung. "Das hier ist ein recht gut gegen Abhören gesicherter Raum. Was hier gesprochen wird, bleibt auch hier." Ralf musste unwillkürlich daran denken, wie Sybilla kein einziges Wort auf dem Weg gesprochen hatte, sah Hauser ungläubig an und stellte die naheliegenden Fragen. "Warum sollte man dich abhören? Was ist passiert? Ist es wegen Polen?" Hauser schüttelte den Kopf. "Na gut, wie gut kennst du dich bei den Geheimdiensten aus, also unseren wie denen der anderen?" Ralf hob die Schultern und blies langsam die Luft aus. "Na ja, es gibt das MfS, den KGB, die CIA, das Nato Special Committee, den BND, MAD, Mossad und so weiter." Hauser hob eine Hand. "Gut gut, das reicht. Kennst du unseren militärischen N achrichtendienst?"
"Du meinst die Verwaltung 2000?"
"Nein, ich meine den militärischen Nachrichtendienst."
Ralf schüttelte den Kopf: "Nein, sagt mir nichts."
"Na dann…" Hauser rutschte auf dem Sessel nach vorn. "Die 'Firma' oder Verwaltung 2000 gehört zum MfS, ist eine eigene Diensteinheit und mit über 2.000 Mitarbeitern wahrscheinlich sogar die grösste. Ihr Chef ist Manfred Dietze, Generalmajor. Aber sie ist nicht der militärische Nachrichtendienst. Den gibt es auch. Er ist dem Ministerium direkt unterstellt. Chef ist Alfred Krause, Generalleutnant. Er hat auch etwas mehr als 2.000 Mitarbeiter. Seit Mai 1983 arbeiten aber beide bei der Militäraufklärung offiziell zusammen." Ralf verstand nicht, worauf Hauser hinauswollte. "Warum erzählst du mir das."
"…weil wir in das Getriebe gerutscht sind, Ralf. Die Leute, die uns auf der Strasse aufgelauert haben, gehören zum MfS. Sie hatten nur Krümel des Kuchens gefunden und die Reissleine gezogen. Unsere Absprachen mit SB und KGB kannten sie nicht. Das war eine rein militärische Angelegenheit. Jetzt sind sie sauer, dass wir Frasier so 'billig' hergegeben haben. Sie hätten ihn wohl gerne länger behalten. Die Freunde halten dicht, weil das MfS keinerlei Befugnisse hat. Der SB ist froh, dass er den 'Freunden' die lange Nase zeigen kann und wir sind aus dem Schlamassel mit einem blauen Auge herausgekommen. Niemand wird uns dafür zur Rechenschaft ziehen. Kurz gesagt sind die Einzigen, die formell seit 1983 ALLES wissen müssen, gleichzeitig die Einzigen, die absolut nicht wissen, was vorgeht. Und das macht sie furchtbar sauer."
Sybilla kam mit dem Essen. Es roch fantastisch und sah aus wie die Teigtaschen, die sie in Polen gegessen hatten. Dazu hatte sie allerdings eine Art Quark oder Sauerrahm gemischt. Ralf nickte anerkennend. Dann wandte er sich noch einmal Hauser zu: "Sie haben dich in die Mangel genommen, richtig?"
"Ja, haben sie." Hauser wirkte nachdenklich. "Wir machen zwar kein Waterboarding oder Verhör mit Elektroschocks wie die Amis, aber angenehm war es trotzdem nicht. Der V-Null weiss auch nicht, dass ich hier bin. Ich will euch nicht in Bedrängnis bringen." Er half Sybilla beim Verteilen der Teller. Ralf war viel zu benommen. "Was bedeutet das für dich, Achim? Kann ich helfen?" Hauser hielt inne und liess ein humorloses Lachen hören. "Ralf, du brauchst nicht MIR helfen. Ich komme klar. Ich überlege, wie ich EUCH da raushalten kann." Sybilla liess sich neben Ralf auf der Couch nieder und tippte Ralf an: "Lass mal! Ich hab das auch schon versucht. Jojo steht auf so Einzelkämpferscheisse." Sie warf Hauser einen vorwurfsvollen Blick zu. Der rollte mit den Augen, lief puterrot an und Ralf befürchtete, dass er jeden Moment den Deckel vom Dampfkochtopf riss. Aber Hauser war genauso schnell wieder unter Null, wie er auf 120 sein konnte. "Kinder, ich will nicht mit euch streiten. Aber ihr könnt mir im Moment nicht helfen. Alex Karin, mein Chef hat alles in seiner Macht Stehende getan, damit ich unbeschadet bleibe. Er holt mich zum Informationsdienst. Dort bin ich erstmal aus der Schusslinie."
Während des Essens sprachen sie kein Wort. Ralf dankte Sybilla und wollte abräumen. Aber sie kam ihm zuvor, drückte ihn in die Kissen zurück und meinte: "Der interessante Teil kommt erst noch."
"Welcher Teil?" Ralf musterte Hauser.
"…der Teil, in dem ich euch von einer Aufgabe erzähle, die ihr übernehmen könnt und die wichtig ist … wirklich wichtig." Dann erzählte er Ralf von einem Besuch, der bevorstand und den Befürchtungen, die der Mil-ND hat und davon, dass er Ralf und Kaiser brauchen werde.
Als Sybilla wieder zu ihnen stiess, liess sie sich wieder neben Ralf nieder, streifte die Schuhe und Socken ab, vergrub ihre Füsse wieder wie selbstverständlich unter seinen Oberschenkeln und meinte zu Hauser: "Keine Angst! Ich pass schon auf ihn auf! Er kann manchmal ganz schön begriffsstutzig sein, aber…" und dabei sah sie ihn von der Seite auf eine Weise an, die ihn für alles entschädigt hätte "…aber auf eine sehr männliche Art." Ralf war erstaunt über so viel Offenheit. Wenn Sybilla etwas zu entlocken war, dann nicht sehr viel, jedenfalls zu wenig, als dass ihn diese Freigiebigkeit nicht stutzig machen müsste. Was war los mit ihr? Was machte sie mit ihm? Benutzte sie ihn nur? Er bestaunte fragend ihre seltsam fürsorglichen Gesten.
"Soll ich rausgehen?" warf Hauser in den Moment. Beide schauten nahezu gleichzeitig zum Zerstörer des Augenblicks. Hauser hob die Schultern: "…wollte nur fragen."
Ralf räusperte sich. "Danke für den Schlüssel! Ich weiss nur nicht recht, ob das wirklich in Ordnung ist." Hauser winkte ab. "Ja, ist es. Du musst vielleicht mal raus. Ihr wollt vielleicht mal ungestört…" er tat, als suche er verzweifelt ein passendes Wort "…reden. Hier ist der richtige Ort. Hier stört euch niemand. Ich werde ab und an hierherkommen. Ich hinterlasse dann eine Nachricht in der Kompanie bei KC Rüdiger. Ich nutze einen simplen Code." Er erklärte ihn Ralf und setzte dann fort: "Macht alles wie immer. Ralf, du meidest fremde Frauen und meldest Kaiser. Äffchen, du versuchst Ärger aus dem Weg zu gehen. Ich melde mich bei euch."
Kurz nach Mitternacht verliessen sie Hausers Wohnung. Es war herbstlich kalt geworden. Sybilla drängte sich an Ralfs Seite. "Wie meinte Jojo das mit den 'fremden Frauen'?" Ralf war froh darüber, dass es Nacht und leidlich dunkel war. "…keine Ahnung!" Er öffnete seine Jacke und legte sie um ihre Schultern. Er fror seltsamerweise nicht, nicht in ihrer Nähe. "Was ist mit dir los, Sybilla? Was ist passiert? Du bist verändert? Ich mach mir Sorgen." Sie verlangsamte etwas und schaute ihn von der Seite an. "Gib mir ein Wochenende! Ich erzähl dir alles, versprochen! Ich will nur erstmal selbst damit klarkommen. Ist das in Ordnung für dich?" Ralf nickte nur und hielt sie ein klein wenig fester. "Du weisst, dass ich immer für dich da bin, oder – ich meine, egal, was du ausgefressen hast?" Sie kniff ihn in die Seite und schob ihn von sich. "Wer sagt, dass ich was ausgefressen habe? Lass mich in Ruhe, Idiot!" Die Botschaft war klar. Aber ihre Stimme hatte keinerlei Schärfe. Sie angelte theatralisch schmollend wieder nach seiner Hand und liess sie erst am KDL los. "Pass auf dich auf, Ralf. Wir sehen uns am Montag?" Sie küsste ihn auf die Wange und wartete. Er nickte nachdenklich. Sie lächelte ihr Sybilla-Lächeln und verschwand in der Nasskälte der Nacht. Die Sorgen blieben. Ralf hatte genug Stoff zum Nachdenken und fühlte sich wegen des letzten Wochenendes gerade noch elender. Trotzdem fiel er aufs Bett und in einen unruhigen Schlaf.
Er schlenderte nachts nur mit einer Unterhose bekleidet durch Kamenz. Die Strassenlaternen flackerten, als würden sie mit Petroleum betrieben wie vor 100 Jahren. Der Regenwind trieb Laub vor sich her. Die knorrigen Bäume am Strassenrand schienen ihn zu beobachten, zu verfolgen. Ihre Äste griffen nach ihm, strichen aber sanft und kein bisschen grob über Arme und Gesicht, schienen ihn vor dem Wetter bergen zu wollen. Er blieb bei einer alten Linde kurz vor dem Bahnhof stehen und liess sich von ihr umarmen. Er hatte keine Angst. Es war ihm vertraut. Die Linde fragte: "Was ist das für ein Parfüm?" Er wollte sagen: "Nicht meines, nicht meines", als sie ihn bereits knarrend kichernd wieder freigaben. Der Regen trieb davon und aus dem Baum gegenüber löste sich eine Gestalt. Sie blieb im Schatten und schritt auf ihn zu. Er kannte diesen Gang. Er kannte das Gesicht, das sich beim Näherkommen aus dem Holz schnitt. Das war sie. Er rief erstaunt "Ella?". Aber nur ein Ächzen verliess seine Kehle. Er schaute an sich herab und bemerkte, wie er selbst in dem Masse wie sie aus dem Holz Mensch wurde, vom Menschen zum Holz wurde. Er wollte das aufhalten. Aber er wusste nicht wie. "Lass los, Ralf! Hab Vertrauen! Du kannst nicht alles kontrollieren.
Und hältst du alles noch so fest, entgleitet es dir doch am Schluss, denn alles, was nicht bleiben WILL, am Ende dich verlassen MUSS."
Sie küsste ihn auf die Stirn wie eine Mutter ihr Kind küsst und alles Hölzerne fiel von ihm ab. Seine Arme und Hände, Beine und Füsse lösten sich aus dem Stamm und er trat ins Freie. Diese Frau sprach entweder gar nicht oder in Rätseln. Schlagartig setzte der Regen wieder ein, so stark, dass es ihm die Beine wegriss und ihn die komplette Thälmannstrasse hinabspülte bis zur Macherstrasse und in sein Zimmer. Er fuhr schweissgebadet aus dem Traum hoch. Der Wecker zeigte vier Uhr.
Es war wieder Sonnabend. In zwei Stunden fuhr sein Zug nach Hause. Er hatte den Besuch bei Grossmutter angekündigt. Und egal wie müde er war: Grossmütter belügt man nicht.
Die Suche ist der Sonne Zweck, die Suche nach der Ewigkeit. Doch war sie schon zu lange weg, wenn Winter ihre Spur verschneit.
Zweiter Versuch
Ralf quälte sich aus dem Bett und trottete in den Waschraum. Er füllte zwei Schüsseln mit eiskaltem Wasser, stellte sich in die Mitte des Raumes und erschlug die Müdigkeit mit 20 Litern Eiswasser, keuchte, registrierte die Gänsehaut und wiederholte den Vorgang. Sein Puls flog gerade an die Decke. Er schnappte nach Luft und musste unwillkürlich an Waterboarding und Hausers Vortrag von gestern denken.
Der UvD stiess unvermittelt die Tür auf: "Offiziersschüler Ehrlich, Telefon!" Ralf wickelte das Handtuch um die Hüften, schlüpfte in die Badelatschen und patschte in einer seltsamen Mischung aus Pinguinwatscheln und Flossenlauf zum UvD-Tisch. Er hob den Hörer ans Ohr: "Offiziersschüler Ehrlich am Apparat!"
"Warum so förmlich, Genosse Zugführer?" Sybillas Stimme drang aus der Leitung.
"Sybilla?" Ralf war genauso freudig überrascht wie erstaunt. "Du bist wach?" Der UvD hob eine Augenbraue.
Sybilla raunte: "Ja, bin ich … immer noch. Ich konnte nicht schlafen. Wollen wir zusammen frühstücken?"
"Ich muss in gut 90 Minuten am Bahnhof sein. Mein Zug fährt kurz nach sechs."
"Oh, du fährst heim. Entschuldige bitte, das wusste ich nicht. Na ja, dann vielleicht später, ich …"
"Warte Sybilla! Ich will heute zu meiner Grossmutter. Ich fahre abends wieder zurück. Morgen bin ich…"
"Wie? Du fährst morgens hin und abends zurück? Wie lange bist du da unterwegs, Ralf?"
"…etwas mehr als vier Stunden pro Fahrt." Er hörte sich selbst sagen: "Ich kann dir nur anbieten mitzukommen, wenn du willst. Grossmutter würde sich bestimmt freuen" und biss sich im selben Moment auf die Lippe. Was hatte er sich nur dabei gedacht. Er musste an sein Versprechen an Grossmutter denken, aber auch daran, dass er Sybilla nicht einfach einladen konnte, als sie bereits "ja, gerne, wenn du willst und ich dir nicht peinlich bin" erwiderte.
"Ähm, du willst? … du, du bist mir überhaupt nicht peinlich." Er hatte den Eindruck sie am Telefon lächeln zu hören: "Gut, ich muss 05:30 Uhr hier losgehen. Treffen wir uns am KDL? Wir können uns auf dem Bahnhof oder beim Bäcker frische Brötchen holen."
"Gut, ich freu mich. Bis dann!" Sie legte auf. Der UvD sah Ralf forschend an: "Absolut, 100 % Dienstgespräch, oder?" Ralf stand tropfnass, mit Handtuch um die Hüften und Badeschlappen am Tisch und besah sich die Spur, die er im Flur gelegt hatte. "Klar!" Er tapste in den Waschraum zurück. Keine fünf Minuten später stand der UvD erneut in der Tür. Ralf putzte Zähne, spülte seinen Mund aus und sprintete erneut zum Telefon: "Ja, Äffchen?"
"So weit sind wir schon?!" Eine Männerstimme begrüsste ihn, die Stimme Major Kaisers.
"Wie bitte?"
"So weit sind wir schon, dass sie mich bei Kosenamen rufen?! Major Kaiser hier!" Ralf biss sich zum zweiten Mal an diesem Morgen auf die Lippe. "Offiziersschüler Ehrlich am Apparat, Genosse Major!" Der UvD prustete los.
"Halt die Klappe, Böhmer!" fuhr ihn Ralf an.
"Wie bitte?" schnarrte es aus dem Telefon.
"Nicht Sie, Genosse Major!" Der UvD prustete erneut los und verschwand im Gang, um loszulachen.
"Was ist da eigentlich bei Ihnen los, Genosse Offiziersschüler?"
"Nichts, Genosse Major, Stubenreinigen, nur Stubenreinigen." Ralf brach der Schweiss aus allen Poren.
"Wie auch immer. Finden Sie sich umgehend in meinem Dienstzimmer ein! Uniform ist nicht notwendig. Es dauert nicht lange." Dann legte er auf. Ralf hörte den UvD noch im Gang lachen als er die Nummer von Sybillas UvD wählte. Sie brauchte keine zwei Minuten bis zum Telefon und keuchte: "Was ist los?" Ralf überlegte, was los war. Er hatte gerade Kaiser als Äffchen bezeichnet, ihm dann noch gesagt, er solle die Klappe halten, der UvD hielt sich den Bauch vor Lachen und sein Tag ging gerade den Bach runter. Er wandte sich vom UvD ab und flüsterte: "Kaiser hat mich in sein
Dienstzimmer zitiert. Er meinte zwar, dass es nicht lange dauern würde, aber damit schaffen wir den Zug nie. Tut mir leid. Wie auch immer hab ich danach Zeit, soviel du willst." Sybilla räusperte sich. "Du klingst traurig. Ist alles in Ordnung?" Ralf erklärte ihr kurz, dass er Omsens Geburtstag wegen Polen verpasst und ihr letzte Woche versprochen hatte heute zu kommen. "Ruf sie doch an, dass du morgen kommst, Ralf. Ich fahre gerne auch morgen mit dir dahin." Er konnte nicht glauben, dass sie wirklich mitkommen wollte – freiwillig - und musste lächeln. "Sie hat kein Telefon. Aber es ist in Ordnung. Ich kann meine Tante anrufen, das müsste…" Sie unterbrach ihn: "Warte! Ich hab eine Idee. Wann wirst du fertig sein mit Kaiser?" Ralf wusste es nicht. Ausserdem würde Kaiser wohl mit ihm und nicht umgekehrt fertig werden. Aber schliesslich war Sonnabend. Auch Kaiser würde nicht ewig machen wollen. "Rechne mit einer Stunde! Wieso?"