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Gundermann E-Book

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Beschreibung

Gerhard Gundermann war Baggerfahrer und Liedermacher, Genosse und Rebell, Offiziersschüler und Befehlsverweigerer, Spitzel und Bespitzelter. Ein Weltverbesserer, der es nicht besser wusste. Ein Zerrissener. Er drängte immer nach vorn und eckte immer an. Menschen wie ihn gibt es selten, aber überall.
Das Buch enthält viele bisher unveröffentlichte Texte und Fotos, Briefe und Erinnerungen, Dokumente und Interviews. Zugleich gibt es Einblick in die Entstehungsgeschichte des großen Kinofilms Gundermann, der noch einmal neu auf ein verschwundenes Land blickt. Es ist nicht zu spät dafür. Es ist an der Zeit.

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Seitenzahl: 252

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Andreas Leusink (Hg.)

GUNDERMANN

Von jedem Tag will ich was haben,was ich nicht vergesse …

Briefe, Dokumente, Interviews, Erinnerungen

Dieses Buch entstand in Kooperation mit dem

Theaterverlag henschel SCHAUSPIEL.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

www.dnb.de abrufbar.

1. Auflage als E-Book, August 2018

entspricht der 1. Druckauflage vom August 2018

© Christoph Links Verlag GmbH

Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin,

Tel.: (030) 44 02 32-0

www.christoph-links-verlag.de;

[email protected]

Cover: Nadja Caspar, unter

Verwendung eines Fotos von Andreas Höfer

(Gerhard Gundermann im Tagebau 1988)

eISBN 978-3-86284-428-9

Inhalt

Für die einen Stützen des Gedächtnisses, für die anderen Flügel der Fantasie

Andreas Leusink: Ein Vorwort

Sehnsucht nach einem Leben ohne diesen Druck

Conny Gundermann im Gespräch mit Birk Meinhardt

Szene

Aus dem Drehbuch zum Film von Laila Stieler

Lieber Vati!

Andreas Leusink: Der Umzug nach Hoyerswerda und die alle zermürbende Trennung der Eltern

Szenen

Aus dem Drehbuch zum Film von Laila Stieler

Ich mochte seinen Humor und dass er keinen falschen Respekt kannte.

Lutz Kerschowski: Sieben Jahre Zusammenarbeit mit Gundermann

Viel Arbeit für ein Lächeln

Ingo »Hugo« Dietrich: Unsere Zeit bei der Brigade Feuerstein in Hoyerswerda

Flötentöne raus, Gitarrenschub rein

Tina Powileit, Mario Ferraro, Sebastian Deufel und Jens Quandt im Gespräch mit Jürgen Balitzki

Szene

Aus dem Drehbuch zum Film von Laila Stieler

Die sieben Jahre als Genosse »Grigori«

Christiane Baumann: Akten, Einsichten und Fragen

Gundermann und seine Partei

Andreas Leusink: Ein Zwischenruf

Und dann diese Leere, diese Stille

Laila Stieler: Notiz über einen Besuch in Hoyerswerda im Jahre 2009

Meine Reue kriegt ihr nicht.

Laila Stieler im Gespräch mit Maxi Leinkauf

Teamfotos von den Dreharbeiten

Als ich das Drehbuch gelesen hatte, wusste ich, das ist mein Film!

Alexander Scheer im Gespräch mit Birk Meinhardt

Szenenfotos aus dem Film

Wir wollen die Deutungshoheit über unsere Biografien zurück!

Andreas Dresen im Gespräch mit Birk Meinhardt

Anhang

Autorenverzeichnis

Besetzung und Stab des Films GUNDERMANN

Danksagung

Rechtenachweis

Am Drehort: Tagebau Nochten, Herbst 2017

Für die einen Stützen des Gedächtnisses, für die anderen Flügel der Fantasie

Ein Vorwort von Andreas Leusink

Manchmal fallen mir ein paar musikalische Takte ein, ich erinnere mich an eine Zeile und suche nach dem Kontext. Das ist nicht immer einfach, weil Gundermann die sprachlichen Bilder oft wechselt, scheinbar wie es ihm gerade in den Sinn kommt. Eben noch »schickt dein Magen den Schnaps zurück« und in der selben Strophe »liegt [dein Herz] blank« »und dir fall’n die Tassen aus dem Schrank«. Es geht hin und her bei ihm und ganz woanders hin.

BRUNHILDE finde ich dennoch ein ganz zauberhaftes Lied. Besonders trifft mich der Moment, in dem die Gitarre einen überraschenden Akkord schlägt und der zweistimmige Gesang einsetzt »Und was sollte besser sein als so ein Abend im Frieden«. Ist mir diese Stelle wieder eingefallen, begleitet sie mich ein paar Tage, bevor sie erneut in den Hinterkopf geschoben wird, um sich einige Tage, Wochen, Monate später wieder langsam suchend aufzudrängen und für eine Weile in meiner Seele zu sitzen.

Heute werden an vielen Orten der Erde Konflikte geschürt, immer mehr und immer schneller. Und andere Menschen mühen sich, sie zu klären, aber das Tempo dieser Kämpfe ist sehr hoch. Und dann kommt so ein einfacher Satz daher: »Und was sollte besser sein als so ein Abend im Frieden.« Einfach und entwaffnend. Das finde ich wunderschön gelöst von Gundermann. Für mich ist BRUNHILDE ein zartes Liebeslied und ein starkes Lied vom Frieden in einer Nachkriegszeit.

In der veröffentlichten Studioaufnahme erklingen ganz am Anfang nur Bass, Gitarre und Klavier. Diese Phrase erinnert mich an die Vertonung von ILJA MUROMEZ der Berliner Gruppe Regenmacher, entstanden 1977 / 78 als Teil eines Konzertprogramms, für das Gundermann eine Reihe von Texten geschrieben hatte. Ilja Muromez war einer seiner mythischen Helden, ein alter, müder Kriegsmann, der »sein Herz in Eisen legt«, weil er die Armen verteidigen muss.

Lutz Kerschowski erzählt von jener Zusammenarbeit. Was in diesem Buch noch zu finden ist:

Die Arbeitsweise Gundermanns und der Brigade Feuerstein schildert Ingo »Hugo« Dietrich. Er war einer der wenigen langjährigen Freunde und Wegbegleiter Gundermanns. Dietrich berichtet sehr genau von den Anfängen in Hoyerswerda, vom Leben in der Stadt, und wir verstehen, welchen Lauf Geschichte hier und da nehmen kann. Eine engagierte Chorleiterin, die begabten Brüder Magister und noch ein, zwei gute Umstände, aus denen sich etwas Besonderes ergeben hat.

Conny Gundermann weist uns im Interview von Birk Meinhardt darauf hin, dass ihr Mann sich seine charakteristische melancholische Haltung erst sehr spät eingestand. Der wehmütige Ton in vielen seiner Lieder wurde sicher auch von den Erfahrungen seiner Kindheit gestimmt. Aus der Kenntnis einer ganzen Reihe von Dokumenten und Briefen habe ich in dem Kapitel »Lieber Vati!« versucht, die Familiengeschichte zu beschreiben. Dabei geht es insbesondere um die entscheidenden Jahre 1965 bis 1967, Gerhard Gundermann war damals zehn bis zwölf Jahre alt. Er ist ohne seinen Vater erwachsen geworden, vermutlich hat ihn auch das für die Anwerbung der Staatssicherheit empfänglich gemacht.

Über seine möglichen Motive schreibt Christiane Baumann. Und zwar aus der Erfahrung jahrelanger Recherchen zum Leben von Künstlern und Intellektuellen in der DDR und ihrem Wissen, wie das MfS deren Schaffen beeinflussen wollte. Sie versucht, Gundermanns »informelle Mitarbeit« einzuordnen und vor allem jenen Punkt zu beschreiben, an dem seine Beziehung zum MfS umschlug und er selbst zum Objekt der Kontrolle wurde. Baumann hat übrigens Teile der Opferakte Gerhard Gundermanns gelesen, die mehr als zwei Jahrzehnte verschollen schienen und nun endlich gefunden worden sind.

Die Beziehung zwischen Gundermann und der Stasi besitzt einen Kontext, dazu gehören seine Auseinandersetzungen mit Funktionären der SED. Manches davon ist bereits in der verdienstvollen Publikation GERHARD GUNDERMANN. ROCKPOET UND BAGGERFAHRER von Hans-Dieter Schütt erschienen. Wir konzentrieren uns folglich im wesentlichen auf zwei Details, die bisher kaum bekannt sind, eines davon ist Gerhard Gundermanns Brief an Horst Dohlus. Wer den Brief genau liest, kann seine Not verstehen. Wenn wir denn verstehen wollen.

Jürgen Balitzki hat vier Musiker zu einem Gespräch eingeladen: Tina Powileit und Mario Ferraro von der Seilschaft, jener Band, mit der Gerhard Gundermann in den neunziger Jahren lange Zeit zusammen aufgetreten ist, Sebastian Deufel von der Studioband, welche zahlreiche Titel von Gundermann neu eingespielt hat, und schließlich Jens Quandt, der gemeinsam mit Gundermann auf Tour gewesen ist. Jens Quandt ist auch der Music-Supervisor der Filmproduktion. Sie diskutieren unter anderem die Frage, warum das Filmteam sich für eine Neuaufnahme aller Songs entschieden hat.

Wir gehen ausführlich auf den Film GUNDERMANN ein. Die Drehbuchautorin Laila Stieler gewährt uns einen Einblick in ihre Arbeit. Wir drucken Recherchenotizen ab und einige ausgewählte Szenen. Im Interview von Maxi Leinkauf erfahren wir, wie sie die Filmfigur Gundermann geschaffen hat. Stieler berichtet von der Stoffentwicklung, von ihrer Recherche und der Beziehung zu Andreas Dresen. Beide haben bei einer ganzen Reihe von Filmen zusammengearbeitet. Gut befreundet und einander stark vertrauend haben sie ihre Vision von einem Film und ihre Sicht auf Gundermann und sein Leben in Hoyerswerda nie aufgegeben. Seit mehr als zehn Jahren habe ich Drehbuchautorin und Regisseur auf diesem Weg begleitet, der selten geradeaus führte. Aber manche Seitenpfade waren notwendig, um mehr und mehr herauszufinden, was eigentlich das Ziel ist und wie man wirklich dorthin gelangt.

Regisseur Andreas Dresen beschreibt in seinen Antworten auf die Fragen von Birk Meinhardt die Faszination von Gundermann, welche ihn die Mühen aushalten ließ. Wir erfahren, was Dresen all die Jahre motiviert hat, wie intensiv und aufregend der Dreh im Tagebau verlief und können begreifen, wie es ihm und seinen Mitstreitern seit nun mehr als drei Jahrzehnten gelingt, so außergewöhnliche Filme zu schaffen.

Und zuvor Alexander Scheer, der die Figur von Gundermann so unglaublich intensiv spielt, sie uns so genau darbietet. Der Schauspieler spricht darüber, wie Verhältnisse und Beziehungen 1989 und 1990 aufgebrochen sind, über seine Arbeit an der Volksbühne Berlin und wie am Ende der Film zu ihm kam, warum ihn diese Sache gereizt hat. Er behauptet: »So eine Rolle kriegst du kein zweites Mal.« In Gestik und Mimik ist Scheer nahe an Gerhard Gundermann. Birk Meinhardt erfragt diese ungeheure Annäherung des Schauspielers an seine Figur. So erleben wir alte Zeiten als kaum vergangene. Sie gehören zu uns.

Davon zeugen auch die zahlreichen Fotos, die hier veröffentlicht sind. Die Bilder von Andreas Höfer sind vor etwa dreißig Jahren entstanden, als er Gundermann eine längere Zeit begleitet hat. Höfer ist auch der Kameramann des Films. Die Aufnahmen vom Filmteam und von den Szenen stammen von Peter Hartwig, der auch Herstellungsleiter des Films war. Für die szenischen Fotos haben wir am Ende dieses Bandes zwischen zwei Interviews einen eigenen Block geschaffen. Da lässt sich ahnen, wie präzise Maske, Kostüm, Szenenbild und Regieteam gearbeitet haben.

Mit diesem Lesebuch möchten seine Autoren, Fotografen und der Herausgeber eine Biografie vorstellen. Ganz und gar nicht vollständig. Wie kann es anders sein. Und auch nicht zwingend chronologisch. Eher mäandernd, mal hier-, mal dorthin schweifend. Da stehen Briefe neben Erinnerungen, Dokumente neben Interviews, Fotos neben Berichten. Für die einen Stützen des Gedächtnisses, für die anderen Flügel der Fantasie. Daneben gibt es Lücken und Löcher. Die sind schnell bemerkt und nur langsam oder eben gar nicht zu schließen. Beispielsweise haben wir uns mit den neunziger Jahren nicht so intensiv beschäftigt, vor allem weil diese Zeit in anderen Publikationen und im Internet gut dokumentiert ist.

Gundermann zuzuhören, seiner Kindheit in Weimar und Hoyerswerda nachzuspüren, seine Sehnsucht nach dem verlorenen Vater zu ahnen, seinen ewigen Kampf zu verstehen, seinen glühenden Idealismus zu erkennen und seine an glücklichen Tagen rastlose Suche nach Liebe zu bemerken, mag unsere Neugier wecken auf einen Menschen aus unserer Nähe.

Conny Gundermann, Pfingsten 1977

Sehnsucht nach einem Leben ohne diesen Druck

Conny Gundermann im Gespräch mit Birk Meinhardt

Wir sitzen hier in Ihrer Wohnung in Prenzlauer Berg, in Berlin. Wann sind Sie weg aus dem Reihenhaus bei Hoyerswerda, in dem Sie mit ihm gewohnt haben?

Fünf Jahre nach seinem Tod, ich habe mich einsam gefühlt, dort mitten im Wald. Ich dachte in der Zeit nur immer, ich kann doch hier nicht fortgehen – bis ich begriffen habe, ich muss, ich schleppe den Gundi sowieso überallhin mit, ich verliere ihn nicht, bloß weil ich dieses Spreetal verlasse. Es ist einfach so: Bevor einer stirbt, weißt du nicht, woran später dein Herz noch hängt und woran nicht mehr. Zum Beispiel sein Fleischerhemd von den Auftritten, das habe ich leicht weggeben können, es ist ja auf jedem Foto zu sehen, ich brauche es nicht. Aber seinen Wohnungsschlüssel habe ich noch ewig bei mir gehabt.

Ich denke mir gerade, im Wald zu leben, hat zu ihm gepasst, aber im Reihenhaus?

Ich finde, es passte gut zu uns. Aber Gundi war auch zerrissen. Einerseits war er ganz weit offen, sonst hätte er ja auch nicht solche Lieder schreiben können. Und andererseits war er schon etwas unspontan. Wenn wir unterwegs waren, musste immer eine Mikrowelle mit, damit er sich seinen Schokokaffee warmmachen konnte.

Das ist aber zunächst mal nur ein Ritual.

Ja, er musste ankommen mit der Gewissheit, dass es dort auch gemütlich ist.

Was bedeutete denn Gemütlichkeit für ihn?

Nichts tun. Faul sein. Und das war ja auch logisch. Wenn er Frühschicht hatte, musste er um drei Uhr raus. Dazu die Konzerte, die Proben, er hat in der Regel nicht mehr als drei Stunden geschlafen, er hat immer am Limit gelebt. Und dann gab es, quasi zum Ausgleich, eben diese Trägheitsphasen. Die er aber auch nicht genießen konnte. Im Grunde ärgerte er sich schon während des Nichtstuns, dass er nichts tat.

Seine Programme, hört man, sind immer auf den letzten Drücker entstanden.

Im Kopf ist da vorher schon ganz viel passiert. Aber er war kein kontinuierlicher Arbeiter und damit auch kein Schreiber für die Schublade. Er brauchte einen Termin, und wenn er diesen Zeitdruck hatte, dann konnte er unheimlich produktiv sein. Dann war ihm jeder im Weg.

Sie und die Kinder durften partout nicht stören? Über Peter Handke geht die Geschichte, er habe seine Freundin geohrfeigt, weil sie in sein Arbeitszimmer getreten sei …

Um Gottes willen, nein. Gundi wollte nicht gestört werden, das stimmt schon, aber wir sollten bitte im Haus sein, er mochte unsere Stimmen und die Geräusche, die wir machten, um sich herum. Wenn die, also wenn wir nicht da waren, brachte er kaum was zustande. Ich erinnere mich, einmal hat er uns in den Winterurlaub gefahren, um zu Hause zu arbeiten, und als er uns nach einer Woche wieder abholte, hatte er nichts geschafft. Darum ist er, obwohl er überhaupt kein Winterurlauber war, das nächste Mal mitgekommen.

Zurück zu seinem Schaffensrhythmus, brauchte er das vielleicht, immer so am Rande der Erschöpfung zu arbeiten?

Glaube ich nicht. Er hat es nur nicht anders gekonnt. Die Sehnsucht nach einem Leben ohne diesen Druck war immer da. Ich weiß nur, von einem bestimmten Zeitpunkt an hat er sich gern in eine Melancholie hineinbegeben, in der er sehr schöpferisch gewesen ist.

Und der Zeitpunkt war?

Als er mit Silly zu arbeiten begann. Ich glaube, man merkt seinen späteren Liedern die Melancholie auch an, in der sie entstanden sind.

Aber sie war doch in ihm angelegt?

Richtig, nur hat er sie nicht gleich zugelassen. Als ich ihn kennenlernte, war er einfach ein Mensch, der sich zu schützen wusste, er hatte sich eine dickere Haut zugelegt und trug eine Fassade, an der man kratzen musste, um den wirklichen Menschen dahinter zu erkennen. Das hatte mit den Verhältnissen zu tun, aus denen er kam und von denen ich zunächst natürlich überhaupt nichts wusste.

Die Geschichte vom mehrmals türmenden Vater, erzählen Sie sie aus Ihrer Sicht, bitte.

Na, es war nicht nur der Vater, es war grundsätzlich verfahren: Die Eltern leben in Weimar, lassen sich dort scheiden. Die Mutter zieht mit den Kindern nach Hoyerswerda, der Vater bleibt, heiratet eine andere, lässt die fallen und trudelt erstmal wieder bei der Mutter ein, soweit alles bekannt wahrscheinlich. Aber wir haben nach dem Tod des Vaters den Briefverkehr zwischen ihr und ihm gefunden, und da ist zu lesen, dass sie, anders als sie’s uns gesagt hatte, diejenige gewesen ist, die gebeten und gebettelt hat: Ich komm mit den Kindern, möchtest du nicht auch und kannst du nicht doch, über die Kinder hat sie wieder Kontakt gesucht. Und wirklich kehrt er zurück zur Familie. Und anderthalb Jahre später passiert diese berühmte Sache mit der Pistole, der Vater, der im Krieg war, hat sie aufgehoben, der kleine Gundi findet sie im Keller, zeigt sie anderen Kindern, guckt mal, was ich hier habe, und die erzählen’s ihren Eltern, und die Eltern zeigen den Vater an, und der Vater kriegt Bewährung, und die Mutter lässt sich zum zweiten Mal von ihm scheiden.

Und das war der Moment, in dem der Vater sich ganz abgewandt hat?

Komplett. Der wollte von niemandem aus der Familie mehr was wissen. Die Mutter, die ja ein Gewerkschaftsheim geleitet hat, in das auch so Rentnergruppen kamen, erzählte uns, wie er einmal als Leiter einer solchen Gruppe dort erschien. Er ging wegen der Anmeldung ins Büro, gab ihr die Hand und sagte, Guten Tag, mein Name ist Gundermann. Und da spielte sie das Spiel mit und sagte, Guten Tag, mein Name ist auch Gundermann.

Das ist allerdings, wenn sie es erzählt hat, vielleicht auch wieder mit Vorsicht zu genießen, oder?

Vielleicht. Aber es deckt sich mit einer anderen Episode, bei der ich dabei war. Wir sitzen mit der Brigade Feuerstein in der Kneipe, und plötzlich raunt Gundi, mit dem ich damals noch nicht zusammen war, mir zu, da drüben, da sitzt mein Vater. Geh doch hin, sage ich. Aber er lehnt ab: Der will nüscht mit mir zu tun haben. Und der Vater erweckt wirklich die ganze Zeit den Eindruck, als kenne er niemanden in dem Raum.

Hat Gundi das gequält, oder hat ihn diese Abkehr des Vaters irgendwann kaltgelassen?

Er hatte mit alldem abgeschlossen – oberflächlich. Und in den Tagen vor und nach dem Tod des Vaters brach alles auf. Der Vater war ja mit einer Lungenentzündung in seiner Wohnung umgekippt, zwei Tage lag er dort, bis eine Freundin ihn fand. Er kam ins Krankenhaus bloß noch, um zu sterben, man suchte nach Verwandten, Gundi lief also hin. Er fand ihn aber nicht bei Bewusstsein, bei mehreren Besuchen nicht. Seltsam, sagten die Schwestern zu Gundi, der Mann hat doch noch manchmal lichte Momente, aber nie, wenn Sie da sind. Als er starb, hat er aber die Hand von Gundi genommen und gedrückt, und das hat Gundi viel bedeutet.

Es entstand eine gewisse Nähe zum Vater, als der tot war?

Ich würde sogar sagen, es entstand eine Art Verklärung, etwas Sentimentales. Was der Vater alles von ihm bewahrt hatte! Er hat ja in einer Ein-Raum-Wohnung gelebt, und Gundi kommt mit mir das erste Mal dort rein und sieht das Klappbett, auf dem er als Kind geschlafen hat. Und da die Lampe, unter der er Märchen vorgelesen bekommen hat. Und in den Schubladen lauter Zeitungstexte über ihn, den Sohn, nun kam erst richtige Trauer hoch, auch das Bewusstsein vom Verlust der Zeit. Einer Zeit, die er mit dem Vater nicht gehabt hat. Ich glaube, überraschend und wesentlich für Gundi war auch, dass er dort in der Wohnung Parallelen zu sich selber entdeckt hat, zu seinem eigenen Charakter. Gundi konnte ja nichts wegschmeißen, und der Vater eben auch nicht. Sie müssen sich mal vorstellen: Wir betreten diese kleine Wohnung, und da stapeln sich eine Wand hoch lauter Pakete, von Quelle und Otto, ungeöffnet, der hat eine gute Rente gehabt und sich mit schönen Sachen eingedeckt, und als sie bei ihm waren, haben sie ihn nicht mehr interessiert. Und noch so ein unvergessliches Bild: Die Badewanne ist bis zum Rand, ich übertreibe nicht, bis zum Rand voll mit Trabi-Ersatzteilen.

Elke Förster und Conny Gundermann, Berlin 1981

Wie war das Zusammenleben mit Gundi? Schwierig, so hochfahrend, wie er offenbar gewesen ist?

Conny und Gerhard Gundermann, Hoyerswerda 1983

Ach, das war der junge Gundi. Der ältere hatte viel mehr Geduld und viel mehr Geschick zum Ausgleich. Und man darf nicht vergessen, der junge Gundi war auch wirklich schon klug. Er musste doch immer warten, bis wir anderen kapierten, was er schon lange wusste, und da fehlte ihm als junger Mensch eben die Geduld. Ich habe es genossen, ihm zuzuhören, war auf Empfang eingestellt und konnte so viel von ihm lernen. Ich habe ihn wirklich sehr geliebt und auch etwas bewundert – was nichts daran änderte, dass ich ihm oft auch Kontra gegeben hab.

Wenn ein Lied geschrieben war, hat er es Ihnen zuerst vorgespielt?

Ja, er wollte meine Meinung wissen. Nur bei einem Lied war es anders, ICH KANN MICH NICHT ERINNERN, WARUM ICH GRAD BEI DIR HÄNGEN GEBLIEBEN BIN. Ich habe es das erste Mal im Konzert gehört, und es hat mich sehr verletzt.

Es ist doch ein großartiges Liebeslied.

Ich habe es an dem Abend nicht als Liebeslied empfunden. Die dritte Strophe, in der ja das Negative umgekehrt wird, jetzt biste weg, und jetzt kann ich mich erinnern, die konnte ich schon gar nicht mehr wahrnehmen. Ich habe nach den ersten zwei Strophen dicht gemacht, ich war der Meinung, alle um mich herum gucken mich an und denken, aha, das ist also die …

Und Sie dachten es ohne Einschränkung auch?

Wie denn nicht? Wenn er von drei Kindern und drei Katzen singt, und wir haben drei Kinder und drei Katzen? Hinterher habe ich ihm im Auto eine Szene gemacht, und er hat gegengehalten, es sei mein Fehler, alle Lieder eins zu eins auf uns zu beziehen. Er habe einfach eine Situation durchgespielt. Er war richtig erbost und enttäuscht über meine Reaktion. Aber wahrscheinlich hatte er die schon erahnt: Im Wissen darum, dass mir dieses Lied nicht gefallen wird, hat er es mir zuvor eben nicht vorgespielt.

Und heute ist es immer noch eines, das Sie nicht hören mögen?

Heute finde ich es wundervoll.

Reden wir vom nicht so Schönen, von seiner Stasi-Mitarbeit, wann hat er Ihnen von der erzählt?

Kurz vor unserer Heirat, die war 1983. Wir waren gerade endgültig zusammengezogen, und Gundi hatte eines dieser konspirativen Treffen. Er hat mir irgendwas gesagt, wo er angeblich hingeht, und ich habe es nicht hinterfragt. Hätte ich wahrscheinlich auch weiterhin nicht. Er hatte aber ein schlechtes Gewissen. Er sagte der Stasi, er könne mich nicht belügen, er müsse mir alles erzählen. Und da sagten die, dann müssten sie auch mit mir reden. Es kam so ein Typ, der belehrte mich, dass ich Stillschweigen über alles zu bewahren habe, und ließ mich das unterschreiben. Danach hat Gundi noch genau ein konspiratives Treffen gehabt. In dem hat er über Missstände im Tagebau berichtet.

Und wie war es für Sie, als er Ihnen beichtete?

Ich war überrascht und enttäuscht. Aber dann erklärte er mir, was seine Gründe gewesen waren, und die passten nun wieder zu ihm. Er wollte den Sozialismus, nicht kritiklos, er nun gerade nicht kritiklos, er wollte den Sozialismus verbessern und meinte, alle müssten wir zusammen anpacken. Die Stasi hat er da mit einbezogen. Er hat sie nicht als Gefahr erkannt. Und die Leute dort haben es auch clever angestellt. Sie erkannten schnell, dass ihm die Vaterfigur fehlt. Sie gaben ihm einen älteren Mann an die Seite, der genau diese Rolle ausfüllen sollte. Dieser väterliche »Freund« sagte ihm, da der Sozialismus unsere gemeinsame Sache ist, wäre es gut, du warnst uns, wenn Leute aus unserem Lager schwach sind, denn sonst kann der Gegner ja leicht an die ran; es ging vorrangig um unsere Westreisen, die wir als Brigade Feuerstein hatten. Und das entsprach auch sehr seiner Vorstellung, einer rettet die Welt mit Einfallsreichtum und Intelligenz. Er sah wahnsinnig gern Filme mit einem klugen, großen Helden im Mittelpunkt. So eine Revolutionärromantik. Die war bei ihm immer da.

Ein riesiger Widerspruch: einerseits sein romantischer Impuls, und andererseits sein kleinliches, man muss schon sagen, elendes Gepetze. Zum Beispiel hat er doch den Techniker der Gruppe angeschwärzt, weil der aus dem Westen Walkie-Talkies mitgebracht hat, der hätte in den Bau wandern können deswegen.

Der ist aber nicht in den Bau gegangen. Dem ist nichts passiert. Darum hat sich Gundi während der Zusammenarbeit ja bestätigt gefühlt, er hat gedacht, es kommt eben nur darauf an, wie man es der Stasi erzählt, wenn man’s so anstellt wie ich, dann beschützt man die Leute, dann kontrolliert man die Sache.

Hat er das wirklich geglaubt?

Ich denke, ja. Vielleicht hat er sich die Schutzfunktion auch nur eingeredet. Mir gegenüber hat er es immer betont. Ich muss auch noch mal auf seine Herkunft zurückkommen, auf diesen Funktionärshaushalt, in dem am wichtigsten das Land war, dessen Verteidigung mit allen Mitteln. Damit ist Gundi großgeworden, das hat er, zunächst, übernommen. Dass Menschen aufgrund seiner Berichte hätten ins Gefängnis wandern können, hat er lange nicht an sich rangelassen.

Und als er es dann doch tat?

Es waren hektische Tage damals. Er wurde fast zeitgleich von zwei verschiedenen Seiten mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Da war ein Journalist, der ein Fan von Gundi und auch von anderen Musikern war, und der beschloss, zu seinen Idolen Suchanträge bei der Gauck-Behörde zu stellen. Er schrieb Gundi, er wolle mit ihm reden. Gundi antwortete, kannst du, wenn du mir vorher die Akte schickst, damit ich wenigstens mal reinlesen kann. Und da war zweitens ein Sänger und Puppenspieler aus Cottbus, der in seiner Akte Gundi gefunden und ihn nach einem Konzert angesprochen hat: ob er der IM »Grigori« sei. Also diese beiden Geschichten flossen zusammen. Gundi hat die Akte überflogen und sich an Vivi Eickelberg gewandt, eine Managerin, die ihn gerade unter Vertrag nehmen wollte, die betreute zum Beispiel Herman van Veen und BAP.

Er klärte sie darüber auf, was mit ziemlicher Gewissheit an die Öffentlichkeit kommen würde?

Ja. Und sie hat schnell reagiert und ein Treffen mit Christoph Links organisiert, der ziemlich firm war im Aktenlesen, der las erstmal, und dann kam es zu diesem legendären Treffen in seiner Küche.

Waren Sie dabei? Warum legendär?

Weil der Abend absolut schieflief. Ich war mit Gundi dort. Wir saßen am Tisch, auf der einen Seite Christoph Links und Vivi Eickelberg, auf der anderen Seite wir beide. Die Fronten waren eigentlich schon vorher geklärt. Christoph Links ordnete ihm seine Akte ein, und Gundi schlug mit Worten um sich, er wollte das, was Christoph ihm vor Augen geführt hatte, nicht wahrhaben, und versuchte, seine Begründung zu liefern. Mensch, Gundi, stöhnte Christoph, so naiv kann man doch gar nicht sein! Aber Gundi hat immer weiter von Notwendigkeit und Schutz gesprochen, so kam es zum Streit. Ich weiß noch, dass an einem bestimmten Punkt Christoph Links ihn fragte, was denn die Menschen seiner Meinung nach hätten machen sollen, die nicht mehr in dem Land leben wollten. Einen ordentlichen Ausreiseantrag stellen, das hätten sie machen sollen, rief Gundi. Er fühlte sich in die Enge getrieben und fing an, laut zu werden, auch Christoph blieb nicht länger ruhig. Und da brach Vivi Eickelberg das Gespräch ab. Sie schrieb uns dann schnell, sie lehne eine Zusammenarbeit ab. Sie ist Jüdin, sollte man vielleicht noch wissen. Und nun die Stasi, die Wiederholung von Mechanismen, die Parallelen zu früher, sie schrieb, sie könne nicht über all das hinwegsehen.

Conny Gundermann als Schauspielerin in ZIRKUS OLYMPIA, Berlin 1981

Antwortete Gundi ihr?

Ich schrieb ihr zurück. Ich wollte ihr ein paar Sätze zu Gundi als Menschen sagen, ich kannte doch meinen Gundi, und darum war es für mich überhaupt keine Frage, dass ich ihm weiter vertraue. Weil ich seine Entwicklung hautnah mitbekommen habe. Die Stasi-Sache kam ja zu einer Zeit raus, als er längst ein anderer war. Aber nun wieder Vivi: Es ehrt dich, dass du ihn verteidigst. Das musst du auch tun. Doch letztlich sollte jeder die Verantwortung dafür tragen, was er verzapft hat, egal ob er sich, wenn die Sache publik wird, verändert hat oder nicht.

Gundi versuchte es, indem er Alexander Osang von der Berliner Zeitung anrief.

Wichtig für Gundi war, dass er selber mit seiner Enthüllung an die Öffentlichkeit ging und …

… Moment, der Druck war doch einfach zu groß geworden. Er hat sich nicht unbedingt aus freien Stücken bei der Zeitung gemeldet.

Sicher nicht, denn wir hatten ja vorher oft genug gesehen, wie so etwas in den Medien abläuft. Wenn es eine differenzierte und faire Aufarbeitung gegeben hätte, hätten sich bestimmt viel mehr getraut, ihre Mitarbeit zuzugeben. Für ihn ging es aber auch darum, aus dieser Geschichte doch irgendwie nach vorne rauszugehen. Er wollte weiter seine Lieder spielen, er musste, das war sein Leben. Er dachte, niemand werde ihn mehr hören wollen. Darum wohl auch dieser jahrelange Verdrängungsmechanismus, er hatte eine Riesenangst, nicht mehr seiner Leidenschaft folgen zu können.

Das Publikum reagierte eine Weile verhalten, keine Buh-Rufe und natürlich keine Welle der Sympathie; wie war es aber im Freundeskreis? Ist da was weggebrochen, aus einer viel näheren und vielleicht tieferen Enttäuschung heraus?

Gundi hat keinen seiner wirklichen Freunde verloren. Was damals aber passierte: In Hoyerswerda ist sein Name von der Homepage der Stadt entfernt worden. Hoyerswerda lebt ja vom Ruf her von seinen wenigen Berühmtheiten. Konrad Zuse ging in der Stadt aufs Gymnasium, Brigitte Reimann lebte ein paar Jahre dort. Und dann hatten sie eben Gundi. Als sein Name getilgt wurde, kamen viele Protestbriefe. Aber langsam ändert sich was. Es gibt eine rührige Kulturfabrik, in der das Erbe Gundis gepflegt wird, und der Chef sagte mir, die Stimmung wird immer weniger von der Stasi-Geschichte geprägt und immer mehr von dem, was Gundi an Liedern hinterlassen hat. Die Veranstaltung zu seinem 60. Geburtstag war innerhalb von zwei Tagen ausverkauft. Der Bürgermeister nahm teil, das war bei anderen Anlässen zuvor nicht der Fall. Und Gundi erscheint auch wieder auf der Homepage der Stadt, man schämt sich seiner nicht mehr.

Wie wichtig ist Ihnen das? Versuchen Sie in dieser Hinsicht, Einfluss zu nehmen?

Natürlich sehe ich es gern, aber mein Glück und meine Erinnerungen hängen nicht von solchen Entwicklungen ab. Ich verfolge sie aus der Ferne.

Könnte ein Schlusswort sein. Aber ich möchte noch über den Zusammenhang zwischen seinem Baggerfahren und seinem Tod reden, jedenfalls meine ich, einen Zusammenhang zu entdecken: So lange fährt er Bagger, und dann ist es aus damit, und es vergeht gerade mal ein Jahr und er stirbt.

Zunächst mal, Baggerfahren war wirklich seine Leidenschaft. Manche Leute haben ja geargwöhnt, es sei Koketterie von ihm gewesen, noch als ordentlich verdienender Künstler weiter Bagger zu fahren, nach dem Motto, das macht sich gut, das kommt prima an in der Öffentlichkeit. Aber diese Leute lagen völlig falsch. Er hat das Baggerfahren wirklich geliebt. Er saß in diesem Ungetüm und hat es bewegt und dabei den totalen, schönen Überblick gehabt, über Landschaft, Menschen, Maschinen.

Was meinen Sie, hat er beim Steuern des Riesendings Überlegenheit verspürt?

Er wollte keine Überlegenheit, über nichts und niemanden. Wenn ich sagte, er saß da und hat den großen Überblick gehabt, meinte ich eher: Es hat ihm innere Ruhe gegeben. Er hat auf diesem Bagger zu sich gefunden. Deshalb ist er dort auch sehr produktiv gewesen, produktiv im Sinne von: Er hat nachdenken können.

Musste er nicht höllisch aufpassen? So ein Gerät baggert doch nicht von selber.

Trotzdem, ein Tagebaubagger steht fest, es muss nur die Schaufel bewegt werden, und das war eine angenehme und doppelt nützliche Routine für ihn, ein Nährboden fürs Sprießen künstlerischer Ideen. Aber die eigentliche Frage war ja eben gewesen, ob er gestorben ist, weil er nicht mehr Bagger fahren konnte, und da würde ich nicht unbedingt mitgehen, sondern darauf zurückkommen, dass er immer am Limit gelebt hat und sich irgendwann nicht mehr genügend regenerieren konnte.

Er war damals Tischlerlehrling, hat ihn das mehr angestrengt als die Baggerei?

Das Tischlern selber nicht. Er fand, es passe zu ihm. Sein alter Betrieb hatte ihm und seinen Kollegen nach der Schließung der Tagebaue ja Berufsfindungskurse angeboten, in denen sie sich ausprobieren konnten, Gundi hat als Erstes das Maurern probiert. Dann kam irgendwann das Tischlern, und dabei schloss sich für ihn auch ein Kreis, denn das Tischlerwerkzeug, das hatte er von seinem Vater geerbt.

Was hat ihm Kraft geraubt, wenn nicht das Tischlern?

Der Umgang dort. Gundi wollte wirklich was lernen, während andere nur die Zeit absitzen wollten, die Zeit, in der sie gutes Geld bekamen.

Der Hennecke-Effekt?