Hamish Macbeth ist reif für die Insel - M. C. Beaton - E-Book
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Hamish Macbeth ist reif für die Insel E-Book

M.C. Beaton

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Beschreibung

Eigentlich will Hamish nur seinen Schnupfen auskurieren, als er die Einladung in ein Wellnesshotel auf der schottischen Insel Eileencraig annimmt. Seine Gastgeberin Jane dagegen bangt um ihr Leben und hofft, dass Hamish sie vor allem Arg beschützen kann. Kaum ist er da, gibt es tatsächlich eine Leiche. Allerdings musste nicht Jane ihr Leben lassen, sondern die schrecklich arrogante Heather. Verdächtige für die Tat gibt's unter der exklusiven Gästeschar genug - denn auch in der High Society tun sich erschreckende Abgründe auf. Einziges Problem für den schottischen Dorfpolizisten: Alle haben ein wasserdichtes Alibi ...

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Inhalt

Cover

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Über das Buch

Eigentlich will Hamish nur seinen Schnupfen auskurieren, als er die Einladung in ein Wellnesshotel auf einer Insel annimmt. Seine Gastgeberin Jane dagegen bangt um ihr Leben und hofft, dass Hamish sie vor allem Arg beschützen kann. Kaum ist er da, gibt es tatsächlich eine Leiche. Allerdings musste nicht Jane ihr Leben lassen, sondern die schrecklich arrogante Heather. Verdächtige für die Tat gibt‘s genug. Einziges Problem für den schottischen Dorfpolizisten: Alle haben ein wasserdichtes Alibi …

Über die Autorin

M.C. Beaton ist eines der zahlreichen Pseudonyme der schottischen Autorin Marion Chesney. Nachdem sie lange Zeit als Theaterkritikerin und Journalistin für verschiedene britische Zeitungen tätig war, beschloss sie, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Mit ihren Krimi-Reihen um den schottischen Dorfpolizisten Hamish Macbeth und die englische Detektivin Agatha Raisin feiert sie bis heute große Erfolge in über 15 Ländern. M.C. Beaton lebt und arbeitet in einem Cottage in den Cotswolds.

M.C. BEATON

Hamish Macbeth

Hamish ist reif für die Insel

Kriminalroman

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:Copyright © 1988 by M.C. BeatonPublished by Arrangement with Marion Chesney GibbonsTitel der englischen Originalausgabe: »Death of a Snob«Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, KölnTextredaktion: Dorothee Cabras, GrevenbroichUmschlaggestaltung: Kirstin OsenauTitelillustration © Arndt Drechsler, RegensburgE-Book-Produktion: two-up, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-7220-5

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.de

Für Jim und Barbara Hendry aus Golspie,Sutherland

Erstes Kapitel

Werft Scheite nach, der Wind geht arg,doch soll er heulen, wie er mag,wir feiern einen heiteren Weihnachtstag.

SIR WALTER SCOTT

Police Constable Hamish Macbeth war ein verzweifelter Mann: krank, ohne Freunde und kurz vor Weihnachten auch noch dem Tode nah.

So jedenfalls fühlte er sich.

Begonnen hatte das Elend mit dem Auftakt des schottischen Winters, der wild entschlossen schien, sämtliche Wissenschaftler zu blamieren, die von den Auswirkungen des Treibhauseffektes überzeugt waren. Wie viele andere in dem Dorf Lochdubh an der Westküste von Sutherland hatte Hamish sich eine dicke Erkältung eingefangen, mitsamt den unangenehmen Begleiterscheinungen wie einem glühenden Schädel, einer laufenden Nase, schmerzenden Gelenken und überbordendem Selbstmitleid. Obwohl er niemanden angerufen hatte, um ihm sein Leid zu klagen, erwartete Hamish wie jeder von Selbstmitleid Befallene, dass seine Freunde sich ihrer telepathischen Fähigkeiten bedienten und sich bei ihm meldeten.

Der einzige Lichtblick in dieser tiefen Finsternis war, dass er über Weihnachten nach Hause fahren würde. Seine Eltern waren auf einen kleinen Bauernhof nahe Rogart gezogen. Bald würde er dort sein und von seiner Mutter umsorgt werden.

Er lag eingemummelt im Bett, war hungrig und durstig, konnte sich aber nicht dazu aufraffen aufzustehen. Sein Hund Towser, ein gelblicher Mischling, lag ausgestreckt am Fußende des Bettes, schnarchte selig und offensichtlich so gleichgültig ob PC Macbeths Leiden wie der Rest von Lochdubh.

Der Sutherland-Wind war immer gnadenlos. Er hatte jedoch eine neue, finstere Intensität gewonnen, wie er über das mit dem Meer verbundene Loch Lochdubh heulte, zu Würgefingern geformten Schneegriesel herbeiblies und triumphierend pfeifend und dröhnend am Haus riss.

Plötzlich schrillte schneidend und hartnäckig das Telefon im Polizeibüro. Macbeth hoffte, dass niemand ein Verbrechen begangen hatte. Er fühlte sich zu krank für Ermittlungen, aber wenn er sich nicht selbst darum kümmerte, würde Sergeant MacGregor den weiten Weg von Cnotham kommen müssen, was unweigerlich darauf hinausliefe, dass der allzeit mürrische Sergeant sich umgehend bei den Vorgesetzten in Strathbane über Hamish beschweren würde. Also schlüpfte er in seine abgewetzten Pantoffeln und schlurfte elendig schniefend ins kalte Büro, um das Gespräch anzunehmen.

»Hamish«, erklang die Stimme seiner Mutter. »Ich habe schlechte Neuigkeiten.«

Ihm stockte der Atem. »Geht es euch gut?«, fragte er. »Ist etwas mit Vater?«

»Nein, nein, mein Schatz. Es ist wegen Weihnachten.«

»Was ist mit Weihnachten?« Hamish hatte das schaurige Gefühl, dass ihn das, was seine Mutter ihm mitteilen wollte, kein bisschen aufmuntern würde.

»Na ja, Tanta Hannah kommt den weiten Weg aus Amerika. Das hat sie uns erst in letzter Minute gesagt.«

Hamish packte den Hörer fester und unterdrückte ein Niesen. Tante Hannah war eine dicke, großmäulige Frau, die Hamish verachtete. Allerdings bedachte sie die weniger gut gestellten Macbeths mit Geld und Geschenken für Hamishs kleine Geschwister. Aber niemals für Hamish. Sie konnte ihn nicht ausstehen und wurde nicht müde, genau das sehr laut zum Ausdruck zu bringen.

Seine Mutter schlug einen bedauernden Ton an: »Verstehst du, Schatz? Nach allem, was Hannah für uns getan hat, und da sie jetzt den weiten Weg auf sich nimmt, um uns zu sehen …«

Es trat eine längere Pause ein.

Schließlich sagte Hamish matt: »Du willst, dass ich nicht komme.« Es war keine Frage.

»Ich wusste, dass du es verstehst. Und es ist ja nur dieses eine Weihnachten. Ich meine, du kannst uns über Neujahr besuchen, wenn sie wieder weg ist.«

»Ja, ist gut«, murmelte Hamish.

»Ich meine, du hast so viele Freunde in Lochdubh. Deine Stimme hört sich übrigens komisch an.«

»Ist eine Grippe«, antwortete Hamish, und an der Art, wie er – wie in den Highlands typisch – das »R« rollte, war deutlich zu erkennen, dass er aufgebracht war.

»Ach«, sagte Mrs. Macbeth mit der gebündelten Herzlosigkeit einer vielbeschäftigten Mutter, die eine große Familie versorgte, »du hast schon immer gedacht, dass du stirbst, wenn du mal einen kleinen Schnupfen hattest. Nimm Aspirin und leg dich hin.«

Wieder Stille.

»War sonst noch was?«, fragte Hamish so frostig, wie sich das Polizeibüro anfühlte.

»Nein, nein, das war alles. Tut mir leid, mein Schatz, aber du weißt, wie Hannah ist. Seit du ihr als Achtjähriger diese Maus hinten in den Ausschnitt gesteckt hast, ist sie nicht gut auf dich zu sprechen. Das neue Haus ist übrigens herrlich, wunderbar warm. Der Kamin zieht sehr gut.«

»Wann kommt Tante Hannah an?«, wollte Hamish wissen.

»Am zwanzigsten.«

»Falls ich dann noch lebe«, sagte Hamish steif, »komme ich vorher vorbei und bringe eure Geschenke.«

»Ja, das ist schön. Bis dann.«

Hamish schlurfte unglücklich zurück ins Bett. Keiner wollte ihn. Er war allein auf der Welt, würde sterben, und niemanden kümmerte es.

Ein lautes Klopfen ertönte von der Hintertür. Hamish nieste erbärmlich und blieb, wo er war. Towser hob träge den Kopf und wedelte ein wenig mit dem Schwanz. Nun wurde das Klopfen noch lauter, fordernder.

Hamishs Gewissen versetzte ihm einen Schubs. Er war der einzige Polizist von Lochdubh, das Wetter war grausam, und jemand könnte in Schwierigkeiten stecken. Ächzend stand er auf, warf sich einen alten Bademantel über die Schultern und trottete zur Küchentür.

Als er öffnete, wurde Priscilla Halburton-Smythe mit einem Schwall Schneegriesel hereingeweht.

»Ah, Priscilla höchstpersönlich«, sagte Hamish.

Priscilla war die Liebe seines Lebens gewesen, bis Hamish es leid geworden war, vergebens für sie zu schwärmen. Nun schlug sie die Tür zu und sah Hamish an.

»Mir ist klar, dass es hier schon in den besten Zeiten wenige Verbrechen gibt«, sagte sie streng, »aber es ist zwei Uhr nachmittags, und du kommst offensichtlich aus dem Bett.«

»Ich bin krank«, erwiderte Hamish wütend, »doch das interessiert dich ja nicht. Kein einziges Mal hast du angerufen.«

»Woher sollte ich denn wissen, dass du krank bist?«, fragte Priscilla. Sie blickte sich in der Küche um, wo der altmodische Holzherd kalt war und sich schmutzige Töpfe und Geschirr in der Spüle stapelten. »Hier würde jeder krank werden. Um Himmels willen, leg dich wieder hin, und ich räume auf.«

»Kannst du uns nicht einen Tee aufbrühen, dich an mein Bett setzen und mit mir reden?«, jammerte Hamish.

»Quatsch, du fühlst dich gleich viel besser, wenn hier alles blitzt und blinkt.« Priscilla strahlte eine nervöse Energie aus. Sie war dünn geworden und hatte ihr Haar zu einem unordentlichen Knoten aufgesteckt. Hamish war sicher, dass sie seit der Verwandlung von Tommel Castle, ihrem Elternhaus, in ein Hotel keine Sekunde mehr zur Ruhe gekommen war. Obwohl das Hotel ihrem Vater, Colonel Halburton-Smythe, gehörte, blieb die ganze Arbeit an Priscilla hängen. Und da das Anwesen exzellente Jagd- und Angelmöglichkeiten bot, herrschte selbst im Winter reger Betrieb. Priscilla kümmerte sich um alles, von den Bestellungen für Küche und Bar bis hin zur Beschwichtigung jener Gäste, die ihr Vater mit seiner schroffen Art beleidigt hatte. In erstaunlich kurzer Zeit hatte sie das Hotel zu einem erfolgreichen Unternehmen gemacht, dabei jedoch ihr vornehmes Auftreten und ihre Anmut eingebüßt. Neuerdings wirkte sie immerfort besorgt und bis zum Zerreißen angespannt.

Hamish kroch wieder ins Bett. »Was für ein Saustall!«, rief Priscilla aus, die ihm gefolgt war. »Hast du Towser gefüttert?«

»Nur ein bisschen Trockenfutter. Das mag er nicht besonders.«

»Mochte er noch nie. Er mag das, was wir essen, und das weißt du, Hamish. Komm, Towser.«

Der Hund sprang vom Bett und tapste Priscilla brav hinterher.

Hamish lag da und lauschte den Geräuschen aus der Küche, wo Priscilla die Böden schrubbte, Schränke auswischte und Geschirr spülte. Er fand, dass sie an seinem Bett sitzen und ihm über die Stirn streichen sollte, statt sich wie eine Art Gemeindeschwester aufzuführen.

Zwei Stunden später kam sie mit Eimer, Wischmopp und Staubtuch ins Schlafzimmer gestürmt. Sie schürte das Feuer im Ofen, das halb von kalter Asche erstickt war, gab Papier und frisches Holz hinein, und bald knisterte es munter. »Ich habe dir ein Bad eingelassen. Geh baden, während ich dein Bett frisch beziehe.«

»Ich bin zu krank zum Baden.«

»Geh schon«, befahl sie, »und hör auf, dir selbst so schrecklich leidzutun.«

»Habe ich mich beschwert?«, konterte Hamish mit gekränkter Miene.

»Du dünstest Selbstmitleid in solchen Mengen aus, dass die Bude schon davon überquillt. Los jetzt!«

Hamish begab sich eingeschnappt ins Badezimmer. Derweil riss Priscilla hastig die Bettbezüge herunter und ersetzte sie durch saubere. Sie wischte im Schlafzimmer Staub, saugte einmal durch und bereitete eine Thermoskanne Tee vor, die sie zusammen mit einem Becher auf Hamishs Nachttisch stellte.

Als er aus dem Bad kam, wartete Priscilla darauf, ihn wieder ins Bett zu stecken. Kaum dass er lag, zurrte sie die Decken um ihn herum so stramm, dass er sich wie in einer Zwangsjacke fühlte.

»In der Kanne ist Tee«, erklärte Priscilla, »und auf dem Herd ist ein Eintopf für heute Abend. Towser ist gefüttert.«

Hamish wackelte mit den Zehen, um die Decken ein wenig zu lockern. Das Feuer knackte lodernd, das Zimmer wirkte sauber und gemütlich, und aus der Küche wehte ein köstlicher Duft herbei. Hamish ging es schon ein bisschen besser.

»Ich verschwinde lieber«, erklärte Priscilla und seufzte. »Eigentlich wollte ich gar nicht so lange bleiben.«

»Danke«, sagte Hamish linkisch. Dann platzte er heraus, ehe er sich bremsen konnte: »Mein Gott, Mädchen, du bist schrecklich dünn!«

Priscilla setzte sich ans Fußende. »Weiß ich. Kaum zu glauben, aber bevor mein Vater das Hotel eröffnete, hatte ich schon überlegt, eine Diät zu machen.«

»Wenn er diesmal auf das Geld aufpasst, anstatt es irgendeinem Schwindler zu schenken« – hier zuckte Priscilla zusammen, denn besagter »Schwindler« war ihr Freund gewesen – »müsste er bald das Hotelschild abbauen und wieder privater Gutsbesitzer werden können.«

»Er genießt es so«, entgegnete Priscilla betrübt. »Für ihn ist es ein Riesenspaß.«

»Ja, ich habe ihn gesehen.« Hamish betrachtete sie mitfühlend. »Du reibst dich auf mit dem Management, den Buchungen und den Beschwerden, während er sich abends chic macht und den Hausherrn für die Gäste mimt. Dann trinkt er ein paar Gläser über den Durst, vergisst, dass die Leute bezahlt haben, und wird unverschämt, und du darfst sie wieder beruhigen.«

»Ich komme klar.«

»Das musst du nicht«, erwiderte Hamish. »Es läuft gut genug, dass er einen erfahrenen Hotelmanager einstellen und dir eine Pause gönnen kann.«

»Aber keiner könnte so gut mit den Gästen umgehen wie ich«, sagte Priscilla.

»Wenn der Colonel jemanden dafür bezahlt, dass er alles regelt, hält er sich vielleicht eher im Zaum. Nur weil du seine Tochter bist, behandelt er dich wie eine Magd.«

»So schlimm ist es nicht.« Priscilla stand auf.

»Tja, es war nett von dir, herzukommen und dich um mich zu kümmern.«

Priscilla wurde rot. »Ich wusste nicht, dass du krank bist, Hamish. Genau genommen hatte es einen anderen Grund.«

»Ach ja? Hätte ich mir denken können«, sagte Hamish verschnupft. »Raus damit.«

»Eine Freundin von mir wohnt gerade im Hotel und reist Ende der Woche ab. Sie hat ein kleines Problem und will nicht direkt damit zur Polizei gehen, falls du verstehst, was ich meine. Sie möchte bloß einen Rat. Könntest du mal mit ihr reden? Mir wäre es lieber, wenn sie dir erzählt, was los ist.«

»Ah, na gut. Bring sie morgen her. Wie ist ihr Name?«

»Jane. Jane Wetherby.«

Am nächsten Tag hörte der Schneefall auf, und es wehte ein wärmerer, böiger Wind vom Atlantik, der alles in Matsch verwandelte. Für wenige Stunden schien wässriges Sonnenlicht auf das aufgewühlte Loch, bevor, wie üblich für Nordschottland im Winter, gegen zwei Uhr nachmittags die Dämmerung einsetzte.

Hamish fühlte sich merklich besser. Er hatte einen Anruf von der Zentrale in Strathbane bekommen, um ihn daran zu erinnern, dass er Fahrer zu Alkoholtests stoppen sollte. Es war eine Aktion, die Fahren unter Alkoholeinfluss über die Weihnachtstage eindämmen sollte. Hamish jedoch kannte die Trinker im Dorf und löste das Problem, indem er ihnen im Pub kurzerhand die Autoschlüssel abknöpfte. Daher hatte er nicht vor, Zeit damit zu vergeuden, den Rest der Bevölkerung ins Röhrchen pusten zu lassen.

Er aß zu Mittag, fütterte seine Hühner, gab den Schafen vom Winterfutter und legte sich hinterher mit einem Buch wieder ins Bett. Priscillas Freundin hatte er vollkommen vergessen. Nach einem Glas Grog wurde er schläfrig, und ihm fielen bereits die Augen zu, als er einen Wagen vorfahren hörte.

Da fiel ihm Jane Wetherby wieder ein. Zum Anziehen war es zu spät. Also stand er auf, warf sich den Bademantel über und ging zur Küchentür. Ihm war bewusst, dass er nach Whisky und Wintergrün roch.

»Ich hole Jane später ab!«, rief Priscilla aus dem Hintergrund. »Bis dann!«

Hamish führte Jane in die Küche und starrte sie verblüfft an, als sie ihren Mantel auszog und ihn auf einen Küchenstuhl warf. Sie war eine hochgewachsene Frau und trug einen kurzen Hosenrock aus grellrosa Wolle, der ihre endlos langen Beine optisch noch verlängerte, und dazu hochhackige Sandalen mit dünnen Wildlederriemen. Ihre dünne weiße Bluse hatte einen tiefen V-Ausschnitt. Verwirrt blickte Hamish zum Küchenfenster hinaus, um sich zu vergewissern, dass das Wetter nicht plötzlich auf tropische Temperaturen umgeschlagen war. Dann sah er wieder zu Jane. Sie hatte dichtes dunkles Haar, sehr große graugrüne Augen, eine gerade schmale Nase und eine dünne, breite Oberlippe sowie eine vollere, dafür schmale Unterlippe.

»Sieh an«, sagte Jane, und es klang ein bisschen gehaucht, »Sie sind also der Dorf-Constable. Warum sind Sie nicht in Uniform?«

»Weil ich sehr krank bin«, antwortete Hamish gereizt. »Hat Priscilla das nicht erwähnt?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Kommen Sie mit durch«, sagte Hamish mürrisch. Er war dem Tode nahe, und Priscilla hatte es nicht mal ihrer Freundin erzählt? Schlagartig fühlte er sich wieder zittriger und kränker. Priscilla hatte den Kamin im Wohnzimmer fertig vorbereitet, sodass Hamish das Feuer nur noch anzünden musste.

Jane sank in einen Sessel und schlug die langen Beine übereinander. »Das Problem ist«, begann sie und lehnte sich plötzlich so weit vor, dass ihre Bluse vorn gefährlich aufklaffte, »dass Sie die Behandlung Ihrer Erkältung nicht richtig angehen. Es ist doch eine normale Erkältung, oder?«

Hamish, der mittlerweile im Sessel gegenüber saß, holte ein Taschentuch hervor und putzte sich aufwendig die Nase, was als Antwort genügen musste.

»Es findet alles in Ihrem Kopf statt«, sagte Jane. »Weil es so schrecklich kalt war, haben Sie gedacht, dass Sie einen Schnupfen kriegen könnten, und Ihre Psyche hat diese Botschaft dem Rest Ihres Körpers vermittelt, worauf Sie wirklich eine Erkältung bekamen. Legen Sie die Zeigefinger an die Schläfen und sprechen Sie mir nach, sehr konzentriert: ›Ich bin nicht erkältet. Ich bin fit und gesund.‹«

»Blödsinn«, entgegnete Hamish verärgert.

»Na also«, meinte Jane triumphierend. »Sie haben mir eben bestätigt, was ich mir schon dachte.«

»Dass Sie Blödsinn reden?«, fragte Hamish frech.

»Aber nein. Dass Sie erkältet sein wollen, damit alle Sie bemitleiden.« Jane lehnte sich zurück und überkreuzte die Beine andersherum.

Verlegen blickte Hamish zur Decke. »Was sind das für Schwierigkeiten, in denen Sie stecken?«, fragte er den Lampenschirm. Er fand diese Sache mit den langen Beinen angsteinflößend.

»Ich glaube, dass jemand versuchen könnte, mich umzubringen.«

Hamishs braune Augen fixierten sie. »Haben Sie etwa noch jemandem gesagt, wie er seine Erkältung loswird?«

»Bleiben Sie ernst. Nun, vielleicht bilde ich es mir ein, aber vor ein paar Tagen fiel ein Stein dicht neben meinem Kopf herunter, und dann war da die Sache mit dem Boiler. Ich hatte mir ein Bad eingelassen und wollte gerade hineinsteigen, als das Heizdings von der Wand und direkt in die Wanne krachte. Ich habe einen Handwerker gerufen, und der sagte, dass sich der Boiler wahrscheinlich nur gelöst hat, weil der Putz feucht war.«

»Haben Sie überlegt, die örtliche Polizei zu verständigen?«

»Der örtliche Polizist ist Sandy Ferguson. Haben Sie je von ihm gehört?«

»Ja«, antwortete Hamish. Ihm fiel der erinnerungswürdige Tag in Strathbane ein, an dem Sandy Ferguson, betrunken wie immer, Detective Chief Inspector Blair mitgeteilt hatte, was er von ihm hielt, worauf man ihn auf die Hebriden strafversetzt hatte. »Sagen Sie nicht, Sie wohnen auf Eileencraig!«

Jane nickte.

»Fangen Sie lieber von vorne an«, bat Hamish.

Jane Wetherby betrachtete den dünnen rothaarigen Constable in dem alten Bademantel skeptisch und schien zu einem Entschluss zu gelangen. »Ich betreibe ein Wellness-Institut, The Happy Wanderer …«

»Ach, du Schande«, murmelte Hamish.

»The Happy Wanderer«, wiederholte Jane streng, »auf der Insel Eileencraig. Zum Wellness-Programm gehört flottes Gehen. Nach meiner Scheidung vor zwei Jahren beschloss ich, mich selbstständig zu machen. Es läuft ziemlich gut. Wellness ist sehr angesagt. Ich bringe den Leuten nicht nur bei, wie sie einen gesünderen Körper bekommen, sondern auch, wie sie ihre innersten Empfindungen wahrnehmen. Verstehen Sie, was ich Ihnen sagen will?«

»Ungefähr.«