Hamish Macbeth riecht Ärger - M. C. Beaton - E-Book
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Hamish Macbeth riecht Ärger E-Book

M.C. Beaton

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Beschreibung

Dem schottischen Dorfpolizisten Hamish Macbeth stinkt's gewaltig. Ein unheimlicher, selbst ernannnter Gypsy hat einen rostigen Van einfach mitten in Lochdubh abgestellt. Hamish kann den Ärger bereits förmlich riechen - und liegt wieder mal genau richtig. Medikamente verschwinden aus der Arztpraxis, Geld kommt abhanden, ehemals freundliche Nachbarn verhalten sich plötzlich so gar nicht mehr nachbarschaftlich, und die Lage eskaliert! Hamish hat alle Hände voll zu tun ...

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Über dieses Buch

Dem schottischen Dorfpolizisten Hamish Macbeth stinkt’s gewaltig. Ein unheimlicher, selbst ernannnter Gypsy hat einen rostigen Van einfach mitten in Lochdubh abgestellt. Hamish kann den Ärger bereits förmlich riechen – und liegt wieder mal genau richtig. Medikamente verschwinden aus der Arztpraxis, Geld kommt abhanden, ehemals freundliche Nachbarn verhalten sich plötzlich so gar nicht mehr nachbarschaftlich, und die Lage eskaliert! Hamish hat alle Hände voll zu tun …

Über die Autorin

M.C. Beaton ist eines der zahlreichen Pseudonyme der schottischen Autorin Marion Chesney. Nachdem sie lange Zeit als Theaterkritikerin und Journalistin für verschiedene britische Zeitungen tätig war, beschloss sie, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Mit ihren Krimi-Reihen um den schottischen Dorfpolizisten Hamish Macbeth und die englische Detektivin Agatha Raisin feiert sie bis heute große Erfolge in über 15 Ländern. M.C. Beaton lebt und arbeitet in einem Cottage in den Cotswolds.

M.C. BEATON

Hamish Macbeth

Hamish riecht Ärger

Kriminalroman

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Für die Originalausgabe:Copyright © 1993, 2009 by Marion ChesneyTitel der englischen Originalausgabe: »Death of a Travelling Man«Originalverlag: Grand Central Publishing, Hachette Book Group

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2020 by Bastei Lübbe AG, KölnTextredaktion: Dorothee Cabras, GrevenbroichUmschlaggestaltung: Kirstin OsenauUnter Verwendung von Motiven von shutterstock: © V_Sot_Visual_Content | TashaNatasha | Vasya Kobelev und © Arndt DrechslerE-Book-Produktion: two-up, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-9458-0

www.luebbe.dewww.lesejury.de

Für Sacha MooreIn Liebe

Erstes Kapitel

Des Morgens erhebt vom Schwefelbett sichDer Teufel im ersten Lichtund sieht nach seinem kleinen Hof, der Welt,wie es dort wohl um sein Vieh bestellt.

ROBERT SOUTHEY

Police Sergeant Hamish Macbeth sollte jenen schönen Frühlingstag nie vergessen.

Es war der Tag, an dem der Teufel nach Lochdubh kam.

Hamish schlenderte in dem winzigen Highland-Dorf am Ufer entlang und freute sich, einen Moment seinem effizienten Untergebenen zu entkommen, Police Constable Willie Lamont, einem Bluthund auf zwei Beinen. Obwohl seine Beförderung zum Sergeant mehr Gehalt bedeutete, hatte sie ihm leider auch diesen übereifrigen Polizisten beschert, der Hamishs beschauliches Leben und Heim empfindlich störte. Obendrein war Willie ein Sauberkeitsfanatiker, und Hamish war es leid, immerzu Desinfektionsmittel zu riechen.

Es war sonnig und warm, was im März in den Highlands selten vorkam. Schnee glitzerte auf den zwei Berggipfeln, die sich über dem Dorf erhoben, und Loch Lochdubh lag ruhig und glatt in der Morgensonne. Torfrauch stieg aus den Schornsteinen der Cottages auf, und Möwen gingen in den Sinkflug und tauchten ins Wasser ein.

Dann sah Hamish ihn vor dem ehemaligen Lochdubh Hotel, das immer noch zum Verkauf stand. Es war ein alter, verbeulter Bus, der zu einem Wohnmobil umgebaut war. Irgendwann war der Wagen wohl in psychedelischen Farben bemalt worden, aber die waren längst zu Pastelltönen verblasst und von braunen Roststreifen durchzogen.

Hamish ging hin und klopfte an die Tür, die sogleich aufgerissen wurde. Ein hochgewachsener Mann lächelte Hamish von oben an. Er war unglaublich gut aussehend, hatte pechschwarzes Haar mit einem spitzen Ansatz auf der Stirn und grasgrüne Augen ohne den kleinsten Sprenkel von Braun. Sein Gesicht und seine Arme waren goldbraun gebrannt. Er trug ein blau-weiß kariertes Hemd und eine Jeans, die sich an seine langen, muskulösen Beine schmiegte.

»Hier dürfen Sie nicht parken«, sagte Hamish und fragte sich, warum er diesen gut aussenden Mann auf Anhieb so wenig leiden konnte.

»Ich bin ein Nichtsesshafter«, antwortete der Mann in sehr kultiviertem Englisch. »Mein Name ist Sean Gourlay.«

Hamishs Züge verhärteten sich. Früher hätte man Sean einen »Hippie« genannt. Jetzt gehörte er zu der wenig liebenswerten Gruppe von Leuten, die sich euphemistisch als »Nichtsesshafte« bezeichneten: eine umherziehende Horde, die mit ihren schrottreifen, nicht zugelassenen Fahrzeugen, ihrem Schmutz, den Drogen und ihren Hunden über Orte wie Stonehenge herfielen. Manche wohlmeinenden Seelen, deren Land niemals in eine Müllkippe verwandelt und deren Schafe nie von Hunden gerissen worden waren, dichteten den Nichtsesshaften eine romantische Aura an. Diese nomadischen Faulenzer behaupteten, »Nichtsesshafte« oder »neue Nichtsesshafte« zu sein, um für sich dieselben Privilegien und Campierrechte zu fordern, wie sie Sinti und Roma oft seit Jahrhunderten zugestanden wurden. Die »Nichtsesshaften« wähnten sich diesen Bevölkerungsgruppen nämlich gleichgestellt. Hamish hatte nichts gegen Sinti oder Roma und kannte alle, die hier gelegentlich durchzogen. Doch Möchtegerns wie Sean Gourlay konnte er nicht ausstehen.

»Sie sind kein Roma«, erklärte er, »und haben deshalb keine Sonderrechte. Dies ist Privatbesitz.«

Eine junge Frau drängte sich neben Sean an die Tür. Sie hatte strähniges, von der Sonne ausgeblichenes Haar, ein kleines, schmutziges Gesicht und einen dünnen Körper. »Verzieh dich, Bulle«, sagte sie. Sie sprach mit einem keh ligen Glasgow-Akzent.

Hamish ignorierte sie. Er redete mit Sean. »Ich kann Ihnen einen Platz oben im Moor zeigen, wo Sie campieren dürfen.«

Sean schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Aber ich mag dieses Dorf.«

»Ich auch«, erwiderte Hamish, »deshalb befehle ich Ihnen weiterzufahren. Zeigen Sie mal Ihren Führerschein.«

Ein Schwall von Kraftausdrücken barst aus dem jungen Mädchen. Sean griff in seine Gesäßtasche und zog einen sauberen neuen Führerschein hervor, der erst vor wenigen Monaten ausgestellt worden war. Nun sprang die junge Frau aus dem Bus. Sie war sehr klein und hüpfte fluchend und schreiend vor Hamish auf und ab. »Bulle« war noch die höflichste Schmähung, die ihr über die Lippen kam.

Derweil strahlte Sean eine merkwürdige, beinahe finstere Anziehungskraft aus. Er beachtete das Mädchen überhaupt nicht, und Hamish stellte fest, dass er selbst es ebenfalls ignorierte. Er prüfte Seans Versicherung und die Steuerplakette auf dem Bus. Beides war in Ordnung.

Schließlich gab er die Papiere zurück und sagte streng: »Jetzt fahren Sie weg.«

Sean grinste. »Gewiss doch, Officer.«

Die junge Frau forderte Hamish auf, etwas anatomisch Unmögliches mit sich anzustellen, bevor sie plötzlich in den Bus zurückhuschte wie ein kleines, behaartes Tier in seinen Bau.

»Achten Sie nicht auf Cheryl«, meinte Sean träge. »Sie ist recht aufbrausend.«

»Und ihr voller Name?«, fragte Hamish.

»Cheryl Higgins, wie der Professor.«

Hamish wartete, bis Sean sich auf den Beifahrersitz gesetzt hatte und der klappernde Bus wegfuhr. Die Hände in die Hüften gestemmt, stand er da und blickte dem Gefährt nach. Dann schüttelte er den Kopf. Er hätte nicht zulassen dürfen, dass Sean ihn wütend machte. Wenn die beiden oben im Moor parkten, würden sie nicht lange bleiben. Hamish wusste, dass die Nichtsesshaften gern unter ihresgleichen waren. Es war ungewöhnlich, nur zwei von ihnen und einen alten Bus vorzufinden. Ungewöhnlich war auch dieses gute Wetter. Bald würde der »Lämmerschnee« kommen, der letzte scheußliche Schneefall, der verlässlich im späten Frühling einsetzte und eine Plage für die Schafhirten war.

Hamishs Gedanken kehrten zum Problem PC Willie Lamont zurück. Es würde ihm rein gar nichts ausmachen, einen Helfer zu haben. Alle Polizisten, egal, wie verbrechensfrei ihr Zuständigkeitsbereich war, mussten eine Menge Schreibarbeit erledigen. Allerdings betrachtete Hamish die Polizeiwache als sein Zuhause, und er wünschte, er könnte Willie irgendwo anders im Dorf unterbringen.

Als er zurück in Richtung Wache ging, sah er, dass sein Hund Towser abermals im Garten angebunden war. Der arme Kerl wird dieser Tage immerzu nach draußen verbannt, dachte Hamish. Willie musste die Fußböden schrubben … schon wieder. Er beschloss, rauf zum Tommel Castle Hotel zu fahren, wo seine Freundin Priscilla Hal bur ton-Smythe im Souvenirladen des Hotels arbeitete. Pris cillas Vater, Colonel Halburton-Smythe, hatte sein Heim in ein Hotel umgewandelt, nachdem er große finanzielle Verluste erlitten hatte, weil er sein Geld einem Scharlatan anvertraut hatte.

Das Hotel florierte, denn das Anwesen bot erstklassige Jagd- und Angelmöglichkeiten und lockte mit seinen saftigen Zimmerpreisen die Snobs und Neureichen an, die das arrogante Auftreten des Colonels für ein Zeichen vornehmer Herkunft hielten und nicht für eine Mischung aus Überheblichkeit und schierer Boshaftigkeit, um die es sich in Wahrheit handelte.

Während er Towser losband und mit ihm zum Polizei-Land-Rover ging, dachte Hamish betrübt, dass Willie wie eine Nervensäge von Ehefrau im Haus war. Archie Maclean, der Fischer, verbrachte die meiste Zeit entweder im Pub oder hockte auf der Hafenmauer herum, um von seiner unausgesetzt putzenden Frau wegzukommen.

Die neue Geschenkboutique des Hotels war ein angenehmer Ort, der die besten schottischen Waren anbot: Kristall aus Edinburgh, Caithness-Glas, Silberschmuck, edle Strickwaren sowie viele preisgünstigere Sachen, die Touristen mit nach Hause nehmen konnten – Shortbread, Karamell aus der Region, Reiseführer, Postkarten, Schreibwaren und Stofftiere.

Priscilla trug ihre neue Touristenuniform, die aus einer weißen Rüschenbluse und einem kurzen Schottenrock bestand. Hamish fragte sich, was die Touristen von dieser eleganten Frau mit dem glatten blonden Haar und der fantastischen Figur halten mochten, die wie ein Model aus der Vogue aussah.

Sie lächelte, als sie Hamish erblickte. »Ah, anscheinend hast du gehört, dass ich jetzt eine Kaffeemaschine habe.«

»Ich will nicht schnorren«, entgegnete er, obwohl er genau das fast immer tat. »Aber einen Kaffee nehme ich trotzdem gern.«

»Was führt dich zu mir, Sergeant?«, fragte Priscilla, die zwei Becher Kaffee einschenkte. Neuerdings wurde sie es nie leid, ihn »Sergeant« zu nennen. Hamish wusste, dass sie seine Beförderung als Indiz nahm, dass er endlich zur Vernunft gekommen war und beschlossen hatte, ehrgeizig zu sein.

»Es ist Willie«, antwortete er. »Er putzt mal wieder. Ich kann mich kaum noch bei mir zu Hause aufhalten.«

»Du bist zu gutmütig, Hamish«, erklärte Priscilla streng. »Behaupte dich mal und gib ihm irgendwas anderes zu tun.«

»Na ja, ich hatte überlegt, den Superintendent anzurufen und ihm zu sagen, dass hier nicht genug Arbeit für zwei Leute ist.«

»Und was würde dann passieren?«, fragte Priscilla. »Sie würden die Wache schließen und dich nach Strathbane versetzen, was dir gar nicht gefallen würde. Ich meine, du willst doch nicht wieder degradiert werden, oder?«

»Tatsächlich würde es mir sehr gut passen«, antwortete Hamish, dessen Highland-Akzent ausgeprägter wurde wie stets, wenn er sich ärgerte. »Vor dem letzten Mord hatte ich ein gutes Leben. Ich hätte Blair die Lorbeeren für die Aufklärung einheimsen lassen sollen.« Detective Chief Inspector Blair war der Fluch seines Lebens, dennoch hatte Hamish ihn früher gern das Lob für die von ihm selbst aufgeklärten Morde einstreichen lassen, weil Hamish nicht wollte, dass eine Beförderung sein ruhiges Leben auf den Kopf stellte. Beim letzten Fall jedoch hatte sich Blair noch unmöglicher als sonst benommen. Deshalb war Hamish am Ende schwach geworden und hatte Superintendent Peter Daviot erzählt, dass er den Fall selbst gelöst hatte. Das Resultat war die Beförderung zum Sergeant gewesen – und die Ankunft Willies in Lochdubh.

»Ach, Hamish, das sagst du nur so.«

»Nein, tue ich nicht. Ich hatte ein schönes Leben, bevor ich diese verdammten Streifen bekommen habe. Ich will Willie und seine Scheuerbürste aus dem Haus haben, und ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll.«

Priscilla setzte sich auf einen hohen Hocker hinter dem Ladentresen und schlug die Beine übereinander. Sie hat hervorragende Beine, dachte Hamish nicht zum ersten Mal, aber er war nicht so dumm, sich aufs Neue in Priscilla zu verlieben. Mit Willie hatte er schon genügend Probleme in seinem Leben.

»Ich weiß, was wir machen könnten«, sagte sie.

Das »wir« munterte Hamish umgehend auf. Er zog sich einen zweiten Hocker heran und setzte sich Priscilla gegenüber an den Glastresen. Auf dem Tresen stand ein Testflakon eines Dufts namens »Mist o’the Highlands«. Er sprühte etwas davon auf seine Hand und schnupperte. Der Duft war sehr stark und süßlich schwer.

»Puh«, murmelte er und rieb sich die Hand.

»Kannst du denn nie ein Muster stehen lassen?«, fragte Priscilla. »Jetzt wirst du wochenlang nach dem Zeug riechen. Glaub mir, ich habe es probiert, und es ist immun gegen Wasser und Seife. Also, zu Willie. Er ist Junggeselle, nicht?«

»Ja, und das wird er wohl auch bleiben«, sagte Hamish inbrünstig. »Welche Frau kann mit dem vielen Putzen, Polieren und Kochen schon mithalten? Außerdem ist er ein schrecklich schwieriger Esser.«

»Macht nichts. Sehr viele Leute sind schwierige Esser, und es gibt eine Menge Frauen, die entzückt wären, einen häuslichen Mann zu haben.«

»Worauf willst du hinaus?«

»Suchen wir ihm eine Frau!«, antwortete Priscilla. »Wenn er heiratet, ist nicht genug Platz auf der Wache, und seine Frau und er müssten sich eine andere Wohnung suchen.«

Hamishs Miene erhellte sich. Und verfinsterte sich sogleich wieder. »Welche Frau würde ihn auch nur eines zweiten Blickes würdigen?«

»Wir haben eine neue Rezeptionistin im Hotel, Doris Ward. Spießig, penibel, kompetent und nicht sehr hübsch. Lade Willie heute Abend ein, und wir essen zusammen. Zumindest lernt er so mal Frauen kennen.«

»Ist gut«, sagte Hamish. »Ich versuche alles.«

Kurz darauf fuhr er wieder zurück ins Dorf, wo er das Tempo abrupt drosselte, als er eine »Vision« hatte. Sie stand vor dem Napoli, dem neuen italienischen Restaurant. Die Vision schüttelte ein Staubtuch aus. Sie hatte eine altmodische Figur, sprich: einen vollen Busen, eine Wespentaille und einen drallen Hintern. Und sie trug ein kurzes schwarzes Kleid, sehr hohe Schuhe und eine karierte Rüschenschürze. Ihr Gesicht war herzförmig mit einer winzigen Nase und einem breiten, weichen Mund. Ihr Haar war eine wilde Lockenmähne. Sie hatte muskulöse Waden, wie man sie bei Tänzerinnen sieht.

Die Frau muss eine Verwandte vom alten Ferrari sein, dachte Hamish. Mr. Ferrari war ein schottischer Italiener, was bedeutete, dass sein Vater sich vor vielen Jahren in Schottland niedergelassen hatte. Von ihm hatte Mr. Ferrari ein gut laufendes Restaurant in Edinburgh übernommen, das er seinerseits an seine Söhne vererbt hatte, um in den Ruhestand zu gehen. Dann hatte er jedoch festgestellt, dass er viel zu viel Zeit hatte. Also hatte er ein Restaurant in Lochdubh eröffnet und entferntere Verwandte aus Italien als Personal rekrutiert.

Hamish kam gerade rechtzeitig zur Wache zurück, um Willie in Uniform und aufbruchbereit anzutreffen. »Wo wollen Sie hin?«, fragte er.

»Auf der Wiese hinter dem Pfarrhaus sind Zigeuner«, antwortete Willie.

Hamish verengte die Augen. »In einem alten Bus?«

»Ja.«

»Ich komme mit. Aber man sagt nicht ›Zigeuner‹! Im Übrigen sind das keine Roma oder Sinti, sondern Nichtsesshafte.«

»Die haben keine Sessel, Sir?«

Hamish seufzte. »Nein, vermutlich nicht. Ich erzähle es Ihnen unterwegs.«

Tatsächlich war der Bus, der auf der Weide hinter dem Pfarrhaus stand, derselbe, der Hamish kurz zuvor aufgefallen war.

Gefolgt von Willie, klopfte Hamish an die Tür.

Cheryl öffnete. »Zwei Bullen«, sagte sie angewidert.

»Jetzt hören Sie mal«, entgegnete Willie. »Es besteht kein Grund, gar keiner, unverschämt zu werden.«

»Leck mich«, konterte Cheryl, hielt sich plötzlich die Hände vors Gesicht und begann, bitterlich zu schluchzen. »Warum müsst ihr mich immer verfolgen?«

»Was machen Sie denn da, Sergeant?!«, erklang eine zornige Stimme hinter Hamish. Er drehte sich um und sah Mrs. Wellington, die Pfarrersfrau, die vor Sean stand. Letzterer wippte leicht auf den Fersen und hatte einen spöttischen Ausdruck in den grünen Augen.

»Ich verscheuche diese Leute«, antwortete Hamish.

»Dazu haben Sie kein Recht«, erklärte Mrs. Wellington erbost. »Ich habe diesem netten Mann erlaubt, seinen Bus hier hinzustellen, und das genügt ja wohl. Diese armen jungen Leute werden von bürokratischen Ungeheuern wie Ihnen, Hamish Macbeth, von Pontius zu Pilatus gejagt. Man sollte diese Menschen für ihren Lebensstil bewundern.«

»Wenn Sie es erlaubt haben, ist es in Ordnung«, lenkte Hamish ein. »Aber ich komme später zu Ihnen.«

Als er mit Willie wegging, hörte er Sean amüsiert lachen. »Rufen Sie in Strathbane an«, sagte er zu seinem Gehilfen, »und fragen Sie, ob die irgendwas über Sean Gourlay und Cheryl Higgins haben.«

»Sie war ein bisschen unflätig, aber er scheint ziemlich nett zu sein.«

»Er ist genauso schlimm wie sie, und ich habe das Gefühl, dass er gefährlich ist.«

»Nun, Sir, ich habe die menschliche Natur studiert«, sagte Willie. »Ich habe einen Fernkurs in Psychotrie gemacht.«

»Einen Fernkurs in Psychologie«, korrigierte Hamish, obgleich er es für aussichtslos hielt, gegen Willies Fehler und lächerliche Wortverdreher anzukämpfen.

»Habe ich das nicht gesagt?«, fragte Willie unglücklich. »Tja, meiner Erfahrung nach würde ich sagen, dass Sean Gourlay nur ein normaler, anständiger Bursche ist.«

»Egal, überprüfen Sie ihn trotzdem«, entgegnete Hamish. »Und übrigens sind wir heute Abend auf der Burg zum Dinner mit Miss Halburton-Smythe eingeladen.«

»Das geht nicht, Sir«, erwiderte Willie. »Da wären wir ja beide nicht im Dienst.«

»Wir hängen einen Zettel an die Tür der Wache. Auf den schreiben wir, wo wir sind«, sagte Hamish und betete um Geduld. »Was wird in Lochdubh schon groß passieren? Das Gleiche wie jeden Abend, seit Sie hier sind … nichts.«

»Tja, ich schätze …« Willie verstummte mit offenem Mund. Sie waren vor dem italienischen Restaurant angekommen, und die Schönheit, die Hamish zuvor gesehen hatte, war nun auf den Knien und schrubbte die Eingangsstufen, wobei ihr Po mit jeder Bewegung provozierend wackelte. »Das sieht man heutzutage nur noch selten«, bemerkte Willie und starrte voller Bewunderung hin.

»Was? So einen Hintern?«, fragte Hamish genervt.

»Nein, eine Frau, die auf Knien schrubbt. Ich dachte, die sind ausgesterbt.«

Hamish verkniff es sich, seinen Gehilfen zu verbessern. »Guten Tag«, rief er und lüpfte die Dienstmütze.

Die Frau drehte sich um, blickte nach oben und stand auf. Sie wischte sich die seifigen Hände an der Schürze ab.

»Sind Sie neu hier?«, fragte Hamish.

»Ja. Mr. Ferrari hat letzten Monat nach mir geschickt.«

»Und Sie können schon Englisch?«

»Meine Mutter ist aus Edinburgh. Sie ist in ihr Heimatdorf zurückgegangen, um zu heiraten, außerhalb von Neapel.« Sie streckte eine kleine, von der Arbeit gerötete Hand vor.

»Ich bin Sergeant Hamish Macbeth, und das ist PC Willie Lamont«, sagte Hamish. »Und Sie sind …?«

»Lucia Livia.«

»Wie gefällt Ihnen Lochdubh, Miss Livia?«

»Es ist … sehr still.« Sie blickte an ihnen vorbei zum unbewegten Loch.

Eine Gruppe von Fischern und Forstarbeitern kam vorbei, und alle blieben stehen, um Lucia stumm zu bestaunen.

»Ich halte es für die Pflicht der Polizei, auf Neuzugezogene im Dorf zu achten«, erklärte Willie unvermittelt. »Würden Sie mir vielleicht gestatten, Sie in Lochdubh rumzuführen, Miss Livia?«

»Ich weiß nicht«, antwortete sie unsicher. »Da müsste ich Mr. Ferrari fragen. Ich arbeite ja jeden Abend.«

»Ah, ja, fragen Sie ihn ruhig«, meinte Willie. »Sie haben die Ecken bei den Stufen nicht richtig geschrubbt. So geht das nicht. Warten Sie, ich zeige es Ihnen.«

»Himmelherrgott«, murmelte Hamish, und wieder trat sein Highland-Akzent besonders stark zutage. Doch Willie war bereits auf den Knien und schrubbte eifrig. »Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Miss Livia«, fuhr er förmlich fort. »Einige von uns haben Polizeiarbeit zu erledigen.«

Willie schrubbte unbeirrt weiter.

Hamish ging mürrisch zur Wache zurück. In der kleinen Küche blitzte und blinkte alles, und es roch sehr aufdringlich nach Bleiche und Desinfektionsmittel. Er kochte sich einen Kaffee und nahm den Becher mit ins Büro, wo er sich an den Schreibtisch setzte. Von dort rief er in Strathbane an und sprach mit Detective Jimmy Anderson, dem er die Namen von Cheryl und Sean durchgab. Auf Sean Gourlays Führerschein war eine Adresse in Glasgow vermerkt gewesen, an die Hamish sich genau erinnerte: Wohnung B, 189, Lombard Crescent.

Anderson versprach, es zu überprüfen und sich so bald wie möglich wieder zu melden.

Als Nächstes ging Hamish zurück zum Pfarrhaus. Dort traf er den Pfarrer allein in seinem Arbeitszimmer an.

»Oh, Hamish«, sagte er und schob die Predigt beiseite, an der er gerade arbeitete, »was führt Sie her?«

»Diese Faulenzer und ihr Bus.«

»Sie tun keinem was. Und die Wiese wird nicht gebraucht. Es ist nur ein Flecken Unkraut und Brennnesseln. Warum sollen diese jungen Leute ihn nicht nutzen?«

»Etwas an denen behagt mir nicht. Außerdem wundert es mich, Mr. Wellington, dass Sie solche Faulenzer unterstützen.«

»Also wirklich, Hamish«, entgegnete der Pfarrer milde, »Sie wissen, wie wenig Arbeit es in dieser Gegend gibt.«

»Und warum gehen die beiden dann nicht irgendwohin, wo sie einen Job bekommen können?«

Der Pfarrer kaute gedankenverloren auf seinem Bleistift, bevor er ihn ablegte. »Ihre Art zu leben hat einen gewissen Reiz. Manchmal denke ich, es wäre wunderbar, einfach loszuziehen und herumzureisen, ohne irgendwelche Verpflichtungen.«

»Und wer zahlt die Steuern?«

»Sie sind beide jung«, gab Mr. Wellington zurück. »Es bleibt noch genug Zeit, dass sie erwachsen werden und Verantwortung übernehmen.«

»Sean Gourlay ist Ende zwanzig, würde ich schätzen«, erwiderte Hamish. »Und das Mädchen hat eine Kodderschnauze.«

»Ach, kommen Sie. Zu mir war sie charmant.«

»Tja, ich habe das Gefühl, dass Sie reingelegt werden. Und sagen Sie später nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt!«

Am Abend fuhren Hamish und Willie hinauf zum Tommel Castle Hotel. Hamish stieg aus dem Land Rover und schnupperte erfreut in die weiche Luft. Die hellen Abende waren zurück, der lange dunkle Tunnel des Winters überstanden. Eine sanfte Brise strich über die Moore, parfümiert von Sand-Thymian. Dann kam einer der hoteleigenen Wagen herangefahren. Am Steuer saß eine junge Frau, die stoppte und ansetzte, neben ihnen rückwärts einzuparken.

»Moment mal«, rief Willie, der entschlossen vortrat. »Sie machen das falsch. Scharf nach links. Jetzt geradeaus! Geradeaus. Mein Gott, Mädchen, wie haben Sie die Führerscheinprüfung bestanden? Wissen Sie nicht, wie man geradeaus fährt?«

Die Frau parkte schief ein, stieg mit vor Scham und Ärger gerötetem Gesicht aus und knallte die Fahrertür zu.

Willie schüttelte den Kopf. »Frauen am Steuer! Die müssen wirklich besser werden.«

Sie warf ihm einen wütenden Blick zu und ging wortlos zum Hoteleingang.

»Hören Sie auf, solch ein Klugscheißer zu sein«, sagte Hamish. »Wahrscheinlich hätte sie es prima hinbekommen, hätten Sie sie in Ruhe gelassen. Jetzt vergessen Sie mal, dass Sie Polizist sind, und versuchen Sie, charmant zu sein.«

Plötzlich wurde Willie nervös und zurrte an seiner Krawatte. »Sehe ich anständig aus, Sir?«

»Ja, ja, aber passen Sie auf, was Sie so von sich geben.«

Priscilla kam ihnen in der Eingangshalle entgegen. »Doris wartet in der Bar auf uns«, berichtete sie. »Ich habe ihr gesagt, sie soll sich schon mal einen Drink bestellen und sich beruhigen. Irgendein Idiot hat anscheinend versucht, ihr zu erklären, wie sie einparken soll.«

Hamish stöhnte innerlich.

Doris Ward war eine unscheinbare junge Frau mit dicken Brillengläsern und Hasenzähnen. Sie trug eine Bluse, einen Rock und eine Weste im Schottenkaro. Doris schüttelte Willie und Hamish die Hand, ehe sie zu Willie sagte: »Ich hätte ahnen müssen, dass Sie ein Polizist sind.«

»Entschuldigen Sie«, bat Willie linkisch, nachdem Hamish ihm den Ellbogen in die Rippen gerammt hatte. »Ich hatte vergessen, dass ich nicht im Dienst bin.«

»Sicher haben Sie Besseres zu tun, wenn Sie im Dienst sind«, entgegnete Doris, »als Autofahrerinnen einzuschüchtern.«

»Sind Sie Engländerin?«, fragte Hamish, der dringend das Thema wechseln wollte. »Danke, Priscilla, ich nehme irgendwas Alkoholfreies, aber Willie trinkt einen Whisky.«

»Ja, ich bin Engländerin«, antwortete Doris. »Hier oben ist es sehr abgeschieden, nicht wahr?«

Alle stimmten ihr zu. Dann trat bleierne Stille ein.

»Willie kommt aus Strathbane«, erklärte Hamish schließ lich. »Ihm fällt es schwer, sich an das Dorfleben zu gewöhnen.«

»Haben Sie viele Freunde im Dorf?«, fragte Doris Willie höflich.

»Nein, nicht in Lochdubh«, antwortete er. »Aber ich habe eine Freundesklitsche in Strathbane.«

»Clique«, verbesserte Hamish ihn leise und seufzte.

»Allerdings«, holte Willie aus, der nun einen Anfall von Weltläufigkeit bekam, »habe ich eine Tante in Amerika, die ich jederzeit besuchen kann.«

»Wo in Amerika?«, wollte Doris wissen.

»Sie wohnt in einem Kondom in San Francisco.« Was sicher ein »Condo« sein sollte, wie dort Eigentumswohnungen genannt wurden.

Doris kicherte. »Tja, in diesen von Geschlechtskrankheiten geplagten Zeiten ist das zweifellos sicher.«

Willie sah sie verwundert an, schien aber zu begreifen. »Oh, ja, diese Kondome haben sogar Sicherheitskameras, Wachen und alles.«

»Würden Sie gern reisen, Doris?«, erkundigte sich Hamish.

»Ach, ich weiß nicht.« Sie warf ihm einen neckischen Blick durch ihre dicken Brillengläser zu. »Ich hätte auch nichts gegen Heiraten.«

»Und das ist nur vernünftig«, bemerkte Willie voller Überzeugung. »Ich muss sagen, es ist erfrischend, heutzutage eine Frau zu treffen, die nicht an all diesen fenimistischen Quatsch glaubt.«

»Sie meinen ›feministisch‹«, korrigierte Doris. »Wenn Sie schon irgendwas kritisieren wollen, sprechen Sie es wenigstens richtig aus. Finden Sie, dass sich alle Frauen mit Heiraten und Kinderkriegen zufriedengeben sollten?«

»Warum nicht?«, antwortete Willie, der sie gnädig anlächelte. »Dafür sind sie doch gemacht.«

»Sie sind ja noch aus dem Mittelalter«, sagte Priscilla. »Das Dinner müsste bereit sein. Nehmt bitte alle eure Getränke mit.«

»Bringen Sie sie dazu, über sich zu reden«, raunte Hamish seinem Constable zu, als sie zum Speisesaal gingen.

Doch kaum saßen sie und warteten auf den ersten Gang, nahm Doris eine Zigarette hervor und steckte sie sich an.

»Wissen Sie, dass Sie Ihre Lunge zerstören?«, fragte Willie. »Das Zeug bringt Sie um und ist schlecht für die Haut. Ich kann schon sehen …«

»Was gibt es heute Abend«, fiel Hamish ihm sehr laut und sehr angespannt ins Wort.

»Schottische Graupensuppe vorweg, danach Steak«, antwortete Priscilla. »Wir haben einen neuen Koch. Den vorherigen mussten wir entlassen«, erklärte sie Doris, »nach dem Mord hier, von dem ich Ihnen erzählt habe.«

Doris sah Hamish bewundernd an. »Ich habe gehört, dass Sie ihn aufgeklärt haben. Sie müssen mir alles darüber erzählen.«

Normalerweise scheute sich Hamish, zu viel über sich selbst zu sprechen, doch Willies Patzer machten ihm solche Angst, dass er Doris ausführlich schilderte, wie er auf die Lösung gekommen war. Gleichzeitig stellte Priscilla verärgert fest, dass Doris von Hamish bezaubert war und kaum den Blick von ihm abwenden konnte.