Hamish Macbeth und das tote Flittchen - M. C. Beaton - E-Book
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Hamish Macbeth und das tote Flittchen E-Book

M.C. Beaton

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Beschreibung

Maggie Baird verdankt ihr Vermögen einem Leben als Mätresse reicher Männer - und einem guten Händchen für Investitionen. Nun kommt sie als Frau mittleren Alters, dick und in Tweed gehüllt, ins schottische Lochdubh, wo sie ein luxuriöses Cottage besitzt. Auf Maggies Einladung hin ziehen bald weitere Gäste ein: ihre Nichte und vier frühere Liebhaber, allesamt in Geldnöten. Als Maggie auf mysteriöse Weise stirbt, hat Lochdubhs Dorfpolizist Hamish Macbeth genau diese fünf Hausgäste im Verdacht, nachgeholfen zu haben. Und Hamish wäre nicht Hamish, wenn er einen Mörder einfach so entwischen ließe, mag dieser auch noch so ausgefuchst sein ...

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Seitenzahl: 224

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Inhalt

Cover

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Über das Buch

Maggie Baird verdankt ihr Vermögen einem Leben als Mätresse reicher Männer – und einem guten Händchen für Investitionen. Nun kommt sie als Frau mittleren Alters, dick und in Tweed gehüllt, ins schottische Lochdubh, wo sie ein luxuriöses Cottage besitzt. Auf Maggies Einladung hin ziehen bald weitere Gäste ein: ihre Nichte und vier frühere Liebhaber, allesamt in Geldnöten. Als Maggie auf mysteriöse Weise stirbt, hat Lochdubhs Dorfpolizist Hamish Macbeth genau diese fünf Hausgäste im Verdacht, nachgeholfen zu haben. Und Hamish wäre nicht Hamish, wenn er einen Mörder einfach so entwischen ließe, mag dieser auch noch so ausgefuchst sein …

Über die Autorin

M. C. Beaton ist eines der zahlreichen Pseudonyme der schottischen Autorin Marion Chesney. Nachdem sie lange Zeit als Theaterkritikerin und Journalistin für verschiedene britische Zeitungen tätig war, beschloss sie, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Mit ihren Krimi-Reihen um den schottischen Dorfpolizisten Hamish Macbeth und die englische Detektivin Agatha Raisin feiert sie bis heute große Erfolge in über 17 Ländern. M. C. Beaton lebt abwechselnd in Paris und in den Cotswolds.

M. C. BEATON

Hamish Macbeth

Hamish und das tote Flittchen

Kriminalroman

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:Copyright © 1990 by M. C. BeatonPublished by Arrangement with Marion Chesney GibbonsTitel der englischen Originalausgabe: »Death of a Hussy«

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, KölnLektorat: Judith MandtTextredaktion: Dorothee Cabras, GrevenbroichTitelillustration: © Arndt Drechsler, RegensburgE-Book-Produktion: two-up, DüsseldorfISBN 978-3-7325-6148-3

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.de

Die Autorin möchte sich bei Hugh Johnston bedanken, dem Besitzer und Manager von Golspie Motors Ltd. in Golspie, Sutherland, seinem Service-Manager John Mackay sowie seinem Mechaniker Bill Brown für ihren fachmännischen Rat und widmet dieses Buch dendrei hervorragenden und geduldigen Herren aus den schottischen Highlands.

Erstes Kapitel

Wo die Highlands ländlich grün,rosig der alten Männer Wangen glühn,und der holden jungen Maidruhiger Blick auf Heide weilt.

R. L. STEVENSON

»Du solltest eigentlich wissen, dass man sich in den Highlands zum Dinner gut anzieht.« Maggie Baird rückte auf dem Fahrersitz hin und her und ließ schaurig die Kupplung kreischen.

Neben ihr auf dem Beifahrersitz des klapprigen Renault 5 saß ihre unglücklich schweigende Nichte Alison Kerr. Ihre Tante Maggie hatte sich bereits endlos über Alisons schäbigen Aufzug ausgelassen, bevor sie aus dem Haus gegangen waren. Alison hatte versucht, ihr zu erklären, dass sie sich das Haar gewaschen und möglicherweise sogar ein neues Kleid gekauft hätte, wäre ihr früher von der Dinner-Einladung nach Tommel Castle erzählt worden. Nun war ihr schwarzes Haar schlaff und strähnig, und sie trug einen schlichten blauen Rock zu einer weißen Bluse.

Während Maggie Baird ihren Wagen gen Tommel Castle trieb – wobei sie ohne ersichtlichen Grund die Gangschaltung malträtierte und immer wieder auf die Bremse stampfte –, hockte Alison stumm da und grübelte über ihr Pech nach.

Dabei schien sich neue Hoffnung in ihrem Leben aufzutun, als Maggie Baird, die Schwester ihrer Mutter, in dem Krankenhaus in Bristol aufgetaucht war, wo Alison sich von ihrem Lungenkrebs erholt hatte. Alisons Eltern waren beide tot, und zu Lebzeiten hatten sie kaum über diese Verwandte gesprochen, außer: »Wir reden nicht über sie, Liebes, und wollen nichts mit ihr zu schaffen haben.«

Als sie glaubte, sterben zu müssen, hatte Alison dann doch an Maggie geschrieben. Schließlich war sie allem Anschein nach ihre einzige noch lebende Verwandte, und es musste zumindest jemand Alisons Beerdigung arrangieren. Daraufhin war Maggie in den Aufenthaltsraum für Patienten gerauscht gekommen, hatte eine Menge mütterliche Wärme ausgestrahlt und verkündet, Alison mit in ihr neues Heim in den Highlands zu nehmen, wo sie in Ruhe genesen könnte.

So wurde Alison in Maggies großzügigen Bungalow mit Meerblick in den Hügeln außerhalb des Dorfes Lochdubh in Sutherland verfrachtet, das im äußersten Norden Schottlands lag. In Wahrheit war der sogenannte »Bungalow« ein eineinhalbgeschossiges Gebäude.

Die erste Woche war angenehm gewesen. Das Haus war mit unzähligen dicken Teppichen ausgelegt, überheizt und mit zu vielen Möbeln vollgestellt. Doch es gab eine fleißige Haushälterin – in früheren Zeiten hätte man wohl von einem »Mädchen für alles« gesprochen –, die täglich aus dem Dorf heraufkam, um zu putzen und zu kochen. Diese Perle hieß Mrs. Todd, und obwohl Alison einunddreißig Jahre alt war, behandelte Mrs. Todd sie wie ein kleines Mädchen und backte ihr besondere Kuchen zum Nachmittagstee.

In der zweiten Woche wollte Alison nur noch fliehen. Maggie war häufig zum Einkaufen im Dorf, nahm sie jedoch nie mit. Ihre mütterliche Wärme war vollständig verflogen und einer nörgelnden Gehässigkeit gewichen. Alison, die sich, knapp dem Tod entronnen, noch schwach, benommen und wehrlos fühlte, konnte sich nicht gegen ihre Tante behaupten und ertrug die zunehmenden Kränkungen finster schweigend.

Dann kam die Dinner-Einladung der Halburton-Smythes, hiesiger Grundbesitzer, die jenseits des Dorfes auf Tommel Castle lebten, und Maggie hatte Alison erst in allerletzter Minute davon erzählt. Daher das strähnige Haar und die schlichte Kleidung.

Maggie brachte die Kupplung abermals zum Kreischen, als sie den steilen Hügel hinauffuhren. Alison verzog das Gesicht. So ging man nicht mit einem Auto um! Könnte sie doch selbst fahren! Oh, hinauf und über die Berge zu flitzen, frei zu sein anstatt eingekerkert in Maggies überheiztem Bungalow! Natürlich hätte Alison einfach weggehen und sich irgendwo einen Job suchen können, aber die Ärzte hatten ihr empfohlen, es noch mindestens ein halbes Jahr ruhig anzugehen, und irgendwie fühlte sie sich zu kraftlos, um auch nur eine Flucht vor Maggie zu versuchen. Sie hatte panische Angst, dass der Krebs zurückkam. Es war ja schön und gut, wenn andere behaupteten, eine Krebserkrankung müsse heutzutage nicht mehr tödlich sein. Alison war ein kleiner Teil der Lunge entfernt worden, und dessen war sie sich entsetzlich bewusst. Sie stellte sich ein großes Loch in ihrer Brust vor. Täglich sehnte sie sich nach einer Zigarette und weigerte sich oft zu glauben, dass zwei Packungen, die sie früher pro Tag geraucht hatte, zu ihrer Krankheit beigetragen hatten.

Maggie lenkte den kleinen roten Wagen zwischen zwei mächtigen Torpfosten hindurch und eine gepflegte Einfahrt hinauf.

Alison wappnete sich. Wie würden diese Leute wohl sein?

Priscilla Halburton-Smythe schob das Essen auf ihrem Teller hin und her und wünschte, der Abend wäre vorbei. Sie mochte Maggie Baird nicht, die in ihrem riesigen grün-goldenen Kaftan dasaß und genüsslich speiste. Sie sprach mit vornehm näselnder Stimme, als sie sich mit Colonel Halburton-Smythe über die Frevelhaftigkeit von Wilderern unterhielt. Einzig Alison wusste um Maggies Talent, sich zu allen erdenklichen Themen wissend zu äußern, selbst wenn sie sich so gut wie gar nicht auskannte.

Ich verstehe das nicht, dachte Priscilla. Maggie Baird ist eine große, fettleibige Frau und richtig gemein zu ihrer verhuschten Nichte, trotzdem gibt mein Vater sich galant wie ein mittelalterlicher Ritter. Er scheint ganz hingerissen von Maggie zu sein.

Priscilla sah wieder zu Alison. Alison Kerr war ein dünnes Mädchen – nun ja, womöglich war sie schon in den Dreißigern, dennoch fiel es schwer, solch ein zierliches Ding als Frau zu sehen. Sie trug eine dicke Hornbrille, und ihr schwarzes Haar bedeckte einen Großteil ihres Gesichts. Sie hatte sehr reine Haut, die so blass war, dass sie beinahe durchsichtig wirkte. Priscilla lächelte ihr zu, worauf Alison stirnrunzelnd auf ihren Teller starrte.

Priscilla verkörperte alles, was Alison verachtete. Sie war auf kühle, selbstsichere Art schön mit schimmerndem, blassgoldenem Haar, das sie sehr schlicht frisiert trug. Ihr rotes Seidenkleid musste ein Vermögen gekostet haben. Sie war charmant und wirkte amüsiert.

Ich wäre auch charmant und amüsiert, würde ich mit liebevollen Eltern auf einer Burg leben, dachte Alison bitter. Ich weiß, was dieses Lächeln heißen soll. Sie hat Mitleid mit mir, die blöde Kuh!

»Sie werden feststellen, dass Sie in den Highlands viel Auto fahren müssen, Mrs. Baird«, sagte der Colonel gerade.

Maggie seufzte und sah ihn mit einem kecken Augenzwinkern an. »Wie wahr! Ich rausche die Dorfstraße rauf und runter wie der Slip eines Flittchens.«

Für einen Moment verstummten alle. Mrs. Halburton-Smythe öffnete den Mund und schloss ihn gleich wieder.

Dann lachte der Colonel nachsichtig. »Es ist eben nicht London«, sagte er. »Hier finden Sie nicht an jedem Feldrand einen asiatischen Supermarkt. Ich empfehle Ihnen, Einkaufslisten zu führen. Man kann durchaus alle Lebensmittel für eine Woche auf Vorrat kaufen. Aber erledigt denn Ihre Haushälterin nicht die Einkäufe?«

»Das mache ich lieber selbst«, antwortete Maggie, die wieder in die Rolle der Landadligen zurückfiel. »Ich lege Wert darauf, von allem das Beste zu bekommen, auch wenn die Auswahl in Lochdubh ziemlich begrenzt ist. Ich glaube, die Einheimischen ernähren sich nur von Fischstäbchen.«

»Sie sollten nach Inverness fahren und sich dort mit Vorräten eindecken«, schlug Mrs. Halburton-Smythe vor. »Da gibt es jetzt alles. Die Stadt ist schon seit einer Weile im Aufwind und wird praktisch mit jedem Tag größer. Ich erinnere mich noch an Zeiten, in denen es ein verschlafener Ort war und die Bewohner die Highland-Rinder durch die Hauptstraße zum Markt trieben. Heute sieht man nichts als Autos, Autos, Autos.«

»Und die Verbrechensrate steigt«, ergänzte der Colonel. »Was sich diese Idioten in Strathbane dabei gedacht haben, uns hier draußen den einzigen Polizisten wegzunehmen, ist mir ein Rätsel.«

»Hamish?«, fragte Priscilla. »Das habt ihr mir gar nicht erzählt.« Sie lächelte Alison zu. »Ich bin erst gestern Abend angekommen und bei den neuesten Dorfnachrichten noch nicht auf dem Laufenden. Hamish ist weg? Wohin?«

»Sie haben die Polizeistation geschlossen und den faulen Hund nach Strathbane versetzt«, antwortete ihr Vater. »Witzig, ich hätte nie gedacht, dass Macbeth tatsächlich auch nur einen Finger rührt. Aber jetzt ist er weg, und jemand fischt mit einem Netz die Lachse aus dem Fluss. Wenigstens hätte Macbeth gewusst, wie man dem ein Ende setzt, obwohl er nie jemanden verhaftet hat.«

»Aber das ist furchtbar!«, rief Priscilla aus. »Hamish fort! Das ist ein schrecklicher Verlust für das Dorf.«

»Tja, natürlich denkst du das«, sagte ihr Vater spitz.

Priscillas kühle Haltung schien sich zu verändern. Oh-oh!, dachte Alison, ich frage mich, ob die Tochter des Burgherrn in den abwesenden Dorfpolizisten verliebt ist.

Maggie wirkte amüsiert. »Wenn Sie ihn zurückhaben wollen, müssen Sie bloß für ein Verbrechen im Dorf sorgen.« Sie bedachte den Colonel mit einem koketten Blick.

Als schlummerte eine Schönheit unter dieser Fettschicht, dachte Priscilla. Laut sagte sie: »Was für eine gute Idee! Warum berufen wir keine Gemeindeversammlung ein und schlagen es den Einheimischen vor?«

Der Colonel schien widersprechen zu wollen, doch der Vorschlag befeuerte Maggies Fantasie. Sie malte sich gern aus, an der Spitze der Highland-Dorfgemeinschaft zu stehen.

»Wenn Sie wollen, organisiere ich das für Sie«, sagte sie. »Alison kann mir helfen. Oder es wenigstens versuchen. Eigentlich kann sie nämlich gar nichts richtig. Wann wollen wir die Versammlung abhalten?«

»Wie wäre es mit diesem Samstag?«, fragte Priscilla.

»Du willst doch nicht, dass die Dorfbewohner Straftaten begehen, um Hamish wiederzubekommen!«, wandte Mrs. Halburton-Smythe ein.

»Es muss etwas unternommen werden«, entgegnete Priscilla. »Wir reden mit den Leuten und lassen sie abstimmen.«

»Über was abstimmen?«, wollte ihr Vater wissen.

»Über die Vorschläge, die kommen«, sagte Priscilla ausweichend. »Du musst nicht mitmachen, Daddy. Sicher können Mrs. Baird und ich alles allein regeln.«

Alison ertappte sich dabei, wie sie über diesen Dorfpolizisten nachdachte. Er musste etwas sehr Besonderes sein, wenn er die kühle Priscilla bezaubern konnte. Wie wäre es, wenn sie half, ihn wieder zurückzuholen, und es schaffte, bei diesen Bemühungen erfolgreicher zu sein als Priscilla? Dieser Hamish Macbeth musste groß, blond und gut aussehend sein. Unwillkürlich kam ihr die Darstellung von Bonnie Prince Charlie auf den alten Keksdosen in den Sinn. Er würde sich in sie, Alison, verlieben, sie von Maggie wegholen und Priscilla in dem Wissen hinter sich zurücklassen, dass Alisons innere Werte einem Mann wichtiger waren als schnöde äußerliche Schönheit. Ihrem Gesicht fehlt es an Charakter, dachte Alison, die verstohlen zu Priscilla sah und nach Makeln suchte.

Endlich war der Abend vorbei. Der Butler half Maggie in ihren langen Nerzmantel. Für das Ding musste eine ganze Pelztierfarm draufgegangen sein.

Als sie ging, beugte sich der Colonel plötzlich vor und küsste Maggie auf die Wange. Sie bedachte ihn mit einem schelmischen Blick, woraufhin er seine Brust aufblähte wie ein eitler Geck.

Oh Gott, dachte Priscilla. Würde er sich doch bloß nicht so zum Affen machen!

Sie ahnte nicht, dass die deplatzierte Galanterie ihres Vaters eine Kette von Ereignissen in Gang setzen sollte, die letztlich zu einem Mord führten.

Maggie hatte gute Laune, als sie durch die Winterlandschaft nach Hause fuhr, über sich die hell funkelnden Sterne von Sutherland. Sie konnte also immer noch einen Mann betören. Und wenn sie es schaffte, dass einer sie so – nun ja, mollig – attraktiv fand, welche Wirkung könnte sie dann erst haben, sollte sie richtig abnehmen!

An allem war nur der verdammte Kellner schuld, dachte Maggie. Maggie Baird hatte im Laufe ihres Lebens eine beachtliche Menge Geld verdient. Obwohl sie es geschafft hatte, nicht auf der Straße zu arbeiten, und sie zweimal verheiratet – einmal verwitwet und einmal geschieden – war, hatte sie ihr Vermögen als Geliebte einer Reihe vermögender Männer gemacht und sich nur gelegentlich, rein zum Vergnügen mit ärmeren eingelassen. Wie die meisten Frauen, die leidenschaftlich gern aßen, hatte auch sie einen enormen Hunger nach Sex. Doch im Gegensatz zu den anderen Frauen in ihrer Branche hatte Maggie ihre Einnahmen angehäuft, Immobilien gekauft und mit Gewinn wieder verkauft und klug investiert. Und dann kam der Schicksalsschlag: Als sehr reiche Frau auf der Suche nach Spaß hatte Maggie etwas mit einem griechischen Kellner angefangen, dessen südländisch gutes Aussehen sie gereizt hatte. Nur dass sie sich zum ersten Mal im Leben hoffnungslos verliebte. Und als sie herausfand, dass er ihr Geld nahm, um sich die Heirat mit einer jungen Blondine aus Stepney leisten zu können, hatte sie das Gefühl, ihr Leben wäre vorbei.

Sie kaufte sich den Bungalow in den Highlands, um in der Einöde ihre Wunden zu lecken. Hier ließ sie die blonde Tönung herauswachsen, bis ihr Haar wieder das natürliche Braun angenommen hatte, das von grauen Strähnen durchwirkt war. Und sie legte Pfund um Pfund zu. Sie trug Tweed, Wildlederhüte, Wachstuchjacken und Budapester – alles nur, um wie eine schottische Dame auszusehen, als könnte sie ihre Kränkung unter Schichten von Körperfett und Mode im Landhausstil verstecken.

Alison aus dem Krankenhaus zu holen, hatte ihr für eine Weile ein gutes Gefühl beschert, bis der Reiz des Neuen verflogen war. Nun verblasste auch der Schmerz ob der Schmähung des Kellners.

»In dem alten Mädchen steckt noch Leben«, sagte sie munter.

»Meinst du das Auto?«, fragte Alison.

»Nein, mich, du Doofe, nicht diese Schrottlaube.«

»Es ist ein sehr hübscher kleiner Wagen«, wandte Alison scheu ein. »Tante …«

»Ich habe doch gesagt, du sollst mich nicht so nennen«, blaffte Maggie sie an.

»Entschuldige … Maggie. Meinst du, ich könnte Fahrstunden nehmen? Dann könnte ich für dich einkaufen fahren.«

»Ich weiß Besseres mit meinem Geld anzufangen, als dir den Führerschein zu spendieren«, erwiderte Maggie. »Dieser Colonel ist nicht zu verachten. Seine Frau sieht ein bisschen blass und nichtssagend aus. Und diese Tochter! Keine Persönlichkeit.«

»Genau«, pflichtete Alison ihr eifrig bei.

Beide Frauen zogen über Priscilla her, und als sie zu Hause ankamen, waren sie sich erstmals seit Wochen wieder sympathisch.

In den schottischen Highlands befinden sich viele hübsche Dörfer und Städte; Strathbane zählte nicht zu ihnen. Früher war der Ort einmal schön gewesen, doch in den frühen Fünfzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurde er zu einem Zentrum für Leichtindustrie, das in Scharen Leute aus den Großstädten anlockte. Überall wurden hässliche Wohnblöcke gebaut, schossen schäbige Supermärkte, Diskotheken, Weinbars und all die zweifelhaften Begleiterscheinungen einer boomenden Wirtschaft aus dem Boden. Und mit ihnen hielten Kriminalität und Drogen Einzug.

Police Constable Hamish Macbeth verließ betrübt den Zwinger, in dem sein Hund Towser untergebracht war. Heute war sein freier Abend. Er war gelangweilt und einsam, und er hasste Strathbane. Ganz besonders leidenschaftlich hasste er Detective Chief Inspector Blair, der ihn aus Lochdubh hierher hatte versetzen lassen.

Hamish Macbeth hatte die Jugendlichen in Strathbane mit ihren verkniffenen bleichen Gesichtern, ihrem Hang zum Alkohol und ihren Obszönitäten gründlich satt. Er war es leid, Drogenrazzien in Diskotheken zu machen, Betrunkene aus Kneipen zu schaffen oder bei Fußballspielen Hooligans aus dem Verkehr zu ziehen.

Er wanderte im leichten Nieselregen durch die schmutzigen Straßen. Im grellorangenen Licht der Natrium-Laternen sahen sogar die Möwen schmutzig aus. Hamish lehnte sich an die Mauer und blickte hinunter zum Strand. Es war Flut. Auf der Wasseroberfläche glänzte ein Ölfilm, und das steigende Wasser bemächtigte sich eines alten Sofas mit gesprungenen Federn.

Ein Mann torkelte an Hamish vorbei, lehnte sich über die Ufermauer und erbrach sich auf den Strand. Hamish schüttelte sich und ging weiter. Er fragte sich, wie lange er dieses Leben noch aushalten würde. In Lochdubh war die Polizeistation sein Zuhause gewesen. Deshalb hatte er nicht mal ein Heim, in das er zurückkehren konnte. Die Nachbarn kümmerten sich um seine Hühner und Schafe, allerdings konnte er nicht erwarten, dass sie es zeitlich unbegrenzt taten. Wahrscheinlich würde irgendein Makler im Auftrag der Polizeibehörde Haus und Grundstück verkaufen. Hamish hatte den Großteil seiner Habe dort gelassen, weil er schlicht nicht glauben wollte, dass sein Leben in Lochdubh zu Ende war.

Dann war da noch Mary Graham. Police Constable Graham war gewöhnlich Hamishs Partnerin auf Streife in Strathbane. Sie war eine hagere Frau mit harten Zügen und blond gefärbten Haaren, die von dem Ehrgeiz beseelt war, so viele Verhaftungen wie möglich vorzunehmen. Sie kam aus dem Süden Schottlands und betrachtete Hamish als einfältigen Bauerntrampel.

Hamishs Gedanken kreisten unaufhörlich um das Problem, suchten nach einem Ausweg. Er könnte jederzeit nach Lochdubh zurückgehen und sich irgendwo einmieten. Seinen Hühnerstall könnte er auf ein Stück Pachtland verlegen, das ihm zugeteilt wurde. Nur wusste er wie alle Pächter, dass man unmöglich von einer kleinen Landwirtschaft allein leben konnte, da es schwer war, wenigen steinigen Feldern nennenswerte Ernteerträge zu entlocken. Natürlich könnte er auch auf einem der Fischerboote arbeiten.

Am meisten schmerzte ihn, dass die Leute von Lochdubh seine Verbannung anscheinend kommentarlos hingenommen hatten. Er hatte das Gefühl, ohne Freunde zu sein.

Am Samstagabend war der Gemeindesaal von Lochdubh bis auf den letzten Platz besetzt. Oben auf dem Podium saß das Komitee, bestehend aus Maggie, Alison, Priscilla, dem Pfarrer Mr. Wellington und seiner hochgewachsenen, in Tweed gewandeten Frau (die erstmals in Umfang und Tweed-Dichte ausgestochen wurde). Maggie Baird war in ein neues Tweed-Kostüm gehüllt und trug einen Wildlederhut mit einer Pfauenfeder. Alison hatte sich zu diesem Anlass die Haare gewaschen und frisiert, was eventuell in der Hoffnung geschehen war, dass der gut aussehende Polizist während der Versammlung zur Tür hereinspazieren könnte.

Sehr zu Mrs. Wellingtons Verdruss stand Maggie Baird auf und ergriff das Wort.

»Unser örtlicher Polizist wurde weggeschickt, weil es in der Gegend zu wenige Verbrechen gibt. Ich schlage vor, dass wir genug Kriminalität organisieren, um seine Rückversetzung nötig zu machen.«

Aus dem Plenum kam laute Zustimmung. Entsetzt kämpfte Mrs. Wellington sich von ihrem Stuhl hoch und reckte beide Hände in die Höhe, um Ruhe zu verlangen. »Das ist ein entsetzlicher und – wenn Sie mir verzeihen wollen, Mrs. Baird – unmoralischer Vorschlag.«

»Was schlagen Sie denn vor?«, fragte Maggie in gefährlich süßlichem Ton.

»Nun, ich denke, wir sollten eine Petition verfassen.«

»Stimmen wir ab«, sagte Maggie. »Alle, die dafür sind, einige Verbrechen zu organisieren, heben die Hand.«

Allenthalben gingen Hände nach oben.

»Und nun alle, die für eine Petition stimmen?«

Hier streckten nur wenige die Hand in die Höhe.

Mr. Wellington mahnte: »Mrs. Baird, Sie können nicht erwarten, dass wir alle gegen das Gesetz verstoßen.«

»Keiner hat irgendwas von Gesetzesbruch gesagt«, erwiderte Maggie heiter. »Wir lassen es nur so aussehen, als wäre ein Verbrechen geschehen, und bestehen darauf, dass die Polizei herkommt. Ich werde Blätter herumreichen, auf denen alle ihre Vorschläge notieren. Ich werde melden, dass mir irgendein Wertgegenstand gestohlen wurde, und nach einer Weile sage ich einfach: ›Tut mir leid, aber er hat sich wieder eingefunden.‹ Solche Sachen.«

Im Saal herrschte Stille. Offensichtlich wartete jeder, dass Priscilla das Wort ergriff, wie Maggie wütend klar wurde. Herrschaftsgläubiger Bauernhaufen!, dachte sie verärgert.

Priscilla stand auf. Sie trug ein elegantes graues Nadelstreifenkostüm, eine weiße Bluse, eine helle Feinstrumpfhose und hohe Lackpumps. »Ja, ich denke, ein wenig gestelltes Verbrechen ist eine sinnvolle Maßnahme«, sagte sie. »Mein Vater hat schon wieder Ärger mit Wilderern. Ich werde mit der Beschwerde anfangen.«

Es setzte Jubel ein, und ein Mann rief: »Ja, genau! Wir wussten, dass Ihnen etwas einfällt.«

In diesem Moment fühlte sich Alison ihrer Tante recht zugetan. Es schien unfair, dass Maggie die Idee gehabt hatte und Priscilla das ganze Lob einstrich.

Blätter wurden herumgereicht, einige Halbliterflaschen mit Whisky wurden hervorgeholt, und die Dorfbewohner begannen eifrig zu schreiben. Bald war die Luft schwer von scharfem Alkoholgeruch und Zigarettenqualm.

Als die Versammlung vorüber war, waren alle mit dem Ergebnis zufrieden – mit Ausnahme von Mr. und Mrs. Wellington, Maggie und Alison.

»Was strenge ich mich überhaupt an?«, schimpfte Maggie auf dem Heimweg. »Hast du gesehen, wie diese Halburton-Smythe-Schlampe seelenruhig die Lorbeeren für alles eingeheimst hat? Jedenfalls ist mein Verbrechen das beste. Denen werde ich es zeigen!«

Sergeant MacGregor fuhr erbost über die gewundenen Highland-Straßen nach Lochdubh. Eine Frau hatte ihre Diamantohrringe verloren, und was früher dieser Macbeth geregelt hätte, musste nun er, MacGregor, übernehmen.

Noch schlimmer war, dass diese Schnepfe, diese Mrs. Baird, bei den hohen Tieren in Strathbane angerufen und sie beschuldigt hatte, willentlich die Kriminalität in Lochdubh zu fördern, indem sie den Dorfpolizisten abgezogen hatten, und drohte, an die Times zu schreiben.

MacGregor fuhr durch Lochdubh und stellte angesäuert fest, dass hier alles so verschlafen wie eh und je war. Dann nahm er die Küstenstraße zu Maggie Bairds Bungalow.

Die Tür wurde von einer mürrisch aussehenden Haushälterin in einem blauen Baumwollkleid mit weißem Kragen geöffnet. MacGregor stöhnte innerlich. Wer sich dieser Tage eine schottische Haushälterin leisten und sie auch noch in eine Art Uniform zwängen konnte, musste stinkreich sein; und stinkreich bedeutete mächtig, was wiederum Ärger verhieß.

Mrs. Baird war ganz so, wie er befürchtet hatte: eine große, fettleibige Frau in einem Tweed-Kostüm und klobigen Budapestern. Ihr dickes Haar war zu einem altmodischen Dutt aufgesteckt, und sie hatte den frostigen Akzent der Oberschicht. Bei ihr auf dem Chintz-Sofa saß eine verhuscht wirkende jüngere Frau, die ihn durch dicke Brillengläser beäugte und von Mrs. Baird als »Miss Kerr, meine Nichte« vorgestellt wurde.

»Sie haben sich ganz schön Zeit gelassen herzukommen«, sagte Maggie.

»Na ja, ich komme aus Cnothan, das ist ein bisschen weiter weg«, entgegnete MacGregor mit einem, wie er hoffte, beschwichtigenden Lächeln.

»Hören Sie auf, wie ein Affe zu grinsen, und holen Sie schon Ihr Notizbuch hervor!«, befahl Maggie.

Die Haushälterin brachte ein Tablett mit einer Kaffeekanne, Sahne, Zucker und nur zwei Tassen. MacGregor bekam offenbar nichts angeboten.

»Wann haben Sie bemerkt, dass die Ohrringe verschwunden waren?«, fragte MacGregor.

»Gestern Abend. Ich habe überall gesucht. Mrs. Todd, meine Haushälterin, stammt aus dem Ort und ist über jeden Zweifel erhaben. Aber gestern wurden zwei verdächtig wirkende Wanderer gesehen, die hier herumlungerten. Sie könnten irgendwie ins Haus gelangt sein und den Schmuck gestohlen haben.«

»Beschreibung?« MacGregor zückte den Bleistift.

»Ein Pärchen, Anfang zwanzig. Der Mann hatte einen struppigen Bart, und das Mädchen sah wie eines dieser schrecklichen Intellektuellen aus, ungefähr wie Miss Kerr.« Maggie lachte, und Alison fuhr zusammen. »Der Mann trug eine Tarnjacke, Jeans und eine Skimütze, das Mädchen einen roten Anorak und eine braune Hose. Auf dem Kopf hatte sie nichts. Ihr Haar war mausgrau.«

Kurz darauf fuhr MacGregor ein wenig optimistischer weg. Er hatte etwas Konkretes. Von seinem Land Rover aus rief er in Strathbane an und gab die Beschreibung der Wanderer durch. Dieser komische Typ, Macbeth, hatte die Frechheit besessen, in MacGregors Abwesenheit einen Mord in dessen Revier aufzuklären. Nun würde er bald sehen, dass ihn in Lochdubh keiner vermisste.

MacGregor war gerade erst zu Hause angekommen, als der Chief Constable anrief. Colonel Halburton-Smythe verlangte umgehend nach einem Polizisten. Wilderer fischten offenbar mit Netzen Lachse aus seinem Fluss. Ächzend machte MacGregor sich abermals auf den Weg nach Lochdubh. Der Colonel bestand darauf, mit MacGregor querfeldein zum Fluss zu marschieren, wobei er sich ausschweifend über die Unfähigkeit der Polizei beschwerte. MacGregor war müde und verärgert, als er wieder nach Cnothan zurückkehrte.

Doch seine Wut verlieh ihm Kraft – Wut, die ihm ein Anruf aus Strathbane bescherte, bei dem man ihn informierte, dass Mrs. Baird sich gemeldet hatte. Sie hatte die verlorenen Ohrringe in der Sofaritze gefunden, und was fiel MacGregor ein, die Polizei nach stehlenden Wanderern suchen zu lassen, die höchstwahrscheinlich gar nicht existierten?

Dann kam ein Anruf vom Lochdubh Hotel. Eine Gruppe junger Leute randalierte in der Bar, hieß es. MacGregor bat um Verstärkung und machte sich aufs Neue auf den Weg nach Lochdubh. Dort fand er die Bar leer vor bis auf einige zerschmetterte Gläser und den Hotelmanager, der ihm keine richtige Beschreibung der jungen Randalierer geben konnte.

Als er endlich wieder zu Hause war und im Bett lag, kamen MacGregor vor lauter Wut fast die Tränen.

Am nächsten Morgen war er ein wenig beruhigt. Lochdubh würde wieder in seinen friedlichen Dornröschenschlaf sinken.

Und dann läutete das Telefon. Ein Pächter in Lochdubh meldete, dass ihm nachts fünf Schafe gestohlen worden waren, und ein Farmer berichtete, zwei seiner preisgekrönten Kühe seien verschwunden. Die Dorflehrerin, Miss Monson, rief an und sagte, in einem der Klassenzimmer seien Drogen gefunden worden.

Wieder bat MacGregor telefonisch um Hilfe, nur um sich fragen zu lassen, warum er nichts allein regeln könne – zumindest bis er zu der Geschichte mit den Drogen im Klassenzimmer kam. Detective Chief Inspector Blair und ein Team von Detectives und Spurensicherern wurden aus Strathbane geschickt, nur um festzustellen, dass es sich bei dem vermeintlichen Drogenfund um kleine Tüten mit Backpulver handelte.

»Wie dumm von mir!«, sagte die Lehrerin kichernd, und Blair ließ seinen Zorn an MacGregor aus, der seinen höchstens an seiner Frau ablassen könnte, doch vor ihr fürchtete er sich.

Das Erstaunliche an britischen Polizistinnen war, dass sie in verblüffend großer Zahl attraktiv waren. Weshalb Police Constable Hamish Macbeth nicht umhinkonnte, sich zu fragen, warum er das Pech hatte, mit einem Geschöpf wie Mary Graham auf Streife geschickt zu werden. PC Graham, fand er, erinnerte an diese Frauen, die man in alten deutschen Kriegsfilmen sah. Da war nicht bloß das blond gefärbte Haar. Sie hatte auch noch eisblaue, stechende Augen, einen verkniffenen Mund und eine stets makellose Uniform mit einem kurzen, schmalen Rock, der kräftige, muskulöse Beine in einer schwarzen Strumpfhose enthüllte – keine Feinstrumpfhose wohlgemerkt, sondern eine dicke aus Wolle, und dazu Schuhe, die ausnahmslos auf Hochglanz poliert waren, sodass sie an schwarzes Glas gemahnten.