Hamlet, Prinz von Dänemark - William Shakespeare - E-Book

Hamlet, Prinz von Dänemark E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

"Hamlet" ist das meistgespielte Drama von William Shakespeare, der Prinz von Dänemark seine berühmteste Figur. Die menschliche Psyche und ihre Widersprüchlichkeiten sowie die Reflexion über Ich, Fiktion und Welt stehen in "Hamlet" auf dem Prüfstand, und nicht umsonst hat der berühmteste Monolog der Theatergeschichte in diesem Stück seinen Platz: "Sein oder Nichtsein, das ist die Frage." Die moderne Übersetzung von Maik Hamburger und Adolf Dresen besticht durch besondere – auch sprachlich-stilistische – Nähe zum Original und vor allem durch ihre Bühnenwirkung. Der Übersetzer: Maik Hamburger, 1931 in Shanghai geboren und in England aufgewachsen, war fast 30 Jahre Dramaturg am Deutschen Theater in Berlin. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und war von 1993 bis 2002 Vizepräsident der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Neben Shakespeare hat er u. a. Arthur Miller, Tennessee Williams und Sean O'Casey übersetzt. Nachwort: Ulrike Draesner, geboren 1962, studierte englische und deutsche Literaturwissenschaft in München und Oxford, promovierte 1992 und lebt seit 1996 als Autorin von Romanen, Erzählungen, Gedichten und Essays in Berlin.

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Seitenzahl: 171

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William Shakespeare

Die tragische Geschichte von Hamlet, Prinz von Dänemark
Aus dem Englischen übersetzt
von Maik Hamburger und Adolf Dresen
Nachwort von Ulrike Draesner

Reclam

Englischer Originaltitel: The Tragical History of Hamlet, Prince of Denmark

Für das Spiel im Spiel wurde die Übersetzung von August Wilhelm Schlegel übernommen

2013, 2017 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Die Aufführungs- und Senderechte vergibt der henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin

Covergestaltung: Eva Knoll

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2017

RECLAM ist eine eingetragene Marke

der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-960359-9

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-020489-4

www.reclam.de

Inhalt

Die tragische Geschichte von Hamlet, Prinz von Dänemark

1. Szene (I,1)

2. Szene (I,2)

3. Szene (I,3)

4. Szene (I,4)

5. Szene (I,5)

6. Szene (II,1)

7. Szene (II,2)

8. Szene (III,1)

9. Szene (III,2)

10. Szene (III,3)

11. Szene (III,4)

12. Szene (IV,1)

13. Szene (IV,2)

14. Szene (IV,3)

15. Szene (IV,4)

16. Szene (IV,5)

17. Szene (IV,6)

18. Szene (IV,7)

19. Szene (V,1)

20. Szene (V,2)

Anhang

Zu dieser Ausgabe

Die Noten zu den Liedern

Nachwort

Hinweise zur E-Book-Ausgabe

Personen

HAMLET, Prinz von Dänemark

CLAUDIUS, König von Dänemark, Hamlets Onkel

GERTRUD, Königin von Dänemark, Hamlets Mutter

POLONIUS, Staatsrat

LAERTES, sein Sohn

OPHELIA, seine Tochter

HORATIO, Hamlets Freund

Hamlets Studienfreunde und Hofleute

ROSENCRANTZ

GUILDENSTERN

Hofleute

VOLTEMAND

CORNELIUS

OSRIC

Offiziere

MARCELLUS

BERNARDO

FRANCISCO, ein Soldat

DER GEISTvon Hamlets Vater

FORTINBRAS, Prinz von Norwegen

REYNALDO, Diener des Polonius

ERSTER SCHAUSPIELER, König im Spiel

ZWEITER SCHAUSPIELER, Königin im Spiel

DRITTER SCHAUSPIELER, Prolog und Lucianus im Spiel

Totengräber

ERSTER CLOWN

ZWEITER CLOWN

Ein norwegischer Hauptmann

Ein Priester

Ein Seemann

Englische Gesandte

Ladies, Gentlemen, Soldaten, Diener, Seeleute

Spielort: Helsingör. Königsschloss und Umgebung. Szene 15 an einer Ländergrenze.

1. Szene(I,1)

Auftritt Francisco, ein Soldat auf Wache, dazu Bernardo, der ihn ablöst.

BERNARDO. Wer da?

FRANCISCO. Das frage ich. Halt! Und entdeckt Euch!

BERNARDO. Es lebe der König.

FRANCISCO. Bernardo?

BERNARDO. Ja.

FRANCISCO. Du kommst gewissenhaft zu deiner Zeit.

BERNARDO. Es schlug grad zwölf; hau ab ins Bett, Francisco.

FRANCISCO. Dank für die Ablösung! Verfluchte Kälte!

Und mir ist schlimm ums Herz.

BERNARDO. War deine Wache ruhig?

FRANCISCO.Keine Maus rührt sich.

BERNARDO. Dann gute Nacht.

Wenn du Horatio und Marcellus triffst,

Die mit mir Wache stehn, dann treib sie an.

(Auftritt Horatio und Marcellus.)

FRANCISCO. Ich glaub, ich hör sie. Halt! Wer da?

HORATIO. Freund dieses Bodens.

MARCELLUS.Und Vasall des Dänen.

FRANCISCO. Wünsch gute Nacht.

MARCELLUS.Dir ebenfalls Soldat.

Wer löst dich ab?

FRANCISCO.Bernardo hat den Platz.

Wünsch gute Nacht. (Ab.)

MARCELLUS.Holla Bernardo!

BERNARDO.He –

Na, ist Horatio da?

HORATIO.Ein Stück von ihm.

BERNARDO. Grüß Euch, Horatio, grüß dich auch, Marcellus.

HORATIO. Na, hat das Ding sich heute schon gezeigt?

BERNARDO. Ich habe nichts gesehn.

MARCELLUS. Horatio meint, es wäre Phantasie,

Und räumt dem Schreckbild, das wir zweimal sahn

In seinem Glauben keine Stelle ein,

Deswegen bat ich ihn hierher, mit uns

Zu wachen die Minuten dieser Nacht

Damit er, wenn das Wesen wiederkommt,

Selbst unsre Augen prüft und es befragt.

HORATIO. Na, na, es kommt schon nicht.

BERNARDO.Nehmt Platz inzwischen.

Wir wolln noch mal bestürmen Euer Ohr

Das so befestigt gegen alles ist

Was wir zwei Nächte sahn.

HORATIO.Schön, sitzen wir

Und hörn wir, was Bernardo sagt.

BERNARDO. Die letzte Nacht,

Als dieser Stern da, westlich vom Polar

Hochkam, die Himmelsgegend zu beleuchten

Wo er jetzt brennt, Marcellus und ich standen,

Die Uhr schlug eben eins –

(Auftritt Geist.)

MARCELLUS. Pst, still, hör auf, sieh, wie’s da wieder kommt.

BERNARDO. Ganz die Gestalt wie unser toter König.

MARCELLUS. Du bist Studierter, sprich es an, Horatio.

BERNARDO. Ist’s nicht dem König gleich? Sieh doch, Horatio!

HORATIO. Genau. Es schüttelt mich mit Furcht und Staunen.

BERNARDO. Es wünscht, dass man es anspricht.

MARCELLUS.Tut’s Horatio.

HORATIO. Was bist du, das missbraucht die Zeit der Nacht

Und diese edle Kriegsgestalt, in der

Die Majestät des toten Dänemark

Dereinst umherschritt? Bei Gott, ich sage dir, sprich!

MARCELLUS. Es ist beleidigt.

BERNARDO.Da, es stelzt davon.

HORATIO. Steh! Sprich, sprich, ich sag dir, sprich!

(Geist ab.)

MARCELLUS. Weg ist’s und will nicht reden.

BERNARDO. Was jetzt, Horatio? Ihr zittert und seid blass,

Ist das nicht bisschen mehr als Phantasie?

Was haltet Ihr davon?

HORATIO. Bei meinem Gott, ich könnte das nicht glauben

Wär nicht dies sinnliche und sichre Zeugnis

Der eignen Augen.

MARCELLUS.Gleicht es nicht dem König?

HORATIO. Wie du dir selbst.

Genau so war die Rüstung, die er trug

Im Zweikampf mit dem stolzen Norweger

So kraus die Stirn, als er bei hitzigen Händeln

Die schlittenfahrenden Polen auf das Eis drosch.

Sehr seltsam.

MARCELLUS. Und zweimal schon um diese tote Zeit

Passierte er mit Kriegsschritt unsere Wache.

HORATIO. Was das speziell bedeutet, weiß ich nicht,

Jedoch, nach Sicht und Umkreis meiner Kenntnis

Verkündet dies dem Staat merkwürdigen Umbruch.

MARCELLUS. Gut denn, nehmt Platz, und sage wer es weiß

Warum dies scharfe, angespannte Wachen

Den Untertan des Reichs allnächtlich plagt,

Warum tagtäglich man Geschütze gießt,

Auf Auslandsmärkten Kriegsgeräte kauft,

Warum man Leute in die Werften presst

Und feiertags und alltags schuften lässt –

Was liegt da in der Luft und schirrt die Nacht

Als schwitzende Gehilfin an den Tag?

Kann mich da jemand aufklärn?

HORATIO.Das kann ich.

Man munkelt’s jedenfalls. – Der letzte König

Der, dessen Ebenbild uns grad erschien,

War, wie ihr wisst, von Fortinbras von Norwegen,

Den schlimmer Hochmut stachelte, zum Kampf

Gefordert worden, in dem der tapfere Hamlet

– So nannte ihn die uns bekannte Welt –

Den Fortinbras erschlug, der laut Vertrag

Wohl garantiert durch Recht und Ritterkodex,

Mit seinem Leben auch das Land verlor,

Das er besessen hatte, an den Überwinder

– Wogegen ein entsprechend großes Stück

Von unserm König eingesetzt war, das

In Fortinbras’ Besitz gefallen wäre

Hätt der den Sieg erkämpft; ganz wie durch Klausel

Und Inhalt der geschriebenen Artikel

Jetzt seins an Hamlet. Nun, der junge Fortinbras

Voll Hitze und voll unerprobter Kraft

Hat in den Ecken Norwegens, hier und da

Zusammengekratzt ein Heer von Vogelfreien,

Für Brot und Kost, zu einem Unternehmen

Mit Mark: das keine andere Absicht hat

– Und solche Einschätzung teilt unser Staat –

Als mit der starken Hand und Waffenlogik

Besagte Länder, einst verspielt vom Vater,

Uns wieder abzunehmen. Das, vermut ich,

Ist Hauptmotiv von unsrer Vorbereitung

Beweggrund unsres Wachdienstes und Ursprung

Von dem Rumoren und Gehetz im Land.

BERNARDO. Ich glaub, es ist nichts anderes als das.

Das könnte zu dem Schreckgebilde passen

In Waffen spukend und dem König ähnlich

Der Anlass dieser Kriege war und ist.

HORATIO. Ein Splitter, der das innere Auge stört.

Als Rom einst voll war von Triumph und Lorbeer

Unmittelbar vor Julius Cäsars Fall,

Stand auf, was Gräber bewohnte, in Leichentüchern

Quiekte und schlurfte es durch die Gassen Roms:

Der Tau war blutig, Sterne feuerschweifig

Die Sonne scheckig, und der feuchte Mond,

Der Einfluss auf das Reich Neptuns ausübt,

War krank und finster wie am Jüngsten Tag.

Genau solch Vorspiel schlimmer Unglücksfälle

Als Zeichen, prophezeiend die Verderbnis,

Und als Prolog des Unheils, das heraufkommt,

Haben Himmel und Erde jetzt aufgeboten

Für unsern Landstrich und für unser Volk.

(Rückkehr Geist.)

Doch still, seht hin! Da, wie es wieder kommt!

Ich stell’s, und wenn ich draufgeh. Halt, Erscheinung!

So irgend du hast Laut und Stimmgewalt

Sprich zu mir.

So irgendwo ein gutes Werk zu tun ist

Das dir Erleichterung brächte und mir Segen

Sprich zu mir.

So du vertraut bist mit des Reiches Schicksal

Das man durch Vorwissen noch wenden könnte

O sprich!

So endlich du gehortet hast bei Lebzeit

Erpresste Schätze im Gedärm der Erde

Wofür, wie’s heißt, ihr Geister öfter umgeht –

(Der Hahn kräht.)

Sprich davon: – Steh und sprich! – Halt es, Marcellus.

MARCELLUS. Soll ich mit der Lanze nach ihm stechen?

HORATIO. Tu’s, wenn’s nicht stehen will.

BERNARDO.’s ist hier!

HORATIO.’s ist hier!

(Geist ab.)

MARCELLUS. ’s ist weg!

Wir kränken’s, wo’s so majestätisch ist,

Wenn wir ihm derart kommen mit Gewalt

Denn es ist unverwundbar wie die Luft

Und über unsere Hiebe lacht das Nichts.

BERNARDO. Es wollte grade sprechen, als der Hahn schrie.

HORATIO. Da fuhr es auf, gleich einem Schuldbeladenen

Beim Anruf des Gerichts. Es heißt ja, dass

Der erste Hahn, der in der Früh trompetet,

Mit seiner hohen, schrill klingenden Kehle

Den Gott des Lichtes weckt, und dass sein Warnruf

Den schweifenden und irrlichternden Geist,

Sei es aus Feuer, Wasser, Erde, Luft,

In seine Grenzen scheucht. Von dessen Wahrheit

Gab eben dieser Gegenstand Beweis uns.

MARCELLUS. Es löste sich beim Hahnenschrei in Luft auf.

Manche sagen, immer wenn die Zeit naht

Da alle die Geburt des Heilands feiern

Singt der Vogel der Frühe die ganze Nacht,

Und dann, sagt man, wagt sich kein Geist heraus;

Die Nächte sind gesund; kein Planet trifft

Kein Alp drückt, keine Hex hat Kraft zum Zaubern

So gnadenvoll und heilig ist die Zeit.

HORATIO. So hab ich es gehört und glaub’s zum Teil.

Doch seht, der Morgen läuft im roten Kittel

Über den Tau des östlichen Berges dort.

Brechen wir die Wache ab; ich meine

Wir teilen, was wir heute nacht hier sahn,

Dem jungen Hamlet mit; bei meinem Leben

Das Wesen, stumm zu uns, ihm wird es reden.

Stimmt ihr mir zu, dass wir es ihm eröffnen,

Wie’s unsrer Liebe ziemt und unsrer Treue?

MARCELLUS. Ich denk, wir tun’s; ich weiß, wo er heut morgen

Für uns am günstigsten zu treffen ist.

(Alle ab.)

2. Szene(I,2)

Fanfaren. Auftritt König Claudius, Königin Gertrud, Polonius, Laertes, Voltemand, Cornelius, zuletzt Hamlet.

KÖNIG. Obwohl von Hamlets, Unseres Bruders, Tod

Noch das Gedächtnis grün ist und Uns ziemt

Voll Schmerz zu trauern, wie auch Unseren Ländern

Sich einzuziehn in eine Stirn des Grams,

Hat doch Vernunft so weit Natur bekämpft

Dass wir mit weisem Schmerze seiner denken

Zugleich auch mit Erinnerung Unsrer selbst.

Weshalb wir Unsre einstige Schwester, nunmehr Gattin,

Königinwitwe dieses tapfern Staats,

Mit sozusagen deprimierter Freude

Mit einem heitern, einem feuchten Auge

Mit Leichenjubel und mit Hochzeitsklage,

In gleichen Schalen wägend Lust und Leid,

Nahmen zur Frau; auch sperrten Wir in diesem

Uns Eurer bessern Weisheit nicht, die frei

Uns zugestimmt hat. Allen Unsern Dank.

Nun dies: Ihr wisst, der junge Fortinbras

Von Unsern Kräften schlechte Meinung hegend

Auch glaubend, durch des teuren Bruders Tod

Sei Unser Staat verrenkt und aus den Fugen,

Verbündet also solchem Traum von Vorteil

Hat er es nicht versäumt, Uns zuzusetzen

Mit Forderung, die Länder abzutreten

Die einst sein Vater kraft des Rechts verlor

An Unseren tapferen Bruder. So viel von ihm.

Nun zu Uns selbst und Unsrer heutigen Sitzung:

Unser Geschäft ist dies: Wir mahnen hier

Norwegens König, Onkel des Fortinbras

Der, schwach und bettlägerig, vom Plan des Neffen

Kaum weiß, er möge dessen weitres Vorgehn

In Schranken rufen, kommt doch Aufgebot,

Rekruten wie Gesamtausrüstung, schließlich

Aus seinem Untertan. Wir senden daher

Euch, Freund Cornelius, und Euch, Voltemand,

Mit diesem Gruß zum alten Norweger,

Und Wir ermächtigen Euch in Person

Zur Unterhandlung mit dem König, so weit

Als der Vertrag, hier aufgeführt, erlaubt.

Lebt wohl, und Eile lobe Eure Treue.

CORNELIUS und VOLTEMAND. Hier wie in allem wolln wir Treue zeigen.

KÖNIG. Wir zweifeln nicht daran, lebt herzlich wohl.

(Cornelius und Voltemand ab.)

Und nun Laertes, was steht an mit Euch?

Ihr nanntet ein Gesuch: Was ist’s, Laertes?

Wer mit Vernunft vorm Dänenkönig spricht,

Verliert sein Wort nicht. Was, Laertes, bätst du

Das nicht gewährt ist, ehe du es nennst?

Der Kopf ist nicht so eng ans Herz gewachsen

Die Hand nicht so bereitwillig dem Mund

Als Dänemarks Thron es deinem Vater ist.

Was ist dein Wunsch, Laertes?

LAERTES.Strenger Herr,

Urlaub zurück nach Frankreich, von woher

Ich guten Willens zwar nach Dänemark kam

Bei Eurer Krönung meinen Eid zu leisten,

Doch jetzt, gesteh ich, nach erfüllter Pflicht

Drehn meine Wünsche wieder um nach Frankreich

Und bitten Euch um Urlaub und Pardon.

KÖNIG. Entlässt der Vater Euch? Was sagt Polonius?

POLONIUS. Er rang, Mylord, durch mühevolles Bitten

Mir lahmen Urlaub ab, so dass ich endlich

Den Wunsch mit schwerem Jawort siegelte;

Ich such Euch an, gebt Urlaub ihm zu gehn.

KÖNIG. Ergreif den Tag, Laertes, Zeit ist dein

Und dein Talent benutze sie nach Wunsch!

Doch nun, mein Neffe Hamlet, und mein Sohn –

HAMLET. Mehr als Verwandtschaft, und doch nicht verwandt.

KÖNIG. Was hängen noch die Wolken über Euch?

HAMLET. Nicht doch, Mylord: ich bin der strahlende Sohn.

KÖNIGIN. Mein Hamlet, wirf die nächtige Farbe ab

Dein Auge ruhe freundlich auf dem Dänen;

Such doch nicht ständig mit verhangnem Blick

Im Staub den edlen Vater, denn es ist

Gemeines Los: Was lebt, lebt seine Zeit

Und geht durchs Leben in die Ewigkeit.

HAMLET. Ja, Madam – es ist gemein.

KÖNIGIN.Ist es so,

Warum scheint es dir hier so ungewohnt?

HAMLET. Scheint, Madam? Nein, es ist, ich kenn kein ›scheint‹.

Nein, nicht mein tintner Mantel, gute Mutter

Noch das Gewand in herkömmlichem Schwarz

Noch dumpfer Aushauch von gepresster Luft

Noch wasserreiche Flüsse unterm Lid

Noch schmerzliches Verziehen des Gesichts

Samt aller Sitte, Mode, Form der Trauer,

Ist, was mich treffend zeigt; ja, all dies scheint

Denn es sind Gesten, die man spielen könnte;

Was in mir ist, ist mehr als bloßes Kleid –

Dies ist nur Zutat, Requisit von Leid.

KÖNIG. Lieb ist und Eurem Wesen rühmlich, Hamlet

Dem Vater diese Trauerpflicht zu leisten:

Doch hört, auch Eurem Vater starb ein Vater

Und dem gestorbnen Vater starb der seine,

Der Hinterbliebene war als Sohn verpflichtet

Die Trauerzeit zu wahren; doch bestehn

Auf eigensinnigem Klagen ist das Tun

Unfrommen Starrsinns, unmännlicher Schmerz

Zeigt einen gotteslästerlichen Willen,

Ein Herz, ganz wehrlos, einen Sinn, geduldlos

Einen Verstand, einfältig, ungebildet;

Denn wo man weiß, es muss sein und ist üblich

Wie irgend Übliches, das aufstößt täglich,

Warum sich das mit säuerlichem Trotz

Zu Herzen nehmen? Welch Vergehn am Himmel

Vergehn am Tod, Vergehn an der Natur

Und dem Verstand absurd, der immerfort

Den Tod der Väter lehrt, der immer schrie

Vom ersten Leichnam bis zum neusten Grab:

»Dies muss so sein.« Wir bitten, werft beiseit

Den Schmerz, der keine Früchte trägt, und seht

In Uns den Vater; denn die Welt erfahr:

Ihr steht zu allernächst bei Unserm Thron

Und es soll nirgends einen Vater geben

Der größre Liebe aufbringt für den Sohn

Als ich für Euch. Betreffend Eure Absicht

Zurückzugehn zur Schule nach Wittenberg

Sie steht im Widerspruch zu Unserm Wunsch

Und Wir ersuchen Euch: Beliebt zu bleiben

Hier unter Trost und Beistand Unsres Blicks

Als erster Hofmann, Neffe und als Unser Sohn.

KÖNIGIN. Lass deine Mutter nicht vergeblich bitten, Hamlet

Ich bitte, bleibe hier, geh nicht nach Wittenberg.

HAMLET. Ich gehorche Euch nach besten Kräften, Madam.

KÖNIG. Ja, das ist liebevolles, schönes Wort:

Seid denn in Dänemark Uns gleich. Kommt, Madam

Dies sanfte, freie Einverständnis Hamlets

Wärmt mir das Herz. Aus diesem freudigen Grund

Solln heute, wenn der Däne Prosit trinkt,

Es die Kanonen in die Wolken brülln,

Des Königs Fest soll durch den Himmel halln

Als irdisches Gewitter. Kommt mit mir.

(Alle ab außer Hamlet.)

HAMLET. O dass dies sture, sture Fleisch zerginge

Auftaute, liefe als ein Wasser weg,

O dass der Ewige nicht sein Gebot

Gestellt hätt gegen Selbstmord! Großer Gott,

Wie lästig, schal, platt und ergebnislos

Erscheint mir das Getriebe dieser Welt.

O pfui drauf! O pfui! Welch ein verqueckter Garten

Der hoch ins Kraut schießt, geiles rohes Zeug

Erfüllt ihn völlig. Dass es dazu kam!

Zwei Monate erst tot! Nein, nicht so viel, nicht zwei;

Ein so vollkommner König, neben diesem,

Hyperion neben Satyr, so meine Mutter liebend

Dass er dem Wind des Himmels nicht erlaubte

Die Stirn zu rauh zu rührn ihr. Himmel und Erde,

Muss ich’s behalten? Hing sie doch an ihm

Als würd ihr Appetit nach ihm nur größer

Über der Nahrung. Und in einem Monat –

Nur nicht dran denken! Schwachheit, dein Name ist Weib!

Ein Monat nur, die Sohle noch nicht durch,

Mit der sie hinter Vaters Leiche ging

Wie Niobe, ganz Tränen; sie, ja sie –

O Gott, ein Vieh bar jeglichen Verstands

Trauerte länger, Ehefrau des Onkels,

Des Vaters Bruder, doch nicht ähnlicher dem Vater

Als ich dem Herkules. In einem Monat!

Eh von den schnellen Tränen noch das Salz

Aus ihren roten Augen weggespült war

Verheiratet! O Todsünde, so flink

Zu schlüpfen in die Laken des Inzests!

Es ist nicht und es endet niemals gut.

Zerspring, mein Herz, ich halt die Zunge fest.

(Auftritt Horatio, Marcellus, Bernardo.)

HORATIO. Heil Euer Lordschaft!

HAMLET.Erfreut, Sie frisch zu sehn –

Horatio – oder ich vergess mich selbst.

HORATIO. Eben der, Mylord, und stets Ihr armer Diener.

HAMLET. Mein guter Freund, Sir, tauschen wir den Titel.

Was führt Sie her von Wittenberg, Horatio?

Marcellus?

MARCELLUS. Ja, Mylord!

HAMLET.Es freut mich, Sie zu sehn.

(Zu Bernardo.) Guten Abend, Sir.

Im Ernst, was führt Sie her von Wittenberg?

HORATIO. Veranlagung zum Schuleschwänzen, Mylord.

HAMLET. Ich wollte das von Ihrem Feind nicht hören,

Viel weniger sollten Sie dem Ohr Gewalt tun

Indem Sie es bereden wollen mit Zeugnis

Gegen sich selbst. Ich weiß, Sie schwänzen nicht.

Doch was ist Ihr Geschäft in Helsingör?

Sie solln noch trinken lernen, eh Sie fahren.

HORATIO. Ich kam, Mylord, zu Ihres Vaters Begräbnis.

HAMLET. Ich bitte, spotten Sie nicht, Studienfreund

Ich denk, es war zu meiner Mutter Hochzeit.

HORATIO. Weiß Gott, Mylord, sie folgte hart darauf.

HAMLET. Wirtschaft, Horatio, Wirtschaft! Das Gebackne

Vom Leichenschmaus gab kalte Hochzeitsschüsseln.

O hätt’ ich meinen Todfeind eher im Himmel

Gesehn, als diesen Tag, Horatio.

Mein Vater – mir ist, als sähe ich meinen Vater.

HORATIO. Wo, Mylord?

HAMLET.Vor meinem innern Auge, Horatio.

HORATIO. Ich sah ihn einst; er war ein guter König.

HAMLET. Er war ein Mann, nimmt man ihn voll und ganz

Nie werd ich wieder seinesgleichen sehn.

HORATIO. Mylord, ich glaub, ich sah ihn gestern nacht.

HAMLET. Sah? Wen?

HORATIO.Mylord, den König, Ihren Vater.

HAMLET. Den König, meinen Vater?

HORATIO. Stelln Sie Ihr Staunen kurze Zeit zurück

Und richten Sie Ihr Ohr auf Unerhörtes

Das ich, mit Zeugnis dieser beiden Herrn,

Berichten kann.

HAMLET.Um Gottes willen, sprecht.

HORATIO. Zwei Nächte nacheinander ist den Herrn,

Marcellus und Bernardo, auf der Wache

In toter Einsamkeit der Mitternacht

Dies widerfahrn: Ein Wesen wie Ihr Vater

Von Kopf bis Fuß und Stück für Stück in Eisen

Erscheint vor ihnen, geht gemessnen Schritts

Langsam und würdevoll vorbei; dreimal

Kam er vor ihre schreckensweiten Augen

Im Abstand seines Stabs; und sie, verwandelt

Beinah zu Gallert durch die Macht der Furcht,

Stehn taub und reden ihn nicht an. Dies haben

Sie mir berichtet mit bestürztem Flüstern;

Ich hielt die dritte Nacht mit ihnen Wache

In der, ganz wie sie sagten, Wort für Wort

Bestätigend, was Form und Stunde angeht,

Das Wesen kommt. Ich kannte Ihren Vater;

Die Hände sind nicht gleicher.

HAMLET.Welcher Ort?

MARCELLUS. Mylord, die Plattform, wo wir Wache hielten.

HAMLET. Sie sprachen es nicht an?

HORATIO.Mylord, ich tat’s;

Doch Antwort gab es keine; einmal schien mir

Als höbe es den Kopf und schickte sich

Zu einer Geste, so als wollte es sprechen;

Da aber krähte laut der Morgenhahn

Auf dessen Ruf es sich geschwind davonstahl

Und unserem Blick entschwand.

HAMLET.Sehr sonderbar.

HORATIO. So wahr ich lebe, edler Lord, es stimmt:

Wir warn der Meinung, Treuevorschrift zwinge,

Es Ihnen zu melden!

HAMLET. Jaja, gewiss, ihr Herrn, doch es verwirrt mich.

Sie haben heut die Wache?

BEIDE.Ja, Mylord.

HAMLET. In Eisen, sagen Sie?

BEIDE. In Eisen, Mylord.

HAMLET. Von oben bis unten?

BEIDE.Mylord, von Kopf bis Fuß.

HAMLET. So sahn Sie kein Gesicht?

HORATIO. O doch, Mylord, denn sein Visier stand offen.

HAMLET. Wie, sah er finster aus?

HORATIO. Ein Antlitz mehr voll Kummer als voll Zorn.

HAMLET. Bleich oder rot?

HORATIO. Nein, sehr bleich.

HAMLET.Den Blick auf Sie geheftet?

HORATIO. Unverwandt.

HAMLET.Ich wollt, ich wär dabeigewesen.

HORATIO. Es hätt Sie sehr erschreckt.

HAMLET.Möglich, möglich.

Blieb es lange?

HORATIO. Man konnte mäßigen Gangs bis hundert zählen.

BEIDE. Länger. Länger.

HORATIO. Nicht, als ich’s sah.

HAMLET.Sein Bart war grau? Nicht?

HORATIO. Es war, wie ich bei ihm im Leben sah

Ein düstres Silber.

HAMLET.Ich will heut nacht wachen;

Vielleicht geht’s wieder um.

HORATIO.Bestimmt, es wird.

HAMLET. Wenn es des edlen Vaters Äußres annimmt

Sprech ich es an, selbst wenn die Hölle klaffte

Und hieß mich schweigen. Ich ersuche euch alle

Wenn ihr das Bild bisher verheimlicht habt

Belasst es weiterhin in eurem Schweigen,