Hamlet - William Shakespeare - E-Book

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William Shakespeare

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Beschreibung

Der Geist des ermordeten Vaters erteilt Hamlet den Auftrag, den Mörder zu richten. Hamlet solle Claudius, den Bruder des Ermordeten, seiner gerechten Strafe zuführen. Zunächst versucht Hamlet, den Mordvorwurf des Geistes zu belegen. Tatsächlich überführt er Claudius mit einer Finte. Doch auch die Gewissheit über die Schuld des Claudius hat Hamlets Unentschlossenheit nicht besiegt. Noch immer zaudert er. »Hamlet« ist mit »Romeo und Julia« wohl Shakespeares beliebtestes Drama. Der Text entstand um das Jahr 1600. Seit Anbeginn erfreut sich »Hamlet« gerade in England hoher Popularität. Die Figur des Hamlet wurde durch Shakespeare zum Inbegriff des von inneren Konflikten zerrissenen Zauderers.

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Hamlet

TitelseitePERSONENERSTER AKTErste Szene - Helsingör. Eine Terrasse vor dem SchlosseZweite Szene - Helsingör. Ein Staatszimmer im SchlosseDritte Szene - Ein Zimmer in Polouius' HauseVierte Szene - Die TerrasseFünfte Szene - Ein abgelegener er Teil [der Terrasse ] des SchlossesZWEITER AKTErste Szene - Ein Zimmer im Hause der PoloniusZweite Szene - Ein Zimmer im SchlosseDRITTER AKTErste Szene - Ein Zimmer im SchlosseZweite Szene - Ein Saal im SchlosseDritte Szene - Ein Zimmer im SchlosseVierte Szene - [Zimmer der Königin ] Ein anderes Zimmer im SchloßVIERTER AKTErste Szene - Ein Zimmer im SchlosseZweite Szene - Ein andres Zimmer im SchlosseDritte Szene - Ein andres Zimmer im SchlosseVierte Szene - Eine Ebene in DänemarkFünfte Szene - Helsingör. Ein Zimmer im SchlosseSechste Szene - Ein andres Zimmer im SchlosseSiebente Szene - Ein andres Zimmer im SchlosseFÜNFTER AKTErste Szene - Ein KirchhofZweite Szene - Ein Saal im SchlosseImpressum
William Shakespeare

Hamlet

Vollständige deutsche Ausgabe

Aus dem Englischen von August Wilhelm von Schlegel

PERSONEN

KÖNIG CLAUDIUS von Dänemark

HAMLET, Sohn des vorigen und Neffe des gegenwärtigen Königs

POLONIUS, Oberkämmerer

HORATIO, Hamlets Freund

LAERTES, Sohn des Polonius

VOLTIMAND

CORNELIUS

ROSENKRANZ

GÜLDENSTERN

OSRICK

Ein EDELMANN

[Zwei EDELLEUTE ]

Ein PRIESTER

MARCELLUS , Offizier

BERNARDO , Offizier

FRANCISCO , ein Soldat

REINHOLD, Diener des Polonius

SCHAUSPIELER

Ein [norwegischer ] HAUPTMANN

Zwei Spaßmacher, TOTENGRÄBER

[Ein GESANDTER ] Englische GESANDTE

Der GEIST von Hamlets Vater

FORTINBRAS, Prinz von Norwegen

KÖNIGIN GERTRUD von Dänemark, Hamlets Mutter

OPHELIA, Tochter des Polonius

Herren und Frauen vom Hofe, Offiziere und Soldaten, Matrosen, [ein Diener, ein Bote. Gefolge ] Boten und anderes Gefolge.

Die Szene ist in Helsingör, [nur in der vierten Szene des vierten Aktes eine Ebene in Dänemark ]

ERSTER AKT

Erste Szene - Helsingör. Eine Terrasse vor dem Schlosse

Francisco auf dem Posten, Bernardo tritt auf.

BERNARDOWer da?

FRANCISCONein,mirantwortet; steht und gebt Euch kund!

BERNARDOLang lebe der König!

FRANCISCOBernardo?

BERNARDOEr selbst.

FRANCISCOIhr kommt gewissenhaft auf Eure Stunde.

BERNARDOEs schlug schon zwölf, mach dich zu Bett, Francisco.

FRANCISCODank für die Ablösung! 's ist bitter kalt,Und mir ist schlimm zumut.

BERNARDOWar Eure Wache ruhig?

FRANCISCO                       Alles mausestill.

BERNARDONun, gute Nacht!Wenn Ihr auf meine Wachtgefährten stoßt,Horatio und Marcellus, heißt sie eilen.[Horatio und Marcellus treten auf. ]

FRANCISCOIch denk, ich höre sie. - He, halt! Wer da?Horatio und Marcellus treten auf.

HORATIOFreund dieses Bodens.

MARCELLUS                       Und Vasall des Dänen.

FRANCISCOHab gute Nacht!

MARCELLUS                 O grüß dich, wackrer Krieger.Wer hat dich abgelöst?

FRANCISCO                        Bernardo hat den Posten.Habt gute Nacht.Ab.

MARCELLUS                 Holla, Bernardo!

BERNARDO                                   Sprecht!He, ist Horatio da?

HORATIO                     Ein Stück von ihm.

BERNARDOWillkommen Euch! Willkommen, Freund Marcellus!

HORATIONun, ist das Ding heut wiederum erschienen?

BERNARDOIch habe nichts gesehn.

MARCELLUSHoratio sagt, es sei nur Einbildung,Und will dem Glauben keinen Raum gestattenAn dieses Schreckbild, das wir zweimal sahn;Deswegen hab ich ihn hieher geladen,Mit uns die Stunden dieser Nacht zu wachen,Damit, wenn wieder die Erscheinung kommt,Er unsern Augen zeug und mit ihr spreche.

HORATIOPah, pah! Sie wird nicht kommen.

BERNARDO                                  Setzt Euch dennUnd laßt uns nochmals Euer Ohr bestürmen,Das so verschanzt ist gegen den Bericht,Was wir zwei Nächte sahn.

HORATIO                           Gut, sitzen wir,Und laßt Bernardo uns hievon erzählen.

BERNARDODie allerletzte Nacht,Als eben jener Stern, vom Pol gen Westen,In seinem Lauf den Teil des Himmels hellte,Wo jetzt er glüht, da sahn Marcell und ich,Indem die Glocke eins schlug -

MARCELLUSO still! Halt ein! Sieh, wie's da wieder kommt!Der Geist kommt , in Waffen.

BERNARDOGanz die Gestalt wie der verstorbne König.

MARCELLUSDu bist gelehrt, sprich du mit ihm, Horatio!

BERNARDOSiehts nicht dem König gleich? Schau's an, Horatio!

HORATIOGanz gleich; es macht mich starr vor Furcht und Staunen.

BERNARDOEs möchte angeredet sein.

MARCELLUSHoratio, sprich mit ihm.

HORATIOWer bist du, der sich dieser Nachtzeit anmaßt,Und dieser edlen, kriegrischen Gestalt,Worin die Hoheit des begrabnen DänmarkWeiland einherging? Ich beschwöre dichBeim Himmel, sprich!

MARCELLUSEs ist beleidigt.

BERNARDO                   Seht, es schreitet weg.

HORATIOBleib, sprich! Sprich, ich beschwör dich, sprich!Geist ab.

MARCELLUSFort ists und will nicht reden.

BERNARDOWie nun, Horatio? Ihr zittert und seht bleich:Ist dies nicht etwas mehr als Einbildung?Was haltet Ihr davon?

HORATIOBei meinem Gott, ich dürfte dies nicht glauben,Hätt ich die sichre, fühlbare GewährDer eignen Augen nicht.

MARCELLUSSiehts nicht dem König gleich?

HORATIO                                Wie du dir selbst.Genau so war die Rüstung, die er trug,Als er sich mit dem stolzen Norweg maß;So droht' er einst, als er in harter ZwiesprachAufs Eis warf den beschlitteten Polacken.'s ist seltsam.

MARCELLUSSo schritt er, grad um diese dumpfe Stunde,Schon zweimal kriegrisch unsre Wacht vorbei.

HORATIOWie dies bestimmt zu deuten, weiß ich nicht;Allein soviel ich insgesamt erachte,Verkündets unserm Staat besondre Gärung.

MARCELLUSNun setzt euch, Freunde; sagt mir, wer es weiß,Warum dies aufmerksame, strenge WachenDen Untertan des Landes nächtlich plagt?Warum wird Tag für Tag Geschütz gegossenUnd in der Fremde Kriegsgerät gekauft?Warum gepreßt für Werften, wo das VolkDen Sonntag nicht vom sauren Werktag trennt?Was gibts, daß diese schweißbetriefte EilDie Nacht dem Tage zur Gehülfin macht?Kann jemand mich belehren?

HORATIO                           Ja, ich kanns;Zum mindsten heißt es so. Der letzte KönigWard, wie Ihr wißt, durch Fortinbras von Norweg,Den eifersüchtger Stolz dazu gespornt,Zum Kampf gefordert; unser tapfrer Hamlet- Denn diese Seite der bekannten WeltHielt ihn dafür - schlug diesen Fortinbras,Der laut dem untersiegelten Vertrag,Durch Recht und Rittersitte wohl bekräftigt,Mit seinem Leben alle Länderein,So er besaß, verwirkte an den Sieger;Wogegen auch ein angemeßnes TeilVon unserm König ward zum Pfand gesetzt,Das Fortinbras anheimgefallen wäre,Hätt er gesiegt, wie durch denselben HandelUnd Inhalt der besprochnen Punkte seinsAn Hamlet fiel. Nun hat Jung FortinbrasVon unerprobtem Feuer heiß und voll,An Norwegs Ecken hier und da ein HeerLandloser Abenteurer aufgerafft,Für Brot und Kost zu einem Unternehmen,Das Herz hat; welches denn kein andres ist,Wie unser Staat das auch gar wohl erkennt,Als durch die starke Hand und Zwang der WaffenDie vorbesagten Land' uns abzunehmen,Die so sein Vater eingebüßt; und diesScheint mir der Antrieb unsrer Zurüstungen,Die Quelle unsrer Wachen und der GrundVon diesem Treiben und Gewühl im Lande.

BERNARDONichts anders, denk ich, ists als eben dies.Wohl trifft es zu, daß diese SchreckgestaltIn Waffen unsre Wacht besucht, so ähnlichDem König, der der Anlaß dieses Kriegs.

HORATIOEin Stäubchen ists, des Geistes Aug zu trüben.Im höchsten palmenreichsten Stande Roms,Kurz vor dem Fall des großen Julius, standenDie Gräber leer, verhüllte Tote schrienUnd wimmerten durch alle römschen Gassen;Und ebensolche Zeichen grauser Dinge,Als Boten, die dem Schicksal stets vorangehn,Und Vorspiel der Entscheidung, die sich naht,Hat Erd und Himmel insgemein gesandtAn unsern Himmelsstrich und Landsgenossen,Wie feuergeschweifte Sterne, blutger Tau,Die Sonne fleckig; und der feuchte Stern,Des Einfluß waltet in Neptunus' Reich,Krankt an Verfinstrung wie zum Jüngsten Tag.[Der Geist kommt wieder. ]Doch still! Schaut, wie's da wieder kommt.Der Geist kommt wieder.                                            Ich kreuz esUnd sollt es mich verderben. -[Er breitet die Arme aus. ]                                Steh, Phantom,Hast du Gebrauch der Stimm und einen Laut:Sprich zu mir!Ist irgendeine gute Tat zu tun,Die Ruh dir bringen kann und Ehre mir:Sprich zu mir!Bist du vertraut mit deines Landes Schicksal,Das etwa noch Voraussicht wenden kann:O sprich!Und hast du aufgehäuft in deinem LebenErpreßte Schätze in der Erde Schoß,Wofür ihr Geister, sagt man, oft im TodeUmhergeht,Der Hahn kräht.            sprich davon! Verweil und sprich![Der Hahn kräht. ]Halt es doch auf, Marcellus!

MARCELLUSSoll ich nach ihm mit der Hellbarde schlagen?

HORATIOTu's, wenns nicht stehen will!

BERNARDO                                's ist hier!

HORATIO                                              's ist hier!

MARCELLUS's ist fort!Geist ab.Wir tun ihm Schmach, da es so majestätisch,Wenn wir den Anschein der Gewalt ihm bieten;Denn es ist unverwundbar wie die Luft,Und unsre leeren Streiche foppen uns.

BERNARDOEs war am Reden, als der Hahn just krähte.

HORATIOUnd da fuhrs auf gleich einem sündgen WesenBeim Aufruf zum Gericht. Ich hab gehört,Der Hahn, der als Trompete dient dem Morgen,Erweckt mit schmetternder und heller KehleDen Gott des Tages, und auf seine Mahnung,Sei's in der See, im Feur, Erd oder Luft,Eilt jeder schweifende und irre GeistIn sein Revier; und von der Wahrheit dessenGab dieser Gegenstand uns den Beweis.

MARCELLUSEs schwand erblassend mit des Hahnes Krähn.Sie sagen, immer, wann die Jahrszeit naht,Wo man des Heilands Ankunft feiert, singeDie ganze Nacht durch dieser frühe Vogel;Dann darf kein Geist umhergehn, sagen sie,Die Nächte sind gesund, dann trifft kein Stern,Kein Kobold schweift, noch können Hexen zaubern:So gnadenvoll und heilig ist die Zeit.

HORATIOSo hört auch ich und glaube dran zum Teil.Doch seht, der Morgen, angetan mit Purpur,Betritt den Tau des hohen Hügels dort;Laßt uns die Wacht abbrechen, und ich rate,Vertraun wir, was wir diese Nacht gesehn,Dem jungen Hamlet; denn, bei meinem Leben,Der Geist, so stumm für uns, ihm wird er reden.Ihr willigt drein, daß wir ihm dieses melden,Wie Lieb uns nötigt und der Pflicht geziemt?

MARCELLUSIch bitt Euch, tun wir das; ich weiß, wo wirIhn am bequemsten heute finden werden.Alle ab.

Zweite Szene - Helsingör. Ein Staatszimmer im Schlosse

Der König, die Königin, Hamlet, Polonius, Laertes, Voltimand, Cornelius, Herren vom Hofe und Gefolge.

KÖNIGWiewohl von Hamlets Tod, des werten Bruders,Noch das Gedächtnis frisch, und ob es Unserm HerzenZu trauern ziemte und dem ganzen Reich,In eine Stirn des Grames sich zu falten:So weit hat Urteil die Natur bekämpft,Daß Wir mit weisem Kummer sein gedenken,Zugleich mit der Erinnrung an Uns selbst.Wir haben also Unsre weiland Schwester,Jetzt Unsre Königin, die hohe WitweUnd Erbin dieses kriegerischen Staats,Mit unterdrückter Freude sozusagen,Mit einem heitern, einem nassen Auge,Mit Leichenjubel und mit Hochzeitklage,In gleichen Schalen wägend Leid und Lust,Zur Eh genommen; haben auch hierinNicht Eurer bessern Weisheit widerstrebt,Die frei Uns beigestimmt. Für alles Dank! -Nun wißt Ihr, hat der junge FortinbrasAus Minderschätzung Unsers Werts und denkend,Durch Unsers teuren selgen Bruders TodSei Unser Staat verrenkt und aus den Fugen,Gestützt auf diesen Traum von seinem Vorteil,Mit Botschaft Uns zu plagen nicht ermangeltUm Wiedergabe jener Länderein,Rechtskräftig eingebüßt von seinem VaterAn Unsern tapfern Bruder. - So viel von ihm;Nun von Uns selbst und Eurer Herberufung.So lautet das Geschäft: Wir schreiben hierAn Norweg, Ohm des jungen Fortinbras,Der schwach, bettlägrig, kaum von diesem AnschlagDes Neffen hört, daß er den fernern GangHierin mög hemmen, da ja doch die Werbung,Bestand und Zahl der Truppen, alles nurAus seinem Volk geschieht; und senden nunEuch, wackrer Voltimand, und Euch, Cornelius,Mit diesem Gruß zum alten Norweg hin,Euch keine weitre Vollmacht übergebend,Zu handeln mit dem König, als das MaßDer hier erörterten Artikel zuläßt.Lebt wohl, und Eil empfehle Euren Eifer!

CORNELIUS und VOLTIMANDHier, wie in allem, wollen wir ihn zeigen.

KÖNIGWir zweifeln nicht daran. Lebt herzlich wohl! -Voltimand und Cornelius ab.Und nun, Laertes, sagt, was bringt Ihr Uns?Ihr nanntet ein Gesuch; was ists, Laertes?Ihr könnt nicht von Vernunft dem Dänen reden,Und Euer Wort verlieren. Kannst du bitten,Was ich nicht gern gewährt, eh du's verlangt?Der Kopf ist nicht dem Herzen mehr verwandt,Die Hand dem Munde dienstgefällger nicht,Als Dänmarks Thron es deinem Vater ist.Was wünschest du, Laertes?

LAERTES                            Hoher Herr,Vergünstigung nach Frankreich rückzukehren,Woher ich zwar nach Dänmark willig kam,Bei Eurer Krönung meine Pflicht zu leisten;Doch nun gesteh ich, da die Pflicht erfüllt,Strebt mein Gedank und Wunsch nach Frankreich hinUnd neigt sich Eurer gnädigen Erlaubnis.

KÖNIGErlaubts der Vater Euch? Was sagt Polonius?

POLONIUSEr hat, mein Fürst, die zögernde ErlaubnisMir durch beharrlich Bitten abgedrungen,Daß ich zuletzt auf seinen Wunsch das SiegelDer schwierigen Bewilligung gedrückt.Ich bitt Euch, gebt Erlaubnis ihm zu gehn.

KÖNIGNimm deine günstge Stunde: Zeit sei dein,Mit deinen Gaben nutze sie nach Lust. -Doch nun, mein Vetter Hamlet und mein Sohn -

HAMLETbeiseit.Mehr als befreundet, weniger als Freund.

KÖNIGWie, hängen stets noch Wolken über Euch?

HAMLETNicht doch, mein Fürst, ich habe zuviel Sonne.

KÖNIGINWirf, guter Hamlet, ab die nächtge FarbeUnd laß dein Aug als Freund auf Dänmark sehn.Such nicht beständig mit gesenkten WimpernNach deinem edlen Vater in dem Staub.Du weißt, 's ist aller Los: was lebt, muß sterbenUnd Ewges nach der Zeitlichkeit erwerben.

HAMLETJa, gnädge Frau, 's ist aller Los.

KÖNIGIN                                     Nun wohl,Weswegen scheint es so besonders dir?

HAMLETScheint, gnädge Frau? Nein, ist; mir gilt kein »scheint«.Nicht bloß mein düstrer Mantel, gute Mutter,Noch diese Tracht, nach Brauch von ernstem Schwarz,Noch stürmisches Geseufz beklemmten Atems,Noch auch im Auge der ergiebige Strom,Noch die gebeugte Haltung des GesichtsSamt aller Sitte, Art, Gestalt des GramesIst das, was wahr mich kundgibt; dies scheint wirklich;Es sind Gebärden, die man spielen könnte.Was über allen Schein, trag ich in mir;All dies ist nur des Kummers Kleid und Zier.

KÖNIGEs ist gar lieb und Eurem Herzen rühmlich, Hamlet,Dem Vater diese Trauerpflicht zu leisten.Doch wißt, auch Eurem Vater starb ein Vater,Dem seiner, und der Nachgelaßne sollNach kindlicher Verpflichtung einige ZeitDie Leichentrauer halten. Doch zu beharrenIn eigenwillgen Klagen ist das TunGottlosen Starrsinns, ist unmännlich Leid,Zeigt einen Willen, der dem Himmel trotzt,Ein unverschanztes Herz, störrisch Gemüt,Zeigt blöden, ungelehrigen Verstand.Wovon man weiß, es muß sein; was gewöhnlichWie das Gemeinste, das die Sinne rührt:Weswegen das in mürrischem WiderstandeZu Herzen nehmen? Pfui! Es ist VergehnAm Himmel; ist Vergehen an dem Toten,Vergehn an der Natur, vor der VernunftHöchst töricht, deren allgemeine PredigtDer Väter Tod ist und die immer riefVom ersten Leichnam bis zum heut verstorbnen:Dies muß so sein! - Wir bitten, werft zu BodenDies unfruchtbare Leid und denkt von UnsAls einem Vater; denn wissen soll die Welt,Daß Ihr an Unserm Thron der Nächste seid,Und mit nicht minder Überschwang der Liebe,Als seinem Sohn der liebste Vater widmet,Bin ich Euch zugetan. Was Eure RückkehrZur hohen Schul in Wittenberg betrifft,So widerspricht sie höchlich Unserm Wunsch,Und Wir ersuchen Euch: Beliebt zu bleibenHier in dem milden Scheine Unsers Auges,Als Unser erster Hofmann, Vetter, Sohn!

KÖNIGINLaß deine Mutter fehl nicht bitten, Hamlet;Ich bitte, bleib bei uns, geh nicht nach Wittenberg!

HAMLETIch will Euch gern gehorchen, gnädge Frau.

KÖNIGWohl, das ist eine liebe, schöne Antwort.Seid wie Wir selbst in Dänmark. - Kommt, Gemahlin!Dies willge, freundliche Nachgeben HamletsLächelt das Herz mir an, und dem zu EhrenSoll das Geschütz heut jeden frohen Trunk,Den Dänmark ausbringt, an die Wolken tragen,Und wenn der König anklingt, soll der HimmelNachdröhnen irdschem Donner. - Kommt mit mir![König, Königin, Laertes und Gefolge ab. ] Alle außer Hamlet ab.

HAMLETO schmölze doch dies allzu feste Fleisch,Zerging' und löst' in einen Tau sich auf!Oder hätte nicht der Ewge sein GebotGerichtet gegen Selbstmord! O Gott! O Gott!Wie ekel, schal und flach und unersprießlichScheint mir das ganze Treiben dieser Welt!Pfui, pfui darüber! 's ist ein wüster Garten,Der auf in Samen schießt; verworfnes UnkrautErfüllt ihn gänzlich. Dazu mußt es kommen!Zwei Mond erst tot! - Nein, nicht soviel, nicht zwei!Solch trefflicher Monarch, verglichen diesem,Apoll bei einem Satyr! So meine Mutter liebend,Daß er des Himmels Winde nicht zu rauhIhr Antlitz ließ berühren. Himmel und Erde!Muß ich gedenken? Hing sie doch an ihm,Als stieg das Wachstum ihrer Lust mit dem,Was ihre Kost war. Und doch, in einem Mond -Laßt michs nicht denken! - Schwachheit, dein Nam ist Weib! -Ein kurzer Mond; bevor die Schuh verbraucht,Womit sie meines Vaters Leiche folgte,Wie Niobe, ganz Tränen - sie, ja sie -O Himmel, würd ein Tier, das nicht Vernunft hat,Doch länger trauern! - meinem Ohm vermählt,Dem Bruder meines Vaters, doch ihm ähnlich,Wie ich dem Herkules! In einem Mond,Bevor das Salz höchst frevelhafter TränenDer wunden Augen Röte noch verließ,War sie vermählt! - O schnöde Hast, so raschIn ein blutschänderisches Bett zu stürzen!Es ist nicht, und es wird auch nimmer gut.Doch brich, mein Herz, denn schweigen muß mein Mund!Horatio, Bernardo und Marcellus treten auf.

HORATIOHeil Eurer Hoheit!

HAMLETIch bin erfreut, Euch wohl zu sehn;Horatio - wenn ich nicht mich selbst vergesse?

HORATIOJa, Prinz, und Euer armer Diener stets.

HAMLETMein guter Freund; vertauscht mir jenen Namen.Was macht Ihr hier von Wittenberg, Horatio? -Marcellus?

MARCELLUSGnädger Herr -

HAMLETEs freut mich, Euch zu sehn. Habt guten Abend! -Im Ernst, was führt Euch weg von Wittenberg?

HORATIOEin müßiggängerischer Hang, mein Prinz.

HAMLETDas möcht ich Euren Feind nicht sagen hören,Noch sollt Ihr meinem Ohr den Zwang antun,Daß Euer eignes Zeugnis gegen EuchIhm gültig wär. Ich weiß, Ihr geht nicht müßig.Doch was ist Eur Geschäft in Helsingör?Ihr sollt noch trinken lernen, eh Ihr reist.

HORATIOIch kam zu Eures Vaters Leichenfeier.

HAMLETIch bitte, spotte meiner nicht, mein Schulfreund,Du kamst gewiß zu meiner Mutter Hochzeit!

HORATIOFürwahr, mein Prinz, sie folgte schnell darauf.

HAMLETWirtschaft, Horatio! Wirtschaft! Das GebackneVom Leichenschmaus gab kalte Hochzeitschüsseln.Hätt ich den ärgsten Feind im Himmel lieberGetroffen, als den Tag erlebt, Horatio!Mein Vater - mich dünkt, ich sehe meinen Vater.

HORATIOWo, mein Prinz?

HAMLETIn meines Geistes Aug, Horatio.

HORATIOIch sah ihn einst, er war ein wackrer König.

HAMLETEr war ein Mann, nehmt alles nur in allem;Ich werde nimmer seinesgleichen sehn.

HORATIOMein Prinz, ich denk, ich sah ihn vorge Nacht.

HAMLETSah? Wen?

HORATIO           Mein Prinz, den König, Euren Vater.

HAMLETDen König, meinen Vater?

HORATIOBeruhigt das Erstaunen eine WeilDurch ein aufmerksam Ohr, bis ich dies Wunder,Auf die Bekräftigung der Männer hier,