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Haus Sanierung lohnt sich Explodierende Energiekosten, Klimaschutz und Sanierungspflicht stellen immer mehr Immobilienbesitzer von älteren Gebäuden vor die Herausforderung, diese energetisch auf den neusten Stand zu bringen. Der erste Schritt für die energetische Sanierung Ihres Hauses besteht darin, einen Gebäude-Check vorzunehmen. Woran hapert es momentan und worin bestehen die größten Schwachpunkte? Danach kann die Entwicklung eines neuen Energiekonzeptes starten. Die Experten der Stiftung Warentest zeigen, was Sie bei Ihren individuellen Sanierungsmaßnahmen beachten sollten. In vielen Fällen ist es auch sinnvoll, einen Energieberater miteinzuschalten. Dieser Ratgeber ist Ihr verlässlicher Sanierungsfahrplan für alle Maßnahmen zur energetischen Instandsetzung Ihres Hauses. Wir erklären, was zählt bei Dämmung, Heizung und Stromerzeugung, entwerfen mit Ihnen das passende Energiekonzept und begleiten Sie bei der Umsetzung. Hilfreiche Checklisten helfen Ihnen dabei, sich einen besseren Überblick zu verschaffen und nichts zu vergessen. Wer ein Haus oder eine Wohnung saniert, kann von verschiedenen Förderungen profitieren. Erfahren Sie alles zu den Fördermöglichkeiten über das BEG (Bundesförderprogramm für energetische Sanierung), das Bafa (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) und die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau). Mit einer Sanierung sparen Sie nicht nur Energie ein, sondern verringern gleichzeitig auch Ihre Kosten, schonen das Klima und verbessern den eigenen Wohnkomfort. Gebäudecheck: Schritt für Schritt von der Bedarfsanalyse zum individuellen Sanierungsziel Planung: Technische Grundlagen für alle energetischen Maßnahmen einfach erklärt Sanierungskosten: Wirtschaftlichkeit von Sanierungsvorhaben auf dem Prüfstand Finanzierung: Bausteine zur Finanzierung und Tipps zu Fördermöglichkeiten Richtlinien: Gebäudeenergiegesetz verständlich erläutert und kompakt zusammengefasst
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Seitenzahl: 440
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Maßnahmen • Kosten • Förderung
KAPITEL 1
Der Gebäude-Check
Sanierung lohnt sich
Lohnt sich eine Sanierung vor dem Hausverkauf?
Gute Gründe für die Erneuerung
Wann besteht Sanierungspflicht?
Was macht der Gutachter?
Nicht monetär bewertbare Verbesserungen
Gebäudetypen und Gebäudealter
Massivhaus
Fertighäuser
Gebäudealter
Gebäude-Check auf energetische Schwachstellen
Kellerräume
Wände und Decken
Rollladen(-kästen)
Fenster und Türen
Heizung und Warmwasserbereitung
Hauselektrik
Dach
Gebäude von außen inklusive Außenanlagen
KAPITEL 2
Ein neues Energiekonzept
Der Rahmen und Ihr Ziel
Die Rahmenbedingungen
Das individuelle Sanierungsziel
Die Energieberatung
Wie finde ich den richtigen Energieberater?
Wie geht der Energieberater vor?
Der Vertrag mit dem Energieberater
Was kostet die Energieberatung?
Ihr individueller Sanierungsfahrplan
Was ist ein iSFP, und warum ist er sinnvoll?
Welche Informationen enthält der iSFP?
Kosten und Förderprogramme für einen iSFP
Dämmung
Grundlagen der Wärmedämmung
Kennwerte von Dämmstoffen
Wechselwirkungen
Wärme zum Heizen und Waschen
Wärmeerzeuger
Wärmespeicher
Wärmeverteilung
Blockheizkraftwerke
Elektrischer Strom
Photovoltaik: Strom aus Sonnenlicht
Strom aus Windkraft
Stromspeicher
KAPITEL 3
Packen wir‘s an
Reihenfolge und Vertragspartner
Warum ist die Reihenfolge wichtig?
Welche Reihenfolge ist empfehlenswert?
Die rechtssichere Beauftragung von Handwerkern
Dämmung
Die Ökobilanz gängiger Dämmstofftypen
Welcher Dämmstoff für welchen Zweck?
Wie sieht das mit den Kosten aus?
Außenwände
Dämmung von innen
Dach
Keller
Fenster und Türen
Fenster austauschen
Rollladenkästen
Hauseingangstüren
Lüftungsanlage
Abluftanlagen
Zentrale Be- und Entlüftung
Dezentrale Be- und Entlüftung
Heizungsanlage
Solarthermie
Hybridheizungen mit Solarthermie
Wärmepumpen
Blockheizkraftwerk
Elektroheizungen
Pelletheizungen
Kaminheizungen
Der Fernwärmeanschluss
Photovoltaik und Elektrik
Photovoltaikanlage auf dem Dach
Batteriespeicher als Strompuffer
Anpassung der Hauselektrik
KAPITEL 4
Kosten und Wirtschaftlichkeit
Kosten
Kosten der Sanierungsmaßnahmen
Energiekosten
Lebenszykluskosten
Wirtschaftlichkeit
Wirtschaftlichkeitsrechnung – ein Überblick
Beispiel: Wirtschaftlichkeit einer Photovoltaikanlage
Wirtschaftlichkeit im Wandel neuer Bestimmungen
KAPITEL 5
Finanzierung und Förderung
Finanzierungsmöglichkeiten
Welchen Kreditrahmen können Sie sich leisten?
Bankfinanzierung
Bausparkassen – einen Bausparvertrag nutzen
Förderungen für Sanierer
Förderungen und Zuschüsse im Überblick
Einzelmaßnahmen beim Bafa
KfW-Effizienzhaus-Standard
Förderung von Solarstrom
Bafa-Zuschüsse für Heizungen
Steuerbonus vom Finanzamt
Regionale Förderprogramme
KAPITEL 6
Gesetzliche Grundlagen
Gebäudeenergiegesetz – gestern, heute und morgen
Auf dem Weg zur Gesamtenergiebilanz von Wohngebäuden
Sinn des Gesetzes
Erläuterungen und FAQs zum GEG
Energieausweise
Bedarfs- und Verbrauchsausweis
Die Energieeffizienzklassen
Modernisierungsempfehlungen
Baurecht in Deutschland
Öffentliches Baurecht
Privates Baurecht
Der Architektenvertrag bei energetischen Sanierungen
Die Beauftragung von Handwerkern
Die Denkmalimmobilie
Die Denkmalschutzgesetze
Abstimmung mit dem Denkmalamt
Förderungen und Steuervorteile
Sanierung im Milieuschutzgebiet
ANHANG
Service
Stichwortverzeichnis
Sie haben beschlossen, dass Sie die energetische Verbesserung Ihres Hauses und vielleicht noch weitere Modernisierungsmaßnahmen anpacken wollen. Zunächst steht nun ein gründlicher Gebäude-Check an: Es gilt herauszufinden, welche Verbesserungen am Haus Sie sich für die Zukunft wünschen.
Sanierung lohnt sich
Gebäudetypen und Gebäudealter
Gebäude-Check auf energetische Schwachstellen
Sanierung lohnt sich. Seit Anfang 2022 hat der Ukraine-Krieg die Krise beim Neubau in Deutschland weiter verschärft. Fehlende Baumaterialien und explodierende Kosten machen neue Bauvorhaben hochriskant. Hinzu kommen kräftig gestiegene Zinsen für Immobilienkredite.
WAS ERFAHRE ICH?
Lohnt sich eine Sanierung vor dem Hausverkauf?
Gute Gründe für die Erneuerung
Wann besteht Sanierungspflicht?
Was macht der Gutachter?
Nicht monetär bewertbare Verbesserungen
In dieser Situation fragt sich wahrscheinlich so manche Familie, ob man statt eines Neubaus nicht ein bestehendes Wohnhaus erwerben und an moderne Energiestandards sowie an die eigenen Vorstellungen anpassen kann – und das zu deutlich geringeren Kosten. Ältere Hauseigentümer indessen denken vielleicht darüber nach, ob es sich nicht doch lohnt, das eigene Haus noch einmal kräftig zu modernisieren, anstatt in einen Neubau umzuziehen. Der Hintergrund: Hierzulande leben viele Menschen unverändert seit 30, 40 Jahren oder sogar noch länger in ihren Eigenheimen, ohne dass Maßnahmen zur Energieeinsparung für notwendig oder wirtschaftlich erachtet wurden. Das rächt sich aktuell angesichts steil ansteigender Energiepreise für Öl und Gas, denn in den eher schlecht gedämmten Häusern macht sich dies nun finanziell schmerzhaft bemerkbar. Im „KfW Energiewendebarometer 2022“ der KfW Bankengruppe finden sich dazu Zahlen aus einer 2021 durchgeführten Befragung von 4 000 repräsentativ ausgewählten Haushalten in Deutschland. So wohnten 2021 gerade einmal 29 Prozent der Eigenheimbewohner in gut gedämmten Gebäuden. In 6,3 Prozent der Wohngebäude der Baujahre bis 1978 besteht sogar heute noch eine Einfachverglasung der Fenster.
Um diesem Missstand zu begegnen, fördert die Bundesregierung seit Juli 2022 den Umbau bestehender Wohngebäude ganz bewusst stärker als den Neubau von Eigenheimen. Und das wird auch angenommen: Immer mehr Privathaushalte investieren der KfW-Erhebung zufolge in die Umstellung auf nicht fossile, CO2-freie Energiequellen und Heizungsanlagen. Im Jahr 2021 nutzten nach Angaben der KfW rund 29 Prozent der Haushalte mindestens eine der neuen Technologien Photovoltaik, Solarthermie, Batteriespeicher, Wärmepumpe, Kraft-Wärme-Kopplung, Holzpelletheizung oder Elektroauto. Weitere 13 Prozent planten das für 2022. Aber ob sich das angesichts des Krieges in der Ukraine, der steigenden Preise und der gleichzeitig rasant gestiegenen Inflationsrate seit 2022 wirklich so einstellt, darf stark bezweifelt werden.
Eine Trendwende zeichnet sich gleichfalls bei den großen PROFESSIONELLEN INVESTOREN ab. Sie haben sich in den letzten Jahrzehnten vor allem auf den Neubau konzentriert. Moderne Raumaufteilungen, neue Haustechnik und hohe Energieeffizienz waren einfach attraktiver für die Kaufwilligen. Inzwischen sind viele Bauunternehmen stark verunsichert. Fachkräftemangel, Lieferengpässe, ein rasanter Anstieg der Baukosten und stark anziehende Finanzierungskosten bei den Immobilienkrediten haben bei Neubauten für die Bauherren sowie für die beteiligten Baufirmen und Handwerker existenzbedrohende Ausmaße erreicht.
Neubauten haben inzwischen ein Preisniveau erreicht, das viele Kauf- oder Bauinteressenten einfach nicht mehr stemmen können. Sanierte Altbauten bleiben bei den Kosten pro Quadratmeter nach wie vor deutlich unter den Neubaupreisen, nicht zuletzt, weil die staatlichen Förderprogramme für energieeffiziente Neubauten zurückgefahren wurden. Nun wenden sich auch die Profis verstärkt Sanierungsprojekten im Gebäudebestand zu.
Der Druck auf die Eigenheimbesitzer, ihre Immobilien energetisch zu verbessern, steigt sowohl durch die immer höheren ENERGIEKOSTEN für Heizung und Warmwasser als auch durch politische Vorgaben. Letztere könnten in den nächsten Jahren voraussichtlich noch strenger werden, als sie es heute schon sind. Das macht Sanierungen von Wohngebäuden für Bauunternehmen attraktiver. Die bei größeren Baumaßnahmen durchaus hohen Kosten werden – sobald es um Klimaschutzmaßnahmen geht – auch durch staatliche Förderprogramme (siehe Seiten 177 ff.) abgefedert.
„Prima, dann warte ich noch eine Weile ab, bis die steigende Nachfrage die Preise für mein Haus weiter in die Höhe treibt, und verkaufe es dann zum besten Zeitpunkt“ – falls Sie jetzt mit diesem Gedanken spielen, könnten Sie allerdings Schiffbruch erleiden. Dass die Preise für Bestandsimmobilien weiter ungebremst steigen, ist für die nächsten Jahre in den meisten Fällen nicht zu erwarten – nicht zuletzt wegen der gesetzlichen Klimastandards für den Gebäudebestand in Deutschland. Die Käufer von Bestandsgebäuden werden in Zukunft sorgfältig kalkulieren, welcher Sanierungsbedarf besteht und welche verpflichtenden Energiesparmaßnahmen bei einem Kauf auf sie zukommen (siehe „Wann besteht Sanierungspflicht?“, Seiten 9 ff.).
In Zukunft dürfte es deutlich schwieriger werden, ältere „Energieschleudern“ zu hohen Preisen zu verkaufen.
Vergleicht man die Immobilienanzeigen auf den bekannten Onlineplattformen, wird schnell deutlich: Bestandsgebäude sind im Vergleich zum Neubau in vergleichbarer Lage pro Quadratmeter immer noch deutlich kostengünstiger. Das wird durch zusätzliche Sanierungskosten in der Regel nicht ausgehebelt, wenn die Eigentümerinnen nicht zu hoch gegriffene oder gar absurde Vorstellungen über den Verkaufswert ihrer Häuser haben.
Aber: Wer jetzt ein Haus besitzt, das energetisch schlecht abschneidet, kann in den kommenden Jahren mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit „von Staats wegen“ zur Sanierung verpflichtet werden. Beim Eigentümerwechsel bestehen zudem heute schon gesetzliche Pflichten zur energetischen Sanierung, die in gewisser Zeit umzusetzen sind. Dadurch ist für Kaufinteressenten eine Bestandsimmobilie zurzeit zunehmend mit finanziellen Unsicherheiten verbunden, die sich kaum kalkulieren lassen und die deshalb bei manchen potenziellen Käuferinnen für Zurückhaltung sorgen.
Wenn Sie jetzt eine umfassende energetische Sanierung Ihres Hauses durchführen, werden das künftige Käufer zu schätzen wissen.
Aktuell lässt sich noch nicht genau sagen, wie die Bundesregierung die Gesetze zu den Sanierungspflichten letztendlich ausgestalten wird. Es ist allerdings abzusehen, dass die Anforderungen mit Sicherheit nicht wieder großzügiger werden, gilt es doch, die politisch gesetzten Klimaziele einzuhalten. Das beinhaltet für die Bewohnerinnen alter oder energetisch schlechter Gebäude zahlreiche Risiken, wenn sie energetisch sanieren wollen. Daher sollte man verschiedene Sanierungsszenarien prüfen, mögliche Sanierungsrückstände genau unter die Lupe nehmen (lassen) und für deren Beseitigung Geld zurücklegen beziehungsweise ansparen.
Nicht alle Eigentümerinnen werden oder können so vorausschauend agieren – manche werden in den kommenden Jahren ohne ausreichende, angesparte Rücklagen mit neuen Auflagen konfrontiert werden, sodass sie sich anstehende Sanierungen nicht leisten können. In letzter Konsequenz könnte der Markt dann aus der Not heraus mit unsanierten Bestandsimmobilien geflutet werden, weil deren Eigentümer gar keine andere Wahl haben, als zu verkaufen.
Fazit: Wenn Sie jetzt eine umfassende energetische Sanierung Ihres Hauses durchführen, die auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist, werden das künftige Käufer zu schätzen wissen. Denn ihnen bleibt dadurch ein größerer „Renovierungsmarathon“ erspart, und sie können gleich ein Haus mit modernen Energiestandards erwerben, in dem sie in den nächsten Jahren ihre Ruhe haben.
Bei voraussichtlich weiter steigenden Energiekosten werden Häuser und Wohnungen mit hohem Energiebedarf für Heizung, Warmwasser und Strom nur schwerer und/oder mit deftigen Abschlägen zu verkaufen sein. Hier ist zu überlegen, ob Sie eine energetische Sanierung mit Mitnahme der bestehenden Förderungen auch durchführen wollen, um den Verkaufswert Ihres Hauses in der Zukunft zu erhöhen. Das gilt übrigens genauso, wenn Sie in Zukunft Ihr Haus vermieten wollen: Wenn Interessentinnen nach Wohnraum suchen, werden sie aufgrund der erheblich gestiegenen Energiepreise sehr auf die Energieeffizienz eines anzumietenden Hauses achten.
„Explodierende Energiekosten. 3 000 Euro mehr für Gas? So können Sie Ihre Rechnung bezahlen“, titelte Focus Online im August 2022. Wegen steigender Energiepreise und der ab Oktober 2022 geplanten Gasumlage war zu erwarten, dass Haushalte für die Wintersaison 2022/2023 je nach Größe teilweise Tausende Euro mehr bezahlen müssten. Die Gasumlage wurde noch gestoppt, bevor sie in Kraft treten konnte. Die Kosten für Gas sind dennoch unaufhaltsam gestiegen.
Im Zuge der Verknappung von Energieträgern zogen im Laufe des Jahres 2022 die Preise für elektrischen Strom, für Heizöl und sogar für Pellets mit kräftigen Erhöhungen nach. Der in erster Linie klimaschonende Effekt des Verzichts auf fossile Brennstoffe rückt da angesichts akuter finanzieller Sorgen in den Hintergrund, ist aber unverändert gültig. Jetzt machen die enorm steigenden Brennstoffkosten die Eigenproduktion von Heizenergie und elektrischer Energie sowie die Reduktion des Verbrauchs durch effiziente Dämmmaßnahmen der Gebäudehülle rein wirtschaftlich attraktiv. Ganz abgesehen davon, dass man sich so aus der Abhängigkeit von den Preisen der Energieversorger befreien kann.
Egal ob Sie ein Bestandsgebäude kaufen, erben oder als Schenkung erhalten: Im heute geltenden Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist ebenso wie bereits in der zuvor geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) festgeschrieben, dass nach einem Eigentümerwechsel innerhalb der nächsten zwei Jahre Maßnahmen zur energetischen Sanierung umgesetzt werden müssen. Ignoriert man dies, kann es teuer werden: Bis zu 50 000 Euro können als Bußgeld fällig werden.
Bei einer ERBSCHAFT kommt in dieser Zeit eventuell noch eine weitere finanzielle Belastung hinzu: die Erbschaftssteuer, die gerade beim Vererben von Immobilien ab 2023 erhöht werden soll.
Das sind finanzielle Belastungen, mit denen man zunächst nicht rechnet. Im Detail stellen sich folgende Fragen: Was kommt da konkret auf die neuen Eigentümer zu? Wer kann sie fachkundig beraten, und gibt es für die vorgeschriebenen Maßnahmen finanzielle Unterstützung?
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern waren die bisherigen Eigentümer nicht verpflichtet, bestimmte energetische Sanierungen durchzuführen, wenn sie die Häuser mindestens seit 1. Februar 2002 selbst bewohnt haben. Auch Denkmalimmobilien unterliegen nicht dem Zwang zur energetischen Sanierung. Ein hoher Sanierungsstau kann also vor allem bei älteren Eigenheimen anstehen, die seit dem 1. Februar 2002 durchgehend von denselben Eigentümern bewohnt waren und die keinen besonderen Status als Denkmalimmobilie haben.
Entspannter dürfte die Situation sein, wenn in den letzten 20 Jahren bereits energiesparende Maßnahmen durchgeführt wurden oder wenn seitdem Eigentümerwechsel stattgefunden haben. Auch wenn das Wohnhaus nach Februar 2002 errichtet worden ist, sollte es mit den gesetzlichen Mindestanforderungen kein Problem geben, weil seitdem bereits beim Bau auf eine energiesparende Konstruktion geachtet wurde. Im Zweifel sorgt ein Blick in den Energieausweis für mehr Klarheit, der bei einem Hauskauf zwingend vorzuweisen ist.
Haben Sie es mit einem unsanierten Ein- oder Zweifamilienhaus (genauer: einem Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen) zu tun, das die gesetzlichen Mindestanforderungen nicht erfüllt, haben Sie zwei Jahre Zeit, um die Sanierungsvorschriften aus dem GEBÄUDEENERGIEGESETZ (GEG) umzusetzen. Meistens werden Sie als neuer Eigentümer ohnehin eine Renovierung des alten Hauses planen. Dann können Sie die drei vorgeschriebenen Maßnahmen gleich miterledigen. Spekulieren Sie dabei lieber nicht darauf, dass sich die Umsetzung der Mindestanforderungen auf die lange Bank schieben lässt, weil Sie im Moment finanziell ohnehin bereits stark belastet sind. Gute Handwerker haben volle Auftragsbücher und planen ihre Aufträge lange im Voraus. Die Preise für Bau- und Konstruktionsmaterialien steigen in Zeiten hoher Inflationsraten kräftig, und diese Werkstoffe sind außerdem nicht immer sofort verfügbar. Sie müssen eventuell also mit längeren Lieferzeiten rechnen. Welche Arbeiten genau sind nun eigentlich im Zuge eines solchen Eigentümerwechsels zu erledigen? Das geben die folgenden Paragrafen im GEG vor:
In Paragraf 47 GEG heißt es dazu:„(1) Eigentümer eines Wohngebäudes sowie Eigentümer eines Nichtwohngebäudes, die nach ihrer Zweckbestimmung jährlich mindestens vier Monate auf Innentemperaturen von mindestens 19 Grad Celsius beheizt werden, müssen dafür sorgen, dass OBERSTE GESCHOSSDECKEN, die nicht den Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108–2: 2013–02 genügen, so gedämmt sind, dass der Wärmedurchgangskoeffizient der obersten Geschossdecke 0,24 Watt pro Quadratmeter und Kelvin nicht überschreitet. Die Pflicht nach Satz 1 gilt als erfüllt, wenn anstelle der obersten Geschossdecke das darüber liegende Dach entsprechend gedämmt ist oder den Anforderungen an den Mindestwärmeschutz nach DIN 4108–2: 2013–02 genügt.“
Ergibt die Prüfung also unzureichende Dämmwerte für die oberste Geschossdecke, muss man diese oder den Dachstuhl darüber so dämmen, dass Wärmeverluste auf die gesetzlich vorgegebenen Mindestwerte beschränkt bleiben.
In Absatz 2 werden technische Mindestwerte für den Fall angegeben, dass der Wärmeschutz nach Absatz 1 Satz 1 durch eine Dämmung in Deckenzwischenräumen ausgeführt wird und die Dämmschichtdicke im Rahmen dieser Maßnahmen aus technischen Gründen begrenzt ist. Desgleichen werden an dieser Stelle einzuhaltende Mindestwerte vorgegeben, wenn die Dachdämmung als Zwischensparrendämmung ausgeführt wird und die Dämmschichtdicke wegen einer innenseitigen Bekleidung oder der Sparrenhöhe begrenzt ist. Diese Bewertung und die Berechnungen bleiben aber der Energiefachfrau vorbehalten.
Interessant ist zudem Absatz 4, in dem es heißt: „Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit die für eine Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können.“
Das Dämmen von Kellerdecke und Leitungen ist kein Hexenwerk.
In Paragraf 72 GEG heißt es in Absatz 1 pauschal, dass „Eigentümer von Gebäuden ihre Heizkessel, die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickt werden und vor dem 1. Januar 1991 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nicht mehr betreiben“ dürfen.
In Absatz 2 wird eine Betriebsdauer nur für maximal 30 Jahre erlaubt: „Eigentümer von Gebäuden dürfen ihre Heizkessel, die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickt werden und ab dem 1. Januar 1991 eingebaut oder aufgestellt worden sind, nach Ablauf von 30 Jahren nach Einbau oder Aufstellung nicht mehr betreiben.“
In Absatz 3 kommen dann die AUSNAHMEN von der Regel. Alte Heizungen dürfen trotzdem weiterbetrieben werden, wenn es sich um
Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel sowie
heizungstechnische Anlagen handelt, deren Nennleistung weniger als 4 Kilowatt oder mehr als 400 Kilowatt beträgt.
Absatz 4 regelt den Einbau von „Heizkesseln, die mit Heizöl oder mit festem fossilem Brennstoff beschickt werden“, ab dem 1. Januar 2026, was an dieser Stelle nicht weiter relevant wird.
Paragraf 71 GEG legt in Absatz 1 fest, dass „bei heizungstechnischen Anlagen bisher ungedämmte, zugängliche Wärmeverteilungsund Warmwasserleitungen, die sich nicht in beheizten Räumen befinden, die Wärmeabgabe der Rohrleitungen nach Anlage 8 begrenzt wird“. In erster Linie wird das also auf der Wand montierte, ungedämmte alte Heizungsund Warmwasserleitungen betreffen, die im Keller oder nicht geheizten Technikraum verlaufen. Was genau unter „bisher“ ungedämmten Leitungen zu verstehen ist, für die im Einzelfall eine Nachrüstpflicht besteht, kontrolliert der Schornsteinfeger.
Eine Dämmung von freiliegenden Warmwasserleitungen ist auch für ungeübte Heimwerker keine große Sache. Deshalb wird hier Absatz 2 auch kaum Beachtung finden, der Absatz 1 außer Kraft setzt, „soweit die für eine Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können“.
FÖRDERUNGEN NUTZEN
Nach dem Gebäudeenergiegesetz (§ 80 [4] GEG) sind Käufer eines Hauses mit einer oder zwei Wohnungen verpflichtet, sich nach Übernahme des Energieausweises vom Verkäufer um ein kostenloses Beratungsgespräch zum Energieausweis bei einem zugelassenen Energieberater zu bemühen. Gleiches gilt bei geplanten größeren Sanierungen von Ein- und Zweifamilienhäusern, wenn – wie es in Paragraf 48 (1) heißt – „für das gesamte Gebäude Berechnungen“ durchgeführt werden. Anbieter sind zum Beispiel Verbraucherzentralen und der Bundesverband GIH Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerk e. V., der weiterführende Informationen auf seiner Website gih.de/pflichtberatung bereitstellt.
Der Vorteil für Sie ist, dass Sie für Ihr individuelles Wohnhaus erfahren, welche Sanierungspflichten vorgeschrieben sind und – vielleicht noch interessanter – welche staatlichen und sonstigen öffentlichen Förderungen (siehe „Förderungen für Sanierer“ ab Seite 177) dafür in Anspruch genommen werden können.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) fördert zum Beispiel bei Bestandsgebäuden Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle, die zur Erhöhung der Energieeffizienz des Gebäudes beitragen, mit 15 Prozent Zuschuss der förderfähigen Ausgaben bei einem Mindestvolumen der Maßnahme von 2 000 Euro brutto.
Zu den Einzelmaßnahmen gehören
die Dämmung von Außenwänden, Dachflächen, Geschossdecken und Bodenflächen sowie die Erneuerung oder Aufbereitung von Vorhangfassaden;
die Erneuerung, der Ersatz oder erstmalige Einbau von Fenstern, Außentüren und -toren;
ein sommerlicher Wärmeschutz durch Ersatz oder erstmaligen Einbau von außenliegenden Sonnenschutzeinrichtungen mit optimierter Tageslichtversorgung.
Wenn Sie zuvor von einem dafür zugelassenen Energie-Effizienz-Experten einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) erstellen lassen, gibt es noch mal einen Bonus von fünf Prozent obendrauf.
Ein Austausch der Heizungsanlage kann je nach neuer Heizungstechnik Zuschüsse bis zu 25 Prozent der förderfähigen Ausgaben erreichen (ab Investitionsvolumen von mindestens 2 000 Euro brutto, was bei Heizungen aber die Regel ist). Zusätzlich kann beim Austausch einer Öl-, Gasetagen-, Gaszentral-, Kohle- oder Nachtspeicherheizungsanlage ein Bonus in Höhe von 10 Prozentpunkten gewährt werden.
Wer Sanierungsarbeiten beauftragt oder selbst anpackt und dabei mehr als zehn Prozent eines Bauteils erneuert, muss die Arbeiten so ausführen, dass dieses Bauteil anschließend den Vorgaben des GEG entspricht. Die Prozentangabe bezieht sich also nicht auf die gesamte Gebäudehülle. Unter „Bauteil“ versteht man in der Branche das jeweilige „Hüllflächenelement“, also Außenwand, Dach, Fenster, Kellerdecke oder Decke zum kalten Dachraum. Wird zum Beispiel in der Fassade nur ein kleiner Riss ausgebessert, löst das keine Verpflichtung zur energetischen Sanierung aus. Wenn Sie aber an mehr als zehn Prozent der Fassadenfläche Ihres Hauses den Putz erneuern lassen, müssen Sie diese unter Umständen vollständig dämmen. Zumindest sind der energetische Zustand und die Maßnahme nach den Vorgaben des GEG zu prüfen und zu bewerten, ob die geforderten Werte erfüllt werden. Wird ein neues Fenster – also ein Bauteil – eingesetzt, muss dieses ebenfalls den Vorgaben aus dem GEG entsprechen.
Hier ist man also schneller in der Pflicht, als einem vielleicht bewusst ist. Ein wichtiger Aspekt dabei: Wie können Sie das korrekte Vorgehen belegen? Erkundigen Sie sich dazu als Eigentümerin eines Ein- oder Zweifamilienhauses im Zweifelsfall vor Beginn solcher Renovierungsarbeiten in einem Beratungsgespräch bei einer unabhängigen Fachfrau, die berechtigt ist, Energieausweise zu erstellen (siehe Kapitel „Energieausweise“, Seite 204). Sie kann dann nach Durchführung der Renovierungsarbeiten den obligatorischen Bedarfsenergieausweis ausstellen, den Sie als Nachweis benötigen.
Die Begutachtung durch Fachleute ist beim eigenen Sanierungsvorhaben unerlässlich.
Die Umsetzung der Arbeiten können Sie je nach Aufwand an eine Bauplanerin oder direkt an qualifizierte Handwerkerunternehmen vergeben, die die energetischen Kennwerte für die neu verbauten Bauteile kennen und Ihnen die Übereinstimmung mit den Vorgaben des GEG bestätigen sollen. Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter und sanieren Sie gesetzeskonform. Wenn Sie als Immobilienbesitzerin auf eine entsprechende Ausführung verzichten, kann im härtesten Fall ein Bußgeld in Höhe von bis zu 50 000 Euro erhoben werden.
Unter ökologischen Gesichtspunkten sind eine Sanierung und Modernisierung eines bestehenden Gebäudes aus mehreren Gründen sinnvoll, da das im Vergleich zu einem Neubau immer Ressourcen einspart. Die sanierte Bestandsimmobilie ist besser fürs Klima.
Wenn Sie sich jetzt aber fragen, ob Ihr Haus den ganzen finanziellen Aufwand einer energetischen Sanierung wert ist, können Sie ein professionelles Wertgutachten erstellen lassen. Wenn Sie schon überzeugt und entschlossen sind, eine energetische Sanierung durchzuführen, brauchen Sie das nicht. Dann sollten Sie besser gleich einen Termin mit einem Energieberater (siehe Seite 50) ausmachen, der mit Ihnen zusammen einen konkreten Sanierungsfahrplan entwickelt.
Bleiben wir hier zunächst beim Wertgutachten und sehen uns an, wie das funktioniert:
Ein ausgewiesener Immobiliengutachter ermittelt den sogenannten Verkehrswert Ihrer Immobilie.
Laut Erklärung in Paragraf 194 Baugesetzbuch (BauGB) definiert der Verkehrswert den Preis eines Grundstücks, der auf dem freien Markt unter normalen Geschäftsbeziehungen realistisch ist. Geht es um bebaute Grundstücke, addiert man zu dem Verkehrswert noch den Sachwert der Immobilie.
Die Wertermittlung erfolgt nach gegebenen Kriterien und nennt den Wert dieser Immobilie zum Zeitpunkt der Begutachtung. Dabei sind auch Mängel der Immobilie aufzudecken, die in die Bewertung einfließen müssen. Die Ergebnisse werden im Wertgutachten zusammengetragen.
Beachten Sie aber, dass die Bezeichnung „Immobiliengutachter“ keine geschützte Berufsbezeichnung ist, jeder darf sich so nennen. Es gibt aber in der Praxis durchaus relevante Unterschiede bei der Qualifizierung.
Für die Bezeichnung „freier Immobiliengutachter“ muss man gar keine Qualifizierung nachweisen. Ein von ihm erstelltes Wertgutachten mag durchaus sachlich in Ordnung sein, hat vor Gericht oder einer Behörde aber keinen Bestand.
Ein „öffentlich bestellter Gutachter“ muss Prüfungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) erfolgreich ablegen. Seine Qualifikation wird von dieser unabhängigen Stelle dann bestätigt. Sein Wertgutachten hat vor Gerichten Bestand.
Ein „staatlich anerkannter Gutachter“ wird ebenfalls von der IHK geprüft und ist zusätzlich bei einer Landesbehörde angestellt. Seine Gutachten werden vom Gericht und zusätzlich von Behörden wie dem Finanzamt anerkannt.
Je nachdem, wofür Sie ein Wertgutachten zu einem Haus verwenden wollen, ist ein unterschiedlich qualifizierter Immobiliengutachter notwendig. Sie sollten aber immer auf die Vorlage eines IHK-Ausweises bestehen, um sich von einer angemessenen Qualifikation zu überzeugen. Was nützt Ihnen letztlich ein Wertgutachten, das von keinen offiziellen Stellen anerkannt wird?
Ein qualifiziertes Wertgutachten kann Ihnen ebenfalls bei der Beantragung eines Kredits helfen: Sie können damit dem Kreditgeber fundiert nachweisen, welchen Verkehrswert Ihr Haus und Grundstück haben.
Das KURZE GUTACHTEN. Ein kurzes Wertgutachten – es umfasst im Normalfall nur einige Seiten – ist ausreichend, wenn Sie beispielsweise nur selbst wissen möchten, was Ihr Haus wert ist. Für einen Kauf oder Verkauf der Immobilie kann das Kurzgutachten auch für Kaufinteressenten ausführlich genug sein. Sie können es von freien Gutachtern erstellen lassen. Das sind häufig Architekten, Techniker, Ingenieure oder auch Immobilienkaufleute und -makler sowie Handwerksmeister, die sich von Berufs wegen mit der Materie gut auskennen. Die Preise für solche kurzen Gutachten sind überschaubar: Die Honorare bewegen sich um 1 500 Euro netto bei einer zu bewertenden Immobilie, etwa einer Eigentumswohnung, mit 130 Quadratmetern Wohnfläche. Manche Makler erstellen solche Gutachten und stellen dem Eigentümer dies nicht in Rechnung, wenn sie den Maklerauftrag erhalten. Ansonsten wird das Honorar fällig.
Das BEGLAUBIGTE VOLLGUTACHTEN. Ein Vollgutachten wird vor Gericht anerkannt und wird meistens für Versicherungsfälle sowie für kreditgebende Banken erstellt. Die Gutachter, die diese erstellen dürfen, müssen öffentlich bestellt und vereidigt sein. Das bedeutet, dass sie durch die Industrie- und Handelskammer geprüft und zertifiziert worden sind. Die Vollgutachten sind deutlich detaillierter und mit 30 bis 50 Seiten erheblich umfangreicher.
Ein Vollgutachten ist damit natürlich teurer als das kurze Gutachten: Die Gutachter lassen sich ihre Arbeit dafür mit etwa 0,5 bis 1 Prozent der Kaufsumme bezahlen. Macht das Gutachten überdurchschnittlich viel Aufwand, können die Kosten schnell darüber hinausgehen.
Wenn Sie ein Gutachten für eine Immobilie in Auftrag geben möchten, sollten Sie dem Gutachter die notwendigen Dokumente zur Verfügung stellen. Es macht auf jeden Fall Sinn, wenn Sie folgende Informationen vorliegen haben oder angeben können. Bedenken Sie dabei, dass es manchmal durchaus etwas Zeit braucht, bis Sie die gewünschten Auskünfte von Ämtern bekommen können.
UNTERLAGEN FÜRS VOLLGUTACHTEN
Folgende Dokumente und Informationen sollten Sie zur Beauftragung eines Vollgutachtens bereitstellen:
Lage, Wohnumfeld und Infrastruktur inklusive Lärmbelastung
Größe des Grundstücks
Amtlicher Bodenrichtwert (also der Wert pro Quadratmeter Boden in der Gegend)
Grundwassersituation
Bestehen Altlasten auf dem Grundstück oder
Rechte Dritter an dem Grundstück?
Wie ist der Erschließungsgrad der Immobilie?
Größe der Immobilie und Zuschnitt der Räumlichkeiten
Baujahr des Hauses
Besteht Denkmalschutz (mit Auflagen)?
Wie ist der bauliche Zustand vom Fundament/Keller bis zum Dach?
Gibt es Mängel und Schäden am Gebäude?
Wann wurden welche Modernisierungen und Sanierungen durchgeführt?
Wie ist der energetische Zustand des Hauses (Dämmung, Fenster, Heizung etc.)?
Bei einer Immobilie innerhalb einer Eigentümergemeinschaft (WEG): Auskunft zu den Rücklagen, Protokolle der letzten WEG-Versammlungen, die Baugenehmigung, die Teilungserklärung
Auszug aus dem Grundbuch vom Grundbuchamt der Stadt oder Gemeinde
Die Bauakte erhalten Sie beim Bauamt.
Auszug aus dem Baulastenverzeichnis
Auszug aus der Liegenschaftskarte
Bauplanrechtliche Auskunft
Auszug aus dem Altlastenkataster
Energieausweis (siehe Seite 204)
Kostenbelege über durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen
Wenn Sie ein Vollgutachten beauftragen wollen, vereinbaren Sie schriftlich, was genau bewertet werden soll und welches Honorar dafür fällig wird. Wenn Sie das nicht einschätzen können, können Sie auch zwei oder drei Angebote einholen.
Die Gutachter beziehen verschiedene Punkte in ihre Berechnung ein. Für ein kurzes Gutachten werden viele der Dokumente, die Sie vorlegen können, zwar nicht eingesehen, zum Vollgutachten gehören aber immer einige Angaben, die wir für Sie auf der vorhergehenden Seite zusammengefasst haben.
Wir haben bisher die Vorteile einer energetischen Sanierung des Eigenheims fast durchweg unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit betrachtet: Kann man die Investitionen – auch unter Inanspruchnahme der gesetzlichen Förderprogramme – durch Einsparungen bei den Energiekosten wieder reinholen? Lohnt sich das denn? Abgesehen davon ist aber für immer mehr Menschen eine andere Fragestellung ebenso von Bedeutung: Was bewirkt die energetische Sanierung eines alten Wohnhauses eigentlich darüber hinaus?
In direktem Zusammenhang mit den eingesparten fossilen Energieträgern Erdöl, Erdgas, Kohle und in der Summe auch mit dem geringeren Verbrauch bei Pellets und Scheitholz steht der ganz wesentlich reduzierte CO2-AUSSTOSS in die Atmosphäre. Damit leisten Sie einen Beitrag zur Verlangsamung des Klimawandels durch CO2. Außerdem können Sie dazu beitragen, dass die begrenzten globalen Vorräte an Erdöl nicht mehr bedenkenlos verheizt werden – man kann daraus schließlich erheblich wertvollere Produkte herstellen.
Ganz persönlich profitieren Sie im Alltag nicht zuletzt auch von einem gesteigerten WOHNKOMFORT durch gut gedämmte Außenwände, Fenster und Türen sowie moderne Heizungssysteme, die eine wesentlich intelligentere Temperatursteuerung in den beheizten Räumen ermöglichen. Im besten Fall sorgt eine kontrollierte Wohnraumlüftung (siehe „Wärmeverteilung“, Seite 76) durch die konstante Zufuhr von gefilterter Frischluft für eine angenehme Atmosphäre in den Räumen.
Das komplett energieautarke Haus – eines, das ohne externe Versorger auskommt – ist in Deutschland allerdings nur selten realisierbar, und wenn, dann nur zu sehr hohen Investitionskosten, die sich nicht jede Familie leisten kann. Zudem bietet die bauliche Situation des Grundstücks und des bestehenden Baukörpers nicht immer die optimalen Rahmenbedingungen, weil zum Beispiel das Grundstück eine ungünstige Lage hat oder das Haus nicht die optimale Ausrichtung nach Süden aufweist. Überdies ist die autarke Energieversorgung in den sonnenlichtarmen Monaten immer noch ein großes Problem. Dennoch sorgt es schon für ein gutes Gefühl, wenn man künftig nicht mehr zu 100 Prozent von den Energieversorgern und ihren Preisen für die gelieferte Energie abhängig ist.
Wenn Sie Ihr in die Jahre gekommenes Heim sanieren, anstatt es zu verkaufen, können Sie zudem in der gewohnten Umgebung bleiben und sparen sich die Umzugskosten und die Ausgaben für neue Einrichtungsgegenstände.
Gebäudetypen und Gebäudealter Je nach Baujahr, Bauweise und den bereits durchgeführten Renovierungen und Sanierungen in der Vergangenheit wird sich ein ganz individueller Sanierungsfahrplan für Ihr Haus ergeben.
WAS ERFAHRE ICH?
Massivhaus
Fertighäuser
Gebäudealter
Wenn Sie die Geschichte Ihres Hauses etwas näher kennen, ist das sehr hilfreich. Denn jede Bauepoche und Konstruktionsweise hat ihre spezifischen Vorteile, aber auch ganz typische Schwachpunkte, die für den Sanierungsaufwand und die notwendigen Maßnahmen von Bedeutung sind.
Über Jahrhunderte wurden Wohnhäuser auf traditionelle Weise vor Ort Stein auf Stein gebaut. Dabei entwickelten sich viele regionale Baukulturen und Konstruktionsweisen, die sich durch tradierte Handwerkstechniken, örtlich vorhandene Baumaterialien und die spezifischen Klimabedingungen ergaben. Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese tradierten Bauformen durch eine neue landesweite Architekturwelle abgelöst, im Zuge derer in der Bundesrepublik Deutschland auf Basis der modernen, industriell produzierten Baumaterialien normierte Häuser oder ganze Siedlungen errichtet wurden. In der DDR wurde damals primär der Wohnungsbau gefördert. Bei den Eigenheimen dominierte das im Laufe der Jahrzehnte von 1958 bis 1989 rund 500 000-mal gebaute standardisierte Typenhaus „EW 58“. Dabei handelte es sich um ein Einfamilienwohnhaus, das zahlreiche Varianten sowie individuelle Modifikationen erlebt hat. Daneben wurden weitere Typenhäuser wie das „83 G“, „123 G“, „Haus Lilienstein“ mit Flachdach, „EW65B“ und weitere Varianten von Bauakademien oder Bau-Kombinaten projektiert und errichtet.
Erst in den letzten Jahren findet im Zuge des zunehmenden Bewusstseins für ökologische und nachhaltige Produktionsweisen ein Umdenken statt. Man besinnt sich auf regional bewahrtes Bauwissen und handwerkliche Techniken, die in moderner Formensprache wieder aufgenommen werden.
Typisch für ältere Massivhäuser sind die folgenden Merkmale:
Die KELLER haben keine oder eine mangelhafte Abdichtung, gegebenenfalls sind sie anfällig für Überschwemmungen durch Starkregenereignisse („Keller läuft voll“).
Die WÄNDE sind außen und innen gemauert, und die Wärmedämmung ist nach modernen Standards unzureichend.
TRAGENDE HOLZTEILE in Geschossdecken sind durch holzzerstörende Organismen geschädigt.
Die RAUMGRÖSSEN und -aufteilungen sind unzeitgemäß und nicht passend zu heutigen Anforderungen.
Die TÜREN und FENSTER sind schlecht wärmeisolierend und oft kaum schallisolierend.
Aus heutiger Sicht ist die ELEKTROINSTALLATION unzureichend (zu wenig Auslässe, mangelhaft abgesichert, nicht heutigen Sicherheitsstandards entsprechend).
Die SANITÄRINSTALLATIONEN sind veraltet mit mehr oder weniger verkalkten Rohrleitungen. Die Rohrleitungen sind oft aus Blei.
Ebenso veraltet sind HEIZUNGS- UND WARMWASSERANLAGEN auf Basis von Erdöl, Erdgas, Strom (Nachtspeicherheizungen, mitunter auch Stromdirektheizungen) oder Fernwärmeanschluss. Heizungsleitungen sind häufig ungedämmt.
Der DACHSTUHL ist ungedämmt und die DACHDECKUNG (mit Schornstein) vorgeschädigt oder undicht.
Der SCHORNSTEIN weist Versottungsschäden auf und ist zudem oftmals stillgelegt und daher überflüssig.
Es finden sich gesundheitsgefährdende BAUSTOFFE bzw. -behandlungen: Asbest in Baustoffen oder Isoliermaterialien, Formaldehyd in Holzplatten, giftige Holzschutzmittel vor allem im Dachstuhl, giftige Parkettkleber, Bleileitungen und so weiter.
Wie sich die Bauweisen im Laufe der Zeit geändert haben, erfahren Sie im Kapitel „Gebäudealter“ (siehe Seite 17).
Das Konzept einer vorproduzierten Fertigung von Bauteilen für Wohnhäuser geht in Deutschland auf die 1920er-Jahre zurück. Damals propagierten insbesondere Vertreter der Bauhaus-Architekturschule in Dessau die Vorfertigung von Hauselementen für den Eigenheimbau. Der Gründer des Bauhauses, Walter Gropius, arbeitete unter anderem mit vorproduzierten Bauteilen und entwickelte damit ein „Baukastensystem“. Neue Bautechniken erlaubten eine standardisierte Serienfertigung von architektonisch einfachen und funktionalen Fertighäusern, die vor allem erschwinglich sein sollten. Die Vorteile für die Bauherren bestanden in der Vorfertigung der Bauelemente unter kontrollierten Bedingungen im Werk und der kurzen Bauzeit auf der Baustelle.
Nach dem Zweiten Weltkrieg galt es, schnell und preisgünstig Wohnraum zu schaffen. Als Baustoff setzte sich dafür Holz durch, die Fertighausindustrie entstand vor allem aus zahlreichen Zimmereibetrieben, die das Bauprinzip neu umsetzten. In den Jahrzehnten ab den 1950er-Jahren konnten sich mit dem Wirtschaftsboom in der BRD immer mehr Menschen den Traum vom eigenen Häuschen erfüllen. Der Bauboom steigerte sich bis in die 1970ER-JAHRE, nicht zuletzt wegen der industriellen Fertigbauweise, die anfangs nicht die Bauqualität der individuellen Häuser erreichte. Das „Haus von der Stange“ bot weniger Gestaltungsmöglichkeiten, konnte dafür aber preisgünstiger gebaut werden. Diese Generation der Fertighäuser war tatsächlich minderwertig hinsichtlich ihrer Wärmedämm- und Schalldämmqualitäten. Auch wurden hier gesundheitsgefährdende Baustoffe (Kleber, Dämmmaterial, Asbest) verbaut.
In der DDR wurden Eigenheime zunehmend mit industriell vorgefertigten Wandbauelementen geplant und vor Ort montiert. Bei der HW-Serie in Ständerbauweise wurden Außenwände und tragende Längswände als Holzrahmenelemente oberflächenfertig angeliefert. Durch das Baukastenprinzip konnten Grundrissänderungen durch die Austauschbarkeit einzelner Elemente berücksichtigt werden. Ein giftiges Erbe aus jener Zeit stellen die Holzteile dar, die vom Hersteller mit damals zugelassenen Holzschutzmitteln behandelt werden mussten.
Seit den 1980ER-JAHREN arbeiten die Anbieter deshalb beständig daran, die Bauqualität der Fertighäuser in allen Belangen zu verbessern. Es wurden zudem Standards entwickelt, zu deren Einhaltung sich viele der großen Fertighaushersteller verpflichtet haben. Das hat zum Zusammenschluss in Organisationen wie der „Qualitätsgemeinschaft Deutscher Fertigbau“ (QDF) geführt, die die Anforderungen an die Bauqualität in ihren Satzungen verankert haben. Dass die gesetzten Qualitätsnormen in der Praxis umgesetzt werden, sollen unabhängige Prüferinnen gewährleisten, die bei jedem Hersteller mehrmals jährlich Kontrollen in den Fertigungsstätten und vor Ort auf den Baustellen durchführen.
Die Bauqualität von Fertighäusern hat in den Jahrzehnten seit den 1970er-Jahren erheblich zugenommen.
Wer eine Sanierung in einem älteren Fertighaus aus den 1970er- oder 80er-Jahren plant, sollte damit rechnen, dass Luft und Hausstaub mit gesundheitsschädlichen Schadstoffen belastet sein können. In Einzelfällen setzen alte Holzwerkstoffe immer noch Formaldehyd und Holzschutzmittel wie PCP (Pentachlorphenol) und Lindan frei. Problematisch wird das insbesondere dann, wenn bisher verborgene oder gebundene Materialien im Zuge der Sanierung geöffnet oder entfernt werden sollen. Bei alten Parkettböden kann man auf zerbröselnde Parkettkleber stoßen, die mit PCB oder PAK (Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen) belastet sind. Alte Dach- und Fassadenverkleidungen enthalten mitunter Asbestfasern, die fest gebunden sind.
MODERNERE FERTIGHÄUSER haben erheblich verbesserte Baustandards erreicht. Die anerkannte Lebensdauer heutiger Fertighäuser liegt bei rund 60 bis zu 100 Jahren. Sie erreichen also Bauqualitäten, die denen von individuell gebauten Familienheimen häufig gleichwertig sind. Das Image des „Hauses von der Stange“ hat sich ebenfalls überholt. Die Fertighausproduktion ist gestalterisch flexibler und individueller geworden, wozu die zunehmende Automatisierung und Digitalisierung in den Fabrikanlagen beigetragen haben.
Das Baualter ist ein wichtiges Datum, weil sich in jeder Bauepoche allgemein übliche Konstruktionsweisen, aber auch typische Bauelemente (zum Beispiel Fenstergrößen und Fensterbau) finden lassen, die den Heizwärmebedarf deutlich beeinflussen.
Kaum bekannt ist zum Beispiel, dass beim Bauen der Brand-, Schall- und Wärmeschutz sowie im Keller der Feuchteschutz überhaupt erst seit den 1960er-Jahren verstärkt berücksichtigt wurden. Außerdem bei Sanierungen relevant: Ab den 1950er- bis in die 1970er-Jahre wurden viele heute als gesundheitsgefährdend bewertete Stoffe als Materialien am Bau eingesetzt, zum Beispiel Pressspanplatten mit ausgasendem Formaldehyd, Asbestzementplatten im Trockenbau und giftige Imprägnierungen als Holzschutzmittel.
Das Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt (IWU) hat deshalb zur Einschätzung von Wohngebäuden 2015 ein System veröffentlicht, das sogenannte Baualtersklassen definiert. Diese orientieren sich an bedeutsamen historischen Ereignissen, den Zeitpunkten statistischer Erhebungen und ab etwa 1960 an den Veränderungen der wärmetechnisch relevanten Bauvorschriften. Hierbei sind zum Teil beträchtliche regionale Unterschiede zu beachten, da die natürlichen Vorkommen an Baumaterial in Nord- und Süddeutschland sehr ungleich verteilt waren.
Natürlich wurden viele der älteren Häuser in den Jahrzehnten ihrer Nutzung immer wieder erneuert und modernisiert. Mit dem folgenden kurzen Abriss der Entstehungsgeschichte von Gebäuden unterschiedlicher Epochen möchten wir Ihnen ein Gefühl für deren typische und relevante Schwachstellen vermitteln. Wenn diese in Ihrem Fall bereits beseitigt wurden – umso besser.
Ohne an dieser Stelle eine vollständige Bau- und Stilgeschichte darstellen zu können, seien zur Orientierung einige Beispiele genannt.
Fachwerkhäuser besitzen oft gerade wegen ihres hohen Alters einen besonderen Charme.
Die vorindustrielle Phase ist geprägt durch handwerkliche Bautechniken, aufbauend auf Erfahrungswissen. Gesetzliche Regelungen gab es kaum. Verwendet wurden lokal verfügbare Materialien der Region. Die dominanten Bauweisen waren FACHWERKHÄUSER mit Strohlehm-Ausfachung, massive Wände aus unbehauenen oder behauenen Natursteinen oder Vollziegeln und Holzbalkendecken. Geheizt wurde wenig, und wenn, dann über offene Feuerstellen oder Öfen in einzelnen Wohnräumen und offene Herdstellen oder geschlossene Herde in der Küche. Fließend Kalt- oder gar Warmwasserleitungen gab es nicht. Toiletten befanden sich in der Regel außerhalb des Gebäudes.
Im Mittelalter von etwa 500 bis 1525 n. Chr. war Mauerwerk (Ziegel oder Werkstein) vorherrschend, teils in Verbindung mit Fachwerk. Nur wenige Gebäude sind heute noch im originalen Bauzustand erhalten. Wo vorhanden, sind sie in der Regel mehrfach renoviert und saniert worden. Die Zeiten waren nicht immer leicht, deshalb sind Restaurierungen, abhängig von der Ausführungszeit, mehr oder weniger gelungen.
Die Renaissance von etwa 1500 bis 1600 orientierte sich bevorzugt an klassischen Idealen: Bauwerke aus dieser Zeit kennzeichnen klar gegliederte Fassaden, antike oder antikisierende Formelemente wie Säulen, Pilaster, Kapitelle und Dreiecksgiebel, klare geometrische Grundrisse. Es handelt sich überwiegend um Mauerwerksbau mit teilweise reichen Zierelementen. In den Innenräumen finden sich teils schlichte, teils aufwendig gestaltete Holzarbeiten wie Wandtäfelungen und Kassettendecken. Diese Gebäude stehen heute regelmäßig auf der Denkmalliste. Restaurierungen dieser Denkmäler haben die Gebäude deshalb meistens von später erfolgten Um-, Ein- und Anbauten befreit.
Im Barock zwischen etwa 1600 und 1770 gab es überwiegend Mauerwerksbauten, je nach Wohlstand der Bauherren in Verbindung mit mehr oder weniger aufwendigen Stuckarbeiten.
Im anschließenden Klassizismus und Historismus von etwa 1770 bis 1900 wurden klassische Architekturformen wieder aufgenommen, zum Beispiel durch Säulenordnungen und Dreiecksgiebel. Die palaisartige Villenarchitektur am Übergang zum Historismus zeichnete sich durch eine oft beliebige Mischung unterschiedlicher historischer Stilelemente wie romanischer Rundbögen, spätgotischer Vorhangbogenfenster, pseudomittelalterlicher Türmchen und klassizistischer Giebel an ein und demselben Gebäude aus.
In der sogenannten Gründerzeit dehnten sich die Städte mit der einsetzenden Industrialisierung zum Teil schnell aus, wodurch die Standardisierung und Normung der Bauweisen vorangetrieben wurden. Das war aber noch regional geprägt. Es dominieren Mauerwerksbauten, im ländlichen Bereich auch Fachwerkgebäude mit Mauerwerksausfachung. Die Straßenfassaden mit Stuck, Sandstein und Klinker sind häufig repräsentativ gestaltet. Innen finden sich oftmals massive Kellerdecken und darüber Holzbalkendecken. Die Beheizung erfolgte durch Einzelöfen in den Wohnräumen und Holz- oder Kohleherde in der Küche. Fließend Warmwasser und Badezimmer gab es noch nicht, Toiletten befanden sich innerhalb des Gebäudes, oft im Treppenhaus.
Am Übergang zum Jugendstil entstanden aufwendig gestaltete, reich geschmückte Fassaden und Treppenhäuser sowie dekorative Glasfenster. Häuser der Baujahre bis 1920 (Jugendstil etwa 1895–1914) weisen oft viele kunsthandwerkliche Details auf. Neben aufwendig gestalteten Villen und Stadtpalais trifft man aber auch viele einfache Handwerkerund Bauernhäuser mit äußerst sparsamer Ausstattung an. Als problematisch stellen sich bei Häusern aus dieser Zeit oft Mängel bei Wärmeisolierung, Schallschutz und Kellerdichtung dar. Einfach verglaste Holzfenster waren Standard und sind zum Teil bis heute anzutreffen. Die Haustechnik – im ursprünglichen Zustand kaum vorhanden und gegebenenfalls später nachgerüstet – genügt heutigen Anforderungen in der Regel nicht.
Hinter prachtvollen historischen Fassaden verbirgt sich häufig ein großer Sanierungsaufwand.
BAULICHE SCHWACHSTELLEN BEI ALLEN GEBÄUDEN VOR ETWA 1920
Kellerböden sehr einfach, aufsteigende Feuchtigkeit
Kellerwände ohne ausreichende Abdichtung und Dämmung
(Keller-)Wände teilweise aus Bruchstein; ungenügender Verbund
Eisen- bzw. Stahlträger oft verrostet
Geschossdecken aus Holz und Naturmaterialien stellenweise verrottet, gegebenenfalls durch holzzerstörende Organismen (Pilze und tierischer Befall) geschädigt
Trittschallschutz (Zwischendecken, Treppen etc.) oft nicht vorhanden
alte (raumweise) Heizungen mit zu weiten Schornsteinen („Kälteschächte“)
Sanitärleitungen korrodiert oder stark verkalkt
Gasleitungen zum Teil undicht
Elektroinstallation unzureichend und mangelhaft gesichert, Blitzschutz fehlt meist
Brandschutz fehlt oder mangelhaft
kein Wärmeschutz der Außenhülle (Mauerwerk, Fenster, Türen)
Dachstühle mit Holztragwerk gar nicht oder mangelhaft gedämmt
Dachdeckung stellenweise undicht oder mürbe
Mangelhaftes Baumaterial macht sich früher oder später negativ bemerkbar.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Baustoffherstellung zunehmend industrieller und damit landesweit genormter. In der Nachkriegszeit wurden vor allem kostengünstige und einfache Materialien verwendet, es wurde insgesamt materialsparend konstruiert. Es überwogen massive Kellerdecken, darauf ein- und zweischaliges Mauerwerk. Der Einsatz von Bauelementen mit Luftkammern (zweischalige Bauweise, Hohlkörperdecken) sorgte für einen etwas besseren Wärmeschutz. Die Beheizung erfolgte über Einzelöfen in den Räumen, bisweilen gab es schon Kohle-Zentralheizungen. In der Küche wurde auf Kohle- oder Gasherden gekocht; Toiletten und Badezimmer lagen jetzt innerhalb der Wohnungen.
In den 1920er- und 1930er-Jahren wurden Ziegelmauerwerk und Holzkonstruktionen kombiniert, es gab fast keine Schmuckelemente mehr. In Deutschland war dies die Ära des Bauhauses. 1926 wurde die Frankfurter Küche entwickelt. Sie sollte die Arbeitsabläufe auf kleinem Raum optimieren, war aber kein Raum mehr für Gesellschaft. Die weite Verbreitung von Flachdächern hat später vielfach Probleme bereitet.
BAULICHE SCHWACHSTELLEN (ETWA 1920- BIS 1940ER-JAHRE)
Kellerböden noch sehr einfach ohne ausreichende Abdichtung
Kellerwände ohne ausreichende Abdichtung und Dämmung
(Keller-)Wände teilweise noch aus Bruchstein; ungenügender Verbund
Eisen- bzw. Stahlträger oft verrostet
Geschossdecken aus Holz stellenweise verrottet, gegebenenfalls mit Holzpilzen befallen, aus Ziegelbetonstein, veraltet
Schallschutz (Zwischendecken, Treppen etc.) oft ungenügend
alte (raumweise) Heizungen mit zu weiten Schornsteinen („Kälteschächte“)
Sanitärleitungen korrodiert oder stark verkalkt, zum Teil bleihaltige Rohrleitungen
Gasleitungen zum Teil undicht
Elektroinstallation unzureichend und mangelhaft gesichert
Brandschutz fehlt oder mangelhaft
kein Wärmeschutz der Außenhülle (Mauerwerk, Fenster, Türen)
Dachstühle mit Holztragwerk gar nicht oder mangelhaft gedämmt
Dachdeckung stellenweise undicht oder mürbe
Flachdächer oft fehlerhaft konstruiert, dadurch undicht
BAULICHE SCHWACHSTELLEN DER 1950ER-BAUJAHRE
Kellerböden einfach ohne ausreichende Abdichtung
Kellerwände ohne ausreichende Abdichtung und Dämmung
Schallschutz (Zwischendecken, Treppen etc.) oft ungenügend
zum Teil gesundheitsschädliche Materialien wie teerhaltige Parkettkleber, asbesthaltige Platten, formaldehydhaltige Holzplatten und kleinfaserige Mineralwolle verbaut
alte (raumweise) Heizungen
Sanitärleitungen korrodiert oder stark verkalkt
in Bädern und Küchen statt Fliesen nur Anstriche aus Ölfarben
Gasleitungen zum Teil undicht
Elektroinstallation unzureichend und mangelhaft gesichert
Brandschutz fehlt oder mangelhaft
kaum Wärmeschutz der Außenhülle (Mauerwerk, Fenster, Türen)
Dachstühle mit Holztragwerk gar nicht oder mangelhaft gedämmt, zum Teil gesundheitsgefährdend imprägniert
Dachdeckung stellenweise undicht oder mürbe
Flachdächer oft fehlerhaft konstruiert, dadurch undicht
Im Zuge des sozialen Wohnungsbaus entstanden Wohneinheiten mit kleineren und niedrigeren Räumen. Sie stellten einen deutlichen Fortschritt dar. Werkbund und Bauhaus sorgten auf ihre Weise für handwerkliche Solidität bei gleichzeitiger Bezahlbarkeit für die Mittelschicht. Betonfundamente und Betonkellerdecken sind nun anzutreffen.
In der Nachkriegszeit herrschte Mangel, es wurde einfach gebaut, häufig unter Verwendung von Trümmermaterialien. In der Wiederaufbauzeit wurden zudem oft minderwertige Materialien verbaut. Bauphysikalische Aspekte spielten erst ansatzweise eine Rolle.
Baunormen wurden festgeschrieben und weiterentwickelt. 1952 erfolgte immerhin die Einführung der DIN 4108 „Wärmeschutz im Hochbau“. In den 1950er-Jahren herrschte eine schlichte Bauweise mit typischen Stilelementen der Zeit vor. Es gab Konstruktionen aus Mauerwerk, Beton und Holz; das Mauerwerk bestand bisweilen aus Bims und Ziegelsplitt. Überwiegend trifft man auf die Mauerwerksbauweise; Holzbalkendecken gab es nur noch bei Einfamilienhäusern. Zentralheizungen für alle Wohnräume – betrieben mit Kohle, Koks, Öl oder Gas – fanden zunehmende Verbreitung. Gasetagenheizungen oder Gasöfen ersetzten mehr und mehr die Feststofföfen. Neubauten hatten damit im Winter ein kontinuierlich höheres Temperaturniveau. Gegen Ende der 50er-Jahre wurde Beton immer häufiger verwendet. Auch beim Schallschutz und bei Heizungsanlagen wurde man aufmerksamer.
Siedlungen aus der Nachkriegszeit weisen oft nicht nur in optischer Hinsicht Schwachpunkte auf.
Eine massive Bauweise verleiht dem Eigenheim hohe Stabilität.
In den 1960ern gab man immer noch einfachen Bauweisen den Vorzug, meist mit wenigen oder keinerlei Zierelementen. Statisch wurde Stahlbeton beliebter und in vielen Variationen bestimmend, wodurch es zur Zunahme konstruktiver Wärmebrücken kam (insbesondere auskragende Betonbauteile mit Eisenverstärkungen). Gebaut wurde mit Mauerwerk in Verbindung mit Betonkonstruktionen; im Mauerverband setzten sich Hohlblocksteine und Hochlochziegel durch. Flachdach und Bungalowstil eroberten im Westen den Einfamilienhausbau. In der DDR wurde das Einfamilienhaus Typ „EW 58“ in zahlreichen Varianten gebaut, das man noch heute häufig antreffen kann.
Wärmedämmung und Schallschutz erfuhren jetzt mehr Aufmerksamkeit. Kohle-, Öl- und Gaszentralheizungen oder Fernwärme wurden Standard ebenso wie fließend Warmwasser in Badezimmern und Küchen. Moderne Heizungsanlagen verdrängten die Kohlefeuerung. Bemerkenswert: Es wurden die ersten Kellerdrainagen gelegt.
Neue industrielle Bauweisen (Sandwich-Konstruktionen) wurden entwickelt. Im Einfamilienhaus-Bereich etablierten sich das Fertighaus-Konzept (mit anfangs vielfach problematischer Bauqualität) und der Bungalow als Bauformen. In den 70er-Jahren wurden Konstruktionen überwiegend in Stahlbetonbauweise ausgeführt – dies galt bei Einfamilienhäusern gleichfalls für die Kellerwände, Decken und Balkone. Bei monolithischen, also massiven Wänden ohne Hohlraum setzte man auf immer kleinere Luftkammern beziehungsweise porosierte Materialien; aber auch von außen gedämmte Mauerwerksbauten (Wärmedämmverbundsystem) waren nun stärker im Markt vertreten. Der zunehmende Wohlstand erlaubte größere und qualitativ hochwertigere Bauten. Kohle wurde abgelöst, zunehmend setzten sich Ölheizungen durch, im Einfamilienhaus gab es seit Mitte der 70er-Jahre verstärkt Gasheizungen.
BAULICHE SCHWACHSTELLEN DER 1960ER- BIS 1970ER-BAUJAHRE
Kellerböden in seltenen Fällen noch ohne ausreichende Abdichtung
Kellerwände in seltenen Fällen mit unzureichender Abdichtung und Dämmung
Schallschutz (Zwischendecken, Innenwände etc.) oft noch ungenügend
zum Teil gesundheitsschädliche Materialien wie teerhaltige Parkettkleber, asbesthaltige Platten, formaldehydhaltige Holzplatten und kleinfaserige Mineralwolle
Sanitärleitungen manchmal korrodiert oder stark verkalkt
Heizungsanlagen (Brenner) veraltet und ineffizient
Elektroinstallation nicht heutigem Standard entsprechend, nicht abgesichert
selten ausreichender Wärmeschutz der Außenhülle (Mauerwerk, Fenster, Türen)
erste Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) erweisen sich als problematisch durch falsche Konstruktion, nicht nachhaltige Materialien (Polystyrol), Algenbildung auf den Oberflächen
Dachstühle mangelhaft gedämmt, zum Teil gesundheitsgefährdend imprägniert
Dachdeckung stellenweise undicht oder mürbe
Flachdächer oft fehlerhaft konstruiert, dadurch undicht
Auch nach dem Bungalow-Boom in den 1950er- und 60er-Jahren blieb diese Bauweise beliebt.
Ausgelöst durch die erste Ölkrise im Jahr 1973 erhielt der Wärmeschutz im Hausbau größere Bedeutung, auch der Schallschutz wurde zunehmend wichtiger. Die Fernwärmeversorgung weitete sich aus. 1977 wurde als Folge der Ölkrise die Erste Wärmeschutzverordnung erlassen. Die WÄRMESCHUTZVERORDNUNG 1977 war die erste öffentlich-rechtliche Vorschrift Deutschlands, die einen energiesparenden Wärmeschutz von Gebäuden vorschrieb. Sie baute in Teilen auf dem technischen Regelwerk (DIN 4108) auf.
Auch in der DDR gab es in dieser Zeit verbesserte wärmetechnische Anforderungen – zusammengefasst etwa im Regelwerk „Rationalisierungsstufe II“.
Die DDR wandte sich neben dem Massenwohnungsbau in Plattenbauweise verstärkt dem Eigenheimbau zu, um die Eigeninitiative und die finanziellen Möglichkeiten der Bauherren für die Lösung des staatlichen Wohnungsbauprogramms zu mobilisieren. Neben traditioneller Bauweise sind in großem Umfang Fertighäuser und Haustypen aus Betonfertigteilen aus dieser Zeit anzutreffen.
Als problematisch können sich bei Bauten der 1960er- und 70er-Jahre der Einbau von asbesthaltigen Werkstoffen und von Dämmmaterialien aus Mineralwolle mit lungengängigen Faserstrukturen sowie die Verwendung von gesundheitsschädlichen Holzschutzmitteln erweisen.
Die Baualtersklassen in dieser Gruppe unterscheiden sich hauptsächlich durch die Energiestandards, die in den jeweils gültigen Wärmeschutzverordnungen vorgegeben waren.
Architektonisch war die Zeit der 1980er-Baujahre geprägt von der Postmoderne. Die Architekten und Bauherren wandten sich von den kubischen Bungalowbauten ab und bevorzugten wieder traditionelle Haustypen und Dachformen, gelegentlich mit historisierenden Zitaten. In den 1980er- und 1990er-Jahren herrschten Mischbauweisen aus Stahlbeton, Stahl und Glas vor; neue Baustoffe setzten sich durch; häufig findet sich Mauerwerk aus Leichtziegeln und Porenbeton.
Ab Ende der 80er-Jahre setzten sich Niedrigenergiebauweisen durch, in den 90er-Jahren war das sogenannte Passivhaus immer mehr im Kommen.
In der DDR entstanden zwischen 1980 und 1989 etwa 130 000 Eigenheime, die in einer überschaubaren Anzahl von Bautypen errichtet wurden. Sie befanden sich nicht unbedingt nur im privaten Besitz der Bewohner, sondern unter Umständen auch im genossenschaftlichen oder staatlichen Eigentum.
Ab März 1982 und Januar 1984 galt in der Bundesrepublik die Zweite Wärmeschutzverordnung; in der DDR wurde der Wärmeschutz ebenfalls weiter verbessert – im Zuge der Rationalisierungsstufe III. In dieser Zeit wurden in Westdeutschland erste Niedrigenergiehäuser in der Praxis realisiert, teilweise gefördert durch regionale und/oder Landesprogramme, sogar erste Passivhäuser konnten bereits gebaut werden.
BAULICHE SCHWACHSTELLEN DER 1980ER-JAHRE BIS HEUTE
Dachterrassen können problematisch sein (undicht)
zum Teil noch gesundheitsschädliche Materialien wie teerhaltige Parkettkleber, asbesthaltige Platten, formaldehydhaltige Holzplatten und kleinfaserige Mineralwolle
Sanitärleitungen manchmal korrodiert oder verkalkt
Heizungsanlagen einschließlich Heizkessel manchmal technisch veraltet und ineffizient
Elektroinstallation nicht mehr heutigem Standard entsprechend
Fensterkonstruktionen genügen nicht heutigen Wärmedämmstandards
Das weltweit erste Passivhaus in Darmstadt wurde 1991 erbaut. 2015 installierten die Hausherren eine 26 Quadratmeter große Photovoltaikanlage auf dem Dach sowie an der Terrassenseite.
In den 1980er-Jahren zeichnete sich ein weiterer Bautrend ab, der auf der gleichen Grundfläche zusätzlichen Wohnraum ermöglichte: Statt des bis dahin gängigen Kaltdachs wurde ein wärmegedämmtes Wohngeschoss unter dem Dach gebaut. Der Bungalow auf einer Ebene mit einer Dachluke zum kalten Dachboden wurde durch eine Treppe und den Dachausbau zum Familienheim mit zwei Geschossen.
Allerdings erweist sich die damals beliebte Dachterrasse bei starkem Regen sowie starker Sonneneinstrahlung oft als Schwachstelle. Weitere Schwachstellen sind bei Gebäuden aus dieser Zeit häufig Erdgeschossaußenwände und Wohnungstrennwände, Fensterlaibungen und Rollladenkästen.
Zum 1. Januar 1995 folgte die Dritte Wärmeschutzverordnung (WärmeschutzV 95). Diese wurde zum 1. Februar 2002 von der Energieeinsparverordnung (EnEV 2002) abgelöst, die die Wärmeschutzverordnung und die Heizungsanlagenverordnung (HeizAnlV) zu einem Vorschriftenwerk vereinte.
Hier werden kaum energetische Sanierungen nötig oder fällig werden. Gebaut wird seit 2000 bis heute mit Glas, Stahl und Stahlbeton in Verbindung mit Mauerwerk, kombiniert mit zunehmend hochwertigen Dämmsystemen und Solarenergieelementen. Neue Anforderungen der EnEV kamen ab Herbst 2009 hinzu: Niedrigenergiehäuser sind seitdem Regelstandard.
Diese Aufstellung der Gebäudearten und Bauepochen gibt nur einen sehr groben – und auch nur grob schematisierten – Überblick über die tatsächlichen Gebäude, auf die Sie stoßen können. In der gebauten Realität wird es oft Mischkonstruktionen geben. Die verschiedenen Bauepochen können einander ebenfalls überlagern, wurde doch in der Regel bei ununterbrochener Nutzung der Gebäude immer wieder an- und umgebaut. Manches wurde vom „Zahn der Zeit“ angefressen und musste erneuert werden, anderes fiel Kriegszerstörungen zum Opfer und wurde ganz oder teilweise neu aufgebaut.
Moderne Materialien und Technologien machen sich durch ihre positive Energiebilanz bezahlt.
Fazit: Je älter ein Gebäude ist und je unübersichtlicher die verschiedenen Bauweisen und Baualter einander überlagern, desto schwieriger wird es für den Laien, die Beschaffenheit der Substanz ein- und den möglichen Sanierungs- oder Modernisierungsbedarf abzuschätzen.
Gebäude-Check auf energetische Schwachstellen Bevor Sie an die Entwicklung eines neuen Energiekonzepts für Ihr Haus gehen, müssen Sie sich erst einmal einen Überblick verschaffen, woran es momentan hapert und worin die größten Schwachpunkte des Gebäudes bestehen.
WAS ERFAHRE ICH?
Kellerräume
Wände und Decken
Rollladen(-kästen)
Fenster und Türen
Heizung und Warmwasserbereitung
Hauselektrik
Dach
Gebäude von außen inklusive Außenanlagen
Schauen Sie einmal, was Sie an alten Bauunterlagen auftreiben können. Oft finden sich darin Angaben zum Baujahr, Konstruktionspläne, Unterlagen zu nachträglichen Anbauten oder Umbauten, zu bereits erfolgten Modernisierungsmaßnahmen usw. Für Baugutachter und Energieexperten können die alten Unterlagen ebenfalls wertvolle Informationen zur Bewertung und Analyse des Gebäudes enthalten. Oder gibt es bereits einen aktuellen Energieausweis (siehe Seite 204) für das Haus? Dann sind Sie schon ein ganzes Stück weiter. Wenn für diesen Ausweis der theoretische Energiebedarf aus der Baukonstruktion errechnet wurde, hat bereits ein Experte diese digital aufgenommen und bestenfalls schon Modernisierungsempfehlungen gegeben.
An dieser Stelle unternehmen wir einen gemeinsamen Rundgang durch Ihr Haus von unten nach oben und verschaffen uns dabei einen möglichst ungeschönten Eindruck vom Zustand aller Räume und Bauteile. Das beginnt von draußen kommend an der Kellereingangstür und führt bis ins Dachgeschoss bzw. auf den Dachboden. Der Rundgang soll alle Räume erfassen und den Zustand jeweils dokumentieren, wobei in erster Linie die für die energetische Bilanz des Hauses wichtigen Punkte abgefragt werden. Zum Schluss machen wir noch einen Gang ums Haus herum und notieren, was von außen auffällt.
In den folgenden Checklisten können Sie nach Ihrer eigenen Beurteilung des Zustands eintragen, wo im Rahmen einer energetischen Sanierung voraussichtlich Handlungsbedarf besteht – und zwar dringend oder eher entspannt im Lauf der nächsten Jahre. Zugleich können Sie Fragen an die Expertinnen festhalten, mit denen Sie später die Sanierungsmaßnahmen umsetzen wollen.
Die Decke der Kellerräume sollte gedämmt werden, wenn der Keller nicht beheizt wird. Eine wesentliche Frage hierbei lautet: Ist die Deckenhöhe geeignet für eine Wärmedämmung? Die Antwort hängt auch davon ab, wie die Räume künftig genutzt werden sollen. Wir gehen hier aber davon aus, dass Kellerräume nicht in dauerhaft genutzte Wohnräume umgewandelt werden sollen, dass sie also nicht Wohnraumhöhe (mindestens 2,30 m) haben müssen. Oft ist es dann aus finanziellen Gründen sinnvoll, nicht den Kellerboden samt allen Außenwänden zu dämmen, sondern lediglich die Kellerdecke, sodass die Wohnräume im Erdgeschoss gut isoliert sind.
ALBTRAUM ASBEST
Bis zum Verbot von asbesthaltigen Materialien für den Wohnungsbau im Jahr 1993 wurde Asbest in vielen Produktgruppen verwendet. Im Folgenden werden nur die wichtigsten Materialien aufgelistet, bei denen man in alten Häusern auf die gesundheitsgefährdenden Asbestfasern stoßen kann. Diese müssen unter Einhaltung von besonderen Vorsichtsmaßnahmen entfernt und fachgerecht entsorgt werden:
Cushion-Vinyl-Belag findet sich als PVC-Bahnenware zum Teil großflächig in vielen Wohnungen. Meist sind es Fußböden, manchmal wurde das Material auch als Wandbelag verklebt. Die dünne „Pappschicht“ auf der Rückseite besteht zu nahezu 100 Prozent aus Asbest. Die Fasern sind nur schwach in der Pappstruktur gebunden und können relativ leicht als feiner Staub in die Luft gelangen.
Flexplatten: PVC-Fliesen im quadratischen Format enthielten früher oft etwa 15 Prozent Asbest. Dieser Bodenbelag zerbricht beim Biegen leicht mit einem deutlich hörbaren „Knack“. Die Fasern waren anfangs fest in den Kunststoff eingebettet. Mit zunehmendem Alter werden die Platten aber immer spröder und brüchiger. Auch die Kleber können Asbest enthalten, ebenso wie „Asbesthartfliesen“ auf Bitumen- oder Asphaltbasis.
Heizkörperverkleidungen und Hitzeschutz: Unter Fensterbrettern und hinter Verkleidungen von Heizkörpern gibt es manchmal noch asbesthaltige Pappen, die aufgeklebt oder nur lose befestigt sind. Auch hinter Öfen und Heizungen oder in Kochnischen sind früher hitzebeständige Pappen mit hohem Asbestgehalt befestigt worden. Mitunter kommen sie erst beim Abreißen alter Tapeten zum Vorschein.
Wandplatten: Asbesthaltige Leichtbauplatten kamen in der DDR unter den Bezeichnungen Sokalit, Neptunit und Baufatherm zum Einsatz. In der Bundesrepublik dienten Leichtbauplatten (Promabest) als Brandschutz in Wänden oder als Lüftungskanäle.
Putze, Spachtelmassen, Fliesenkleber: Diese Arbeitsmaterialien enthielten lange Jahre ebenfalls faserige Asbestzusätze. Die Gehalte liegen zwar bei weit weniger als ein Prozent, aber beim Abschlagen oder bei Schleif- und Bohrarbeiten kann die Raumluft mit hohen Faserkonzentrationen belastet werden.
Elektro-Speicherheizgeräte können asbesthaltige Bauteile enthalten. Eine eigenhändige Analyse kommt hier nicht infrage, da Sie als Laie solche Geräte zur Probenahme nicht öffnen dürfen. Hier hilft nur eine Nachfrage beim Hersteller oder beim Energieversorgungsunternehmen.
Asbestzement: