Handbuch mentalisierungsbasierte Pädagogik -  - E-Book

Handbuch mentalisierungsbasierte Pädagogik E-Book

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Beschreibung

Mentalisierungsbasierte Pädagogik legt den Fokus auf Emotionen, Verstehen und pädagogische Beziehung bzw. Bindung und spricht damit alle an, die in pädagogischen Feldern praktisch oder in der Forschung tätig sind. Das Handbuch greift den aktuellen Stand der Forschung wie auch fallbezogene Erfahrungen aus den pädagogischen Feldern auf und diskutiert sie. Es klärt die entwicklungspsychologische Grundlage der Mentalisierungstheorie (insbesondere für Kindheit und Jugend), bevor es sich grundlegend mit der Bedeutung der Mentalisierungstheorie für die Pädagogik auseinandersetzt. Dies wird ausführlich für die pädagogischen Felder Frühpädagogik, Schule, Soziale Arbeit, Supervision und Beratung, Traumapädagogik, Inklusion und Erwachsenenbildung erarbeitet. Zudem wird gefragt, wo in der Pädagogik Mentalisieren (indirekt) schon immer Thema war und welche Einflüsse gerade auch die Pädagogik auf die aktuelle Entwicklung der Mentalisierungstheorie haben kann. Hierfür steht eine ausgewählte Gruppe nationaler und internationaler Autoren aus den Feldern Pädagogik, Psychologie, Medizin und Psychotherapie/Beratung bereit. Sie liefern mit dem Handbuch einen grundlegenden Beitrag für eine aktuelle Pädagogik, die die Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen in den Fokus nimmt.

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Seitenzahl: 443

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Stephan Gingelmaier / Svenja Taubner / Axel Ramberg (Hg.)

HandbuchmentalisierungsbasiertePädagogik

Mit einem Vorwort von Peter Fonagy

Mit 8 Abbildungen und einer Tabelle

Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

© 2018, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 GöttingenAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Umschlagabbildung: Tanor/shutterstock.com

Satz: SchwabScantechnik, GöttingenEPUB-Produktion: Lumina Datamatics, Griesheim

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com

ISBN 978-3-647-90091-9

Inhalt

Geleitwort

Eingeschränkte Mentalisierung: eine bedeutende Barriere für das Lernen

Peter Fonagy

Mentalisierungsbasierte Pädagogik

Eine Hinführung

Stephan Gingelmaier, Svenja Taubner und Axel Ramberg

Teil I – Mentalisieren und Entwicklung

Mentalisieren über die Lebensspanne

Svenja Taubner

Mentalisieren in der frühen Kindheit

Nicola-Hans Schwarzer

Mentalisieren in der mittleren Kindheit

Karolina Goschiniak und Melanie Henter

Die Suche nach dem Selbst

Ein mentalisierungsbasiertes Verständnis der Adoleszenz

Manfred Böge

Die mentalisierungsbasierte Therapie für Adoleszente (MBT-A)

Stephan Gingelmaier und Svenja Taubner

»Er will mich provozieren und ich kann ihn nicht mehr ertragen!«

Erzieherische Verhältnisse unter fehlender Mentalisierungsfähigkeit

Tillmann F. Kreuzer

Teil II – Mentalisieren und Pädagogik

Reflexion als Reaktion

Die grundlegende Bedeutung des Mentalisierens für die Pädagogik

Stephan Gingelmaier und Axel Ramberg

Mentalisierungsbasierte Interventionen und professionelle Haltung in der Pädagogik am Beispiel von Schule

Axel Ramberg

Freuds Rasiermesser und die Mentalisierungstheorie

Psychoanalytische Pädagogik und Mentalisierung – ein kritischer psychoanalytischer Blick

Robert Langnickel und Pierre-Carl Link

Teil III – Mentalisieren in pädagogischen Feldern

Feld: Frühpädagogik

Zur Bedeutung des Mentalisierungskonzepts in frühpädagogischen Handlungsfeldern

Nicola-Hans Schwarzer

Ein mentalisierungsbasiertes Präventionsprogramm zum Übergang von der Familie in die Kindertageseinrichtung

Christine Bark

Feld: Mentalisieren und (schulisches) Lernen

Epistemisches Vertrauen und Lernen

Tobias Nolte

Mentalisierungsfördernder Unterricht

Bindungstheoretische Grundlagen und didaktische Ansätze

Oliver Hechler

Epistemisches Vertrauen und Mentalisieren in der Schulpraxis

Ein Fallbeispiel einer konkreten Unterrichtsplanung und -durchführung

Elena Johanna Koch und Stephan Gingelmaier

Feld: Mentalisieren in der Sozialen Arbeit

Mentalisieren in der Sozialen Arbeit

Holger Kirsch

Mentalisierungsfördernde Interventionen in der Justizvollzugsanstalt

Jessica Held, Christine Wagener, Nathanael Armbruster, Benjamin Neuls und Holger Kirsch

Feld: Mentalisieren und Traumapädagogik

Überlegungen zu einer mentalisierungsbasierten Traumapädagogik

Nina Kramer und Pierre-Carl Link

Feld: Mentalisieren in Supervision und Beratung in der Pädagogik

Die Bedeutung des Mentalisierens für das Beratungsformat Supervision am Beispiel von Schulen

Stephan Gingelmaier

Mentalisierung in traumapädagogisch orientierter Supervision

Über Notwendigkeiten und Grenzen

David Zimmermann

Feld: Mentalisieren in der Inklusion

»Relevant wäre, die Pädagogik subjektfähig zu machen«

Eine inklusive Gemeinschaft als Kooperationsverhältnis mentalisierender Subjekte

Pierre-Carl Link

Inklusion, Mentalisierung und emotional-soziale Teilhabe

Bernhard Rauh

Feld: Mentalisieren in der Erwachsenenbildung

Figurationen mentalisieren

Gruppenanalytische Perspektiven des Mentalisierens für pädagogische Professionalisierungsprozesse

Sarah Yvonne Brandl

Die Autorinnen und Autoren

Geleitwort

Eingeschränkte Mentalisierung: eine bedeutende Barriere für das Lernen

Peter Fonagy

Die Mentalisierungstheorie basiert zu großen Teilen auf bindungstheoretischen Überlegungen sowie auf Aspekten der klassischen psychoanalytischen Entwicklungstradition, die davon ausgehen, dass das frühe pflegende Umfeld – insbesondere die Dyade aus Mutter und Säugling – die psychische Entwicklung des Kindes formen. Dazu gehört vor allem die Annahme, dass atypisches Pflegeverhalten in engem Zusammenhang mit atypischer Entwicklung und Psychopathologie steht. Dieser Denkrichtung stimmen wir [gemeint ist damit im Weiteren die Forschergruppe um Fonagy, Target, Allen und Bateman, die Hrsg.] im Wesentlichen zu. Unser Ansatz des Mentalisierens besteht in einer Entwicklungstheorie, deren Schlüsselkomponente die frühkindliche Erfahrung feinfühliger Pflege ist, welche ein Individuum dazu befähigt, stabil und ausgewogen zu mentalisieren. Diese Fähigkeit ermöglicht es wiederum, Beziehungen einzugehen und flexibel auf das soziale Umfeld zu reagieren, mit ihm in Austausch zu treten und von ihm zu lernen (Fonagy u. Luyten, 2016; Fonagy, Luyten u. Allison, 2015).

Darüber hinaus vertreten wir allerdings die Ansicht, dass das Konzept der Mentalisierung auch dazu genutzt werden kann bzw. sollte, über das soziale System über das Individuum hinaus nachzudenken. Wir haben beispielsweise argumentiert, dass ein wichtiger Veränderungsmechanismus effektiver therapeutischer Interventionen darin besteht, dass das Individuum die Möglichkeit hat, das innerhalb des Behandlungszimmers Gelernte auf sein erweitertes soziales Umfeld zu übertragen. Dadurch wird die im Rahmen der Therapie erworbene Fähigkeit des Mentalisierens geübt und gefestigt, wodurch es den Patienten gelingen kann, stabilere und tragfähigere soziale Beziehungen zu knüpfen, die wiederum positive Auswirkungen auf ihre Resilienz haben (Fonagy, Luyten, Allison u. Campbell, 2017a, 2017b). Wie wir weiterhin dargestellt haben, muss dazu in einem Individuum epistemisches Vertrauen angeregt werden, welches diese besondere Art des sozialen Lernens – sowohl innerhalb wie auch außerhalb der Therapie – ermöglicht und eine positive Entwicklung weiter vorantreibt. Das ist jedoch nur dann möglich, wenn das soziale Umfeld eines Individuums ausreichend zugewandt und mentalisierend genug ist, dafür zu sorgen, dass derartiges positives soziales Lernen stattfinden kann. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass epistemisches Vertrauen als die Fähigkeit eines Kindes (oder Erwachsenen) zu verstehen ist, Informationen von anderen als für sie relevant und auch in anderen Kontexten über die Lernumgebung hinaus nützlich zu betrachten. Erst dadurch werden Informationen behalten und als unabhängig von der Quelle (also im semantischen Gedächtnis) abgespeichert. Die zuverlässigste Methode hierfür besteht darin, jungen Menschen die Werkzeuge zu zeigen, die sie dazu benötigen, in der Welt zurechtzukommen. Diese Werkzeuge sollten in ihrer gesamten Komplexität vermittelt werden, mit ihren Technologien, Hilfsmitteln und Regeln – um die Welt als Ganzes und uns selbst als Teil von ihr zu begreifen, kurz gesagt als das, was wir mit Stolz als unsere Kultur bezeichnen (Csibra u. Gergely, 2009, 2011; Gergely u. Csibra, 2006). Derartiges Wissen ist der Schlüssel zu unserem Überleben, weswegen es kaum überrascht, dass es von hohen moralischen Anforderungen sanktioniert wird: Das Kind lernt, dass es richtiges und falsches Verhalten gibt.

Doch woher weiß ein Kind, wem es als Quelle derart grundlegender Informationen trauen kann? Es versteht sich von selbst, dass inhaltlich fehlerhafte und schlichtweg nicht vertrauenswürdige Informationsquellen nicht berücksichtigt werden dürfen, wenn es um die langfristige Abspeicherung einer Information als relevant geht. Auf der Suche nach vertrauenswürdigen Informationsquellen legen Kinder (und auch Erwachsene) – wie Sperber es bezeichnet – epistemische Wachsamkeit an den Tag (Sperber et al., 2010). Beurteilen zu können, wessen Informationen man vertrauen kann, ist der Schlüssel zu einem effizienten Transfer von Informationen und Wissen. Wir könnten dabei jedes Mal von Grund auf neu beginnen, aber das wäre für einen Prozess, der quasi in Echtzeit stattfinden muss, zu ressourcenaufwändig. Die weitaus effizientere Methode, die wir entwickelt haben, besteht darin, uns dafür zu sensibilisieren, Informationen nur dann anzunehmen und sie als relevant zu kodieren, wenn der Informationstransfer von der Erfahrung begleitet wird, als aktives Subjekt wahrgenommen worden zu sein. Bei Säuglingen ist das noch vergleichsweise einfach: Wir müssen sie bloß anlächeln, entsprechend auf ihr Verhalten reagieren, sie nachahmen und bezüglich der Kommunikation im Sinne eines Gebens und Nehmens mit ihnen interagieren (Gergely u. Csibra, 2013). Mit zunehmendem Alter werden diese Prozesse dann schwieriger. Da die sichere Bindung einen Erfahrungshorizont feinfühliger Reaktionen widerspiegelt, spielt sie bei der Entstehung epistemischen Vertrauens eine große Rolle. Doch nicht nur von Bindungspersonen können wir etwas lernen. Hier nun kommt dem Mentalisieren eine Schlüsselfunktion zu: Wenn jemand den Eindruck hat, dass ein »Lehrer« im weiteren Sinne auf ihn eingeht – man sich also ausreichend durch das Gegenüber mentalisiert fühlt –, baut das die notwendige Brücke zwischen dem Lehrenden und dem Lernenden, auf der Informationen vermittelt werden können. Dabei beziehen wir uns selbstverständlich auf viel mehr als nur den Kontext der Schulbildung. Der Prozess, den sich die schulische Bildung zunutze machen muss, treibt auch den Informationstransfer bezüglich sämtlicher Aspekte des Lebens und Arbeitens sowie innerhalb von Beziehungen und unserer Position in unserer sozialen Gruppe etc. voran. Das bedeutet: Mentalisieren ist der Schlüssel zu menschlichen Interaktionen, die soziale Kommunikation und soziales Lernen erfordern. Doch was genau sind die Konsequenzen für die schulische Bildung?

Das bereits beschriebene Modell beeinflusst unser Denken über Bildung in zweierlei Hinsicht. Die erste Konsequenz ist, dass wir alle Bildungsinstitutionen als maßgebliches soziales Umfeld betrachten müssen, die ein Kind oder einen Jugendlichen beeinflussen. Eine schulische Umgebung, die nicht dazu in der Lage ist, wirksames Mentalisieren anzuregen und die Subjektivität und Urheberschaft der einzelnen Kinder und Jugendlichen anzuerkennen, wird deren Entwicklung nachhaltig negativ beeinflussen. Dies gilt insbesondere für die Kindheit und Adoleszenz, während derer die Fähigkeit zum ausgewogenen, also die vielfältigen Dimensionen einschließenden Mentalisieren weniger stabil ist. Vor allem betrifft dies auch Individuen, die – sei es durch ihre genetische Veranlagung, Umweltfaktoren oder eine Kombination aus beidem – besondere Schwierigkeiten mit dem Mentalisieren haben. Wir wissen, dass Schulen einen extrem großen Einfluss auf das emotionale Wohlbefinden von Kindern haben und einen Großteil der Affekte regulieren, die unterschiedliche elterliche Erziehungsstile auf Kinder haben.

Die zweite Konsequenz aus der Theorie des Mentalisierens und des epistemischen Vertrauens ergibt sich daraus, was sie uns über die Art und Weise lehren kann, wie einzelne Pädagogen Wissen vermitteln. Die aktuelle Forschung belegt, dass effektiven Lehrenden die Fähigkeit gemein ist, die Vermittlung von Wissen aus der Perspektive ihrer Schüler heraus anzugehen (Hattie, 2008): Sie können nachvollziehen, wie es sich anfühlt, mit diesem unbekannten Fachwissen konfrontiert zu werden, welche Stolpersteine ein den Gegenstand durchdringendes Verstehen erschweren könnten und wie man die fachlichen Inhalte als für die Schüler subjektiv relevant darstellen kann, damit diese sie als bedeutsamen oder interessanten Teil sozialer Kommunikation annehmen können. Anders ausgedrückt heißt das: Effektive Lehrer sind dazu in der Lage, ihre Schüler zu mentalisieren, deren subjektive Gedankenwelt wertzuschätzen und sich kommunikativer Signale zu bedienen, die den Zugang zu epistemischem Vertrauen eröffnen. Die psychischen und schulischen Leistungen von Kindern und Jugendlichen werden oft als voneinander unabhängige Aufgaben betrachtet. Die Theorie des Mentalisierens und des epistemischen Vertrauens hingegen geht davon aus, dass beiden Prozessen derselbe kognitive Mechanismus zugrunde liegt. Pädagogische Ansätze, die mentalisierungsbezogen sind, tragen dazu bei, die notwendigen Voraussetzungen für größere psychosoziale Resilienz sowie formales Lernen zu schaffen. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn sie die Mentalisierungsfähigkeit von Pädagogen stärken, deren oftmals stressinduzierendes Arbeitsumfeld die Fähigkeit, an ausgewogenem Mentalisieren festzuhalten, schnell aufzehren kann.

Mentalisieren ist das Herzstück des Austausches von Informationen und dadurch zudem das Kernstück von Bildung, gleichzeitig aber auch dessen Subjekt. Wir nutzen den formalen Bildungskontext, um mehr über uns selbst zu lernen. Und je mehr wir lernen, desto eher bemerken wir, wenn jemand an uns denkt und unsere Interessen berücksichtigt. Ein Kind, das aufgrund von extrem ausgeprägtem epistemischen Misstrauen davon abgehalten wird, am Bildungsprozess teilzunehmen, könnte das tun, weil es ihm an Hinweisen darauf fehlt, dass es den Informationen (ver-)trauen kann – beziehungsweise weil die wahrgenommenen Hinweise nicht ausreichen, einen gefahrlosen Austausch von Ideen zu gewährleisten. Durch eingeschränktes Mentalisieren wird daher eine überdauernde Barriere für das Lernen errichtet. Wenn es dem schulischen Umfeld gelingt, das Kind zu mentalisieren und ihm beizubringen, sich selbst wahrzunehmen, wird es sich dem Wissen anderer eher öffnen.

Peter Fongay, London, im Oktober 2017

Anna Freud National Centre for Children and Families

Literatur

Csibra, G., Gergely, G. (2009). Natural pedagogy. Trends in Cognitive Sciences, 13 (4), 148–153. DOI: 10.1016/j.tics.2009.01.005

Csibra, G., Gergely, G. (2011). Natural pedagogy as evolutionary adaptation. Philosophical Transactions of the Royal Society of London, Series B, Biological Sciences, 366 (1567), 1149–1157. DOI: 10.1098/rstb.2010.0319

Fonagy, P., Luyten, P. (2016). A multilevel perspective on the development of borderline personality disorder. In D. Cicchetti (Ed.), Developmental psychopathology. Vol. 3: Risk, disorder, and adaptation (3rd ed., pp. 726–792). New York: John Wiley & Sons.

Fonagy, P., Luyten, P., Allison, E. (2015). Epistemic petrification and the restoration of epistemic trust: A new conceptualization of borderline personality disorder and its psychosocial treatment. Journal of Personality Disorders, 29 (5), 575–609. DOI: 10.1521/pedi.2015.29.5.575

Fonagy, P., Luyten, P., Allison, E., Campbell, C. (2017a). What we have changed our minds about. Part 1: Borderline personality disorder as a limitation of resilience. Borderline Personality Disorder and Emotion Dysregulation, 4, 11. DOI: 10.1186/s40479-017-0061-9

Fonagy, P., Luyten, P., Allison, E., Campbell, C. (2017b). What we have changed our minds about. Part 2: Borderline personality disorder, epistemic trust and the developmental significance of social communication. Borderline Personality Disorder and Emotion Dysregulation, 4, 9. DOI: 10.1186/s40479-017-0062-8

Gergely, G., Csibra, G. (2013). Natural pedagogy. In M. R. Banaji, S. A. Gelman (Ed.), Navigating the social world: What infants, children, and other species can teach us (pp. 127–132). Oxford: University Press.

Hattie, J. (2008). Visible learning – A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement. New York: Routledge.

Sperber, D., Clément, F., Heintz, C., Mascaro, O., Mercier, H., Origgi, G., Wilson, D. (2010). Epistemic vigilance. Mind & Language, 25 (4), 359–393.

Mentalisierungsbasierte Pädagogik

Eine Hinführung

Stephan Gingelmaier, Svenja Taubner und Axel Ramberg

Das Mentalisierungskonzept von der Forschungsgruppe um Peter Fonagy in London stellt derzeit im klinisch-psychodynamischen Kontext wohl eines der populärsten und am besten evaluierten Modelle zur Pathogenese und Behandlung schwerer Persönlichkeitsstörungen dar. Dabei ist die Popularität zum einen auf die breite theoretische und zum anderen auf die empirische Fundierung zurückzuführen. Gleichzeitig lässt sich – bezogen auf die (psycho-)therapeutische Arbeit – eine starke integrative Komponente des Mentalisierungskonzepts ausmachen. Mentalisierung wird dementsprechend als ein grundlegender Faktor jeglicher psychotherapeutischen Arbeit betrachtet (Allen, Fonagy u. Bateman, 2011).

Verfolgt man diesen Gedanken weiter, liegt es auf der Hand, dass das Mentalisieren nicht nur im klinischen Bereich eine Rolle spielt, sondern zunehmend auch in pädagogische Felder wie Erziehung oder Bildung sowie Beratung und Prävention hineinwirkt (Gerspach, 2009). Versteht man Mentalisieren als die »intentionale Fähigkeit, das Handeln anderer und das eigene in Begriffen von Gedanken, Gefühlen, Wünschen und Sehnsüchten zu verstehen« (Schultz-Venrath u. Felsberger, 2016, S. 47), wird deutlich, dass es letztlich in allen Bereichen, in denen sich Menschen begegnen und kommunizieren, eine zentrale Rolle spielt.

Mit diesem Buch liegt nun erstmals international ein Werk vor, welches sich zur Aufgabe gemacht hat, die Bedeutung des Mentalisierens in der Breite pädagogischer Kontexte herauszuarbeiten und gleichzeitig darzulegen, dass das Mentalisieren letztlich immer einen wichtigen Kernaspekt pädagogischen Handelns darstellt.

Dabei ließe sich angesichts der vielfältigen Herausforderungen, mit denen Pädagogen1 in ihrem Alltag immer wieder konfrontiert sind, die provokante Frage stellen, was Pädagogen denn noch alles leisten sollen. Nun auch noch mentalisieren? Und das zusätzlich zu weiteren hochkomplexen Aufgaben wie Bilden, Erziehen oder Fördern. Dabei – und das ist die Kernthese dieses Bandes – lassen sich letztere erst überhaupt dann sinnhaft gestalten, wenn diesen ein differenziertes Reflexionsmodell – und zwar einerseits vom Pädagogen auf sich selbst sowie andererseits vom ihm anvertrauten Kind – vorangestellt ist. Das reflexive Arbeiten ist damit gleichzeitig die Verbindung zwischen Mentalisierungskonzept und Pädagogik. Mentalisieren lässt sich verstehen als »fundamentaler psychischer Prozess« (Bateman u. Fonagy, 2015, S. 15), welcher ubiquitär innerhalb sämtlicher Interaktionen wirksam ist und dazu beiträgt, dass Menschen sich selbst und den anderen besser verstehen. Mentalisierungsfähigkeit entsteht darüber, dass man interaktional mentalisiert wird/wurde. Dies gilt vor allem für Babys und Kleinkinder, es verliert aber seine Wirkung selbst im Erwachsenenalter nicht. Das Ziel ist also eine Ausdifferenzierung des psychischen Apparates (der Kinder und Jugendlichen und der Pädagogen) hin zu psychischer Gesundheit und Handlungsspielräumen auch in stresshaften Situationen. Genau darin lässt sich der Brückenschlag zwischen Mentalisierung und Pädagogik ausmachen. Es ist in allen pädagogischen Kontexten immer auch die Aufgabe der Pädagogen, sich um ein Verstehen der Kinder und Jugendlichen, mit welchen sie arbeiten, und die eigene Selbstreflexion zu bemühen.

Im pädagogischen Alltag lassen sich eine Vielzahl von Handlungsfeldern finden, welche mit ihren besonderen Herausforderungen immer neue und komplexe Interaktionsmomente schaffen. Hier kann Mentalisieren helfen, diese entsprechend der jeweiligen Anforderungen zu reflektieren und in der Folge angemessen zu gestalten. Da das Mentalisieren entsprechend der jeweiligen Handlungsfelder ausgeführt werden muss, ist dieses Handbuch in mehrere Themenbereiche unterteilt, welche anhand differenzierter Beiträge dargestellt werden.

Der erste thematische Bereich soll dazu dienen, in das Mentalisierungskonzept einzuführen und die Bedeutung des Mentalisierens für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen herauszuarbeiten.

Hierfür wird Svenja Taubner anhand der Grundlagen und Kernideen des Mentalisierens zunächst einen allgemeinen Überblick über das Konzept geben. Dabei werden auch die theoretischen Wurzeln und Ursprünge des Mentalisierungskonzepts dargestellt und das Mentalisieren über die gesamte Lebensspanne gewürdigt.

Das Kapitel von Nicola-Hans Schwarzer beschäftigt sich mit der Entwicklung des Mentalisierens in der frühen Kindheit. Hier wird insbesondere die Bedeutung der frühen Bindungserfahrungen für ein gelingendes Mentalisieren diskutiert. Anschließend befassen sich Karolina Goschiniak und Melanie Henter mit dem Mentalisieren in der mittleren Kindheit. Sie gehen sowohl auf die Besonderheiten des Mentalisierens zu dieser Zeit als auch auf Konsequenzen für die pädagogische Arbeit mit Kindern ein. Das Mentalisieren in der Adoleszenz wird in dem nachfolgenden Beitrag von Manfred Böge erarbeitet. Dabei werden vorrangig die adoleszenten Entwicklungsaufgaben im Zusammenhang mit dem Mentalisieren betrachtet. Darüber hinaus geht der Beitrag auf krisenhaftes Erleben und die mögliche Folge des adoleszenten Zusammenbruchs ein. Hieran anschließend stellen Stephan Gingelmaier und Svenja Taubner die mentalisierungsbasierte Therapie für Adoleszente (MBT-A) vor. Hier liegt der Fokus auf den Grundlinien dieses psychotherapeutischen Programms, wobei Aufbau und Durchführung erläutert und die empirische Wirksamkeit dargestellt werden. Der erste Themenbereich schließt mit einer kasuistischen Darstellung von Tillmann F. Kreuzer zu einer konflikthaften Situation im schulischen Kontext, anhand derer die Bedeutung über das Verlieren und Wiedererlangen der Mentalisierungsfähigkeit beschrieben wird.

Die Einführung des Mentalisierungskonzepts in das pädagogische Feld stellt den Schwerpunkt des zweiten thematischen Bereiches dieses Buchs dar. Einleitend in diesen Themenkomplex werden Stephan Gingelmaier und Axel Ramberg anhand mehrerer Schwerpunktsetzungen die grundlegende Bedeutung des Mentalisierens für die Pädagogik herausarbeiten. Hierfür werden neben allgemeinen Fragen der Vereinbarkeit beider Bereiche auch forschungsrelevante Fragen thematisiert. Das nachfolgende Kapitel von Axel Ramberg beschäftigt sich mit konkreten praxeologischen Ideen zur mentalisierenden Haltung von Pädagogen und die daraus abgeleiteten Möglichkeiten, mentalisierend in pädagogischen Feldern zu handeln. Der zweite Themenbereich schließt mit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Mentalisierungskonzept aus Sicht der Psychoanalyse und der psychoanalytischen Pädagogik. Hierbei diskutieren Robert Langnickel und Pierre-Carl Link die Möglichkeiten und Grenzen des Mentalisierens in pädagogischen Feldern.

Der dritte Themenschwerpunkt dieses Handbuchs soll einen Raum dafür bieten, diverse pädagogische Handlungsfelder unter dem Blickwinkel des Mentalisierungskonzepts zu würdigen. Dabei ist dieser Themenbereich in entsprechende Teilbereiche unterteilt.

Zunächst steht das Feld der Frühpädagogik im Mittelpunkt. Hier setzt sich zuerst Nicola-Hans Schwarzer mit dem Mentalisieren in frühpädagogischen Handlungsfeldern auseinander. Besondere Beachtung wird der Frage nach der Bedeutung einer generalisierenden Anwendung eines mentalisierenden Verständnisses in der institutionalisierten Frühpädagogik gewidmet. Daran anschließend beschäftigt sich Christine Bark mit dem mentalisierungsbasierten Präventionsprogramm zur Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung. Der Fokus liegt auf den durch die Schwellensituationen der Transition eines Kindes in die Kinderkrippe auftretenden Stressoren, woraus sich die Bedeutung eines mentalisierenden Handelns von Pädagogen und Eltern ergibt.

Das Mentalisieren im Bezug zum (schulischen) Lernen stellt den nächsten Schwerpunkt dar. Dafür wird im Aufsatz von Tobias Nolte die weitreichende Bedeutung des epistemischen Vertrauens für das Lernen im Allgemeinen thematisiert. Im Fokus steht hier die Überlegung nach den Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse zur kulturellen Wissensweitergabe in frühen Beziehungserfahrungen auf das institutionalisierte pädagogische Feld. Diese Gedanken werden bei Oliver Hechler unter einer bindungstheoretischen Perspektive gefasst und auf das schulische Lernen übertragen, wobei vorrangig auf die Lehrkraft und die Lehrer-Schüler-Beziehung als zentrale Moderatoren schulischen Lernens eingegangen wird. Agnes Turner stellt in ihrem nachfolgenden Artikel zwei Fallanalysen aus Work-Discussion-Seminaren dar, welche entsprechend die Bedeutung des Mentalisierens und Reflektierens von Lehrenden für die Gestaltung von gelingenden Lernprozessen veranschaulichen. Im ebenfalls kasuistisch aufgebauten Beitrag von Elena Johanna Koch und Stephan Gingelmaier wird die Bedeutung des epistemischen Vertrauens in der Lehrer-Schüler-Beziehung zunächst kurz begründet. Anhand eines Fallbeispiels aus der Schulpraxis wird anschließend dargestellt, wie epistemisches Vertrauen durch eine mentalisierende Haltung des Lehrers angebahnt werden kann.

Der dritte Schwerpunkt innerhalb der pädagogischen Handlungsfelder wird auf den Bereich der Sozialen Arbeit gelegt. Hierbei stellt Holger Kirsch zunächst die allgemeine Bedeutung des Mentalisierens in der Sozialen Arbeit dar. Weil die Krise in der Sozialen Arbeit der Normalfall ist, muss sich diese pädagogische Disziplin im besonderen Maß Gedanken über das Aufrechterhalten des Mentalisierens machen.

Darauf folgend werden Jessica Held, Christine Wagener, Nathanael Armbruster, Benjamin Neuls und Holger Kirsch zwei Pilotprojekte zur Bedeutung mentalisierungsfördernder Interventionen in der Justizvollzugsanstalt vorstellen, bei denen ausgehend von der Annahme des Zusammenhangs von Gewalt und Mentalisierungsstörung der Fokus auf der Förderung der Mentalisierung der Inhaftierten durch spezielle Gruppenangebote lag.

Anschließend wird das Feld der Traumapädagogik im Allgemeinen und einer möglichen mentalisierungsbasierten Traumapädagogik im Speziellen von Nina Kramer und Pierre-Carl Link dargestellt. Dieser Beitrag beleuchtet dabei die Möglichkeiten und Grenzen des Mentalisierungskonzepts in der traumapädagogischen Arbeit.

Im folgenden Abschnitt soll der Bereich der Supervision und Beratung im Mittelpunkt stehen. Dafür wird Stephan Gingelmaier zunächst das Mentalisieren als Bedingungsgrundlage für gelingende Supervision erörtern. Eine besondere Rolle spielen hier die grundlegende Unterscheidung von implizitem und explizitem Mentalisieren und deren gegenseitiger Austausch. David Zimmermanns Artikel befasst sich im Folgenden anhand von Fallbeispielen aus der Supervision von Lehrkräften, die mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen arbeiten, mit der Bedeutung einer mentalisierenden Haltung im Kontext traumasensibler Supervision.

Im vorletzten Teilabschnitt des dritten Themenbereiches soll sich dem Feld der Inklusion unter mentalisierungsbasierter Perspektive genähert werden. Hierzu geht Pierre-Carl Link in seinem Aufsatz zur inklusiven Gemeinschaft insbesondere der Frage nach, ob das Mentalisierungskonzept im schulischen Kontext Möglichkeitsräume für Schüler und Lehrer eröffnet, inklusive Kooperationsverhältnisse der in Schule interagierenden Subjekte zu schaffen. Bernhard Rauh legt daran anschließend den Fokus auf die Gestaltung inklusiver Strukturen in Bezug auf Kinder und Jugendliche des Förderschwerpunktes der emotionalen und sozialen Entwicklung. Dabei fungiert das Mentalisieren als grundlegender Bezugsrahmen für diesen Förderschwerpunkt.

Der abschließende Teilbereich widmet sich dem Feld der Erwachsenenbildung, indem Yvonne Brandl sich mit den gruppenanalytischen Perspektiven des Mentalisierens befasst und dabei in ihrem Aufsatz den Schwerpunkt auf die Professionalisierungsprozesse in pädagogischen Feldern legt.

Die Gesamtheit der einzelnen Aufsätze soll einen möglichst umfassenden Überblick über die mannigfaltigen Felder pädagogischen Handelns geben und gleichzeitig immer wieder den Bezug zum Mentalisierungskonzept herstellen. Dass diese Darstellung keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit besitzt, ergibt sich schon daraus, dass das Feld der mentalisierungsgestützten Pädagogik noch ganz am Anfang seiner Entwicklung und Erforschung steht. Nichtsdestotrotz lässt sich als Quintessenz aus letztlich allen im Handbuch vorgestellten Aufsätzen ableiten, dass das Mentalisierungskonzept für eben diese Vielfalt an pädagogischen Handlungsfeldern bereichernd sein kann und somit eine wichtige Ergänzung zur empirischen Bildungswissenschaft darstellt. Allen Artikeln ist gemein, dass sie versuchen, den bereits genannten Brückenschlag zwischen pädagogischem Handlungsfeld und Mentalisierungskonzept zu vollziehen. Sie machen damit letztlich deutlich, welch reicher Fundus ein explizites und implizites Bemühen um Selbst- und Fremdverstehen mithilfe der Mentalisierungstheorie Kindern, Jugendlichen und den Pädagogen geboten wird. Würde dieses Konzept stringent in der pädagogischen Ausbildung und Praxis zur Anwendung kommen und ins alltägliche Handeln einfließen, hätte dies weitreichende – positive – Konsequenzen für die pädagogischen Institutionen und die im Feld der Pädagogik professionellen Fachkräfte, vor allem aber für die Förderung einer gelingenden Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Autorinnen und Autoren dieses Buchs. Außerdem gilt unser Dank auch Frau Elena Johanna Koch für die schnelle, wertvolle und stets korrekte Redaktionsarbeit und Frau Saskia Bamberger für die gelungene Übersetzung des Geleitwortes von Peter Fonagy. Dieses Buch ist im Kontext des DFG-Netzwerkes MentEd (mentalisierungsbasierte Pädagogik, GZ: GI 1274/1-1) entstanden.

Nun wünschen wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, eine spannende und anregungsreiche Lektüre und würden uns freuen, wenn Sie mit uns und anderen in Austausch über dieses Buch treten.

Stephan Gingelmaier, Svenja Taubner und Axel Ramberg

Ludwigsburg, Heidelberg und Hannover im Januar 2018

Literatur

Allen, J. G., Fonagy, P., Bateman, A. W. (2011). Mentalisieren in der psychotherapeutischen Praxis. Stuttgart: Klett-Cotta.

Bateman, A. W., Fonagy, P. (2015). Vorwort. In A. W. Bateman, P. Fonagy (Hrsg.), Handbuch Mentalisieren (S. 13–22). Gießen: Psychosozial-Verlag.

Gerspach, M. (2009). Psychoanalytische Heilpädagogik: ein systematischer Überblick. Stuttgart: Kohlhammer.

Schultz-Venrath, U., Felsberger, H. (2016). Mentalisieren in Klinik und Praxis. Bd 1: Mentalisieren in Gruppen. Stuttgart: Klett-Cotta.

1Wir sind uns der Problematik der gendersensiblen Schreibweise bewusst. Aufgrund des besseren Leseflusses haben wir uns zumeist für die männliche Form entschieden, in anderen Fällen wie etwa bei »Erzieherinnen« wurde gezielt die weibliche Form gewählt, da diese der Lebensrealität entspricht, in welcher in der Mehrheit Frauen den Beruf ausüben. Es mögen sich bitte stets alle Geschlechter angesprochen fühlen.

Teil I

Mentalisieren und Entwicklung

Mentalisieren über die Lebensspanne

Svenja Taubner

Mentalisieren bezeichnet die imaginative Fähigkeit, mentale Gründe für Verhalten zu attribuieren und damit Verhalten einen Sinn zuzuschreiben (Fonagy, Gergely, Jurist u. Target, 2002). Das Mentalisierungskonzept ist eine Erweiterung der aus der Ethologie stammenden Theory-of-Mind-Forschung und soll hier über die Lebensspanne dargestellt werden. Dabei wird zunächst der evolutionäre Vorteil einer Theory of Mind (ToM) diskutiert. Die Lebensspanne wird in vier Abschnitte unterteilt: von den Anfängen eines mentalisierenden Denkens bis zum fünften Lebensjahr, über die Besonderheiten der Adoleszenz bis zum Erwachsenenalter. Für letzteres liegen empirische Ergebnisse besonders im Hinblick auf die Bedeutsamkeit von Mentalisierung in der Elternschaft vor. Das Kapitel schließt mit Überlegungen zu Mentalisierung im hohen Lebensalter, wobei hier auf die Forschung zu Weisheit rekurriert wird, da bislang keine Ergebnisse zum Mentalisierungskonstrukt im engeren Sinne vorliegen.

Mentalizing describes the imaginative ability to attribute mental states and thus psychological meaning to behavior (Fonagy, Gergely, Jurist u. Target, 2002). Mentalization theory comprises an attachment informed extension of the classic theory of mind research. It will be presented here as a developmental achievement with specific changes and adaptions over the life-span. The life-span will be divided into four clusters, starting with the first development of representational thinking until the fifth year, continued by changes in adolescence and early and late adulthood. Concerning adulthood, mainly results from parenting will be reported. The chapter ends with some tentative remarks on the relation between wisdom and mentalizing in late adulthood.

1Mentalisieren und Theory of Mind

Die Theory of Mind (ToM), also eine »Theorie des Geistes«, wird als die Fähigkeit definiert, anderen Menschen mentale Zustände wie Absichten, Annahmen und Wünsche zuzuschreiben (Premack u. Woodruff, 1978). Neuere Definitionen beziehen das Verständnis der Gefühlswelt Anderer als weitere Komponente der ToM ein (Shamay-Tsoory, Tomer, Berger, Goldsher u. Aharon-Peretz, 2005). Die ToM könne so in eine affektive (Annahmen über die Gefühle Anderer) und eine kognitive (Annahmen über Ziele und Gedanken Anderer) Komponente differenziert werden (Shamay-Tsoory, Aharon-Peretz u. Levkovitz, 2007). Vor mehr als dreißig Jahren begann die Erforschung des Theory-of-Mind-Phänomens im entwicklungspsychologischen Bereich mit der bedeutsamen Studie von Wimmer und Perner (1983), die zeigen konnte, dass Kinder ab dem vierten Lebensjahr über eine explizite ToM verfügen. Die zentralen Untersuchungsmethoden der ToM-Forschung sind Verfahren, die die Fähigkeit zum Verständnis falscher Überzeugungen (false belief) erheben (Wellman, Cross u. Watson, 2001). Einer der bekanntesten Tests ist der Sally-und-Anne-Test. Bei diesem Verfahren wird Kindern zwischen etwa drei und sechs Jahren die Geschichte von Sally und Anne erzählt. Sally hat einen Ball, legt diesen in einen Korb und geht dann spazieren. Anne nimmt in dieser Zeit den Ball aus dem Korb und legt ihn in eine Schachtel. Als Sally vom Spaziergang zurückkehrt, will sie mit dem Ball spielen. Jetzt werden die an dem Test teilnehmenden Kinder gefragt, wo Sally nach dem Ball suchen wird. Jüngere Kinder antworten, dass Sally den Ball in der Schachtel suchen werde, was von der ToM-Forschung so interpretiert wird, dass sie noch kein Konzept falscher Überzeugungen aufweisen, das heißt, jüngere Kinder glauben, dass mentale Inhalte identisch mit der Realität sind. Ältere Kinder antworten, dass Sally den Ball dort vermutet, wo sie ihn hingelegt hat, obwohl das nicht dem realen Aufenthaltsort des Balles entspricht. Ältere Kinder weisen, so die Folgerung, aus Sicht der ToM-Forschung die Fähigkeit auf, falsche Überzeugungen bei sich und anderen zu erkennen.

Die Modularitätstheorie führt die Entwicklung der ToM bei Kindern auf die sukzessive Reifung drei domänenspezifischer Mechanismen zurück: des Theory-of-Body-Mechanismus (die basale Fähigkeit des Säuglings, im ersten halben Lebensjahr zwischen zielgerichteten und ungerichteten Bewegungen unterscheiden zu können), des ToM-Mechanismus 1 (die Fähigkeit, gegen Ende des ersten Lebensjahres Handlungen auf Ziele hin interpretieren zu können) und des ToM-Mechanismus 2 (die Fähigkeit, ab 18 Monaten propositionale Einstellungen von intentionalen Anderen repräsentieren zu können; Leslie, 1994). Modularitätstheoretiker gehen daher davon aus, dass falsche Überzeugungen bereits ab einem Alter von 18 Monaten repräsentiert werden können, was sich aufgrund von Performanzproblemen bei den klassischen False-Belief-Tests nicht abbilden lässt (u. a. aufgrund der Sprachlastigkeit des Tests). Implizite Messungen der Erkenntnis falscher Überzeugungen durch Erfassung der Blickrichtung von 18-monatigen Kleinkindern liefern tatsächlich empirische Hinweise auf einen noch früheren Beginn von ToM-Fähigkeiten als bislang angenommen (Yott u. Poulin-Dubois, 2012).

Die Mentalisierungstheorie stellt eine Erweiterung und Kritik an der bisherigen ToM-Forschung dar, die als mechanistisch, biologisch-verkürzt kritisiert wird, da diese lediglich am Vermögen, jedoch nicht an den mentalen Inhalten orientiert sei, mit denen Kinder in ihrer Entwicklung konfrontiert sind (Fonagy et al., 2002). Demgegenüber greift die Mentalisierungstheorie einen sozial-interaktionistischen Ansatz auf (Astington, 1996) und erweitert diesen um die Perspektive des Entwicklungskontextes von Bindungsbeziehungen (Fonagy u. Target, 1995). Die Mentalisierungstheorie geht davon aus, dass insbesondere die Anwendung einer ToM in affektiven Kontexten maßgeblich von den ersten Erfahrungen in emotional bedeutsamen Beziehungen abhängt, also von der Qualität der frühen Eltern-Kind-Interaktion.

2Soziale Kognitionen als evolutionärer Vorteil

Menschen und Menschenaffen besitzen die außergewöhnliche Fähigkeit, Theorien über nichtbeobachtbare Inhalte psychischen Erlebens aufzustellen, das heißt zu wissen, dass auch andere Artgenossen wissen, fühlen, wünschen und glauben (Premack u. Woodruff, 1978). Erst kürzlich konnte für Menschenaffen im Rahmen einer sprachfreien Variante des Sally-und-Anne-Tests belegt werden, dass diese ebenfalls über das Konzept der falschen Überzeugungen verfügen (Kano, Krupenye, Hirata u. Call, 2017). Da Orang-Utans sich vor ca. zwölf bis 16 Millionen Jahren vom menschlichen Stammbaum abgelöst haben, verweist dieses Ergebnis darauf, dass falsche Überzeugungen phylogenetisch sehr früh entstanden sind und einen bedeutsamen evolutionären Vorteil darstellen müssen. Das sogenannte soziale Gehirn wird mit spezifischen Hirnregionen in Verbindung gebracht wie der Temporo-parietalen-Junction (TPJ), dem Precuneus (PC) und dem medialen präfrontalen Kortex (MPFC; Gweon, Dodell-Feder, Bedny u. Saxe, 2012). Hier zeigt sich überdies, dass die Größe des (sozialen) Gehirns von der Gruppengröße der sozialen Gemeinschaft abhängt, in der sich das jeweilige Individuum befindet (Dunbar, 1992). Die Art des evolutionären Vorteils wird unterschiedlich hergeleitet: einmal im Sinne des sozialen Wettbewerbs und einmal im Sinne der Kooperation. Viele Ethologen gehen davon aus, dass die Konkurrenz innerhalb der menschlichen Spezies dazu geführt hat, dass diejenigen sozialen Gruppen einen Überlebensvorteil haben, die andere täuschen und Täuschung erkennen können. Tomasello (2014) führt die Entwicklung des sozialen Gehirns hingegen auf den evolutionären Vorteil zurück, den Kooperation in der Gruppe ermöglicht. Er betont dabei die Entwicklung einer geteilten Intentionalität. Fonagy, Luyten und Allison (2015) greifen diese Idee auf und erweitern sie um die Weitergabe kulturellen Wissens: Mit der Entwicklung von Werkzeugen, die andere Werkzeuge herstellen, wird die Verwendung dieser Werkzeuge undurchsichtig und erfordert die Kommunikation der Bedeutung des Werkzeugs. Damit ist menschliche Kommunikation ein evolutionäres Produkt der Notwendigkeit, kulturelles Wissen weiterzugeben (Fonagy u. Allison, 2014).

Allerdings ist die Spezialisierung des menschlichen sozialen Gehirns mit Kosten verbunden (Aiello u. Wheeler, 1995). Durch die Größe des Gehirns entsteht ein hoher Energieverbrauch: 20 % der Gesamtenergie wird vom Gehirn benötigt. In der jeweiligen individuellen Entwicklung ist die Ausprägung u. a. abhängig von der (kulturellen) Vermittlung über die frühen Bindungspersonen. Und schließlich besteht aus funktioneller Perspektive eine hohe Irrtumswahrscheinlichkeit, das heißt, wir müssen unsere Annahmen ständig mit der Realität abgleichen. Darüber hinaus könnte uns dies besonders anfällig für psychische Erkrankungen machen.

3Die Entwicklung von Mentalisierung in den ersten fünf Lebensjahren

Einen zentralen Bestandteil der Entwicklungstheorie der Mentalisierung stellt die Reifung des Erlebens und Zugangs zum Selbst und der mentalen Befindlichkeiten Anderer dar. Basierend auf Dennetts (1983) Theorie der intentionalen Systeme, nach der Eltern ihrem Kind von Geburt an Intentionen zuschreiben, gehen Fonagy und Kollegen (2002) davon aus, dass sich Mentalisierung dann entwickelt, wenn zwischen dem Säugling und der Bezugsperson ein intersubjektiver Prozess gemeinsamer Erfahrung stattfindet. Bindungsdyade(n) bilden den Ausgangspunkt und den interpersonellen Rahmen zum Erlernen und Verfeinern eines mentalistischen Zugriffs auf die soziale Umwelt und stellen somit das Bindeglied zwischen dem Erwerb der Mentalisierungsfunktion und der Reifung eines integrierten Selbst dar (Allen, Fonagy u. Bateman, 2008). Die wesentlichen Entwicklungslinien hinsichtlich der Selbstentwicklung und des Erwerbs von Mentalisierungsfähigkeiten in den ersten fünf Lebensjahren werden nachfolgend anhand einer fünfstufigen Unterteilung nachgezeichnet. Das Selbst als mentalisierender Akteur wird in seiner Entwicklung auf 1) physischer, 2) sozialer, 3) teleologischer, 4) intentionaler und 5) mentalisierender Ebene dargestellt, wobei die ersten beiden Stufen zeitlich parallel verlaufen.

3.1Das Selbst als physischer und sozialer Akteur – Geburt bis neunter Monat

Untersuchungen aus der Säuglingsforschung bestätigen die Annahme von sehr frühen komplexen Fähigkeiten, die es bereits Säuglingen ermöglichen, »Kontingenzen«, also Zusammenhänge, Bedingtheiten und Ähnlichkeiten zwischen Reizereignissen zu erfahren, die entweder Folgen der eigenen Motorik sind (perfekte Kontingenz) oder aus anderen Quellen stammen (unvollkommene Kontingenz) (Fonagy et al., 2002). Säuglinge in den ersten drei Lebensmonaten favorisieren perfekte Kontingenzen, also selbst erzeugte Vorgänge, und wenden sich dann ab dem vierten Lebensmonat auch von anderen erzeugten Vorgängen zu, den unvollkommenen Kontingenzen (Gergely u. Watson, 1999). Daher umfasst der Begriff des physischen Selbst oder der des Akteurs die Hypothese, dass Säuglinge in der Lage sind, bereits in den ersten Lebensmonaten zu erkennen, dass das eigene Selbst eine physische Entität darstellt, die kausal Veränderungen der angrenzenden Umwelt herbeiführen kann (Taubner, 2015). Obwohl der Säugling über ausgeprägte perzeptuelle Differenzierungsmöglichkeiten verfügt, bleibt er bezüglich seiner Affektregulierung zunächst von seinen primären Bezugspersonen abhängig. Wie und was ein Säugling letztlich affektiv erlebt, ist nach der aktuellen Forschungslage noch nicht hinreichend geklärt. Folgt man Fonagy und seinen Mitarbeitern (2002), so können Basisemotionen zwar nonverbal gezeigt und erlebt werden, diese liegen aber nur implizit als prozedurales Wissen vor und können vom Säugling selbst nicht differenziert werden. Die Autoren vertreten die These, »daß der dispositionelle Inhalt von Emotionen zuerst durch die Beobachtung der Affektausdrücke anderer Menschen und durch die Verknüpfung der Ausdrücke mit den jeweiligen Situationen und Verhaltensweisen erlernt wird, die sie begleiten« (Fonagy et al., 2002, S. 160).

Das Konzept der sozialen Biofeedback-Theorie wurde von Gergely und Watson (1996) entwickelt und stellt eine Verbindung her zwischen der angeborenen Kontingenzfähigkeit des Säuglings mit spezifischen Affektregulationserfahrungen durch die Co-Regulation der frühen Bezugspersonen, die im Zusammenspiel den Aufbau sekundärer Kontrollstrukturen für primäre Selbstzustände ermöglichen. Der Säugling erfährt zunächst primäre, körpernahe und affektive Zustände, kann diese aber weder verstehen noch regulieren. Durch eine angeborene Verhaltensfähigkeit kann der Säugling jedoch seine primären Selbstzustände wie z. B. Affekte zum Ausdruck bringen. Dieser Affektausdruck des Säuglings löst eine Resonanz in der Fürsorgeperson aus, sodass der Affekt des Säuglings von der Bindungsperson aufgenommen, mentalisiert und gespiegelt werden kann. Affektspiegelung, insbesondere negativer Affekte, dient einerseits der Online-Regulierung der inneren mentalen Zustände des Säuglings, andererseits ist sie die Grundlage des Aufbaus sekundärer Repräsentanzen genau jener primären Gefühlszustände. Der Säugling erlernt den dispositionellen Inhalt seiner Emotionen also durch die Verknüpfung und Internalisierung der Beobachtung von Affektausdrücken Anderer mit den jeweiligen Kontexten und seinen inneren Zuständen. Seine als »automatisch« zu verstehenden Primäremotionen werden so mit sekundären Kontrollstrukturen verbunden, die im Laufe seiner Entwicklung die Sensibilisierung, Identifizierung, Repräsentanz und somit Kontrolle des eigenen inneren Zustands ermöglichen (Gergely u. Unoka, 2008).

3.2Das Selbst als teleologischer Akteur – neun Monate bis zweites Lebensjahr

Ungefähr ab dem neunten Lebensmonat findet im Säugling eine soziokognitive »Neunmonatsrevolution« statt, die eine neue Qualität des Verstehens des Selbst und der sozialen Umwelt ermöglicht (Tomasello, 1999). Der Säugling beginnt, neue Verhaltensweisen gemeinsamer Aufmerksamkeit wie Blickverfolgung, soziale Rückversicherung, nachahmendes Lernen und imperative und deklarative Gesten zu zeigen (Moore u. Corkum, 1994). Darüber hinaus kann der Säugling nunmehr zielgerichtete, koordinierte Mittel-Zweck-Verhaltensweisen ausführen und auch das Verhalten anderer als zielorientiert und rational interpretieren. Das Baby nimmt damit einen teleologischen Standpunkt im Sinne einer »naiven Theorie rationalen Handelns« ein, welche sowohl Menschen als auch unbelebten Objekten gegenüber wirksam wird. Daher wird der Säugling in dieser Lebensphase als teleologischer Akteur bezeichnet (Gergely u. Csibra, 1997). Teleologische Mittel-Zweck-Erkenntnisse setzen kein Verständnis von intentionalen mentalen Zuständen voraus, sondern beinhalten lediglich die Repräsentationen einer zielgerichteten Verhaltensorganisation des Gegenübers. Diese Repräsentationen sind quasi präsymbolisch, da sie eher mentalen Modellen entsprechen, die eine Vorhersage und nicht eine Modifizierung von Verhalten ermöglichen (Fonagy et al., 2002). Dabei wird eine rationale Beziehung zwischen Aktion, Zielzustand und Realität hergestellt, die auf mentale Interpretationen verzichtet. Eine teleologische Interpretation von kausalem Verhalten kann sich demnach auf die wahrgenommene Realität stützen und die mentale Repräsentation eines Akteurs außer Acht lassen. Erst bei imaginären (fiktiven oder kontrafaktischen) Realitäten versagt dieser Mechanismus.

3.3Das Selbst als intentionaler Akteur im dritten bis vierten Lebensjahr

Im Verlauf des zweiten Lebensjahres entwickeln sich allmählich Als-ob-Handlungen und später das Als-ob-Spiel (Leslie, 1987). Der Modus des Als-ob (»pretend mode«) eröffnet dem Kind Zugang zu Prozessen und Informationen, die in anderen bewussten Modi nicht zugänglich sind. Das Als-ob-Spiel basiert auf zwei Kernaspekten: Einerseits setzt das »So-tun-als-ob« eine symbolische Repräsentation von Gegenständen, Handlungen oder Ereignissen voraus, andererseits verlangt eine Als-ob-Handlung eine explizite Markierung, um sich von einer realistischen Handlung zu unterscheiden. Aufgrund der Verfügbarkeit sekundärer Repräsentationen und der damit zusammenhängenden Fähigkeit, Repräsentationen von der Realität abzukoppeln, kann das Kleinkind zumindest partiell Gefühle und Gedanken von ihren Referenten ablösen und damit auch verändern. Dies eröffnet einen innerpsychischen Raum, der als Mentalisierungsvorläufer betrachtet werden kann (Marans et al., 1991).

Das Selbst des Kleinkindes kann ab einem Alter von zwei Jahren als intentionaler Akteur bezeichnet werden, das zukünftiges Verhalten vorhersagen kann, weil es nunmehr über die Fähigkeit verfügt, intentionale mentale Zustände zu repräsentieren (Wellmann u. Phillips, 2000). Dieser Übergang von einem teleologischen zu einem intentionalen Weltbild findet zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr statt. Kleinkinder beginnen in diesem Alter, anderen Menschen vorausgehende Intentionen wie Wünsche oder Gefühle zuzuschreiben, und können so intentionale mentale Zustände sowie mentale Verursachung repräsentieren (Fonagy et al., 2002). Sie beginnen auch damit, anderen Personen subjektive Zustände zuzuschreiben, die sie von den eigenen Gefühlen unterscheiden können, und erkennen Kausalbeziehungen zwischen verschiedenartigen intentionalen Zuständen in Form von Wünschen. Diskrepante Wünsche zwischen verschiedenen Personen können dabei früher erkannt werden als unterschiedliche Überzeugungen. Ein einfacher wunschbezogener ToM-Test kann beispielsweise zeigen, dass Kinder durchschnittlich ab etwa 18 Monaten einer anderen Person einen Snack anbieten, den sie selbst nicht präferieren (meistens Brokkoli), wenn sie vorher gelernt haben, dass diese Person Brokkoli lieber mag als Kekse. Jüngere Kinder bieten immer Kekse an, da sie von ihren eigenen Vorlieben noch nicht zurücktreten können (Repacholi u. Gopnik, 1997).

Der Modus der psychischen Äquivalenz (»psychic equivalence«) dominiert das Erleben des intentional denkenden Kleinkindes: Eigene Gedanken werden als real, wahrhaftig und denen Anderer identisch betrachtet, da Gedanken für das Kleinkind Kopien der Realität darstellen. Eigene Gefühle und Wünsche können innerhalb dieses Modus nicht als repräsentational betrachtet, sondern nur als Teil der physikalischen Realität wahrgenommen werden. Das kindliche Erleben ist zwar realitätsorientiert, erscheint aber konkretistisch: »Im Modus der psychischen Äquivalenz gibt es kein repräsentationales Konzept des Wunsches; vielmehr nimmt das Kind eine direkte Verbindung zwischen einer Person und einem realen Objekt an, ohne eine innere Repräsentation zu postulieren« (Fonagy, 2006, S. 126). Damit hat auch die Sprache noch keinen symbolischen Charakter (Astington, 2001). Ohne die Fähigkeit zur Mentalisierung haben jegliche innerpsychische Phänomene wie z. B. Fantasien und Prozesse eine der äußeren Realität vergleichbare Qualität und somit einen direkten, nicht veränderbaren und übermächtigen Einfluss auf das Kind und die Anderen, was bei negativen Inhalten intensive Angst auslösen kann.

Das kindliche Spiel nimmt in diesem Alter eine zentrale Rolle für die Entwicklung des kindlichen Denkens, der emotionalen Erfahrung sowie der Integration der dualen Denk-Modi ein. Das Kind verfügt zwar bereits über symbolisches Denken in dem Sinne, dass ein Gegenstand (Banane) etwas Anderes (Telefon) repräsentieren kann. Was das Kind nicht besitzt, sind aber Symbole für seine innerpsychischen Befindlichkeiten im Sinne von metakognitivem Wissen oder Repräsentanzen zweiter Ordnung, die den repräsentationalen Charakter seiner mentalen Welt widerspiegeln. Auch während des Spiels kann das Kind aus dem Modus des Als-ob in den Modus der psychischen Äquivalenz wechseln, was starke negative Affekte mit sich bringen kann.

3.4Das Selbst als repräsentationaler oder mentalisierender Akteur ab dem fünften Lebensjahr

Im Zeitraum ab dem fünften Lebensjahr erreicht die Selbstentwicklung im Kontext gelingender Entwicklung die Ebene des repräsentationalen oder mentalisierenden Akteurs durch eine Integration des Modus des Als-ob und des Modus der psychischen Äquivalenz. Das Kind kann nunmehr seine eigenen und fremden Überzeugungen als repräsentational verstehen, das heißt, es weiß darum, dass Überzeugungen falsch sein können, da sie nur Repräsentationen der Realität darstellen. Damit ist die Integration des dualen Modus des psychischen Erlebens in den Modus des Mentalisierens gelungen (Fonagy et al., 2002). Das »Abkoppeln« der Vorstellungen von der Wirklichkeit beruht auf der Erfahrung der Reflexion eigener psychischer Zustände durch die Bezugsperson. Diese zeigt dem Kind eine alternative Sichtweise, die sich eben nicht in dessen Vorstellung befindet. Das Kind hat dadurch die Fähigkeit zur Mentalisierung erlangt und kann verschiedene Perspektiven in Bezug auf menschliches Verhalten einnehmen. Hier ist zu betonen, dass Kinder zuerst verstehen, dass Menschen unterschiedliche Gefühle haben, und erst später andere mentale Zustände, wie Überzeugungen, mentalisieren können (Fonagy u. Target, 2003).

4Mentalisierung in der Adoleszenz

Es wird davon ausgegangen, dass sich das soziale Verständnis von der Präadoleszenz in die Adoleszenz hinein kontinuierlich weiterentwickelt und differenziert, sodass nicht nur das Repräsentationale der eigenen Überzeugungen verstanden wird, sondern auch die Tatsache, dass andere Personen unter den gleichen Bedingungen zu anderen Schlussfolgerungen gelangen können. Aus Sicht der sozial-kognitiven Neurowissenschaft wird kritisiert, dass die empirischen Methoden der ToM-Forschung nicht altersangemessen seien, da bereits Fünfjährige standardisierte False-Belief-Tests bestehen (vgl. Wimmer u. Perner, 1983). Hierbei entstünden sogenannte Deckeneffekte, die zur Folge hätten, dass individuelle Unterschiede in der ToM-Fähigkeit nicht mehr abgebildet werden. Somit sei fälschlich davon ausgegangen worden, dass die ToM bereits im Vorschulalter ausgereift sei. Erst kürzlich wurde ein neuer altersangemessener ToM-Test entwickelt, bei dem auch Erwachsene Fehler machen und darüber hinaus der Online-Gebrauch sozialer Kognitionen erfasst wird (Keysar, Lin u. Barr, 2003). Der Test erhebt die Fähigkeit, sich von der eigenen egozentrischen Perspektive zugunsten einer Perspektivenübernahme des Gegenübers zu entfernen. In einem Vergleichsgruppendesign mit Kindern, Adoleszenten und Erwachsenen konnten Dumontheil, Apperly und Blakemore (2010) zeigen, dass eine altersabhängige kontinuierliche Verbesserung der Fähigkeit der Perspektivenverschränkung bis ins frühe Erwachsenenalter messbar ist.

Fonagy und Kollegen (2002) haben sich auf der Grundlage klinischer Studien zum Verlauf der Mentalisierung in der Adoleszenz geäußert und sehen den Anstieg psychopathologischer Erkrankungen in dieser Lebensphase eng mit der Mentalisierungsfähigkeit verbunden. Darüber hinaus vermuten sie, dass die Anforderungen der Adoleszenz im Sinne der Loslösung von affektiv hochbesetzten elterlichen Beziehungen hin zu Peer- und romantischen Beziehungen mit einem Rückzug von Mentalisierung oder einer Hypermentalisierung einhergehen könnten, da Adoleszente hypersensibel auf ihre soziale Umwelt reagieren. Allerdings konnte empirisch gezeigt werden, dass Jugendliche in der mittleren Adoleszenz (15 bis 18 Jahre) während eines Adult-Attachment-Interviews (AAI; George, Kaplan u. Main, 1984/1985/1996) das gleiche Mentalisierungsniveau wie Erwachsene in nichtklinischen Stichproben erreichen (Cropp, Alexandrowic u. Taubner, im Druck). Zumindest in Interviewsituationen ohne Peerdruck können Adoleszente daher ähnlich gut über Bindungsbeziehungen nachdenken wie Erwachsene. Das Ergebnis ergänzt die aktuelle Adoleszenzforschung, die zeigen kann, dass Adoleszente lebensphasentypische Konflikte unter Beibehaltung der Beziehung zu den Eltern lösen und auch in der Adoleszenz die Bindung zu den Eltern höchst bedeutsam bleibt. Allerdings zeigte sich in der Normalstichprobe der Adoleszenten ein Geschlechtseffekt in dem Sinne, dass Mädchen signifikant höhere Werte auf der Reflective Functioning Scale (RFS) erreichen als männliche Adoleszente (Cropp et al., im Druck). Im Rahmen einer US-amerikanischen Studie konnte ebenfalls ein geschlechtsspezifischer Zusammenhang aufgezeigt werden, da der Zusammenhang zwischen expliziten Mentalisierungsfähigkeiten und Sprachkompetenzen nur bei den männlichen Teilnehmern messbar war, während bei den weiblichen Adoleszenten Sprache und Mentalisierung unabhängig war (Rutherford et al., 2012). Diese Ergebnisse verweisen möglicherweise auf geschlechtsspezifisch unterschiedliche oder zumindest geschlechtsabhängig zeitversetzte Entwicklungspfade der Mentalisierung in der Adoleszenz und zeigen den dringenden Forschungsbedarf in diesem Feld auf.

5Mentalisierung im frühen und mittleren Erwachsenenalter

In Bezug auf Mentalisierungsveränderungen über die Lebensspanne und in Bezug auf Schwellensituationen (z. B. beruflicher Einstieg) liegen bislang weder Konzepte noch empirische Befunde vor, sodass hier ein dringender Forschungsbedarf festgestellt werden kann. Eine Ausnahme davon stellt die Mentalisierungsfähigkeit von jungen Eltern dar, die in vielen Studien im Hinblick auf die transgenerationale Weitergabe von Bindung untersucht wurde, auf die im Folgenden eingegangen wird. Hierbei geht es den meisten Autoren und Forschern darum, den Teufelskreis einer Weitergabe von Kindesmisshandlung zu unterbrechen. Hierfür werden aktuell verschiedene Risiko- und Schutzfaktoren aufgeführt. So haben z. B. Eltern mit eigenen Misshandlungserfahrungen und aktuellen psychischen Erkrankungen ein hohes Risiko, die eigenen Kinder zu misshandeln im Sinne von Vernachlässigung bis Missbrauch (emotional, verbal, körperlich und sexuell). In diesem Zusammenhang wurde Mentalisierung als zentraler protektiver Faktor identifiziert, der die Weitergabe von Misshandlung unterbrechen kann (Katznelson, 2014; Camoirano, 2017). So zeigte die »London Parent Child Study«, dass Mütter trotz eigener traumatisierender Vorgeschichte sicher gebundene Kinder haben können, wenn sie über ausgeprägte Mentalisierungsfähigkeiten verfügen (Fonagy, Steele, Steele, Higgit u. Target, 1994). Schechter und Kollegen (2005) konnten zeigen, dass Mütter mit posttraumatischen Belastungsstörungen aufgrund von Gewalterfahrungen ein ausgewogenes Bild ihrer Kinder hatten, wenn sie gut mentalisieren konnten, im Vergleich zu einseitigen Sichtweisen bei Müttern mit niedrigen Fähigkeiten. Diese Arbeitsgruppe konnte auch belegen, dass herausfordernde emotionale Situationen in der frühen Kindererziehung als Trauma-Trigger fungieren und Mentalisierungsförderung daher an emotional schwierigen Situationen ansetzen sollte. Aktuell gibt es zehn verschiedene Elternprogramme, die eine Steigerung der elterlichen Mentalisierung für verschiedene Zielgruppen anstreben (vorrangig für Mütter mit Risikofaktoren wie z. B. Suchterkrankungen: »Mothering from the inside out«, mit Borderline-Persönlichkeitsstörung: »Lighthouse Programm« oder für Mütter im Teenageralter: »Minding the baby«), deren Wirksamkeit inzwischen als gut belegt gelten kann. Weitere Studien zeigten, dass Mentalisierung auch durch Psychotherapie steigerbar ist (vgl. den Überblick bei Taubner, 2015).

6Mentalisierung und Weisheit – Überlegungen zum hohen Lebensalter

Im Hinblick auf die Entwicklung von Mentalisierung im späteren und hohen Lebensalter gibt es bislang weder empirische Untersuchungen noch konzeptuelle Überlegungen im engeren Sinne. Ein möglicher Ansatzpunkt für ein Verständnis von Mentalisierung im Alter könnte aber die sogenannte Weisheitsforschung sein. Diese definiert Weisheit mit den folgenden Kernkomponenten und unterscheidet zwischen allgemeiner und selbstbezogener Weisheit (Staudinger u. Glück, 2011):

1.Intelligenz

2.Motivation, komplex zu denken

3.Tiefe Reflexionen über sich, andere und die Welt (inkl. Selbstkritik)

4.Starke Anteilnahme mit anderen

5.»Real-World« Problemlösefähigkeiten

Besonders die hier erwähnten »tiefen Reflexionen« und die »starke Anteilnahme« kommen dem Mentalisierungskonzept nahe. Weisheit wird in der Alltagspsychologie häufig mit einem hohen Lebensalter in Verbindung gebracht. Wenn Menschen auf der Straße weise Personen benennen sollen, so sind diese mindestens 60 Jahre alt (Jason et al., 2001). Im Vergleich von jüngeren und älteren Personen, schneiden Ältere in der Bewertung Dritter als weiser ab (Stange, 2006). Darüber hinaus ist Weisheit ein Aspekt, der als positiv am Älterwerden benannt wird (Staudinger u. Glück, 2011). Die empirischen Studien zeigen jedoch ein recht heterogenes Ergebnis im Hinblick auf den tatsächlichen Zusammenhang zwischen Weisheit und Lebensalter. Aktuell existieren nur die Ergebnisse von Querschnittsstudien, die verschiedene Altersgruppen zu einem definierten Zeitpunkt untersuchen und somit auch Kohorteneffekte abbilden könnten. In diesen Studien zeigen sich zum Zusammenhang zwischen Alter und Weisheit entweder kein Zusammenhang (Staudinger, 1999), ein quadratischer Zusammenhang mit einem Peak in der Lebensmitte (Webster, Bohlmeijer u. Westerhof, 2014) und in einer Studie tatsächlich eine stetig mit zunehmendem Alter ansteigende Weisheit (Grossmann et al., 2010). Diese sich widersprechenden Ergebnisse wurden in der Weisheitsforschung so interpretiert, dass die verschiedenen Instrumente offenbar sehr unterschiedliche Aspekte von Weisheit erfassen. Tatsächlich nehmen bestimmte Weisheitsaspekte mit der Zeit ab wie z. B. komplexes Denken, Selbstreflexion, Humor und Lebensfreude. Im Kontrast dazu werden andere Aspekte von Weisheit im höheren Lebensalter differenzierter und ausgeprägter wie z. B. die Fähigkeiten, die eigenen Lebenserfahrungen zu nutzen, zur Perspektivenübernahme sowie zur Selbst-Transzendenz (Glück et al., 2013). Dies könnte einen Hinweis darauf geben, dass Mentalisierungsfähigkeiten sich ebenfalls im höheren Lebensalter weiter ausformen können.

7Fazit

Die Mentalisierungstheorie tritt mit dem Anspruch an, Mentalisieren als eine Entwicklungserrungenschaft anzusehen, und legt dafür eine elaborierte Entwicklungstheorie der ersten fünf Lebensjahre vor. Die weitere Entwicklung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt eher lückenhaft beschrieben und bedarf der weiteren Forschung und Konzeptualisierung. Erste Überlegungen und Untersuchungen beziehen sich vorrangig auf die Adoleszenz, da dem Schicksal der Mentalisierung hier ein großer klinischer Stellenwert beigemessen wird. Im Erwachsenenalter wird Mentalisierung als Schlüsselfaktor angesehen, um eine feinfühlige Elternschaft zu ermöglichen und Veränderungen in Psychotherapien anzuregen. Die größte Lücke ist für den Bereich des hohen Lebensalters festzustellen. Ergebnisse der Weisheitsforschung zeigen jedoch, dass auch in diesem Lebensabschnitt weitere qualitative Veränderungen des Mentalisierens erwartbar sind. Die Kenntnis qualitativ und quantitativ verschiedener Entwicklungsaspekte von Mentalisierung sind für die pädagogische Arbeit unabdingbar, wenn pädagogische Felder auf die Besonderheiten der jeweiligen Lebensphasen abgestimmt sein sollen bzw. Mängel in der Entwicklung von Mentalisieren erst durch die genaue Kenntnis des Erwartbaren sichtbar werden.

Literatur

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