Hanna: Gebet- und Andachtsbuch für israelitische Frauen und Mädchen - Freund, Jacob - kostenlos E-Book

Hanna: Gebet- und Andachtsbuch für israelitische Frauen und Mädchen E-Book

Freund, Jacob

0,0
0,00 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Gratis E-Book downloaden und überzeugen wie bequem das Lesen mit Legimi ist.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 321

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



The Project Gutenberg EBook of Hanna, by Jacob FreundThis eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and withalmost no restrictions whatsoever.  You may copy it, give it away orre-use it under the terms of the Project Gutenberg License includedwith this eBook or online at www.gutenberg.orgTitle: Hanna       Gebet- und Andachtsbuch für israelitische Frauen und MädchenAuthor: Jacob FreundRelease Date: May 8, 2013 [EBook #42670][Last Updated: September 15, 2013]Language: German*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK HANNA ***Produced by Enrico Segre, and the Online DistributedProofreading Team at http://www.pgdp.net.

Hanna.

Hanna. ——Gebet- und Andachtsbuchfür israelitische Frauen und Mädchen.

VonJacob Freund,Lehrer an der Religionsschule der Synagogen-Gemeinde zu Breslau.

Mit BeiträgenvonDr. D. Feuchtwang, Dr. A. Geiger und Dr. M. Güdemann.

——————Neueste vermehrte und verbesserte Ausgabe. ——————

Breslau.Verlag von Jakob B. Brandeis.

וַתִּתְפַּלֵּל חַנָּה וַתֹּאמַר׃ עָלַץ לִבִּי בַּיהוָה

אֵין־קָדוֹשׁ כַּיהוָה כִּי־אֵין בִּלְתֶּךָ וְאֵין צוּר כֵּאלֹהֵינוּ׃

Und Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn.

Keiner ist heilig, wie der Herr, denn keiner ist außer Dir und kein Fels wie unser Gott.

(1. Buch Sam. Kap. 2. V. 1. u. 2.)

Dem seligen Andenken seinerverklärten MutterFrau Rebecka Freund

in dankbarer Liebe gewidmet

vom Verfasser.

Vorwort.

Von dem gesetzlichen Rechte Gebrauch machend, veröffentliche ich dieses bereits vor 41 Jahren zum ersten Male erschienene Andachtsbuch in neuester Ausgabe. Die Beliebtheit, welche dasselbe während jener Zeit errungen, verdankt es der richtigen Auswahl und Anordnung der, Form und Inhalt nach, gleich schönen Gebete des vor mehr denn 30 Jahren dahingeschiedenen Verfassers Herrn Jacob Freund. Ich habe an diesem Erbauungsbuche, ohne an dessen Gebeten oder Reihenfolge derselben zu rütteln, nur insofern eine Veränderung eintreten lassen, als ich jene Festbetrachtungen, deren Verfasser noch am Leben ist, beibehalten habe, dagegen jene, deren Verfasser bereits vor Jahren aus diesem Dasein geschieden sind, durch neue, Gedankenreichtum bietende, gemütanregende und den religiösen Sinn fesselnde Betrachtungen ersetzen ließ. Diese geflossen aus der Feder des Wiener Rabbiners und Predigers Dr. D. Feuchtwang, wahre exegetische Perlen, reihen sich denen des Wiener Oberrabbiners Dr. M. Güdemann würdig an, so daß der Reiz, den sie diesem Andachtsbuche verleihen, nicht wenig dazu beitragen wird, seine Beliebtheit zu steigern. Auch habe ich im Texte auf die neue Rechtschreibung Bedacht genommen, ein Vorteil, welcher der Jugend gut zustatten kommt.

Breslau, den 1. Mai 1908.

Jakob B. Brandeis.

Inhalt.

Öffentlicher Gottesdienst.

Sabbat- und Festgebete.

Seite

Die Feste des Herrn (Feuchtwang)

3

I. Gebete für den Sabbat.

Sabbat-Betrachtung. (Feuchtwang)

6

Beim Eintritt in das Gotteshaus

9

Gebete für den Sabbattag

10

Nischmath

19

Gebet

23

Beim Herausheben der Thora am Sabbat

25

Gebet bei Verkündigung des Neumonds

26

Dasselbe

27

II. Gebete für die Freudenfeste.

1. Das Passahfest.

Festbetrachtung am Passahfeste. (Feuchtwang)

28

Beim Eintritt in das Gotteshaus. (An Festtagen oder bei festlicher Gelegenheit)

31

Gebet am Vorabend des Passahfestes

31

Seder. Betrachtung. (Feuchtwang)

33

Morgengebet am Passahfeste

36

Die Hallel-Psalmen

39

Beim Herausheben der Thora am Passahfeste

44

Tau und Regen (Tal und Geschem) Betrachtung (Feuchtwang)

45

Frühlingsgebet am ersten Tage des Passahfestes

48

2. Das Wochenfest.

Festbetrachtung am Wochenfeste. (Feuchtwang)

52

Gebet am Vorabend des Wochenfestes

54

Gebet am Wochenfeste

57

Die Gesetzgebung am Sinai

61

3. Das Hüttenfest.

Festbetrachtung am Hüttenfeste. (Feuchtwang)

65

Gebet am Vorabend des Hüttenfestes

67

Gebet am Hüttenfeste

69

4. Das Schlußfest.

Festbetrachtung am Schlußfeste. (Feuchtwang)

73

Gebet am Schlußfeste

75

Herbstgebet am Schlußfeste

79

Festbetrachtung am Simchas Thora. (Feuchtwang)

81

Gebet am Simchas Thora

84

III. Gebete für die ernsten Feste.

1. Das Neujahrsfest.

Festbetrachtung am Neujahrsfeste. (Güdemann)

87

Am Vorabend des Neujahrsfestes. Lied

92

Gebet am Vorabend des Neujahrsfestes

92

Morgengebet am Neujahrsfeste

96

Owinu malkenu

100

Beim Herausheben der Thora am Neujahrsfeste

102

Gebet vor dem Schofarblasen

104

Unthanne tokef

107

Olenu

109

2. Der Versöhnungstag.

Festbetrachtung am Versöhnungstage. (Güdemann)

112

Am Vorabend des Versöhnungstages. Lied

117

Gebet am Vorabend des Versöhnungstages

117

Owinu malkenu

122

Morgengebet am Versöhnungstage

124

Sündenbekenntnis

129

Beim Herausheben der Thora am Versöhnungstage

134

Maskirbetrachtung für den Versöhnungstag. (Feuchtwang)

136

Gebet zu Mussaph am Versöhnungstage

138

Unthanne tokef

141

Der Hohepriester am Versöhnungstage

144

Gebet zu Mincha am Versöhnungstage

149

Vor Sonnenuntergang am Versöhnungstage

153

Zum Schluß des Versöhnungstages

157

IV. Gebete für die Halbfeste.

1. Chanucka.

Gebet am Chanuckafeste

159

2. Purim.

Gebet am Purimfeste

161

V. Gebete für den 9. Ab (Tischah be-aw).

Gebet am Tischah be-aw

164

Klage um das verlorene Zion

169

Eli Zion

171

——————

Häusliche Andacht.

Tägliches Morgengebet

177

Tischgebet

178

Nachtgebet

179

Gebet am Sonntag

180

Gebet am Montag

181

Gebet am Dienstag

183

Gebet am Mittwoch

185

Gebet am Donnerstag

186

Gebet am Freitag

188

Gebet am Neumondstage

190

Gebet beim Anzünden der Sabbat- und Festlichte

191

Sabbat-Einzug

192

Freitagabend-Lied

194

Zum Sabbat-Ausgang. Psalm 67

195

Sabbat-Ausgang. Lied

196

Gebet am Tage der Konfirmation

197

Gebet am Verlobungstage

200

Gebet während des Brautstandes

202

Gebet einer Braut am Hochzeitstage

204

Gebet einer Neuvermählten

207

Gebet einer Wöchnerin

209

Gebet der Mutter während der Aufnahme ihres Sohnes in den Bund Abrahams

210

Gebet einer Wöchnerin bei ihrem ersten Besuche des Gotteshauses

212

Gebet einer Mutter am Tage der Konfirmation ihres Sohnes

213

Gebet einer Mutter am Verlobungstage ihrer Tochter

214

Gebet einer Mutter am Hochzeitstage ihrer Tochter

215

Gebet einer Mutter am Hochzeitstage ihres Sohnes

217

Gebet einer Witwe

219

Gebet einer Witwe, die in dürftigen Verhältnissen lebt

220

Gebet einer Stiefmutter

222

Gebet eines vaterlosen Mädchens

224

Gebet eines mutterlosen Mädchens

226

Gebet einer Verwaisten

228

Gebet einer Dienenden

230

Gebet für die Eltern in der Ferne

233

Gebet um Hilfe aus der Not

234

Dankgebet für Hilfe aus der Not

235

Gebet bei einem freudigen Ereignis

236

Gebet um Nahrung

237

Dankgebet für die Nahrung

238

Gebet um Erhaltung der Gesundheit

240

Gebet um Genesung. Psalm 6

241

Dankgebet nach überstandener Krankheit

242

Gebet für den erkrankten Vater

243

Gebet für die erkrankte Mutter

244

Gebet der Mutter für ihr krankes Kind

246

Gebet für den erkrankten Sohn oder die Tochter

248

Gebet für den erkrankten Gatten

249

Dankgebet für die Genesung eines Angehörigen

249

Gebet für das Wohlgedeihen der Kinder

251

Dankgebet für das Wohlgedeihen der Kinder

252

Gebet in trauriger Lebenslage

254

Gebet um Geduld und Zufriedenheit

255

Gebet um das Wohl des Reiches

258

Gebet in Zeiten allgemeinen Drangsals

258

——————

Jahrzeits-, Friedhof-Gebete und Totenfeier.

1. Jahrzeitsgebete.

Gebet am Jahrestage vom Tode des Vaters

263

Gebet am Jahrestage vom Tode der Mutter

266

Dasselbe für eine Frühverwaiste

268

2. Friedhofgebete (Geiger).

Gebet

271

Am Grabe der Eltern

273

Am Grabe eines Sohnes oder einer Tochter

276

Am Grabe des Gatten oder der Gattin

278

Am Grabe der Geschwister, Großeltern, Schwiegereltern oder anderer Verwandten

280

Am Grabe eines Freundes oder einer Freundin

282

Am Grabe eines Wohltäters oder einer Wohltäterin

283

Am Grabe eines Lehrers oder einer Lehrerin

284

Am Grabe bedeutender Menschen

285

Schlußbetrachtung und Gebet

286

3. Totenfeier (Geiger)[1].

[1] Am 8. Tage des Peßachfestes, am 2. Tage des Schebuothfestes, am Jom Kippur und Schemini Azereth.

Maskirbetrachtung (Feuchtwang)

288

Totenfeier

292

A. Oeffentlicher Gottesdienst.

———

Sabbat- und Festgebete.

——————

Die Feste des Herrn.

———

Lasse uns den Segen Deiner Feste zuteil werden, o Gott, zum Leben und zum Frieden, zur Freude und zur Wonne. Heilige uns mit der Ausübung Deiner Gebote und gib uns unseren Teil an Deiner Thora. Sättige uns von Deiner Güte und erfreue uns mit Deiner Hilfe. Reinige unser Herz, Dir in Wahrheit zu dienen. Mache uns deine heiligen Feste zum Eigentum. Du bist der Segenspender, o Gott, indem Du Israel heiligst und die Zeiten.“ In diesem kindlich-schlichten, menschlich-wahren Gebete drückt sich der ganze tiefe, volle Segen aus, den die Festeszeiten in die Herzen, Seelen, Geister überreichlich streuen. Wie erquickender Sonnenstrahl in kaltes Dunkel, wie blütenprächtiger Frühling in winterlich-frostige Gefilde, so fallen die Festeszeiten in das harte, ernste Leben. — Wer lebt, der kämpft. Wer kämpft, der siegt nicht immer. Nicht jedwedem gedeiht die Saat auf dem Arbeit und Fleiß fordernden Ackerland des Lebens. Nicht alle, die unter Tränen das Saatkorn in die Furche geworfen, ernten in Jubel und Freude. Und die in scheinbar ungestörter Freude die Tage verbringen, die in nie umwölktem Sonnenleuchten ihre Jahre leben, in deren Sein und Streben sich goldene Ringe in köstlicher Kette an goldenem Ring zu reihen scheint, sie sind nicht immer die Glücklichen. Der ewige Festtag ist nicht des Ewigen Festtag. Menschengewollte und menschengebotene Ruhe steht im Dienste vergänglicher, täuschender Wünsche. Der ermüdete Leib des Daseinskämpfers bedarf der Seelenerquickung, die höchste Weihen empfangen hat und die im Zeichen idealen Dienstes steht. Festesstimmung und Festesfreude quellen aus dem Borne der Ewigkeit und der seelenvollen Hingebung an den weltbeglückenden Gedanken eines Gottes, eines Schöpfers, eines Menschenvaters. Sie sind uns nicht Stimmungen des flüchtigen Augenblickes, sondern vertiefte Gedanken an große geschichtliche Vergangenheit, ereignisreiche Gegenwart und glückverheißende Zukunft.

Die „Feste des Herrn“ sind Zeiten der Sammlung und der Andacht. Der Sammlung in jeglichem Sinne. Auch in dem, daß durch Arbeit versprengte Glieder des durch Bande des Blutes gebundenen Hauses sich warm und freudevoll zusammenfinden; die Gemeinde im brüderlichen Verbande an gemeinsamer Stätte sich Gottes und seiner Waltung freut; die Glaubensschwestern und Glaubensbrüder allesamt in aller Welt an ebendemselben Tage und zur selben Stunde des großen Lebens gedenken, das unser Volk gelebt, des unendlichen Segens, den es empfangen und gespendet hat. Der Andacht, die aller selbstischen Schlacken frei, sich in geiststärkende und weltumfassende Gedanken versenkt, die beruhigen, adeln und erheben. Denn die „Feste des Herrn“ sind nicht allein Festtage für sein erstgeborenes Volk, für Israel, sondern ziehen in den Bereich ihres weiten Andachtsbezirkes alle Menschenbrüder. So begrüßen wir diese Feste in gelassener Freude und mit gedämpftem Jubelruf. Sie sind der Gottesverehrung, geschichtlichen Erinnerung, sittlichen Selbsterziehung, Einkehr und Umkehr geweiht und ihr geschlossener Kreis zieht sich um die gemeinsame Mitte der Menschenerziehung und Menschenbeglückung. So feiern wir die „Feste des Herrn“ zu unserem Heil und Segen.

——————

I. Gebete für den Sabbat.

Der Sabbat..שבת

——————

Sabbat-Betrachtung.

———

„Denke des Sabbattages, ihn zu heiligen!“ „Heil dem Menschen, der dies tut, dem Erdensohne, der daran festhält: Den Sabbat hütet, ihn nicht zu entweihen, seine Hand hütet, daß er nichts Böses tue!“ Als Moses, so erzählt eine uralte Sage, den Druck seiner Brüder in Ägypten sah, ging er zum Pharao und sagte: Wenn der Sklave nicht einen Tag in der Woche ruht, muß er sterben. Und Pharao sagte: Tue, wie Du geredet. Da ging Moses hin und setzte den Sabbat ein. „Darum freut sich Moses der Gabe, die sein Teil ist.“ Doppelt ist die große Aufgabe des Sabbat; den Menschen auf Gott und sein Werk, den Menschen auf sich selbst zu weisen. Das wollen auch diese Thora- und Prophetenworte, will die sinnige Sage melden. Neben dem gewaltigen, völkerbezwingenden, weltgewinnenden Riesengedanken des Einzigen Gottes, der aus sich Kulturen geboren hat; neben dem größten sittlichen Befehl der „Nächstenliebe“, den unsere Religion vor allen anderen der Menschheit erteilt hat, ist der Sabbatgedanke der größte, den unser Glaubensgesetz besitzt. Er verlieh und verleiht dem Leben Hoheit, Weihe und Würde. Wenn die heilige Schrift das Schöpfungswerk mit dem Tage der Sabbatruhe schließt und krönt, wenn das Bundestafelgesetz den Sabbat fordert, so will dies besagen, daß ohne ihn der Schöpfung wundererfülltes Werk nicht vollendet, das Leben nicht vollkommen wäre. Denn der Sabbat ist die Blüte am markigen Baume der Lebensarbeit. Er ist die Sehnsucht rastlos schaffenden Menschengeistes, mühevoll-emsiger Menschenhände. Unsere harte Zeit des Daseinskampfes, in der die Seele nur wenig und selten bedacht wird, hat trotz aller Bildungsmittel und Kunstideale, aller Schönheitspflege und Wohlfahrtspredigt den Sinn und Willen des jüdischen Sabbat weder erfaßt noch erreicht. Der jüdische Sabbat hat eine ewige Bedeutung für die ganze Menschheit. Dieser Tag der Ruhe ist der „Tag der Weihe im Geiste, auf daß auch der Werketagsarbeiter aller Art zu sittlicher Erhebung, zur Freiheit des Gemütes sich sammeln könne.“ Er ist eine sittliche Kraftäußerung der Seele und der Religion, die sieghaft dem Nutzentriebe und der Stoffgewalt Schranken setzten.

In dieser Weise hat er einst in jüdischen Kreisen gewirkt, in Haus, Familie und Gemeinde. Die Geistes- und Leibesarbeit der Wochentage strebte gewissermaßen dem Hochziele „Sabbat“ zu. Der Rüsttag schon verriet die Zeichen der kommenden, herzerquickenden, reinen, tiefen Sabbatfreude. Sie führte Vater, Mutter und Kind in einen fröhlichen, geweihten Kreis, in dem es keine Sorge, keinen Kummer, keinen Kampf und keinen Haß, keine Trübung noch Trauer gab. Licht und Lust, Lebensmut und Lebensfreude erfüllten Herz und Haus. Ausgeglichene, einfältigweise Rast und Ruhe und Sammlung waren der Grundton der Sabbatstimmung. Becherweihe durch Segensspruch, Elternsegen, bescheidenes Festmahl, gewürzt durch Begleitworte der Thora und der andachtsvollen, sinnreichen, lehrhaften Erbauungsbücher; gemütreicher Gottesdienst mit ehrlichen, gradaus zum Himmel gerichteten Gebeten, Familienverkehr und Freundesbesuch, nicht ermüdender Spaziergang im Festgewande — sie füllten den Tag aus. Und selbst der Ärmste feierte mit; Herr und Frau, Magd und Knecht. So erstreckte sich der Sabbatfriede über alle und alles. Warum aber sprechen wir von dieser Sabbatherrlichkeit im großen und im kleinen wie von vergangener, verschwundener Zeit? Hat etwa die Gegenwart bessere, höhere Werte an deren Stelle gesetzt? Gewähren rauschende Feste, lärmende Lust, taumelnde Freude dem Herzen und der Seele tiefere Befriedigung? Haben Staats- und Gesellschaftsgesetz der Gegenwart es trotz schwerster Bemühung erreicht, Welt und Menschen einen wirklichen, ungeschwächten Tag der Ruhe zu schenken, der zugleich ein Tag höchster Seelenweihe wäre? Und wie sehr, wie dringend bedürften wir, wie alle Menschen in der tötenden Hast und drängenden Eile des Alltaglebens dieses immer wiederkehrenden Hinweises auf göttliche Macht und menschliche Größe, dieses mahnenden Rufes zur Sammlung und Ruhe. Der Wochensabbat würde sich zum Weltensabbat eignen und weitern, um so einen Teil des Erlösungswerkes zu vollbringen, das messianische Hoffnung für Israel und alle Welt erwünscht und ersehnt.

——————

מַה טֹּבוּ Beim Eintritt in das Gotteshaus.

———

Wie schön ist, Israel, Dein Zelt!

Und Jakob, Deine Hütte!

Da thronet Gott, der Herr der Welt,

Im seines Volkes Mitte.

Da tret' ich vor Dein Angesicht,

O Herr! mich tief zu bücken,

Bestrahlt von Deiner Gnade Licht,

Ins eig'ne Herz zu blicken.

Wie lieb' ich diesen heil'gen Ort

Als meines Segens Quelle;

Es spendet Glück mir fort und fort

Und Frieden diese Stelle.

Hier find' ich Trost in Traurigkeit,

Erhebung in der Freude.

Weil ich vor Gottes Herrlichkeit

Mich gern in Demut kleide.

Mit Lust und Liebe bin ich d'rum

Nun in Dein Haus getreten,

Vernimm, o Vater, wiederum

Mein Bitten und mein Beten!

Amen!

——————

Gebete für den Sabbattag.

———

Ewiger Gott, Herr und Vater, unendlich wie Du bist, ist auch Deine Macht, Deine Größe und Herrlichkeit, Deine Weisheit und Deine Gnade. Gelobt sei Dein heiliger Name in Ewigkeit!

Du hast den Sabbat eingesetzt, daß er uns ein Tag der Ruhe und der Erhebung, ein Tag der Andacht und der Erbauung sei. O laß meines Mundes Worte und die Gedanken meines Herzens Dir wohlgefällig sein. Amen!

אדון Herr der Welt! Du hast regiert, eh' noch ein Wesen erschaffen ward. Du wirst König genannt seit der Zeit, da auf Deinen Willen das All' erstanden ist, und wenn einst alles dahin sein wird, dann wirst Du allein noch herrschen, o Ehrfurchtbarer! Ja, wie Du warst, so bist Du, und so wirst Du ewig sein in Herrlichkeit; Du bist einzig, kein zweites Wesen ist Dir zu vergleichen und Dir an die Seite zu stellen. Du bist ohne Anfang und ohne Ende, und Dein ist die Macht und die Herrschaft. Du bist aber auch mein Gott, mein lebendiger Erlöser, Fels in meinem Leide zur Zeit der Not. Du bist mein Panier und eine Zuflucht für mich, Anteil meines Kelches am Tage, da ich rufe. In Deine Hand empfehle ich meinen Geist zur Zeit, wenn ich schlafe, und wenn ich wache, und mit meinem Geiste auch meinen Körper; ist Gott mit mir, so fürchte ich nichts.

אתה הוא Du bist der Ewige, unser Gott, im Himmel und auf Erden und in allen Räumen der Welt. Das ist gewiß und wahrhaftig, daß Du der Erste bist und der Letzte, und außer Dir ist kein Gott. O, möchten doch alle Bewohner der Welt es erkennen und bekennen, daß Du, Gott, allein der Herr bist auch in allen Reichen der Erde. Du hast den Himmel gemacht und die Erde, das Meer und alles, was es füllet. Wer von allen Deinen Geschöpfen in der Höhe und in der Tiefe vermag etwas hinzuzufügen zu den Werken Deiner Allmacht? O Du, unser Vater im Himmel, übe Barmherzigkeit mit uns um Deines großen und heiligen Namens willen.

O, ich wollte so gern, Dich rühmen und preisen, Allerhabener, aber die Worte meines Mundes reichen nicht hin zum Lobgesang für Deine Ehre; darum möge es Dir wohlgefällig sein, wenn ich Dich anbete mit den Liedern der von Dir begnadeten Sänger, die Dich angebetet haben in heiligen, unvergänglichen Dichtungen.

——————

Psalm 19.

Die Himmel, sie erzählen Gottes Ehre,

Die Feste spricht von seiner Hände Werk.

Vom Tage strömt das Wort dem Tage zu,

Die Nacht gibt diesen Unterricht der Nacht,

Nicht sind's geheime Worte und nicht Reden,

Daß ihre Stimmen man nicht hören könnte:

So weit die Erde reicht, tönt ihre Saite,

Ihr Vortrag dringet bis ans Ziel der Welt,

Bis wo der Sonnenball sein Zelt gebaut,

Der wie ein Bräut'gam zieht aus seiner Hütte,

Und freudig, wie ein Held die Bahn durchläuft.

Von einer Himmelsgrenze zieht er aus,

Den Kreislauf durch, bis wieder zu ihr hin,

Und seinem Glanze bleibet nichts verborgen.

Die Lehre Gottes labt die Seele ganz,

Sein Zeugnis, wahrheitsvoll, macht Toren weise,

Und sein Befehl, gerecht, erfreut das Herz.

Sein lauteres Gebot verklärt den Blick,

Die Gottesfurcht ist rein, bestehet ewig,

Die Rechte Gottes allesamt sind Wahrheit.

Noch köstlicher als Gold und köstlich Erz,

Dem Munde lieblicher als Honigseim.

Und auch Dein Knecht will ihrer sorgsam achten,

Denn großer Lohn wird denen, die sie hüten.

Jedoch wer kennt sie? wer ist frei von Sünden,

Die ungern oder unbewußt getan?

Vor Übermut nur wahre Deinen Knecht!

Laß ihn nicht herrschen über mich — und frei

Von Freveltat kann ich Vergeltung hoffen.

Laß wohlgefallen meines Mundes Wort,

O Gott, und die Gedanken meines Herzens

Vor Dir, der Du mir Fels und Rettung bist.

——————

Psalm 34.

Den Ew'gen will ich loben allezeit,

Sein Ruhm soll stets in meinem Munde sein!

Des ew'gen Gottes rühmt sich meine Seele,

Ihr Demutsvollen hört's und freut euch dessen!

O preiset seine Größe laut mit mir

Daß allesamt wir seinen Namen ehren.

Da ich ihn suchte, hat er mich erhört,

Hat mich befreit von allen meinen Ängsten.

Die auf ihn schaun, geh'n nie beschämt zurück.

Rief je ein Armer, Gott erhörte ihn,

Er rettet ihn von allen seinen Nöten.

Die Engel Gottes lagern rings im Kreis

Um die, die ihn verehren, — sie zu hüten.

Da schaut nur hin und seht, wie gut er ist,

Heil allen denen, die auf ihn vertrauen!

Wohl darben, hungern mag der Löwen Brut,

Nie fehlt der Segen denen, die ihn suchen.

Kommt Kinder, laßt die Gottesfurcht euch lehren:

Wer ist der Mann, der Lust am Leben hat,

Die Tage liebt um Freude zu genießen?

Wohlan! so wahre Deinen Mund vor Bösem

Und Deine Lippen vor des Truges Wort!

Der Sünde weiche aus, das Gute übe,

Den Frieden suche, folg' ihm emsig nach.

Das Auge Gottes schaut auf die Gerechten,

Sein Ohr ist ihrem Flehen zugewandt.

Doch sieht der Herr auch die, die Böses üben,

Um ihr Gedächtnis aus der Welt zu bannen.

Er hört auf die, die flehend zu ihm rufen,

Von ihrem Leide gnädig sie zu retten;

Denn nahe ist er dem gebrochnen Herzen

Und seine Hilfe dem gebeugten Geist.

Und trifft das Unglück auch den Redlichen,

Von allem Übel macht der Herr ihn frei

Er hütet ihn, daß er nicht Schaden leide,

Daß nicht verletzt sei eines seiner Glieder.

Den Sünder führt die Sünde selbst zum Tode,

Des Frommen Feind versinkt in seiner Schuld;

Die Seelen seiner Diener rettet Gott,

Die ihm vertrauen, quält die Reue nie.

——————

Psalm 90.

Ein Gebet von Mose, dem Manne Gottes.

Gott, Du warst unsere Zuflucht für und für!

Bevor die Berge noch geboren wurden,

Eh' noch die Erde, eh die Welt geschaffen,

Warst Du, Allmächtiger von Ewigkeit,

Du führtest einst das menschliche Geschlecht

Ganz nahe an den Untergang heran.

Dann sprachst Du: „Kehret wieder, Adams Söhne.“

(Denn tausend Jahre sind vor Deinem Auge

Dem Tage gleich, der gestern ist vergangen,

Ja gleich der Wache Wechsel in der Nacht.)

Du strömst sie weg, im Schlaf vergehen sie

Und sind am Morgen frisch in Gras verwandelt.

Und was am Morgen Blüten treibt und sprosset,

Das ist am Abend wieder welk und dürr.

So geh'n auch wir in Deinem Zorn dahin,

Im Deinem Grimme sind wir schnell vernichtet,

Wenn unsere Sünden vor Dich hin Du legst

Und die verborg'nen prüfst vor Deinem Licht;

Es wichen uns're Tage Deinem Zorn,

Es schwänden uns're Jahre wie ein Hauch.

Nur siebzig Jahr sind uns're Lebensjahre,

Und wenn es herrlich ist, so sind es achtzig;

Ihr Stolz, was ist er? Müh' und Nichtigkeit.

Schnell abgeschnitten dann, wir schweben hin,

Wer aber kennet Deines Zornes Macht?

Und wie die Furcht vor Dir und Deinem Grimm,

So lehre auch uns uns're Tage achten,

Auf daß wir uns ein weises Herz erwerben.

——————

Psalm 91.

Der Du im Schirme des Höchsten, im Schatten der Allmacht verweilest,

Sprich zu dem Herrn: „O, Du bist meine Feste, auf die ich vertraue!“

Er, von verheerender Pest, von der Schlinge wird er Dich retten

Deckt mit dem Fittige Dich, seine Treue ist Schutz Dir und Waffe.

Nimmermehr schreckt Dich die Nacht und die Pfeile, die schwärmen am Tage,

Seuche nicht, schleichend im Dunkeln, und Krankheit, verderbend am Mittag.

Dich nur erreichen sie nicht, wenn auch Tausend zur Seite Dir fallen.

Schaust mit den Augen sie an, und die Strafe der Bösen, die siehst Du.

Fürchtest nicht, denn auf dem Herrn, meine Zuversicht, steht dein Vertrauen;

Unheil erreichet Dich nicht, und es naht Deinem Zelt keine Plage

Denn er befiehlt seinen Engeln, daß überall sie Dich bewachen;

Auf ihren Händen getragen, verletzet kein Stein Deine Füße,

Löwen und Schlangen zertreten magst Du, und einhergehn auf Nattern,

„Ich,“ spricht der Herr, „will ihn retten und schützen, er kennt meinen Namen,

Höre ihn, wenn er mich ruft, bin bei ihm zur Zeit seines Leides;

Schauen dann soll er mein Heil, gesättigt, befriedigt vom Leben.“

——————

Psalm 92.

Ein Psalmlied für den Sabbattag.

Wie ist's so schön, dem Ewigen zu danken

Und zu lobsingen Deinem Namen, Höchster!

Am Morgen Deine Gnade zu verkünden

Und Deine Treue preisen in den Nächten

Mit Flöten, Saitenspiel und Harfenklang.

Denn Du erfreust mich, Herr mit Deinen Taten;

Ich jauchze ob der Werke Deiner Hand.

Wie groß, o Gott, sind Deine Wundertaten,

Und Deine Pläne, wie unendlich tief!

Der Unverständige sieht das nicht ein,

Der Tor, der blöde, kann das nicht begreifen.

Wenn auch die Frevler grünen wie das Gras,

Wenn Übeltäter blüh'n — so geh'n sie doch

Der ewigen Vernichtung nur entgegen.

Du, Herr, Du bist in Ewigkeit erhaben.

Und Deine Feinde alle geh'n dahin,

Die Übeltäter stäuben auseinander.

Mein Horn erhebest Du, dem Waldstier gleich.

Mit frischem Öle salbest Du mein Haupt.

Mein Auge schaut an meinen Neidern Schmach

Ich hör's, wenn Bosheit wider mich sich rüstet.

Der Fromme blüht der Palme gleich empor.

Er sprosset gleich der Zeder Libanons.

Im Haus des Ewigen sind sie gepflanzt,

Sie blühen in den Höfen uns'res Herrn,

Sie müssen noch im späten Alter grünen,

Sie müssen frisch und saftvoll immer sein,

Um zu verkünden, daß der Herr gerecht,

Mein Schutzfels, und kein Mangel ist an ihm!

——————

Heil denen, die in Deinem Hause wohnen, die Dich preisen immerdar! Heil dem Volke, dem's also geworden, Heil dem Volke, dessen Gott der Ewige ist!

Psalm 145.

(Ein Loblied Davids.)

Herr, ich will Dich erheben, Du bist König,

Will Deinen Namen preisen für und für.

An jedem Tage, Herr, will ich Dich rühmen,

Will loben Deinen Namen jederzeit.

Denn Du bist groß und angebetet, Herr,

Und Deine Größe, sie ist unerforschlich.

Die Zeiten alle preisen Deine Taten,

Von Deiner Wundermacht erzählen sie,

Vom hohen Glanze Deiner Herrlichkeit;

Sie sprechen stets von Deinen Wunderwerken.

Von Deiner Größe will auch ich erzählen,

Will, so wie sie, ob Deiner Güte jauchzen:

Allgnädig ist der Herr und voller Huld,

Langmütig ist er und von großer Güte

Und freundlich gegen alle, — seine Gnade

Erstreckt sich über alle seine Wesen.

D'rum müssen alle Wesen, Herr, Dir danken,

Sie müssen Dich ob Deiner Güte segnen,

Von Deines Reiches hoher Herrlichkeit,

Von Deiner Macht und Deinen Wundern sprechen,

Den Menschenkindern allen zu verkünden

Von Deines Reiches hoher Herrlichkeit.

Dein Reich, das ist der Ewigkeiten Reich,

Und Deine Herrschaft währet für und für.

Du stützest, Ewiger, die Fallenden,

Du richtest auf die tief Gebeugten alle,

Die Augen aller sind auf Dich gerichtet

Und Du gibst ihnen Brot zur rechten Zeit.

Du öffnest milde Deine Vaterhand

Und sättigst, was da lebt, mit Wohlgefallen.

Du bist gerecht in allen Deinen Wegen

Und gnadenvoll in allen Deinen Taten;

Bist nahe denen, die zu Dir sich wenden,

Erhörest gern, Die Dich in Wahrheit rufen;

Du tu'st den Willen derer, die Dich ehren,

Du hörest und erfüllest ihr Gebet;

Du bist ein Hüter denen, die Dich lieben,

Und Du vernichtest nur die Übeltäter.

Drum sei mein Mund, Herr, Deines Lobes voll,

Und alles Fleisch, es preise Deinen Namen

Von jetzt an bis in alle Ewigkeit.

Wir auch, wir alle preisen Dich, o Gott,

Jetzt und in Ewigkeit. Halleluja!

So nimm denn Du, Herr, mein Gott, den Ausspruch meines Mundes in diesen Liedern so auf, als ob ich die Gedanken meines eigenen Herzens vor Dir offenbart hätte. Es will mich bedünken, als ob ich Deinen heiligen Namen nicht würdiger preisen könnte, als in der Weise, wie es die Tausende Deiner Bekenner getan haben in Tausenden von Jahren. Du bist heute derselbe, der Du von je gewesen, Du bist der erste und letzte, und außer Dir ist kein Gott, darum brauche ich nicht Neues zu ersinnen, um Dich zu verherrlichen, weil ich es nicht besser tun könnte, als jene erleuchteten Vorbilder der Gottesverehrung. In ihrem Geiste zu denken und zu fühlen, das sei meine Aufgabe und mein Bestreben. Amen!

——————

נִשְׁמַת Nischmath.

(Dieses Gebet wird auch an allen Hauptfeiertagen gesprochen.)

———

Der Odem aller Wesen, die da leben,

Soll preisend Deinen Namen, Herr, erheben,

Und jeder Geist, der denken kann,

Erkenne Dich als König an.

Du bist der König allezeit,

Von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Nur Du — kein anderer ist's je gewesen —

Nur Du allein kannst helfen und erlösen;

Nur Du allein, Du kannst bewahren

Vor Leid und Trübsal und Gefahren.

Von Anbeginn warst Du allein,

Du wirst der Wesen letztes sein;

Du schufest alles, was vorhanden,

Und nichts ist ohne Dich entstanden,

Und fort und fort

Wird nur Dein Wort

Der Welt in ihrem Sein gebieten;

Du leitest sie mit Deiner Liebe,

Um in der Schöpfungen Getriebe,

Die schwachen Wesen zu behüten;

Kein Schlummer kann das Auge Dir bedecken,

Doch Du nur kannst die Schlafenden erwecken,

Den Mund der Stummen machst Du sprechen,

Läßt der Gebundenen Fesseln brechen.

Du stützest die zum Staub Geneigten,

Du richtest auf die Schwergebeugten;

Laß' Dir allein

Uns dankbar sein.

Wenn unser Mund erfüllt von Liedern wäre,

So wie des Wassers voll sind alle Meere,

Und könnte unsre Stimme tönen

So wie der Meereswogen Dröhnen,

Und könnt' um Deines Lobes Willen

Sie selbst den Himmelsraum erfüllen,

Und blickten wir in's Weltenreich

Der Sonne und dem Monde gleich,

Und könnte uns ein Flug gelingen

So mächtig wie mit Adlersschwingen,

Und stiegen wir, gleich der Gazelle,

Auch himmelan mit Windesschnelle:

So könnten wir trotz all' der Gaben,

Nicht Kräfte zur Genüge haben,

Um Dich zu fassen, Dich zu erkennen,

Für Dich das rechte Wort zu nennen,

Wir wären zu gering und klein,

Für eine dankbar Dir zu sein

Von Deinen Gnaden,

Den Myriaden.

Seit, unsre Väter zu erlösen,

Ein starker Helfer Du gewesen,

Seit Du zerrissen ihre Ketten,

Vom Sklavenjoch sie zu erretten,

Seitdem hast Du auch uns, wie diesen,

Dein Heil und Deine Huld erwiesen:

Du hast im Hunger uns erquickt,

Des Segens Fülle uns geschickt,

Und wenn Gefahren

Uns nahe waren,

Wenn Kriegesnot

Uns arg bedroht,

Wenn, matt und krank,

Der Mut uns sank,

Im bösen Tagen,

Voll schwerer Plagen,

Da ließest Du die bösen Zeiten

Vorübergleiten.

Und wie bis heut Barmherzigkeit

Mit Vaterhuld Du uns geweiht,

So achtet ferner Deine Gnade

Auf unsere Pfade.

O Herr! Vor Deinem Angesicht

Verwirf uns nicht.

D'rum beugen wir vor Dir uns nieder.

Dir dienen alle uns're Glieder,

Die Du zum Leibe hast gestaltet.

Und auch der Geist, der in uns waltet

Es dienet diesem Wunderbunde

Der Zunge Kraft in uns'rem Munde,

Sie kann mit ihrem Laut es wagen,

Von Deiner Herrlichkeit zu sagen.

Es spricht der Mund: Dich loben wir,

Und jede Zunge schwört zu Dir,

Und jedes Knie vor Dir sich beugt.

Und jedes Haupt vor Dir sich neigt,

Und jedes Herz ehrfürchtet Dich,

Wir singen Preis Dir inniglich.

So ist es in der Schrift zu lesen:

Mein Geist, mein Leib, mein ganzes Wesen,

Das spricht von Gott: Wer ist Dir gleich

Im Weltenreich?

Es schützet Deine Huld den Armen,

Du schenkst dem Dürftigen Erbarmen,

Daß ihn nicht drängt der Übermut,

Der Starke ihm nicht Leides tut.

Wer will sich Dir zur Seite stellen,

Sich Dir gesellen;

Wer will vermessen

Mit Dir sich messen!

——————

Ja, Du bist Gott! so groß so groß!

So machterfüllt, so fehlerlos!

Du einzig Wahrer!

Du Ehrfurchtbarer!

Erhaben über alle Geister,

Des Himmels und der Erde Meister,

Wir wollen Dich rühmen, wir wollen Dich preisen

Wir wollen Dir dienen und Ehrfurcht erweisen,

Dich heiligend nennen,

Zu Dir uns bekennen,

Und ohne Wanken

Mit allen Gedanken

Nach Dir verlangen,

An Dir nur hangen,

Wie David gesungen, so wollen wir singen:

Dir Ewigem, Einzigem, Huldigung bringen

Soll meine Seele, die aufwärts strebt,

Und all mein Leben, das in mir lebt,

Soll Benedeien den heiligen Namen

Des Herrlichen, Ewigen, Einzigen.

Amen!

——————

Gebet.

———

Herr und Vater! In Deinen heiligen Geboten hast Du die Feier des Sabbates als eine Pflicht von hohem Range für uns bestimmt. „Gedenke des Sabbattages, ihn zu heiligen. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke verrichten.“ So lautet das Wort, daß Du vom Sinai gesprochen.

Darum suche ich heute die geweihte Stätte der gemeinsamen Andacht auf, weil ich den Sabbat heiligen will in der Mitte der Deinen.

Hier, in meinem lieben Gotteshause, vermag das Bewußtsein lebhafter in mir zu werden, als im bewegten Treiben der Welt, daß Du, Herr, den Sabbat uns gegeben, damit er eine Wohltat für uns sei. Nur die Einkehr in unser Inneres führt unseren Geist zurück zur wahren Erkenntnis unseres Verhältnisses zu Dir, nur die andachtsvolle Erhebung im Gebete stärkt unser Vertrauen zu Dir und vermindert manches Leid des alltäglichen Lebens, nur der ausgesprochene Dank für die Gaben Deiner Liebe stellt Dich uns lebhaft als unsern Hort und unsere Zuflucht dar, nur die demutsvolle Betrachtung Deiner Größe und Erhabenheit erfüllt uns mit der Empfindung des Glückes, Bekenner Deiner Lehre, treue Anhänger des wahren Gottesglauben zu sein. So wird der Besuch des Gotteshauses, das inbrünstige Gebet, nicht ein Dienst, den wir Dir weihen, sondern eine Wohltat, die wir genießen, eine Freude, die wir Dir verdanken.

O, Herr und Vater, laß mich immer die Freude und die Befriedigung finden, die die Feier des Sabbates gewährt. Und wie ich ihn betrachte als den Tag des Herrn, so will ich auch nie vergessen, daß mit demselben Ausspruche, der den Sabbat einsetzt, Du auch die Arbeit der sechs Tage uns befohlen hast.

Nicht einzig und allein um des Leibes Nahrung sollen wir arbeiten, weil es ja doch töricht ist, zu glauben, daß wir es eben können, denn nicht von unserer Tätigkeit und von unserer Weisheit hängt der Segen ab, der aus dem Werke unserer Hände emporwächst, sondern von Deiner Gnade, und alles, was wir arbeiten und genießen, bleibt, trotz unserer Mühe, ein Geschenk von Dir.

Aber um Dein Gebot zu erfüllen, sollen wir tätig sein, auf daß wir selber weiser und erfahrener und unsern Nebenmenschen nützlich werden. Wahrlich, kein Mensch, dem Du die Kraft zu nützlicher Tätigkeit gegeben hast, ist der Pflicht ledig, sie auch anzuwenden, selbst wenn der Erdengüter Fülle ihn nicht zur Arbeit nötigt.

So soll der Sabbattag mir eine doppelte Mahnung sein: daß ich nie und nimmer vernachlässige, diesen Tag dem Herrn zu weihen durch Gebet und demutsvolles Hintreten vor meinen himmlischen Vater, und daß ich nie und nimmer versäume, das Bewußtsein der Pflicht in mir zu erwecken, daß der Mensch bestimmt ist zu nützlicher Tätigkeit auf Erden. Schenke, mein Gott, hierzu mir Deine Gnade. Amen!

——————

Beim Herausheben der Thora am Sabbat.

———

שְׁמַע יִשְׂרָאֵל יְהֹוָה אֱלֹהֵינוּ יְהֹוָה אֶחָד

לְךָ ה׳ הַגְּדֻלָּה Dein, o Herr, ist alle Größe; was unser Auge und unser Gedanke durchmessen kann, ist nichts vor Dir. Dein, o Herr, ist alle Macht; alle Wesen und alle Welten sind von Deinem Willen abhängig, Dir dienen alle Kräfte der Natur und gehorchen Deinem Winke. Dein, o Herr, ist alle Herrlichkeit; der Himmel und die Erde und alles, was sie schmücket, ist Dein Werk. Dein, o Herr, ist alle Majestät, die sich offenbaret in den Wolken droben, auf der Feste der Erde und in den Fluten des Meeres. Du bist König, Dein ist die Herrschaft, von Ewigkeit zu Ewigkeit. Erhebet den Ewigen, unsern Gott, und beuget Euch zum Staube vor ihm; denn er ist heilig. Erhebet den Ewigen, unsern Gott, und beuget Euch vor dem Berge seiner Herrlichkeit; denn heilig ist der Ewige, unser Gott.

אַב הָרַחַמִים O Vater der Barmherzigkeit! Erbarme Dich des Volkes Deiner Treuen, gedenke Deines Bundes mit den festen Säulen der Glaubenstreue. Hüte unsere Seele vor bösen Stunden; laß an uns nicht herannahen böse Begierde und Versuchung, sei immerdar unser Retter aus Gefahren und erfülle die Wünsche unseres Herzens, so sie Dir angenehm sind. Amen!

——————

Gebet bei Verkündigung des Neumondes.

(Aus dem Gebetbuch von Kämpf.)

———

Möge es Dein Wille sein, Ewiger, unser Gott, und Gott unserer Väter, daß Du uns neu werden lassest den kommenden Monat zur Wohlfahrt und zum Segen! Gib uns langes Leben, ein Leben des Friedens und des Wohlergehens, reich an Erwerb und rüstiger Gesundheit; ein Leben voll Gottesfurcht und Sündenscheu, frei von Beschämung und Schande; ein Leben, erheitert durch Wohlstand und Ehre, veredelt durch fromme Werke und gottgefällige Handlungen; ein Leben, in welchem unsere Herzenswünsche nur dann in Erfüllung gehen mögen, wenn sie uns zum Heile sind. Mögen dieses die vereinten Gebete der Gemeinde erflehen! Amen! Selah!

Dasselbe.

(Aus dem Gebetbuche von Geiger.)

Mein Gott! Laß mich den Anfang und das Ende des kommenden Monats erleben in Kraft und Gesundheit! Sende mir (meinen Eltern) Deinen Beistand, daß ich (sie) an ihm für meine (ihre) Bedürfnisse zu sorgen vermag (vermögen) in Redlichkeit und Ehren! Halte fern von mir und den Meinigen Gefährdung und Beschämung! Mögen die Wünsche meines Herzens in ihm erfüllet werden, so sie Dir, o Herr, wohlgefallen. Dein Reich der Wahrheit und der Liebe werde im Laufe desselben gefördert, auf daß die Zeit der frohen Verheißung immer näher an uns heranrücke: Ein Vater im Himmel, eine Bruderfamilie auf Erden! Amen!

II. Gebete für die Freudenfeste.שָׁלשׁ רְגָלִים

1. Das Passahfest. .פֶּסַח

——————

Festbetrachtung am Passahfeste.

———

„Also solltet ihr das Peßachopfer genießen: eure Lenden gegürtet, Schuhe an den Füßen, den Stab in der Hand.“

Die Stunde der Befreiung schlug. Zu Ende war die entwürdigende Sklavenarbeit in Mizrajim; tief atmete die Brust und hoffnungsfreudig blickte das ungetrübte Auge in eine glückliche Zukunft. Das rauhe Scheltwort grausamer Vögte war verstummt. Wie im Traume vernahm das neugeborene Volk die Heilsbotschaft von Gottes Rettung und Befreiung. Und auch uns klingt heute das Freiheitslied aus weiter, weiter Ferne entgegen, verkündet Gottes Kraft und Allmacht, Gottes Gnade und Güte. Andachterfüllt versenken wir uns in die Erinnerung an jenen großen Tag, an dem die befreiten Scharen Israels das Land der Knechtschaft verließen, die Lenden gegürtet, den Stab in der Hand. Schutzengel beschied der Allgütige, wie unsere alten Lehrer melden, an jenem Tage für alle Zeiten und Schicksale der Geschichte, die wir zu erleben bestimmt gewesen sind. Dem Volke, das mit Glaubensmut umgürtet war und den frommen Pilgerstab in treuen Händen trug, sollten sich Völker und Geschlechter gerüstet entgegenstellen. Doch wir fürchteten nichts. Denn der Ewige sprach: „Ich rüste meinen Engel und gürte ihn mit goldenem Rüstzeug.“ Er stand schirmend an des Schilfsmeeres Ufern; er zog schützend durch die Schrecknisse der Wüste; er breitete seine Fittige über die Väter, als sie das verheißene Land betraten. Er begleitete Israel, das Land und Thron verloren, in die Verbannung; er zog mit den versprengten, trauerumhüllten, gramgebeugten Brüdern und Schwestern, die über zerstörte Heiligtümer heiße Tränen vergossen, hinaus in alle Welten bis an der Erde Enden. So „führtest Du das erlöste Volk in Deiner Gnade, leitest es durch Deine Kraft an Deine heilige Stätte.“ Und immer, wenn der verjüngende Strahl der Frühlingssonne die Keime zu lebendiger Triebkraft weckt, wenn die „Blütenboten im Lande gesehen und liebliche Vogelsänge vernommen werden“, gedenken wir der Befreiungstage und feiern freudeerfüllt das Überschreitungsfest Noch immer ist unsere Lende gegürtet, noch immer ist der alte, treue Stab in unsrer Hand. Er soll uns nie und nimmer entfallen.