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»Fingal schaute dem Mädchen tief in die Augen. In diesem Moment war all die Angst aus Emilys Gesicht gewichen und sie wusste, dass sie am richtigen Ort war. Sie war bei Fingal, dem weißen Fremden.« »Harfenklang« ist ein Märchen für Jung und Alt, für Zuhörer oder Leser, die Freude an phantastischen Geschichten und am Zauber der Musik haben. Es eignet sich besonders als Vorlesebuch für Kinder ab 6 Jahren. Zum gemeinsamen Musizieren liegt der Geschichte das passende Lied bei.
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Seitenzahl: 35
Veröffentlichungsjahr: 2019
DIE HARFE
EIN EINHORN WIRD GEBOREN
KLEINBARTS GESCHICHTEN
DER AUFBRUCH
GEHEIMNISVOLLE MELODIEN
MOOSWALD
DAS SPINNENNETZHAUS
DIE KARTE
DER GOLDENE STACHEL
KLEINBARTS TANZ MIT DEN NIXEN
EMILY UND DER FRECHE KOBOLD
VOLLMOND
GEFANGEN IM ZAUBERSPRUCH
DER RIESE
EIN EINZIGER BLICK
SCHWARZER RAUCH
In einer Vollmondnacht, vor langer Zeit, da tanzten die Elfen berauscht im Glanz der Nacht, wie sie es lange nicht mehr getan hatten. Die Elfen des Mooswaldes kamen aus ihren Verstecken hervor gerauscht und erwarteten hoffnungsvoll das Geheimnis dieser Nacht. Sie spürten, dass in der Nähe etwas Besonderes geschehen war.
Mooswald, so nannten sie ihr Zuhause immer noch. Jedoch war nichts mehr zu sehen von dem prächtig grünen Moos, das ihren Wald einmal bedeckt hatte. Wie ein Teppich lag es in guten Zeiten über den Höhlen, den Hügeln, den Lichtungen und den Baumstämmen. Doch das war lange her. Nun waren die Blumen verwelkt, die Beerenstauden trugen keine Früchte mehr und die Bäume wippten traurig, wenn sie weinten. Die Elfen erinnerten sich nicht gerne an den Tag, als die Freude und der Zauber aus ihrem Wald gewichen waren. Es war der Tag, an dem die Harfe ihr Herz verlor. Seit die Bewohner denken konnten, gehörte die Harfe zum Wald wie die Blätter zum Baum. Es war eine kostbare Harfe mit sechs goldenen Saiten. Ihr Körper war verziert mit Ornamenten, von Elfenhand bemalt. Sobald die Harfe zu spielen begann und die Melodien erklangen, tanzten und sangen die Bewohner des Waldes. Sie nahmen sich an den Händen und waren glücklich zu dieser Zeit. An einem schrecklichen Morgen jedoch war die Harfe verstummt. Weit und breit war keine einzige Melodie zu hören. Die Harfe war noch da, aber es fehlten die Saiten. Mit Wut war das Herz dieses wunderbaren Instruments herausgerissen worden. Zu so einer schrecklichen Tat konnte nur einer im Stande sein, da waren sich alle einig. Es war der Mundlose aus der schwarzen Hütte, von dem sich alle fernhielten. Er hasste es zu sprechen und ertrug es nicht, jemanden singen zu hören. Seine Lippen waren über all die vielen Jahre, in denen er zu niemandem ein Wort sprach, fest zu einer Narbe zusammengewachsen.
Die Elfen, die in dieser Vollmondnacht tanzten, spürten jedoch den Zauber, der in dieser Nacht in der Luft lag. Die Freude und die Musik würden in ihren Wald zurückkehren, da waren sie sich sicher. Die Blumen würden sich gegen den Himmel aufrichten und in den prächtigsten Farben blühend tanzen.
Zur selben Zeit, in dieser hoffnungsvollen Nacht, wurde im angrenzenden Wald, auf der anderen Seite des Baches, ein kleines Einhorn geboren. Sein weißes Fell glänzte wie der Schimmer des Mondlichts. Ein kurzes, goldenes Horn funkelte auf seiner Stirn. Kaum auf der Welt, versuchte sich der kleine Kerl aufzurichten. Er war noch etwas wackelig auf den Beinen, doch sein Wille war groß und schon bald ging er sicher neben seiner Mutter her. Sie führte ihn durch den Wald, durch sein Zuhause. Auf dieser Seite des Baches lag das Moos wie ein Teppich über den Höhlen, den Hügeln, den Lichtungen und den Baumstämmen. Von überall her hörte man emsiges Treiben. Die Waldbewohner hatten von der Geburt des Einhorns gehört. Der Wolf spielte den Dudelsack und die Fuchsfamilie trommelte im Takt dazu. Nur der Bach trennte Freud und Leid. Auf der anderen Seite tanzten zwar die Elfen, da der Wind einige Funken des Glanzes und der Hoffnung über den Bach wehte, doch die Bäume ließen ihre Äste immer noch traurig hängen.
Die Einhornmutter überlegte lange, welchen Namen sie ihrem Jungen geben sollte. Sie nannte es schließlich Fingal, was so viel bedeutet wie weißer Fremder. Fingal war ein neugieriges, kleines Einhorn. Es wollte sämtliche Ecken im Wald seiner Mutter kennenlernen. Es liebte seine täglichen Spaziergänge. Am liebsten ging es ganz allein bis zum Ufer des Baches.
Die Mutter ermahnte ihr Kind: »Fingal, du darfst den Bach nicht überqueren. Es ist zu gefährlich. Dein Horn ist noch kurz. Erst wenn dein Horn eine Efeuranke von acht Blättern lang geworden ist und aufgehört hat zu wachsen, darfst du allein gehen und dir deinen eigenen Wald suchen, dein eigenes Zuhause.«