Heimatkinder 44 – Heimatroman - Harald M. Wippenbeck - E-Book

Heimatkinder 44 – Heimatroman E-Book

Harald M. Wippenbeck

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Beschreibung

Die Heimatkinder verkörpern einen neuen Romantypus, der seinesgleichen sucht. Zugleich Liebesroman, Heimatroman, Familienroman – geschildert auf eine bezaubernde, herzerfrischende Weise, wie wir alle sie schon immer ersehnt haben. "Herrgottsnaa!" schimpfte Lore Höffer ungehalten. "Wenn du das alte Spinnradl unbedingt haben willst, nachher hol ich es dir halt vom Speicher, Specker-Toni. Aber dann ist Schluß. Der Johannes hat neulich zu mir gesagt, daß die alten Bauernglumpdinger im Wert steigen. Ich soll nix mehr hergeben, hat er gesagt. Und du hast eh ein Glück, daß er gerade heut auf Seefeld hinunter ist. Sonst tätest es eh nit kriegen, weißt!" Lore Höffer war eine hübsche Frau Ende der Dreißig. Sie war nicht zu dünn und nicht zu dick. Sie war so, wie eine rechte Bauersfrau halt sein muß. Geschwind fuhr die Bäuerin mit der Hand über den dunkelblonden Nackenknoten.

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Heimatkinder –44–

Eine Frau zu viel auf dem Höfferhof

Roman von Harald M. Wippenbeck

»Herrgottsnaa!« schimpfte Lore Höffer ungehalten. »Wenn du das alte Spinnradl unbedingt haben willst, nachher hol ich es dir halt vom Speicher, Specker-Toni. Aber dann ist Schluß. Der Johannes hat neulich zu mir gesagt, daß die alten Bauernglumpdinger im Wert steigen. Ich soll nix mehr hergeben, hat er gesagt. Und du hast eh ein Glück, daß er gerade heut auf Seefeld hinunter ist. Sonst tätest es eh nit kriegen, weißt!« Lore Höffer war eine hübsche Frau Ende der Dreißig. Sie war nicht zu dünn und nicht zu dick. Sie war so, wie eine rechte Bauersfrau halt sein muß. Geschwind fuhr die Bäuerin mit der Hand über den dunkelblonden Nackenknoten.

Dann wischte sie die feuchten Hände an der Küchenschürze ab. Der Antiquitätenhändler war schon zum zweiten Male da. Unbedingt wollte er das alte Spinnradl vom Ähnli, das seit langem auf dem Scheuerspeicher stand.

»Jetzt komm halt mit hinaus!« rief sie ihm zu, mit einem unwilligen Kopfruck zur Scheune weisend.

»Ich hab nit viel Zeit. Um viere muß ich die Hilde aus dem Bettl holen. Schlaft eh schon lang genug, das Madl. Und dem Justus muß ich noch bei der Hausaufgab helfen. Na ja, und dann wird der Johannes auch heimkommen und sein Essen wollen.«

»Ja, narrisch notwendig hast du’s schon alleweil«, brummelte der Specker-Toni. Und doch freute er sich, daß er nun endlich das begehrte Spinnrad bekommen sollte.

Es würde ihm drunten in Innsbruck wenigstens tausend Schilling bringen, während er der Höfferin nur zweihundert zahlen mußte.

»Wenn man einen Mann hat und zwei kleine Kinder und obendrein noch einen Hof wie diesen, nachdem hat man es alleweil notwendig – sein Leben lang«, warf sie ihm zwischen ein paar Schritten hin.

Sie trug ein einfaches Dirndlkleid, darüber die blau-weiß gestreifte Schürze und an den Füßen einfaches Schuhwerk.

Die Scheuer lag dem Wohnhaus gegenüber. Sie war ein uraltes, langgestrecktes Gebäude. Der Schatten, den sie warf, bedeckte nahezu den ganzen Hofraum.

»Wenn ich nur wüßt, wo das Ding jetzt liegt?« sinnierte sie vor sich hin, als sie vor der Scheune stand. »Wir haben erst neulich aufgeräumt, weißt! Da weiß ich alleweil nit, wo der Johannes das Klumperts hinräumen tut. Aber ich denk mir, daß es auf dem Hinterboden liegt.«

Mittlerweile hatte sie die Scheunentore geöffnet und war in das Halbdunkel getreten.

Es roch nach Stroh und Häcksel, nach alten Hanfstricken und ein bissel nach modrigem Staub der Zeit.

Eine Leiter führte hinauf zum Oberboden. Die Bäuerin schickte sich an hinaufzusteigen.

»Soll ich da nit lieber…«

»Naa, laß nur«, wehrte Lore Höffer ab, »denn du kennst dich da droben eh nit aus. Da liegt endsviel altes Grümpel. Wart du da drunten. Ich hab’s gewiß gleich gefunden.«

Die letzten Worte kamen schon ein wenig hüstelnd, weil sie mit ihren Stiefeln den Staub hochwirbelte, der auf der Oberbodenleiter lag. »Kreiztürkendunnereit!« schimpfte sie droben. »Da heroben sieht man ja nit die Hand vor den Augen. Da ist es ja stockdunkel. Wenn ich nur die verreckte Taschenlampen mitgenommen hätt. Aber wart, da hinten steht ein Ding. Ich will es geschwind holen…«

Mit einem Male riß ihre Stimme ab. Dort oben auf dem Oberboden begann es zu krachen und zu knistern.

Staub mülmte hoch. Er machte den dunklen Raum noch dunkler. Alles ging so rasch, so blitzgeschwind, daß sogar der Schrei erstickt klang.

Als der Specker-Toni begriffen hatte, was geschehen war, lag sie schon vor seinen Füßen. Sie war durch die morschen Bretter von droben heruntergefallen. Ganz still und sonderbar verrenkt lag sie jetzt da.

Der Staub, vom Sonnenlicht ganz golden, hob sich langsam. Neben ihr lag das alte Spinnrad. Es war ein Prunkstück. Aber dafür hatte der Toni jetzt kein Auge.

»Bäuerin – spinnst gewiß?« murmelte er. Dann stieß er mit der Fußspitze zaghaft gegen den Leib der Frau. Doch die rührte sich nicht. Ein dünner Blutfaden sickerte aus ihrem Mundwinkel. Ganz glasig, starr und wie hilflos blickten ihre schönen Blauaugen in das Dunkel dort droben.

»Heh, Bäuerin, steh auf!« schrie der Toni jetzt ängstlich. Und endlich bückte er sich hinunter. Aber die Höfferin stand nicht auf.

»Hiiilfe!« schrie der Specker-Toni, während er hinaus lief in die Helligkeit des sonnigen Frühlingstags. »Zur Hilf, die Bäuerin ist vom Tennboden gefallen!«

Die Hausmagd lief in die Scheuer, der Knecht hintendrein. Dann kam noch die Bäringer-Susann, die eben auf dem Weg am Höfferhof vorbei wollte. Alle standen sie wie erstarrt vor Lore Höffel.

»Mei«, murmelte die BäringerSusann, »sieht denn das keiner von euch? Die ist doch tot! Der kann man doch nimmermehr helfen. Mei, die armen Kinder und erst der Bauer!«

»Lieber Himmelgott, was hast du da angerichtet? Wo – wo ist er denn, der Höffer-Johannes?«

»Nach Seefeld um«, flüsterte Zita tonlos.

»Herrgottsnaa, wenn der heimkommt! Dem gehen die Augen über. Unsere gute Bäuerin!«

*

Johannes Höffer war groß und stark wie ein Baum. Zweiundvierzig war er zum Jahresbeginn geworden. Doch sah er mit seinem welligen Braunhaar und den hellen Augen ein paar Jahre jünger aus.

Johannes war ein Mannsbild, nach der sich auch manches junge Madl gern einmal umdrehte.

Doch Johannes hatte kein Auge dafür. Er hatte Lore von Herzen gern. Lore, die er vor acht Jahren aus dem Inntal auf seinen Hof geholt hatte. Lore, die ihm zwei hübsche und gesunde Kinder schenk-te.

Da war zuerst der Justus. Sieben ist er im vergangenen Herbst geworden. Und lustig war er immer eine rechte Freud und ein großer Stolz für den Bauern. Drei Jahre später war die kleine Hilde gekommen.

Ein Madl mit flachsblondem Haar und fröhlichen Augen. Vier war die Hilde und sie würde im kommenden Sommer fünf werden,

»Heh, Johannes!« so riß Höffer eine tiefe Brummstimme aus den Gedanken, als er eben in die Seefelder Weinstube schwenken wollte. Johannes drehte sich um.

»Ho, der Vitus!« rief er lachend. »Na, wie geht’s dir denn, du alter Schlawiner?«

Johannes trat auf seinen Vetter zu. Er reichte ihm die Hand. Vitus stammte aus Reith. Man sah ihn selten auf dem Höfferhof.

»Na ja«, erwiderte Vitus Gschwander, wobei er sich am Grauschädel kratzte, »wie es halt so geht, Johannes. Und bei euch daheim? Alles wohlauf? Die Afra hat neulich gesagt, daß wir einmal in die Leutasch könnten. – Aber dann war es wieder nix wegen dem Wetter…«

»Geh«, sagte Johannes, »stehen wir doch nit auf der Straße herum. Ich tu dich auf ein Glasl Wein einladen…«

»Aber…«

»Ja, ich weiß, daß deine Afra aufmaulen tut«, wehrte Johannes den Einwand ab. »Wir trinken wirklich nur ein Glasl. Spät wird’s gewiß nit!«

Das überzeugte Vitus Gschwander. So gingen sie in die Weinstube. Um diese Jahreszeit gab es nur wenige Touristen in Seefeld. Die große Skisaison war schon lange vorüber, und bis zur Sommersaison war es noch eine Zeit hin.

»Du«, erklärte Vitus, nachdem sie eine Weile gesessen hatten, »ich muß dir sagen, daß mein Madl heiraten tut.«

»Waas?« rief Johannes überrascht. »Deine Sophie? Die ist doch noch halbes ein Kind. Wie alt ist sie denn?«

»Gerade neunzehn geworden«, sagte Vitus stolz. »Sie tut einen Hotelier aus Hall heiraten. Eine gute Partie für das Madl. Und heutzutag tut man halt eher heiraten.«

»Wann soll denn die Hochzeit sein?« fragte Johannes.

»Im Herbst, nach Erntedank«, antwortete Vitus. »Ausrichten tun wir die Hochzeit bei uns in Reith. Zahlen tut’s der Vater zum Bräutigam. Ich lade dich ein, Johannes. Kommst mit der Lore und den Kindern zu uns. Ich sag dir halt dann noch genau Bescheid, wann die Hochzeit ist.«

Vitus schielte auf die Uhr. »Du, ich muß aber jetzt los. Sonst wird die Afra saugrantig, verstehst. Ich hab nur einen Karfiol kaufen sollen. Hoi, da wird’s maulen, daß es ein so langer Karfiol geworden ist…«

»Geh weiter, Vitus!« rief Johannes lachend.

»Hast gewiß einen Bammel wegen deiner Alten? Die mault doch so oder so. Tu sie recht schön von mir grüßen. Ich weiß ja, daß sie mich auf den Tod nit ausstehen kann. Aber sag ihr trotzdem einen schönen Gruß!«

Nachdem Vitus gegangen war, trank Johannes auch sein Glas aus, zahlte und machte sich auf den Heimweg.

Sein Auto hatte er ein wenig außerhalb des Orts geparkt. Es war schon später Nachmittag, als er den Wagen aufschloß, sich an das Steuer setzte und den Motor anließ. Johannes hatte sich verspätet. Nun mußte er sich wirklich beeilen, nach Hause zu kommen. Für Lore war es das Schlimmste, mit dem Essen warten zu müssen.

Nein, sie schimpfte nicht. Aber sie ließ ihn immer fühlen, wenn er sie beleidigt hatte.

Ja, Lore und er, so kam es in seine Gedanken.

Johannes lächelte vor sich hin, während er den Wagen die kurvenreiche Strecke nach Leutasch hinüber lenkte. In wenigen Jahren hatten sie den Hof zu einem recht stattlichen Anwesen emporgearbeitet. Alles, was sie bisher begannen, glückte ihnen. Ein schöner Segen ruhte über dem Höffer-Anwesen und dafür war Johannes sehr dankbar. Niemals dachte der Mann daran, daß sich alles einmal ändern konnte.

Der Hof lag ruhig in der Nachmittagssonne des Frühlingstags Krischpin, der alte graue Hofhund, bellte kurz und heiser, als Johannes aus dem Wagen stieg. Der Bauer wunderte sich ein wenig.

Gewöhnlich empfing ihn Lore unter der Haustür.

Und – was hatte der Doktor auf dem Hof zu suchen? War vielleicht eines der Kinder krank? Besorgt ging Johannes in das Haus.

Drinnen in der Stube hockte die Burgl in der Ofenecke und heulte zum Gottserbarmen. Der Pankraz versuchte scheinbar, die Magd zu trösten.

»Bauer, o Bauer!« rief die Magd, als Johannes eintrat.

»Was ist denn mit euch los?« erkundigte sich Johannes ungehalten. »Tragt euren Liebeskummer draußen aus und nit da in der…«

»Höffer, ich muß mit dir reden«, hörte Johannes den Doktor sagen. Die Stimme des alten Landarztes klang sehr ernst. Befremdet trat Johannes näher.

»Komm einmal mit, Johannes«, bat der Doktor. »Es ist etwas Schreckliches geschehen.«

»Ja, aber…«

»Komm mit, ich zeig dir’s«, sagte der Doktor knapp. »Da brauch ich nit viel Worte zu machen. Das ist mir unangenehm.«

Doktor Mairhofer ging voran in den Oberstock. Vor der Tür zur Wäschekammer verhielt er den Schritt. Einen Moment schien er zu zögern. Dann öffnete er behutsam die knarrende Tür. Aus der düsteren Kammer fiel flackerndes Kerzenlicht auf den Hausgang.

»Lore!« schrie Johannes Höffer erschütterte auf. »Himmelgott Lore, liebe, gute Lore!« Der Mann tappte mit zusammengesunkener Schultern in die Kammer. Dort auf dem Besucherbett, lag seine Frau Lore.

lhr Gesicht war ganz weiß, still und friedlich. Sie lag da, als würde sie schlafen. Aber sie schlief nicht. Sie war tot.

»Lore!« sagte Johannes noch einmal. Seine Stimme klang leise, zittrig und fast erstickt.

Dann drehte er sich langsam zum Doktor um. Johannes’ Gesicht war so weiß wie die Stallwand.

»Himmelgott, wie ist das nur geschehen? Sie war doch nicht krank? Sie war doch wohlauf, als ich heut in der Früh fort bin! Sie…«

»Vom oberen Tennboden ist sie gefallen«, erklärte der Doktor in das wilde Gestammel. »Sie hat etwas holen wollen. Dabei ist der morsche Boden gebrochen, und sie ist heruntergefallen. Sie war gleich tot, Höfferbauer.«

»Was – was um alles in der Welt hat sie denn dort oben gesucht?« würgte Johannes heraus.

Er griff sich an die Stirn, strich dann wie besinnend über das Gesicht herunter und stöhnte einmal dumpf auf.

»Der Specker-Toni war da. Sie hat ihm das Spinnradl geben wollen, so sagt er…«

»Dem dreh ich den Kragen ab, dem Saukerl!« schrie Johannes in blinder und verzweifelter Wut heraus.

»Das macht sie nimmer lebendig, Bauer«, sagte der Doktor ruhig. »Schrei nit so herum. Komm mit in die Stube. Ich muß mit dir reden.«

»Geh eine Weile schon hinunter«, sagte Johannes müde. »Ich möcht noch ein bissel bleiben.«

Der Doktor nickte. Dann ging er. Eine Zeitlang stand Johannes wie erstarrt. Er begriff das alles nicht, was war geschehen? Lore ist vom alten Tennboden gefallen?

Nein, nein, alles Unsinn! Das wollte und konnte Johannes Höffer nicht verstehen.

»Lore«, begann er flüsternd zu sprechen.

»Lore, sag’, warum bist du denn nur fortgegangen? Was soll denn jetzt aus den Kindern werden und aus mir? Lore, sag doch etwas, Lore!«

Aber Lore sagte nichts mehr.

Ihre Lippen blieben ganz ruhig

und stumm. Da begriff er, daß

sie die Reise in ein anderes Land angetreten hatte. Er begriff, daß

er nun allein auf dem Weg in der Welt weitertappen mußte. Und

er hatte doch zwei Kinder, die

so dringend eine Mama brauchten…

Johannes ächzte. Dann lief er fast fluchtartig aus der Kammer. Draußen rannte ihm Justus in die Arme.

»Papa!« rief der Bub aufheulend. »Papa, unsere Mama ist nimmer da. Lieber Papa, sie ist tot und kommt nimmer. Ich – ach…«

»Ich weiß, Bub«, schluchzte Johannes heraus. Er riß seinen Buben an sich. Es wollte dem Mann schier das Herz im Leib umdrehen. Da hatte ihm doch das Schicksal mitten ins Gesicht geschlagen.

Ihm und den armen Kindern. Johannes hatte schreien mögen vor Qual und Weh. Aber er mußte sich besinnen.

Er trug den weinenden Buben hinunter in die Stube.

»Wo ist denn das Madl?« fragte er die Hausmagd.

»Die Kreuzlhuberin ist mit der Hilde ein bissel spazierengegangen«, sagte Burgl. »Das Madl soll halt nit all das Schreckliche sehen.«

»Gut«, sagte Johannes. »Dann will ich dir jetzt ein paar Telegramme aufschreiben. Die tust du hin-über auf die Post, und sagst dort, daß man sie heut noch aufgeben soll. Hast mich verstanden?«

Burgl nickte. »Heute noch aufgeben sollen!« wiederholte sie. Dann brachte sie ihm das Schreibzeug heran.

»Ich seh, daß du zurechtkommst, Höffer«, ließ der Doktor vernehmen. »Nachher kann ich gehen. Die Papiere leg ich dir auf die Anricht. Du mußt sie mitnehmen, wenn du auf das Gemeindeamt und zum Pfarrer gehst!«

Das alles hörte Johannes wie aus weiter Ferne.

Für ihn war alles so unbegreiflich entsetzlich. Seine liebe kleine Welt war zertrümmert.

*

»Grüß dich Gott, Magdalena!« sagte Johannes am nächsten Morgen zu seiner Schwägerin.

»Es ist schrecklich, daß wir uns unter solchen Umständen wiedersehen müssen. Es ist ja alles so schnell gegangen.«

»Ja«, meinte Magdalena Bachmair.

»Ich kann es gar nicht glauben, Johannes. Wie ich gestern abend das Telegramm bekommen hab hat es mir alles umgedreht da drinnen. Ich bin gleich in der Früh losgefahren. Die Mama kann nit kommen, weil sie doch nit gut beieinander ist.«

»Ich dank dir, Magdalena, daß du wenigstens gekommen bist. Es ist jetzt alles so furchtbar für mich. Die Kinder haben keine Ordnung und…«

»Mußt dich nicht sorgen, Johannes«, unterbrach sie ihn mit ihrer herzlichen Stimme. »Der Himmelgott hat uns das Vergessen geschenkt. Es folgt dem entsetzlichen Ereignis auf dem Fuß.

Wir wollen schauen, daß wir hinaufkommen in die Leutasch.«

Johannes nickte. Er war seiner Schwägerin wirklich von Herzen dankbar, daß sie so schöne und tröstende Worte fand.

Damals, als er Lore heiratete, war Magdalena noch fast ein Kind. Sie war die Jüngste unter den drei Bachmair-Geschwistern.

Lore war die Älteste gewesen. Magdalena mußte vielleicht zweioder höchstens dreiundzwanzig Jahre alt sein.

Magdalena hatte schönes mittelblondes Haar und freundliche Braunaugen. Johannes kannte seine Schwägerin kaum.

Er wußte nicht, daß ihn Magdalena schon immer sehr verehrte.

»Hast du die Formalitäten schon erledigt, Johannes?« fragte sie ihn unterwegs.

»Wie – was meinst du?« fuhr er zerfahren hoch.