Heißer noch als damals - Charlene Sands - E-Book

Heißer noch als damals E-Book

Charlene Sands

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Beschreibung

Schicksal? Zufall? Ein Wink von ganz oben? Zehn Jahre lang haben sich Cassie und Jake nicht gesehen, aber jetzt treffen sie innerhalb von drei Wochen gleich zwei Mal aufeinander. Zuerst begegnet Cassie dem unglaublich erotischen Rodeoreiter auf der Hochzeit ihres Bruders wieder und erlebt heiße Liebesstunden in Jakes Armen! Es gibt nur einen Ausweg, dieser gefährlichen Leidenschaft zu entkommen: Flucht! Denn sie weiß, dass Jake ganz andere Vorstellungen von der Zukunft hat als sie - Happy End ausgeschlossen! Vermeintlich weit entfernt von ihm, nimmt sie einen Job auf einer Ranch in Nevada an. Was Cassie noch nicht weiß: Auch Jake ist auf dem Weg dorthin ...

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

Heißer noch als damals erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2003 by Charlene Swink Originaltitel: „Expecting the Cowboy’s Baby“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1289 - 2012 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Eleni Nikolina

Umschlagsmotive: GettyImages_Deagreez

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733746674

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Cassie Munroe rannte wenig damenhaft den Hotelflur entlang; von ihrer sonstigen Gelassenheit war nicht mehr viel übrig geblieben. Aber kein Wunder, dachte sie, wenn man mit seinem Auto meilenweit entfernt vom eigentlichen Ziel liegen bleibt.

Und gerade bei der Hochzeitsprobe ihres Bruders Brian wäre es ihr unangenehm gewesen, durch spätes Erscheinen aufzufallen. Obwohl sie, wenn sie ehrlich war, am liebsten gar nicht erschienen wäre. Doch sie liebte ihren Bruder und wollte natürlich auf keinen Fall diesen besonderen Tag verpassen, auch wenn sie zurzeit weder einen Job noch einen Begleiter hatte.

Im Vorbeilaufen las sie die Bezeichnungen der Räume und blieb schließlich vor dem „Sunrise Room“ aufatmend stehen. Das musste er sein.

Cassie stieß die Tür auf, trat ein und verharrte mitten im Schritt, als ihr Blick auf ein riesiges Transparent an der gegenüberliegenden Wand fiel.

„Willkommen zum Laughlin River Stampede Rodeo-Bankett“, las sie.

Sie sah sich um. Mitten im Raum stand ein u-förmiger Tisch, an dem nur Cowboys saßen – große, starke, umwerfende Männer mit Cowboyhüten und Gürteln mit Silberschnallen. Und alle musterten sie mit unverhohlener Neugier.

Es herrschte absolute Stille.

Cassie zwang sich zu einem Lächeln.

Himmel, sie hatte noch nie so viele hinreißende Männer auf einmal gesehen. Sie rechnete schnell nach. Siebzehn, schätzte sie, aber jetzt war nicht der Zeitpunkt für ihre alberne Angewohnheit, alles zu zählen, was sich nur zählen ließ. Manchmal hatte ihre Begabung für Zahlen auch seine Nachteile.

„Sie sind ein bisschen früh dran, Süße. Aber glauben Sie nicht, dass das hier auch nur einer bedauert!“ rief einer der Cowboys ihr zu. Cassie wäre sofort geflüchtet, wenn sein Ton nicht so höflich geklungen hätte. „Kommen Sie ruhig näher. Wir beißen nicht.“

Leises Lachen war zu hören.

Cassie spürte, wie sie errötete, und wurde sich plötzlich ihrer Aufmachung bewusst. Sie hatte heute so gut wie möglich aussehen wollen und ihr gewagtestes rotes Kleid mit dem tiefen Ausschnitt und dem skandalös kurzen Saum angezogen. Gefährlich hohe Pfennigabsätze und schick gestyltes kastanienbraunes Haar rundeten das Bild einer extravaganten Frau ab. Schließlich begegnete man nicht jedem Tag seinem Exverlobten und dessen neuer Frau.

Noch dazu auf der Hochzeit des eigenen Bruders.

„Nein, danke“, erwiderte Cassie genauso höflich. „Ich glaube, ich habe mich im Raum geirrt. Ich wollte nämlich zu einer Hochzeitsprobe.“

„Ah, das ist wirklich schade“, erwiderte derselbe Mann. „Ich wette, dass Sie dann zum ‚Sunset Room‘ müssen, Süße.“

Ja, natürlich, dachte sie. Das Dinner sollte im „Sunset Room“ stattfinden, nicht im „Sunrise Room“.

Aber ihr Erlebnis, mitten auf einer Wüstenstraße mit leerem Benzintank zu stranden, musste ihr das Hirn vernebelt haben. Nachdem sie etwa eineinhalb Meilen panikartig an kargen Büschen und riesigen Kakteen vorbeigelaufen war, hatte ein ziemlich unhöflicher Lastwagenfahrer sie aufgelesen. Er hatte ihr Vorwürfe gemacht, weil ihr in der Wüste das Benzin ausgegangen war, und sie hatte sich seine Standpauke die ganze Fahrt über bis zur nächsten Tankstelle anhören müssen. Nachdem ein etwas freundlicherer Tankwart sie mit einem gefüllten Benzinkanister zu ihrem Auto zurückgefahren hatte, konnte sie schließlich ihre Reise bis zum Hotel fortsetzen. Doch jetzt befand sie sich hier im falschen Raum und sah sich einem Haufen Cowboys gegenüber, denen sie wahrscheinlich wie eine entlaufene Insassin vorkommen musste.

Nichts wie raus, dachte sie und drehte sich um.

Ein großer, kräftiger Cowboy verstellte ihr die Tür. Wie er da hingekommen war, war ihr ein Rätsel. Er wäre ihr doch zweifellos aufgefallen, als sie den Raum betreten hatte.

Denn Nummer achtzehn war wirklich nicht zu übersehen.

Er lehnte lässig im Türrahmen und wies mit einer leichten Kopfbewegung zum hinteren Teil des Raums, wo das Transparent hing. Der Stetson, den er sich tief in die Stirn gezogen hatte, warf einen Schatten auf sein Gesicht, so dass sie es nicht gut erkennen konnte, aber das Übrige an ihm war alles andere als schlecht.

„Sie bleiben nicht für das Stelldichein?“

„Das was?“ fragte Cassie, dabei interessierte sie sehr viel mehr der Mann als die Antwort.

„Fans kommen, um ihre bevorzugten Rodeoreiter kennen zu lernen. Wir geben Autogramme, schütteln den Leuten die Hände, lassen uns mit ihnen fotografieren und so weiter.“

„Oh, dann sind Sie also beim Rodeo?“ Dumme Frage. Natürlich war der Mann beim Rodeo. Cassie hatte eine Schwäche für Cowboys und erkannte einen echten selbst aus meilenweiter Entfernung. Aber in Los Angeles waren ihr in den vergangenen zehn Jahren nur die Möchtegern-Cowboys begegnet – Männer, die sich wie Cowboys anzogen, aber wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben noch nie auf einem Pferd gesessen hatten.

„Ja, Ma’am.“

„Sie reiten aber keine Bullen, oder?“ fragte sie nach, obwohl sie keine Zeit für eine Plauderei hatte, wollte sie nicht garantiert zu spät zur Hochzeitsprobe kommen.

„Nein. Ich ziehe es vor, in einem Stück zu bleiben. Ich fange Kälber mit dem Lasso ein.“

„Entschuldigen Sie, ich war zwar noch nie bei einem Rodeo, aber Kälber mit dem Lasso einzufangen klingt ziemlich grausam.“

„Nein, nein, so ist es nicht. Die Kälber, die wir dazu nehmen, werden eigens dafür gezüchtet. Es ist sozusagen deren Job.“ Lächelnd schob er sich den Hut in den Nacken, und Cassie konnte sein Gesicht jetzt besser sehen.

Oh nein! Sie blinzelte ungläubig, während ihr das Herz bis zum Hals schlug. Sie kannte diesen Mann.

Sie konnte nur staunen, wie Jake Griffin sich entwickelt hatte. In der Tat, er schien es geschafft zu haben, in einem Stück zu bleiben. Die Brust und die Schultern unter dem Westernhemd waren muskelbepackt, ebenso die Arme. Und seine selbstsichere, etwas arrogante Haltung brachte die Frauen wahrscheinlich dazu, bei ihm Schlange zu stehen. Sie selbst war vor Jahren die Erste in der Schlange gewesen, und was hatte ihr das eingebracht?

Sie konnte es einfach nicht fassen. Ausgerechnet heute lief sie ihm über den Weg! War es nicht schon schlimm genug, dass sie das ganze Wochenende in unmittelbarer Nähe von Rick, ihrem Exverlobten, verbringen musste? Jetzt erinnerte sie das Schicksal auf äußerst grausame Weise an ihr mangelndes Urteilsvermögen.

Jake Griffin war der erste Junge gewesen, der sie im zarten Alter von sechzehn Jahren enttäuscht hatte, und nach ihm hatte sie nur noch falsche Entscheidungen getroffen, wann immer es um das starke Geschlecht ging. Cassie hatte einen Hang dazu, Männer anzuziehen, die irgendein Problem plagte. Jake war der einsame Wolf gewesen, der Junge, der nie richtig dazugehörte und nicht leicht Freundschaften schloss. Sie hatte sich sofort zu ihm hingezogen gefühlt, und für eine kurze Zeit war sie mit ihm befreundet gewesen und hatte gehofft, dass aus der Freundschaft mehr würde.

Ihr Bruder Brian sagte immer, sie habe ein viel zu weiches Herz, das wie ein Marshmallow zerdrückt würde, wenn sie nicht aufpasste. Und ihre vor kurzem gelöste Verlobung mit Rick war der beste Beweis, dass er Recht hatte. Sie war für Rick da gewesen, als sein Leben eine schlechte Wendung nahm, sie hatte ihn getröstet und ihn aus seinem Gefühlstief herausgeholt. Und er hatte es ihr mit seinem Verrat gedankt.

Nie wieder, schwor sich Cassie. Sie hatte ihre Lektion gelernt.

Und die beste Art, aus ihrer Misere herauszukommen, war, nicht mehr auf Männer hereinzufallen, die ihr das Herz stahlen und sich anschließend aus dem Staub machten. Wenn sie dieses Wochenende mit Anstand hinter sich gebracht hätte, würde sie ein neues Leben anfangen. So viel stand fest.

Jake Griffin erkannte sie offensichtlich nicht. Einerseits gut, andererseits schlecht. Zumindest trug es nicht gerade dazu bei, ihre Laune zu verbessern. „Tut mir Leid, aber ich muss jetzt gehen. Sonst macht sich noch jemand Sorgen um mich.“

Er hob die Augenbrauen. „Ihr Freund?“

„Nein, mein Bruder. Er heiratet morgen. Und wenn Sie mich jetzt bitte vorbeilassen würden.“

Er schüttelte den Kopf. „Erst wenn ich weiß, wo ich Sie schon einmal gesehen habe.“

Oje, er erinnerte sich also doch an sie. Cassie strafte ihn mit einem strengen Blick, was eine ungewohnte Erfahrung für Jake Griffin sein musste, denn er machte ein verblüfftes Gesicht. Verflixt, wenn sie ihn nicht so gut kennen würde, wäre sie sehr wahrscheinlich geblieben, um mit ihm auf Teufel komm raus zu flirten. Aber die Warnglocke in ihrem Kopf läutete wie wild. Und dieses Mal war sie klug genug, darauf zu hören.

„Eine uralte Masche, Cowboy. Aber bei mir zieht die nicht.“ Mit diesen Worten schlüpfte sie an ihm vorbei.

Jake sah der Frau nach, wie sie in ihrem engen roten Kleid und den Stöckelschuhen den Flur hinuntertrippelte. Die hintere Ansicht war genauso ansprechend wie die vordere. Der rote Stoff spannte sich um ihren wohlgeformten Po, aber es waren mehr die kastanienbraunen Haare und die großen, grünen Augen, die Jake beeindruckt hatten.

Er war sich sicher, dass er sie von irgendwoher kannte.

Und dann fiel es ihm ein. „Cassandra!“ rief er und lief ihr hinterher.

Sie blieb abrupt stehen und drehte sich langsam zu ihm um. Ja, sie war es. Ihre Augen verrieten sie. Keine andere Frau besaß diese ausdrucksvollen Augen. Es musste etwa zehn Jahre her sein, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Sie waren für kurze Zeit auf der Highschool befreundet gewesen, und sie beide hatten sich ziemlich verändert seit damals.

Er ging auf sie zu. Ihr Gesicht spiegelte nicht unbedingt Freude wider, aber sie lief wenigstens nicht davon.

„Wir sind zusammen zur Santa Susana Highschool gegangen“, sagte er. „Erinnerst du dich an mich?“

„Jake Griffin.“ Ihre Stimme klang seltsam ausdruckslos. „Ja, ich erinnere mich. Wir waren mal in einer Klasse.“

„Stimmt. Für ein paar Wochen.“ Er nahm den Hut ab und kratzte sich am Kopf. „Bin nicht so leicht zu vergessen, was?“

Sie schien etwas Patziges erwidern zu wollen, besann sich dann aber und sagte: „Du hast dich verändert.“

„Du aber auch, Cassandra.“ Und auf welch reizvolle Weise, dachte er. Ihre Figur war weiblicher geworden und ihr Gesicht noch ansprechender, nicht nur wegen der großen Augen, sondern auch wegen des herzförmigen Schmollmundes und der feinen, geraden Nase.

„Du kannst ruhig Cassie zu mir sagen“, meinte sie, während sie sich aufmerksam nach allen Seiten umblickte, so als suchte sie nicht nur nach dem „Sunset Room“, sondern auch nach einem Fluchtweg. „Aber ich habe jetzt wirklich keine Zeit. Es hat mich gefreut, dich wiederzusehen, Jake.“

Das bezweifelte er. Sie hatte sich auf der High School nur deshalb mit ihm angefreundet, weil niemand anders es tun wollte. Er war ein Einzelgänger gewesen, ein Außenseiter, den nicht einmal sein leiblicher Vater anerkannt hatte. Jake Griffin war das Pflegekind gewesen, das niemand haben wollte, und war von Pflegestelle zu Pflegestelle geschickt worden, insgesamt sechs Mal. Als Teenager hatte er zu der Art von Jungen gehört, vor denen Mütter ihre Töchter warnten. Cassie hätte ihn wohl besser auch meiden sollen, denn am Ende hatte er sie nur enttäuscht.

Was ihn wieder einmal daran erinnerte, dass er das morgige Turnier unbedingt gewinnen musste, um allen zu beweisen, dass er kein Versager war. Er hatte also keine Zeit für Frauen, auch nicht für Cassie, und erst recht nicht für eine Beziehung. Diesen Fehler hatte er ein Mal begangen, indem er eine Ehe eingegangen war, die in einer Katastrophe endete. Seine Frau hatte ihn für einen Mann mit sicherem Beruf verlassen. Sie sei nicht dazu geboren, die Frau eines Rodeo-Cowboys zu sein, hatte sie behauptet, aber Jake ließ sich nichts vormachen. Er kannte die Wahrheit. Sie hatte ihn verlassen, weil sie ihn nicht liebte, und er war zu dem Schluss gekommen, dass er zur Liebe nicht taugte.

In seinem ganzen Leben hatte er nie Liebe erfahren, also konnte er auch keine zurückgeben. Selbst sein eigener Vater hatte ihn nie geliebt, bevor sein ehelicher Sohn auf tragische Weise ums Leben gekommen war. Und auch jetzt noch plagten Jake Zweifel, warum John T. sich damals so plötzlich an ihn erinnert hatte.

„Glaubst du, du wirst den ‚Sunset Room‘ allein finden?“

Sie lächelte. „Mach dir keine Gedanken. Ich komm zurecht.“

Daran zweifelte er keine Sekunde. Jake sah ihr nach, wie sie schnellen Schrittes davonging. Schließlich drehte er sich um und marschierte zu seinem Raum zurück.

Eine ganze Horde Fans stürzte sich auf ihn, bevor er noch die Tür erreicht hatte, drückte ihm Fotos und Programme für ein Autogramm in die Hand und stellte Fragen. Aber Jake fiel es schwer, sich zu konzentrieren, und er bezweifelte, dass er die neue Cassandra Munroe wieder so schnell vergessen würde.

Brian langte über den Tisch und ergriff Cassies Hand. „Danke, dass du gekommen bist, Schwesterchen. Ich weiß, es ist nicht leicht für dich.“

Cassie blickte ihren Bruder abwesend an, noch ganz benommen von der Begegnung mit Jake Griffin. Jake war schon als Junge gut aussehend gewesen, aber jetzt hatte er sich zu einem äußerst attraktiven Mann entwickelt. Damals, auf der Highschool, war sie vollkommen in ihn verknallt gewesen und hatte es nicht fassen können, als er sie bat, mit ihm auszugehen. Und dann hatte er ihr das Herz gebrochen.

Sie seufzte. Dieses Wochenende konnte nicht mehr schlimmer werden.

„Cassie?“ Brians Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Ja?“

„Ich sagte, ich weiß, dass es nicht leicht ist für dich.“

Nein, das war es nicht, aber sie hatte die Hochzeitsprobe gut überstanden. Jetzt saß sie ihrem Bruder und Alicia gegenüber im „Sunset Room“ und musste ihre mitfühlenden Blicke ertragen.

Sie lächelte. „Halb so schlimm.“ Sie war es müde, von allen bedauert zu werden. Als Rick sie sitzen ließ, hatte sie sich mit dem Gedanken getröstet, dass die Trennung das Beste für sie sei. Sie hätte sich nur gewünscht, sie wäre zu der Einsicht gekommen, bevor die Hochzeitseinladungen verschickt worden waren. Aber Brian zuliebe hatte sie sich sehr vernünftig verhalten, denn Rick war nicht nur sein bester Freund, sondern auch sein Geschäftspartner.

Und gerade heute, an Brians großem Tag, würde es niemandem nützen, wenn sie das leidende Opfer herauskehrte. Außerdem war sie mit der festen Absicht gekommen, sich gut zu amüsieren.

„Wann stellst du uns endlich deinen Begleiter vor?“ Der erwartungsvolle Ausdruck auf Alicias Gesicht versetzte Cassie einen Stich. Wie sollte sie ihr erklären, dass es gar keinen Begleiter gab, ohne sie zu enttäuschen?

Cassie nahm einen Bissen von ihrem Hühnersalat und hoffte, dass ihr ein genialer Einfall käme. Der Salat schmeckte nach nichts. Ihre Nervosität beeinträchtigte wohl auch ihre Geschmacksnerven. „Er … hat einen wichtigen Termin heute, den er nicht verschieben konnte. Aber er kommt morgen zur Hochzeit. Ganz bestimmt.“

Man sah beiden deutlich an, wie erleichtert sie über diese Nachricht waren, und Cassie schenkte ihnen zusätzlich ein beruhigendes Lächeln, obwohl sie innerlich bebte.

Aber wie ging es jetzt weiter?

Sie würde sich morgen eine neue Ausrede einfallen lassen müssen, und sie konnte nur hoffen, dass Brian und Alicia zu sehr von dem Trubel um ihre Hochzeit abgelenkt waren, um sich um sie zu kümmern.

Oder aber sie müsste sich jemanden suchen, der sie zur Hochzeit begleitete.

Das wäre natürlich die viel bessere Lösung. Sie würde das Gesicht wahren und gleichzeitig ihrem Bruder und Alicia nicht den schönen Tag verderben.

Brian lächelte ihr zu. „Ich hoffe, du unterhältst dich morgen gut. Alicia und ich haben uns schon Sorgen gemacht, dass unsere Hochzeit vielleicht etwas zu früh für dich käme.“

„Keine Angst. Ich bin längst über Rick hinweg. Und ich würde um nichts auf der Welt die Hochzeit meines Bruders verpassen wollen. Es ist jetzt drei Monate her, und ich bin im Grunde froh, dass ich ihn nicht geheiratet habe.“

Sie sah zum anderen Ende des langen Tisches hinüber, wo Rick zusammen mit seiner neuen Frau saß. Zumindest hatte Brian dafür gesorgt, dass ihre Plätze so weit wie möglich auseinander lagen. Sie betrachtete Rick und stellte fest, dass sie nicht das Geringste empfand, weder Bedauern noch Schmerz.

War sie mit Rick vielleicht nur liiert gewesen, um ihrem Bruder einen Gefallen zu tun? Bis jetzt hatte sie noch nie so richtig darüber nachgedacht, aber eines wusste sie genau: Es wäre ein Fehler gewesen, ihn zu heiraten.

Und sie würde keine neue Beziehung eingehen, bevor sie nicht wieder Fuß gefasst hatte. Sie wollte ganz von vorn anfangen, und sie wollte wieder in einer Kleinstadt leben. Sie sehnte sich nach ihrer Heimatstadt im Norden von Nevada, wo sie aufgewachsen war. Als ihre Eltern starben, hatte man Cassie und Brian zu ihrer Tante Sherry nach Los Angeles geschickt. Brian gefiel das Stadtleben besser als ihr. Er war dort richtig aufgeblüht, während sie die große, hektische Stadt eher anstrengend fand.

Nachdem Tante Sherry sich in Florida zur Ruhe gesetzt hatte, war sie vor allem wegen Brian in Los Angeles geblieben. Aber allmählich wurde es für sie Zeit, sich von ihrem Bruder abzunabeln.

Sie würde Brian allerdings erst von ihren Plänen erzählen, wenn er von seiner Hochzeitreise nach Kuaui zurückkam. Dann würde sie ihm auch sagen, dass sie in Nevada, gar nicht weit von ihrer alten Heimatstadt entfernt, einen Job gefunden habe und dass sie nur noch den Arbeitsvertrag unterschreiben müsse. Und sie würde ihm erklären, wie wenig sie für das Leben in einer Großstadt geschaffen sei und dass sie unbedingt Ruhe brauche.

„Ich bin schon richtig gespannt auf deinen Begleiter“, sagte Alicia in ihre Gedanken hinein.

Cassie hasste es zu lügen. „Er ist nur ein Freund. Ich meine, wir sind kein Paar oder so.“

„Er kommt immerhin den ganzen Weg bis hierher, nur um dir einen Gefallen zu tun“, wandte Alicia lächelnd ein.

Cassies Mut sank. Alicia und ihr Bruder schenkten dem Ganzen viel zu viel Bedeutung. „Ja, sicher. Aber …“

„Zeit für einen Toast!“ rief Rick in diesem Moment, stand auf und hielt sein Champagnerglas in die Höhe.

Alle Blicke richteten sich automatisch auf Cassie. Es war ganz natürlich, dass die Leute jetzt neugierig auf ihre Reaktion waren, deshalb zwang sie sich zu einem Lächeln.

Es gab keinen Zweifel, sie brauchte unbedingt einen Mann, der sie zur Hochzeit begleitete. Noch einen Tag voller mitleidiger Seitenblicke würde sie nicht ertragen, und von dem Flussdampfer, auf dem die Trauung stattfinden sollte, gab es kein Entrinnen.

Es sei denn, sie sprang über Bord.

2. KAPITEL

Jake betrat die überfüllte Hotelbar, in der sich Rodeoreiter aus allen Teilen des Landes zusammengefunden hatten, und zwängte sich gleich durch bis zum Tresen. Nachdem er sich einen freien Hocker verschafft und einen Whisky pur bestellt hatte, hörte er der Countryband zu, in der Hoffnung, sich bei den heimatlichen Klängen ein wenig zu entspannen. In letzter Zeit stand er wie unter Strom. Nachts zu wach, um zu schlafen, und am Tage zu nervös wegen der anstehenden Rodeotermine.

Und jetzt beschäftigte ihn noch zusätzlich Cassie Munroe. Er musste sie sich aus dem Kopf schlagen. Er brauchte Ruhe. Was er nicht brauchte, war eine Ablenkung wie diese. Er war nach vielen Jahren endlich seinem Ziel sehr nahe – die Meisterschaft im Rodeoreiten zu gewinnen –, und dieser Sieg würde ihm mehr bedeuten als Berühmtheit, Geld oder Respekt seiner Kollegen. Er würde damit beweisen, dass er mehr erreicht hatte als sein Vater, der, obwohl er selbst Rodeoreiter gewesen war, nie einen größeren Sieg errungen hatte. Endlich würde John T. anerkennen müssen, dass er ein ebenso guter Mann war wie er, wenn nicht sogar ein besserer.

Jake blickte auf die Uhr und stellte fest, dass es bereits nach Mitternacht war. Zeit, um aufs Zimmer zu gehen und zu versuchen, ein wenig zu schlafen. Aber vorher wollte er sich noch einen zweiten Whisky genehmigen. Gerade zeigte er dem Barkeeper sein leeres Glas, da erregte ein rotes Aufblitzen seine Aufmerksamkeit. Er drehte sich um und suchte mit den Augen die Bar ab.

Es war sicher nicht nur seine Einbildung gewesen. Er hatte Cassie gesehen. Und dann entdeckte er sie mitten auf der kleinen Tanzfläche. Sie lag in den Armen eines Mannes und wiegte sich provozierend zur Musik.

Jake verzog den Mund. Die Frau reizte ihn, aber es wäre besser, mit seinem Whisky aufs Zimmer zu gehen, statt hier zu sitzen und ihr beim Flirten zuzusehen. Er warf dem Barkeeper einen ungeduldigen Blick zu. „Wo bleibt mein Whisky?“

Der junge Mann nickte. „Kommt sofort.“

Als Jake sich wieder zur Tanzfläche wandte, hatte Cassie inzwischen ihren Partner gewechselt. Und diesen Mann kannte er. Brody Taylor war ein Stierreiter mit enorm großem Ego und sehr beliebt bei den Frauen.

Die Musik ging über in eine langsame Soul-Ballade.

Jake unterdrückte einen Fluch, als er sah, wie Brody Cassie dicht an sich zog und sie sich in seinen Armen wand. Anscheinend versuchte sie, sich von ihm zu befreien. Aber das sollte ihn nicht weiter kümmern. Sie hatte ihm heute eine eindeutige Abfuhr erteilt. Also drehte er sich wieder zum Tresen um. Noch immer kein Drink zu sehen.

„Wissen Sie was, vergessen Sie’s!“ rief er dem Barkeeper zu, der am anderen Ende des Tresens mit einer jungen Blondine flirtete, und rutschte vom Hocker.

Bevor er allerdings die Bar verließ, warf er noch einen letzten Blick zur Tanzfläche. Cassie schlug gerade Brodys Hände fort, die sich auf ihren Po verirrt hatten. Heiße Wut packte ihn.

Mit fünf schnellen Schritten war er bei ihr und machte sich nicht einmal die Mühe, Brody auf die Schulter zu tippen. „Ich lös dich ab“, sagte er, ohne Cassie dabei anzusehen.

„Das glaubst du“, brummte Brody. Er taumelte leicht, und in seinen blutunterlaufenen Augen blitzte nur für Sekunden ein Wiedererkennen auf.

„Zeit fürs Bettchen, Brody.“

Der Stierreiter grinste anzüglich. „Das ist ja auch meine Absicht, Griffin.“

„Aber nicht mit ihr.“ Energisch löste er Brodys Hände von Cassie. „Du musst morgen zwei Stiere reiten. Wenn du nicht bald schlafen gehst, werden sie dich bis nach Texas kicken. Und jetzt zieh Leine.“

Brody zögerte einen Moment, wahrscheinlich zu betrunken, um sich zu wehren, nickte dann und torkelte leise fluchend davon.

Jake musterte Cassie mit strengem Blick. „Gehts dir gut?“

„Mir ging’s nie besser“, entgegnete sie schnippisch. Ihr hübscher herzförmiger Mund war unwillig verzogen.

Ungerührt legte Jake die Arme um sie. „He, was soll das?“ fauchte sie ihn an.

„Ich möchte tanzen. Du doch auch, oder?“

„Nein!“ Sie befreite sich aus seiner Umarmung. „Jetzt nicht mehr.“

Okay, sie wollte also nicht mit ihm tanzen. Aber zumindest hatte er Brody Taylor in die Flucht geschlagen. Es war ihm vorhin nicht aufgefallen, aber sie schwankte auch. Und ihre Augen waren nicht mehr so strahlend wie noch vor ein paar Stunden. Tatsächlich waren sie genauso verschwommen wie Brodys.

Er folgte ihr, als sie mit unsicheren Schritten zu ihrem Tisch ging. Seufzend ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen und nahm einen großen Schluck von ihrer Margarita.

„Wie viele davon hast du schon gehabt?“ fragte er.

„Nur diesen einen.“ Cassie sah herausfordernd zu ihm auf.

„Einen zu viel, würde ich sagen.“

Plötzlich sackte sie in sich zusammen. Ihre Lippen begannen zu zittern, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.

„He, ich hab doch nicht etwa eine Romanze unterbrochen, oder? Wenn ja, entschuldige ich mich. Soll ich ihn dir zurückholen?“ Wenn sie Brody Taylor haben wollte, dann sollte sie ihn auch bekommen. Jake hatte nicht vor, sich zwischen ein Liebespaar zu stellen.

„Nein, nein, um Himmels willen. Ich bin auf einmal nur so … so müde. Ich habe vor einer Weile eine Allergietablette eingenommen.“

„Und du hast sie mit der Margarita hinuntergespült?“

Sie nickte. „Es war ein fürchterlich langer Tag heute.“