Hellas - Ernst Weber - E-Book

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Ernst Weber

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Beschreibung

Unter allen Helden, die vor Troja gekämpft hatten, war keinem so widriges Geschick beschieden, bevor er in seine Heimat zurückkehrte, wie dem klugen Helden Odysseus. Als er mit zwölf wohlbemannten Schiffen von der Küste von Troja absegelte, trieb ihn der Wind zuerst nach Ismaros, der Stadt der Cikonen. Dieselbe eroberte und zerstörte er, und reiche Beute ward unter die Genossen verteilt. Statt aber nach Odysseus' Rate alsbald weiterzusegeln, schwelgten die Genossen in dem trefflichen Weine, den sie in der Stadt gefunden. Unterdessen hatten die Bewohner der Stadt die in der Nähe wohnenden Cikonen herbeigerufen, die tapfer und stark waren, und es kam zu einem hartnäckigen Kampfe, der vom Morgen bis zum Abend währte. Jedes der griechischen Schiffe verlor in diesem Kampfe sechs seiner Helden, und eilig segelten die noch lebenden von dannen, trauernd, daß sie ihre Gefährten unbegraben mußten liegen lassen.

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Seitenzahl: 85

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ernst Weber

Hellas

Griechisches Leben und altklassischer Geist in deutscher Wiedergeburt

Inhalt

Hyperions Schicksalslied

Iphigeniens Parzenlied

Prometheus

Aus der Iliade

Hektor und Andromache

Hektors Abschied

Aus der „Penthesilea“

Achills Tod

Aus der Odyssee

Odysseus und Polyphem

Nächtliche Fahrt

Die sterbende Meduse

Griechische Spiele

Die Mutter des Siegers

Die Kraniche des Ibykus

Der Sieger

Tod des Perikles

Der Bote von Marathon

Der junge Themistokles

Salamis

Themistokles in Olympia

Ein Dichter in der Schlacht von Salamis

Grab des Themistokles

Historischer Adelsklub

Die gefesselten Musen

Der trunkene Gott

Ist’s ein Narr bloß? Ist’s ein Weiser?

Der Ring des Polykrates

Der befreite Prometheus

Alexander Ypsilanti auf Munkacs

Aus dem „Abschied von Griechenland“

Hellas! — Aus abgrundtiefem Meer

Hebt sich ein sonnbeglänzter Strand.

Blauseiden spannt sich’s drüber her —

So schaut ich dich, mein Griechenland.

Und hohe Tempel sah ich stehn

Auf schlanken Säulen, weit und licht,

Und Götter, stolz und marmorschön,

Mit reinem Menschenangesicht.

Du Volk der Schönheit, sei gegrüßt,

Gegrüßt mir auf Olympias Flur!

Aus deines Lebens Quelle fließt

Auch Deutschlands edelste Kultur.

Was deine Heldenschar erstritt,

Was deiner Künstler schönster Traum,

Die deutsche Jugend lebt es mit

Noch heut, vergessend Zeit und Raum.

Und deutsche Dichter schufen neu

Die alte Griechenherrlichkeit

Und gaben ihre Melodei

Dem längstverrauschten Völkerstreit,

Und zeigten, wie im heitern Spiel

Des Griechen dunkler Ernst gebot,

Wie ihn ein stolzes Hochgefühl

Ließ lachend schreiten in den Tod.

Nicht was aus fremdem Idiom

Die scharfgeschliffne Brille liest,

Nur was als frischer Lebensstrom

Durch deutsche Dichteradern fließt,

Was wieder Blut von unserm Blut

Und Geist von unserm Geiste ward:

Das weckt aufs neu den Tatenmut

Und lockt die stammverwandte Art.

Wer finden will hellenisch Land

Und griechisch Leben möcht verstehn,

Dem reicht der Spielmann heut die Hand

Und lehrt mit Dichteraugen sehn,

Mit Dichteraugen groß und weit,

Durchdringend der Geschichte Dunst —

Denn lebenswarme Wirklichkeit

Wird Hellas nur im Reich der Kunst.

Der deutsche Spielmann

Hyperions Schicksalslied

Ihr wandelt droben im Licht

Auf weichem Boden, selige Genien!

Glänzende Götterlüfte

Rühren euch leicht,

Wie die Finger der Künstlerin

Heilige Saiten.

Schicksallos, wie der schlafende

Säugling, atmen die Himmlischen;

Keusch bewahrt

In bescheidener Knospe,

Blühet ewig

Ihnen der Geist,

Und die seligen Augen

Blicken in stiller

Ewiger Klarheit.

Doch uns ist gegeben,

Auf keiner Stätte zu ruhn,

Es schwinden, es fallen

Die leidenden Menschen

Blindlings von einer

Stunde zur andern,

Wie Wasser von Klippe

Zu Klippe geworfen,

Jahrlang ins Ungewisse hinab.

Christ. Friedr. Hölderlin

Iphigeniens Parzenlied

„Es fürchte die Götter

Das Menschengeschlecht!

Sie halten die Herrschaft

In ewigen Händen

Und können sie brauchen,

Wie’s ihnen gefällt.

Der fürchte sie doppelt,

Den je sie erheben!

Auf Klippen und Wolken

Sind Stühle bereitet

Und goldene Tische.

Erhebet ein Zwist sich,

So stürzen die Gäste,

Geschmäht und geschändet,

In nächtliche Tiefen,

Und harren vergebens,

Im Finstern gebunden,

Gerechten Gerichtes.

Sie aber, sie bleiben

In ewigen Festen

An goldenen Tischen.

Sie schreiten vom Berge

Zu Bergen hinüber;

Aus Schlünden der Tiefe

Dampft ihnen der Atem

Erstickter Titanen,

Gleich Opfergerüchen,

Ein leichtes Gewölke.

Es wenden die Herrscher

Ihr segnendes Auge

Von ganzen Geschlechtern,

Und meiden, im Enkel

Die ehemals geliebten

Still redenden Züge

Des Ahnherrn zu sehn.“

So sangen die Parzen;

Es horcht der Verbannte

In nächtlichen Höhlen,

Der Alte, die Lieder.

Denkt Kinder und Enkel,

Und schüttelt das Haupt.

Wolfgang von Goethe

Prometheus

Bedecke deinen Himmel, Zeus,

Mit Wolkendunst

Und übe, dem Knaben gleich,

Der Disteln köpft,

An Eichen dich und Bergeshöhn!

Mußt mir meine Erde

Doch lassen stehn,

Und meine Hütte, die du nicht gebaut,

Und meinen Herd,

Um dessen Glut

Du mich beneidest.

Ich kenne nichts Ärmeres

Unter der Sonne, als euch, Götter!

Ihr nähret kümmerlich

Von Opfersteuern

Und Gebetshauch

Eure Majestät,

Und darbtet, wären

Nicht Kinder und Bettler

Hoffnungsvolle Toren.

Da ich ein Kind war,

Nicht wußte, wo aus noch ein,

Kehrt ich mein verirrtes Auge

Zur Sonne, als wenn drüber wär

Ein Ohr, zu hören meine Klage,

Ein Herz, wie meins,

Sich des Bedrängten zu erbarmen.

Wer half mir

Wider der Titanen Übermut?

Wer rettete vom Tode mich,

Von Sklaverei?

Hast du nicht alles selbst vollendet,

Heilig glühend Herz,

Und glühtest jung und gut,

Betrogen, Rettungsdank

Dem Schlafenden da droben?

Ich dich ehren, wofür?

Hast du die Schmerzen gelindert

Je des Beladenen?

Hast du die Tränen gestillet

Je des Geängstigten?

Hat nicht mich zum Manne geschmiedet

Die allmächtige Zeit

Und das ewige Schicksal,

Meine Herrn und deine?

Wähntest du etwa,

Ich sollte das Leben hassen,

In Wüsten fliehen,

Weil nicht alle

Blütenträume reiften?

Hier sitz ich, forme Menschen

Nach meinem Bilde,

Ein Geschlecht, das mir gleich sei,

Zu leiden, zu weinen,

Zu genießen und zu freuen sich,

Und dein nicht zu achten,

Wie ich.

Wolfgang von Goethe

Aus der Iliade

Hektor und Andromache

Aber Hektor fand in den Gemächern

Nirgends Andromache. Denn sie stand mit dem Kinde

Noch auf dem Turm und jammerte dort und weinte,

Und als er nirgends im Hause seine Frau

Antraf, trat er unter die Türe des Hauses:

„Mädchen, sagt mir die Wahrheit rasch: wohin

Ist sie gegangen, Andromache? Ging sie etwa

Zu ihren Schwägern oder den Schwägerinnen?

Oder betet sie mit den andern Fraun,

Um die furchtbare Göttin, die uns zürnt,

Dort mit Bitten und Flehen zu versöhnen?“

Doch des Hauses Schaffnerin sagte darauf:

„Da du die Wahrheit befiehlst, so höre denn:

Nicht zu den Schwägern oder Schwägerinnen,

Noch zum Tempel Athenes ist sie gegangen,

Nein, auf dem Turme steht sie, denn sie erfuhr,

Daß die Achäer siegreich seien, da lief sie,

Und das Mädchen folgte ihr, das das Kind trägt.“

Aber Hektor eilte denselben Weg

Wieder zurück, den er kam, die Straße hinunter,

Bis zum Tor, wo der Weg hinaus ins Feld führt.

Dort kam laufend Andromache ihm entgegen,

Seine teure Gemahlin, Eëtions Tochter,

Der in Thebe, am Fuße des waldigen Plakos,

Über Kilikiens Männer herrschte: dessen

Tochter gewann einst Hektor, und die traf er

Jetzt am skäischen Tore samt der Dienerin,

Mit dem Kind an der Brust, dem lieben Kinde.

Dem unmündigen Sohn, den sein Vater selbst

Gern Skamandrios nannte: aber die andern

Riefen ihn Astyanax, weil Hektor allein doch

Troja hielt und beschützte.

Und er lächelte schweigend über dem Kinde,

Und Andromache stand an seiner Seite,

Weinend griff sie nach seiner Hand und sagte:

„Dich wird dein Mut noch verderben! Und dich jammert

Nicht deines Kinds, des Würmchens, nicht deiner Frau,

Die bald nun deine arme Witwe sein wird?

Denn dich töten bald nun die Achäer,

Alle gegen dich Einen! Doch mir wäre

Ohne dich wohler zu sterben! Mir bleibt ja

Nichts mehr, das mich tröstete, wenn du hinsinkst.

Vater und Mutter hab ich nicht mehr. Den Vater

Tötet’ Achilleus, als er das hochgetürmte

Thebe zerstörte. Doch er beraubte ihn nicht:

Ehrfurchtsvoll verbrannt er ihn mit der Rüstung,

Und einen Hügel schüttet’ er über ihm auf,

Und die Nymphen, die das Gebirg bewohnen,

Pflanzten Ulmen umher. Sieben Brüder hatt’ ich:

Alle opfert’ Achill an jenem Tage

Unter Stieren und Schafen. Aber die Mutter

Führt’ er hinweg ins Lager und gab sie frei,

Als ihm Lösung geboten ward; aber Diana

Hat sie mit ihren Pfeilen dann getötet.

Du bist Vater und Mutter mir! Du mein Bruder!

Du mein Gemahl! Erbarme dich und bleib bei mir!

Laß dein Kind nicht verwaisen! Nicht dein Weib

Alles verlieren! Stelle am Feigenbaum

Dort das Volk auf, wo der Weg zur Stadt

Leicht ist und die Mauer dem Angriff freisteht.

Dreimal stürmten die Griechen da schon herauf,

Sei’s, daß ihnen ein Seher den Weg verriet,

Oder daß sie der eigne Mut zum Sturm trieb.“

„Liebe Frau, das weiß ich so gut wie du.

Aber die Scham vor den Männern und Weibern Trojas

Treibt mich hinab: ich darf nicht feige erscheinen.

Auch der eigne Mut zwingt mich, zu kämpfen.

Nur das hab ich gelernt: an der Spitze des Heeres

Ruhm für den Vater und für mich zu erwerben.

Denn das weiß ich, und tief im Herzen empfind ich’s:

Einst wird ein Tag sein, wo das heilige Troja

Sinkt und Priamos und Priamos’ Volk!

Und nicht bewegt mich der Trojaner Elend

Und der Sturz des Königs und meiner Mutter

Und der Brüder und all der Tapfern, die

Unter den Feinden dann im Staube liegen,

So wie dein Elend mich kümmert, das dann einbricht,

Wenn von den griechischen erzbepanzerten Männern

Einer dich packt, an der Freiheit letztem Tage,

Die du in Argos dann am fremden Webstuhl

Sitzest, oder gezwungen und widerstrebend

Wasser holst an der Quelle Messeis oder

Hyperia! Und einer, der dich da

Tränenvoll sieht bei der Arbeit, sagt vielleicht:

»Das ist Hektors Weib, der so tapfer war,

Als um die Stadt der Troer so hart gekämpft ward.«

Das wird er sagen vielleicht und dich mit neuem

Jammer erfüllen und Sehnsucht. Doch ich liege

Längst im Dunkel der Erde und höre

Nicht, wie du schreist, und sehe nicht, wie sie dich fortziehn.“

Und so sprechend griff nach seinem Kinde

Hektor; aber das warf sich schreiend herum

Und an die Brust des Mädchens: denn seines Vaters

Nickender Helmbusch und Panzer schreckten es.

Und sein lieber Vater und seine Mutter

Lachten, und Hektor nahm den glänzenden Helm ab,

Setzte ihn neben sich nieder, küßte sein Kind,

Tänzelte es mit beiden Händen und rief,

Auf zu Zeus und den andern Göttern betend:

„Zeus und ihr Götter alle! Laßt dies Kind

Gleich mir unter den Troern einst voranstehn!

Tapfer sein und über Ilion herrschen,

Daß die Sage einmal im Volke gehe:

Größer noch als sein Vater, wenn er vom Kampfe

Heimkehrt, ist er, wenn er die blutbespritzten

Köstlichen Waffen seiner Feinde heimbringt,

Und seine Mutter aufjauchzt!“ Also sprechend,

Legt er das Kind in seiner Mutter Arme,

Und sie nahm es an ihre atmende Brust,

Lächelnd unter Tränen. Und ihn, das sehend,

Jammert es, und er sprach: „Geliebte, laß

Nicht zu sehr die Dinge dein Herz belasten.

Nur was geschehen soll, geschieht: mich tötet keiner,

Dem nicht das ewige Schicksal den Befehl gab,

Doch dem Geschick zu entfliehn, ist keinem beschieden.

Weder der Gute noch der Böse entflieht ihm,

Denn es waltet von Anfang an. Deshalb

Geh du nach Hause und sieh nach deiner Wirtschaft,

Spindel und Webstuhl besorg und halte die Mägde an,

Fleißig zu sein. Den troischen Männern aber

Liege der Kampf am Herzen und mir zumeist,