Herzbalance - Christian W. Engelbert - E-Book

Herzbalance E-Book

Christian W. Engelbert

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Beschreibung

Das Herz spiegelt den Zustand und den Rhythmus unseres Lebens. Damit wir dieses Wunderorgan besser verstehen, nimmt uns Christian W. Engelbert mit auf eine Reise zum Herzen. Er beschreibt das Zusammenwirken des Herzens mit den anderen Organen sowie seine Eigenschaften als Fühl- und Wahrnehmungsorgan und erläutert die Verbindung von Herz und Gehirn. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den naturgemäßen Heilweisen, die gerade heutzutage für die Herzgesundheit so wichtig sind, sowie auf Tipps für ein praktisches Herztraining, das jeder zu Hause durchführen kann. Ein spannendes, anregendes Buch für ein neues Verständnis des Herzens, seiner Fähigkeiten und Gefährdungen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 303

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Christian W. Engelbert

Herzbalance

Wie Sie Ihr Herz unterstützen und stärken und Ihr inneres Gleichgewicht finden

Danksagung

Ein herzlicher Dank gehen an den Verlag und die Lektorinnen Frau Nicole Janke und Frau Ulrike Burgi, die mich geduldig begleitet und mein Anliegen liebevoll umgesetzt haben. Eine große Hilfe waren die professionellen Ratschläge meines Freundes Roland Große Holtforth.

© für die Originalausgabe und das eBook: 2019 F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, Stuttgart

Vermittelt durch die Literaturagentur Altepost, Hörschel-Riesenbeck

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlaggestaltung: Studio LZ, Stuttgart

Umschlagmotiv und Fotos: shutterstock

Grafiken: Ulrike Vohla, Grafikdesign Storch (unter Verwendung von Bildmaterial von Shutterstock)

Lektorat: Ulrike Burgi, Köln

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-7766-8274-8

www.herbig-verlag.de

http://herzermutigung.de

Für meine Herzblätter Julia und Louisa. Ganz innig für Hans. Er weiß warum.

Inhalt

Einleitung

Unser Herz – Sitz der Seele?

Im alten Ägypten

Wo wohnt die Seele?

Galenos – Forscher der Antike

Krach im Wissenschaftsgebälk

Das Herz im Auge des Betrachters

Wissenschaftliche Fortschritte und Forschergeist

Das Herz ist nicht nur eine Pumpe

Das Herz ist ein Regulationsorgan

So funktioniert das Herz

Herzrhythmus – Lebensrhythmus

Kleine EKG-Kunde

Prävention als Mittel der Wahl – nur welche?

Unser Herz als Spiegel des vegetativen Nervensystems

Das Phänomen Stress

Stress und Herz

Worauf kommt es an?

Das vegetative Nervensystem

Stress messen

Stress lass nach – aber wie?

Herzensleid – Kränkungen und Ärgernisse

Von Parzival, Tintenfischen und Frauenherzen

Nächtliche Ruhestörung – von Radioweckern, Heizdecken und Aquarien

Ungleichgewicht im Körper – Ungleichgewicht im Herzen

An den Zähnen hängt der Mensch

Cholesterin und richtige Blutfette

Der herzkranke Patient und sein Cholesterin

Achtung! Triglyceride

Diagnose: Intoleranz gegen Nahrungsmittel

Gluten und Co.: alles Blödsinn?

Sauer macht frustig

Blick auf den eigenen Körper

Übergewicht verabschieden

Narben, Piercings und Tattoos

Der Blutdruck – was drückt da eigentlich?

Kleine Kulturgeschichte des Blutes

Fragen und Antworten zum Thema

Besondere Behandlung des Bluthochdrucks

Zusammenspiel von Psyche und Physis

Herz und Psyche

Die besten Mittel gegen Depressionen – aus der Natur und gut verträglich

Warum moderater Sport und Bewegung helfen

Man muss nicht immer Beta blocken

Allgemeine Ernährungstipps

Erhöhter Blutdruck oder Bluthochdruck

Herzrhythmusstörungen

Koronare Herzkrankheit

Herzschwäche – Herzinsuffizienz

Das Altersherz

Abschied von einer Blume

Pflege und Stärkung für Ihr Herz

Kuren für den Hausgebrauch

Cardiodoron – ein wunderbares Regulationsmittel

Denkprozesse ändern

Mikronährstoffe – kleiner Stoff ganz groß

Die vier Musketiere

Die sieben Samurai

Bewegung ist Heilung

Hören mit dem Herzen, singen mit den Ohren

Das Herz ist eine Pumpe – und noch viel mehr

Herz-Musik und »Exerzitien« für Herz und Seele

Japan

Tirol

Sprung zwischen den Welten

Das Ziel vor Augen

Zu guter Letzt

Was will uns Peter Munk sagen?

Anahata – das Herzchakra

Bei sich und in sich selbst sein

Register

Literaturverzeichnis

Bezugsquellen

Einleitung

»Der Mensch ist nicht Seele und Körper, der Mensch ist die innigste Mischung dieser beiden Substanzen.«

Friedrich von Schiller, Arzt und Dichter

Warum ist es gerade das Herz, das uns durch Jahrhunderte und Jahrtausende als Symbol für wahre Liebe, Zuwendung, Opferbereitschaft, Sehnsucht, Gefühl und Schmerz, Seelenpein, tödliche Krankheit und Löwenmut begleitet?

Lassen Sie uns dem Mysterium »Herz« näherkommen und nehmen wir uns dazu ein bekanntes Bild: der Goldfisch im Glas. Wenn Sie aus verschiedenen Perspektiven und Blickrichtungen auf den Fisch schauen, werden Sie immer neue Eindrücke bekommen. Das Glas wirkt wie eine Lupe und zeigt Details; von oben betrachtet sehen Sie ein ganz anderes Wesen als von unten. Jetzt lassen wir den Goldfisch natürlich wieder frei und ersetzen ihn in Gedanken durch unser Herz. Betrachten wir gemeinsam dieses Wunderorgan aus ganz verschiedenen Perspektiven. Befragen wir die alten Kulturen nach ihrem Verständnis, lassen wir Dichter, Musiker und den wohl berühmtesten Kardiologen unserer Zeit zu Wort kommen.

Das Herz ist grammatikalisch gesehen von sächlichem Geschlecht – übrigens das einzige Organ außer dem Gehirn. In wieweit es Zusammenhänge zwischen Herz und Hirn gibt, werden wir aus Sicht der Embryologie entwickeln. Dann begeben wir uns in die Mitte des 17. Jahrhunderts, als sich die Medizin an einem Scheidepunkt befand und der Zwiespalt von altem und neuem Denken und Wissen ganz verdichtet am Organ Herz sichtbar wurde.

Lassen Sie uns der wichtigen Frage nachgehen, ob das Herz wirklich nur eine Pumpe, eine Art Lebensmotor ist. Erweitern Sie mit mir den Blick von Klappenfunktion und Pumpleistung auf den dazugehörigen Menschen mit einem Herzen voller Wunder.

Wer ist der Hauptdarsteller beim Thema Blutdruck? Wir gehen im Organismus auf Spurensuche, um die zahlreichen Einflüsse auf unser Herz besser kennen zu lernen.

Die moderne Hirnforschung hat uns viel Neues zu berichten: Die großen und kleinen Kränkungen, Verhaltensmuster und daraus entstandenen Konsumgewohnheiten mit ihren Risiken haben entscheidenden Einfluss auf unsere Herzgesundheit. Das Gehirn reagiert auf die gelernten Glaubenssätze. Der Rat »essen Sie gesünder, treiben Sie mehr Sport, nehmen Sie ab, entspannen Sie mal« kann ein Gehirn nicht einfach verändern. Dazu bedarf es anderer Methoden und Techniken. Der Stress- oder besser die kränkende Stressverarbeitung gehört zu den wichtigsten Störenfrieden einer gesunden Herzfunktion. Sie ist eingebunden in das Vegetativum, das unbewusst arbeitende Nervensystem. Lernen Sie eine wissenschaftlich anerkannte Methode kennen, mit der die Auswirkungen der Stressbelastung messbar sind und daraus Empfehlungen für eine sinnvolle Verhaltensänderung abgeleitet werden können.

Achtsamkeit mit Herz und Seele

Die vielfältigen Fähigkeiten und Leistungen des Zentralorgans Herz bedürfen besonders liebevoller Pflege und – gestatten Sie den überstrapazierten Begriff – Achtsamkeit. Versuchen wir aus einem erweiterten Verständnis unserem Herzen zu begegnen. Und: Endlich wird das Herz auch weiblich. Lernen Sie, verehrte Damen, die Symptome einer Funktionsstörung Ihres Herzens zu deuten; die Zeichen einer Durchblutungsstörung oder einer beginnenden Herzschwäche unterscheiden sich deutlich von denen der Männer! Die sogenannte Gendermedizin hat in der Kardiologie verblüffende Erkenntnisse zur weiblichen Herzfunktion gewonnen; leider kümmert sich kaum jemand darum – einschließlich der Mediziner und Ärzte.

Betrachten wir gemeinsam die Möglichkeiten der naturgemäßen Heilweisen, sie besitzen auch und gerade in heutiger Zeit einen besonderen Stellenwert für die Herzgesundheit. Seit Jahrtausenden sind die Wirkungen von Heilpflanzen auf Herz und Kreislauf bekannt. Sie werden erfahren, wie ein uralter Baum Ihren Puls des Nachts senken kann und Ihrem Herzen die Arbeit erleichtert. Die moderne, wissenschaftlich gestützte Pflanzenheilkunde stellt eine beeindruckende Palette hochwirksamer Extrakte mit Herzwirkung zur Verfügung. Und wenn Ihnen die Einreibung des Herzens mit einer besonderen Salbe merkwürdig vorkommt, lassen Sie die Bewertungen von Männern (!) auf sich wirken, bevor Sie urteilen.

Räumen wir frohgemut mit dem Begriff Altersherz auf; Bismarck schuf die Rente – ab dem 71.sten Lebensjahr. Die Lebenserwartung lag 1889 allerdings bei 40 Jahren. Und heute? »Altes Herz wird wieder jung!« heißt die Devise. Das Herz altert, aber es gibt kein »Altersherz«.

Herzermutigungen

Ich habe Ihnen einige Patientenfälle aus meiner über dreißigjährigen Praxistätigkeit in Herzklinik, Universitätsklinik, Landarzt- und Stadtpraxis mitgebracht. Ihre Krankheits- und Gesundheitsgeschichten erzählen Berührendes vom Wunderorgan Herz.

Lassen Sie uns verstehen, was das Herz – und vor allem unser eigenes Herz – für unser Dasein bedeutet, warum ein Großteil der lebensbedrohlichen und tödlichen Krankheiten unserer Zeit immer noch dieses wundervolle Organ treffen. Pflegen und heilen wir das Zentrum unseres Körpers.

Mit neuem Verständnis, ganz einfachen, aber universitätsgeprüften Entspannungsübungen, mit alten/neuen Heilmitteln, Veränderungen und neuem Handeln … herzhaft und herzlich.

Herz-Ermutigung

ist das Ziel. Sie kennen den Begriff couragiert zu sein. Er ist abgeleitet vom französischen Wort »coeur«, das Herz. Couragiert, das bedeutet, mutig zu handeln, entschlossen zu sein. Mit Herzensmut im Gepäck.

Ich begleite Sie gerne als Herz-Ermutiger. Folgen Sie dem Symbol!

Bevor wir richtig loslegen, möchte ich Sie zu einer kleinen Aufgabe einladen:

Nehmen Sie sich ein Blatt Papier, teilen Sie es mit einem Längsstrich in der Mitte und schreiben Sie mit der Hand. Auf der rechten Seite tragen Sie alles ein, was Ihnen spontan zum Thema Herz in den Sinn kommt, was Sie damit verbinden. Sammeln Sie auch alle Begriffe aus dem Volksmund. Machen Sie es allein, mit Freunden oder in der Familie. Bitte kein Nachdenken, lassen Sie die Begriffe spontan fließen. Nehmen Sie sich zehn Minuten Zeit dafür. Bewahren Sie das Blatt bitte auf.

»Das Herz ist eine Pumpe.«

Hauptaussage 1972 zum Jahr des Herzens

Das Herz im Auge des Betrachters

Aus dem geheimnisvollen Zentrum des Denkens, dem Sitz der Seele, dem Ort der Metamorphose, wurde 1972 lediglich ein besonderer Muskel, der sich rhythmisch zusammenzieht und wieder entspannt.

Menschen, die anderen von ihren Herzbeschwerden berichten, tun das gern mit der Bemerkung: »Ich habe es an der Pumpe«. Grundlage ist die Vorstellung, dass das im Brustkorb liegende Herz wie eine mechanische Pumpe das benötigte Blut durch die verschiedenen Körperregionen treibt.

In der modernen Kardiologie sprechen wir von Pumpleistung des Herzens, messen die Blutmenge, die das Herz pro Schlag »auswirft« und sprechen bei schwerster Herzschwäche von Pumpversagen. Der Marker dafür heißt aber bemerkenswerterweise »Ejektionsfraktion«, auf Deutsch »Auswurffraktion«. Damit ist die Blutmenge gemeint, die durch das Zusammenziehen, die Kontraktion des Herzmuskels, aus den Herzkammern ausgetrieben wird.

Reicht das Modell Pumpe aber aus, um dem Herzen in seiner Bedeutung gerecht zu werden?

Wissenschaftliche Fortschritte und Forschergeist

Vor den bahnbrechenden Entdeckungen von William Harvey mussten viele Forscher, die mit ihren Erkenntnissen für seinerzeit herrschende Regeln und Gesetze (sprich: Interessen) von Staat und Kirche, »zu früh« waren, ihren Forschergeist und Mut mit dem Leben bezahlen. Immer nach dem Prinzip: Was nicht sein darf, das kann nicht sein.

Ein trauriges Beispiel ist Giordano Bruno (1548–1600). Der Dichter, Philosoph und Astronom behauptete, dass das Universum unendlich sei. Das ließ keinen Extraraum, »das Jenseits«, zu, was wiederum die Kirchenfürsten nicht ertragen konnten. Bruno endete auf dem Scheiterhaufen.

Nachdem das Denkgebäude von Galen entzaubert worden war, begannen die Forscher nach den neuen Kriterien auch wissenschaftlicher zu denken und zu handeln. Der wachsenden Kraft des Erkennens und Verstehens der Zusammenhänge in Astronomie, Geologie und Medizin konnten alle inquisitorischen Methoden letztlich nichts anhaben.

Vor einigen Hundert Jahren zerfiel die Universalwissenschaft in Untereinheiten. Chemie (entwickelt aus der Alchemie), Physik, Mathematik, Zoologie und Biologie entwickelten sich zu Spezialwissenschaften, zu den »modernen Naturwissenschaften«. Dies betraf auch die Medizin. René Descartes und seine Meinung über den menschlichen Körper hatten den Startschuss für ein neues Denken gegeben.

Die sich entwickelnde Spezialisierung in der Medizin ging einher mit der Industrialisierung der Gesellschaft und deren Bedeutung des Materiellen. Mechanisierung, Messverfahren, Standardisierung hielten Einzug. Dazu passte ideal die Idee des Arztes Fritz Kahn.

Der Mensch als Industriepalast

Fritz Kahn (1888–1968) wollte auf einleuchtende und anschauliche Weise den menschlichen Körper und dessen Funktionen anhand von Beispielen aus der Industriewelt darstellen. Da er selbst nicht zeichnen und malen konnte, beauftragte er Mitarbeiter, die seine Ideen in Bilder umsetzen sollten. Heraus kam eine menschliche Maschine mit Kraftwerken, Pumpen, etc. (Der Mensch als Industriepalast, 1926)

In Kahns Darstellung ist das Herz eine Kolbenpumpe, es pumpt blaue Kugeln (sauerstoffarmes Blut) in die Lungen und rote Kugeln (sauerstoffreiches Blut) in den Kreislauf. Fertig. Man hat Kahn zu Recht vorgeworfen, zu vereinfachen und ihm auch Fehler nachgewiesen. Seine lapidare Antwort lautete: »Stimmt, aber es ist einleuchtend.«

Dieses mechanistische Bild des Menschen prägt – mit entsprechenden Ergänzungen, Einschränkungen und Korrekturen – bis heute auch die Medizin. Heilkunde und Heilkunst entwickelten sich zur Naturwissenschaft Medizin. Die Aspekte der Physik und Chemie wurden zu Erklärungen der Phänomene im biologischen System Mensch herangezogen, mit statistischen Methoden Studien durchgeführt, Normwerte formuliert und krank und gesund mithilfe der Gausschen Verteilungskurve eingestuft.

Das Ganze hat nur einen kleinen Haken: Mit den wissenschaftlichen Gesetzen, die für Physik, Chemie, ja auch Biochemie gelten, ist das biologische System »Mensch« nicht bis ins Letzte beschreibbar. Zu variabel, zu dynamisch, zu individuell ist das Bild des lebenden Organismus, der sich nicht in Normen und statistischen Verteilungskurven pressen lässt. Schon der Begriff »Normalität« zeigt die Problematik: Worin besteht die Normalität der menschlichen Psyche? Ich wage deshalb zu behaupten: Die Medizin des Menschen ist keine Naturwissenschaft im strengen Sinn.

Doch zurück zu unserer Pumpe.

Das Herz ist nicht nur eine Pumpe

2007 erklärte ein Wissenschaftler aus der berühmten Mayo Clinic in einem Artikel des renommierten College of American Cardiology: »The heart is not only a pump.« (Das Herz ist nicht nur eine Pumpe). Er und sein Team hatten herausgefunden, dass das Blut in der linken Herzkammer einen Wirbel bildet, der dem Herzen einen Impuls zum Zusammenziehen gibt.

Ein erstaunliches, fast revolutionäres Statement, das wir näher untersuchen wollen. Dazu bemühen wir noch einmal Aristoteles und William Harvey. Außerdem stelle ich Ihnen etwas Spannendes aus der menschlichen Embryologie vor.

Aristoteles und der springende Punkt

Der springende Punkt ist in unserem Sprachgebrauch Ausdruck für das Zündende, das eine Fragestellung, eine Problematik in die Lösung führt. Das »so und nicht anders!«

In meinem Medizinstudium gab es in dem sogenannten vorklinischen Bereich das bei uns Studenten beliebte Fach Zoologie. Grund war nicht so sehr das Inhaltliche, sondern der lehrende Professor. Genauer gesagt, seine Art, Prüfungen abzunehmen. Sein Credo lautete: Alle sollten es schaffen können, es gab Schlüsselfragen und Antworten, auf die sich alle einstellen konnten. So gingen die Studenten zumindest in diese mündliche Prüfung ohne Herzklopfen. Auf die Frage: »Was charakterisiert Leben?« gab es nur die eine richtige Antwort: Bewegung.

Als ich Jahrzehnte später auf die Forschungen von Aristoteles zum Thema der Herzentstehung beim Tier stieß, fiel mir sofort die Frage in der Zoologie-Prüfung ein: Leben ist Bewegung!

In der Historia Animalium (Tierkunde) aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. bemüht sich Aristoteles, die Ursachen der Erscheinungen zu verstehen. Er beschreibt – und das erzeugt jedes Mal, wenn ich den Text lese, eine Gänsehaut – wie am 3. oder 4. Tag nach Befruchtung eines Hühnereis im Eiweiß mit bloßem Auge ein blutiger Fleck zu erkennen ist. Dieses Pünktchen fängt an, sich aus dem Nichts heraus zu bewegen, es beginnt rhythmisch zu pulsieren. Er beschrieb diesen Fleck als punctumsaliens, als springenden Punkt und deutete dies als die Anlage und Entstehung des Herzens.

William Harvey machte bei seinen Studien am tierischen Organismus ähnliche Beobachtungen. Auch er beschreibt einen blutigen Punkt, der am 4. Tag nach der Befruchtung des Eis springend in Erscheinung tritt und sich durch Ausdehnung und Zusammenziehung dem Auge zeigt. Ein Wunder!

Herzermutigung

Lassen Sie das folgende Bild einmal langsam auf sich einwirken, versuchen Sie das Beschriebene vor Ihren geschlossenen Augen entstehen zu lassen, visualisieren Sie. Sehen Sie ein perfektes Spiegelei, mit dem runden Gelb und dem umgebenden Ei-Weiß. In dieser weißen Fläche taucht ein roter Punkt auf. Ohne erkennbaren Anlass beginnt dieser Punkt, sich zu bewegen, zu hüpfen, sich auszudehnen, sich zusammenzuziehen, zu pulsieren. Nun stellen Sie in Gedanken ein »fertiges« Herz daneben. Gehen Sie auf den hüpfenden Punkt zurück und versuchen Sie, daraus ein ausgewachsenes Herz entstehen zu lassen. Schier unmöglich, oder?

Kein Student der modernen Medizin erfährt in Zeiten der hochtechnisierten Herzmedizin von diesen Beobachtungen. Gerade heute wäre es für das Verständnis des Herzens so wichtig, den Blick auf den Urbeginn der Entwicklung zu lenken. Sie werden zu Recht anmerken, dass es sich bei den Erkenntnissen von Aristoteles und Harvey ja um das Herz eines Huhnes gehandelt hat und keineswegs ohne Weiteres auf den Menschen übertragen werden kann. Wir könnten uns in diesem Zusammenhang auch einmal fragen, wie es denn mit der Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen auf dem Menschen bestellt ist. Wir schauen jetzt auf den menschlichen Embryo und holen uns Hilfe bei einem der ungewöhnlichsten Spezialisten der menschlichen Anatomie, Prof. Erich Blechschmidt.

Ist die Pumpe Herz logisch aufgebaut?

Wenn Sie den Auftrag bekommen hätten, eine Pumpe zu bauen, und Sie hätten dem Meister als Werkstück ein Herz präsentiert, hätte er nur mit dem Kopf geschüttelt. Warum?

Besuchen wir das Anatomische Institut der Georg-August-Universität und gehen in den Saal der Humanembryologie. Dort steht eine Sammlung von 64 Totalrekonstruktionen menschlicher Embryonen unterschiedlichen Alters. Die teilweise 80 Zentimeter hohen »Modelle« sind aus ein Millimeter dicken Einzelplatten entstanden. Es handelt sich um Schnittserien, die der Anatomieprofessor Erich Blechschmidt in den Jahren 1946 bis 1973 schuf und damit dem Wissen um die embryonale Entwicklung des Menschen einen wesentlichen Impuls gab. In seinen Forschungen konnte Blechschmidt zeigen, wie die Strukturen verschiedener Körperregionen untereinander verglichen werden können (Blechschmidt, 2012).

Embryonale Entwicklung

Unser Embryo ist im ersten Entwicklungsmonat gerade mal 2,75 Millimeter groß. Man erkennt aber deutlich, dass das Herz, oder das, was einmal ein Herz werden soll, direkt unter der Gehirnanlage liegt. Darunter befindet sich die Leber, die ganz eng mit der Entwicklung des Verdauungsapparates Darm verbunden ist. So wird schon sehr früh geregelt, wer Chef im Ring ist: Das Gehirn muss mithilfe des Herzens mit ausreichend Blut gespeist werden. Das Herz wiederum braucht die Leber, um genügend Blut zur Verfügung zu haben. Also Hirn über Herz, Herz über Leber. Blechschmidt zeigte klar und deutlich, dass das Herz nicht nur eine Pumpe sein kann, weil der Aufbau noch ganz andere Aufgaben ermöglichen soll.

Zu Beginn der vierten Lebenswoche bildet sich an der Hinterwand der Leibeshöhle eine Falte, in der sich eine lebhafte Stoffwechselaktivität zeigt. Von der Leberanlage strömt es Richtung Gehirn, das in dieser Zeit die meiste »Nahrung« benötigt. Das Herz entwickelt sich faltenförmig, bekommt die Form eines X, kurz aber breit gebaut. Der Abstand der unteren »X-Beine« ist breiter als oben. Die unteren entwickeln sich zu den Einflussbahnen des Blutes. Die oberen entwickeln sich zu den späteren Ausflussbahnen. Zwischen den »X-Beinen und -Armen« liegt das sogenannte Überleitungsstück, welches sich im Verlauf wie ein Siphon aufbaut. Das Überleitungsstück hat zwei Blindsäcke, die sich später zu den Herzkammern entwickeln. Wenn die einströmende Blutmenge an Volumen zunimmt – und erst dann – beginnt der Blindsack zu pulsieren. Zunächst Richtung Herzspitze, dann in Richtung Ausflussbahn. Das Herz arbeitet also wie eine Art »Umschalter«.

Mit Zunahme des Blutvolumens steigt der Blutdruck im »System«. Dadurch wird die Herzwand gedehnt (wir werden noch sehen, welche Bedeutung das Dehnen hat), und die Muskulatur der Kammern gekräftigt. Die Blutverwirbelungen bilden kommunizierende Nischen im Innern, aus denen letztlich die Herzklappen entstehen.

Das klingt für Sie etwas verwirrend, nicht wahr? Bis zum fertigen Herzen wird es noch viel komplizierter, weil die Funktion des Organs deutlich vielfältiger ist; das »Pumpen« ist nur ein kleiner Teil des großen Ganzen. Deswegen sagt jeder Ingenieur: Eine normale Pumpe wäre so nicht aufgebaut.

Bei 1 in der Gegend des Daumens und der Vierfingergruppe angedeutet: Einfluss der Strombahnen des rechten und linken Herzens. Bei 2 Umleitung der Strombahn, bei 3 Ausfluss der Strombahnen.

Genauer Blick aufs Herz

Etwa faustgroß liegt der Herzmuskel hinter dem Brustbein, etwas nach links verschoben und ca. 45 Grad nach unten und seitlich geneigt. Das Herz ist kegelförmig, die Spitze zeigt nach unten. Umgeben ist das Organ von einem feinen »Mantel«, dem Herzbeutel. Er hat die Eigenschaften, das Herz zu stabilisieren und bei seiner rhythmischen Aktion ungestört gleiten zu lassen. Die großen Gefäße (Zufluss und Abfluss) umgeben das Herz. Im Inneren des Herzens finden wir eine Vierraum-Wohnung mit zwei kleineren Entrees (Vorhöfen) und zwei größeren Zimmern (Ventrikel). Die rechten Räume erinnern an eine Neubauwohnung, die Wände sind deutlich dünner als die der linken Seite. Als Zimmertüren finden wir unterschiedlich gestaltete Klappen, die je nach Besuch des Blutes öffnen oder schließen, also durchlassen oder zurückhalten. In die rechte Wohnung kommen immer erschöpfte Gäste (sauerstoffarmes Venenblut), die nach kurzem Zwischenaufenthalt (der sehr pingelig vorbereitet ist) zum Frische tanken weitergeleitet werden; in den Lungen können Altlasten abgegeben und über die Sauerstoffbar Energie getankt werden. Voller Saft und gesunder Gesichts- äh … Blutfarbe geht es zurück in die »Wohnung auf Zeit«: In den links gelegenen Räumen geht er über die Klappentüren in die Welt der Röhrenautobahnen, um die Frischware an die Zielorte zu bringen. Das Gehirn schreit am lautesten und wird deshalb schnell versorgt. Mit ordentlichem Schub geht es nach oben. Da das Gehirn ein Nimmersatt ist, macht das Blut gleich wieder kehrt und holt sich neuen (Sauer-)Stoff (Kopfkreislauf).

Da das Herz nicht gewerkschaftlich organisiert ist und bei 24-Stunden-Dienst unter Dauerbelastung steht, ist es Selbstversorger: Ein Teil des Frischluftblutes geht nach Verlassen des Herzens sofort in die Versorgungswege, die so schön als Herzkranzgefäße oder Koronarien bezeichnet werden.

So organisiert die »Pumpe Herz« einen vierfachen Kreislauf: zur Lunge und zurück, in den Kopf und das Gehirn und zurück, in die Kranzarterien und zurück und in den großen Körperkreislauf und zurück.