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Tom Werner wird mit einem Messer in der Brust schwerstverletzt vor der Plauener Stadtgalerie aufgefunden. Alle Bemühungen der Rettungskräfte sind umsonst, der junge Mann erliegt noch vor Ort seinen schweren Verletzungen. Vorher hat er noch einen Namen genannt, Kemal. Kurz darauf wird im Luther-platz ein junger Migrant aufgegriffen, Kemal Abrim, mit Blut an der Kleidung. Der junge Mann schweigt beharrlich, obwohl die Indizien und auch eine Zeugin ihn schwer belasten. Und als es in Plauen zu einer explosiven Stimmungslage kommt, wird auch die Freundschaft von Hauptkommissar Mike Köhler und Professor Omar Amri auf eine harte Probe gestellt. Kate Schulz und ihr Team müssen schnellstens ermitteln, um Schlimmeres zu verhindern.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
Tom Werner wird mit einem Messer in der Brust schwerstverletzt vor der Plauener Stadtgalerie aufgefunden. Alle Bemühungen der Rettungskräfte sind umsonst, der junge Mann erliegt noch vor Ort seinen schweren Verletzungen. Vorher hat er noch einen Namen genannt, Kemal. Kurz darauf wird im Lutherplatz ein junger Migrant aufgegriffen, Kemal Abrim, mit Blut an der Kleidung. Der junge Mann schweigt beharrlich, obwohl die Indizien und auch eine Zeugin ihn schwer belasten.
Und als es in Plauen zu einer explosiven Stimmungslage kommt, wird auch die Freundschaft von Hauptkommissar Mike Köhler und Professor Omar Amri auf eine harte Probe gestellt. Kate Schulz und ihr Team müssen schnellstens ermitteln, um Schlimmeres zu verhindern.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Nachwort
Wisal Gamal saß auf der Mauer nahe den drei Klatschweibern im Lutherplatz und ließ die Beine baumeln. Eine jüngere Frau in Jeans und ärmellosem Top ging an ihm vorbei und er warf ihr ein Lächeln zu und zwinkerte dabei mit einem Auge, was sie mit einem Grinsen registrierte und weitereilte.
„Die Menschen hier sind immer im Stress“, murmelte er kopfschüttelnd und sah zu Kemal Abrim, der neben ihm saß und die Augen gesenkt hatte.
Als dieser nichts erwiderte, stupste er ihn kurz an. „Eine hübsche Frau“, sagte er und deutete mit dem Kopf in Richtung Nonnenturm, wo die Frau von eben inzwischen angekommen war.
„Hör auf damit“, sagte Kemal unwillig und Wisal lachte hell auf. „Deutsche Frauen lieben Komplimente und ein Lächeln, glaub mir. Ich habe eine Weile in einem Ressort am Roten Meer gearbeitet, da kann ich dir Geschichten erzählen…“
Unwirsch schüttelte Kemal den Kopf. „Ich will das nicht hören. Allah…“
Wisal sprang auf und klopfte Kemal auf die Schulter. „Ja, ja. Aber Allah sieht auch nicht immer hin“, sagte er flapsig und wandte sich zum Gehen.
„Ich hole mir nur einen Kaffee, willst du auch einen, Bruder?“
Als Kemal nichts erwiderte, zuckte er nur die Schultern und eilte in Richtung Stadtgalerie davon.
Kemal Abrim rückte ein bisschen zur Seite, um vollends in der Sonne zu sitzen. Das tat gut. Er hatte bisher sehr hier in Deutschland gefroren, aber jetzt waren die Tage durchweg sonnig und warm gewesen und so konnte er der bedrückenden Enge der Unterkunft entfliehen und hier in dem schönen Park sitzen. Am liebsten war er allein, hörte den Vögeln zu und hing seinen Gedanken nach. Wollte er wirklich hier leben, so weit weg von seiner Familie, seinen Freunden, der Welt, die er kannte und verstand? Würde er eine Arbeit finden, Geld verdienen und es nach
Hause schicken können, ja, vielleicht selbst wieder nach Hause kommen, mit viel Geld?
Er lächelte verhalten. Sich ein Haus kaufen können, ein Geschäft eröffnen, wie er es sich, seit er denken konnte, wünschte. Er war ein recht geschickter Schneider und würde seine Fertigkeiten noch ausbauen. Und, so Allah es wollte, würde er eine gute, fromme Frau finden und eine Familie gründen. Er seufzte. Aber das waren Träume, einfach nur Träume.
Wisal war derzeit der Einzige, der sich hier regelmäßig mit ihm traf. Zwar war ihm die laxe Einstellung des jungen Ägypters, besonders in Glaubensfragen und im Umgang mit Frauen, oft unangenehm, aber dieser sprach schon recht gut Deutsch und hatte auch ein paar deutsche Bekannte, die er Kemal bereits vorgestellt hatte.
Zwar war er bereits drei Mal zum Freitagsgebet im Gebetsraum gewesen, aber einen Anschluss hatte er noch nicht gefunden. Was zweifellos an ihm lag, das war Kemal bewusst, denn er war von Natur aus sehr schüchtern und sprach von sich aus eher niemand an, ganz im Gegenteil zu Wisal, den er um diese Fähigkeit beneidete. Meist betete er allein und mied die Gesellschaft mit anderen.
„Hallo, Kemal.“ Er schreckte aus seinen Gedanken auf, als ein junger Mann mit krausem, blonden Haar ihm die Hand hinstreckte.
Er runzelte leicht die Stirn, ergriff zögerlich die ihm hingestreckte Rechte, dann lächelte er.
„Werner?“, sagte er langsam und sicher völlig falsch betont.
Der junge Mann lachte. „No, Tom. Werner is my first name”, sagte er auf Englisch und jetzt musste auch Kemal lachen.
Jetzt kam Wisal den Weg entlang geschlendert, einen Kaffee to go Becher in der Hand und umarmte Tom.
„Mein Freund, wie geht es dir?“, fragte er und dieser setzte sich zu den beiden jungen Männern. „Gut, danke und euch?“
Er sah von Wisal zu Kemal. Ersterer lächelte. „Die Sonne scheint, also gut.“
Tom war sich bewusst, dass Kemal ihn nicht verstand und wiederholte seine Frage auf Englisch, wobei
Wisal ihm schelmisch drohte.
„Nein, Kemal soll auch lernen Deutsch“, machte er seinem blonden Freund klar. Dann sagte er etwas auf Arabisch zu Kemal der betrübt nickte.
Tom klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Das wird schon noch“, sagte er. Auch wenn Kemal ihn nicht verstand, lächelte er.
In diesem Moment kam eine junge, schlanke Frau den Weg herangeeilt. Sie trug ein zitronengelbes Sommerkleid, das sich gut von ihrem zart gebräunten Körper abhob.
Tom lächelte, als sie die Gruppe erreichte, und küsste sie auf den Mund. „Das ist meine Freundin Mia. Mia, das sind Wisal und Kemal“, machte er die Gruppe bekannt. Ersterer strahlte Mia an, während Kemal die Augen senkte.
Ihm streckte Mia spontan die Hand entgegen.
„Hallo, Kemal“, sagte sie und als dieser nicht reagierte, zog sie langsam, mit einem verunsicherten Blick auf Tom, die Hand zurück, die Wisal plötzlich ergriff und herzlich schüttelte.
„Hallo, Mia, schön dich kennenlernen“, sagte er mit einem breiten Lächeln.
Diese lächelte zurück, warf aber Kemal einen Blick zu, der noch immer den Kopf gesenkt hielt.
„Kemal, warum gibst du Mia nicht die Hand? Das ist sehr unhöflich“, sagte Tom leise auf Englisch.
Kemal sah ihn an. „Das ist Haram“, antwortete er leise, aber Mia hatte ihn scheinbar verstanden und runzelte die Stirn.
„Was soll daran verboten sein?“, fragte sie verwundert und sah zu Wisal, der seinerseits hilflos die Schultern zuckte. Ehe er etwas sagen konnte, war Tom näher an Kemal herangetreten.
„Kemal, dein Verhalten beleidigt Mia und mich als ihren Freund auch. Sie wollte nur freundlich zu dir sein und bei uns ist es üblich, sich die Hand zur Begrüßung zu reichen.“
Kemal stand auf und holte tief Luft. „Es ist Haram“, beharrte er weiter auf Englisch und ließ nur einen kurzen Blick zu Mia schweifen. „Und warum lässt du es zu, dass deine Freundin so, so…fast unbekleidet umherläuft, wie eine Hure?“
Tom war einen Augenblick sprachlos und Wisal trat zwischen die beiden jungen Männer. „Bruder, hör einmal…“
„Das ist ja wohl die Höhe“, fuhr jetzt Mia auf. Tom legte ihr die Hand auf den Arm, aber sie schüttelte ihn ab. „Der Kerl spinnt doch“, sagte sie wutentbrannt.
Tom ging näher an Kemal heran. „Du entschuldigst dich augenblicklich bei Mia“, sagte er in harschem Ton, was dieser aber mit einem heftigen Kopfschütteln ablehnte.
Die ersten Passanten wurden aufmerksam und Wisal versuchte wieder, allerdings erfolglos, zu vermitteln.
Ein heftiges Wortgefecht entstand und schließlich riss Tom, der allgemein als sehr ruhig galt, der Geduldsfaden. Er packte Kemal am Arm, aber der wich so heftig zurück, dass Tom die Balance verlor und rückwärts ins Gras fiel.
„Was ist hier los?“
Zwei uniformierte Polizisten hatten sich, wohl von der Lautstärke der Auseinandersetzung angezogen, für die Beteiligten unbemerkt, genähert und sahen jetzt alle vier Anwesende an. Tom hatte sich bereits wieder aufgerappelt und klopfte sich den Staub ab. „Dieser Kerl hat mich als Hure betitelt“, sagte Mia Bauer mit inzwischen hochrotem Kopf.
Tom machte eine beschwichtigende Geste. „Ein Missverständnis, wirklich. Bitte Mia.“
Er sah seine Freundin an und die zuckte schließlich resigniert die Schultern. „Ja, so war es wohl“, sagte sie schließlich.
Es war offensichtlich, dass sie keinen Streit mit ihrem Freund wollte und nachgab.
„Hm“, machte der eine Polizist und sah alle Anwesende nachdenklich an. „Sie kennen sich?“, fragte er und Tom erzählte ihm kurz das Vorgefallene.
Kemal Abrim war ein paar Schritte zur Seite getreten.
„So, jetzt mal die Papiere“, forderte der andere Polizist ihn ziemlich harsch auf, er schien zu vermuten, dass dieser sich aus dem Staub machen wollte.
„Er spricht kein Deutsch“, wandte Wisal ein und reichte seine Papiere dem Polizist.
„Hm“, brummte dieser wieder, als sich Kemal plötzlich in Bewegung setzte.
„He, hiergeblieben“, rief der andere Polizist, aber Kemal war ein außerordentlich guter Sprinter und so nach wenigen Sekunden aus dem Lutherplatz verschwunden.
„Es ist doch nichts passiert“, wandte jetzt Tom ein, als der Polizist zu seinem Funkgerät griff. „Ich kenne Kemal. Er hat in seinem Land keine guten Erfahrungen mit der Polizei gemacht, deshalb fühlte er sich scheinbar bedroht.“
Er sah die beiden Polizisten verständnisheischend an, die schließlich, nach einem kurzen Blickwechsel, die Schultern zuckten.
Sie sahen zu Mia, die Toms Hand ergriffen hatte.
„Alles in Ordnung“, sagte diese leise und man spürte, dass das eben erlebte sie noch bewegte.
„Gut“, sagte der jüngere Polizist. „Dann geben sie uns mal den vollständigen Namen des jungen Mannes.“ Wisal übernahm das und die beiden Beamten gingen weiter.
Der junge Ägypter schüttelte den Kopf. „So ein…“ „Idiot?“, ergänzte Mia und Wisal nickte.
Dann mussten alle drei lachen.
„Ich bin froh, wieder zu Hause zu sein“, seufzte Mike und rollte den Koffer durch den Flur. Kate schüttelte nur den Kopf und schloss die Haustür hinter sich.
„So schlimm war es nun auch nicht“, sagte sie und ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen.
Lächelnd betrachtete sie die Vase vor sich mit frischen Blumen, die sicherlich Jasmin hingestellt hatte.
Frau Anselm, ihre Haushalthilfe, hatte den Kühlschrank gefüllt und das Haus geputzt, aber diese Geste war eindeutig Jasmins Handschrift.
Mike setzte sich ihr gegenüber. „So war das nicht gemeint, aber der Flug und jetzt noch die ganze Fahrerei, das war etwas nervig“, versuchte er, seine Bemerkung von eben etwas zu neutralisieren.
Kate winkte ab. „Du hättest nicht mitkommen müssen. Auch wenn Tante Sara nicht mehr da ist, es ist immer noch geballte Familie, das wusstest du.“
Mike verdrehte die Augen. „Als ob du mit so viel Familie immer glücklich bist.“ Schließlich mussten sie beide lachen.
Nachdem Kate ihre Reise zur Beerdigung ihrer Tante wegen der Entführung von Bogdan Serwowitschs Verlobten abgesagt hatte, war Mike mit ihr einen Monat später gemeinsam nach Israel geflogen.
Kate hatte drei Cousins, diese, ihre Ehefrauen und die Kinder hatten sie und Mike voll vereinnahmt, sie wurden förmlich herumgereicht und alle wollten ihnen etwas Gutes tun.
„Ich habe bestimmt vier Kilo zugenommen“, meinte Kate schließlich und erhob sich seufzend.
„Wem sagst du das“, murmelte Mike und strich sich über einen nicht vorhandenen Bauch. Gerade als Kate antworten wollte, klingelte es.
Sie ging zur Tür und wurde unerwartet fast von den Füßen gerissen und versank in der bärenhaften Umarmung von Omar Amri.
„Schön, dass ihr wieder da seid“, dröhnte dieser. Er spähte an ihr vorbei und entdeckte Mike, der gerade in den Flur kam.
„Sicher habt ihr noch nichts gegessen, meine Mutter hat eine wunderbare Auberginenpfanne im Ofen, die reicht für uns alle, also kommt mit rüber.“
Obwohl sie beide müde und nicht gerade hungrig waren, gab es keine Option, Omars Einladung abzulehnen.
„Gib uns ein paar Minuten, nur duschen und die Geschenke für Emma und Franz heraussuchen“, sagte Kate und deutete nach innen.
Omar schüttelte den Kopf. „Ich gehe inzwischen rüber und eure Patenkinder, die sind so was von aufgeregt, seit sie euer Auto gesehen haben, kaum noch zu bändigen sind die Racker.“
Damit trabte er über die Straße hinüber in sein Haus.
„Das war´s mit dem gemütlichen Abend“, maulte Mike mit einem Grinsen.
Kate stupste ihn in die Seite. „Komm, du bist doch einmal im Familienmodus, da macht dir das nichts aus.“ Lachend rannte sie nach oben in Richtung Bad.
„Und was wirst du am Wochenende machen?“,
fragte Polizeiobermeisterin Katy Feilitzsch ihren Partner, der langsam neben ihr lief und dabei einige Passanten geradezu abscannte. Der wandte ihr seinen Kopf zu und grinste breit. „Ausschlafen, definitiv ausschlafen. Mein Gott, das ist mein erstes freies Wochenende seit gefühlt Weihnachten.“
Katy stieß einen prustenden Ton aus. „Was ist aus unserer Jugend nur geworden? In deinem Alter bin ich auf die Piste und danach gleich zum Dienst. Und ihr seid nur am Jammern.“
Polizeimeister Marcel Trommer sah auf seine gut einen halben Kopf kleinere Kollegin herab. „Ja, ja, die guten alten Zeiten“, sagte er und seine Stimme bebte vom unterdrückten Lachen.
Seine Kollegin war gerade mal zehn Jahre älter als er, spielte sich aber immer einmal auf, als könnte sie seine Mutter sein. Gerade als er noch etwas Bissiges sagen wollte, nahmen sie einen spitzen Schrei wahr und dann rief jemand um Hilfe. Mit einem kurzen Blickwechsel rannten sie beide los, umrundeten die Stadtgalerie in Richtung Haupteingang.
Rücksichtslos bahnten sie sich den Weg durch eine Ansammlung von Menschen unterschiedlichster Nationen, die den Blick auf den eigentlichen Ort des Geschehens versperrten.
Aus dem Augenwinkel sah Marcel, dass bereits einige der Gaffer ihre Smartphones gezückt hatten, um Bilder zu machen oder Videoclips zu drehen.
Endlich standen sie vor einer jungen Frau, die völlig geschockt auf einen jungen Mann deutete, der auf dem Rücken zu ihren Füßen lag. Sie selbst war an den Händen blutverschmiert und ihre weiße ärmellose Sommerbluse sah wie ein avantgardistisches Gemälde aus.
Für einen Moment wirkte es so, als seien sie an das Set eines Filmdrehs gekommen. Mitten aus der Brust des jungen Mannes ragte der Schaft eines Messers, rund um ihn hatte sich, fast geometrisch korrekt, eine kreisrunde Blutlache gebildet. Katy Feilitzsch hatte sich bereits neben ihn gekniet und fühlte seinen Puls an der Carotis. „Er lebt“, sagte sie leise.
„Ich habe schon den Notruf gewählt“, sagte ein junger Mann mit Basecap und hielt sein Smartphone in die Höhe. „Na wenigstens einer, der nicht damit filmt, sondern etwas nützliches macht“, brummte Marcel und nickte ihm anerkennend zu.
Prompt waren in der Ferne die Geräusche von nahenden Martinshörnern zu hören.
Der Verletzte öffnete etwas die Augen und Katy berührte sanft seinen Arm. „Sie werden gleich versorgt.
Ich bin Polizistin. Können sie mir ihren Namen sagen?“ Der junge Mann atmete schwer, öffnete aber den Mund. „Tom“, röchelte er mehr als er die Worte lautieren konnte.
„Gut Tom, ich bin Katy. Können sie mir sagen was passiert ist?“ Er schloss langsam die Augen.
Katy Feilitzsch rieb kräftig über seine Wange.
„Tom, öffnen sie die Augen, bitte. Reden sie mit mir.“
Ihre Stimme war jetzt laut, auch um die nahenden Martinshörner zu übertönen.
Marcel Trommer hatte inzwischen seinen Arm um die heftig zitternde und sichtlich unter Schock stehende junge Frau gelegt, während er mit der anderen Hand über Funk Verstärkung anforderte.
„Ich kam aus der Galerie und da lag er schon so da und hatte das Messer in der Brust. Ein junger Kerl hatte sich über ihn gebeugt, ist aber aufgesprungen und weggelaufen. Seine Hände und auch das T-Shirt waren voller Blut.“
Ihre Stimme versagte und langsam atmete sie konzentriert ein und aus. „Ich habe gedacht, ich kann ihm helfen und habe mich direkt in das Blut gekniet.
Aber das Messer, ich wusste, das darf ich nicht rausziehen, ich…“ Sie atmetet so heftig, als würde sie jeden Moment hyperventilieren.
„Würden sie den Mann wiedererkennen?“, fragte Marcel, auch um sie abzulenken. Sie holte wieder langsamer Luft und atmete konzentrierter ein und aus. Dann schüttelte sie den Kopf.
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Er hatte eine schwarze Mütze auf, war aber eindeutig von südländischem Typ“, sagte sie leise, aber der junge Mann mit dem Basecape hatte sie gehört.
„So musste es ja mal kommen“, sagte er laut und mit Zorn in der Stimme.
Verdutzt sah Marcel zu ihm auf. „Was?“, fragte er.
„Na, dass diese Typen einen von uns abstechen“, rief der Basecapeträger so laut, dass es über den gesamten Platz schallte. Sofort kam es zu lautstarken Diskussionen unter den Umstehenden.
Verdammt, das hatte ihnen gerade noch gefehlt.
Jemand, der mit haltlosen Vermutungen die Stimmung anheizte. Wann traf endlich Verstärkung ein?
Zumindest waren jetzt vier Männer des privaten Sicherheitsdienstes dazugekommen und taten ihr Möglichstes, um zu verhindern, dass die Schaulustigen immer mehr an Katy und den Verletzten heranrückten. Inzwischen war der Rettungswagen auf dem Tunnel eingetroffen und zwei Sanitäter eilten mit ihrem Equipment heran.