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Eine unheimliche Macht hat König Dickbert, den Stattlichen und sein Himmelblaues Königreich mit einem Wetterfluch belegt. Die Ritter Willi und Thomas, machen sich auf den Weg in den geheimnisvollen Tiefwurzelwald, um dort eine wunderschöne Zauberin um Hilfe zu bitten. Doch die beiden Helden staunen nicht schlecht, als sie nur auf die tollpatschige Hexe Krumdidel treffen, die ja nicht mal ihr Haus verschwinden lassen kann. Auch Krumdidel ahnt nicht, welches Abenteuer ihr bevorsteht ... Doch als sie den beiden seltsamen Gestalten die Tür öffnet, ist sie bereits mitten drin, in einer Geschichte von Umweltverschmutzung, Drachen und sprechenden Bäumen.
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Seitenzahl: 160
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Eine unheimliche Macht hat König Dickbert, den
Stattlichen, und sein Himmelblaues Königreich mit
einem Wetterfluch belegt.
Die Ritter Willi und Thomas, machen sich auf den
Weg in den geheimnisvollen Tiefwurzelwald, um
dort eine wunderschöne Zauberin um Hilfe zu bitten.
Doch die beiden Helden staunen nicht schlecht, als
sie nur auf die tollpatschige Hexe Krumdidel treffen,
die ja nicht mal ihr Haus verschwinden lassen kann.
Auch Krumdidel ahnt nicht, welches Abenteuer ihr
bevorsteht ...
Doch als sie den beiden seltsamen Gestalten die Tür
öffnet, ist sie bereits mitten drin, in einer Geschichte
von Umweltverschmutzung, Drachen und
sprechenden Bäumen. Werden sie gemeinsam etwas
gegen die geheimnisvolle Magie ausrichten können,
die es seit Wochen regnen lässt? Und ist der dicke
König wirklich so unschuldig an der Misere?
Aber ganz nach ihrem Motto:„Man darf Unwissenheit
nicht bestrafen, aber man kann Weisheit lehren!“,
schnappt sich die Hexe ihren frechen Raben und
macht sich mit Willi und Thomas auf den Weg, der
nicht immer so geradeaus läuft, wie die Ritter es
gerne hätten.
Für meinen Sohn,
meinen Sternenglanz
und meine Muse
Kapitel 1 Ein Rabe wird blau
Kapitel 2 Zwei Ritter
Kapitel 3 Der Regen
Kapitel 4 Die Fungiwahtari
Kapitel 5 Canidas Dark
Kapitel 6 Muffknuff, Miesbert und Manschkok
Kapitel 7 Vallaria Orkana Krumdidel
Kapitel 8 Waltraud
Kapitel 9 Die Legende von Wakanwi
Kapitel 10 Baron Bürzel von Bienenstich
Kapitel 11 Eine blaue Feder
Kapitel 12 Zwei Ritter und ein Wolf
Kapitel 13 Ohja
Kapitel 14 Der goldene Schlüssel
Kapitel 15 Zu Hause
Kapitel 16 Ein glückliches Wiedersehen
Kapitel 17 Mutter und Tochter
Kapitel 18 Margarete
Kapitel 19 Der Perlenring
Kapitel 20 Das Ende? Noch nicht ganz…
Wäre Karasu Kruk, ein großer, stattlicher und sehr schwarzer Rabe, an diesem Tag in den Wald geflogen, um Mücken zu jagen, dann hätte er jetzt wahrscheinlich noch schwarze Federn, wie sich das für einen vernünftigen Raben gehört. Stattdessen saß Karasu gemütlich auf einem großen Holzbalken, unter dem Dach eines kleinen, hutzeligen Hexenhäuschens. Den Kopf hatte er unter sein Gefieder gesteckt und so träumte er gerade von einem dicken Regenwurm, als seine liebenswerte, aber etwas zerstreute Mitbewohnerin, die Hexe Hortensia Amaryllis Krumdidel, mal wieder ihre Zaubersprüche durcheinanderwirbelte.
Um ihrer verbeulten Kopfbedeckung durch blaue Farbe etwas mehr Eleganz zu verpassen, klopfte und stupste sie mit ihrem hölzernen Hexenstab auf dem grünen Spitzhut herum, der an einem Haken hängend, auf Veränderung wartete. „Mein neues, blaues Kleid ist ja so bezaubernd, es verdient einen passenden Hut!“, beschloss sie und nuschelte, wie das bei Hexen nun mal so üblich ist, ein paar uralte und verhexte Wörter:
„Colorus maximus Hexenhut,
warst in Grün nur halb so gut.
Werde blau nun, rundherum,
die Idee ist gar nicht dumm.
Leuchte in den schönsten Farben,
will zum neuen Kleid dich tragen!“
Nun ist Hexerei ja keine ganz so exakte Wissenschaft.
Man kann es durch viel Übung lernen, doch gehört auch eine Menge Glück dazu. Im ersten Moment schien Hortensia auch tatsächlich Erfolg zu haben, denn blaue Blasen und gelbe Funken zischten aus dem magischen Stab hervor. Doch dann geschah etwas, was bei Hortensia nicht ungewöhnlich war, ihre Hexerei machte sich selbstständig.
Die bunten Zaubersternchen sausten durch den Raum und bildeten eine kleine Wolke, genau dort, wo Karasu eben noch friedlich geschlummert hatte.
Puff! Von allerhand glitzernden Sternchen bestäubt, wurde der dicke Rabe blau, während Hortensias alter Hut, der neusten Hexenmode zum Trotz, weiterhin hellgrün schimmerte. Vor Schreck fiel der Vogel von seinem Balken, mitten in einen Mehlsack, der offen herum stand, seit Hortensia heute Morgen Schokoladenkekse gebacken hatte.
„Was hast du denn jetzt wieder angerichtet, du Schusselhexe!“, krähte Karasu lauthals. Von dem Mehl musste er husten und weißer Staub wirbelte umher. „Sieh dir das an! Ich bin total blau! Du hast RABEN gesagt, anstatt FARBEN! Mach das sofort rückgängig, sage ich dir!
Du Tollpatsch, du Zaubertriene, du...“
„Ach Karasu, mein schöner, guter Rabe, was regst du dich so auf? Ich habe ganz bestimmt FARBEN gesagt… da bin ich mir fast sicher. Vielleicht wärst du eines Tages auch von selbst blau geworden? Das kann man nicht wissen, ob das jetzt wirklich an meinem Spruch lag?“ Hortensia legte einen Finger an ihre Nase und machte ein skeptisches Gesicht. Dann schnappte sie sich einen Staubwedel und rückte damit, dem mit Mehl bestäubten Raben zu Leibe.
„Verschwinde mit dem Gestrüpp“, schimpfte der dicke Vogel, „das Ding ist doch bestimmt voller Spinnen! Ich habe genau gesehen, wie gestern eine ganz Dicke hinein gekrabbelt ist! Es reicht doch wohl schon, dass ich jetzt aussehe, wie ein gefiederter Moorfrosch, ich möchte nicht auch noch neue Bewohner in meinen Federn haben.“
Zur Bestätigung steckte eine schwarze Spinne ihren winzigen Kopf durch die dünnen Fäden des Staubwedels und begutachtete Hortensia neugierig. Als das kleine Tier feststellte, dass nichts zu befürchten war, sprang es mit einem Salto aus seinem staubigen Versteck und lies sich dann langsam, an einem Seidenfaden auf den Boden gleiten. Zielsicher krabbelte die Spinne davon, und verschwand in einer Mauerspalte.
„DA! Wusste ich es doch!“ Vor Wut hatte sich Karasu derartig aufgeplustert, dass man ihn glatt mit einem dicken, blauen Sofakissen verwechseln konnte. Dabei segelte eine blaue Feder fröhlich durch die Luft und landete nach ein paar Schlenkern ebenfalls auf dem Steinboden des Häuschens.
„Ach, das war doch nur eine ganz kleine Spinne, die ist froh, wenn sie ihre Ruhe hat. Oh, schau nur, was für eine wunderschöne Feder! Die stecke ich mir an meinen Hut, dann ist er wenigstens ein bisschen blau“, beschloss Hortensia, entfernte durch Pusten und Wedeln das Mehl und befestigte die Feder an ihrem Hutband, wo sie bereits ein paar besondere Blätter aus dem Wald aufbewahrte.
„Das ist aber hübsch!“, freute sie sich, als sie ihren Hut von allen Seiten betrachtete. „Und es passt sehr gut zu meinem Kleid! Genau, wie du, mein alter Freund!“
„Raben sind schwarz, du ungeschickte Sprüche - Vermurkserin! S-C-H-W-A-R-Z! Wir wollen auch sehr gerne schwarz sein, weißt du? Wir finden das nämlich schön! S-C-H-Ö-N! Es ist nicht unsere Aufgabe, Hexen-Kleider aufzuhübschen!“ Während der nun sehr blaue Rabe weiter schimpfte, untersuchte er unglücklich sein gefärbtes Gefieder.
„Jetzt beruhige dich doch erst einmal, Karasu! Ich bin sicher, die Farbe wird schon wieder raus gehen. In vierzig oder fünfzig Jahren bist du wieder schwarz wie die Nacht.
Komm, setze dich mal auf meine Schulter und dann gebe ich dir ein paar Kekse!“ Hortensia zog ein dickes Schokoladenplätzchen aus ihrer Rocktasche und wedelte damit in der Luft herum. Wenn der Rabe Karasu Kruk eine Schwäche hatte, dann waren es Kekse und Nüsse.
Und Würmer. Und… ja, schon gut, er aß eben sehr gerne und daher schnappte er sich diesen feinen Keks aus Hortensias Hand und flog damit, immer noch beleidigt, auf seinen Dachbalken zurück.
Gerade als Hortensia eines ihrer staubigen Hexenbücher nach weiteren Farbenzaubern befragen wollte, klopfte es geräuschvoll an der dicken Holztür des kleinen Häuschens. Das war äußerst ungewöhnlich, denn nur selten verirrte sich jemand in diesen Teil des Waldes. Das winzige Hexenhaus, indem Hortensia mit ihrem Raben und allerlei Mäuschen und Spinnen lebte, lag im großen Tiefwurzelwald und war, zwischen Efeu und dicken, alten Bäumen eigentlich kaum zu finden.
Hortensia Amaryllis Krumdidel wollte auch gar nicht gefunden werden. Sie lebte schon seit vielen Jahren alleine in ihrem Wald und der Einzige, der sie hier jemals, und auch nur aus Versehen, entdeckt hatte, war ihr Liebster, ihr Ritter… aber der hatte sie und Karasu vor langer Zeit verlassen. Heldentaten und Abenteuer hatten ihn in die Welt hinaus gelockt, und er würde nie wieder zurückkehren.
„Krumdidel, Kruuuuuumdidel, es hat geklopft! Wo steckst du denn nur wieder, du Hexenspuk, bist du schwerhörig?“ Während Karasu die Hexe lauthals anschnäbelte, rieselten Kekskrümel und Schokoladen Stückchen wie gebackener Schnee, vom Dachbalken auf den Fußboden hinab.
„Ich komme ja schon, du alte Mecker -Krähe!“
Verwundert ging Hortensia dem Lärm entgegen, denn das Hämmern an der Tür wurde bereits lauter. Wer immer da Einlass begehrte, er hatte wohl keine Zeit für Gemütlichkeit.
„Wie ungeduldig von diesem Klopfgeist, und warten will er wohl auch nicht“, ärgerte sich die Hexe und strich dabei ihr neues Kleid glatt. „Dabei muss ich doch erst einmal schauen, wer Einlass begehrt. Ich kann doch hier nicht jeden einfach so rein und wieder raus lassen.“
Ein Blick aus dem geöffneten Fenster, neben der Haustür, zeigte jede Menge Efeu und zwei Gestalten, von denen eine bereits die Faust gehoben hatte, um erneut gegen die Tür zu poltern.
„Bitte, so lasst doch meine Tür heile, lieber Fremder, und sagt mir, warum Ihr so stürmisch an mein Haus klopft, dass den Holzwürmern die Zähne klappern!“
Auf der anderen Seite der Tür brummelte eine tiefe Stimme: „Wir sind Ritter des Königs und haben uns verlaufen. Wir hofften darauf, hier eine große Zauberin anzutreffen. In diesem Wald soll sie wohnen, ähm...das wurde uns zumindest so beschrieben. Sie besitzt große Zauberkraft und wunderschön soll sie auch noch sein.
Strahlend wie ein Regenbogen und mächtig, wie die Sonne.“ Der Ritter bekam ganz glänzende Augen und ein verzücktes Lächeln trat auf sein schmutziges, rundes Gesicht.
„Da wird mir ja ganz schlecht!“ Karasu plusterte sich auf und machte ein würgendes Geräusch: „Hier sind die beiden aber ganz, ganz falsch!“
„So jemanden gibt es hier nicht, denn ich kenne meine Nachbarn und alle, die hier wohnen. Und außer mir, wohnt hier niemand.“ Hortensia schüttelte den Kopf und ihre schwarzen, wilden Locken tanzten wie knorrige Äste an einem alten Baum. „Da seid Ihr wohl erst vom Weg abgekommen und dann völlig falsch abgebogen, meine Herren!“ Die Hexe nahm an, die Sache sei damit wohl erledigt und die beiden würden nun woanders nach ihrer großen Zauberin suchen.
In der Hoffnung, sie könne sich nun wieder ihren Büchern widmen, um vielleicht doch noch einen blauen Hut zu erhalten, wollte Hortensia sich wieder umdrehen, doch die beiden Besucher gaben nicht so schnell auf:
„Aber die Beschreibung, die man uns gab, brachte uns doch direkt hier her.“ Der ungeduldige Klopfer klang nun sehr enttäuscht und knuffte seinem Begleiter gegen den Arm, als wäre es ausschließlich die Schuld der dünnen Bohnenstange, dass sie sich im Wald verlaufen hatten. „Es war eine weite Reise, voller Gefahren, die unseren Mut und unsere Schwerter auf eine harte Probe gestellt hat.
Soll dies nun umsonst gewesen sein?“
„Du willst die Trottel doch wohl nicht rein lassen, Krumdidel!“, schimpfte nun Karasu von der Decke herunter. „Weißt du denn nicht mehr, was das letzte Mal passiert ist, als du die Tür, und dein Herz gleich mit geöffnet hast? Und vielleicht sind die beiden gefährlich...“
Hortensia hatte wirklich keine sehr guten Erfahrungen mit herrenlosen Rittern gemacht, aber die Wanderer vor ihrer Tür schienen Hilfe zu brauchen, und was wäre sie für eine Hexe, wenn sie das einfach ignorierte.
„Könnt Ihr denn beweisen, dass Euch der König schickt, meine Herren?“, fragte sie deshalb vorsichtig nach.
Der zweite Besucher, der bisher geschwiegen hatte, zog eine verknickte Schriftrolle hervor und steckte sie durch das kleine Fenster. Hortensia nahm das Papier entgegen, entrollte die Nachricht und las laut vor:
„Verehrte, große Zauberin,
ich hoffe, mein Hilferuf erreicht Euch noch rechtzeitig
und Ihr seid nicht allzu beschäftigt?
Meine guten und tapferen Ritter werden Euch nahelegen,
was mein Anliegen in dieser Sache betrifft und wie es
Euch obliegt, in dieser Angelegenheit zu handeln, oder
eben nicht. Solltet Ihr die Güte haben, Euch zu
entschließen, die Bereitschaft zu haben, den Beiden Eure
Zuhörerschaft zu erweisen, würde mein Dank Euch für
ewig hinterher schleichen, Euch aber keineswegs zur Last
fallen wollen, oder störend beeinträchtigen.
In völliger Ergebenheit und Unwürde,
König Dickbert der Stattliche.
Monarch und Oberaufpasser des Himmelblauen
Königreiches
Bewacher von Burg Korallenstein
Gewinner des Vielesser Preises des letzten Jahres und des
Jahres davor, sowie (von Menschen) ungeschlagener
Meister in dem königlichen Spiel Burgen-Duell“
Das war zu viel für Karasu. Er lachte so sehr, dass er fast vom Dachbalken fiel. „Ach du dicke Feder, das ist ja nicht zum Aushalten. So ein verschwurbelter Quatsch von diesem aufgeblasenen… warte mal, ein Vielesser-Wettbewerb? Habe ich das richtig gehört? Wo findet denn so was wohl statt?“
Während der Vogel noch überlegte, ob er bei so einem Wettbewerb wohl auch gute Chancen hätte, reichten die Ritter noch einen weiteren Beweis ihrer Echtheit durch das Fenster: „Hier, wenn Ihr gnädigst schauen möchtet, meine Dame, der Siegelring des Königs. Wenn Ihr uns nun immer noch nicht hineinlassen wollt, ist das sehr wohl verständlich. Ihr kennt uns nicht und solltet vorsichtig sein. Doch dann ist es unser Schicksal, wohl direkt hier, vor Eurer Tür, zu verhungern. Wenn ihr dann mal ausgehen möchtet, zum Beispiel Wasser holen, werdet Ihr von dieser Stunde an, einen großen Schritt über zwei Ritterskelette machen müssen, die Euch immer daran erinnern werden, dass -“ „Na, na, na, Herr Ritter, nun schmeißt mal nicht gleich Euer Schwert ins Laub“, unterbrach Hortensia den verzweifelten Mann vor ihrer Tür, „Ich kann Euch gerne eine heiße Suppe anbieten, dann seid ihr nicht wegen nichts, mal gar nicht so weit gereist!“
Mit diesen Worten schloss Hortensia die Tür auf und der lange, dürre und der kleine dicke Ritter betraten neugierig das Häuschen.
Die beiden Ritter sahen wirklich stark gebeutelt aus, wie sie da so im Holzrahmen der alten Tür standen. Der Bauch von dem kleineren Mann war so rund, als hätte er ein Nilpferd unter dem Umhang versteckt. Den Helm seiner Rüstung, hielt er unter dem Arm und seine Haare standen wild in alle Richtungen ab. Dem großen Dürren dagegen, hingen die Haare unter seinem eisernen Kopfschutz, wie lange Nudeln vom Kopf herab. Sie hatten wohl bei Ihrer Abreise nicht an einen Kamm gedacht.
Beide trugen aber, neben zahlreichen Blättern und anderem Gestrüpp, ein hübsches Wappen an ihren Umhängen. Auf himmelblauem Untergrund schwebte ein zartes Seepferdchen über einem Meer voller ungestümer Wellen. Am Ufer des Wassers wachte, geschmückt mit einem verschnörkelten D, eine eindrucksvolle Burg über das Land und die See. Auf den Zinnen des Turms wehte das Banner von König Dickbert, dem Stattlichen. Er war der Nachfolger von Siggigunde, der Siegreichen. Wenn man den Geschichten der Minnesänger glauben durfte, hatte die äußerst robuste Dame mehr Drachen aus dem Himmelblauen Königreich vertrieben, als ein Tausendfüßler Beine hatte.
Es schienen also wirklich Ritter zu sein, die hier erschöpft in Hortensias Haus stolperten. Vielleicht nicht die Besten, die das Königreich zu bieten hatte, aber immerhin Herren von Stand und Adel.
„Kommen Sie, setzen Sie sich doch hier an den Kamin, meine Herren. Das Feuer wird Sie wärmen“, lud Hortensia die beiden ein und so legten die Wanderer ihre Umhänge auf zwei gemütliche Sessel und ließen sich, erleichtert und schnaufend, zwischen den plüschigen Kissen nieder. Eine Menge Dreck rieselte dabei aus ihrer Kleidung und eine graubraune Motte flog aus den Falten des Stoffes hervor, um sich schnell in einer dunklen Ecke der Hütte zu verkriechen.
„Dürften wir uns Ihnen einmal vorstellen?“ Beide Besucher erhoben sich wieder und verbeugten sich so tief, dass sie mit ihren Nasen bequem den Boden beschnüffeln konnten.
„Nein, vor mich stellen dürfen Sie sich nicht. Wie sollte ich denn da noch meine Arbeit erledigen? Ich wollte ja noch die Suppe kochen, die Mäuse füttern und heute ist außerdem Waschtag!“
„Nein, also äh...wir möchten ihnen sagen, wer wir sind und woher wir kommen.“ Die Männer richteten sich wieder auf, da sie langsam Rückenschmerzen bekamen.
Ihre Gesichter waren schon ganz rot, und hier und da, knackten ihre Knie und Hälse bedenklich laut.
„Ich weiß doch, woher Sie kommen! Von draußen natürlich, ich habe Sie ja schließlich selber hereingelassen.“ Hortensia sah die Ritter an, als wären diese etwas wunderlich im Kopf. „Aber Ihre Namen könnten sie mir immerhin mal sagen. Wenn ich schon koche, möchte ich doch wenigstens wissen für wen!?“
Die tapferen Männer tauschten einige fragende Blicke aus und dann stellten sie sich vor: „Mein Name ist Willibald.
Ritter Willibald von Waldgrün. Und mein Begleiter hier, das ist der treue Herr Thomas Treurich von Tutzingen.
Wir sind im Auftrag unseres Königs und Herrschers aufgebrochen, um eine mächtige Zauberin zu suchen und sie zur Burg Korallenstein zu bringen.“
Während der Dicke dies sagte, schien er vor Stolz ein wenig zu wachsen. Er holte eine lange, silberne Kette aus seinem Wams hervor und hielt Hortensia einen runden Anhänger vor die Nase. „Dies ist das Siegel des Hauses Von Waldgrün!“ Die kleine, glänzende Scheibe zeigte ein Schwert, das zusammen mit einem Baum, ein Kreuz bildete.
Der treue Thomas nickte zu den Erklärungen seines Freundes so heftig mit dem Kopf, dass seine Nudelhaare einen wilden Tanz aufführten.
Da drang plötzlich ein krächzendes Gekicher von der Decke herab: „Krchhähähä, dass ich nicht lache. Da hat der König ja ein paar schöne Helden geschickt. Einen langen dürren Ast und eine dicke Kastanie auf zwei Beinen.“
Alle schauten überrascht nach oben und erblickten Karasu, der feixend mit dem Schnabel klapperte.
„Oh, ta hapen Sie aper einen pesonters großen, plauen Wellensittich“, bemerkte der treue Thomas bewundernd und noch dazu mit einer sehr seltsamen Aussprache.
Wenn er den Buchstaben B sagen wollte, klang es wie ein P und auch mit dem T und dem D schien er es nicht so genau zu nehmen.
Karasu Kruk brachte der fehlende Respekt natürlich umgehend auf die Palme: „Wellensittich?
WELLENSITTICH? Da platzt mir jetzt aber gleich der hintere Teil meiner Federn! Ich bin ein Rabe, du… du Blumenstängel!“ Wütend plusterte er sich auf und hüpfte, wie ein blauer Ball, auf seinem Dachbalken herum.
Der tapfere Abenteurer bekam nun große Augen: „Ein sprechenter Vogel? Aper wie ist tas möglich? Unt sint Rapen nicht eigentlich schwarz?“ Hilfe suchend blickte er seinen Freund Willi an, doch der interessierte sich mehr für Hortensias Kochkünste. Gierig starrte er auf den glänzenden Kupferkessel, der über dem Feuer im Kamin vor sich hin blubberte.
„Der unhöfliche Vogel da oben, das ist Karasu Kruk, meine Herren und ich bin Hortensia Amaryllis Krumdidel. Aber setzen Sie sich doch gerne wieder auf Ihre vier Buchstaben. Wenn Sie hier so im Weg herumstehen, kann die Suppe ja gar nicht gelingen. Sie wollen doch wohl keine braune Sumpfbrühe essen?“
Die Ritter waren sich schnell einig, dass Sumpfbrühe ihnen nicht schmecken würde, und kuschelten sich schnell wieder in die gemütlichen Sessel. Heimlich zogen sie die Schuhe aus und hielten die geschundenen Füße so nah an das Feuer, dass ihre durchlöcherten Wollsocken dampften.
Währenddessen machte sich Hortensia zum Kochen bereit. Sie schob die Ärmel ihres Kleides energisch über die Ellenbogen und summte und brummte dabei ein paar seltsame Wörter. In einigen Regalen an der Wand klirrte es erwartungsfroh und schon kamen die ersten Fläschchen und Gläser herbei geeilt.
Die auf magische Weise, fliegenden Gefäße beinhalteten allerhand grüne, braune und gelbe Gewürze, und waren mit verschnörkelten Buchstaben beschriftet. Ein Gläschen mit rotem Pulver schubste eine braune Dose aus der Flugbahn, nur, um noch schneller bei der Hexe zu sein.
Als die Dose, wenn auch etwas verspätet am Suppenkessel auftauchte, verpasste sie dem Gläschen einen rachsüchtigen Stoß von hinten, wobei sich viel zu viel rotes Pulver in der Suppe verteilte.