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Jockgrim, ein kleiner Ort in der Südpfalz, ist die Heimat der beiden Freundinnen Fine und Lina. Hier begegnen die beiden Mädchen einem sonderbaren Fremden, der sich ihnen als Hinkeplinke vorstellt. Fine bekommt von ihm einen rosa Delfinluftballon geschenkt. Eigentlich findet sie sich viel zu alt für einen Luftballon, doch etwas Magisches geht von ihm aus. Schon nach kurzer Zeit fliegt er auf und davon. Zu Beginn der Sommerferien fahren die beiden Mädchen mit den Eltern und dem kleinen Bruder zu den Großeltern in das kleine Dorf Bramel beinahe am Meer. Dort begegnen sie dem seltsamen Fremden Hinkeplinke wieder und erleben ein spannendes Abenteuer. Eine heitere und spannende Familiengeschichte zum Lesen und Vorlesen.
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Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Für Anna-Lena und Felix
Ich danke Sandra und Volker für die tatkräftige Unterstützung.
Eine Geschichte nimmt ihren Lauf
Ein Sommersonntag
Eine total langweilige Ausstellung
Ein seltsamer Fremder
Der Delfin, der Rosinante heißt
Das schlechte Gewissen
Eine fast durchwachte Nacht
Der Tag vor der Abreise
Eine Zugfahrt von Süd nach Nord
Angekommen
Fundortbesichtigung
Hinkeplinkes Geschichte
Noch ein denkwürdiger Tag.
Das Ende dieser Geschichte und viel später ein neuer Anfang
Anhang
Linas Labskaus-Rezept für Lamin
Forschungsschiff „Polarstern“
Segelschulschiff „Alexander von Humboldt II“ („Alex II“)
Fahrgastschiff „Geestemünde“
Dreimastbark „Seute Deern“
Mit den Geschichten ist das so eine Sache, sie passieren ohne große Ankündigung und manches Mal gerade dann, wenn man sie überhaupt nicht gebrauchen kann. Viel lieber würde man an andere Dinge denken, die im Moment viel spannender, interessanter eben viel schöner sind. Der Kopf tut weh von all dem vielen Nachdenken und dabei lassen sie sich so schlecht vertreiben, die Gedanken, die man dann mit sich trägt, aber so ist das mit diesen Geschichten, es gibt sie wirklich und man kann sich nicht dagegen wehren. Sie beschäftigen uns so, dass man manches Mal nicht schlafen kann. Sie können von unterschiedlichster Bedeutung sein. Manche sind recht lustig, tagelang kann man sich über sie totlachen. Diese Geschichten sind noch gut auszuhalten, nur der Bauch tut einem vom vielen Lachen weh. Über einige muss man viel nachdenken und am Ende bleibt das Gefühl, der Kopf müsste einem zerplatzen. Und dann gibt es die, die wütend machen, bei denen man sich kaum beherrschen kann. Ein bisschen schämt man sich hinterher, weil man so ausgerastet ist. Aber am schlimmsten sind dann doch die traurigen Geschichten, bei denen man weinen und weinen muss, und man denkt, nie im Leben wieder damit aufhören zu können.
So ähnlich war das auch mit Fines Geschichte. Sie war eine dieser traurigen Erzählungen, auch für uns, die wir alle dabeistanden, obwohl wir doch schon ganz schön alt waren. Wir sahen, wie sich der rosa Delfin auf und davon machte und Fines Tränen nicht aufzuhalten waren und somit hatten wir plötzlich auch jeder ein Taschentuch in den Händen. Er war ja eigentlich auch nur ein Luftballon, der sich vielleicht nur aus Versehen, so mir nichts dir nichts einfach auf den Weg gemacht hatte.
Es hätte überall auf der Erde und zu jeder Zeit, an jedem Ort passieren können. Mit anderen Kindern: vielleicht mit einem James aus England, einer Mai-Ling aus China, Fatima aus der Türkei, einem Aljoscha aus Russland, Amira aus Ägypten, Kibu aus Afrika oder einem Mustafa aus dem Iran. Aber welche Namen sie auch gehabt hätten, die Jungen und Mädchen unserer Erde, die unterschiedlichsten Träume und Wünsche wären mitgeflogen in einen Himmel, der überall gleich ist, auf dieser Welt. Vielleicht wären diese Luftballons aber auch bei dem kleinsten Hindernis einfach zerplatzt. Vielleicht aber wäre das Glück auf ihrer Seite gewesen und sie hätten mit dem Wind die Wolken erreicht, wären schließlich bis zu den Sternen hinaufgeflogen, dorthin wo die meisten Wünsche sich erfüllen.
So hätte es gewesen sein können.
Aber es war nun einmal Fines Geschichte, die einen völlig anderen Verlauf nahm, als man hätte annehmen können.
Ich war die Einzige, die sie aufschreiben durfte, wobei sie mich streng kontrollierte, und so durfte ich nicht einen von mir erdachten Satz, nicht ein Wort dazu mogeln.
Hier! Genau hier! Hier beginnt nun Fines Geschichte: An einem wunderschönen, vielversprechenden Sommertag, der gerade Einzug gehalten hatte. Die Sonne lugte schon ganz früh durch die Häuserreihen und nicht eine Wolke verdeckte die roten, aneinandergeschmiegten Dächer der Reihenhaussiedlung. Jockgrim, das ist Fines zu Hause. Hier geht sie in die Schule, in den Sportverein, hier saust sie mit ihrem Roller durch alle Straßen und sieht dabei oft so verwegen aus, wenn sie so um die Ecken fegt. Im Sommer vergeht nicht ein Tag, den sie nicht an dem See verbringt. Natürlich hat sie auch eine Menge Freundinnen und manches Mal treffen sich dort auch viele Kindern. Ihre beste Freundin aber ist Lina, gemeinsam teilen sie nicht nur die Schulbank, auch sonst gehen sie durch dick und dünn. Fine und Linas Schlachtruf: „Gemeinsam sind wir unschlagbar!“
Der kleine blitzblanke Ort liegt im Süden von Deutschland, nahe an der Grenze zu Frankreich. Umgeben von wunderschönen Weinbergen, Burgen und Seen. Prima wandern kann man im Pfälzer Wald und shoppen ohne Ende, wie Mama Anne immer sagt, in den Städten Landau und Karlsruhe. Und dann ist da noch der breite Fluss, der Rhein, der ins Meer fließt. So manches Mal wünschten sich die Mädels eine Flussfahrt auf eine der Lastkähne, die, wie ihnen schien, bis ans Ende der Welt fuhren.
Aber nun lag an diesem denkwürdigen, besagten Sonntag Jockgrim beinahe noch im Tiefschlaf. Im Haus Nummer 4F deckte Mama im Garten den Kaffeetisch. Sie fühlte die schon wärmenden Sonnenstrahlen auf ihren Schultern und reckte und streckte ihre Arme wohlig in den blauen Himmel und genoss die anhaltende Stille, die aber gerade so lange anhielt, bis aus dem oberen Kinderzimmer das Möppelchen wie verrückt anfing zu brüllen.
Das Möppelchen, das im wirklichen Leben Tim heißt, ist Fines kleiner Bruder, und wenn er nicht gerade die Windeln vollgepupst hatte, liebte sie ihn heiß und innig. Zu allem Überfluss besang Fine laut und völlig falsch die ‚Nordseewellen, die an den Strand trekken’, in Vorfreude auf die Sommerferien bei Oma Janne und Opa Hannes in Bramel, ‚beinahe am Meer‘.
Spätestens jetzt war auch die Nachbarschaft wach. Durch die geöffneten Fenster drang Papas tiefe Stimme: „Könnt Ihr nicht mal leise sein. Nicht mal an einem Sonntag kann man ausschlafen.“
Mama musste grinsen, wusste sie doch nur zu gut, wie Papa jetzt gut getarnt unter Decken und Kissen auf den Grund des Bettes abtauchen würde. Aber es half ja nichts, auch Papa musste aufstehen. Oma Martha und Opa Heinrich waren im Anmarsch und hatten sich zum Frühstück angesagt.
So ein bisschen wollten sie alle gemeinsam Abschied feiern, denn Oma Martha und Opa Heinrich fuhren in den großen Ferien nicht mit ans Meer, sie wollten mit dem Wohnwagen nach Bayern.
Auf der Straße schrillten die ersten Fahrradklingeln und beinahe war es wie an jedem Sonntag. Die Puppenmütter holten fast alle gleichzeitig, wie auf Kommando und wegen der besonders frischen Luft, ihre Kinder samt Bettchen und Wagen in die Türeingänge. Dort besuchten sie sich gegenseitig, grüßten sich höflich und wünschten sich, die Puppen auf dem Arm, einen schönen Sonntag. Oma Martha ließ sich in den bequemsten und breitesten Gartenstuhl fallen. Opa hatte Appetit auf Leberwurstbrötchen. Mama schenkte Kaffee ein. Möppelchens frisch gewaschenes Gesicht glänzte noch, ebenso wie sein kleiner Po. Papa knurrte leise: „Friede, Freude, Eierkuchen.“
„Nix, Eierkuchen“, sagte Mama, „heute nicht!“ Doch vollzählig war die Familie längst noch nicht, denn Oma Janne und Opa Hannes ‚beinahe am Meer‘ fehlten noch, wie so oft in dieser Runde. Das bedauerten alle sehr, am meisten aber Fine. Einmal quer durch Deutschland musste man fahren, bis man bei Oma Janne und Opa Hannes ‚beinahe am Meer‘ war. Sie wohnen nicht genau dort, wo die Stadt Bremerhaven liegt und wo der Fluss, die Weser, in die Nordsee fließ. Nein, dass nun nicht gerade, aber nur wenig Kilometer von dieser Stadt entfernt, in einem kleinen Dorf, das Bramel heißt. Fine liebte dieses Dorf, wo es immer etwas zu entdecken, erleben und bestaunen gab. Mal waren es die kleinen Kälbchen auf den Weiden, die Schafstelle, wo sie schon mal hineinschauen und die kleinen Lämmer streicheln durfte. Das Erntedankfest war auch immer ganz lustig, es gab viele Spiele für die Kinder. Am schönsten aber war das Laternelaufen im Herbst. Sie sang dabei lautstark, auch wenn sie nicht immer den richtigen Ton traf, war es für sie genau das Richtige und meistens hatte Opa ihr eine Laterne gebastelt. Aber Bramel liegt nun mal, wie Fine sagt, „eben nur beinahe am Meer“. Zwar gibt es dort auch einen Fluss, aber nur einen ganz schmalen, der sich romantisch durch die flachen Wiesen und Äcker schlängelt, Geeste heißt und in die Weser mündet und die, wie wir ja nun wissen, wiederum in die Nordsee fließt.
Und dorthin sollte nun in wenigen Tagen mit Beginn der großen Ferien für Mama, Anne, Papa Jens, Möppelchen und Fine die Reise beginnen. Zu Oma Janne und Opa Hannes ‚beinahe am Meer‘.
Aber im Augenblick polterte Fine noch von ganz oben aus dem Haus mit ihrem Roller die Treppen herunter und dabei übersprang sie immer eine Stufe. Als sie nun vor dem
Familienclan stand, sah sie zu komisch aus. Opa Heinrich lachte laut und der Rest bis auf Oma Martha, die ihre Nase rümpfte, stimmten alle, selbst Mama mit ein.
Auf Fines Kopf thronte eine Wollmütze mit einem Norwegermuster, an der Seite mit einem kleinen Bommel versehen, der schon ein wenig ausgefranst war.
Bei jeder Bewegung pendelte er hin und her. Ihre Füße steckten in halbhohen Leinenturnschuhen, die schon bessere Zeiten gesehen hatten. Zumindest der linke, denn da guckte Fines großer Zeh hervor.
Die eigentlichen Schnürbänder hatten längst das Zeitliche gesegnet und stattdessen hatte sie das von Weihnachten übrig gebliebene rot-goldene Schleifenband durch die schon ausgefransten Ösen gezogen. Den krönenden Abschluss bildeten wie bei einem Geschenk, die riesigen Schleifen. Ihre ganze Körperlänge umhüllte Papas weißes, mit kleinen Fältchen versehene Partyhemd aus längst vergangenen Zeiten, von dem er sich nie so richtig trennen konnte. Da sie es auch noch falsch geknöpft hatte, hing es von unterschiedlicher Länge bis fast auf die Knie. Darunter blitzte eine grell-gelbe mit dicken blauen Blumen und grünen Lianen versehene Radlerhose hervor. Ein zauberhafter breiter schwarzer Gürtel, jetzt aus Mamas altem Tanzstundenbestand, Pailletten bestickt, hielt das Hemd in ihrer dünnen schmalen Taille zusammen. Opa Heinrich lachte immer noch. „Fine, Fine! Du siehst ja gelungen aus! Dreh dich mal um!“ Da hatte sie doch auf der Rückseite von Papas ehemaligem Partyhemd in dicken bunten Buchstaben in Schönschrift mit Stoffmalfarbe geschrieben:
„Warum denn die letzte Piratin“, wollte Papa Jens nun wissen. „Na“, sagte Fine, „kennst du noch eine andere hier in Jockgrim? Bei Oma Janne und Opa Hannes ‚beinahe am Meer‘, an der Küste, da gibt es bestimmt noch einige Piraten.“ Papa stimmte ihr ernsthaft zu.
„Ja, ja, da wirst du wohl recht haben“, nickte auch Opa Heinrich. „Hier gibt es mehr so Raubritter und glühende Drachen.“
Und dann ging es los. Sie konnten kein Ende finden. Papa Jens, Sohn von Oma Janne und Opa Hannes, also auch von „beinahe vom Meer“, erzählte von Geisterschiffen, Schatzinseln und Piraten mit und ohne Holzbein. Seeungeheuer, die irgendwo tief im Meer lauerten und wunderschöne Meerjungfrauen bewachten. Opa Heinrich, in der Gegend von Jockgrim aufgewachsen, berichtete stattdessen von eben den besagten Rittern, die versuchten, ihre Burgfräulein aus den Klauen von riesigen feuerspeienden Drachen zu befreien.
Von einem hübschen Mädchen war die Rede, das auf einem Felsen im Rhein saß und ihre langen goldenen Haare kämmte und wunderschön singen konnte und
Loreley hieß. Fine sperrte Mund, Nase und Ohren auf, um auch alles, jedes Wort genau von Opa und Papas Geschichten besser verstehen zu können. Ganz still saß sie da. Ihre Eiszeitmütze hatte sie vom Kopf genommen und hauchte: „Ist das wahr, in Wirklichkeit und in echt?“, fragte sie.
„Klar! Ehrenwort!“, bestätigten beide Geschichtenerzähler. „Die reinsten Wahrheiten! Nix gelogen!“ Fine glaubte an die Sagen, die Oma Martha ihr bei jeder Gelegenheit erzählte, und das konnte Oma Martha immerhin beinahe wissenschaftlich belegen. Sie war schließlich die Expertin.
Aber das alles, das was Papa und Opa da erzählten, war doch bestimmt „dumm Tüch“, dachte sie. Eigentlich mehr so Geschichten für das Möppelchen. Aber spannend, das musste sie zugeben, war es trotzdem, denn beide besaßen eine ausgeprägte Fantasie und bestimmt hätte das jetzt Frau Wendelstein- Dudenstedt gesagt.
Irgendwann hatten Mama Anne und Oma Martha genug von Piraten, Rittern und Meerjungfrauen und so beschlossen sie, gleich für alle anderen mit, am Nachmittag eine Gartenausstellung im Nachbarort zu besuchen. Zu allem Übel musste Fine dafür ihr Outfit ändern. „So geht Sie nicht mit!“ Mama und Oma waren sich einig. Und so durfte Fine einzig die mit Blumen und Lianen bedruckte Radler anbehalten. Ein sommerliches noch fleckenfreies T- Shirt hing jetzt lose darüber und ihre Füße steckten in luftigen Sandalen. Mama hatte ihre kleinen Zöpfchen noch einmal neu und ordentlich geflochten. Wenn Opa Hannes, „beinahe vom Meer“, da gewesen wäre, hätte er bestimmt gesagt, „Fine, du siehst richtig ‚landfein‘ aus, bist eine echte schnuckelige Deern!“
Schließlich quetschten sich alle in Papas Kombi und nach kurzer Fahrt in die lange Schlange vor dem Kassenhäuschen. Fine hampelte ungeduldig von einem Bein auf das andere und das Möppelchen in seiner Karre sah nur Beine, nichts als Beine. Gerade wollte es mal wieder so ein bisschen anfangen zu jaulen, da hatte Oma Martha einen Butterkeks parat.
Schließlich drängelten sie sich von Stand zu Stand. Mama und Oma fielen angesichts der vielen Blumen, Pflanzgefäße und Gartenstatuen vor lauter Begeisterung von einer Ohnmacht in die andere und nach kurzer Zeit schon hatten sich ihre mitgebrachten Beutel mit Pflanzen, die irgendwann einmal wunderschön blühen sollten, gefüllt. Ein eigens abgesperrtes Stück Wiese diente als Übungsgelände zum Ausprobieren all der technischen Neuheiten auf dem Gebiet der Rasenmäher.
Schon saß Papa, das Möppelchen vor sich auf dem Schoß, auf einem solchen Monstrum, das auf dem ersten Blick wie ein ganz gewöhnlicher Trekker aussah. Aber der hatte es in sich, denn auf dem zweiten Blick sah man, dass er in der Lage war, bequem ganze Fußballfelder abzumähen.
Beide quietschten und johlten vor Begeisterung. Papa fuhr und mähte in Gedanken schon den kleinen Reihenhausgarten.
Eine Verschnaufpause war schließlich angesagt. Ein umfangreiches Kuchenbüfett lockte. Opa Heinrich ergatterte ein Tischchen etwas abseits vom Geschehen im Schatten einer großen Eiche. Er sorgte für Kaffee, Kuchen und Limonade. Alles war eigentlich ganz friedlich.
Mama hielt ihre Augen geschlossen und blinzelte ab und zu durch die Zweige, genoss die Wärme auf ihrem Gesicht. Das Möppelchen tapste barfuß über den Rasen und Oma Martha hatte ihre Schuhe ausgezogen, lüftete, reckte und streckte die vom Laufen schmerzenden Füße. Einzig Fine langweilte sich.
„Gibt es hier nicht mal etwas für Kinder? Eine Hüpfburg oder so …?“
„Sieht nicht so aus, ich glaube nicht“, antwortete Mama. Fine schaute in die Runde, ob nicht wenigstens irgendwo ein Kind zum Spielen in ihrer Nähe war.
Dann sah sie ihn.
Fines Atem stockte und stocksteif stand sie da und sah gebannt auf die rätselhafte Gestalt, die am Rande des Festplatzes stand und die Menschenmenge um einiges überragte. Mit offenem Mund und mit weit aufgerissenen Augen verfolgte sie jede seiner Bewegungen. Wie mit riesigen Spinnenbeinen stakste der sonderbare Fremde auf dem Schotterweg am Rande der Wiese auf und ab. Über seinem Kopf schwebte an einer Stange, die auf seinem Rücken befestigt war, eine bunte Traube von Luftballons.
Plötzlich, wie ganz von allein setzten sich Fines Füße in Bewegung. Erst langsam, dann immer schneller. Sie sah und hörte nichts mehr, selbst als Papa rief: „Fine! Fine! Geh nicht allein! Warte auf mich! Warte doch! Ich komme mit!“ Sie schob und drängelte sich durch die Menge und im Nu hatte sie den Rand der Wiese erreicht. Nur wenige Schritte blieb sie vor dem riesigen Mann stehen. Es war der Mantel, der Mantel, der ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm! Der wallende Mantel des Fremden, der ihm in langen Falten, bis weit über die hölzernen Stelzen hinunter- hing. Er leuchtete, schimmerte in allen Schattierungen.