Historical Lords & Ladies Band 50 - Nicola Cornick - E-Book
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Nicola Cornick

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Beschreibung

EIN GEFÄHRLICHER CHARMEUR von CORNICK, NICOLA
Deborah Stratton braucht dringend einen Mann! Natürlich nicht für ein verruchtes Stelldichein, sondern als Scheinverlobten, um eine Zwangsehe zu verhindern. Leider meldet sich auf ihre anonyme Anzeige ausgerechnet Lord Richard Kestrel: Charmant, verwegen - und gefährlich attraktiv. Ritterlich bietet er ihr seine Hilfe an … aber Deborah muss befürchten, dass sie nur zu einer leidenschaftlichen Nacht verführen will!

AUF EWIG - IHRE POLLY von CORNICK, NICOLA
Mit dem Marquess of Hedingham durchbrennen? Das könnte Polly ihren Eltern niemals antun. Dennoch hört sie nie auf, sich nach ihm zu verzehren. Mitansehen zu müssen, wie der Marquess sich zu einem berüchtigten Lebemann entwickelt, schmerzt sie deshalb umso mehr. Und plötzlich macht er ihr erneut Avancen! Zu gern würde Polly sich ihm hingeben - doch kann sie einem mittlerweile stadtbekannten Herzensbrecher vertrauen?

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Nicola Cornick

HISTORICAL LORDS & LADIES BAND 50

IMPRESSUM

HISTORICAL LORDS & LADIES erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg, in der Reihe: HISTORICAL LORDS & LADIES, Band 50 – 2015

© 2004 by Nicola Cornick Originaltitel: „One Night of Scandal“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: HISTORICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Dr. Eva Hoffmann Deutsche Erstausgabe 2008 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe MYLADY SOMMERBAND, Band 1

© 1999 by Nicola Cornick Originaltitel: „Lady Polly“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: HISTORICAL ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Roy Gottwald Deutsche Erstausgabe 2000 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe HISTORICAL MYLADY, Band 310

Abbildungen: Harlequin Books S.A., Santhosh Kumar, Gregor Buir / Thinkstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733761295

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY, CORA CLASSICS

2 Romane von NICOLA CORNICK

Ein gefährlicher Charmeur

Lady Incognita? Richard durchschaut die Anzeige sofort. Die Frau, die ihrer Familie einen Verlobten präsentieren muss, ist Deborah Stratton, die er schon seit Jahren heimlich verehrt. Nun scheint seine Chance gekommen, der betörenden Schönen zu zeigen, dass er der Richtige für sie ist! Leider ahnt Richard nicht, dass er sie dadurch in große Gefahr bringt …

Auf ewig – Ihre Polly

Schon einmal hat der Marquess of Hedingham seine geliebte Polly gebeten, mit ihm davonzulaufen. Damals hat sie es nicht gewagt. Nun sieht er sie wieder – und ein leidenschaftlicher Kuss löscht alle Erinnerungen an die entbehrungsreichen Jahre ohne sie aus … Doch so sehr er sich auch bemüht, Polly scheint ihm nicht zu vertrauen! Hat er sie endgültig verloren?

Ein gefährlicher Charmeur

1. KAPITEL

September 1803

Ärgerlich warf Deborah den Brief ihres Vaters auf die heruntergeklappte Platte ihres Sekretärs. Obwohl sie den Inhalt inzwischen fast auswendig wusste, hatte sie das Schreiben zum dritten Mal gelesen, und dabei war ihr erneut schmerzlich klar geworden, dass sie das Spiel zu weit getrieben hatte.

Der Ton, in dem Lord Walton den Brief verfasst hatte, war zwar durchaus liebenswürdig, doch die Botschaft, die er enthielt, hatte sie in große Verlegenheit gestürzt. Die Freude über ihre Verlobung, die der Vater darin zum Ausdruck brachte, wurde bereits im nächsten Satz Lügen gestraft.

Der Verlobte, schrieb der Vater, befleißige sich einer gewissen Saumseligkeit hinsichtlich der Einholung seiner Erlaubnis. Bei diesen Worten war Deborah zusammengezuckt, denn sie entsprachen nur zu genau der Wahrheit. Ihr zukünftiger Bräutigam hatte sich in dieser Hinsicht tatsächlich eine Nachlässigkeit zuschulden kommen lassen.

Die bevorstehende Hochzeit Deines Bruders, fuhr Lord Walton fort, erscheint mir deshalb als die ideale Gelegenheit, den Gentleman in Deine Familie einzuführen, sodass er sich meiner Zustimmung zu Eurer Eheschließung versichern kann, wenn auch verspätet …

Deborah seufzte, denn sie konnte natürlich nicht umhin zuzugeben, dass es in der Tat die perfekte Gelegenheit wäre, gäbe es da nicht dieses einzige kleine Problem. Die Vorstellung ihres Bräutigams konnte weder heute noch zu der Hochzeitsfeier stattfinden, da ihr Verlobter nur ein Produkt ihrer Fantasie war. Sie hatte ihn einzig und allein zu dem Zweck erfunden, ihren Vater künftighin davon abzuhalten, sich in ihre Angelegenheiten einzumischen.

Seit Längerem hatte Lord Walton seine jüngere Tochter dazu gedrängt, für einige Zeit in ihr Elternhaus nach Bath zurückzukehren. Die diesbezüglichen Briefe waren in letzter Zeit eindringlicher geworden. Immer wieder wies er darauf hin, dass es für eine junge Witwe wie Deborah unschicklich sei, allein mit nur einer weiblichen Begleitung zu leben. Viel besser wäre es deshalb für sie, nach Hause zu kommen, zumal das auch noch die Ausgaben für ihren Haushalt ersparen würde.

Es war eine Forderung, die der Vater sehr leicht mit der simplen Maßnahme durchsetzen konnte, die Unterhaltszahlung für sie einzustellen. Deborah wusste das nur zu genau und hatte ihm deshalb in ihrer Verzweiflung mitgeteilt, sie habe sich kürzlich mit einem Gentleman aus Suffolk verlobt und wolle deshalb in Midwinter bleiben. Der Brief, der jetzt vor ihr lag, war die Antwort darauf.

Er schloss mit den Worten: Wir freuen uns darauf, Euch beide in zwei Monaten auf Guys Hochzeit begrüßen zu können.

Deborah lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Wie Mrs Aintree vorausgesagt hatte, war ihre List nach hinten losgegangen. Sie selbst hatte sich in diese missliche Lage gebracht und musste nun sehen, wie sie wieder herauskam.

Ärgerlich erhob sie sich und ging in das Frühstückszimmer, wo ihre ehemalige Gouvernante Mrs Aintree, eine äußerst praktisch veranlagte Dame unbestimmten Alters, immer noch am Tisch saß und die Lokalzeitung las. Deborahs impulsiver Charakter war ihr hinreichend bekannt, ebenso wie die Tatsache, dass ihre Warnungen manchmal beachtet wurden und manchmal auch nicht. Das hier war ein Fall der letzteren Art.

Mit milder Belustigung betrachtete sie Deborahs zornige Miene. „Ich nehme an, die Antwort deines Vaters entspricht nicht deinen Erwartungen?“

„Allerdings.“ Deborah ließ sich auf ihren Stuhl fallen und goss sich eine Tasse Schokolade ein.

„Ich hatte gehofft, Papa würde sich freuen, mich sicher verlobt zu wissen, und deshalb meinem Verbleib in Midwinter zustimmen. Stattdessen verlangt er, dass ich mit meinem Bräutigam zu Guys Hochzeit komme.“

Mrs Aintree murmelte etwas, das sich anhörte wie „Ich habe es dir vorausgesagt …“.

„Ja, ja, ich weiß, Clarrie, aber ich habe gedacht … Ach, ich bin ja so erbost!“

„Über dich?“, erkundigte sich Mrs Aintree ein wenig hinterhältig.

Deborah musterte sie ärgerlich. „Ja! Und über Olivia. Warum musste sie Papa sagen, dass ich in einer gefährlichen Gegend wohne.“

„Aber das stimmt doch“, erwiderte Mrs Aintree sachlich.

„Ja, allerdings wäre er nie auf den Gedanken gekommen, mich nach Hause zu holen, wenn sie es ihm nicht geschrieben hätte.“

Mrs Aintree kaute ihren gebutterten Toast langsam und sorgfältig und sagte dann: „Dein Vater ist nicht dumm, Deborah. Ich bin sicher, er kennt die Gefahr einer französischen Invasion in Suffolk.“

Deborah nickte resigniert, denn sie war sich bewusst, dass sie die Schuld nicht auf Olivia Marney, ihre ältere Schwester, schieben konnte.

Nichtsdestoweniger fuhr sie fort: „Ja, aber sie hat ihm auch noch erzählt, dass der Schmuggel hier blüht und dass es in der Nachbarschaft Spione geben soll und wer weiß, was noch alles. Sie hat ihm tausend Gründe geliefert, um mich nach Hause zurückzuholen.“ Einen Augenblick lang schwieg sie und fügte dann leise hinzu: „Wenn ich sie nicht besser kennen würde, könnte man meinen, sie habe es mit Absicht getan.“

„Das ist deiner nicht würdig.“ Tadelnd schüttelte Mrs Aintree den Kopf. „Du weißt, dass deine Schwester so etwas nie tun würde. Sie hat niemals versucht, dich loszuwerden, trotz des Geschwätzes der Leute über deinen Flirt mit ihrem Mann.“

Eine leichte Röte stieg Deborah in die Wangen. „Ich flirte nicht mit Ross“, erklärte sie ein wenig zu entschieden. „Wir sind uns einfach ähnlich und genießen die Gesellschaft des anderen. Ich wäre auch froh, wenn die beiden ihre Streitigkeiten beilegen würden, denn es ist wahrlich kein Vergnügen, ihr Gezänk mit anzuhören.“

„Nun, ich glaube, dass Olivia mehr darunter leidet als du.“ Mrs Aintree begleitete ihre Worte mit einem ihrer strengen Gouvernantenblicke.

„Ja, ja“, erwiderte Deborah ungeduldig, „ich weiß, dass ich selbstsüchtig bin. Aber was soll ich nun machen?“ Unwillig schob sie den Teller zur Seite. „Ich kann doch meinem Vater keinen Bräutigam vorstellen, der gar nicht existiert.“

„Ich habe dich vorher darauf hingewiesen, meine liebe Deborah, dass ein Schwindel zwangsläufig den nächsten nach sich zieht. Das Beste wäre, deinem Vater die Wahrheit zu sagen.“

Deborah verzog den Mund. Mrs Aintrees Rat war zweifellos sinnvoll und vernünftig, aber die Dinge lagen nicht so einfach.

„Du weißt, dass das unmöglich ist, Clarrie. Wenn ich gestehe, dass ich nicht verlobt bin, holt Papa mich nach Bath zurück, noch ehe ich bis drei gezählt habe.“

Mrs Aintreee musterte ihren Schützling eindringlich. „Wäre das denn so schlimm? Du hast doch hier keinerlei Ablenkung und Unterhaltung. Das ist nicht gut für eine junge Frau. Und die Gesellschaft in Bath ist sehr elegant.“ Ein Blick in Deborahs blasses Gesicht ließ sie innehalten. „Nein, wie töricht von mir. Es würde nicht das Richtige sein.“

Müde schüttelte Deborah den Kopf. „Du weißt, dass ich meine Angehörigen liebe, aber ich würde schon nach einem Tag verrückt werden, wenn ich wieder mit ihnen zusammenleben müsste. Es ist zu viel geschehen inzwischen, wenngleich meine Eltern so tun, als sei nichts gewesen. Mama wünscht nach wie vor, dass ich jeden Mann, der Vermögen und Lebensart hat, als Heiratskandidaten prüfe. Und Papa … er hat die unerschütterliche Überzeugung, dass er weiß, was gut für mich ist, und er hofft immer noch darauf, mich mit Cousin Harry verheiraten zu können. Erst kürzlich hat er mir das wieder nahegelegt, und das war der eigentliche Anlass für mich, einen Verlobten zu erfinden.“

Mrs Aintree nickte vielsagend. „Aber Lord Walton will doch nur eine sichere Zukunft für dich, Deborah“, sagte sie, um Ausgleich bemüht. „Die meisten Leute können es nicht verstehen, dass du nicht wieder heiraten willst. Du bist jung und attraktiv, und dein ganzes Leben liegt noch vor dir.“

Deborah stellte die Tasse so heftig zurück, dass die Schokolade in die Untertasse schwappte.

„Nein! Eine Heirat kommt nicht wieder infrage! Nicht nachdem Neill …“

Begütigend tätschelte Mrs Aintree ihr den Handrücken. „Ich weiß. Ich verstehe dich ja.“

Deborah wandte sich ab, denn sie sprach nicht gern über ihre kurze Ehe mit Neill Stratton, sofern man es überhaupt Ehe nennen konnte. Die Erinnerungen schmerzten selbst nach drei Jahren noch, und die bitteren Erfahrungen waren nicht so leicht zu vergessen. Sie war ein törichtes Ding von neunzehn Jahren gewesen, als sie sich von Neill entführen ließ, um den steifen Lebensregeln in Walton Hall zu entkommen. Außerdem glaubte sie fest daran, Neill zu lieben. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie merkte, dass sie sich zutiefst in ihm getäuscht hatte. Seine Gefühle hatte er nur geheuchelt, und ihre Ehe war eine einzige Posse gewesen. Seitdem fürchtete sie sich davor, denselben Fehler noch einmal zu machen.

Die ganze Angelegenheit hatte aber auch noch ernstere Konsequenzen. Deborah hatte erkannt, dass sie zu impulsiven Handlungen neigte, und hart daran gearbeitet, ihr Temperament zu zügeln. Manchmal gelang es ihr jetzt, erst zu denken und dann zu handeln – manchmal auch wieder nicht.

Gedankenverloren knabberte sie an einem Stück Toast. Nun gut, die Sache mit dem erfundenen Verlobten war schiefgegangen. Aber sie würde trotzdem nicht aufgeben und in der Erwartung, mit Cousin Harry verheiratet zu werden, kleinlaut nach Bath zurückkehren. Nein, sie brauchte einen Plan!

Aus den Augenwinkeln heraus musterte sie Mrs Aintree. Die Gute hatte, wenn es galt, ihre Pläne zu erraten, einen untrüglichen Riecher, das wusste Deborah. Jetzt jedoch rührte sie so gleichmütig den Zucker in ihrer Teetasse um, als sei die Angelegenheit erledigt. Deborah ließ sich davon nicht täuschen, aber dessen ungeachtet musste sie unbedingt jemanden finden, der vorübergehend ihren Verlobten spielte.

Es war unmöglich, allein in Walton Hall zu erscheinen und vorzugeben, verlobt zu sein. Papa würde den Braten sofort riechen. Nein, nein, sie brauchte einen Mann aus Fleisch und Blut, den sie ihren Eltern präsentieren konnte. Die angebliche Verlobung würde ihr Zeit geben, und wenn sie dann wieder in Midwinter war, könnte sie hin und wieder ganz allgemein von ihren Hochzeitsplänen berichten, bis sie schließlich nach zehn oder zwölf Monaten mitteilen würde, die Verlobung sei im gegenseitigen Einverständnis gelöst worden. Bis dahin wäre die Gefahr einer französischen Invasion sicherlich vorüber, Cousin Harry hätte eine andere Braut gefunden, und Papa würde nichts mehr dagegen haben, dass sie in Midwinter bliebe.

Das klang alles sehr vernünftig, hatte jedoch den einen großen Mangel, dass der besagte Verlobte fehlte und Deborah auch keine Ahnung hatte, wo sie einen passenden Gentleman für diese Rolle hernehmen sollte. Sie hatte nicht viele Bekannte in dieser Gegend, und es gab nur sehr wenige geeignete Herren unter ihnen. Das war im Übrigen einer der Gründe, weswegen sie es vorzog, hier zu leben, denn sie legte keinen Wert auf irgendwelche Aufmerksamkeiten vonseiten der Männer. Die meisten der ansässigen Herren waren verheiratet wie Ross Marney, ihr Schwager, oder Lord Northcote of Burgh. Sir John Norton war zwar Junggeselle, aber Deborah konnte ihn nicht ausstehen. Dann gab es noch Justin Kestrel, den Duke of Greenwood, dessen hoher Rang ihn von vornherein ausschloss, und sein Bruder, Lord Richard Kestrel, wiederum war viel zu … Deborah zögerte. Ja, sie konnte nicht leugnen, dass sie Richard Kestrel zu anziehend fand, um ihn um einen solchen Gefallen bitten zu können. Dieser Gedanke beunruhigte sie etwas, und sie rutschte auf dem gestickten Kissen des Esszimmerstuhles hin und her. Richard Kestrel war zu attraktiv, zu gefährlich, zu eindrucksvoll, zu … einfach alles. Und das machte ihn völlig unpassend für eine solche Rolle. Ja, wenn sie einen Liebhaber gebraucht hätte … Aber sie wollte weder einen Liebhaber noch einen Ehemann und all den Ärger, den diese mit sich brachten.

Seufzend lehnte sie sich zurück. Doch bald tröstete sie sich mit dem Gedanken, dass es wohl auch sein Gutes hatte, nicht mit diesem Anliegen an einen Bekannten herantreten zu müssen. Mit einem Fremden würde sie wahrscheinlich leichter ins Geschäft kommen. Ihre Apanage erlaubte zwar keine größeren Sonderausgaben, aber vielleicht konnte sie Ross bitten, ihr vorübergehend einen nennenswerten Betrag zu leihen.

Am ratsamsten wäre es wohl, einen Schauspieler zu engagieren, denn er wüsste sicher am besten, wie er seine Rolle zu spielen hätte. Und sie würde ja auch höchstens eine Woche in Walton Hall bleiben müssen. Nichtsdestoweniger spürte Deborah bei dieser Überlegung ein ungutes Gefühl im Magen, denn sie wusste nur zu gut, dass dieser Plan ein törichtes, fragwürdiges und sogar geradezu gefährliches Unterfangen war. Eine Dame tat so etwas nicht.

Aber welche Möglichkeit hatte sie denn sonst noch? Auf keinen Fall wollte sie wieder in Bath ein Leben führen wie vor drei Jahren. Sie wollte auch Cousin Harry nicht heiraten. Niemanden wollte sie heiraten!

In ihre Gedanken drang das Rascheln von Papier. Mrs Aintree las offensichtlich gerade den umfangreichen Anzeigenteil des Suffolk Chronicle und brachte Deborah damit auf eine geniale Idee. Vielleicht sollte sie ihren angeblichen Verlobten mithilfe einer Anzeige suchen? Die Leute hier pflegten immer zu annoncieren, wenn sie Hauspersonal brauchten, und sie brauchte eben einen Gentleman für eine ganz bestimmte Aufgabe. Das war doch kein so großer Unterschied, nicht wahr? Bezahlen würde sie ihn auch dafür. Natürlich musste sie vorsichtig zu Werke gehen und auf Referenzen achten und nicht ohne Beistand mit ihm verhandeln. Aber es wäre durchaus möglich, dass sich auf diese Weise eine passende Person finden ließe. Außerdem hätte ein solches geschäftliches Arrangement noch den großen Vorteil, dass peinliche Missverständnisse von vornherein ausgeschlossen wären.

Während der drei Jahre, die Deborah nun schon in Midwinter lebte, hatten sich verschiedene Bewerber heftig um sie bemüht, und es war ihr höchst unangenehm gewesen, dass diese Gentlemen der Meinung waren, sie sei an einer neuerlichen Heirat interessiert. Als sie dann vorsichtig versuchte, ihre Bewunderer vom Gegenteil zu überzeugen, hatten sie es alle ausnahmslos als Beleidigung empfunden. Sie hielten es für unmöglich, dass irgendein weibliches Wesen ihrer Werbung widerstehen könnte. Diese Vorfälle hatten ihr den Ruf eingebracht, kalt wie Eis zu sein. Unter diesen Umständen war eine geschäftliche Abmachung zweifellos das Beste.

Mit neu erwachter Zuversicht bestrich sich Deborah eine Toastscheibe mit Butter, häufte Stachelbeermarmelade darauf und verzehrte sie voller Heißhunger. Danach entschuldigte sie sich und zog sich in ihr kleines Schreibzimmer zurück. Zwar verlockte der schöne Spätsommertag zu einem Ausritt, doch zunächst musste die Anzeige verfasst werden. Ein Besuch bei Olivia in Marney Hall hatte ebenfalls Zeit bis zum Nachmittag.

Deborah nahm eine frische Feder und kritzelte den ersten Satz auf das Papier: Eine Dame sucht für eine bestimmte Zeit einen Verlobten …

Nein, nein, so ging es nicht. Das war zu direkt. Zu Beginn musste sie etwas diskreter vorgehen.

Eine halbe Stunde später überlas Deborah noch einmal die Zeilen, die sie inzwischen zu Papier gebracht hatte.

Eine Dame benötigt die Unterstützung eines Gentleman. Wenn es ein ehrenwerter, diskreter und ritterlicher Mann wagt, auf diese Anzeige zu antworten und ein entsprechendes Schreiben an Lady Incognita im Bell and Steelyard Inn, Woodbridge, Suffolk, zu senden, so wird er seinen Edelmut nicht zu bereuen haben.

Zufrieden nickte sie, faltete den Bogen zusammen und siegelte ihn sorgfältig. Die Angelegenheit duldete keinen Aufschub. In weniger als zwei Monaten fand die Hochzeit statt, und wenn sie bis dahin einen passenden Begleiter finden wollte, musste rasch gehandelt werden.

Sie klingelte nach der Zofe und übergab ihr den Brief mit der Anweisung, den Gärtnerjungen damit sofort nach Woodbridge zu schicken. Der Bursche solle den offenen Einspänner nehmen.

Als das Mädchen eilig verschwunden war, presste Deborah einen Augenblick lang die Hand auf ihr wild klopfendes Herz. Am liebsten wäre sie hinterhergelaufen und hätte den Brief zurückgefordert. Doch dann sagte sie sich: Nur wer wagt, gewinnt. Und letzten Endes musste sie ja nicht antworten, wenn ihr die Zuschriften nicht gefielen. Beruhigt zog sie das Reitkleid an und begab sich in den Stall, um Beauty satteln zu lassen.

Die kühle Morgenluft frischte ihre Lebensgeister wieder auf, und sie beschloss, heute ohne Groom auszureiten, um in Ruhe noch einmal alles überdenken zu können. Gemächlich trottete sie über die Auffahrt zur Landstraße und machte sich dabei ein Bild von ihrem Verlobten auf Zeit. Er musste natürlich ein Gentleman sein oder zumindest wie ein solcher wirken. Andererseits war aber auch eine gewisse Fügsamkeit seinerseits unerlässlich. Er hatte uneingeschränkt anzuerkennen, dass sie die Herrin der Situation war, und er würde tun müssen, was sie verlangte. Lächelnd trieb sie die Stute an, setzte über eine niedrige Hecke und galoppierte querfeldein.

Lord Richard Kestrel trabte über die Landstraße, die an Mrs Strattons Haus vorüberführte, als ihm ein Einspänner, kutschiert von dem Gärtnerburschen der Dame, in schneller Fahrt entgegenkam. Vergnügt pfeifend bemerkte der Junge nicht, dass der Brief, der neben ihm auf dem Bock lag, von einem Windstoß davongeweht wurde und in einem Dornenstrauch hängen blieb. Kopfschüttelnd nahm Richard ihn an sich und stellte zu seiner Verwunderung fest, dass er an den Herausgeber des Suffolk Chronicle gerichtet war. Nach der eleganten Handschrift zu schließen, musste er von Mrs Stratton persönlich sein. Was mochte sie für ein Anliegen an den Zeitungsverleger haben?

Kurz entschlossen wendete Richard sein Pferd, sprengte dem Gefährt hinterher und drückte dem überraschten Burschen den Brief in die Hand. Dann lockerte er den Griff am Zügel wieder und ließ den Schwarzen beschaulich über die Landstraße zockeln, während ihm der seltsame Brief nicht aus dem Sinn kam. Vielleicht lud Mrs Stratton noch weitere junge Damen ein, an dem Lesezirkel teilzunehmen? Für wahrscheinlicher hielt er es jedoch, dass sie sich über die große Anzahl von Lebemännern beschwerte, die Midwinter im Sommer bevölkerten. Seines Wissens hatte Mrs Stratton eine Abneigung gegen Lebemänner im Allgemeinen und gegen ihn selbst im Besonderen.

Unzufrieden mit dem langsamen Tempo, zuckte der temperamentvolle Vollblüter mit den Ohren, doch Richard hatte keine Lust, an diesem herrlichen Sommertag seine Gesundheit aufs Spiel zu setzen. Der belebende Wind vom Meer schien heute allen zu Kopfe gestiegen zu sein. Natürlich wäre es verlockend, über die Felder zu galoppieren, aber im Augenblick hielt er Vorsicht für angebrachter.

Noch während er diesem Gedanken nachhing, erklangen Hufschläge, und Mrs Stratton erschien höchstpersönlich auf ihrer braunen Stute. Doch als das Pferd Richards eindrucksvollen Rappen erblickte, bäumte es sich ängstlich auf und drehte eine Pirouette auf den Hinterbeinen. Mit energischer Hand brachte Deborah die Stute wieder unter Kontrolle und saß schließlich, leicht keuchend und mit verrutschtem Hut, wieder ruhig im Sattel.

„Guten Morgen, Mrs Stratton“, sagte Richard. „Beabsichtigen Sie etwa, nach Wien an die Spanische Reitschule zu gehen?“

Deborah musterte ihn mit unverhülltem Missfallen. Er fand, dass sie wie ein schmollendes Kind wirkte, wenn sie ärgerlich war, denn sie war viel zu hübsch und liebreizend, um ihren Unwillen überzeugend zum Ausdruck bringen zu können. Außerdem sah sie jünger aus als zweiundzwanzig und ähnelte mit ihrem dichten, leicht gelockten Haar, ihrer kecken Nase und den vollen Lippen mehr einem trotzigen Schulmädchen.

„Guten Morgen, Lord Richard“, erwiderte sie mit erzwungener Höflichkeit. „Ich würde in der Tat lieber eine strenge Schule besuchen, als ein Zirkusreiter zu sein wie Sie.“

Richard schmunzelte. Eine der Eigenschaften, die er an Mrs Stratton besonders liebte, war ihre unverblümte Offenheit, die es ihr schwer machte, die gesellschaftlich korrekte Form zu wahren. Bei ihm versuchte sie es gar nicht erst.

Vor zwei Jahren waren sie sich zum ersten Mal begegnet, und Deborah hatte ihm von Anfang an zu verstehen gegeben, dass er in ihren Augen nichts als ein Lebemann und Halunke war und sie sich glücklich schätzen würde, wenn sie sich möglichst wenig sahen.

Die Tatsache, dass Richard Frauen anzog wie Motten das Licht, machte ihn in ihren Augen suspekt. Er aber merkte schnell, dass sie eine faszinierende Mischung widersprechender Eigenschaften in sich vereinigte, eine leidenschaftliche Frau mit den Moralvorstellungen einer Puritanerin, und es stand für ihn fest, dass er sie besitzen musste.

Als sich ihre Bekanntschaft vertiefte, bemerkte er zu seiner Zufriedenheit, dass er Deborah trotz ihrer ablehnenden Haltung keineswegs gleichgültig war. Seine Erfahrungen in Bezug auf Frauen verrieten ihm den wahren Grund für ihre Bemühungen, ihm aus dem Weg zu gehen, führten ihn jedoch zugleich gehörig in die Irre. Fälschlicherweise hatte er daraus geschlussfolgert, dass es ihm möglich sein würde, ihre Skrupel zu überwinden und sie zu einer Affäre zu überreden. Eine schallende Ohrfeige bewies ihm nicht nur die Heftigkeit ihres Temperaments, sondern zeigte ihm auch schmerzlich den Umfang seiner Fehleinschätzung.

Mit unmissverständlichen Worten hatte Deborah ihm mitgeteilt, ihr in Zukunft aus dem Weg zu gehen.

Ein solches Verhalten lag jedoch keineswegs in seiner Absicht, wobei ihn der Umstand unterstützte, dass die Gesellschaft in Midwinter recht begrenzt war und man sich zwangsläufig immer wieder begegnete. Nunmehr bemühte sich Deborah, ihn zu ignorieren, und Richard machte sich einen Spaß daraus, sich demonstrativ aus ihrer Nähe zu entfernen. Die gegenseitige Anziehungskraft blieb jedoch erhalten und schien sie sehr zu beunruhigen, während sein Begehren ein ihm bisher unbekanntes Ausmaß annahm.

Zwei Ereignisse spitzten die Situation dann weiter zu. Richard erkannte in Ross Marney einen alten Kameraden aus seiner Dienstzeit zur See, und rasch entwickelte sich eine aufrichtige Freundschaft zwischen den beiden Männern, die Deborah als Marneys Schwägerin unantastbar machte. Möglicherweise genährt durch diese Unerreichbarkeit, verliebte sich Richard nun bis über beide Ohren in sie und setzte seiner Torheit die Krone auf, indem er nichts dringender wünschte, als Deborah zu heiraten.

Wie es dazu kommen konnte, wusste er selbst nicht. Sie trafen sich zwar oft auf Gesellschaften und hatten auch dieselben Interessen, wenn es um das Reiten und den Aufenthalt in frischer Luft ging, aber das erklärte gar nichts. Ans Heiraten hatte er noch nie gedacht, wohl auch, weil er noch nie einem weiblichen Wesen begegnet war, das er hätte heiraten mögen. Und nun war seine Wahl ausgerechnet auf eine Frau gefallen, die ihm kaum einen guten Tag wünschte, geschweige denn in eine Heirat einwilligen würde.

Manchmal sagte er sich, es liege wohl nur daran, dass er abgewiesen worden war, doch damit machte er sich selbst etwas vor. Er wusste, dass sich seine Hoffnungen nicht erfüllen würden, denn Deborah war sein Ruf als Lebemann nach wie vor zuwider, zumal er ihn noch durch jenen unmoralischen Antrag gefestigt hatte, seine Geliebte zu werden. Aber die Vergangenheit konnte man nun einmal nicht auslöschen.

Jahrelang hatte er sich in dem Ruf gesonnt, der gefährlichste Verführer von ganz London zu sein, und er hatte diese Zeit weidlich genossen. Nun jedoch schien er ihm die Erfüllung seines innigsten Wunsches zu durchkreuzen. Diese Art Ironie des Schicksals wusste er vollauf zu würdigen.

Schließlich kam noch ein weiteres Hindernis hinzu. Ross Marney hatte ihm berichtet, dass Deborah in ihrer ersten Ehe sehr unglücklich gewesen war und sie deshalb um keinen Preis wieder heiraten wollte. Aber auch davon ließ sich Richard nicht abschrecken. Es musste ihm unbedingt gelingen, Deborah dazu zu bringen, ihre Gefühle einzugestehen und anzuerkennen, dass sie füreinander bestimmt waren.

Er lenkte sein Pferd neben ihre braune Stute und registrierte amüsiert, dass sie sogleich nach dem Zügel griff, um wieder einen angemessenen Abstand herzustellen.

„Ich bitte um Verzeihung“, sagte er höflich. „Es war lediglich meine Absicht, Ihnen ein Kompliment wegen Ihrer Reitkünste zu machen. Aber darauf legen Sie wohl keinen Wert.“

„In der Tat, Lord Richard“, erwiderte Deborah, ohne ihn anzusehen. „Ihre Komplimente sind so wertlos wie taube Nüsse.“

Richard lächelte. „Wie poetisch! Studieren Sie jetzt in Ihrem Lesezirkel die romantische Dichtung?“

Auf eine äußerst reizende Art schürzte Deborah die Lippen und sagte dann herablassend: „Verstehen Sie denn etwas von romantischer Dichtung? Das wäre ja eine ganz neue Seite an Ihnen.“

„Nun, ich habe noch einige Seiten, die Ihnen unbekannt sind, Mrs Stratton. Leider lehnten Sie ab, als ich mich erbot, sie Ihnen zu zeigen.“

Eine flüchtige Röte huschte über Deborahs Gesicht. „Hatten Sie etwas anderes erwartet? Ich denke nicht, dass ich dazu da bin, Abwechslung in Ihren Aufenthalt in Midwinter zu bringen. Übrigens, wann gedenken Sie eigentlich, wieder nach London zurückzukehren? Es dürfte doch bald an der Zeit sein.“

„Zu meiner größten Verzweiflung muss ich Sie enttäuschen“, entgegnete Richard lachend. „Es ist noch nicht so weit. Aber das muss Sie nicht stören. Sie haben es schließlich großartig geschafft, mir aus dem Weg zu gehen. Denken Sie nur daran, wie Sie mich auf dem Ball von Lady Sally Saltire kaltgestellt haben!“

Hochmütig hob Deborah den Kopf. „Midwinter war immer so ein friedlicher Ort. Umso bedauerlicher ist es, dass es jetzt hier von zweifelhaften Personen nur so wimmelt.“ Sie trieb die Stute ein paar Schritte voran und sagte dann über die Schulter: „Was ich am Reiten besonders liebe, ist der Umstand, dass ich es allein tun kann. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, Lord Richard.“

Sogleich war er wieder neben ihr und griff nach dem Zügel.

„Was soll das, Mylord?“ Deborahs Ton war eisig.

„Da ich so selten das Vergnügen Ihrer Gesellschaft habe und Ihre Reitkünste den meinen gleichwertig sind, schlage ich ein Wettrennen vor. Wenn Sie gewinnen, haben Sie sich Ihr Alleinsein verdient.“

In Sekundenschnelle hatte sie ihm den Zügel aus der Hand gerissen, ihr Pferd gewendet und ihm die Absätze in die Flanke gedrückt. Nur einen Atemzug brauchte Richard, um sich von seiner Überraschung zu erholen. Dann folgte er im raschen Tempo der Reiterin, die bereits über ein Gatter gesetzt war und nun über ein weites Feld zum Fluss hinabgaloppierte. Sie saß tief über den Hals der Stute gebeugt im Sattel. Der Wind hatte ihr den Hut vom Kopf gerissen, und ihre Haare flatterten in der frischen Brise. Vergeblich ließ sie die Stute Haken schlagen und blitzschnell die Richtung ändern. Richard kam immer näher und trieb sie in ein kleines Waldstück am Flussufer. Als sie merkte, dass es kein Entrinnen mehr gab, hielt sie unter dem dichten Blätterdach inne.

„Wie viel Wildheit doch in Ihnen steckt“, sagte Richard leise. „Ich habe immer vermutet, dass Sie am liebsten die gesellschaftlichen Regeln über Bord werfen und in Freiheit leben würden.“

Deborah antwortete nicht. Sie sah verärgert und trotzig aus, und unter der engen roten Reitjacke hob und senkte sich ihre Brust unter raschen Atemzügen.

„Sie haben gar nicht gefragt, was die Strafe sein würde, wenn Sie verlieren“, murmelte Richard. Er griff in ihr windzerzaustes Haar und zog sie näher heran. Die Pferde standen so eng beisammen, dass sein Bein eingeklemmt wurde. Es war eine verdammt unbequeme Haltung, um eine Dame zu küssen, aber es war dennoch die Anstrengung wert, denn er wünschte sich schon lange, sie endlich küssen zu können.

Ihr Mund war weich und kühl und schmeckte nach Wind und Meer. Nach anfänglichem Zögern gab sie sich der verführerischen Zärtlichkeit seiner Lippen hin und erwiderte schließlich seinen Kuss mit kaum verhüllter Leidenschaft. Ein wildes Verlangen durchflutete Richard und machte ihn trunken vor Sehnsucht. Sacht tastete er über jede Linie und Rundung ihres Körpers in der knapp sitzenden Reitjacke. Noch nie hatte er eine Frau so heiß begehrt wie Deborah, die sich jetzt mit einem Seufzer fester an ihn lehnte und den aufreizenden Liebkosungen seiner Zunge bereitwillig entgegenkam.

Eine ungeduldige Bewegung des Rappen trennte sie. Für einen Augenblick sah Deborah verwirrt und benommen aus, und Richard glaubte schon, ihren Widerstand gebrochen zu haben. Dann jedoch wurde ihre Miene zornig.

„Ich wusste doch, dass Sie ein Schurke sind!“, rief sie.

„Es hat mir unendliches Vergnügen bereitet, Ihnen das beweisen zu können.“

Deborah gab einen Laut der Verachtung von sich und setzte ihr Pferd auf dem schmalen Waldweg in Bewegung. Richard ließ sie voranreiten. Sie hielt sich steif wie ein Ladestock. Ihr ganzer Körper brachte einen so heftigen Unwillen zum Ausdruck, dass Richard nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken konnte. Er war sich sicher, dass mindestens die Hälfte ihrer Entrüstung auf ihre Unfähigkeit zurückzuführen war, der Verlockung zu widerstehen, ihn zu küssen. Und wie sie geküsst hatte! Darauf musste er sie unbedingt aufmerksam machen.

„Sie haben meinen Kuss erwidert“, stellte er in mildem Ton fest.

Deborah wandte sich um und warf ihm einen wütenden Blick zu. „Ich kann mich nicht daran erinnern.“

„Kommen Sie her, dann frische ich Ihr Gedächtnis auf.“

Anstatt auf diese Einladung einzugehen, trieb Deborah die Stute zu einem leichten Trab an. „Gehört es auch zu meiner Bestrafung, dass ich Ihre Gesellschaft nicht loswerde?“, fragte sie bissig.

Richard lächelte. „Ich denke, ich sollte Sie nach Hause begleiten. Es können einer Dame Halunken über den Weg laufen, wenn sie so töricht gewesen ist, ohne einen Stallburschen auszureiten.“

Deborah tippte die Peitsche bedeutungsvoll gegen ihre Handfläche. „Vielleicht würde ich mit ihnen fertig werden.“

„Habe ich Ihnen nicht soeben demonstriert, dass Sie es nicht können?“

„Mein Verlangen nach Alleinsein ist inzwischen unüberwindbar geworden, Lord Richard“, entgegnete sie kalt, „und zwar so stark, dass ich es sogar mit Gewalt durchsetzen würde.“

„Es wird nicht nötig sein, Mrs Stratton. Ich verstehe Ihren Hinweis.“

„Das überrascht mich. Bis jetzt habe ich geglaubt, Sie seien recht langsam im Begreifen.“

Beruhigend klopfte Richard den Hals des Rappen, der begonnen hatte, nervös mit den Ohren zu zucken, und sagte: „Möglicherweise unterschätzen Sie mich.“

„Bestimmt nicht“, versetzte sie ärgerlich. „Ich habe von Anfang an gewusst, dass Sie ein Schurke sind, durch und durch, und nichts entdeckt, was mich vom Gegenteil überzeugen könnte.“

„Ihre Meinung über mich steht Ihnen frei. Ich frage mich allerdings, woher dann Ihre Reaktion auf meinen Kuss kam. Sie bewies nämlich, dass ich Ihnen keineswegs so gleichgültig bin, wie Sie vorgeben.“

Deborah wurde rot, und ihre Miene widerspiegelte sowohl Unmut als auch Schuldgefühl. Da sie ausgesprochen wahrheitsliebend war, fiel es ihr schwer, diese Tatsache rundweg abzustreiten.

„Sie irren sich“, sagte sie schließlich.

„Das glaube ich nicht.“

„Sie sind eingebildet.“

„Kann sein. Doch das beweist nicht, dass Sie eine Abneigung gegen mich haben.“

„Ich mag Sie überhaupt nicht.“

Er hob abwehrend die Hand. „Ich bitte Sie, Mrs Stratton – Deborah – geben Sie es doch zu!“

„Ich wüsste nicht, dass ich Ihnen gestattet habe, mich mit dem Vornamen anzureden“, stieß sie zornig hervor.

„Allerdings. Aber Sie haben mich dort drüben leidenschaftlich geküsst, und man muss dazu nicht per du miteinander sein. Man kann sich sogar lieben, ohne …“

Wütend hob Deborah die Peitsche und klatschte damit auf die Flanke der Stute. Wie von Furien gejagt, galoppierte das Pferd davon.

Diesmal ließ Richard sie gehen. Mit einem humorigen Lächeln wendete er den Rappen Merlin und trabte auf dem Pfad am Ufer des Flusses in die entgegengesetzte Richtung nach Kestrel Castle. Der Weg war weich und sandig, sodass der Schwarze von allein das Tempo verringerte und sein Reiter in aller Ruhe über Deborah Stratton nachdenken konnte. Sie hatte seine Selbstkontrolle auf eine verdammt harte Probe gestellt. Es war schon verteufelt schwer, sich ihr gegenüber wie ein Gentleman zu benehmen, wenn man sie so heiß begehrte.

Immerhin war es ein interessanter Morgen gewesen. Zuerst dieser mysteriöse Brief an den Herausgeber des Suffolk Chronicle. Richard schwor sich, unter allen Umständen herauszubekommen, was es damit auf sich hatte. Und dann das Zusammentreffen mit Deborah, so verrückt und leidenschaftlich wie immer, aber auch so puritanisch prüde wie immer. Aber es hatte auch seine Entschlossenheit weiter gestärkt. Da sie ihn für einen Lebemann hielt, sollte sie auch die Werbung eines Lebemannes kennenlernen!

2. KAPITEL

Was hast du heute nur, Deborah?“, fragte Olivia Marney, als sie auf der Terrasse von Marney Hall beim Tee saßen. „Du hältst keine fünf Minuten still und wirkst so erregt.“

Deborah lehnte sich in die Kissen des Schaukelstuhles und spielte mit einem Stängel Spanischer Flieder, den sie achtlos von einem Busch abgebrochen hatte, obwohl sie wusste, dass ihre Schwester den Garten hingebungsvoll pflegte.

„Es tut mir leid, dass ich eine so langweilige Gesellschafterin bin“, erwiderte sie, „aber ich bin heute irgendwie gereizt. Vielleicht ist es die Sonne.“

Olivia goss der Schwester Tee ein und schob ihr die Platte mit dem hausgemachten Obstkuchen hin. „Die Sonne hat dich doch noch nie gestört. Bist du nicht heute Morgen ausgeritten?“

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