Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz - E-Book

Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski E-Book

Henryk Sienkiewicz

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Beschreibung

Henryk Sienkiewicz, Nobelpreisträger 1905, führt die Leser in seinem Werk "Historische Romane" in die facettenreiche Welt des Mittelalters und der Renaissance. Durch packende Erzählungen und lebendig gezeichnete Charaktere entfaltet Sienkiewicz den Konflikt zwischen Glauben und Macht, wie in "Quo Vadis?", wo das Christentum auf die brutalen Praktiken des antiken Rom trifft. In "Die Kreuzritter" und "Mit Feuer und Schwert" thematisiert er die Kämpfe zwischen verschiedenen Kulturen und Religionen, und "Pan Wolodyjowski" zeigt die heroischen Taten im Kontext historischer Kriege. Sein literarischer Stil, geprägt von historischer Genauigkeit und emotionaler Tiefe, verleiht den Romanen nicht nur eine fesselnde Handlung, sondern auch einen bedeutenden Platz im kanonischen Werk der polnischen Literatur. Sienkiewicz, geboren 1846 in Polen, wurde von den historischen Turbulenzen seines Heimatlandes und den zeitgenössischen politischen Herausforderungen geprägt. Seine Leidenschaft für Geschichte und seine tiefgründigen Einsichten in menschliche Konflikte und Beziehungen fließen in seine Romane ein. Durch die Kombination von erschütternder Realität und packender Fiktion gelingt es Sienkiewicz, sowohl das nationale Bewusstsein als auch das individuelle Menschsein herauszuarbeiten. Dieses Buch ist ein Muss für Liebhaber historischer Romane und für jene, die tiefer in die polnische Geschichte eintauchen möchten. Sienkiewicz' Meisterschaft in der Verschmelzung von Fakten und Fiktion bietet dem Leser nicht nur Unterhaltung, sondern auch die Möglichkeit, über die großen Fragen der Menschheit und der Zivilisation nachzudenken. Lassen Sie sich von den packenden Erzählungen mitreißen und entdecken Sie die zeitlosen Themen, die auch heute noch relevant sind. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine umfassende Einführung skizziert die verbindenden Merkmale, Themen oder stilistischen Entwicklungen dieser ausgewählten Werke. - Die Autorenbiografie hebt persönliche Meilensteine und literarische Einflüsse hervor, die das gesamte Schaffen prägen. - Ein Abschnitt zum historischen Kontext verortet die Werke in ihrer Epoche – soziale Strömungen, kulturelle Trends und Schlüsselerlebnisse, die ihrer Entstehung zugrunde liegen. - Eine knappe Synopsis (Auswahl) gibt einen zugänglichen Überblick über die enthaltenen Texte und hilft dabei, Handlungsverläufe und Hauptideen zu erfassen, ohne wichtige Wendepunkte zu verraten. - Eine vereinheitlichende Analyse untersucht wiederkehrende Motive und charakteristische Stilmittel in der Sammlung, verbindet die Erzählungen miteinander und beleuchtet zugleich die individuellen Stärken der einzelnen Werke. - Reflexionsfragen regen zu einer tieferen Auseinandersetzung mit der übergreifenden Botschaft des Autors an und laden dazu ein, Bezüge zwischen den verschiedenen Texten herzustellen sowie sie in einen modernen Kontext zu setzen. - Abschließend fassen unsere handverlesenen unvergesslichen Zitate zentrale Aussagen und Wendepunkte zusammen und verdeutlichen so die Kernthemen der gesamten Sammlung.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Henryk Sienkiewicz

Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski

Bereicherte Ausgabe. Die beliebtesten Werke des polnischen Nobelpreisträgers
In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen
Bearbeitet und veröffentlicht von Good Press, 2023
EAN 8596547799627

Inhaltsverzeichnis

Einführung
Autorenbiografie
Historischer Kontext
Synopsis (Auswahl)
Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski
Analyse
Reflexion
Unvergessliche Zitate

Einführung

Inhaltsverzeichnis

Diese Werksammlung mit dem Titel Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski verfolgt ein klares Ziel: Sie vereint fünf vollständige Romane von Henryk Sienkiewicz, dem polnischen Nobelpreisträger für Literatur, in einem Band. Der Umfang entspricht einer repräsentativen Auswahl seiner großen historischen Erzählkunst, die epochenbildend gewirkt hat. Die Zusammenstellung lädt dazu ein, zentrale Facetten seines Schaffens geschlossen zu lesen: die mittelalterliche Welt des Ordensstaats, die dramatischen Umbrüche des 17. Jahrhunderts in Osteuropa sowie die antike Szenerie Roms. So entsteht ein Panorama, das historische Zeiten in erzählerischer Dichte und ethischer Fragestellung zusammenführt.

Die fünf hier versammelten Romane spannen einen Bogen über Jahrhunderte und Räume: von den spätmittelalterlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Königreich Polen und dem Deutschen Orden über die Krisen und Kriege der polnisch-litauischen Adelsrepublik bis in die Welt der römischen Kaiserzeit unter Nero. Sie führen den Leser von die Kreuzritter über die große Trylogie mit Mit Feuer und Schwert, Sintflut und Pan Wolodyjowski, der kleine Ritter bis zu Quo Vadis?. Der gemeinsame Nenner ist nicht nur das Genre, sondern ein entschiedener Blick auf Geschichte als Erfahrungsraum für Mut, Glauben, Loyalität und Verantwortung.

Diese Zusammenstellung versammelt ausschließlich Romane. Es handelt sich um epische Prosawerke, die in ihrer Länge, Komplexität und Welterzeugung die Möglichkeiten historischer Fiktion ausschöpfen. Keine Erzählungen, Essays, Dramen, Briefe oder Tagebücher sind eingeschlossen; der Band präsentiert vielmehr durchgängig die große Form, in der Sienkiewicz Handlungsbogen, Figurenentwicklung und historische Kulisse miteinander verknüpft. Damit wird ein kohärenter Lesekontext geschaffen: Der Wechsel zwischen Epochen dient nicht der Gattungsvielfalt, sondern der vergleichenden Betrachtung, wie ein und derselbe Autor die Mittel des Romans nutzt, um Vergangenheit anschaulich, geschichtsbewusst und zugleich zeitübergreifend bedeutsam zu machen.

Sienkiewicz ist ein Meister historischer Imagination. Seine Romane beruhen auf genauer Kenntnis überlieferter Kontexte, sind aber nicht antiquarisch. Er ordnet Fakten, Sittenbilder und Schauplätze einer dramatischen Erzählbewegung unter, die das Vergangene als atmende Gegenwart erfahrbar macht. Charakteristisch ist die Verbindung von anschaulicher Faktur – Landschaft, Kleidung, Waffen, Rituale – mit lebendiger Figurenrede und handlungsgetriebener Spannung. Historie wird nicht als Kulisse, sondern als wirksame Kraft gestaltet: gesellschaftliche Ordnungen, religiöse Überzeugungen und politische Konflikte wirken in das private Leben der Protagonisten hinein und verleihen ihren Entscheidungen Gewicht.

Mit Feuer und Schwert, Sintflut und Pan Wolodyjowski, der kleine Ritter sind als zusammenhängende Trylogie konzipiert. Sie entfalten die Welt der polnisch-litauischen Adelsrepublik in Zeiten massiver Erschütterung und schildern, wie adelige und bürgerliche Milieus, Heer und Hof, Stadt und Steppe aufeinander bezogen sind. Wiederkehrende Figuren verleihen dem Ensemble eine besondere Geschlossenheit, ohne dass für die Lektüre zwingend eine feste Reihenfolge aufgezwungen wird. Im Mittelpunkt stehen die Spannungen zwischen privatem Glücksanspruch und öffentlicher Pflicht, zwischen standesgebundener Ehre und politischer Vernunft – Konfliktlinien, die den epischen Atem dieser Romane tragen.

Die Kreuzritter konzentriert sich auf die spätmittelalterliche Welt der Ritterorden und ihrer Nachbarn. Der Roman verschränkt höfische Werte, religiöse Legitimation und machtpolitische Interessen zu einem facettenreichen Bild, in dem Rüstungen und Turniere ebenso Platz finden wie Diplomatie, Handel und bäuerlicher Alltag. Sienkiewicz zeigt, wie Ideale des Rittertums an den Herausforderungen realer Politik geprüft werden. Dabei öffnet er den Blick für die kulturellen Kontaktzonen eines Europa, das von Rechtstiteln, Bündnissen und Fehden durchzogen ist, und thematisiert die Frage, wie nationale Erinnerung sich an ikonischen Ereignissen und Gestalten formt.

Quo Vadis? führt in das Rom der Kaiserzeit und stellt die Begegnung zwischen römischer Elitenkultur und der jungen christlichen Gemeinde in den Mittelpunkt. Der Roman entfaltet die Atmosphäre einer Metropole, in der Prunk und Grausamkeit, geistige Neugier und politisches Kalkül dicht beieinander liegen. Sienkiewicz nutzt das Spannungsfeld von Macht und Moral, Spektakel und Innerlichkeit, um die Folgen persönlicher Entscheidungen unter den Bedingungen einer allgegenwärtigen Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Ohne den Verlauf vorwegzunehmen, ist zu betonen: Der Text prüft die Tragfähigkeit von Glauben, Loyalität und Liebe in einer Ordnung, die deren Geltung bestreitet.

Die verbindenden Themen dieser Sammlung sind unübersehbar: Freiheit und Bindung, Loyalität und Verrat, Liebe und Pflicht, Gewissen und Gehorsam. Individuen geraten bei Sienkiewicz in Konflikte, die größer sind als sie selbst, und bewähren sich an Maßstäben, die Geschichte und Gemeinschaft setzen. Der religiöse Horizont – ob christlich im Rom der Antike oder im frühneuzeitlichen Osten Europas – verleiht dem Handeln der Figuren Bedeutung jenseits der unmittelbaren Nützlichkeit. Zugleich bleibt das Private ernst genommen: Freundschaft, Zuneigung und familiäre Bande treten als Kräfte auf, die Entscheidungen formen und Verantwortung vertiefen.

Stilistisch verbindet Sienkiewicz das Panoramische mit dem Intimen. Große Schlachtszenen und kollektive Bewegungen stehen neben Dialogen von feiner psychologischer Zeichnung. Er beherrscht den Wechsel von Tempo und Ruhe, von erzählerischer Verdichtung und weit ausholender Darstellung. Humor, Ironie und der liebevolle Blick für Eigentümlichkeiten mildern den Ernst, ohne ihn zu entwerten. Charakteristisch ist auch ein wohldosiertes Archaisieren, das die Zeitenfärbung stützt, sowie eine ausgeprägte Bildkraft, die Handlungen, Landschaften und Rituale plastisch vor Augen stellt. So entsteht eine Sprache, die sowohl erzählerisch mitreißt als auch Erinnerung prägt.

Die anhaltende Bedeutung dieser Romane zeigt sich in ihrer breiten Rezeption und in der kulturellen Wirkung, die sie entfaltet haben. Sienkiewicz wurde 1905 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet; seine historischen Romane gelten seit langem als Ecksteine der polnischen und europäischen Erzähltradition. Quo Vadis? fand weltweite Verbreitung, und die Trylogie besitzt kanonischen Rang in der polnischen Literatur. Über nationale Grenzen hinweg werden diese Texte als Untersuchungen moralischer Standfestigkeit, politischer Verantwortung und menschlicher Würde gelesen – Themen, die nicht an eine Epoche gebunden sind.

Diese Edition bietet die Romane vollständig und nebeneinander, um das Gespräch der Texte untereinander erfahrbar zu machen. Wer sich erstmals nähert, kann die Trylogie in der überlieferten Reihenfolge lesen und die übrigen Werke davor oder danach stellen; ebenso möglich ist ein thematischer Zugang über antike und mittelalterliche Kontraste. Die Sammlung richtet sich an Leserinnen und Leser, die historische Fiktion als Denkraum nutzen möchten: Sie erlaubt, Motive zu vergleichen, Erzählverfahren zu beobachten und die ethischen Fragen wiederzuerkennen, die sich unter wechselnden historischen Bedingungen neu stellen.

Indem diese fünf Romane zusammengeführt werden, entsteht ein facettenreicher Blick auf Vergangenheit, der die Gegenwart berührt. Sienkiewicz lädt dazu ein, in Geschichte mehr zu sehen als eine Abfolge von Daten: Sie wird zum Prüfstein für Wahrheitsansprüche, zum Schauplatz menschlicher Größe und Begrenzung. Die Sammlung bietet einen Zugang, der gleichermaßen Genuss, Erkenntnis und Erinnerung verspricht. Sie zeigt, wie Literatur das Fremde nahebringt, ohne es zu vereinfachen, und wie Erzählkunst Epochen zum Sprechen bringt, damit Leserinnen und Leser in ihnen etwas von sich selbst und ihrer Zeit erkennen können.

Autorenbiografie

Inhaltsverzeichnis

Henryk Sienkiewicz (1846–1916) war ein polnischer Romanautor der späten Teilungszeit, dessen historische Erzählkunst nationale Erinnerung mit packender Handlung verband. Als eine der prägenden Stimmen der europäischen Prosa um 1900 verband er patriotische Themen mit universellen moralischen Fragen und erreichte ein großes Lesepublikum im In- und Ausland. Seine bekanntesten Werke umfassen die Trilogie Mit Feuer und Schwert, Sintflut und Pan Wolodyowski, der kleine Ritter, ferner Die Kreuzritter sowie Quo Vadis?, die ihm internationalen Ruhm einbrachten. 1905 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Sein Werk wirkt bis heute als Bezugspunkt polnischer Kultur und historischen Erzählens.

Ausbildung und frühe Einflüsse prägten Sienkiewicz’ Stil nachhaltig. Er erhielt in Warschau eine höhere Bildung, wandte sich der Geschichte, Literatur und den modernen Sprachen zu und begann früh als Journalist und Feuilletonist zu publizieren. Die geistige Atmosphäre des polnischen Positivismus nach dem Januaraufstand, kombiniert mit der fortwirkenden romantischen Tradition, schärfte sein Interesse an gesellschaftlicher Nützlichkeit, Charakterbildung und historischer Erinnerung. Reisen und die Erfahrung als Auslandskorrespondent erweiterten seinen Blick auf politische und kulturelle Prozesse, ohne seine Bindung an polnische Themen zu lösen. Aus dieser Mischung erwuchs eine Erzählweise, die Anschaulichkeit, psychologische Zeichnung und erzählerische Ökonomie miteinander verband.

Den literarischen Durchbruch erzielte Sienkiewicz mit der sogenannten Trilogie: Mit Feuer und Schwert, Sintflut und Pan Wolodyowski, der kleine Ritter. Diese historischen Romane erschienen zunächst fortsetzungsweise in Zeitungen und verbanden Abenteuer, Liebesgeschichten und Kriegserfahrungen mit detailreicher Schilderung der frühneuzeitlichen Republik. Sie stießen auf immense Resonanz, weil sie unter den Bedingungen der Teilungen historische Identität imaginative Gegenwart werden ließen. Stilistisch nutzte Sienkiewicz eine straffe Dramaturgie, plastische Dialoge und sorgfältig recherchierte Kulissen. Zugleich machte er zentrale Konflikte und Loyalitäten anschaulich, ohne den Blick für ambivalente Motive zu verlieren. Die Trilogie begründete seinen Rang als populärer Erzähler.

Mit Quo Vadis? wechselte Sienkiewicz die historische Bühne ins antike Rom und erzählte von Macht, Verfolgung und innerer Wandlung. Der Roman verband prägnante Charakterzeichnungen mit Szenen öffentlicher Spektakel und einer Reflexion über Gewissen, Gewalt und Glauben. Er erreichte ein weltweites Publikum, wurde in zahlreiche Sprachen übertragen und festigte Sienkiewicz’ Ruf als Meister historischer Prosa. Die internationale Aufmerksamkeit trug zur Kanonisierung seines Werks bei und zeigte, dass seine Erzählstrategien über nationale Themen hinaus wirkten. Quo Vadis? demonstrierte zugleich, wie moralische Fragen in eine dramatische Komposition eingebettet werden können, ohne die Spannung oder Anschaulichkeit zu mindern.

Die Kreuzritter widmete sich den Auseinandersetzungen mit dem Deutschen Orden und platzierte individuelle Schicksale vor dem Hintergrund weitreichender politischer und kultureller Spannungen. Sienkiewicz entwarf ein Panorama mittelalterlicher Lebenswelten, das ritterliche Kodizes, höfische Zeremonien und Alltagspraktiken nebeneinander sichtbar machte. In der Erzählbewegung verbinden sich martialische Episoden mit Momenten stiller Beobachtung, wodurch der Roman sowohl als Abenteuergeschichte wie als Reflexion über Macht, Loyalität und Recht gelesen werden kann. Die Kreuzritter fügt sich in Sienkiewicz’ Gesamtwerk als Erkundung historischer Identität ein und veranschaulicht seine Fähigkeit, kollektive Erinnerung erzählerisch zu verdichten. Zugleich zeugt das Werk von seiner sorgsamen Quellenlektüre und erzählerischen Disziplin.

Seine historischen Stoffe waren eng mit der politischen Situation Polens verknüpft, das während seines Lebens geteilt war. Sienkiewicz nutzte die Vergangenheit, um Selbstbehauptung, Verantwortung und bürgerliche Tugenden vorzuführen, ohne didaktische Starrheit. In Essays und Reden setzte er sich öffentlich für kulturelle Selbstständigkeit und Bildung ein. Während des Ersten Weltkriegs engagierte er sich in der Hilfe für Kriegsopfer, was seine moralische Haltung unterstrich. Gleichwohl hielt er in seinen Romanen die Balance zwischen nationaler Perspektive und allgemein menschlicher Erfahrung. Dadurch blieben seine Bücher auch jenseits politischer Zäsuren zugänglich und wurden zu Trägern eines breiten, nicht exklusiven Geschichtsverständnisses.

Die späteren Jahre verbrachte Sienkiewicz vielfach im Ausland; 1916 starb er in der Schweiz. Zu diesem Zeitpunkt war sein Rang gesichert, nicht zuletzt durch den Nobelpreis und die weltweite Verbreitung seiner Romane. Nach seinem Tod blieb die Wirkung ungebrochen: Quo Vadis?, Die Kreuzritter und die Trilogie wurden vielfach neu aufgelegt, adaptiert und diskutiert. Heute gelten seine Bücher als Klassiker des historischen Romans, die – trotz wechselnder literarischer Moden – Leserinnen und Leser mit klarer Komposition, anschaulichen Figuren und thematischer Weite erreichen. Sein Werk bildet einen bleibenden Bezugspunkt für die Verbindung von Geschichte, Ethik und erzählerischer Spannung.

Historischer Kontext

Inhaltsverzeichnis

Henryk Sienkiewicz (1846–1916) schrieb seine historischen Romane in einer Epoche, in der Polen als Staat nicht existierte. Die in der Sammlung versammelten Werke spannen große Zeiträume: Quo Vadis? führt ins Rom der 60er Jahre n. Chr. unter Kaiser Nero, Die Kreuzritter in das spätmittelalterliche Mitteleuropa bis zur Schlacht bei Tannenberg/Grunwald 1410. Mit Feuer und Schwert, Sintflut und Pan Wolodyjowski verorten sich im 17. Jahrhundert der polnisch-litauischen Adelsrepublik. Diese Epochen erlaubten dem Autor, Fragen von Herrschaft, Gesellschaft und religiöser Bindung in unterschiedlichen politischen und kulturellen Konstellationen zu betrachten und zugleich die eigene Gegenwart indirekt zu kommentieren.

Sienkiewicz lebte unter den Bedingungen der Teilungen Polens (1772, 1793, 1795). In Kongresspolen stand das öffentliche Leben unter russischer Kontrolle; nach dem Januaraufstand von 1863 folgten Repression und Zensur. In dieser Situation gewann Literatur einen hohen Stellenwert als Träger kollektiver Erinnerung. Kritiker und Leser verstanden Sienkiewiczs historische Prosa häufig als Beitrag zur moralischen Stärkung der Nation. Dass seine Texte auf Zensurvorgaben Rücksicht nehmen mussten, prägte Form und Anspielungsreichtum. Politischer Druck, rechtliche Beschränkungen und das Bedürfnis nach historischer Selbstvergewisserung bildeten somit einen zentralen Resonanzraum für seine Stoffwahl und Erzählhaltung.

Die Entstehungs- und Rezeptionsbedingungen waren von der Expansion der Presse und des Feuilletons geprägt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreiteten sich fortschrittliche Druckverfahren, Periodika erreichten ein wachsendes, teils über partitionelle Grenzen hinaus organisiertes Lesepublikum. Romane wurden häufig als Fortsetzungsserien publiziert, was den Spannungsbogen und die episodische Anlage begünstigte. Öffentliche Lesegesellschaften, Bibliotheken und ein transnationales Netz polnischer Emigration förderten die Zirkulation. Übersetzungspraktiken ermöglichten zudem internationale Rezeption, besonders im Fall von Quo Vadis?, das früh Sprach- und Kulturgrenzen überschritt und so unterschiedliche Deutungen provozierte.

Die polnisch-litauische Adelsrepublik, in der drei der Romane verankert sind, entstand mit der Union von Lublin 1569. Ihre politische Ordnung beruhte auf einer Adelsdemokratie mit Wahlkönigtum, regionalen Selbstverwaltungsstrukturen und dem Liberum Veto. Diese Governance erwies sich als dynamisch, zugleich störanfällig. Religions- und Sprachvielfalt prägten das Gemeinwesen: Polen, Litauer, Ruthenen, Juden, Tataren und andere Gruppen lebten in einem großräumigen Verbund. Konflikte an offenen Grenzen, innenpolitische Fraktionskämpfe und die Integration unterschiedlicher Rechts- und Glaubenswelten bildeten die historischen Kräftefelder, die Sienkiewicz literarisch verdichtete.

Mit Feuer und Schwert rekurriert auf den Kosakenaufstand unter Bohdan Chmelnyzkyj (ab 1648). Die Erhebung verknüpfte militärische und soziale Aspekte: Kosakenrechte, Bauernlasten, konfessionelle Spannungen zwischen orthodoxen und katholischen Gemeinschaften sowie die Einflussnahme externer Mächte spielten zusammen. Die Krimtataren und der Moskauer Staat agierten als Verbündete bzw. Gegner in wechselnden Konstellationen. Der Aufstand leitete eine lange Phase der Kriege ein, deren Auswirkungen – Bevölkerungsverluste, wirtschaftliche Verwerfungen, Verschiebungen politischer Loyalitäten – das Gefüge der Adelsrepublik nachhaltig veränderten und in Literatur und Erinnerungskultur starke Nachwirkungen entfalteten.

Sintflut spiegelt die sogenannte Schwedische Sintflut (1655–1660), eine Invasion, die Staat, Wirtschaft und Kultur erheblich erschütterte. Territorialpolitische Interessen Schwedens, Hegemonialambitionen in Nordeuropa und Bündnisspiele mit Brandenburg-Preußen bildeten den Kontext. Die Krise verschärfte innenpolitische Spannungen und wurde von religiösen Deutungen begleitet, die zur Mobilisierung beitrugen. Der Wiederaufbau nach 1660 verlangte fiskalische und militärische Reformen, deren Reichweite begrenzt blieb. Erinnerungspolitisch wurde die Abwehr des schwedischen Angriffs später zu einem identitätsstiftenden Motiv, das Loyalität, Opferbereitschaft und die Verteidigung institutioneller Kontinuität symbolisierte.

Pan Wolodyjowski verlegt den Fokus auf die Südostgrenze der Adelsrepublik. In den 1660er und 1670er Jahren führten die Auseinandersetzungen mit dem Osmanischen Reich und den Krimtataren zu Belagerungen, Grenzkriegen und Friedensschlüssen. Der Vertrag von Buczacz (1672) markierte eine tiefe Krise, die mit militärischen Gegenoffensiven – etwa an der Dnjestr-Front – beantwortet wurde. Diese Kämpfe stellten die Frage, wie ein polyzentrischer Staat mit vielfältigen Eliten auf permanente Grenzbedrohung reagiert. Die militärische Kultur der Zeit, von Festungsbau bis Reiterei, bildet einen wesentlichen Hintergrund, den Sienkiewicz als historisches Erfahrungsfeld nutzt.

Die Kreuzritter verankert sich im spätmittelalterlichen Konflikt mit dem Deutschen Orden, der seit dem 13. Jahrhundert im Ostseeraum einen Ordensstaat aufgebaut hatte. Handelsinteressen, Mission und Territorialpolitik verschränkten sich. Der Konflikt mit Polen und Litauen kulminierte 1410 bei Tannenberg/Grunwald. In der polnischen Erinnerung fungierte dieser Sieg als Symbol kollektiver Wehrhaftigkeit. Im späten 19. Jahrhundert gewann dieses Mittelaltermotiv neue Brisanz, da im preußischen Teilungsgebiet Germanisierungspolitiken und Sprachrestriktionen betrieben wurden. Der Roman traf so auf ein Publikum, das in der Ordensgeschichte einen Spiegel gegenwärtiger Spannungen sah.

Quo Vadis? greift auf den Neronischen Hof und die römische Stadtgesellschaft der 60er Jahre n. Chr. zurück. Die große Feuersbrunst von 64 und die darauffolgenden Verfolgungen gegen Christen sind seit der Antike (u. a. bei Tacitus) belegt und wurden im 19. Jahrhundert intensiv erforscht. Zeitgenössische Archäologie, Arbeiten zur Frühkirche und eine allgemeine Antikebegeisterung rahmten die Lektüre. Die Darstellung von Kulten, Spektakeln und urbaner Pracht kontrastiert mit den Lebensformen einer sich konsolidierenden christlichen Gemeinschaft. Damit wandte sich Sienkiewicz über nationale Horizonte hinaus Fragen von Gewissen, Gewalt und gesellschaftlicher Transformation zu.

Religiöse Bindungen prägten sowohl die Stoffe als auch die Rezeption. In den Teilungsgebieten bündelte der Katholizismus vielerorts soziale Solidarität und kulturelle Kontinuität. Die polnische Erinnerung an die Gegenreformation und die barocke Frömmigkeitskultur verlieh dem 17. Jahrhundert besonderen Nachhall. Quo Vadis? bot einem überkonfessionellen Publikum die Folie einer antiken Welt im Umbruch, in der neue Normen entstehen. Diese Konstellationen wurden von Zeitgenossen als Kommentare zu Modernisierung, gesellschaftlicher Säkularisierung und moralischer Orientierung verstanden. Sienkiewicz’ Werk bewegt sich damit an Schnittstellen von Glauben, Staatsräson und sozialer Kohäsion.

Soziale Hierarchien und kulturelle Selbstbilder der Adelsrepublik bilden ein weiteres Fundament. Die Ideologie des Sarmatismus, die Adelsidentität, Konsum- und Ehrenkultur sowie Patronage über Landbevölkerung strukturierten politische Handlungsoptionen. Gleichzeitig lebten in Städten und Schtetl zahlreiche jüdische Gemeinden mit eigenem Rechts- und Bildungswesen; ruthenische, litauische und tatarische Traditionen prägten Regionen unterschiedlich. Die Literatur spiegelt daher Begegnungen und Konkurrenz in einer Vielvölkerordnung, die aus manorialer Wirtschaftsweise, Grenzsicherungslogiken und städtischem Handel bestand. Moderne Forschung fragt, inwiefern idealisierte Selbstbilder Konflikte, Abhängigkeiten und Reformdefizite überblendeten.

Militär- und Technikgeschichte verleiht den Romanwelten Konkretion. Im 17. Jahrhundert verschränkten sich Reiterei – prominent die „geflügelten Husaren“ – mit Feuerwaffen und Festungskrieg. Versorgung, Kommunikation und Mobilisierung entschieden über Kampagnenverläufe. Im Spätmittelalter standen Ordensstaat und bündnisfähige Monarchien einander in ritterlich-bürokratischen Kriegsformen gegenüber. Im Rom Neros strukturierte eine hochorganisierte Verwaltungs- und Militärmaschinerie Imperium und Metropole. Diese historischen Settings erlauben die Darstellung kollektiver Handlungsfähigkeit und struktureller Grenzen, ohne die Ergebnisse allein auf individuelle Tüchtigkeit zu reduzieren.

Die europäischen Nationalbewegungen des 19. Jahrhunderts bildeten einen entscheidenden Rahmen für die Wirkung der Mittelalter- und Barockstoffe. Konflikte um Sprache, Schule und Bodenbesitz im preußischen Teilungsgebiet – flankiert von Siedlungspolitiken und Vereinsbeschränkungen – schärften den Blick für historische Konfliktmotive. Bildkunst und Geschichtsschreibung, etwa Jan Matejkos Darstellungen, etablierten ein ikonisches Repertoire, an das Literatur anschließen konnte. In dieser Erinnerungskultur stand der Deutsche Orden vielfach für eine politisch aufgeladene Vergangenheit, während die Adelsrepublik als Ort verlorener Souveränität und gesellschaftlicher Vielfalt gedeutet wurde.

Publikationsformen prägten die Rezeption wesentlich. Viele Romane erschienen zunächst als Zeitungsvorabdrucke, was Rückkopplungen mit Lesererwartungen erlaubte. Die internationale Verbreitung von Quo Vadis? war außergewöhnlich: Übersetzungen erreichten in kurzer Zeit ein weltweites Publikum und führten zu Bühnen- und frühen Filmfassungen. Der Nobelpreis für Literatur 1905 bestätigte Sienkiewiczs Rang als Autor historischer Großepik mit moralischer und stilistischer Durchschlagskraft. Die weite Verbreitung schuf Deutungsvielfalt: nationale Erbauung, kulturhistorische Schaulust, religionsphilosophische Fragen und Debatten über Geschichte als Lehrmeister.

Historische Debatten begleiteten die Werke. Die Darstellung von Konflikten zwischen Polen und Ruthenen/Ukrainern oder Stereotypisierungen einzelner Gruppen riefen Kritik hervor und werden heute mit Blick auf Mehrdeutigkeit, Gewaltgeschichte und Machtasymmetrien neu befragt. Gleichzeitig betonen Historiker strukturelle Faktoren – etwa fiskalische Schwächen, Fraktionsbildungen und die Grenzen des Liberum Veto –, die den Niedergang der Adelsrepublik begünstigten. Die Romane trafen damit auf sich wandelnde Geschichtsbilder: von heroischen Lesarten hin zu Analysen langfristiger Prozesse, in denen politische Kultur, Institutionen und soziale Realität ineinandergriffen.

In der Zwischenkriegszeit dienten Sienkiewiczs Stoffe dem neu entstandenen polnischen Staat als Reservoir nationaler Erinnerung und wurden breit im Schulkanon verankert. Nach 1945 blieben sie präsent, nun unter anderen ideologischen Prämissen. In der Volksrepublik Polen entstanden aufwendige Verfilmungen, die historische Schauwerte mit aktuellen Deutungen verbanden. Produktionen zu Pan Wolodyjowski und Sintflut in den späten 1960er und 1970er Jahren prägten Generationen von Zuschauern. Diese Popularität zeigt, wie anschlussfähig die Themen Loyalität, Staatlichkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt auch in der Moderne blieben, selbst wenn wissenschaftliche Kritik neue Perspektiven eröffnete.

Die Sammlung kommentiert ihre Entstehungszeit, indem sie historische Konflikte als Labor gesellschaftlicher Selbstverständigung nutzt. Sie verhandelt die Spannungen zwischen Freiheit und Ordnung, Zentrum und Peripherie, Glauben und politischer Rationalität. Zugleich verortet sie polnische Erfahrungen im größeren europäischen Rahmen, von Rom bis zur Ostsee. Spätere Lesarten variieren: Für manche stehen nationale Resilienz und Traditionspflege im Vordergrund, für andere die Problematik von Exklusion, Gewalt und erinnerungspolitischer Überformung. Gerade diese Vielschichtigkeit erklärt die anhaltende Wirkung der Romane und ihre Fähigkeit, immer neue Debatten über Vergangenheit und Gegenwart anzustoßen.

Synopsis (Auswahl)

Inhaltsverzeichnis

Die Kreuzritter

Ein historischer Abenteuerroman über den Konflikt zwischen dem Königreich Polen und dem Deutschen Orden im Spätmittelalter. Sienkiewicz verknüpft Fehden, Liebesgeschichten und Hofintrigen mit der Vorbereitung auf eine entscheidende Auseinandersetzung, in der private und nationale Ehre zusammenfallen. Der Ton ist episch-patriotisch, mit detailreichen Schlachtenbildern und scharf gezeichneten Gegenspielern.

Trilogie: Mit Feuer und Schwert – Sintflut – Pan Wolodyjowski, der kleine Ritter

Die Trilogie folgt adligen Helden und ihren Gefährten durch die großen Erschütterungen des 17. Jahrhunderts: den Kosakenaufstand (Mit Feuer und Schwert), die schwedische Invasion (Sintflut) und die osmanisch-tatarische Bedrohung an der Südostgrenze (Pan Wolodyjowski, der kleine Ritter). Zwischen Belagerungen, Duellen und Bündnissen balanciert sie Liebes- und Ehrenkonflikte mit der Verteidigung der Adelsrepublik. Der Ton ist rasant, humorvoll und pathetisch zugleich, getragen von Kameradschaft, religiöser Inbrunst und der Mythologisierung der polnisch-litauischen Steppe.

Quo Vadis?

In Rom zur Zeit Neros kreuzen sich die Wege eines jungen römischen Patriziers und einer christlichen Geisel; ihre Beziehung wird zum Prüfstein zwischen Machtkult und neuer Glaubensethik. Sienkiewicz kontrastiert die Dekadenz des Kaiserhofs mit der stillen Standhaftigkeit der verfolgten Gemeinde und entfaltet ein Panorama aus Spektakel, Grausamkeit und Erweckung. Der Ton ist dramatisch-moralisch, mit prägnanten Figuren und wirkungsvollen Massenszenen.

Wiederkehrende Themen und Stil

Über alle Romane hinweg verbindet Sienkiewicz private Bewährung mit nationalen und religiösen Schicksalsfragen; Liebe, Loyalität und Ehre werden in Extremsituationen erprobt. Historische Recherche trifft auf romantische Überhöhung, sodass Geschichte zur Bühne für Tugenden, Laster und kollektive Bewährungsproben wird.

Stilistisch dominieren erzählerischer Schwung, dialogreiche Szenen und plastische Actionsequenzen, oft aufgelockert durch humorvolle Nebenfiguren. Wiederkehrend sind klare moralische Kontraste, Pathos und ein starkes Gemeinschaftsgefühl – ob als Heimat, Heer oder Glaubensgemeinschaft.

Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski

Hauptinhaltsverzeichnis
Die Kreuzritter
Mit Feuer und Schwert
Sintflut
Pan Wolodyowski, der kleine Ritter
Quo Vadis?

Die Kreuzritter

Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Die Kreuzritter. Erstes Buch
Erster Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Zweiter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Neuntes Kapitel.
Zehntes Kapitel.
Elftes Kapitel.
Dritter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Die Kreuzritter. Zweites Buch
Vierter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Fünfter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Sechster Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Siebenter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Neuntes Kapitel.
Achter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Neunter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.
Neuntes Kapitel.
Zehntes Kapitel.
Elftes Kapitel.
Zwölftes Kapitel.
Zehnter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Elfter Teil.
Erstes Kapitel.
Zweites Kapitel.
Drittes Kapitel.
Viertes Kapitel.
Fünftes Kapitel.
Sechstes Kapitel.
Siebentes Kapitel.
Achtes Kapitel.

Die Kreuzritter. Erstes Buch

Historischer Roman aus dem XV. Jahrhundert

Inhaltsverzeichnis

Erster Teil.

Erstes Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

In Tyniec, in dem zur Abtei gehörenden Wirtshause »Zum wilden Auerochsen« saßen einige Leute und lauschten der Erzählung eines erfahrenen Kriegers, der, aus fernen Landen angelangt, von seinen Abenteuern im Krieg und auf der Reise berichtete.

Es war ein bärtiger Mann, in den besten Jahren, breitschultrig und von riesenhaftem Wuchse, seine Haare waren durch eine netzförmige, mit Glasperlen benähte Haube zusammengehalten, er trug ein Lederkoller, auf dem der Panzer ganze Streifen zurückgelassen hatte, darüber einen Gürtel aus Kupferringen, worin ein Messer in einer Hornscheide steckte, und ein kurzes Schwert an der Seite.

Dicht bei ihm am Tisch saß ein Jüngling mit langen Haaren, der froh in die Welt hinaus schaute, offenbar sein Gefährte, vielleicht auch sein Knappe, denn er war ebenfalls für die Reise angethan und auf seinem Lederkoller zeigten sich ähnliche Spuren von der Rüstung. Die übrige Gesellschaft bestand aus zwei Landleuten aus der Umgegend von Krakau und drei Städtern in roten, gefältelten Mützen, deren dünne Enden an der Seite bis zu den Ellbogen herabhingen.

Der Wirt, ein Deutscher, welcher den Kragen seiner fahlgelben Kapuze bis über das Kinn heraufgezogen hatte, goß ihnen aus einer Kanne nahrhaftes Bier in die Thonkrüge und lauschte aufmerksam den Berichten der Krieger.

Noch aufmerksamer aber lauschten die Städter. Die Feindschaft, welche seit der Zeit der Lokietek’s zwischen den Städtern und den Landedelleuten geherrscht hatte, war beinahe erloschen, und die Bürgerschaft trug ihr Haupt weit höher als dies in späterer Zeit der Fall war. Damals wurde sie noch »des allerdurchlauchtigsten Kuniges und Herren« genannt, ihre Bereitwilligkeit » ad concessionem pecuniarum« wurde auch besonders geschätzt, und daher kam es zuweilen vor, daß in den Wirtshäusern die Edelleute mit den Kaufleuten tranken. Diese wurden sogar gern gesehen. Hatten sie doch stets bares Geld in Händen und zahlten sie doch häufig für die Träger der Wappenschilder.

So saßen sie auch jetzt plaudernd beisammen, indem sie von Zeit zu Zeit dem Wirte winkten, auf daß er ihnen die leeren Becher fülle.

»Ihr habt wohl schon ein großes Stück von der Welt bereist, edler Ritter,« sagte einer der Kaufleute.

»Ja, nur wenige von denen, welche jetzt von allen Seiten in Krakau zusammenströmen, haben schon soviel gesehen,« antwortete der vor kurzem angelangte Ritter.

»Und gar viele strömen dort zusammen,« fügte der Bürger hinzu. »Große Festlichkeiten giebt’s ja, und große Glückseligkeit herrscht im Königreiche. Man sagt, und ich glaube es auch, daß der König befahl, der Königin Prunkbett mit perlenbesetztem Brokat auszupolstern und den gleichen Baldachin darüber anzubringen. Und allerlei Spiele und Turniere werden veranstaltet, wie sie die Welt bisher noch nie gesehen hat.«

»Gevatter Gamroth, unterbrecht den Ritter nicht,« bemerkte der zweite Kaufmann.

»Ich unterbreche ihn nicht, Gevatter Eiertreter, ich denke mir nur, er wird auch gern wissen, was man sagt, weil er gewiß selbst nach Krakau reist. Und ich kehre heute nicht mehr in die Stadt zurück, weil die Thore so früh geschlossen werden, und bei Nacht lassen mich die Amphibien, welche in den Hobelspänen entstehen, doch nicht schlafen, also haben wir Zeit für alles.«

»Und auf ein Wort gebt Ihr zwanzig zurück, Ihr werdet alt, Gevatter Gamroth.«

»Und doch bin ich noch im stande, ein Stück feuchten Tuches unter einem Arm zu tragen.«

»Ach was! Vielleicht eines, das so dünn wie ein Sieb ist!«

Ein weiterer Streit wurde durch den fremden Kriegsmann unterbrochen, welcher sagte: »Ich werde sicher in Krakau bleiben, weil ich von den Wettkämpfen gehört habe und froh bin, wenn ich meine Kraft innerhalb der Schranken erproben kann – und meinem Bruderssohn hier geht es ebenso, denn obgleich er noch jung und ein rechter Milchbart ist, hat er schon manchen Panzer auf der Welt zu Gesicht bekommen.«

Die Gäste schauten den Jüngling an, der fröhlich lächelte und, nachdem er seine langen Haare hinter die Ohren gestrichen hatte, den Bierkrug an die Lippen setzte.

Der alte Ritter aber fügte hinzu: »Uebrigens, wenn wir umkehren wollten, wüßten wir gar nicht, wohin wir uns wenden sollten.«

»Ei,« fragte einer der Edelleute, »woher seid Ihr denn und wie nennt Ihr Euch?«

»Macko aus Bogdaniec nenne ich mich, und dieser junge Mann, der Sohn meines leiblichen Bruders, nennt sich Zbyszko. ›Tepa Podkowa‹ ist unser Wappenschild, und unser Schlachtruf: ›Hagel‹!«

»Wo liegt denn Euer Bogdaniec?«

»Traun! Fragt lieber, wo es lag, Herr Bruder, denn es ist schon vom Erdboden verschwunden. Noch zur Zeit des Krieges der Grzymalitezyc mit den Naleczy wurde Bogdaniec zu Asche niedergebrannt, und was übrig geblieben war, wurde uns weggenommen; die Knechte aber flohen alle. So blieb nur der leere Grund und Boden, denn auch die Bauern der Nachbarschaft wanderten fort in die Steppe. Mit meinem Bruder, dem Vater dieses Jünglings, habe ich das Haus wieder aufgebaut, aber im folgenden Jahre hat uns das Wasser alles weggerissen. Dann starb mein Bruder, und ich blieb allein mit der Waise. Da sagte ich mir: Hier kann ich es nicht aushalten! Und zu jener Zeit sprach man viel vom Krieg und auch davon, daß Jasko aus Olesnica, den der König Wladislaw zu dem Mikolaj aus Moskorzow nach Wilna sandte, eifrig in Polen Ritter suche. Da ich nun den würdigen Abt Janek aus Tulcza kenne, verpfändete ich ihm meinen Grund und Boden, und für das Geld kaufte ich mir eine Rüstung, ein Pferd, kurz, ich versah mich, wie es üblich ist für den Kriegsdienst, den Knaben, der erst zwölf Jahre alt war, setzte ich auf einen Klepper, und fort ging’s zu Jasko von Olesnica!«

»Mit dem Jüngling?«

»Damals war er noch kein Jüngling, aber stramm ist er schon als Knabe gewesen. In seinem zwölften Jahre legte er zuweilen die Armbrust auf den Boden, stemmte sich mit dem Bauche dagegen und drückte den Schneller derart, daß selbst keiner von den Engländern, die wir bei Wilna gesehen haben, sich hätte rühmen können, er verstehe den Bogen besser zu spannen.«

»So stark ist er gewesen?«

»Meinen Helm trug er hinter mir her, und als er dreizehn Jahre alt wurde, trug er auch meinen langen Schild.«

»Und an Kriegszügen hat es wahrlich nicht gefehlt.«

»Witolds wegen. Der Fürst befand sich bei den Kreuzrittern und jedes Jahr unternahm er Kriegsfahrten gegen Litauen und wendete sich nach Wilna. Mit ihm zog allerlei Volk. Deutsche, Franzosen, Engländer, die am besten den Bogen zu spannen verstanden, Böhmen, Schweizer und Burgunder. Sie haben die Wälder durchstreift, Schlösser erbaut, und zuletzt haben sie Litauen mit Feuer und Schwert schrecklich verwüstet, so daß das ganze Volk, welches dies Land bewohnt, es schon verlassen und ein anderes suchen wollte, ja gerne bis ans Ende der Welt oder sogar zu den Kindern des Belial gewandert wäre, nur um fern von den Deutschen zu sein.«

»Daß alle Litauer mit Weibern und Kindern fortziehen wollten, hörten wir wohl, doch glaubten wir es nicht.«

»Aber ich habe gar viel miterlebt. Ha! wäre nicht Mikolaj aus Moskorzow, nicht Jasko aus Olesnica, und wären wir nicht gewesen – das sage ich, ohne mich zu rühmen – so stünde auch Wilna nicht mehr.«

»O, das wissen wir. Ihr habt die Burg ja nicht übergeben.«

»Nein, wir haben sie nicht übergeben. Und nun merket wohl auf das, was ich Euch sage, denn ich bin ein erfahrener, des Krieges kundiger Mann. Die Alten sprachen immer von dem bissigen Litauer, und sie sprachen wahr. Sie schlagen sich gut, die Litauer, aber mit den Rittern können sie sich im offenen Felde nicht messen. Ganz anders ist’s im dichten Wald – oder auch dann, wenn die Pferde der Deutschen im Morast versinken.«

»Die Deutschen sind die besten Krieger!« riefen die Städter.

»Und wie eine Mauer stehen sie Mann bei Mann, durch ihre eisernen Rüstungen derart geschützt, daß kaum die Augen durch das Visir zu sehen sind. Dicht aneinander gedrängt, schreiten sie auch vorwärts. Gewöhnlich sind’s die Litauer, die losschlagen. Aber dann werden sie wie Sand zerstreut, oder sie müssen als Brücke dienen und werden zertreten. Doch nicht nur Deutsche sind unter den Kreuzrittern zu finden, denn jedes Volk, das es auf der Welt giebt, dient bei ihnen. Und tapfer sind sie! Zuweilen beugt sich ein Ritter herab, streckt die Lanze aus und stößt allein, noch vor der Schlacht, in einen ganzen Kriegshaufen, wie sich ein Habicht auf eine Herde stürzt.«

»Christus!« rief Gamroth aus, »welche sind denn die tüchtigsten unter ihnen?«

»Es kommt auf die Waffe an. Die Armbrust weiß der Engländer am besten zu handhaben, denn er kann einen Panzer mit dem Pfeile durchbohren und eine Taube auf hundert Schritte weit treffen. Die Böhmen hingegen hauen mit dem Beile furchtbar drein, und den zweischneidigen Hirschfänger weiß niemand besser zu führen als der Deutsche. Der Schweizer zerschlägt gerne den Helm mit der eisernen Keule, aber die besten Krieger sind die, welche aus des Franzmannes Landen kommen. Sie kämpfen zu Pferd und zu Fuß und rufen Dir herausfordernde Worte zu, aber verstehen kannst Du sie nicht, denn ihre Sprache klingt, wie wenn eine zinnerne Schüssel geschüttelt wird, und doch sind sie ein gottesfürchtiges Volk. Sie haben uns durch die Deutschen vorgeworfen, daß wir mit den Heiden und Sarazenen gegen das Kreuz kämpfen, und haben sich verpflichtet, die Wahrheit dieser Behauptung durch einen ritterlichen Zweikampf zu beweisen. Auch ein Gottesgericht soll abgehalten werden zwischen vier von ihren und vier von unsern Rittern, und der zur Zusammenkunft bestimmte Ort ist der Hof Wenzels, des römischen und böhmischen Königs.«

Noch größere Neugierde erfaßte nun die Landleute und die Kaufleute, sie streckten ihre Köpfe über die Krüge zu Macko hinüber und fragten: »Wer von unsern Rittern ist denn dabei? Sprecht schnell!«

Doch Macko führte zuerst den Krug an die Lippen und trank, dann erwiderte er: »Ei, fürchtet nur nichts für sie. Es ist Jan aus Wloszczow, der Kastellan von Dobrzin, es ist Mikolaj aus Waszmuntow, es ist Jasko aus Zdakow und Sarosz aus Czeckow, lauter hochgepriesene Ritter und tapfere Jungen. Ob nun mit der Lanze, dem Schwert oder der Streitaxt gekämpft wird – das alles ist nichts Neues für sie. Da werden die Leute etwas zu sehen und etwas zu hören bekommen – denn wie ich schon erwähnt habe, dem Franzmann kannst Du die Gurgel zudrücken, und er sagt Dir noch heldenmäßige Worte. So wahr mir Gott helfe und das heilige Kreuz, jene werden unaufhörlich schwatzen, die Unsrigen aber sie besiegen.«

»Das wird uns zu großem Ruhme gereichen, wofern nur Gott seinen Segen dazu giebt,« sagte einer der Edelleute.

»Und der heilige Stanislaw!« fügte ein zweiter hinzu.

Und zu Macko gewandt, bemerkte er in eifrigem Tone: »Nur weiter! Sprecht! Ihr rühmt die Tapferkeit der deutschen und andern Ritter, Ihr sagt, sie könnten die Litauer leicht beugen. Aber Euch zu beugen wäre ihnen sicherlich schwerer geworden! Haben sie nicht eben so gerne auf Euch losgeschlagen? Und was ist mit Gottes Willen dann geschehen? Lobt und preist doch die Unsrigen!«

Doch Macko aus Bogdaniec war offenbar kein Prahler, denn er entgegnete bescheiden: »Die welche aus fernen Landen einwandern, nehmen gerne den Kampf mit uns auf, aber wenn sie es einmal gethan haben, schwindet ihr Mut schon einigermaßen, denn wir sind ein zähes Volk, und diese Zähigkeit wird uns häufig vorgeworfen. ›Ihr verachtet den Tod, – sagen unsere Feinde – aber die Sarazenen unterstützt Ihr, und dafür werdet Ihr verdammt sein!‹ Durch diese Lügen ist unser Ingrimm noch gewachsen; der König und die Königin ließen die Litauer taufen, und jeder ist ein Bekenner Christi, wenn schon nicht jeder ihn versteht. Als der Teufel in der Kathedrale in Plock auf die Erde geworfen wurde, befahl sogar unser gnädigster Herr, ein Endchen Licht zu dessen Ehren aufzustellen, und die Priester mußten ihm erst sagen, daß es sich nicht gehöre – das ist ja eine bekannte Geschichte. Was darf man also von einem gewöhnlichen Menschen verlangen? Mancher sagt sich selbst: Befiehlt der Knäs, daß ich mich taufe, so taufe ich mich; befiehlt Christus, daß ich mich an die Stirne schlage, so schlage ich mich an die Stirne; aber weshalb sollte ich den alten heidnischen Teufeln das bißchen Quark nicht gönnen, ihnen die gebratenen Rüben nicht vorwerfen, oder den Schaum vom Biere nicht für sie abgießen? Thue ich es nicht, so können mir die Pferde krepieren, die Kühe räudig werden, ihre Milch kann blutig kommen oder die Ernte kann schlecht ausfallen. Gar viele handeln so, wodurch sie schweren Verdacht auf sich laden. Und doch thun sie es nur aus Unwissenheit und aus Furcht vor den Teufeln. Ehemals war es jenen Teufeln wohl. Sie hatten ihren Forst und große Hütten, auch Pferde zum Reiten, und den Zehnten nahmen sie sich. Doch jetzt ist der Forst ausgehauen, zu essen ist nichts da – die Glocken in den Städten schlagen an, also muß sich der Unflat in den dichtesten Wald verkriechen und dort heult er vor Angst. Kommt nun ein Litauer in das Gehölz, so geschieht es häufig, daß ihn ein Teufel am Schafpelz zerrt und sagt: Gib her! Manche wagen nicht, sich zu widersetzen, wieder andere wollen den Teufeln nichts freiwillig überlassen und suchen sie zu fangen. Einer dieser wackeren Jungen schüttete gedörrte Erbsen in eine Ochsenblase, und sogleich fuhren dreizehn Teufel hinein. Da zog er die Blase zu, befestigte ein Holzpflöckchen daran und brachte sie zum Verkauf nach Wilna zu den Franziskanern, welche ihm gerne zwanzig Skotus dafür gaben, um die Feinde des Namens Christi aus dem Weg zu räumen. Ich selbst habe die Blase gesehen, aus der sich ein furchtbarer Gestank weithin verbreitet hat, denn auf diese Weise zeigen die bösen Geister ihre Furcht vor dem Weihwasser.«

»Und wer hat berechnet, daß es ihrer dreizehn gewesen sind?« fragte der bedächtige Kaufmann Gamroth.

»Das hat ein Litauer berechnet, welcher es mit ansah, wie sie in die Blase hineinkrochen. Daß sie sich darin befanden, darüber herrscht kein Zweifel, denn dies war an dem Gestank zu erkennen, und deshalb wollte niemand das Holzpflöckchen entfernen.«

»Wie wunderlich ist dies, wie gar wunderlich!« rief einer der Edelleute.

»Ich habe schon die größten Wunder gesehen, allein davon kann man nicht reden. Gute Leute sind die Litauer, aber auch recht sonderbare. Sie haben zottige Haare, und kaum die Fürsten kämmen sich, von gebratenen Rüben leben sie und ziehen diese allen andern Speisen vor, weil sie meinen, es mache kräftig und mutig. Bei ihnen in ihren Hütten sind auch Haustiere und Schlangen zu sehen, und im Essen und Trinken kennen diese Menschen kein Maß, die verehelichten Weiber werden mißachtet von ihnen, aber die Jungfrauen verehren sie und gestehen ihnen große Rechte zu.«

»Ich kann es bestätigen,« fügte Zbyszko hier ein. »Und die meisten Mädchen sind schön. Oder,« fragte er, zu seinem Onkel gewendet, »ist Nyngalla vielleicht nicht schön?«

»Wer ist denn diese Nyngalla?« erkundigte sich einer der Städter.

»Wie? Habt Ihr noch nichts von Nyngalla gehört?« fragte Macko.

»Noch kein Wort hörten wir von ihr!«

»Wir sprechen ja von der Schwester des Fürsten Witold, der Gattin Henryks, des masovischen Fürsten.«

»Welchen Fürsten Henryk meint Ihr? Es gab einen masovischen Fürsten dieses Namens, der Elektor von Plock war, aber er ist gestorben.«

»Das ist eben derselbe. Er wurde durch den Tod abgerufen, weil sein Leben offenbar Gott nicht wohlgefällig war. Denn obwohl er die geistliche Würde bekleidete, schloß er doch eine unrechtmäßige Ehe mit Nyngalla. ›Ich gebe mir selbst den Dispens; der Papst, wenn nicht der von Rom, so doch der von Avignon, wird ihn sicherlich bestätigen,‹ soll er gesagt haben. Der Zorn Gottes war groß, aber Witold konnte sich nicht widersetzen – und die Vermählung ward gefeiert, zum großen Kummer meines Zbyszko hier, welcher selbst, nach deutscher Sitte, die Fürstin Ryngalla zur Herrin seines Herzens erwählt und ihr ewige Treue gelobt hatte …«

»Fürwahr,« warf Zbyszko plötzlich ein, »das ist richtig! Und später hörten wir von den Leuten, daß die Fürstin Ryngalla, nachdem sie eingesehen hatte, daß es sich nicht für sie gezieme, mit dem Elektor zu leben, weil er trotz seiner Vermählung doch nicht auf seine Würde verzichten wollte, und daß über solcher Ehe der göttliche Segen nicht walten könne, ihren Gatten vergiftet habe. Auf diese Kunde hin bat ich einen heiligen Einsiedler in der Nähe Lublins, mein Gelübde zu lösen.«

»Ein Einsiedler war es wohl«, bemerkte Macko lachend, »doch ob es ein heiliger gewesen ist, weiß ich nicht, denn wir überraschten ihn an einem Freitag im Walde, als er die Knochen eines Bären mit dem Beile spaltete und das Mark aussaugte, bis es ihm in der Kehle stecken blieb.«

»Aber er sagte, Mark sei kein Fleisch, und außerdem habe er sich die Erlaubnis erbeten, Mark zu genießen, weil er dann des Nachts immer wunderbare Traumgesichte habe und vom folgenden Morgen an bis zum Mittag prophezeien könne.«

»Na! Na!« versetzte Macko. »Und die schöne Ryngalla ist Witwe und braucht Dich vielleicht in ihrem Dienst.«

»Umsonst würde sie ausschicken, denn ich wähle mir selbst eine andere Herrin, der ich bis zum Tode dienen werde, und später werde ich mir auch eine Gattin gewinnen.«

»Den Rittergürtel wirst Du Dir zuerst gewinnen.«

»Nun ja! Nach der Entbindung der Königin werden doch gewiß Turniere stattfinden? Und da wird der König manchen zum Ritter schlagen. Ich stelle mich jedem. Der Fürst würde mich nimmer aus dem Sattel gehoben haben, wenn mein Pferd sich nicht auf die Hinterbeine gesetzt hätte.«

»Es werden aber bessere dort sein als Du.«

Hier riefen die Landleute aus der Gegend von Krakau: »Bei Gott! Vor der Königin werden sich solche wie Du nicht herauswagen können, wohl aber Ritter, die in der ganzen Welt berühmt sind. Wie kannst Du Dich mit Leuten messen, mit denen sich weder hier, noch am böhmischen noch am ungarischen Hofe jemand messen kann? Was ist das für ein Gerede? Bist Du denn besser als sie? Und wie alt bist Du denn?«

»Achtzehn Jahre!« antwortete Zbyszko.

»Dann kann Dich ja jeder zwischen den Fingern zermalmen.«

»Wir werden sehen!«

Doch Macko warf hier ein: »Ich habe gehört, daß der König die Ritter reichlich belohne, welche aus dem litauischen Kriege zurückkehren. Sagt an, die Ihr von Krakau kommt, ist dies wahr?«

»Bei Gott, es ist wahr!« entgegnete einer der Edelleute. »Auch ist die Freigebigkeit des Königs in der ganzen Welt bekannt. Aber in seine Nähe zu gelangen, ist nicht leicht, da es in der Stadt von Gästen wimmeln wird, welche wegen der Entbindung der Königin und der Taufe kommen, um dadurch unsern Herrn zu ehren oder ihm Huldigung darzubringen. Der ungarische König wird dort sein, auch der römische Cäsar, wie man sagt, und verschiedene Fürsten, Wojwoden und Ritter werden erscheinen, weil jeder denkt, daß er nicht mit leeren Händen weggehen wird. Man spricht sogar davon, daß selbst der Papst Bonifazius komme, da er der Gunst und Hilfe unseres Herrn gegen seinen Feind in Avignon bedürfe. Bei dem Andrange wird man nicht leicht Zutritt zum König bekommen, aber wem es dennoch gelingt, Zutritt zu erlangen und wer einen Kniefall vor dem Herrn macht, der wird seiner Verdienste wegen reichlich belohnt werden.«

»Dann will ich den Kniefall thun, denn auch ich habe mir schon Verdienste erworben, und wenn der Krieg ausbricht, ziehe ich mit. Kriegsbeute ist mir wohl zu teil geworden, und vom Fürsten Witold erhielt ich Vergütung, Not leide ich also nicht, aber der Abend meines Lebens naht schon heran, und im Alter, wenn die Knochen mürbe werden, hat der Mensch doch gerne einen friedlichen Winkel.«

»Gerne sah der König stets die, welche unter Jasko aus Olesnica von Litauen zurückgekehrt sind – und sie alle bekommen satt zu essen.«

»Da seht Ihr’s! Ich bin aber jetzt erst aus dem Krieg zurückgekehrt. Ihr müßt nämlich wissen, daß die Deutschen den Frieden zwischen dem König und dem Fürsten Witold büßen mußten. Der schlaue Fürst sicherte sich seine Geiseln, und dann ging es los auf die Kreuzritter! Schlösser wurden zerstört, verbrannt, die Ritter aufs Haupt geschlagen und ein großer Teil des Volkes ausgerottet. Mit Swidrygiello zugleich, der zu ihnen geflohen war, wollten sich nun die Deutschen rächen. So kam es wieder zu einem großen Kriegszug. Selbst der Meister Kondrad eilte mit zahlreichem Volk herbei. Wilna ward belagert, von ungeheuren Türmen aus versuchte man, die Burg zu zerstören, durch Verrat versuchte man, hineinzugelangen, aber nichts ward damit erreicht. Und bei dem Rückzuge wurden so viele Krieger hingestreckt, daß kaum die Hälfte zurückkam. Auch gegen Ulryk von Jungingen, des Großmeisters Bruder, der Vogt von Samland ist, zogen wir ins Feld. Aber in Schrecken versetzt durch den Fürsten, floh der Vogt unter lauten Klagen, und durch diese Flucht ward der Frieden wieder hergestellt, die Stadt neu erbaut. Und ein heiliger Ordensbruder, der barfuß auf glühendem Eisen zu gehen vermag, hat prophezeit, daß von nun an, so lange die Welt steht, sich unter Wilnas Mauern keine bewaffneten Deutschen mehr zeigen werden. Aber wessen Hände haben mitgeholfen, daß es so kommen kann und sie sich nicht mehr zeigen werden?«

Bei diesen Worten streckte Macko aus Bogdaniec seine großen, ungewöhnlich starken Hände aus, während die andern beistimmend nickten und riefen: »Ja! Ja! In dem, was Ihr sagt, ist ein Fünkchen Wahrheit enthalten.«

Das Gespräch wurde durch heftigen Lärm unterbrochen. Er drang zu den Fenstern herein, deren Scheiben man entfernt hatte, denn die Nacht war warm und schön. In der Ferne vernahm man Stimmen, Gesang und das Schnauben von Pferden. Die Anwesenden staunten darüber, weil die Stunde schon vorgerückt war und der Mond hoch am Himmel stand. Der deutsche Wirt lief hinaus in den Hof, aber bevor noch seine Gäste im stande gewesen, die Krüge bis zur Neige zu leeren, kehrte er eilig zurück und rief: »Irgend eine Hofgesellschaft naht heran!«

Gleich darauf zeigte sich an der Thüre ein junger Bursche in blauem Oberrock, die gefältelte rote Mütze auf dem Haupte. Er blieb stehen, betrachtete die Anwesenden, und als er den Wirt erblickte, sagte er: »Wischt die Tische dort ab und bringt Lichter herbei. Die Fürstin Anna Danuta wird hier Rast machen.«

So sprach er und entfernte sich dann wieder. In der Schenke machte sich eine Bewegung kund, der Wirt rief nach dem Gesinde, und die Gäste schauten voll Verwunderung einander an.

»Die Fürstin Anna Danuta,« begann einer der Bürger. »Das ist Kiejstuts Tochter, die Gattin Janusz’ von Masovien. Sie hielt sich vierzehn Tage in Krakau auf und fuhr dann nach Zator zum Fürsten Wenzel zu Besuch. Wahrscheinlich befindet sie sich nun wieder auf der Rückreise nach Krakau.«

»Gevatter Gamroth,« sagte der zweite Bürger, »laß uns lieber in die Scheune gehen und unser Heulager aufsuchen, allzu hohe Gesellschaft ist das für uns.«

»Daß sie bei Nacht fahren, dies wundert mich nicht,« ließ sich Macko vernehmen, »denn bei Tage brennt die Sonne allzu sehr, aber weshalb kommen sie in dies Wirtshaus, da sie doch das Kloster vor Augen haben?«

Hier wendete er sich zu Zbyszko mit den Worten: »Sie ist eine leibliche Schwester der schönen Ryngalla!«

Und Zbyszko rief: »Juhei! Sicherlich befinden sich viele masovische Jungfrauen bei ihr.«

Zweites Kapitel.

Inhaltsverzeichnis

An der Thüre erschien jetzt die Fürstin, eine Frau in mittleren Jahren, in einem roten Mantel und einem enganliegenden grauen Gewande mit goldenem Gürtel, der vorn durch einen großen Ring am Kleide festgehalten war. Hinter der freundlich lächelnden Herrin zeigten sich einige Hoffräulein, ältere und auch halbwüchsige. Kränze aus Lilien und Rosen schmückten ihre Stirnen, und viele hatten Lauten in den Händen. Wieder andere trugen frische Blumensträuße, die sie wohl unterwegs gepflückt hatten. Bald war die ganze Stube voll, denn nach den Mädchen kamen mehrere Höflinge und Pagen. Heiter und guter Dinge traten alle ein, mit strahlenden Gesichtern, laut sprechend und singend, wie trunken von der schönen Nacht und dem hellen Mondschein. Unter den Höflingen befanden sich auch zwei fahrende Schüler, der eine mit einer Laute, der andere mit der Zither am Gürtel. Eines der Mägdlein, das noch ganz jung, vielleicht zwölf Jahre alt war, trug eine kleine, mit Kupfernägeln beschlagene Laute hinter der Fürstin her.

»Gelobt sei Jesus Christus!« sagte die Fürstin, in der Mitte des Gastzimmers stehen bleibend.

»Von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen!« antworteten die Anwesenden, sich tief verneigend.

»Wo ist der Wirt?«

Als dieser der Fürstin Worte vernahm, drängte er sich vor und ließ sich nach deutscher Sitte auf die Knie nieder.

»Wir wollen hier rasten und uns stärken,« sagte die Herrin. »Tummelt Euch also, denn wir sind hungrig.«

Die Bürger hatten sich bereits entfernt. Zwei Edelleute vom Orte, sowie Macko aus Bogdaniec und der junge Zbyszko verbeugten sich jetzt abermals und wollten die Gaststube verlassen, um die Gesellschaft nicht zu stören, aber die Fürstin hielt sie zurück.

»Ihr seid Edelleute, Ihr stört uns nicht. Macht Euch mit unseren Hofherren bekannt. Woher hat Euch Gott geführt?«

Nun gaben sie ihre Namen, ihr Geschlecht, ihre Beinamen und die Dörfer an, von denen sie die Namen trugen.

Als dann die Fürstin von Macko gehört hatte, woher er kam, klatschte sie in die Hände und rief: »Das trifft sich gut! Erzählt uns von Wilna, von meinem Bruder und meiner Schwester. Kommt Fürst Witold zur Entbindung der Königin und zur Taufe hierher?«

»Er wollte kommen, weiß aber nicht, ob es ihm möglich sein wird. Deshalb sandte er durch die Fürsten und Bojaren der Königin vorerst eine silberne Wiege als Geschenk. Mit dieser Wiege sind auch wir, mein Neffe und ich, gekommen und unterwegs haben wir sie bewacht.«

»Befindet sich diese Wiege hier? Ich möchte sie sehen. Ganz aus Silber ist sie?«

»Ja, ganz aus Silber. Aber sie befindet sich nicht hier. Sie ist schon nach Krakau gebracht worden.«

»Und was thut Ihr hier in Tyniec?«

»Wir kehrten hierher zurück, zu dem Prokurator des Klosters, unserm Blutsverwandten, um der Obhut des ehrwürdigen Ordens zu übergeben, was wir im Krieg gewannen und was der Fürst uns als Schenkung überließ.«

»Möge Gottes Segen darüber walten! Ist es ansehnliche Beute? Doch sagt, warum es noch ungewiß ist, ob mein Bruder kommt?«

»Für den Feldzug zu den Tataren rüstet er sich.«

»Ich sage Euch, mich quält nur das eine: die Königin hat diesem Feldzuge kein glückliches Ende prophezeit, und was sie prophezeit, trifft immer ein.«

Macko lachte. »Ei, unserer gottesfürchtigen Herrin will ich nicht widersprechen, aber mit dem Fürsten Witold zieht unsere ganze ritterliche Streitmacht aus, und es sind tüchtige Burschen, gegen die niemand aufkommt.«

»Zieht Ihr nicht mit?«

»Ich bin ja nebst den andern mit der Wiege abgesandt worden und habe zudem fünf Jahre lang den Harnisch nicht abgelegt,« entgegnete Macko, auf die vom Panzer im Lederkoller zurückgelassenen Spuren deutend. »Doch, sobald ich genügend der Ruhe gepflegt habe, gehe ich mit, und wenn ich auch selbst nicht mitgehe, so bringe ich doch meinen Bruderssohn Zbyszko dem Herrn Ipytko aus Mielsztyn, denn unter diesem Heerführer ziehen all’ unsre Ritter aus.«

Die Fürstin Danuta blickte auf die schöne Gestalt Zbyszkos, aber das Gespräch ward durch den Eintritt eines Mönches unterbrochen, der nach der Begrüßung der Fürstin ihr demütig vorhielt, daß sie ihre Ankunft nicht durch einen Boten kund gethan habe, und daß sie sich nicht im Kloster, sondern in diesem gewöhnlichen Wirtshause aufhalte, das ihrer hohen Würde unwert sei. Im Kloster sei doch kein Mangel an Gemächern und Wohnungen, worin jedermann Unterkunft finde, und nun erst die hohe Frau, die Gattin des Fürsten, von dessen Vorfahren und Blutsverwandten die Abtei so viele Wohlthaten erhalten habe.

Aber die Fürstin antwortete in heiterem Tone: »Wir sind nur hier eingekehrt, um unsere Glieder wieder einigermaßen zu strecken, und in der Frühe müssen wir uns nach Krakau aufmachen. Bisher schliefen wir bei Tag und fuhren bei Nacht, der Kühle wegen, und obwohl hier bei unserer Ankunft die Hähne schon krähten, wollte ich die gottesfürchtigen Mönche nicht wecken, vornehmlich nicht mit solcher Gesellschaft, welche mehr an Gesang und Tanz als an Ruhe denkt.«

Da jedoch der Mönch noch weiter in sie drang, fügte sie hinzu: »Ich bleibe hier. Wir haben jetzt die beste Zeit, einige weltliche Gesänge anzuhören, aber zum Frühgottesdienst gehen wir in die Kirche, um den Tag mit Gott zu beginnen.«

»Man wird eine Messe lesen für das Wohlergehen des gnädigen Fürsten und der gnädigen Fürstin,« sagte der Mönch.

»Der Fürst, mein Gatte, wird erst nach vier oder fünf Tagen ankommen.«

»Unser Herrgott kann auch aus der Ferne seinen Segen verleihen, und mittlerweile möge es uns armen Klosterbrüdern vergönnt sein, Wein hierher zu bringen.«

»Wir werden uns dankbar dafür erweisen,« erwiderte die Fürstin.

Kaum hatte der Mönch sich entfernt, so rief sie: »Schnell, Danusia, steige auf die Bank und erfreue unser Herz mit dem nämlichen Liede, das Du in Zator gesungen hast.«

Als sie dies hörten, trugen zwei Hofherren eine Bank herein. Die fahrenden Schüler setzten sich an die beiden Enden, und das junge Mädchen, welches der Fürstin die mit Kupfernägeln beschlagene Laute nachgetragen hatte, stellte sich hinauf. Ihr Haupt war mit einem Blumenkranze geziert, die Haare hingen aufgelöst über ihre Schultern herab, sie hatte ein himmelblaues Gewand an und rote Schühchen mit langen Spitzen. Wie sie so dastand, sah sie aus wie ein wunderbar schönes Kind auf einem Heiligenbild oder in einem Kripplein in der Kirche. Offenbar war es aber nicht das erste Mal, daß sie so dastand, um der Fürstin vorzusingen, denn nicht die geringste Verwirrung zeigte sich auf ihrem Gesichte.

»Singe, Danusia, singe!« riefen die Hofdamen.

Nun nahm sie die Laute zur Hand, hob den Kopf in die Höhe wie ein Vogel, der zu singen anfängt, und die Aeuglein zudrückend, begann sie mit ihrem Silberstimmchen:

»Wie wär’ ich gerne Ein Gänslein klein, Ich flög’ in die Ferne Zu Jasio mein!«

Die fahrenden Schüler begleiteten sie, der eine auf der Zither, der andere auf seiner großen Laute, die Fürstin, welche weltliche Gesänge über alles liebte, neigte das Haupt bald auf die eine, bald auf die andere Seite, und das Mädchen sang weiter, mit einer zarten, frischen, kindlichen Stimme, die klang wie Vogelgezwitscher im frühlingsgrünen Walde

»In Schlesien flög’ ich nieder Auf grünem Rain, Die Waise sieh wieder, Jasiulek mein!«

Und wieder begleiteten die fahrenden Schüler. Der junge Zbyszko aus Bogdaniec aber, der, von Kindheit an nur an den Krieg und dessen fürchterliche Erscheinungen gewöhnt, in seinem ganzen Leben noch nichts Aehnliches erschaut hatte, berührte den Arm eines neben ihm stehenden Masuren und fragte: »Wer ist das?«

»Ein Mägdlein vom Hofe der Fürstin. An fahrenden Sängern, welche den Hof ergötzen, fehlt es nicht, aber sie ist die beliebteste Sängerin, und die Fürstin hört keine andern Gesänge so gerne wie die ihrigen.«

»Mich wundert dies nicht. Sie ist ja ein wahrer Engel, und ich kann den Blick nicht von ihr abwenden. Wie wird sie genannt?«

»Und das wißt Ihr nicht? Danusia! Jurand aus Spychow, ein mächtiger und tapferer ›Comes‹, welcher zu den Landsassen gehört, ist ihr Vater.«

»Ach! Solch ein Wesen haben noch keine menschlichen Augen gesehen.«

»Sie wird auch von allen geliebt, sowohl ihres Gesanges als ihrer Schönheit wegen.«

»Und wer ist ihr Ritter?«

»Sie ist ja noch ein Kind.«

Durch den Gesang Danusias ward das Gespräch unterbrochen. Zbyszko blickte sie von der Seite an. Während er ihre hellen Haare, ihr erhobenes Köpfchen, ihre zugedrückten Augen und ihre ganze Gestalt betrachtete, die zugleich von dem Scheine der Wachslichter und von den durch die offenen Fenster fallenden Mondstrahlen beleuchtet wurde, staunte er immer mehr. Ihn dünkte, er habe dies schöne Bild schon einmal gesehen, ob im Traume oder zu Krakau auf einem Kirchenfenster, wußte er jedoch nicht zu sagen.

Und abermals den Arm des Hofherrn berührend, fragte er leise: »An Euerm Hofe ist sie?«

»Ihre Mutter kam aus Litauen mit der Fürstin Anna Danuta, und diese verheiratete sie an den Grafen Jurand von Spychow. Sie stammte aus einem mächtigen Geschlechte, war anmutig und mild, auch ward sie mehr als alle andern Mädchen von der Fürstin geschätzt. Sie selbst liebte die Fürstin innig, deshalb gab sie ihrer Tochter den gleichen Namen – Anna Danuta. Vor fünf Jahren nun, als bei Zlotorja die Deutschen unsern Hof überfielen, starb sie vor Schrecken. Damals nahm die Fürstin das Kind zu sich, und seit jener Zeit leitet sie dessen Erziehung. Der Vater kommt häufig an den Hof und sieht es mit Vergnügen, daß es seiner Tochter gut geht und daß sie unter dem Schutze der Fürstin steht. Allein so oft er Danusia anschaut, so oft vergießt er Thränen um die verstorbene Gattin, und dann sinnt er nur darauf, Rache an den Deutschen zu nehmen, für das, was sie ihm angethan. In ganz Masovien liebte niemand seine Ehefrau so innig, wie er die seine geliebt hatte – und ihretwegen hat er schon gar viele Deutsche ums Leben gebracht.«

Zbyszkos Augen blitzten und die Adern auf seiner Stirne schwollen an. »So ward also ihre Mutter von den Deutschen getötet?« fragte er.

»Ja und nein! Sie starb durch den Schrecken. Vor fünf Jahren war ja Frieden im Lande, niemand dachte an Krieg, und jeder konnte ungefährdet seines Weges ziehen. Der Fürst befand sich auf der Reise nach Zlotorja, wo er einen Turm bauen lassen wollte, er fuhr allein mit seinem Hofstaate, ohne Krieger, wie gewöhnlich zur Zeit des Friedens. Da überfielen ihn die Deutschen ohne Kriegserklärung, ohne jede Veranlassung. Aller Gottesfurcht Hohn sprechend, auch nicht bedenkend, daß seine Vorfahren ihnen viele Wohlthaten erwiesen hatten, banden ihn auf ein Pferd und führten ihn mit sich fort. Seine Leute aber wurden vollständig aufs Haupt geschlagen. Lange befand sich der Fürst in Gefangenschaft, und erst als König Wladislaw ihnen mit Krieg drohte, gaben sie Jurand aus Angst frei. Aber bei jenem Ueberfall starb Danusias Mutter, denn ihr Herz zog sich krampfhaft zusammen und stand dann plötzlich still.«

»Und Ihr, Herr, seid Ihr dabei gewesen? Wie nennt Ihr Euch? Ich vergaß es.«

»Mikolaj aus Dlugolas heiße ich, und Obuch werde ich genannt. Bei dem Ueberfall bin ich zugegen gewesen. Ich habe es mit angesehen, wie ein Deutscher, der Pfauenfedern als Helmzier trug, die Mutter Danusias an dem Sattel festbinden wollte, und wie sie vor seinen Augen starb. Auf mich haben sie mit der Hellebarde geschlagen, ich trage noch ein Merkmal davon.«

Bei diesen Worten zeigte er auf eine tiefe, sich unter den Haaren bis zu den Augenbrauen hinziehende Narbe in der Hirnschale.

Ein kurzes Schweigen folgte. Zbyszko blickte wieder auf Danusia, dann fragte er: »Und Ihr sagt, Herr, sie habe noch keinen Ritter?«

Doch wartete er die Antwort nicht ab, da in diesem Augenblick der Gesang verstummte. Einer der fahrenden Schüler, ein feister, starker Mensch, hatte sich plötzlich erhoben, wodurch sich die Bank auf eine Seite neigte. Danusia schwankte und streckte die Händchen aus, aber ehe sie noch fallen oder herabhüpfen konnte, sprang Zbyszko vor wie eine Wildkatze und fing sie in seinen Armen auf.

Die Fürstin, welche zuerst vor Schrecken laut geschrien hatte, lachte sogleich wieder und rief: »Das ist Dein Ritter, Danusia! Sei uns gegrüßt, o Ritter, und gieb uns die liebliche Sängerin zurück.«

»Allzu keck war die Art, wie er sie auffing!« ließen sich nun die Stimmen einiger Hofleute vernehmen.

Danusia immer noch in seinen Armen haltend, ging Zbyszko indessen auf die Fürstin zu. Das junge Mädchen hatte die eine Hand um seinen Hals geschlungen, während sie mit der andern die Laute emporhob, aus Furcht, das Instrument zu zerbrechen. Obwohl sie etwas erschreckt aussah, spielte dennoch ein Lächeln um ihre Lippen.

Als der Jüngling die Fürstin erreicht hatte, stellte er Danusia vor sich hin, er selbst aber kniete nieder, richtete stolz das Haupt auf und sagte mit einer für sein Alter erstaunlichen Kühnheit:

»Euern Worten gemäß soll es sein, edle Herrin! Es ist an der Zeit für dieses liebliche Jungfräulein, ihren Ritter zu wählen, an der Zeit auch für mich, eine Herrin zu wählen, deren Schönheit und Tugend ich verehren kann. Mit Eurer Erlaubnis werde ich das Gelöbnis ablegen, ihr unter allen Wechselfällen des Lebens Treue zu bewahren bis zum Tode.«

Auf dem Gesichte der Fürstin malte sich eine gewisse Verwunderung, aber weniger über Zbyszkos Worte, als darüber, daß alles so plötzlich kam. Es war zwar keine polnische Sitte, sich dem Dienste einer Herrin zu weihen, aber an der deutschen Grenze, in Masovien, wo häufig Ritter aus fernen Ländern zusammenströmten, kannte man sie besser als in andern Gegenden und ahmte sie sogar häufig nach. Die Fürstin hatte schon früher am Hofe ihres großen Vaters davon gehört, wo alle Sitten des Westens als Gesetz und nachahmungswürdiges Beispiel betrachtet wurden, deshalb erschien ihr das Vorhaben Zbyszkos nicht derart, daß sie oder Danusia dadurch hätte verletzt werden können. Im Gegenteil, sie freute sich, daß Herz und Augen eines Ritters sich dem lieblichen Hoffräulein zuwendeten. Daher sagte sie in heiterem Tone zu dem jungen Mädchen: »Danuska! Danuska! Willst Du ihn zu Deinem Ritter haben?«

Und die Kleine mit den herabwallenden Haaren hüpfte in ihren roten Schühchen zuerst dreimal in die Höhe, schlang dann den Arm um den Hals der Fürstin und rief mit dem Entzücken eines Kindes, dem man ein Spielzeug versprochen hat, woran sich sonst nur ältere Leute ergötzen dürfen: »Ja, ja, ich will ihn zum Ritter haben.«

Die Fürstin lachte, bis ihr die Thränen in die Augen traten, und mit ihr lachte der ganze Hof. Sich Danusias Armen entwindend sagte sie schließlich zu Zbyszko: »Nun gelobe Dich Deiner Herrin an. Was aber wirst Du ihr geloben?«

Und trotz des Gelächters unerschütterlichen Ernst bewahrend, erklärte Zbyszko, ohne sich von den Knien zu erheben: »Ich gelobe ihr, daß ich, in Krakau angelangt, meinen Schild in der Herberge aufhängen und ein Blatt daran befestigen werde, worauf von der Hand eines schriftkundigen Klerikers geschrieben steht, daß Jungfrau Danuta, Jurands Tochter, die schönste und tugendhafteste aller Frauen ist. Und wer dem widerstreitet, mit dem werde ich so lange streiten, bis eines von uns zu Grunde geht – es sei denn, daß ich noch zuvor in Gefangenschaft gerate.«

»Gut! Man sieht, Du kennst die ritterlichen Sitten. Und was soll weiter geschehen?«

»Da Herr Mikolaj aus Dlugolas zugestanden hat, daß die Mutter dieses Jungfräuleins durch Schuld eines Deutschen mit einem Pfauenbusch auf dem Helme, den letzten Seufzer aushauchte, gelobe ich hiermit, mich auf bloßem Leibe mit einem Hanfstricke zu gürten und ihn, wenn er mich auch tief in die Knochen schneidet, so lange zu tragen, bis ich drei solcher Pfauenbüsche von deutschen Rittern erbeutet und zu den Füßen meiner Herrin niedergelegt habe.«

Nun nahm die Fürstin einen feierlichen Ton an und fragte:

»Gelobst Du dies zum Scherze?«