Holly im Himmel - Micha Lewinsky - E-Book

Holly im Himmel E-Book

Micha Lewinsky

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Beschreibung

Als Holly in den Himmel kommt, ist ihr Leben noch lange nicht zu Ende. Im Jenseits ist ganz schön was los. Mitten im Gewimmel von Menschen und Tieren trifft sie auf Frida, die schon seit 100 Jahren hier ist und sich auskennt. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg zur Engelschule. Denn als Engel darf man, wie Frida verrät, zur Erde zurückreisen. Holly will unbedingt nachsehen, wie es ihrer Familie geht. Doch seit Bortel den Himmel regiert, ist die Schule geschlossen und der Draht zur Erde gekappt.

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Seitenzahl: 253

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Micha Lewinsky

Holly im Himmel

Mit Illustrationen von Lawrence Grimm

Diogenes

Für Mila & Yonathan

FLIEGEN

Holly flog. Sie konnte es kaum glauben. Sie flog einfach so durch die Luft. Das war wirklich bemerkenswert.

Davor war Holly erst ein einziges Mal geflogen. In einem Flugzeug. Zusammen mit ihren Eltern, als ihre Eltern noch zusammen in Flugzeugen fliegen wollten. Holly hatte einen Kaugummi gekriegt gegen den Druck in den Ohren, und Timi, ihr kleiner Bruder, hatte geschrien, weil er auch Kaugummi wollte. Hollys Vater hatte versucht, so zu tun, als ob die Familie mit dem schreienden Jungen nicht zu ihm gehörte. Und dann hatte Hollys Mutter versucht, so zu tun, als ob der Vater nicht zu ihr gehörte. Am Ende hatte Holly den Kaugummi unter den Sitz geklebt.

Das war besonders gewesen. Aber eben doch nicht bemerkenswert. Nicht derart besonders bemerkenswert wie dieser Flug jetzt. Denn nun flog Holly ganz ohne Flugzeug. Sie flog einfach so. Wie ein Engel, bloß ohne Flügel. Denn sie war ja kein Engel. Noch war Holly ein ganz normales Mädchen.

Und es war ein ganz normaler Nachmittag. Abgesehen davon, dass sie flog.

Die Welt sah klein aus von oben. Als hätte Timi all seine Modellautos und die Eisenbahn aufgebaut im Wohnzimmer. So sah es aus. Nur ohne die Staubflocken.

Holly flog über Dächer, die sie nicht kannte. Und dann über eines, das sie gut kannte. Ihr Schulhaus.

Das große, alte Denkmal neben dem Eingang sah von oben aus wie ein Figürchen aus Timis Lego-Kiste. An ihrem ersten Schultag hatte Holly sich gegruselt vor dieser Statue, das wusste sie noch genau. Nun wirkte der mächtige aus Stein gehauene Mann beinahe putzig.

Auf dem Pausenplatz spielten Kinder.

»Hallo«, rief Holly hinunter. Und weil niemand sie bemerkte, rief sie gleich noch mal. »Hallo, hier bin ich!«

Holly hatte eine laute, klare Stimme. Die Kinder hörten sie gut. Aber sie sahen sie nicht. Jedenfalls nicht auf der Straße und auch nicht auf dem Schulhof, wo Mädchen mit so lauten, klaren Stimmen normalerweise rufen.

»Ich bin hier oben«, rief Holly. Also guckten die Kinder hoch. Zuerst zum Dach des Schulhauses, dann zur Straßenlaterne, und am Ende sogar zum Wipfel der alten Kastanie. Aber erst als die Kinder noch höher schauten, zu den Wolken, da entdeckten sie Holly. Ein zehnjähriges Mädchen mit roten Haaren, das einfach so über die Stadt flatterte, als wäre das die normalste Sache der Welt.

Die Kinder sperrten vor Erstaunen ihre Münder so weit auf, dass ein Zahnarzt, der gerade vorüberging, auf Anhieb ein halbes Dutzend Löcher entdeckte.

Einen Moment bedauerte Holly, dass sie nicht selbst unten stehen und hochstarren konnte. Am liebsten mit einer Freundin.

Eine Freundin, mit der man in den Himmel starren kann, wenn oben ein Mädchen vorbeifliegt, das hätte Holly gefallen. Aber natürlich wusste sie, dass das nicht ging. Weil eine Freundin zu finden war schon schwer genug. Und dann noch eine, mit der man in den Himmel starren kann, während man selber oben herumfliegt, das war nun wirklich zu viel verlangt.

Während Holly noch über die Freundin nachdachte, die sie nicht hatte, bemerkte sie, dass neben ihr noch jemand flog. Eine Möwe. Eine ganze Möwenfamilie sogar. Die Möwen sahen sie erstaunt an. Vermutlich hatten sie auch noch nie ein fliegendes Mädchen gesehen.

»Hallo, Möwen«, sagte Holly. »Wie geht’s euch?«

»Kwiii«, antworteten die Möwen. Erst die eine, dann die andere und am Ende alle Möwen. »Kwiii, kwiii, kwiii.«

Die Möwen wollten Holly etwas sagen. Das war klar. Aber Holly verstand es nicht. Was hieß denn bitte schön »Kwiii«?

Holly konnte sehr gut Deutsch und auch ein bisschen Italienisch, weil ihre eine Oma ja in Italien wohnte. Und dort sprachen alle Italienisch. Die andere Oma wohnte in Düsseldorf. Dort konnte man auch Italienisch sprechen, das verstand dann aber keiner. Im Urlaub hatte Holly auch schon mal Englisch verstanden. Einfach so. Nicht nur yesund no. Auch andere Wörter. Ice cream zum Beispiel, obwohl ihr das vorher keiner beigebracht hatte.

Aber »Kwiii« verstand Holly nicht. Erst als sie nach vorne sah, begriff sie, was die Möwen so dringend sagen wollten. Holly flog nämlich direkt auf einen hohen Schornstein zu, der vor ihr in den Himmel ragte.

Sie sah schon die einzelnen roten Ziegelsteine, aus denen der Schornstein gebaut war, so nah war sie.

Im letzten Moment warf sie sich zur Seite und flog daran vorbei.

Erleichtert sah sie sich nach den Möwen um. Aber die waren weg. Dafür war da nun ein Helikopter. Wie aus dem Nichts war der aufgetaucht. Der Helikopter flog ganz nah an Holly vorbei. Sie winkte dem Piloten höf‌lich zu. Doch der starrte sie bloß mit weit aufgerissenen Augen an. Vermutlich hatte er nicht gewusst, dass Kinder fliegen können. Kein Wunder. Nicht einmal Holly selbst hatte es gewusst.

Aber so ist das eben. Manchmal kann man Dinge, von denen man keine Ahnung hat. Auf einem Bein hüpfen oder ice cream verstehen oder eben fliegen.

Holly flog höher und noch höher. Mitten hinein in eine weiche, weiße Wolke. Und oben wieder raus.

Ich hätte eine Sonnenbrille mitnehmen sollen, dachte sie. Da oben war es viel heller als unter der Wolke. Sie kniff die Augen zusammen, aber die Sonne blendete so sehr, dass Holly kaum noch was sehen konnte. Und laut war es hier. Nicht auszuhalten. Wo kam bloß dieser Lärm her? Ein ekliges, hohes Schrillen.

Piiiiiiiiip.

Holly hielt sich die Ohren zu, wegen des Lärms. Und sie hielt sich die Augen zu, wegen der Helligkeit. Aber Ohren und Augen zuhalten und dabei noch fliegen wollen, das geht nicht. Das konnte noch nicht mal Holly. Sie begann zu fallen.

Einen Fallschirm hätte ich mitnehmen sollen, dachte Holly. Aber sie hatte keinen Fallschirm. Nicht einmal einen Regenschirm. Überhaupt keinen Schirm hatte sie. Und hell war es immer noch, und laut schrillte es auch, und Holly stürzte weiter vom Himmel hinunter, immer schneller, immer tiefer.

Piiiiiiiiip. Piiiiiiiiip.

Sie wollte schreien, aber kein Ton kam aus ihrem Mund. Das war ein blödes Gefühl. Sie sah Hausdächer, die auf sie zurasten.

Also eigentlich raste natürlich Holly auf die Hausdächer zu. Aber es sah eben aus, als ob es andersrum wäre. Wie wenn man in der Bahn sitzt, und die Landschaft fährt draußen vorbei. Obwohl die Landschaft ja bleibt, wo sie ist. Und man selbst es ist, der vorbeifährt. Und man selbst ist es auch, der fällt. Immer näher auf die Hausdächer zu, die nun gar nicht mehr so klein waren. Holly wedelte verzweifelt mit den Armen. Aber das Fliegen ging nicht mehr, nichts ging mehr. Holly trudelte durch die Luft, wie die missratenen Papierflieger ihres Vaters.

Paul, ihr Papa, konnte alles Mögliche ziemlich gut. Er konnte dicke Bücher schreiben, die niemand las. Und er konnte Dinge erklären, die sehr kompliziert waren, so kompliziert, dass man sie nach dem Erklären immer noch nicht verstand. Früher hatte er auch fliegen spielen können. Dann lag er auf dem Rücken, streckte die Füße in die Luft, und Holly legte sich mit dem Bauch auf seine Sohlen. Ohne festhalten. Das hatten sie oft gespielt, als Holly noch kleiner war, weil ihr Vater schon damals oft auf dem Rücken lag. Weil er oft müde war. Aber Papierflieger konnte er nicht. Auch wenn er es immer wieder versuchte. Seine Papierflieger fielen einfach nur nach unten, wenn man sie aus dem Fenster warf. Sie trudelten einen Moment im Wind und krachten dann in den Vorgarten. Oder auf die Straße. Und genau dahin fiel nun auch Holly. Sie konnte schon die bunten Felder sehen, die sie am Tag davor mit Straßenkreide gemalt hatte. Ein grünes und ein blaues und ein rotes.

Das war’s, dachte Holly. Wenn man so aus allen Wolken fällt, vom Himmel hinunter und dann in den Vorgarten kracht, das ist nicht zu überleben.

»Piiiiiiiiip«, machte der Wecker noch einmal.

Und dann war Holly endlich wach. Ihre Mutter saß neben ihr auf dem Bett und gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.

DER LETZTE MORGEN

»Guten Morgen«, sagte Astrid. Sie beugte sich zu Holly runter, um ihr gleich noch einen Kuss auf die Nasenspitze zu geben. Aber Holly drehte sich weg. Sie mochte diese Küsse. Sie mochte es sogar sehr, wenn beim Küssen eine Haarsträhne von Astrid über ihr Gesicht glitt und sie ein bisschen kitzelte. Sie mochte die Haare ihrer Mutter, die so mohrrübenrot waren wie ihre eigenen. Aber weiterschlafen mochte sie auch.

Holly war keine besonders gute Aufwacherin. Vermutlich, weil sie auch keine gute Einschläferin war. Das hängt ja zusammen. Wenn Holly abends im Bett lag, fielen ihr immer noch tausend Dinge ein, die sie erledigen musste. Dann lag sie ewig wach, wackelte mit den Zehen und ärgerte sich, dass sie schlafen sollte. Und wenn sie dann viel zu spät endlich einschlief, war immer gleich schon wieder Morgen. Und sie ärgerte sich übers Aufstehen.

Holly kniff die Augen zusammen. Das helle Licht kam vom offenen Fenster. Draußen schien eine freundliche Frühlingssonne. Vögel zwitscherten. Von Weitem war ein Wagen zu hören und dann eine Autotür.

Sie wusste, was das für eine Autotür war: Uwe. Schon wieder Uwe. Uwe, der ihre Mama dauernd besuchen kam. Uwe, der Holly Buntstifte mitgebracht hatte, die schön waren, aber auch blöd, weil eben von Uwe. Uwe, der, wenn es nach Holly ging, so viele Stifte in so vielen Farben bringen konnte, wie er nur wollte. Der trotzdem nie so nett sein würde wie ihr richtiger Vater. Denn Hollys richtiger Vater war sehr nett. Auch wenn er keine Papierflieger konnte. Er war so nett, wie Uwe nie nett werden würde.

Astrid gab Holly noch einen Kuss auf die Nase. Und dann einen auf den Hals. Ihre Haare kitzelten Holly im Ohr.

»Aufhören«, rief Holly. Aber als Astrid aufhörte, wollte Holly doch lieber noch ein bisschen weiter gekusskitzelt werden.

Und dann war unten die Haustür zu hören.

 

»Hallo-hallo«, rief die tiefe Stimme von Uwe.

»Hallo-hallo«, antwortete sofort die hohe Stimme von Timi aus dem Zimmer nebenan.

Holly ärgerte sich, als sie hörte, wie ihr Bruder »Hallo-hallo« machte, als wäre das ganz besonders lustig. Timi verstand echt gar nichts.

»Hallo-hallo«, rief jetzt auch noch Astrid. Holly stöhnte. Waren die alle verrückt geworden?

Aus dem Nebenzimmer hörte sie Timi lachen. Er hatte wirklich keine Ahnung, was er da tat.

Holly hatte einen Plan. Und Timi war drauf und dran, alles zu ruinieren. Sie wurde immer wütender. Jetzt sprang die Tür auf. Und herein kam Uwe. Mit seiner Glatze und seinen Augen, die ihre Mutter »warm« fand. Warm! Als ob es Augen gäbe, die wärmer sind als andere. Und selbst wenn. Was ist bitte schön der Vorteil von warmen Augen?

»Hallo-hallo«, machte Uwe. »Schönen Sonntag!«

Er sah sich mit einer Begeisterung in Hollys Zimmer um, als wäre er noch nie vorher drin gewesen. Uwe bewunderte die Discokugel an der Decke und das Plakat mit der Weltkarte und den Tieren drauf.

»Hallo«, seufzte Holly. Aber nur einmal. Damit Uwe merkte, wie blöd sie ihn fand.

Er merkte nichts.

»Na, freust du dich, mich zu sehen?«, fragte er. Das war wirklich nicht zu fassen. Holly sagte kein Wort.

Uwe wandte sich an Astrid. »Und du, mein Schatz?«

»Ich freu mich über alle Maßen«, sagte Astrid. Und dann gab sie ihm einen Kuss. Holly hielt sich rasch die Hände vor die Augen. Aber nicht rasch genug. Sie hatte es gesehen. Ihre Mutter hatte Uwe geküsst. Direkt vor ihr, in ihrem Schlafzimmer. Schlechter konnte ein Tag nicht beginnen.

»Und jetzt mach ich Frühstück«, verkündete Uwe zufrieden. »Magst du Pancakes?«

Holly schüttelte den Kopf. Natürlich mochte sie Pancakes. Sie liebte Pancakes. Aber nicht von ihm.

»Ich mache nämlich die allerbesten Pancakes der ganzen Welt. Wirklich wahr.«

Er rief hinüber ins Nebenzimmer: »Timi, magst du denn Pancakes?«

»Ja!«, antwortete Timi sofort. Als hätte er schon die ganze Zeit auf die Frage gewartet.

Holly sprang aus dem Bett und ging ohne ein weiteres Wort an Uwe vorbei, hinüber zu Timi.

 

Seit Papa ausgezogen war, hatten Holly und Timi eigene Zimmer. Erst hatte Holly sich darüber gefreut, weil sie gedacht hatte, es sei toll, ein Zimmer nur für sich zu haben. Doch jetzt fand sie, es wäre vielleicht besser, wenn Timi wieder in ihrem Zimmer schlafen würde. Dann wäre das andere Zimmer leer und bereit für ihren Vater, wenn er zurückkäme. Doch Mama wollte nicht, dass Papa zurückkam. Und Timi wollte nicht aus dem Zimmer.

Er saß auf dem Boden vor seinem Bett und spielte. Mit Lego hatte er etwas gebaut, das aussah wie eine Mischung aus Raumstation und Piratenschiff. Holly schloss die Zimmertür hinter sich.

»Du hast es schon wieder getan«, zischte sie.

Timi schüttelte den Kopf. »Ich hab nichts getan, wirklich.«

»Du hast gelacht. Das hab ich gehört.«

»Aber nicht absichtlich«, murmelte Timi. »Er hat was Lustiges gesagt.«

Holly kochte vor Wut. »Uwe! Ist! Nicht! Lustig!«

Sie hatte es Timi so oft erklärt, aber er verstand es einfach nicht. »Mama mag lustige Männer, das hat sie selber gesagt. Und weil Papa immer trauriger geworden ist, hat sie sich jetzt eben einen anderen gesucht zum Lustigsein.«

Aber natürlich wollte Holly keinen anderen Papa. Lieber einen traurigen als einen falschen. Deshalb musste sie ihre Mutter zur Besinnung bringen. Und zur Besinnung gehörte eben, dass ihre Mutter verstand, wie unlustig Uwe war. Deshalb durf‌te niemand mehr lachen über seine Witze.

»Sonst kommt Papa nie mehr zurück.« Holly hatte Timi das alles schon tausendmal erklärt. Aber er wollte es einfach nicht verstehen.

»Wieso müssen wir Uwe weniger lustig machen?«, fragte er. »Wir könnten doch einfach versuchen, Papa lustiger zu machen.«

»Papa ist lustig«, stellte Holly klar.

»Findest du wirklich?«

»Er arbeitet daran.«

Wenigstens hoffte Holly, dass er daran arbeitete. Sie hatte ihrem Vater nämlich ein Witzbuch geschenkt, das er auswendig lernen sollte. Damit ihre Mutter merkte, wie lustig er war.

»Pancakes sind fertig!«, rief Uwe aus der Küche.

Timi sprang auf und stolperte auf dem Weg zur Tür über seine Raumfahrer-Piraten-Station. Holly konnte ihn gerade noch aufhalten.

»Wir essen diese Pancakes nicht«, sagte sie streng.

Timi sah seine Schwester erschrocken an.

»Wenn wir diese Pancakes essen, dann ist das genauso schlimm, wie wenn wir über seine Witze lachen«, erklärte Holly. »Dann denkt Mama, dass Uwe auch noch der beste Pancake-Koch ist. Und dann behält sie ihn sowieso.«

»Pancakes sind aber mein Lieblingsessen«, jammerte Timi.

»Wenn Papa Pancakes macht, kannst du so viele essen, wie du willst. Dann kannst du dich auch freuen und lachen und alles.«

»Aber Papa macht doch keine Pancakes.« Timi war nun wirklich verzweifelt. »Er hat nur ein einziges Mal ein Spiegelei gemacht, und das hatte eine Haut.«

Holly versuchte ihren Bruder zu beruhigen: »Papa lernt kochen. Und er lernt lustig sein. Versprochen.«

»Bis dann bin ich verhungert.«

Holly ließ nicht mit sich verhandeln. Ihr Plan stand fest. Sie würden am Mittag zusammen in den Park fahren. Dort würden sie ganz zufällig ihren Vater treffen. Sie hatte ihn nämlich zufällig eingeladen. Er würde einen Witz erzählen aus dem Witzbuch. Auch wie zufällig. Mama würde lachen. Und weil sie lustige Männer mochte, würde sich der Rest schon finden. Die einzige Gefahr war Timi. Er durf‌te den Plan nicht durcheinanderbringen.

»Am besten ist, du sagst von nun an gar nichts mehr, außer ich erlaube es«, beschloss Holly. »Du sagst nichts, und du isst nichts, und du lachst vor allem nicht.«

»Du willst immer alles bestimmen.«

»Sonst bist du schuld, wenn Papa nie wieder zurückkommt«, sagte Holly. Und natürlich wollte Timi das nicht. Er wollte alles richtig machen, auch damit seine große Schwester zufrieden mit ihm war. Also versprach er, erst wieder zu lachen, wenn Holly es erlaubte. Er konnte ja nicht wissen, wie schrecklich lange das dauern würde.

AUS DEM LEBEN

Die Pancakes auf dem Tisch waren goldgelb. Ein hoher Stapel von warmen, duftenden, dicken Pfannkuchen. Der Ahornsirup tropf‌te über die Ränder und bildete auf dem Tellerboden einen glänzenden, süßen See. Uwe war furchtbar stolz auf sein Werk.

»Na, riecht das lecker?«, fragte er aufgeregt.

Es roch unglaublich fantastisch.

»Geht so«, sagte Holly. Sie versuchte nicht hinzuschauen. Dann war es leichter.

Uwe hob mit zwei Gabeln den obersten Pancake vom Stapel. Er schimmerte in der Morgensonne, die durchs Fenster in die Küche schien. Holly hielt die Hand über ihren Teller, damit Uwe den Pancake nicht drauf‌legen konnte. Enttäuscht wandte er sich an Timi.

»Willst du?«

Timi sah den dampfenden Pancake. Er hätte ihn Uwe am liebsten aus der Hand gerissen. Doch dann sah Timi seine Schwester und die drohende Falte zwischen ihren Augenbrauen. Er schüttelte stumm den Kopf und hielt auch seine Hand über den Teller.

Astrid verstand gar nichts mehr. »Ich dachte, das ist dein Lieblingsessen.«

Timi presste die Lippen zusammen.

»Wir mögen das nicht. Jedenfalls nicht zum Frühstück«, erklärte Holly.

»Genau, wir mögen das erst später«, murmelte Timi.

»Nein, auch nicht später. Gar nicht«, sagte Holly. »Das ist nämlich süß. Und Süßes gibt Löcher.«

Astrid sah Holly verständnislos an. Nicht weil das, was Holly sagte, falsch war, aber weil es das Gegenteil von dem war, was Holly normalerweise sagte. Es war eigentlich fast eher das, was Astrid sonst selber sagte. Dass man vom Zucker Löcher in den Zähnen kriegt. Das war ja korrekt, streng wissenschaftlich betrachtet. Aber jetzt, aus Hollys Mund, klang es doch irgendwie falsch.

»Ihr mögt also nichts Süßes?«, fragte Uwe.

»Jedenfalls nicht zum Frühstück«, sagte Holly.

»Und nicht von dir«, murmelte Timi.

Uwe dachte einen Moment darüber nach. Dann ging er ohne ein weiteres Wort zum Küchenschrank und nahm die Blechdose mit den Backsachen hervor. Nicht nur Mehl war da drin. Auch Zuckerstreusel und Marzipan. Holly kannte diese Dose gut. Manchmal, wenn Astrid im Keller war, nahm sie sie raus und schaute, ob etwas Neues drin war. Und falls es süß aussah, schaute Holly, ob es auch süß schmeckte. Und manchmal schaute sie, ob die süßen Sachen ganz unten in der Dose noch immer gut waren.

Bis jetzt hatte keiner bemerkt, dass Holly sich um diese Dose liebevoll kümmerte. Sie tat es einfach so. Weil sie im Haushalt gerne mithalf. Es war eigentlich fast ein bisschen Hollys Dose, fand Holly. Doch jetzt griff Uwe danach. Er öffnete den Deckel, nahm die Tüte mit dem Hagelzucker heraus und warf eine ganze Handvoll über die Pancakes.

»Wollt ihr immer noch nichts davon?«, fragte er.

Die Hagelzuckerkörner auf den klebrigen Pancakes in der Morgensonne. Das war verlockend. Aber Holly schüttelte tapfer den Kopf.

»Schade«, sagte Uwe. Dann nahm er das Gläschen mit den süßen Perlen aus der Dose. Und kippte die Perlen über die Pancakes. Sie waren lila und rosa und blieben auf dem matt glänzenden Ahornsirup zwischen den Hagelzuckerkörnern haften.

Astrid kicherte. Was gab es denn da zu kichern?

»Immer noch keine Lust?«, fragte Uwe.

Timi sah blass aus. Fast ein bisschen ungesund. Doch als er sah, dass Holly den Kopf schüttelte, tat er es auch.

Und jetzt fing Uwe erst richtig an. Er streute Schokostreusel über die Perlen. Und Puderzucker. Er legte Marzipanherzen dazwischen. Und Smarties. Als er endlich fertig war, konnte man die Pancakes unter all den bunten, süßen Verzierungen kaum noch erkennen. Holly hatte noch nie in ihrem ganzen Leben etwas gesehen, das so lecker aussah.

»Und ihr seid ganz sicher, dass ihr nichts davon mögt?«, fragte Uwe scheinheilig. Timi seufzte schwer. Er sah flehend zu seiner Schwester. Aber Holly blieb hart.

»Na gut.« Uwe wandte sich an Astrid. »Und du?«

»Unbedingt«, sagte Astrid. Aus ihrem Kichern war ein Lachen geworden. Sie lachte richtig laut. Und dann taten sie es. Sie taten es wirklich. Uwe und Astrid verschlangen vor den Augen der Kinder die Pancakes. Ihre Mundwinkel glänzten vom Sirup. Der Zucker knirschte zwischen ihren Zähnen. Und sie lachten mit vollem Mund. Wie sie lachten.

Das war der Moment, als Timi anfing zu weinen.

 

Als Timi sich wieder beruhigt hatte, fuhren sie los. Uwe drehte die Musik auf und klopf‌te mit den Fingern den Takt aufs Lenkrad. Astrid hatte das Fenster geöffnet und ließ sich den kühlen Fahrtwind ins Gesicht wehen. Die Kinder saßen hinten.

»Ich hab Hunger«, sagte Timi.

»Es gibt gleich was«, beruhigte ihn Holly. »Papa bringt was mit.«

»Und wenn er es vergisst?«

»Der vergisst das schon nicht. Ganz sicher.«

Aber ganz sicher war sie auch nicht. Bei Papa konnte man nie ganz sicher sein.

Uwe drehte die Musik vorne noch lauter, und Astrid begann zu singen. Holly wusste nicht, wann sie ihre Mutter das letzte Mal hatte singen hören. Sie hatte eine tolle Stimme. Früher war sie sogar einmal Sängerin gewesen, aber dann hatte sie mit dem Singen aufgehört. Weil Singen und Muttersein nicht so gut zusammenpassen. Und natürlich gefiel es Holly, dass sie sich für das Muttersein entschieden hatte. Aber das Singen gefiel Holly auch. Und es gefiel ihr auch wieder nicht. Weil sie ja neben Uwe sang. Oder sogar wegen Uwe. Und da kam es Holly vor, als würde ihre Mutter sich gerade wieder ein bisschen mehr für das Singen und gegen das Muttersein entscheiden. Holly hätte am liebsten mitgesungen und ihr gleichzeitig den Mund zugehalten, so schön war es. Und so schrecklich.

 

Der Park war voller Leute an diesem Sonntag. Es war zu warm, um in der Stadt zu bleiben. Aber nicht warm genug, um schwimmen zu gehen. Also gingen alle in den Park. Ein paar größere Jungs spielten Fußball. Zwei Männer mit langen Haaren warfen ein Frisbee hin und her. Beim Hügel neben dem Spielplatz briet eine große, laute Familie ihr Mittagessen auf einem Gartengrill. Am Himmel flatterten Papierdrachen. Und ein kleiner Hund rannte kläffend im Kreis rum und versuchte seinen eigenen Schwanz zu schnappen.

Unter einem großen Baum ganz hinten im Park breitete Astrid die Wolldecke aus. Timi setzte sich sofort drauf. Holly sah sich nervös um. Sie hatte ihren Vater noch nirgends gesehen.

»Wer will Federball spielen?«, fragte Uwe.

Holly schüttelte den Kopf. Sie legte sich neben Timi auf die Decke und nahm die große Zeitung, die Uwe mitgebracht hatte. Hinter der Zeitung konnte sie sich verstecken und unbemerkt weiter nach ihrem Vater Ausschau halten.

»Wollt ihr nicht ein bisschen spielen?«, fragte Astrid.

Aber Holly wollte nicht. »Wir lesen.«

Timi nickte.

»Was lest ihr denn Wichtiges?«

»Buchstaben«, sagte Timi.

Astrid wollte sonst immer, dass sie lesen. Aber jetzt fand sie, im Park müsse gespielt werden. Sie nahm die Federballschläger und ging zu Uwe, der gerade versuchte, in der Wiese einen Kopfstand zu machen.

»Ich will gar nicht lesen«, flüsterte Timi, als Astrid weit genug weg war.

»Du kannst dir ja die Bilder anschauen.«

»Die hab ich schon.«

Timi blätterte die Zeitung jetzt so schnell durch, dass kein Mensch etwas hätte lesen können. Nicht einmal der Weltmeister im Schnelllesen. Das Schnellblättern war lustig, sodass Holly es auch versuchte. Das Zeitungspapier raschelte und riss. Sie lachten und bemerkten dabei gar nicht, dass ein blasser, schwitzender Mann mit verschmierten Brillengläsern schnaufend in ihre Richtung kam. Er trug eine gefütterte Jacke, die viel zu warm war für diesen Tag, und eine Jutetasche, die viel zu voll war.

»Papa!«, rief Holly begeistert, als sie ihn dann doch sah. Sie sprang auf und umarmte ihn stürmisch. »Ich dachte schon, du kommst nicht mehr.«

»Hast du etwas zu essen mitgebracht?«, fragte Timi aufgeregt. »Ich hab solchen Hunger!«

Paul stellte erschöpft die schwere Tüte ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Timi kletterte an ihm hoch und Holly auch. Sodass Paul ins Gras kippte und auf dem Rücken liegen blieb. Erst als Astrid zu ihnen kam, stand er wieder auf.

»Was machst du denn hier?«, fragte sie.

»Er ist ganz zufällig gekommen«, sagte Holly rasch.

»Zufällig?«

»Ist doch egal«, sagte Holly. »Jetzt begrüßt euch mal richtig.«

Ihre Eltern gaben sich zwei kurze, kleine Küsschen auf die Wangen. Sie sahen dabei nicht ganz so zufrieden aus, wie Holly sich das vorgestellt hatte.

»Uwe, das ist Paul. Paul, das ist Uwe«, sagte Astrid.

Uwe zupf‌te nervös am Federballschläger herum, als wäre es eine Gitarre. Holly hätte ihn am liebsten an der Hand genommen und zum nächsten Bahnhof gebracht. Oder sonst wohin. Einfach weg.

»Das freut mich, dich endlich mal kennenzulernen«, sagte Uwe höf‌lich.

»Na ja«, antwortete Paul. Und dann sagte niemand mehr was.

»Bist du sicher, dass das eine gute Idee war?«, flüsterte Timi.

»Jetzt warte«, sagte Holly leise. Und dann wieder laut: »Papa hat etwas zu essen mitgebracht. Selbst gekocht!«

Astrid war nun wirklich erstaunt. »Seit wann kochst du denn?«

»Na ja«, sagte Paul schon wieder. »Ich dachte, ich versuch’s mal. Man kann sich ja entwickeln.« Und dazu lächelte er so unbeholfen, dass seine Brille ein bisschen nach oben rutschte.

»Sachen gibt’s«, sagte Astrid. Und jetzt lächelte sie auch. Sie lächelten beide. Holly hätte hüpfen und springen können vor Freude. Alles würde gut werden.

Paul nahm eine blasse Plastikschüssel aus der Tasche und hob vorsichtig den Deckel ab. Eine grünbraune Plörre mit kleinen roten Fitzelchen drin schwappte in der Schüssel hin und her.

»Was ist das denn?«, fragte Holly erschrocken.

Paul sagte, es sei eine kalte spanische Suppe. Er sagte es so, als wäre er selbst nicht ganz sicher. »Da sind Tomaten drin und Gurken und Gemüse und Zwiebeln und Joghurt und Gewürze. Und alles ist vermanscht.«

Timi war entsetzt.

»Toll!«, brüllte Holly. »Das hab ich mir schon immer gewünscht!«

Paul kniete sich ins Gras und kippte einen Schluck von der Suppe in einen Plastikteller.

»Du kommst also ganz zufällig hier vorbei mit einer kalten Zwiebelsuppe im Gepäck?«, fragte Astrid.

»Also, eigentlich hat Holly –«, sagte Paul. Weiter kam er nicht.

»Wir sind ja auch zufällig hier«, sagte Holly rasch.

Und dann nahm sie einen Schluck von der Suppe.

Frederik, ein Junge aus ihrer Klasse, hatte einmal einen Regenwurm gegessen. Er hatte gesagt, der Trick dabei sei, dass man einfach an etwas Leckeres denken müsse. Nicht an den Regenwurm. An Eis zum Beispiel. Also versuchte Holly auch an Eis zu denken, als sie die Suppe schluckte. Das war aber gar nicht so einfach. Denn sobald die Suppe im Mund war, verschwand das Eis aus dem Kopf. Holly schluckte. Einen Moment wollte die Suppe wieder hoch. Aber Holly schluckte einfach noch mal, bis die Suppe blieb, wo sie war.

»Lecker!«, brüllte sie, als sie es geschafft hatte. »Papa ist so ein guter Koch!«

Doch Astrid war von der Sache noch nicht überzeugt. Sie schaute zu Uwe, der sich ein Bier aufmachte.

»Willst du auch eines?«, fragte er.

Aber Paul sagte, dass er keinen Alkohol trinken dürfe wegen der Medikamente. Weil er ja Depression hatte. Depression war das Ärztewort für Traurigkeit. Das wusste Holly. Papa hatte es ihr einmal erklärt. Für die Traurigkeit hatten die Ärzte ein eigenes Wort. Für Glücklichkeit aber nicht. Weil Glück ja keine Krankheit ist. Und Ärztewörter braucht es nur für Krankheiten.

»Tut mir leid«, sagte Uwe zur Depression.

»Da kannst du ja nichts für«, brummte Paul. »Jedenfalls nicht nur.«

Und dann versuchte auch Timi einen Schluck von der Suppe zu nehmen. Aber er kannte den Trick mit dem Eis im Kopf nicht. Als die Suppe in seinem Mund angekommen war, spuckte er sie gleich wieder aus. Die Suppe lief über sein Kinn und tropf‌te auf die Wolldecke. Timi hustete und versuchte sich die Reste von der Zunge zu wischen.

»Magst du nicht?«, fragte Paul.

Timi sah ängstlich zu Holly. Er wusste, dass er es mögen sollte. Damit Mama fand, Papa sei ein guter Koch.

»Es ist mir aus dem Mund geflutscht«, sagte er schließlich. »Das passiert mir immer, wenn etwas lecker ist.«

Als Beweis nahm Timi ein Stück Brot in den Mund, kaute ein bisschen drauf rum und ließ es dann wieder auf die Wolldecke fallen.

»Siehst du? Wenn etwas lecker ist, plumpst es mir aus dem Mund.«

»Das ist eklig, hör sofort damit auf«, sagte Astrid.

Holly wollte auch lieber nicht mehr zu viel an die Suppe denken. Sie wechselte das Thema.

»Papa, erzähl mal einen Witz!«

»Aber wieso denn jetzt?«, fragte Paul verwirrt.

»Einfach, weil du es kannst!«

Paul schien nicht so sicher, ob er das konnte. Er kratzte sich am Kopf. Und um ein Haar hätte er schon wieder »na ja« gesagt.

»Seit wann erzählst du denn Witze?«, fragte Astrid.

»Schon immer«, sagte Holly rasch. »Wusstest du das nicht? Papa ist voll lustig.«

Timi nickte eifrig. Er hatte ein Büschel Gras in den Mund genommen, um den Geschmack von der Suppe loszuwerden.

Paul dachte einen Moment nach. Und dann begann er wirklich, einen Witz zu erzählen.

»Na gut. Es kommen drei Männer zu einer Fee. Die Fee sagt, dass die Männer drei Wünsche frei haben. Also, jeder der Männer hat drei.«

Holly fürchtete, dass ihr Papa sich womöglich einen zu schwierigen Witz ausgesucht hatte für den Anfang. Drei Männer und drei Wünsche, das konnte dauern. Außerdem mochte Mama es nicht, wenn nur Männer vorkamen in Geschichten. Da war sie allergisch.

»Der erste Mann wünscht sich ein schönes Haus. Der zweite will auch ein schönes Haus. Der dritte will aber was anderes. Er wünscht sich, immer mit dem Kopf hin und her zu wackeln.«

Paul wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Haha!«, brüllte Holly. »Mit dem Kopf wackeln!« Sie lachte, so laut sie konnte. Und Timi versuchte auch zu lachen. Aber dann sagte Paul, dass der Witz noch nicht fertig sei, und sie hörten rasch wieder auf mit dem Lachen. Paul erzählte weiter. »Die Fee fragt, was der zweite Wunsch sei. Der erste Mann sagt, dass er sich eine schöne Frau wünscht. Eine kluge, schöne Frau. Eine nette kluge, schöne Frau.«

Und während er das sagte, schaute Paul zu Astrid. Und Astrid schaute auf ihre Schuhe. Und dann drehte sich Paul um und erzählte den Witz nicht mehr weiter. »Entschuldigung, jetzt bin ich ein bisschen traurig geworden«, murmelte er.

Holly sprang auf und umarmte ihren Vater, so gut es ging. Sie klopf‌te ihm sogar ein bisschen auf den Rücken. Wie Fußballtrainer ihre Fußballer auf den Rücken klopfen, wenn sie sich wehgetan haben. Damit die Fußballer rasch weiterspielen können.

»Das ist doch nicht traurig, Papa. Das ist doch ein Witz. Der ist doch lustig. Das ist ein lustiger Witz, und du erzählst ihn so gut.«

Aber Paul wollte nicht mehr weitererzählen.

 

»Komm, wir gehen jetzt mal aufs Klo«, sagte Astrid zu Holly. Sie nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich mit.

»Ich muss aber nicht.«

»Doch, du musst jetzt«, sagte Astrid mit einer Stimme, die keine Widerrede zuließ.

Astrid ging mit Holly durch den Park und über die Straße zum Kiosk, wo das Klo war. Sie wusste, dass Holly nicht musste. Und sie musste auch selber nicht. Sie wollte nur mit Holly sprechen, ohne dass jemand es hörte.