Holprige Nähe - Brigitte Paul-Hambrink - E-Book

Holprige Nähe E-Book

Brigitte Paul-Hambrink

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Beschreibung

Vier Katzen bereichern das Leben der Autorin. Und sie sorgen für Konflikte. Es entsteht zuweilen eine seelische Nähe, bei der die Grenzen zwischen Tier und Mensch zu verschwimmen scheinen. Liebe und Abneigung, Zusammenhalt und Eifersucht schaffen ein Spannungsfeld, das nicht immer leicht zu ertragen und auszugleichen ist. Verständnis füreinander zu entwickeln, dabei die unterschiedlichen Charaktere zu respektieren und ihre jeweils besonderen Bedürfnisse auszuloten, ist Ziel und Weg zugleich. Vor allem die vier Katzen kommen zu Wort, sie erzählen unverblümt, was sie voneinander halten, berichten über berührende, traurige und witzige Episoden und enthüllen überraschende Details über die Mysterien Tod und Wiedergeburt. Unterschwellig schwingt die Frage mit, was jedes KatzenWesen im engen Zusammenleben gewinnt oder vielleicht sogar verliert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Brigitte Paul-Hambrink lebt und arbeitet (als Psychologin) in Ostwestfalen. Seit ihrer Kindheit gehören Lesen und Schreiben zu ihren wichtigsten Kraftquellen.

Gedichte, Prosatexte und wissenschaftliche Artikel von ihr wurden in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht.

„Holprige Nähe“ ist ihr drittes (und bisher persönlichstes) Buch.

Ebenfalls bei tredition erschienen: „Der Mörder irrt sich“

Brigitte Paul-Hambrink

Holprige Nähe

5 KatzenWesen finden zueinander

© 2020 Brigitte Paul-Hambrink

Illustrationen Umschlag/S. 8: Dorit Steenhusen

© Brigitte Paul-Hambrink

© Fotos: Brigitte Paul-Hambrink, teilweise bearbeitet mit paint.net

Fotos S. 97 + 129: pixabay, bearbeitet

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

Paperback

978-3-347-03975-9

Hardcover

978-3-347-03976-6

e-Book

978-3-347-03977-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Einblick I

Dieses Buch ist den vier KatzenWesen gewidmet, mit denen ich seit 1993 mein Leben teil(t)e. Indio, Ricky, Antonia und Ronny erzählen, wie sie zu mir kamen, was sie von ihren Artgenossen und von mir halten, wie sie sich selbst und ihre Lebensaufgabe sehen, welche Wünsche sie an unser Zusammenleben haben und auch, was ihnen zeitweise nicht gefallen hat.

Vier Tierkommunikatorinnen vermitteln zwischen ihnen und mir. Diese Gespräche bilden das Herz meines Buches.

Indio, Ricky, Antonia und Ronny haben mein Denken über Tiere, Menschen und über spirituelle Fragen sehr verändert.

Ich hoffe, es wird deutlich, wie einzigartig und differenziert jeder von ihnen das Geschehen um sich herum wahrnimmt und sowohl emotional als auch gedanklich darauf reagiert.

Mich auf die Bedürfnisse meiner Katzen, ihre Ansichten, ihre Eigenheiten und ihre Charaktere einzulassen, auch wenn dies nicht immer einfach war und ist, hat meinen Horizont erweitert, mich toleranter gemacht und mir gezeigt, was „bedingungslose Liebe“ bedeutet, nämlich zu lieben, ohne eine Gegenleistung, ein bestimmtes Verhalten oder das Unterlassen eines Verhaltens zu erwarten.

Indio, Ricky, Antonia und Ronny haben mich Hingabe gelehrt. Sie lebten und leben mir vor, dass es möglich ist, sich selbst treu zu bleiben und sich gleichzeitig mit vielen Kompromissen auf ein Gegenüber einzulassen, das so ganz anders ist als man selbst.

Es gab und gibt aber auch schwierige Lernaufgaben. Ihre Themen sind Wut und Trauer, das Ausbalancieren gegensätzlicher Ansprüche und Interessen, der Umgang mit Verletzungen und Demütigungen.

Tiere polarisieren oft: Sie werden herabgewürdigt, gequält, missbraucht und getötet, - und sie werden hochstilisiert zu „Engeln der Meere“ oder zu Seelen, die nur deshalb inkarniert sind, um ihren Menschen bei deren spirituellen Entwicklung zu unterstützen.

Durch meine Katzen habe ich angefangen zu verstehen, dass es nicht nur darum geht, Tiere respektvoll zu behandeln und sie als uns ebenbürtig zu betrachten, sondern auch anzuerkennen, dass sie Individuen sind, deren Essenz wir vielleicht niemals ganz erfassen können.

Ich bin davon überzeugt, dass jedes Tier seine eigenen Lern- und Lebensaufgaben hat und dass es dasselbe will wie wir: Glücklich, heil, gesund und frei sein, sich entwickeln und wachsen dürfen, - im konkreten und im spirituellen Sinne.

Es ist zu hoffen, dass dies in menschlicher Obhut gelingen kann.

Bad Oeynhausen, im Frühjahr 2020

 

Who is who?

Pencena Indio, ein sanfter, distanziert-liebevoller brauner Burmakater, zog 1993 bei mir im Alter von drei Jahren ein. Er brachte mich zurück auf den Weg der Spiritualität. Am 15. September 2006 ging Indio ins Licht.

Ricky, ein hellgrauer Burmakater, kam 1993 als Baby zu Indio und mir. Beide Kater wurden innigste Freunde. Auch mit mir feierte Ricky so manche Kuschelorgie. Seit dem 20. Januar 2010 ist er wieder mit Indio vereint.

Antonia, eine rote Somalikatze, gehörte seit 1995 zu uns. Sie teilte ihr Leben fast 23 Jahre lang mit mir. Artgenossen sah sie lieber aus einer gewissen räumlichen Entfernung.

Ronny, ein mittlerweile 12jähriger Tiger, hat sich seit seiner Ankunft im September 2008 von einem wilden Feger zu einem verschmusten Kater entwickelt. Allerdings findet er es nicht so gut, wenn Frauen das Sagen haben

 

Einblick II

Ist sie Mensch oder Katze?

Ricky: „Mir doch schnuppe, Hauptsache schmusig.“

Indio: „Menschenfrau, aber katzenkompatibel.“

Antonia: „Sie ist eine entzückende ältere Dame, so wie ich, nur dass ich noch schön und elegant bin.“

Ronny: „Hm, schwierig, eher eine Menschenfrau: Unberechenbar und hinterhältig. Andererseits, - sie mag Mäuse, isst aber kein Fleisch. Hm, schwierig eben.“

Brigitte: „Also, echt jetzt? Na ja, danke vielmals. Ich liebe euch auch.“

 

Der Anfang

Spontane Entscheidungen treffe ich eher selten. Doch dass ich zwei Katzen haben wollte, wusste ich auf einmal.

Wurde ich vom Phantom der Oper, Erik, animiert, dessen Schicksal mich zutiefst faszinierte und der in einer der Romanversionen, die ich verschlungen hatte, nicht nur die junge, schöne Sängerin Christine liebte, sondern auch eine Siamkatze?

Oder hatte mich der Vorschlag meines Kollegen Klaus überzeugt?

„Schaff‘ dir doch eine Katze an. Dann bist du nicht mehr so alleine.“

Vielleicht wurde mir der Impuls auch von Jumpy geschickt, der schwarzen Familienkatze, die eines Tages plötzlich verschwand und die noch immer in meinem Herzen lebt. (Erst als ich längst erwachsen war, offenbarte mir meine Mutter, dass sie damals die auf der Straße vor unserem Haus überfahrene Jumpy heimlich begraben und meine Schwestern und mich in dem aus ihrer Sicht tröstlicheren Glauben gelassen hatte, diese hätte sich ein neues Zuhause gesucht.)

Der Mut, mich auf das „Abenteuer Katze“ einzulassen, resultierte sicher auch daraus, dass sich Anfang der 90er Jahre endlich meine berufliche Situation zu klären schien. Ich hatte einen Drei-Jahres-Vertrag für ein Forschungsvorhaben bekommen, und es galt als sicher, dass die Stiftung, die das Projekt finanzierte, Interesse an einer langfristigen Studie hätte.

„Mindestens zehn Jahre“, so war meinem Kollegen Klaus und mir versichert worden.

Und so begann ich, mich mit Katzenrassen zu beschäftigen, mit dem Für und Wider von Wohnungshaltung, mit kätzischen Grundbedürfnissen, wie Futter, den richtigen Näpfen, Ruhekissen (oder lieber Höhlen?), der angemessenen Höhe und Standfestigkeit von Kratzbäumen, mit Schutznetzen für den Balkon, Spielzeug, Erziehungsmethoden, Impfungen, möglichen Erkrankungen und noch einigem mehr.

Ich überprüfte, welche meiner Pflanzen giftig waren und besorgte Katzengras.

Dekorationsobjekte, die möglichst heil bleiben sollten, wurden entfernt, ebenso kleine Gegenstände, die beim Runterfallen zersplittern und die empfindlichen Katzenpfoten hätten verletzen können.

Nachdem ich einige Fachbücher gelesen und Katzenausstellungen besucht hatte, stand schließlich fest: Es sollten Burmesen sein. Laut Rasseporträt passten sie besser zu mir als Siamesen.

Nach einigen positiven Begegnungen und einer weniger erfreulichen Erfahrung mit Burmazüchtern fand ich meine ersten beiden Seelengefährten.

Mehr als 20 Jahre später wundere ich mich noch immer, wie sich mein Leben, - besser, - wie ICH mich dadurch veränderte, - im Außen erkennbar, aber noch viel mehr in meiner Innenwelt.

Und doch galt auch hier:

 

Aller Anfang ist schwer

Es war im Hochsommer 1993, als mein Leben komplett auf den Kopf gestellt wurde. Alles fing damit an, dass man mich aus meinem Zimmer holte. Ich dachte schon, es ginge wieder mal auf eine Ausstellung, was mir unangenehm gewesen wäre, da die Götter vor den Preis das Baden gesetzt haben. Aber unten im Wohnzimmer war die Reise bereits zu Ende. Und ich fand mich auf dem Arm einer wildfremden Frau wieder. Anstandshalber blieb ich circa eine halbe Minute sitzen, dann sprang ich von ihren Beinen, denn so viel Nähe zu einem Menschen war ich nicht gewöhnt. Um mich zu beruhigen und zu zeigen, dass ich wieder Herr der Lage war, habe ich erst mal kräftig in die Ecke hinter dem Fernseher gespritzt. Sehr schnell landete ich wieder in meinem Katerzimmer.

Nach einer Woche kam die fremde Frau wieder. Was mich allerdings weit mehr beschäftigte, war die Tatsache, dass ich mich durch die ebenfalls anwesenden Katzendamen ziemlich wenig angezogen fühlte. Ich schob das auf meine Nervosität, denn dass etwas Ungewöhnliches bevorstand, spürte ich. Aber mir war irgendwie auch klar, dass es etwas mit meinem Tierarztbesuch ein paar Tage zuvor zu tun haben musste. Mein Zuchtkaterdasein war wohl zu Ende, aber wie würde es für mich weitergehen? Und was hatte die fremde Frau damit zu tun?

Diese und noch viele andere Fragen schwirrten in meinem Kopf herum, wobei die letzte zumindest ansatzweise am späten Nachmittag beantwortet wurde, als man mich in einen Kennel einsperrte. Zum Glück war er ziemlich groß, und ich verkroch mich in der hintersten Ecke. Die anschließende Autofahrt endete am Essener Bahnhof. Dort ließ mich meine Besitzerin mit der Frau allein, die mit mir in den Zug nach Bielefeld stieg. Das Ganze war mir absolut nicht geheuer, und deshalb tat ich mal lieber so, als ob ich schlief.

Etwa zwei Stunden später fand ich mich in einer fremden Wohnung wieder. Reichlich verunsichert weihte ich erst mal das piekfeine Katzenklo ein.

Etwas schüchtern, aber zielstrebig verschaffte ich mir anschließend einen groben Überblick über die Umgebung. Langsam schlenderte ich, die Nase am Boden, von Zimmer zu Zimmer. So richtig wusste ich immer noch nicht, was das alles sollte. Aber mir schwante langsam, dass ich für diese Reise keine Rückfahrkarte besaß.

Die fremde Frau hockte auf dem Fußboden und beobachtete mich neugierig. Spontan ging ich zu ihr und schmiegte meinen Kopf an ihre Wange. Sie streichelte mich. Selbstvergessen schnurrte ich leise. Dann widmete ich mich dem bereitstehenden Essen.

Die erste Nacht verbrachte ich im Kennel.

Kaum hatte ich mir am nächsten Morgen den Schlaf aus den Augen geputzt, stürzte mich meine neue Menschin in Verwirrung: Zuerst ließ sie einen bunten Bindfaden vor meiner sensiblen Nase hin und her baumeln. Interessiert, aber befremdet folgte ich dem Ding mit meinen Augen. Als ich nicht reagierte, trollerte plötzlich ein weicher Ball zwischen meine Füße. Höflich schnupperte ich daran. Im nächsten Moment surrte eine Aufziehmaus durchs Zimmer. Ich verzog mich wieder in meinen Kennel.

Bald lernte ich, dass es einen Heidenspaß machen kann, weiche Bälle zu traktieren und bunten Bindfäden nachzujagen. Aufziehmäusen konnte ich allerdings nie etwas abgewinnen.

Obwohl ich mich in der ganzen Wohnung bewegen durfte, begrenzte ich mein Revier zunächst auf das Wohnzimmer und den Flur. Nach und nach traute ich mich auch ins Bad, zumindest, wenn kein Wasser lief.

Schließlich war ich mir sicher, dass die Zeit der Katzenausstellungen und damit auch das Gebadetwerden zu Ende war, und ich leistete meiner Menschin Gesellschaft, wenn sie sich wusch oder ihre Zähne putzte und staunte lange über dieses umständliche Getue. Unsereins braucht dafür nur seine Zunge.

Nach ein paar Tagen überwand ich mich und rollte mich auf dem Teppich neben dem Bett meiner Menschin zusammen. In der nächsten Nacht legte ich mich am Bettrand auf das Laken. Wieder eine Nacht darauf schlief ich am Fußende auf der Bettdecke, dann auf den Beinen meiner Menschin. Nacht für Nacht arbeitete ich mich weiter nach oben, bis sich nach etwa einer Woche herausstellte, dass die Mitte des Kopfkissens wie für mich maßgeschneidert war. Zwei volle Tage dauerte es dann allerdings noch, bis ich meiner Menschin mit subtilen Tricks beigebracht soweit hatte, dass sie für sich ein kleines Extrakissen besorgen musste.

So richtete ich mich allmählich ein.

Nach und nach gewöhnte ich mich an vieles, das ich aus meinem früheren Leben nicht kannte, sogar an den deckenhohen Kratzbaum, der zunächst eher Unbehagen als Kratz- und Kletterlust bei mir hervorrief. Später machte ich es mir gern auf der obersten Etage bequem.

Eines Tages aber geschah wieder etwas, das mich in große Unruhe versetzte: Meine Menschin verschwand. Sonst war sie höchstens mal für kurze Zeit weggegangen, - anfangs nur eine halbe Stunde, dann eine, irgendwann auch zwei, aber so lange hatte sie mich noch nie allein gelassen.

Ich dachte schon, sie würde nie mehr wiederkommen, als endlich die Tür aufging.

Vor lauter Erleichterung sprang ich ihr auf den Schoß, nachdem sie sich erschöpft hingesetzt hatte.

So viel Nähe ließ ich normalerweise nicht zu.

Auch wenn ich meinem früheren Leben nicht lange nachtrauerte, - meine Zurückhaltung Menschen gegenüber gab ich nie ganz auf. Nein, ein richtiger Schmusekater war ich nicht.

Ich weiß, dass meine Menschin anfangs etwas traurig darüber war, weil sie dachte, es läge an ihr.

Doch ich bin mir sicher, dass sie mich sehr geliebt hat, zumal wir uns im Grunde, das habe ich irgendwann erkannt, ähnlich waren.

 

Individuell

Indio war ein völlig untypischer Burmakater. Es gab nur zwei Dinge, die er ganz und gar katzenmäßig handhabte: Freiwillig nahm er keine Medikamente ein, und beim Essen war er zu keinerlei Kompromissen bereit: Was ihm nicht schmeckte, aß er nicht, egal wie gesund, hochwertig oder teuer das Futter war, das ihm vorgesetzt wurde.

Ach ja, und er wollte nie wieder gebadet werden.

Ansonsten passte er sich bedingungslos an. Fand er eine Tür verschlossen vor, dann drehte er sich um und ging wieder weg. Niemals hätte er an der Tür gekratzt oder sich protestierend davor gesetzt wie meine anderen Katzen. Widerstandslos ließ Indio sein Herz vom Tierarzt schallen und sich aus seiner Vorderpfote Blut abnehmen.

Manchmal bestürzte es mich zu sehen, wie sehr er durch seine Vergangenheit als Zuchtkater, der sich auf diversen Ausstellungen von fremden Preisrichtern anfassen und begutachten lassen musste, geprägt worden war, auch wenn diese Zeit nur etwas mehr als drei Jahre gedauert hatte.

Ein Blick in seine schönen großen, dunklen Augen ließ mich ahnen, welch immenser Seelenreichtum sich in seinem Inneren verbarg. Wenig lebte er davon im Außen aus, auch wenn er sein Repertoire beständig erweiterte, besonders noch einmal, als Ricky zu uns kam.

 

Er

war mein

geliebter

Seelenkater,

Pencena Indio.

Sein dunkelbraunes Fell

glänzte wie Ebenholz, und in

seinen Bernsteinmandelaugen

schimmerte die bedingungslose

Liebe. Seine Hingabe umfing uns

alle. Die würdevolle Demut,

die er zeigte, berührte mich

zutiefst. Zurückhaltende

Zärtlichkeit, sanftes Sein

voller Achtsamkeit

lebte er vor.

Und ebenso

still ging

er.

 

Erkrankungen

Bereits kurz nach seinem Einzug wurden bei Indio Nieren- und Herzprobleme diagnostiziert. Viele Untersuchungen und Therapien musste er über sich ergehen lassen, und er tat dies mit einer stoischen Hingabe, auch wenn er dabei seine Anspannung nicht vor mir verbergen konnte. Jedes Mal litt ich mit.

Durch das Herzmittel, das er sehr verabscheute, besserten sich seine Beschwerden zum Glück schnell, und der Herzmuskel erholte sich.

Seine Nierenprobleme bekamen wir durch eine Futterumstellung in den Griff. Komplett lässt sich die Zerstörung der Organe leider nicht aufhalten, aber zumindest über Jahre hinweg verlangsamen.

Im Nachhinein denke ich, dass ich Indio manchen Tierarztbesuch, einige Blutabnahmen und wohl auch die eine oder andere Ultraschalluntersuchung seines Herzens hätte ersparen können. Doch damals war ich sehr von der Furcht geleitet, etwas zu versäumen, nicht genug zu tun.

Da war es gut, dass ich einen Tierarzt gefunden hatte, dem ich vertraute, nicht nur, weil er einen guten Ruf weit über Bielefeld hinaus genießt, sondern auch wegen seiner Einfühlsamkeit und seinem respektvollen Umgang mit Mensch und Tier.

 

Wie Feuer und Eis

Ricky, dieser kleine verrückte Kerl, war das komplette Gegenteil von Indio, - ein Burmese, wie er im Buche steht: Laut, lebendig, eigenwillig, verschmust, selbstbewusst.

Und doch wurden beide innigste Freunde. Oder gerade deswegen?

Ricky hatte mich vom Fleck weg adoptiert, als ich Indio das zweite Mal besuchte. Da war er gerade ein paar Wochen alt und durfte mit seiner Mutter und den anderen Geschwistern seit kurzem am Familienleben im Wohnzimmer teilnehmen. Als ich mich aufs Sofa setzte, kletterte er sofort auf meinen Schoß, zwinkerte mir zu und schlief eine Runde. Später noch eine und noch eine, bis ich aufbrechen wollte.

Und es war klar, dass ich zurückkommen würde, um ihn abzuholen, wenn er alt genug war. Zuerst sollte sich aber Indio an sein neues Leben gewöhnen, von daher passte es zeitlich gut.

Bei Ricky konnte ich verhindern, dass er ausgestellt wurde. Die Züchterin machte sich berechtigte Hoffnungen auf den Preis für „das beste Nest“. Netterweise fragte sie mich aber, ob ich damit einverstanden sei, Ricky mitzunehmen.

 

Nomen est omen

Ricky, ja, so wurde ich meistens genannt. Aber eigentlich hatte ich noch viele andere Namen. Nachts, ungefähr zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens, und kurz, bevor der Wecker klingelte, hieß ich Nervensäge, Quälgeist, Krachkater oder Lärmtüte. Manchmal wurde ich auch Frechdachs genannt, zum Beispiel, wenn ich Indios Leckerlis klaute. Wenn meine Menschin und ich miteinander schmusten, bekam ich natürlich noch andere Namen, aber die sind geheim!

Doch nun zum Anfang der Geschichte: Als ich bei meiner Ankunft neugierig aus dem Transportkorb klettern wollte, versperrte mir ein riesiger brauner Kater den Weg und beschnupperte mich argwöhnisch. Höflich begrüßte ich ihn, zwängte mich dann aber an ihm vorbei, denn ich wollte mich möglichst schnell in meinem neuen Zuhause umsehen. Indio folgte mir auf Schritt und Tritt. Ich ließ mich davon nicht beirren und vollendete meinen Rundgang.

Irgendwann spürte ich plötzlich, dass ich mordshungrig war und füllte meinen Bauch ganz zwanglos an der nächstbesten Futterschale. Indio war platt, doch er ließ mich gewähren und folgte dann meinem Beispiel. Wahrscheinlich hatte er Angst, ich würde ihm nichts übriglassen.

Unser Verdauungsschläfchen hielten wir danach gemeinsam in der Kuschelhöhle, die aussah wie eine alte englische Mülltonne. Ganz eng schmiegte ich mich an Indio dran. Der fackelte auch nicht lange und nahm mich in seine Pfoten.

Mann-o-Mann, war ich froh, einen so großen, starken Freund gefunden zu haben. Nur als ich an seine Zitzen wollte, wurde Indio ungemütlich: Zack, hatte ich eine sitzen. Da weinte ich meiner Mutter Alice doch ein paar heiße Tränen nach.