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Für das Personalmanagement im Unternehmen spielt das systematische Management der Humanressourcen eine wichtige Rolle. Die Herausgeber informieren über wichtige Themen und Trends im Human Capital Management und geben einen Einblick in die Aufgaben eines Human Capital Auditors. Die Autoren stellen Methoden und Verfahren zur Bewertung von Human Capital vor und diskutieren die Bedeutung von ethikorientierter Führung. Der Band sensibilisiert für die Möglichkeiten und Ansatzpunkte des Human Capital Managements im Unternehmen.
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Veröffentlichungsjahr: 2013
Peter Friederichs, Sascha Armutat (Hg.)
Human Capital Auditierung – Aufgabe für das Personalmanagement
Grundlagen, Verfahren, Anwendungen
DGFP-PraxisEdition | Band 101
Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V.
Peter Friederichs, Sascha Armutat (Hg.)
Human Capital Auditierung – Aufgabe für das Personalmanagement
Grundlagen, Verfahren, Anwendungen
DGFP e. V. (Hg.)
Human Capital Auditierung – Aufgabe für das Personalmanagement Grundlagen, Verfahren, Anwendungen
DGFP-PraxisEdition Band 101
Reihenherausgeber:
Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V., Düsseldorf
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ISBN 978-3-7639-3865-0 (Print) Bestell-Nr. 6001966
ISBN 978-3-7639-3866-7 (E-Book)
© 2012, W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG, Bielefeld
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Human Capital Management: Eine Aufgabe für Personalmanager
1.1 HC-Management als Erfolgsfaktor im Unternehmen (Martin Schütte)
1.2 Human Capital Management im Personalbereich (Sascha Armutat)
1.3 Das Berufsbild des Human Capital Auditors
1.3.1 Die Ausbildung zum Human Capital Auditor (Peter Friederichs)
1.3.2 Der HCA in der Praxis – das Beispiel der Metro Group (Paul Kittel)
2 Methoden und Verfahren zur Bewertung von Human Capital
2.1 Wirkungsmessung von Personalmanagementmaßnahmen (Silke Wickel-Kirsch)
2.1.1 Wirkungsmessung von Personalarbeit – Grundlagen
2.1.2 Die Kostenseite des Personalmanagements und die Wirkungsmessung
2.1.3 Die Erlös- bzw. die Nutzenseite des Personalmanagements und die Wirkungsmessung
2.1.4 Fazit
2.2 Bewertungsmethoden für Human Capital (Klaus Möller, Ramin Gamerschlag)
2.2.1 Grundlagen der Bewertung des Human Capitals
2.2.2 Methoden zur Bewertung von Human Capital
2.2.3 Ganzheitliche Bewertung und Steuerung von Human Capital
2.2.4 Ausblick
2.3 Indikatorenmodelle zur Messung des Human Capitals (Volker Mayer)
2.3.1 Indikatoren zur organisatorischen Effektivität
2.3.2 Indikatoren zur Risikobewertung
2.3.3 Indikatoren zum kurzfristigen Human Capital
2.3.4 Indikatoren zum langfristigen Human Capital
2.4 Steuerung von Humankapital mit der HC-Scorecard (Sascha Armutat)
3 Referenzrahmen zur Interpretation von HC-Werten und HCM-Maßnahmen
3.1 Vier verschiedene Benchmarkingstrategien (Andreas Melcher, Silvan Winkler)
3.2 Internes Benchmarking mit dem Employee-Value-Index (Peter Friederichs)
3.2.1 Innerbetriebliches Benchmarking der Personalführungsleistung
3.2.2 Evaluation des Employee-Value-Index
3.2.3 Entwicklung und Evaluation des Personal-Risiko-Portfolios
3.2.4 Anwendung des EVI in der betrieblichen Personalpraxis
3.3 Externes Benchmarking mit dem Human-Potential-Index (Andreas Schubert, Marco Haferburg)
3.3.1 Entwicklung des HPI
3.3.2 Instrumentenstruktur des HPI
3.3.3 Anwendung des HPI in der betrieblichen Praxis
3.3.4 Fazit
3.4 Human Capital Audits: Grundlagen und Praxisbeispiele (Volker Mayer)
3.4.1 Notwendigkeit der Auditierung von Human Capital
3.4.2 Umsetzung eines Human Capital Audits
3.4.3 Einige praktische Handlungsempfehlungen
4 Einsatzfelder der Human-Capital-Bewertung
4.1 Der Einsatz von HC-Analysen im Human Capital Management (Andreas Melcher, Silvan Winkler)
4.1.1 Deskriptive Auswertung am Beispiel Talent-Management
4.1.2 Korrelationen und Pfadmodelle am Beispiel Mitarbeiterengagement und Business Performance
4.2 Personalrisikomanagement und Human Capital (Jean-Marcel Kobi)
4.2.1 Die Bedeutung der Personalrisiken
4.2.2 Das Modell der Personalrisiken
4.2.3 Unternehmensspezifische Anpassung des Grundmodells
4.2.4 Das Zusammenspiel der Personalrisiken mit anderen Personalthemen
4.2.5 Personalrisiken in der Human-Capital-Betrachtung
4.2.6 Fazit
4.3 Human Capital Reporting – Grundlagen und Voraussetzungen (Martin Schütte)
4.3.1 Rechtliche Grundlagen
4.3.2 Externe Berichterstattung
4.3.3 Der Human Capital Transparency Monitor (Peter Friederichs)
4.3.4 Interne Berichterstattung
5 Ethikorientierte Führung im HC-Management(Dieter Frey, Claudia Peus, Silke Weisweiler)
5.1 Führung und Zieldefinitionen
5.2 Die Bedeutung ethikorientierter Führung
5.3 Prinzipien ethikorientierter Führung
5.4 Zielgruppen der ethikorientierten Führung
5.5 Instrumente ethikorientierter Führung
5.6 Rollen und Eigenschaften einer ethikorientierten Führungskraft
5.7 Die Grenzen ethikorientierter Führung
5.8 Probleme ethikorientierter Führung
5.9 Fazit
6 Ausblick(Sascha Armutat)
7 Anhang
7.1 Literaturverzeichnis
7.2 Abbildungsverzeichnis
7.3 Autorenverzeichnis
7.4 Stichwortverzeichnis
Menschen machen den Unterschied in und zwischen Unternehmen – das Verständnis dafür ist in vielen Unternehmen vorhanden, doch das entsprechende Handeln bleibt häufig aus. Jetzt ist die Zeit, um Ernst mit dem Thema zu machen: Fachkräftemangel, Stakeholderinteressen und eine neue Generation von Mitarbeitern fordern von den Unternehmen, sich mit den Menschen in ihren Betrieben, Werkhallen, Labors und Büros auseinanderzusetzen.1
Wer Ernst mit dem Thema macht, kommt auch um ein systematisches Management der Humanressourcen nicht umhin. Und wer systematisches Human Capital Management betreibt, der muss in der Lage sein, den Wert, den die Menschen ins Unternehmen einbringen, auszuweisen – für die unternehmensinterne Steuerung und für das unternehmensübergreifende Berichtswesen.
Diese Facette der Personalarbeit setzt spezifische Kompetenzen voraus: Der verantwortliche Personalmanager muss die Methoden sowohl des Personalmanagements als auch des Personalcontrollings beherrschen und mit den Prozessen der Ressourcensteuerung im Unternehmen verknüpfen können. Die Ausbildung zum Human Capital Auditor, die gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP e. V.) und dem Human-Capital-Club e. V. (HCC e. V.) durchgeführt wird, bereitet auf dieses umfangreiche Tätigkeitsprofil vor. Dieses Buch gibt einen Einblick in die Aufgaben eines Human Capital Auditors und informiert über wichtige Themen und Trends im Human Capital Management.
Lektoriert wurde das Buch von Dr. Sabine Giehle, Mainz. Vonseiten der DGFP e. V. wurde das Projekt durch Susanne Kath, Lena Anlauf und Johannes Mikutta unterstützt.
Der Herausgeberrat der DGFP wurde über die Veröffentlichung in der DGFP-Schriftenreihe PraxisEdition informiert.
Allen Lesern wünschen wir eine anregende Lektüre.
Die Herausgeber
Peter Friederichs,
Human Capital Club e. V.
Dr. Sascha Armutat
Deutsche Gesellschaft
für Personalführung e. V.
Die Bedeutung des Humankapitals für den Erfolg des Unternehmens
Unternehmen arbeiten mit verschiedenen Ressourcen: den finanziellen (Finanzkapital), den materiellen (Sachkapital), den immateriellen (intellektuellem Kapital) und den Menschen (Humankapital). Davon sind die Mitarbeiter die einzigen, die Werte schaffen können durch ihr Tun und den Einsatz der anderen Ressourcen.
Das Human Capital eines Unternehmens kann dabei als das von den Mitarbeitern bereitgestellte Leistungspotenzial definiert werden.2 Dieses Potenzial umfasst „die Gesamtheit der Fähigkeiten, Fertigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse von Individuen, aber auch deren Wissen, Können und Kreativität“3.
Definition Human Capital
Als Bewertungsobjekt wird somit nicht der Mensch als Potenzialträger betrachtet, sondern die dem Arbeitgeber vertraglich zugesicherte Überlassung seines Arbeitspotenzials. Die Mitarbeiter als Träger jenes spezifischen Wissens und spezieller Fähigkeiten gewährleisten dabei den Nutzen, den das Unternehmen aus ihrer Beschäftigung zu erzielen verfolgt und der die Investition insofern für sie lohnenswert macht. Im Vergleich zu dem in der Unternehmung vorliegenden Sachkapital ist das Human Capital deshalb personengebunden und geht mit dem Abgang des Mitarbeiters verloren.4
Mitarbeiter als Erfolgsfaktor
Damit werden die Mitarbeiter auch zu dem entscheidenden Erfolgs- und Differenzierungsfaktor im Wettbewerb. Gleichzeitig sind sie die einzige wirklich knappe Ressource. Geld und Kapital gibt es eher zu viel, und selbst Rohstoffe sind kein wirklicher Engpass, sondern eine Frage des Preises. Lediglich der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern wird seit Jahren von den Unternehmen als entscheidende Wachstumsbremse bezeichnet. Diese Situation wird sich aufgrund der demografischen Entwicklung massiv verschärfen, da die Bevölkerung und damit das Arbeitskräftepotenzial in Deutschland dramatisch schrumpfen werden. Gleichzeitig sind die Mitarbeiter auch ein bedeutender, häufig der bedeutendste Kostenfaktor. All das macht die Mitarbeiter zur wichtigsten Ressource des Unternehmens, und Peter Drucker hat recht mit dem Credo, das ihm nachgesagt wird: „Es sind die Menschen, die Menschen und noch einmal die Menschen.“5
Damit wird das Management dieser Ressource, des Humankapitals, zur zentralen Aufgabe der Unternehmensführung. Der Managementprozess unterscheidet sich dabei in keiner Weise von dem Management der anderen Ressourcen, d. h., er beinhaltet die klassischen Schritte:
Bestimmung der für das Unternehmen wichtigsten Themen/Aufgaben
Sorgfältige Analyse
Formulierung konkreter Ziele
Ergreifen konkreter Maßnahmen
Nachhalten des Umsetzungserfolges und Ergebniskontrolle
Reflexion des Prozesses und der Ergebnisse
Fragen des Human Capital Managements
Für das Management des Humankapitals ergeben sich zunächst die folgenden grundsätzlichen Fragen:
Wodurch schaffen Mitarbeiter Werte für das Unternehmen?
Elemente Humankapital
Werte werden geschaffen durch den Leistungsbeitrag der Mitarbeiter zur Erreichung der Unternehmensziele. Die Leistung der Mitarbeiter wird dabei von verschiedenen Faktoren bestimmt. Neben dem Leistungsvermögen (Können) muss die Leistungsbereitschaft (Wollen) gegeben sein. Dazu müssen Rahmenbedingungen gegeben sein, die die Leistungserbringung ermöglichen und zulassen. Das sind erforderliche Ressourcen, Systeme und Strukturen oder auch Prozesse, Werte und Normen, die die Mitarbeiter unterstützen. Nach der Systematik des Human-Capital-Clubs ergibt sich die nachfolgende Einteilung.
Das Leistungsvermögen oder Potenzial der Mitarbeiter hat mehrere Bestandteile (siehe Abb. 1):
Das intellektuelle Potenzial, d. h. das Wissen, Können, die Erfahrung und Kreativität.
Das motivationale Potenzial, d. h. die Motivation selbst, die Identifikation und emotionale Bindung (Commitment) mit der Aufgabe, den Zielen, dem Unternehmen oder dem eigenen Team.
Das integrative Potenzial beinhaltet die Fähigkeiten, zu kooperieren, im Team zu arbeiten, zu kommunizieren und loyal zu sein. Dazu gezählt werden auch persönliche Integrität und Orientierung an Werten und Normen. Das integrative Potenzial ist besonders wichtig bei Führungsaufgaben. Es ist der Kern der Führungstätigkeit.
Schließlich ist die Gesundheit zwingende Voraussetzung für dauerhafte Leistung. In der heutigen Arbeitswelt der extremen Verdichtung sowie zeitlicher und räumlicher Entgrenzung wird die psychophysische Belastbarkeit zu einer immer wichtigeren Eigenschaft. Besondere Bedeutung kommt dabei einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeit und privatem Leben zu.
Um optimale Leistung zu erbringen bzw. das Leistungspotenzial voll zur Geltung zu bringen, müssen alle vier Potenziale gegeben sein. Denn es reicht nicht aus, einfach nur hoch talentierte und fähige Mitarbeiter zu haben. Wenn sie nicht motiviert sind, sich zu engagieren, nicht zusammenarbeiten wollen oder können, dauerhaft überarbeitet oder gar ausgebrannt sind oder in einem ständigen Konflikt zwischen den beruflichen und familiären Anforderungen stehen, werden sie ihr Leistungspotenzial nicht in vollem Umfang einbringen können. Das ist bereits der Fall, wenn nur eines der Potenziale nicht gegeben ist. Dieser Zusammenhang belegt die Komplexität menschlichen Verhaltens und die Schwierigkeit, dieses zielgerichtet zu beeinflussen.
Rahmenbedingungen
Entscheidende Bedeutung haben aber auch die Rahmenbedingungen, unter denen die Mitarbeiter arbeiten. Sie haben direkten Einfluss darauf, ob die Mitarbeiter ihre Potenziale für das Unternehmen voll entfalten wollen oder können. Gibt es geeignete Verfahren und Systeme, die dafür sorgen, dass das für das Unternehmen benötigte intellektuelle Potenzial eingestellt und auch an den richtigen Stellen eingesetzt wird? Sind die Kommunikationsprozesse so, dass das Wissen, die Kreativität und die Erfahrung der Mitarbeiter auch tatsächlich abgerufen und für das Unternehmen fruchtbar gemacht werden? Oder kommt das benötigte Know-how von außen über Berater und wird dann top down umgesetzt? Sind die Führungsprozesse und das Betriebsklima so, dass Engagement und Identifikation der Mitarbeiter gefördert werden und eine optimale Zusammenarbeit besteht? Wird eine Unternehmenskultur gelebt, die Zusammenarbeit, Wertschätzung der Mitarbeiter, Innovation und Kreativität fördert und die das Unternehmen Verantwortung für die Gesundheit der Mitarbeiter übernehmen lässt? All das entscheidet darüber, ob das vorhandene Potenzial der Mitarbeiter voll entfaltet oder in seiner Entwicklung behindert wird. Die Gestaltung dieser Rahmenbedingungen liegt in der Hauptverantwortung des Managements.
Welches Leistungsvermögen brauchen wir?
Die Frage ist, was brauchen wir überhaupt an Wissen, Fähigkeiten, Kompetenzen? Richtschnur zur Beantwortung der Frage ist die Strategie des Unternehmens. Die Personalstrategie muss sich daraus ableiten und die dort formulierten Ziele des Unternehmens unterstützen. Das gilt zuallererst für den sich daraus ergebenden Personalbedarf, sowohl quantitativ als auch qualitativ.
Analyse
Diesen zu ermitteln erfordert eine sorgfältige Analyse. Geht es um die Weiterführung eines bewährten und stabilen Geschäftsmodells, d. h., brauchen wir in erster Linie erfahrene Mitarbeiter? Oder plant das Unternehmen, stark zu wachsen und die Tiefe oder Breite der Produktpalette zu erweitern und zu diversifizieren? Dann wird man eher Wert legen auf in ihren Kompetenzen breit angelegte Mitarbeiter mit entsprechendem Entwicklungspotenzial. Wenn das Unternehmen bisher nur in Deutschland produziert, von hier aus die Produkte international vertrieben hat und jetzt auch im Ausland, z. B. in China, Indien oder Brasilien, eine lokale Produktion und ein Vertriebsnetz aufbauen will, verschiebt sich der Bedarf wieder in eine andere Richtung. Dann wird es nötig sein, gezielt Führungskräfte und Mitarbeiter mit entsprechenden Sprach- und Landeskenntnissen einzukaufen, systematisch Nachwuchs aus den Zielländern zu akquirieren und auszubilden sowie auf ein interkulturelles Interesse und entsprechende Kompetenz der Kandidaten zu achten. Schon bei der Personalbeschaffung ist eine frühzeitige und sorgfältige Analyse notwendig, welche Qualifikationen, Kompetenzen oder Potenziale überhaupt gebraucht werden, um das Erreichen der strategischen Ziele des Unternehmens zu unterstützen.
Ziele
Aus der Analyse ergeben sich wiederum unterschiedliche Ziele. Wenn es um Erfahrung in einem stabilen Geschäftsmodell geht, werden eine möglichst lange Beschäftigungsdauer und eine systematische Weitergabe von Erfahrung im Unternehmen, vor allem von älteren Mitarbeitern an jüngere, angestrebt. Geht es um Expansion und Erweiterung des Geschäftsmodells, werden der Aufbau dieser Kompetenzen und Erfahrung in einem bestimmten Zeitraum durch externe Akquisition und die Verankerung im Unternehmen bedeutsamer.
Maßnahmen
Die Ziele müssen im nächsten Schritt mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden. Ein Programm zur Stärkung der Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und konkrete Maßnahmen zum Erfahrungs- und Wissenstransfer dienen dabei der Erhaltung der betrieblich wichtigen Erfahrung. Das setzt die Identifizierung der kritischen Erfahrungsträger und individuelle Transfermaßnahmen voraus. Bei der Akquisition von außen ist festzulegen, auf welchem Wege die Akquisition erfolgen soll und wie viele Mitarbeiter mit definierten Kompetenzen und Erfahrungen in welchem Zeitraum gefunden und eingestellt werden sollen.
Ergebniskontrolle
Diese Maßnahmen müssen von einer wirksamen Ergebniskontrolle begleitet werden. Je konkreter die Maßnahmen und Ziele formuliert sind, umso wirksamer kann die Umsetzung nachgehalten werden. Beispielsweise: Haben wir in dem Bereich X mehrere Mitarbeiter, die dort bereits mindestens fünf Jahre Erfahrung gesammelt haben? Oder: Ist die gewünschte Anzahl von externen Fachkräften tatsächlich bereits im Unternehmen tätig?
Wie kann die Leistungsbereitschaft erhalten und gefördert werden?
Ohne Leistungsbereitschaft gibt es keine Leistung. Mitarbeiter, die sich nicht engagieren wollen, werden dem Unternehmen ihr Können und Potenzial nicht voll zur Verfügung stellen. Die Erfahrung zeigt, dass ungenügende Leistung i. d. R. weniger auf mangelnder Qualifikation und fehlendem Können beruht als überwiegend auf nicht ausreichender Leistungsbereitschaft. Das heißt, das Wollen ist der Engpass und das Problem. Damit wird die Förderung und Erhaltung der Leistungsbereitschaft und Motivation der Mitarbeiter zur zentralen Aufgabe des Managements. Auch das Topmanagement muss dies zu seinem Anliegen machen und genauso systematisch angehen wie alle anderen strategischen Aufgaben auch.
Am Anfang muss auch hier eine sorgfältige Analyse stehen. Was versteht man unter Leistungsbereitschaft? Ist sie dasselbe wie Motivation, Zufriedenheit, Commitment oder ähnliche Begriffe? Vor allem aber: Was beeinflusst die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, d. h., was fördert sie und was beeinträchtigt sie? Dies ist Gegenstand der Motivations- und Verhaltensforschung und damit Feld der Psychologen. Die wesentlichen Erkenntnisse dieser Forschung müssen wegen der zentralen Bedeutung für die Leistung der Mitarbeiter auch dem Management und jeder Führungskraft geläufig sein. Leider ist das häufig nicht der Fall, und es dürfte nach wie vor die Ausnahme sein, dass sich das Topmanagement in den Unternehmen systematisch mit diesen Fragen auseinandersetzt. Dabei hat die Motivationsforschung gerade auch für den Unternehmensbereich eine lange Tradition mit wichtigen, empirisch belegten Ergebnissen.
Motivation und Commitment
Unverzichtbar ist die Kenntnis der Unterscheidung zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation. Die extrinsische Motivation ist die Antriebskraft, die von außen induziert wird, z. B. durch Belohnung oder Bestrafung. Sie ist i. d. R. situations- und zeitabhängig und wirkt eher kurzfristig. Klassisches Beispiel sind erfolgsbezogene Geldzahlungen oder andere materielle Incentives. Die intrinsische Motivation dagegen kommt von innen heraus als Pflichtgefühl, als Freude, Befriedigung oder inneres Bedürfnis, etwas zu tun. Sie wirkt damit eher langfristig als Bestandteil der Persönlichkeit. Mehr oder weniger gleichbedeutend sind die Begriffe des affektiven odernor-mativen Commitments ebenfalls als Pflichtgefühl, innere Einstellung oder emotionale Verbundenheit auf der einen Seite und kalkulatorischen Commitments i. S. einer rationalen Kosten-Nutzen-Abwägung auf der anderen. Für eine nachhaltig überdurchschnittliche Unternehmensleistung ist eine intrinsische Motivation der Mitarbeiter die entscheidende Basis. Diese herzustellen und zu bewahren ist somit eine zentrale Aufgabe des HC-Managements.
Die nächste Frage ist, worauf eine intrinsische Motivation gründet, was sie bewirkt und was sie dauerhaft erhält. Auch darauf gibt die psychologische Forschung Antwort, z. B. die Analyse der psychologischen Grundbedürfnisse des Menschen nach Dieter Frey, die die Grundlage für sein Prinzipienmodell der Führung im Rahmen seiner Center-of-Excellence-Forschung ist. Frey identifizierte folgende Grundbedürfnisse:6
Das Grundbedürfnis nach Kompetenz. Es beinhaltet das Gefühl, in seiner jeweiligen Aufgabe kompetent zu sein und, noch wichtiger, von seinem Umfeld als kompetent wahrgenommen zu werden. Jeder möchte seine Aufgabe beherrschen und das Gefühl der Kontrolle über sein Umfeld haben. Außerdem ist ihm wichtig, in dieser Aufgabe anerkannt zu sein und dies von seiner Umgebung, zuallererst von seinem unmittelbaren Vorgesetzten, auch zu erfahren.
Das Bedürfnis nach Autonomie, d. h. Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Jeder von uns will in seinem Verantwortungsbereich eigene Entscheidungs- und Handlungsspielräume haben („selbst machen“) und in Entscheidungen sowie Bestimmung von Zielen eingebunden sein.
Das Bedürfnis nach sozialem Eingebundensein, d. h., mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten, die sich gegenseitig unterstützen, wertschätzen und mit denen man ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln kann.
Das Bedürfnis nach Selbstwert. Wir wollen das Gefühl haben, als Person und nicht nur als reiner Funktionsträger wahrgenommen und akzeptiert zu werden. Auch das verlangt eine positive Wertschätzung, konstruktive Rückmeldung und Beurteilung, einen fairen Umgang miteinander und Einbindung in Entscheidungen und Zielfindung.
Das Bedürfnis nach Sinn, d. h. das Gefühl, dass das, was man macht, von Bedeutung ist. Wir möchten wissen, wofür wir arbeiten und dass unsere Arbeit sinnvoll und bedeutungsvoll ist, sodass wir uns voll mit ihr identifizieren können. Auch das setzt Einbindung und Kommunikation voraus.
Schließlich das Bedürfnis nach Fairness. Es ist ein ganz zentrales Bedürfnis, denn jeder will das Gefühl haben, fair behandelt zu werden. Das beinhaltet eine gerechte Beurteilung der Arbeitsergebnisse (Ergebnisfairness), faire Spielregeln und Verfahrensweisen (prozedurale Fairness), ehrliche, offene und vollständige Information (informationale Fairness) sowie persönliche Wertschätzung und Respekt (interaktionale Fairness).
Die Befriedigung dieser Grundbedürfnisse ist zentrale Voraussetzung dafür, dass wir uns mit einer Aufgabe identifizieren und sie aus eigenem, innerem Antrieb erfüllen. Diese Bedürfnisse sind einsichtig und von jedem nachzuvollziehen, da wir selber genauso behandelt werden und arbeiten wollen und dann auch unser Bestes geben.
Aus dieser Analyse ergibt sich das klare allgemeine Ziel, Rahmenbedingungen im Unternehmen zu schaffen, die es ermöglichen, gezielt auf diese Grundbedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen, und die Mitarbeiter dies auch erleben und fühlen zu lassen. Dafür müssen konkrete Maßnahmen ergriffen werden, die die Erreichung dieses Zieles unterstützen. Das könnten z. B. sein:
Erarbeitung eines Führungskonzepts mit konkreten Führungsgrundsätzen, die die Führungskräfte verpflichten, auf diese Grundbedürfnisse einzugehen. Das Einhalten der Führungsgrundsätze muss verbindlich sein, d. h., sie müssen Gegenstand von Zielvereinbarungen und der Beurteilung der Führungskräfte sein und auch bei Gehaltsfestsetzungen und Beförderungen sanktioniert werden.
Erarbeitung eines entsprechenden Kommunikationskonzeptes und Schaffung einer gelebten Kommunikations- und Dialogkultur, die für Transparenz der Ziele und Entscheidungen sowie intensive Einbindung der Mitarbeiter sorgt. Auch dies muss mit konkreten, verbindlichen Kommunikationsplänen und -veranstaltungen unterlegt werden und ebenfalls bei der Beurteilung und Bewertung von Führungskräften eine Rolle spielen.
Veränderung der Strukturen, z. B. Reduzierung der Hierarchiestufen im Unternehmen, Einführung einer Fachlaufbahn, Dezentralisierung und Erweiterung der Entscheidungskompetenzen der Mitarbeiter.
Einführung einer systematischen Personalentwicklung zur Förderung der Mitarbeiter und Einsatz entsprechend ihren Kompetenzen und Fähigkeiten.
Die Umsetzung der Maßnahmen muss von einer wirksamen Ergebniskontrolle begleitet werden. Da es um die Motivation und Bedürfnisse der Mitarbeiter geht, ist das klassische Mittel dafür eine gezielte und professionelle Befragung. Ein anschauliches Beispiel dafür sind Mitarbeiterbefragungen bei der Firma Microsoft Deutschland, die 2004 und 2005 als bester Arbeitgeber in Deutschland ausgezeichnet wurde. Microsoft erzielte bei seinen Mitabeitern die höchsten Zustimmungswerte bei jenen Fragen, die auf die genannten Grundbedürfnisse eingehen:7
Fairness: „Die Mitarbeiter werden fair behandelt.“ (96 Prozent)
Kompetenz, Sinn: „Ich glaube, im Unternehmen einen wichtigen Beitrag zu leisten.“ (96 Prozent)
Sinn: „Meine Arbeit hat eine besondere Bedeutung für mich und ist nicht nur ein Job.“ (95 Prozent)
Soziales Eingebundensein: „Als neuer Mitarbeiter fühlt man sich willkommen.“ (95 Prozent)
Die hohe Zustimmung zeigt, dass Microsoft die genannten Grundbedürfnisse seiner Mitarbeiter als zentrales Thema ansieht und es dem Unternehmen offensichtlich gelungen ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, die diese berücksichtigen, und dies von den Mitarbeitern auch entsprechend erlebt wird. Die Wahrnehmung als bester Arbeitgeber ist ein Ergebnis davon.
Wie sollten leistungsfördernde Rahmenbedingungen aussehen?
Von wesentlicher Bedeutung für die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sind dabei die Rahmenbedingungen im Unternehmen selbst. Diese werden in allererster Linie durch den unmittelbaren Vorgesetzten beeinflusst und gestaltet. Sein Führungsverhalten hat den größten Einfluss auf Motivation und Commitment der ihm unterstellten Mitarbeiter. Er entscheidet primär, ob auf die Grundbedürfnisse der Mitarbeiter eingegangen wird oder nicht. Das Verhalten der Führungskräfte selbst wird dabei wesentlich bestimmt durch die Prozesse, Strukturen und Systeme im Unternehmen. Sie sind damit entscheidend dafür, ob das Potenzial der Mitarbeiter sich voll entfalten oder aber nur unzureichend genutzt werden kann. Auf besonders wichtige Prozesse und Systeme soll kurz eingegangen werden.
Führungsprozess
Aufgrund seiner Schlüsselfunktion für das Verhalten der Mitarbeiter steht der Führungsprozess an erster Stelle. Es darf deshalb nicht der einzelnen Führungskraft überlassen bleiben, ob und wie sie ihre Mitarbeiter führen will. Vielmehr muss es ein zentrales Anliegen der Unternehmensleitung sein, diese Frage für das Unternehmen zu klären und dafür Sorge zu tragen, dass dies auch entsprechend umgesetzt wird.
Eine Analyse sollte Antwort darauf geben, was unter Führung zu verstehen ist, welche Bedeutung sie für den Erfolg des Unternehmens hat und was wichtige Elemente eines Führungsprozesses sein sollten. Es gibt eine Fülle von empirischen Untersuchungen, die eine hohe Korrelation zwischen der Qualität der Führung und z. B. der Motivation, dem Commitment oder der Identifikation der Mitarbeiter und auch konkreten Geschäftsergebnissen belegen (siehe Abb. 2).
Führung ist ein traditionelles Forschungsgebiet, in dem eine Fülle von Führungstheorien entwickelt wurde (siehe dazu auch Kapitel 5 zur ethikorientierten Führung). Aktuell werden die Modelle der transaktionalen und transformatorischen Führung am intensivsten diskutiert. Die transaktionale Führung basiert sozusagen auf dem Marktprinzip i. S. eines rationalen Tauschgeschäftes oder eines Gebens und Nehmens. Wesentliche Merkmale sind dabei ein zielorientiertes Belohnungs- und Abweichungsmanagement. Dagegen ist die Interaktion zwischen Führendem und Geführten mit dem Ziel der Inspiration für gemeinsame Ziele und Visionen Kern der transformationalen Führung. Sie spricht stärker die emotionale Seite der Mitarbeiter an und betont die Wertschätzung und individuelle Entwicklung des Mitarbeiters. Verdeutlicht werden kann der Unterschied auch an den Begriffen Management und Führung. Der Manager steht dabei für eine instrumentale, indirekte Führung der Mitarbeiter, die analytisch, rational, stark mit Zahlen und dem Fokus auf der Organisation arbeitet. Der Führer dagegen legt Wert auf eine direkte, personale Führung. Sein Fokus ist der Mitarbeiter selbst, den er emotional und persönlich anspricht und in seiner Subjektivität schätzt. Dabei besteht die größte Chance, auf die Grundbedürfnisse der Mitarbeiter eingehen zu können und ihnen zu entsprechen.
Als Zielsetzung sollte sich daraus ergeben, dass ein für alle Führungskräfte verbindliches Führungskonzept in der Praxis gelebt wird und so ein einheitlicher Führungsprozess und eine entsprechende Führungskultur entsteht.
Eine erste Maßnahme wäre dann wie oben angesprochen die Entwicklung eines konkreten Führungskonzeptes. Zu entscheiden ist das Verständnis von Führung und dem entsprechenden Bild der Führungskraft. Bewährt hat sich das Bild des mitarbeiterorientierten Führers i. S. eines Spieltrainers oder Coachs. Diese Vorgaben müssen durch die Formulierung von Führungsgrundsätzen, die die Hauptaufgaben und die Rolle der Führungskraft im Verhältnis zum Mitarbeiter beschreiben, konkretisiert werden.
Rolle und Aufgaben der Führungskraft
Eine konsequente Orientierung an den Grundbedürfnissen der Mitarbeiter legt den Fokus auf folgende zentrale Aufgaben und Rollen der Führungskraft:
Zielbildung, d. h. das Führen durch gemeinsam vereinbarte Ziele
Delegation, d. h. weitgehende Übertragung von Eigenverantwortung an die Mitarbeiter
Kommunikation i. S. eines ständigen Dialogs mit dem Mitarbeiter
Die Rolle der Führungskraft sollte darin bestehen, dass er den Mitarbeiter
fordert durch Vereinbarung anspruchsvoller Ziele und das Einfordern von Eigenverantwortung;
ermutigt zur Übernahme von Eigenverantwortung und ihm vermittelt, dass er ihm dies auch zutraut;
unterstützt, indem er entsprechende Rahmenbedingungen schafft und ihm beim Durchsetzen eigener Ideen und Vorschläge hilft;
fair bewertet, indem er für klare, transparente Ziele sorgt, den Mitarbeiter coacht, indem er ihn beobachtet, ihm laufend Rückmeldung gibt und vor allem den erzielten Erfolg honoriert.
Auch der Führungsprozess muss einer Ergebniskontrolle unterzogen werden. Das wichtigste Instrument ist auch hier eine gezielte, professionelle und regelmäßige Befragung der Mitarbeiter über die erlebte Qualität der Führung. Weitere Instrumente sind das regelmäßige Mitarbeitergespräch oder auch 360-Grad-Beurteilungen der Führungskraft. Weiter sollte erhoben werden, inwieweit das Führungsverhalten bei Beurteilungen, Beförderungen und auch der Vergütung berücksichtigt wird. Auch diese Angaben sollten regelmäßig ausgewertet werden. Ein so gestalteter Führungsprozess wird die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Mitarbeiter und damit die optimale Entfaltung ihres Potenzials für die Ziele des Unternehmens maßgeblich unterstützen.
Kommunikation
Genauso bedeutsam wie der Führungsprozess ist auch die Kommunikation im Unternehmen. Unternehmen sind soziale Systeme. Sie leben von der Kommunikation wie der Körper vom Zirkulieren des Bluts. Kommunikation findet deswegen immer statt (1. Axiom der Kommunikation nach Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren“9). Dabei ist leider typisch für große Unternehmen und generell für Organisationen, dass eine wirkliche Kommunikation, d. h. ein Austausch von Informationen und Meinungen, kaum stattfindet, sondern diese zu einer einseitigen Top-down-Weitergabe von Informationen verkümmert ist. Manchmal wird das euphemistisch verbrämt als „Ergebniskommunikation“. Die bewusste Gestaltung der Kommunikationsprozesse ist aber eine weitere zentrale Aufgabe der Führung.
Auch die Gestaltung der Kommunikation setzt eine sorgfältige Analyse voraus. Worüber reden wir: über Information, d. h. die einseitige Übermittlung von Fakten an den Empfänger („Ich informiere Sie“), über Kommunikation, d. h. die Vermittlung von Informationen i. S. eines Austausches mit Rückmeldung durch den Empfänger („Ich informiere Sie, und mich interessiert Ihre Meinung dazu“), oder meinen wir einen Dialog i. S. eines Gesprächs („Zwiegespräch“) mit dem Ziel einer gemeinsamen Erarbeitung einer Problemlösung („Ich möchte mit Ihnen gemeinsam folgendes Problem besprechen und eine Lösung erarbeiten“)? Je nachdem, wie man sich entscheidet, ergeben sich völlig unterschiedliche Prozesse, wobei eine echte Dialogkultur das Ziel sein sollte, da sie am stärksten den Grundbedürfnissen der Mitarbeiter entspricht, z. B. denen nach Kompetenz, Sinn, Eigenverantwortung, sozialem Eingebundensein und Wertschätzung.
Auch die Bedeutung von Kommunikation für die Erreichung der Unternehmensziele ist zu analysieren. Kommunikation ist die zwingende Voraussetzung, dass Unternehmensziele erreicht werden, denn die Ziele müssen von den Mitarbeitern, die sie umsetzen und erreichen sollen, verstanden und akzeptiert werden. Der erforderliche Aufwand dafür wird i. d. R. massiv unterschätzt. Gerade bei der Entwicklung von Strategien besteht regelmäßig ein krasses Missverhältnis zwischen dem Aufwand, mit dem die Strategie erarbeitet wird, und dem, der dann für die Kommunikation und Vermittlung an die Betroffenen aufgebracht wird. Eine Faustregel geht von einem Verhältnis von ungefähr 1 : 10 zugunsten der für die Umsetzung erforderlichen Kommunikation mit den Betroffenen aus. In der Praxis ist es meist genau umgekehrt.
Der Kommunikationsbedarf steigt exponentiell bei Veränderungsprozessen und wird zum entscheidenden Faktor, ob Veränderungsprozesse gelingen oder scheitern. Das gilt insbesondere bei Maßnahmen, die die Mitarbeiter belasten und zwangsläufig Widerstand hervorrufen (Klaus Doppler: „Widerstand ist der siamesische Zwilling von Veränderung“10). Widerstand kann außer durch kontraproduktiven Zwang nur durch intensive Kommunikation überwunden werden. Die Einbindung der Mitarbeiter führt auch zu besseren Ergebnissen, denn sie sind „die Spezialisten ihres Arbeitsplatzes“, und ihr Sachverstand und ihre Erfahrung fließen nur durch Kommunikation in die Entscheidungen ein. Eine intensive Kommunikation i. S. eines Dialoges stärkt auch das Commitment der Mitarbeiter, da sie die wesentlichen Grundbedürfnisse befriedigt. Auf der anderen Seite ist der Schaden unzureichender Kommunikation evident. Unklare Ziele werden nicht erreicht, führen zu Reibungsverlusten und Doppelarbeit und beeinträchtigen die Motivation. Mangelnde Transparenz ist zusätzlich ein Nährboden für Unregelmäßigkeiten. Mangelnde Kommunikation kostet damit schlichtweg Geld.
Das Thema Kommunikation muss zu strategischen Zielsetzungen führen. Beispiel: „Wir wollen den Dialog als Prinzip und Einstellung zu einem Kennzeichen unserer Unternehmenskultur machen.“
An die Zieldefinition müssen sich konkreteMaßnahmen anschließen. Ausgangspunkt ist die Erarbeitung eines professionellen Kommunikationskonzepts mit vier wesentlichen Bausteinen:
Kommunikation wird zum zentralen Bestandteil von Selbstverständnis, Unternehmenskultur und Führungspraxis erklärt, d. h., sie wird zum Kernelement der Unternehmenskultur (Wertekanon der Lufthansa Technik: „Dialog – wir hören erst einmal zu“ oder Leadership Values der Allianz Group: „We build on mutual trust and feedback“), und sie wird als zentrale Führungsaufgabe verbindlich für alle Führungskräfte.
Es wird ein Führungskonzept entwickelt mit klaren und verbindlichen Führungsgrundsätzen, z. B.:
Kommunikation ist verbindlich und auf Dauer angelegt.
Sie erfolgt ziel- und lösungsorientiert und ist kein Selbstzweck.
Sie ist adressatenbezogen und erfolgt in der Sprache des Adressaten.
Sie sorgt für Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit.
Sie erfolgt zeitnah und unmittelbar.
Sie erfolgt prozessbegleitend und bezieht sich auch auf den Prozess.
Sie muss laufend wiederholt werden.
Sie erfolgt geschlossen, einheitlich und zeitgleich, z. B. intern und extern.
Sie erfolgt höchstpersönlich und kann nicht delegiert werden.
Information ist eine Holschuld.
Kommunikation wird institutionalisiert. Auch der Kommunikationsprozess muss konkret organisiert und strukturiert werden. Wesentliche Maßnahmen können sein:
Fest etablierte Dialogveranstaltungen oder Führungskonferenzen zwischen Führungsebenen (z. B. Vorstand und zweiter Ebene) oder Mitarbeitergruppen
Regelmäßige, gezielte und professionelle Mitarbeiterbefragungen
Verbindliche Kommunikationspläne auf allen Ebenen (z. B. Jour fixe mit Mitarbeitern, Mitarbeitergespräche, Besuchspläne, Telefon-/Videokonferenzen nach wichtigen Entscheidungen/Ereignissen), die auch Bestandteil von Zielen, Beurteilungen und Kompensation sind
Schaffung von Standardinformationsinstrumenten, z. B. Führungsbriefen, Standardinformationspaketen bei wichtigen Entscheidungen zur Sicherstellung eines Minimums an gleichlautenden Informationen, Kommunikationsvorschlag bei jeder wichtigen Entscheidungsvorlage
„Kaskaden-Prinzip“ bei wichtigen Entscheidungen und Veränderungen: Kommunikation der Entscheidungen jeweils zwischen dem Vorgesetzten und seinen Mitarbeitern auf allen Führungsebenen mit dem Ziel eines gemeinsamen Verständnisses und der erforderlichen Schritte (siehe Abb. 3)
Institutionalisierung einer Kommunikation von unten nach oben, z. B. betriebliches Vorschlagswesen, „Offene-Wort“-Programme, Kummerkasten, elektronische Briefkästen, Qualitätszirkel oder regelmäßige Besuche vor Ort („town hall meeting“, „management by walking around“)
Schaffung einer Gesamtverantwortung für interne und externe Kommunikation
Es werden auch Grenzen der Kommunikation gezogen, z. B. wenn
Kommunikation zum Selbstzweck wird und keine Ziel- und Ergebnisorientierung aufzeigt,
sie die Mitarbeiter überfordert (zu viel des Guten und nicht adressatenbezogen) oder
Offenheit nicht erwidert oder sogar missbraucht wird.11
Eine so verstandene und angewandte Kommunikation ist die wichtigste Führungsaufgabe auf allen Ebenen des Unternehmens.
Welche Qualität der Kommunikationsprozess hat und ob das Führungskonzept und die Führungsgrundsätze auch tatsächlich gelebt werden, muss natürlich auch kontrolliert werden. Auch hier ist das klassische Instrument eine regelmäßige, gezielte Befragung der Mitarbeiter und auch der Führungskräfte selbst. Die Auswertung der Mitarbeitergespräche, 360-Grad-Bewertungen oder auch gezielte Gespräche und Interviews mit Beteiligten können diese Maßnahmen ergänzen. Am wirksamsten ist allerdings, die Kommunikation selbst zum Gegenstand der regelmäßigen Dialogveranstaltungen, Führungs- oder Mitarbeitertreffen zu machen, möglichst mit Moderation durch Dritte.
Zu den Rahmenbedingungen, die erheblichen Einfluss auf die Leistung der Mitarbeiter und den Erfolg des Unternehmens haben, gehören auch die im Unternehmen gelebten Werte und die damit verbundene Unternehmenskultur. Dies belegt eine Vielzahl von empirischen Untersuchungen und Befragungen von Managern.
Werte und Unternehmenskultur