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Arlo, ein halbwüchsiger Hund, genießt endlich das sorgenfreie Leben mit seiner Familie und seinen Freunden auf einer spanischen Finca. Eines Tages ist es jedoch plötzlich mit der Ruhe vorbei, als mehrere kleine Hunde aus der Gegend als vermisst gemeldet werden. Bald wird allen klar, dass ein skrupelloser Hunderäuber dahinter steckt. Arlo und seine Schwester Alma müssen versuchen, den Aufenthaltsort dieser Hunde zu finden und sie zu befreien, wobei sie selber ins Visier des Hunderäubers geraten. Der erste Roman über Arlo und Alma hieß "Welpenretter".
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Seitenzahl: 396
Veröffentlichungsjahr: 2023
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SUCH ALMA!
DER UNERWARTETE BESUCHER
VERKAUFT DOCH DIE HUNDE!
ES RIECHT NACH ANGST
WER SPIONIERT UNS NACH?
SIE VERSCHWINDEN SPURLOS
EIN GEISTESBLITZ VON LUNA
DIE SPUR DES HUNDERÄUBERS
VERDÄCHTIGUNG GEGEN STEFAN
GÄSTE IN DER NACHT
KEIN RISIKO EINGEHEN!
DAS MEER UND SEINE KROKODILE
EIN MANN MIT KRATZERN
DIE KATASTROPHE
DER BÖSE GREIFT AN
VIELE GESCHENKE
DAS ROCKEN WIR ZUSAMMEN!
DER TUNNEL ZUR GEFAHR
DAS WOHNMOBIL DER WERTLOSEN
WENN DER WAGEN SCHWIMMEN KANN
NICHT DIESER ORT!
ENTTARNUNG
WIR MÜSSEN HILFE HOLEN!
DAS HAUS DES MONSTERS
PURE VERZWEIFLUNG
ALMA! NEIN!
OHNE TORAN VERLOREN
KEIN FEIGLING!
ES GIBT KAUM HOFFNUNG
NOCH EIN PROBLEM
WER HAT ANGST VOR EINEM KATERCHEN?
WIR WERDEN SIE AUSTRICKSEN!
ZWEI WOCHEN SPÄTER
Ich werde meine Schwester niemals wiederfinden können. Der Pinienwald, in dem Alma verschwunden war, war riesig und voll von fremden Gerüchen. Als ich daran dachte, was für viele Gefahren ihr drohten, wurde mir fast schlecht. Was habe ich mir nur dabei gedacht, bei diesem blöden Spiel mitmachen zu wollen und das Leben meiner Schwester zu gefährden? Alma war zwar ziemlich mutig, aber noch kleiner als ich und dazu noch blind. Ohne mich war sie verloren, wie konnte ich nur so dumm sein? Sogar die gelbe Weste, auf die ich zuerst so stolz gewesen war, drückte nur unangenehm und der Aufkleber "Rettungshund" schien mich regelrecht zu verspotten. Alma!
»Was ist nun, Arlo? Bist du nervös?« Terri stand neben mir und streichelte mich kurz über den Kopf. Allerdings, du Menschenmädchen, aber das wäre wohl jeder, der soeben seine liebe Schwester für immer verloren hat - und das nur wegen einem Spiel! Ich fing an, leicht zu zittern.
»Das schaffst du sicher, das ist nur die Aufregung, weil es diesmal keine Übung mehr ist.« Genau, es ist keine Übung, sondern bitterer Ernst! Sie hatte ja gut reden, ein Mensch kann eh nichts riechen und war somit für eine Suche nach irgendetwas vollkommen nutzlos. Kein Wunder, dass die Menschen dauernd etwas verlieren, und dann war das Geschrei immer groß. Aber im Unterschied zu irgendwelchen Schlüsseln und Brillen oder was auch immer hatte ich soeben meine Schwester verloren! Um mich etwas zu beruhigen, gähnte ich ein paar Mal.
Obwohl ich ganz genau wusste, wie Alma riecht, musste Terri wieder mit der Plastiktüte mit Fellbüscheln von meiner Schwester vor meiner Nase herumwedeln. »Schau, Arlo! Die Prüfung beginnt! Riech' mal kurz und - such Alma!«
Such Alma! Den Befehl hatte ich bei den Übungen so oft gehört und war immer erfolgreich gewesen. Das war aber nicht in so einem großen, fremden Wald passiert, wo trotz des Schattens die Sonne immer noch fast unerträglich heiß war. Angeblich wegen der Hitze waren wir eben zu diesem Wald gegangen, aber die Menschen müssten doch wissen, dass auch der Herbst in Spanien sehr warm war. Hätten sie bloß diese dämliche Prüfung verschoben! Plötzlich fiel mir auf, dass es tatsächlich mehrere Menschen waren - nicht nur Terri, sondern auch die Silva als Prüferin und Opa Gerhard, der mit Alma in diesem Wald verschwunden war. Das bedeutete, dass Alma nicht allein war! Dass ich nicht daran gedacht hatte! Augenblicklich beruhigte ich mich und versuchte mich zu konzentrieren.
Ein paar Mal lief ich schnüffelnd hin und her. Doch bald hatte ich tatsächlich die Spur von Alma gefunden. Es war so leicht dieser zu folgen, dass ich mich für meine Nervosität fast schämte. Ich hätte daran denken müssen, dass ich doch sehr begabt war und so eine Aufgabe kaum der Mühe wert war. Vielleicht war ich bald sogar der beste Spürhund der Welt oder zumindest in Spanien! Wie sie es auch immer schaffte, spukte Alma augenblicklich in meinen Gedanken und schien ihren Kopf zu schütteln. Was ist, Schwesterchen? Stimmt doch alles, mit falscher Bescheidenheit kommt Hund in dieser Welt nicht weit, besonders wenn man auch noch so klein wie unsereins ist. Als ich stolperte und fast über einen Ast fiel, wünschte ich mir zum tausendsten Mal, doch etwas größer zu sein.
»Lass dir Zeit, Arlo!«, rief Terri hinter mir. »Du hast ja Zeit. Nicht dass du dir wieder ein Bein brichst!«
Vielen Dank auch für die Erinnerung. Wohl gemerkt, ich habe mir nichts gebrochen - unser früherer Besitzer, ein Monster mit dem Namen Rodriguez, hatte durch einen Tritt mein Bein gebrochen. Daran wollte ich nun gar nicht denken, wir hatten diese furchtbare Zeit bei ihm überstanden und auch mein Bein war nach einer Operation endlich wieder verheilt. Warum musste Terri mich ausgerechnet jetzt stören? Sie sollte wissen, dass sogar eine Supernase wie ich bei so einer wichtigen Prüfung absolute Ruhe und Konzentration braucht. Wieder spürte ich Almas mahnenden Blick - oder sah sie mich schon tatsächlich? Ich schaute mich um, aber sah nur Bäume und Büsche. Weiter der Spur folgend lief ich durch die Bäume weiter.
Bald entdeckte ich Alma und Opa Gerhard hinter einem Busch und hörte sie leise kichern. Beim Versteck spielen war sie eh nicht zu gebrauchen, weil sie fast nie still sein konnte. Aber nun war sie ja als vermisst gemeldet und ich der mutige Retter in Not, also ich hätte etwas mehr Ernsthaftigkeit von ihr erwartet. Fast wäre ich direkt zu ihr gelaufen, aber im letzten Moment fiel mir ein, dass ich ja anzeigen musste, dass ich das Zielobjekt gefunden hatte. Ich bremste aus voller Fahrt und landete natürlich kopfüber auf der Erde. Na toll, das war ja eine elegante Bruchlandung! Alma kicherte nun lauter, ich warf ihr einen bösen Blick zu, schüttelte mich und setzte mich hin. Dabei schaute ich in ihre Richtung, so wie es sich gehört.
Terri kniete sich neben mich und streichelte meinen Kopf, was ich neuerdings sogar genoss. Nach der Zeit bei dem Monster wollte ich lange nicht, dass irgendein Mensch mich anfasst. Eine Hand war ja nur dazu da, uns weh zu tun, dachte ich damals. Noch besser als diese Streichelei würde ich allerdings eine essbare Belohnung finden. Terri kramte kurz in ihrer Tasche.
»Da, Arlo, guter Junge! Ein extragroßes Leckerli für die gute Leistung!« Anscheinend hat das Wort extragroß für sie eine andere Bedeutung als für mich, aber besser als nichts.
Alma hüpfte um mich herum und war kaum zu bremsen. »Ich musste irre lange und ganz still dort hinter dem Busch sitzen!« Ich verdrehte die Augen, wie so oft bei ihr. Es waren vielleicht zehn oder fünfzehn Minuten gewesen, für einen normalen Hund kein Problem, aber das sagte ich nicht laut. Ich hatte heute meinen freundlichen Tag, hätte ich meine Schwester ja beinahe verloren, aber durch meine ausgezeichneten Fähigkeiten hatte ich sie wiedergefunden. »Arlo! Du brauchst auch nichts zu sagen, ich weiß eh, was du gerade denkst!« Ich seufzte.
Silva eilte zu uns. »Das hat Arlo aber gut gemacht. Die erste Prüfung hat er mit Bravour bestanden.« Ich fühlte mich gleich mindestens zwei Zentimeter größer und dachte, dass ich doch die gelbe Rettungshundeweste verdient hätte, bis Silva mich von meinem Podest herunterholte. »Für so einen jungen Hund - er ist ja erst - wie alt? Zehn Monate? - ja, für so einen jungen Hund war es eine ausgesprochen gute Leistung. Wenn ihr weiter mit ihm übt und er an weiteren Prüfungen teilnimmt, wird er in ein paar Jahren mit seiner Ausbildung zum Tiersuchhund sicher Erfolg haben.« Weitere Prüfungen - in ein paar Jahren? Ich seufzte erneut. Aber sie musste es ja wissen als ehrenamtliche Leiterin der hiesigen Rettungshundestaffel.
Noch bis vor kurzem haben wir Silva Frau Doktor Heising genannt, das hat sogar ihre eigene Hündin, Condesa, so gemacht. Sie ist Ärztin an der Tierklinik hier in der Stadt und hat unsere Eltern und uns behandelt, nachdem wir uns aus den Fängen unseres früheren Besitzers, diesem Tierquäler, befreien konnten und auf der Finca Assisi landeten, wo Terri mit ihren Großeltern lebt. Seit Silva unsere älteren Geschwister adoptiert hat, sehen wir Condesa und sie viel öfter, wobei wir beobachtet haben, dass Silva doch nicht so unnahbar ist, wie vermutet. Condesa ist eine reinrassige spanische Galga, die früher kein schönes Leben bei einem Jäger hatte. Seit sie durch unsere Geschwister Gesellschaft bekommen hat, ist sie selbst irgendwie entspannter geworden. Ich hoffte, dass sie bald wieder zu Besuch kommen würden.
Opa Gerhard zog mir die gelbe Weste aus, als Zeichen dafür, dass die Arbeit für diesmal beendet war. Ich schüttelte mich noch kurz und fing an, mit Alma fangen zu spielen, obwohl es in so einem Wald nicht so gut klappte. Ich musste sie dauernd auf irgendwelche Äste und Wurzeln, ja sogar auf Bäume aufmerksam machen, was irgendwie das Spielen anstrengend machte. Nach einer Weile hatte sie keine Lust mehr, weil sie trotz meiner Warnungen zwei Mal fast gegen einen Baum gerannt wäre. Die Menschen brachen auf und wir schlenderten langsam zurück zu den Autos. Alma wirkte auf einmal ziemlich betrübt.
»Es muss schön sein, wieder gesund zu werden und dazu noch so eine wichtige Ausbildung machen zu dürfen. Ich kann ja nur den Köder spielen oder gegen Bäume laufen.«
Sie drehte ihren Kopf weg, aber ich hatte schon gesehen, dass ihre Augen trüb wurden. Oder noch trüber als sonst. Dieses Monster Rodriguez hatte sie als Baby gegen die Wand geschleudert, was sie zwar überlebt hat, aber ihr Augenlicht ist unwiderruflich verloren . Sie würde nie mehr sehen können. Ich hatte nur ein gebrochenes Bein, was natürlich schmerzhaft war, aber heilbar. In diesem Moment tat sie mir wirklich leid. Wir waren erst zehn Monate alt, hatten in dieser Zeit aber schon sehr viel Schlimmes erlebt. Doch Alma ist trotzdem eine Frohnatur geblieben. Sie nun so tieftraurig zu sehen war für mich sogar schmerzhafter als jegliche körperliche Verletzung.
Ich stupste Alma leicht. »Du kannst aber vieles, wovon andere nur träumen können!« Sie schniefte nur. »Komm, Alma! Zum Beispiel erkennst du viel besser als jeder andere, wie jemand sich fühlt. Und du kannst jeden so gut aufheitern, viel besser als ich. Das musst du doch zugeben, so kläglich wie mein Versuch ist, dich aufzuheitern.« Endlich lächelte sie leicht.
»Mag ja sein, Arlo. Aber ich möchte auch irgendetwas Nützliches machen, nicht nur einen Hampelhund spielen, damit andere lachen können.« Wenigstens erkannte sie selbst, wie hibbelig sie meistens war, das sagte ich aber in dem Moment nicht laut.
»Ja, ich weiß, was du meinst. Aber du kannst nach deinem Unfall zum Beispiel viel besser riechen als ich. Das haben wir schon öfter festgestellt. Vielleicht könntest du auch an dieser Ausbildung zum Rettungshund teilnehmen, das wäre doch etwas für dich.«
Dass wir nicht schon früher daran gedacht hatten, konnte ich plötzlich gar nicht mehr nachvollziehen. Wahrscheinlich bin ich so stolz auf meine schöne gelbe Arbeitsweste gewesen, dass ich nicht bemerkt habe, wie traurig Alma darüber war.
»Wie soll das denn gehen? Ich würde doch nur gegen alles Mögliche rennen und niemandem nützen.« Zwar hörte sie sich noch etwas traurig an, aber auch ein wenig hoffnungsvoll. Ja, wie sollte das denn eigentlich gehen? Es musste mir schnell etwas einfallen, sonst wäre es besser gewesen, wenn ich gar nichts gesagt hätte. Ich schaute mich um und sah, wie Terri am Auto die Ausrüstung in den Kofferraum legte. Und da hatte ich die Lösung unseres Problems! Ich lief aufgeregt um Alma herum.
»Du brauchst nichts sehen, weil du - genau wie ich auch - bei der Suche an der Leine bist! Die Menschen nennen sich ja Hundeführer - und das sollten sie dann auch machen, dich führen!«
Alma fing an, zuerst mit den Vorderpfoten und dann mit den Hinterpfoten zu trippeln. Da hatte ich meine fröhliche Schwester wieder. »Oh Arlo, vielleicht könnte das tatsächlich klappen. Ich würde es so unheimlich gerne versuchen. Riechen kann ich ja wirklich gut. Aber wie sollen wir es den Menschen erklären?«
Ich bat sie kurz zu warten und lief zu Opa Gerhard, der meine Weste noch in der Hand hielt. Ganz schnell sprang ich hoch und schnappte nach der Weste, die Opa Gerhard überrascht fallen ließ. »Was...?« Ohne weitere Erklärungen lief ich zurück zu Alma und warf die Weste über sie.
»Nun lauf' schnüffelnd herum und tu so, als wenn du etwas suchen würdest!« Alma sah zwar etwas albern aus, aber ich hoffte, das würde funktionieren. Die Aufmerksamkeit der Menschen hatten wir in jedem Fall.
»Schau mal, Terri, was die Kleinen da veranstalten. Ich glaube, sie versuchen uns etwas zu sagen. Sollte Alma vielleicht auch irgendeine Weste bekommen, wenn sie so gerne Kleidung trägt?« Nein, Opa, streng' dich doch ein bisschen an. So schwer kann es doch nicht sein.
Terri kam zu uns. »Ich glaube, es ist etwas anderes. Kann es sein, dass Alma genau so eine Weste haben möchte? Ein Rettungshund werden möchte?« Alma sprang vor lauter Aufregung an Terri hoch und versuchte ihre Hand zu lecken. Ich bellte zweimal kurz und wedelte mit dem Schwanz. Ganz so dumm war das Menschenmädchen ja nicht. »Glaubt ihr, dass das machbar wäre?« Sie schaute zu Opa Gerhard und Silva, hockte sich hin und ließ Alma auf ihren Schoß springen.
Opa Gerhard sah ziemlich ratlos aus, aber Silva nickte zustimmend. »Das ist zwar außergewöhnlich wegen ihrer Behinderung, Terri, aber wenn man dabei einige Sachen berücksichtigt, warum eigentlich nicht. Ich nehme an, du würdest Alma dann führen und quasi als ihre Augen fungieren. Das alles muss natürlich gut geübt werden, aber mit etwas Geduld sollte man das hinbekommen. Es sieht ja so aus, als wenn sie bei unserer Gruppe wirklich gerne mitmachen möchte. Und so ein Hobby tut dem Mensch-Hunde-Team nur gut.« Ich freute mich so sehr für meine Schwester, die die Streicheleinheiten von Terri genoss.
»Na dann müssen wir schauen, wo wir so eine winzige Weste finden können. Sie ist ja noch ein Stück kleiner als Arlo.« Opa Gerhard lächelte uns an, aber ich wurde augenblicklich etwas sauer. Das Wort klein hörte ich gar nicht gerne im Zusammenhang mit meinem Namen. Ich konnte nichts dafür, dass unsere Eltern ein Chihuahua und ein Cavalier King Charles Spaniel waren. Diese Mischung gibt es dann halt nur in unserer Größe. Vielleicht war ich deswegen etwas empfindlich, aber ich hatte es manchmal wirklich satt, dass ich immer der Kleinste war. Na ja, außer Alma, sie war schon als Baby ein Winzling gewesen.
Luna, die Hündin von Opa Gerhard und Oma Martha, hatte dagegen die passende Größe für meinen Geschmack. Sie war eine Wolfshündin und für uns eine sehr gute Freundin. Eigentlich ist sie bei unseren Übungen immer dabei, aber heute wurde wohl wegen meiner ersten Prüfung eine Ausnahme gemacht, damit ich mich gut konzentrieren konnte. Sonst hätte ich sie sicher gebeten, mir bei der Suche zu helfen, besonders als ich zuerst dachte, dass ich Alma tatsächlich verloren hatte. Das war schon ein bisschen dumm von mir gewesen, musste ich zugeben.
»Kommst du noch mit zu uns, Silva?«, fragte Opa Gerhard. Meistens fuhren wir nach dem Training alle zusammen auf die Finca, um noch gemütlich zusammen zu sitzen. Das war immer lustig, besonders wenn die anderen Hunde dabei waren. Wir konnten dann schön mit unseren Freunden im Garten spielen oder sogar in das Schwimmbecken springen. Und Terri gab allen immer ein Leckerli - bei dem Gedanken lief mir schon das Wasser im Mund zusammen.
»Heute kann ich leider nicht«, bedauerte Silva. Ob wir nun trotzdem die Leckerlis bekommen würden, dachte ich etwas enttäuscht. »Ich muss später noch arbeiten und vorher wollte ich die Hunde noch füttern und rauslassen.« Bei ihr gab es wenigstens etwas zu essen und ich überlegte kurz, ob ich lieber in ihr Auto springen sollte, aber dann erinnerte ich mich daran, dass wohl auch auf uns ein Abendessen wartete.
»Hast du heute auch noch Dienst, Terri?« Terri hatte vorher ein Praktikum in der selben Tierklinik absolviert und nun hatte sie dort vor kurzem einen Ausbildungsplatz bekommen. Sie wollte Tierarzthelferin werden, was ich schon ganz nützlich fand. Doch ich glaube, sie wollte vor allem deswegen in Spanien und eben in der Klinik bleiben, weil ihr Freund dort ebenfalls arbeitete.
Wir wollten gerade ins Auto steigen, als das Handy von Opa Gerhard klingelte. »Das ist Martha. Was sie wohl hat? Ja, hallo!« Opa Gerhard hörte kurz zu und machte dabei ein erstauntes Gesicht. »Was macht der Stefan denn hier? Ich dachte, er sitzt noch im Gefängnis.«
Opa Gerhard lenkte den Wagen viel zu schnell durch die vielen Kurven. Ein bisschen Rücksicht auf unsereins hätte er schon nehmen können, weil mir ja immer beim Fahren schlecht wurde. Meistens half mir, wenn ich durch das Fenster schauen konnte, aber diesmal wackelte das Auto zu sehr. Er hatte es aber wirklich eilig. Als ich hörte, was er gerade erzählte, konnte ich das jedoch gut verstehen.
»Stefan Schneider ist mein Neffe aus Deutschland, der Sohn von meinem Bruder. Ich glaube, du hast ihn noch nie getroffen.«
Terri schüttelte den Kopf. »Nee, habe ich nicht. Onkel Siegfried habe ich auch nur zwei oder drei Mal in meinem Leben getroffen.«
»Ja, sie interessieren sich nicht so für die Verwandtschaft, aber es ist mir mittlerweile ziemlich egal. Deswegen bin ich etwas überrascht, dass der Stefan nun hier auftaucht.« Er gab noch mehr Gas und ich fürchtete, dass wir bald im Graben landen würden. Alma war neben mir eingeschlafen, wie immer. »Es gefällt mir ganz und gar nicht, dass Martha alleine mit ihm auf der Finca ist. Er hat etwas Unaufrichtiges an sich, und schon immer gehabt. Ein komischer Vogel. Aber ich dachte wirklich, er wäre noch im Gefängnis.«
»Wieso eigentlich im Gefängnis? Was hat er denn getan?« Terri wirkte auf einmal etwas besorgt, wohl von Opa Gerhards Nervosität angesteckt. Vielleicht war dieser komische Stefan sogar ein Mörder oder noch schlimmer, ein Tierquäler wie unser Monster. Terri wollte so einen bestimmt nicht in ihrem Zuhause haben, ich mit Sicherheit auch nicht. Seit dem Unfalltod ihrer Eltern vor ein paar Jahren lebte sie in Spanien bei ihren Großeltern auf der Finca, was auch unser Glück war. Sogar ich erlaubte ihr neuerdings, mich manchmal zu streicheln, was ich insgeheim genoss, aber nie laut sagen würde. Oma Martha und Opa Gerhard mussten nicht mehr arbeiten, weil sie so graue Haare hatten, und waren aus diesem Deutschland hierher ausgewandert. Wie ich gehört habe, war es ein ziemlich langer Weg von dort nach Spanien und es wunderte wohl alle, wieso dieser Stefan auf einmal hierhin gekommen war.
»Er ist schon als Jugendlicher straffällig geworden.« Opa Gerhard schüttelte den Kopf. »So genau weiß ich das alles auch nicht. Nur dass er die Auflagen für seine Bewährungsstrafe verletzt hatte und letztendlich im Gefängnis landete. Es ging wohl um Betrug in mehreren Fällen.«
Na immerhin kein Mörder, wobei mir einfiel, dass die Frau von dem Monster wegen Betruges ebenfalls im Gefängnis saß. Carla und José Rodriguez hatten illegalen Welpenhandel im großen Stil betrieben und durch unsere Befreiungsaktion wurden sie endlich entlarvt. Aber es konnte doch nicht sein, dass dieser Stefan etwas mit denen zu tun hatte, oder doch? Wie ich am eigenen Leib habe erfahren müssen, gab es unter Menschen wahrhaftig genügend Lügner und Betrüger. Ich schubste Alma leicht, damit sie mitbekam, worum es ging.
Alma gähnte ausgiebig. »Was ist nun? Sind wir schon auf der Finca? Ich muss Mama und Papa sofort erzählen, dass ich auch bei den Rettungshunden mitmachen darf. Und Luna! Luna wird sich sicher freuen, dass ich immer mit euch fahren kann. Hast du schon Hunger? Ich könnte heute gut zwei Portionen vertragen, das ist alles so furchtbar aufregend, oder?«
Alma quasselte wie immer noch ein paar Minuten weiter, bis ich sie streng anschaute, was sie offenbar spürte und so endlich still wurde. Ich erzählte ihr, was ich über diesen komischen Besuch aus Deutschland erfahren hatte.
»Oh ein Betrüger? Ob er aus dem Gefängnis ausgebrochen ist und hier nun Zuflucht sucht?« Alma machte große Augen und leckte ihre Lippen, um sich zu beruhigen. Dass er ein Flüchtiger sein könnte, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Vielleicht war er gefährlich und wollte Opa und Oma erpressen oder so, vielleicht versteckte er sich für immer auf der Finca und wir konnten nie mehr raus - oder vielleicht brachte er uns alle um, um in Ruhe alleine dort leben zu können!
Ich fing an, wirklich nervös zu werden, aber ich hatte wohl zu viele Krimiserien mit Opa und Oma geschaut. Mama hatte mich öfter ermahnt, dass diese Sendungen zwar nicht die Realität seien, aber trotzdem zu spannend für mein Alter. Hätte ich bloß auf sie gehört! In den Serien gewinnen immer die Guten, aber Mama hatte ja gesagt, sie seien nicht realistisch - also in Wirklichkeit könnten ebenso die Bösen gewinnen.
Es war wohl besser, wenn wir gar nicht zurück auf die Finca fuhren. Bevor ich versuchte, Opa Gerhard und Terri auf mich aufmerksam zu machen, dachte ich jedoch an die anderen Bewohner der Finca. Sie wären dann diesem Verbrecher völlig ausgeliefert - das durfte natürlich nicht passieren. Auf unsere Rückkehr warteten ja nicht nur Oma Martha, Luna und unsere Eltern, sondern auch Tante Rosa mit unseren zwei Cousinen, die noch viel jünger als wir waren. Und viel kleiner. Außer Luna waren wir alle klein, viel zu klein. Ob Luna alleine alle verteidigen konnte, wusste ich nicht mit Sicherheit. Wir konnten sie nicht im Stich lassen. Ich zitterte leicht und versuchte ruhig zu atmen, um nicht vollkommen panisch zu werden.
Alma legte ihre Pfote auf meine. »Das wird ja wieder ein Abenteuer!« Kaum zu glauben, aber sie war tatsächlich positiv aufgeregt. Ob sie wieder eine ihrer Visionen hatte, wodurch sie wissen konnte, dass alles letztendlich gut wird? Ich wusste immer noch nicht, ob ich an diese glauben sollte. Doch dass sie meistens wissen, fühlen oder meinetwegen nur erraten konnte, was ich dachte, war schon öfter bewiesen worden. »Wir sind diesmal nicht alleine, Arlo. Wir haben um uns sogar Menschen, die uns beschützen werden. Und alle unsere Kumpels dazu!« Ich musste ihr recht geben und beruhigte mich langsam wieder.
Als wir durch das Tor auf den Parkplatz der Finca fuhren, sahen wir dort ein ziemlich großes Auto stehen. Es sah aus wie ein Transporter. Es hatte aber viel mehr Fenster und keine Türe hinten, sondern eine auf der Seite. Das Dach wirkte so als wenn es vorne irgendwie geschwollen wäre. So etwas hatte ich noch nie gesehen.
Opa Gerhard parkte neben diesem komischen Wagen. »Ach, Stefan ist mit einem Wohnmobil unterwegs, das ist natürlich praktisch.« Er und Terri stiegen aus und gingen in Richtung Finca, vollkommen furchtlos, wie es schien. Aber dass das ein Wohnmobil sein sollte, leuchtete mir ein. Also so, wie ein kleines Haus auf Rädern. Ich erklärte Alma, was für ein Auto dort stand, und sie ging näher heran, um zu schnüffeln. Ich folgte ihr, konnte aber nichts Besonderes erkennen, doch Alma schreckte plötzlich auf.
»Da stimmt etwas nicht, Arlo! Komm sofort da weg!«, schrie sie gar nicht mehr positiv aufgeregt. »Ich rieche Angst und Verzweiflung - in diesem Wagen muss etwas ganz Schlimmes passiert sein, und zwar hat es mit Hunden zu tun!« Sie lief fast panisch auf die Finca zu und ich folgte ihr, obwohl ich wirklich nichts Besonderes riechen konnte. Das hörte sich alles andere als gut an - wer war dieser Stefan und was ist dort mit irgendwelchen Hunden geschehen?
Als erstes sah ich Oma Martha mit Luna an einem Gartentisch vor der Finca sitzen. Ihr gegenüber saß ein blonder Mann, der ein weißes T-Shirt und braune Stoffhosen trug. Als er uns bemerkte, lächelte er breit und stand auf. Ich blickte mich schnell um, um zu sehen, wo alle anderen waren und entdeckte sie auf der Terrasse einige Meter entfernt. Das war schon mal gut. Als dieser Stefan uns entgegenkam, machte er zuerst einmal einen ganz normalen, ja sogar sympathischen Eindruck. Alma jedoch blieb wie angewurzelt stehen! Ich wartete neben ihr ab, was nun passierte.
»Ach Onkel Gerhard, da bist du ja! Lange nicht mehr gesehen was? Und du musst die kleine Terri sein, obwohl so klein bist du nun auch nicht mehr!« Er lachte auf und fand sich wohl mit seinen Floskeln sehr witzig. Opa Gerhard und Terri lächelten etwas halbherzig, umarmten den Mann jedoch kurz.
»Ja, Stefan, es ist wirklich lange her. Es ist sehr schön, dich wiederzusehen! Entschuldige, wenn ich sofort fragen muss - wieso hat dich dein Weg auf einmal zu uns geführt? Das ist ja tatsächlich eine große Überraschung. Lass uns doch wieder hinsetzen, dann kannst du alles in Ruhe erzählen. Wie ich sehe, hat Martha dir schon eine Erfrischung angeboten. Sehr schön!« Wir gingen vorsichtig näher und flitzten schnell an dem Tisch vorbei zu unseren Eltern.
Alma setzte sich direkt neben Mama hin und drückte ihren kleinen Kopf an Mamas Schulter. Papa sah mich fragend an, aber ich zeigte nur mit meinem Kopf auf Stefan. »Wir erklären gleich alles, Papa! Lass uns zuerst hören, was der Mann zu sagen hat.«
Nachdem dieser Stefan ausgiebig über seine Eltern berichtet und einen Monolog darüber gehalten hatte, wie schön die Finca Assisi war und wie viel Glück im Leben Oma und Opa gehabt hatten und wie schwer sein eigenes Leben schon immer gewesen ist - worauf die anderen nur mit irgendwelchen Grunzlauten reagierten - kam er, auf Drängen von Opa Gerhard, endlich zur Sache.
»Ich habe tatsächlich geschäftlich hier in der Gegend zu tun. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich für eine Weile ins Gefängnis musste. Darauf bin ich wahrlich nicht stolz, aber es hat mich verändert - ich habe meine Lektion gelernt und werde von nun an dafür sorgen, dass ich nie mehr da rein muss.« Er lächelte breit. Oma und Opa nickten und wir wechselten einen Blick mit Luna, die leicht ihren Kopf schüttelte. Ihr war wohl auch aufgefallen, dass irgendetwas mit diesem Mann nicht stimmen konnte.
»Im Gefängnis hatte ich endlich die Zeit und die Möglichkeit, meine technische Ausbildung abzuschließen«, fuhr er fort. »Einfach war das nicht, aber es hat sich gelohnt. Durch einen Bekannten von Bekannten, der wohl an zweite Chancen glaubt, habe ich es geschafft, diesen Job zu bekommen. Ich exportiere Ersatzteile aus Deutschland für viele technische Anlagen und helfe sogar bei deren Reparaturen. Das ist eine sehr interessante Aufgabe, finde ich. Und ich kann sogar etwas Gutes tun - immer wenn ich zurück nach Hause fahre, nehme ich Hunde von verschiedenen Tierschutzvereinen mit. Dafür musste ich noch eine Zusatzausbildung machen, aber diese ehrenamtliche Aufgabe ist wirklich belohnend. Ist doch schön, wenn ehemalige Straßenhunde neue Familien finden, oder?«
Er ließ sich gar nicht unterbrechen und wirkte sehr zufrieden mit sich. Bevor ich mit den anderen darüber diskutieren konnte, was sie über diesen angeblichen Tierfreund dachten, musste er natürlich weitersprechen, obwohl Opa Gerhard gerade etwas sagen wollte.
Stefan hob abwehrend seine Hand. »Ja, ich weiß, das ist alles sehr aufregend und für mich ganz neu. Aber ihr möchtet ja wissen, warum ich hier bei euch gelandet bin. Also, ich brauche leider etwas Hilfe und da ich wusste, dass ihr hier lebt, dachte ich, dass es am einfachsten wäre, zu euch zu fahren.«
»Was ist denn nur passiert?«, konnte Opa Gerhard dazwischenwerfen. »Natürlich werde ich meinem Neffen helfen, wenn es mir irgendwie möglich ist.«
Stefan lächelte erleichtert oder meines Erachtens eher gekünstelt. »Vielen Dank, lieber Onkel. Es ist nämlich etwas Doofes geschehen. Ich war auf dem Weg von Südspanien zurück nach Deutschland und fuhr gerade an diesem wunderbaren Strand hier in der Nähe vorbei. Da es heute wieder so warm ist, wollte ich mich kurz im Meer abkühlen. Blöderweise vergaß ich den Wagen abzuschließen und dann, als es mir wieder einfiel, war es zu spät: Geldbeutel weg, Navi weg...«
»Ach, du Schande!«, stöhnte Oma Martha. »Das war aber Glück im Unglück, dass das hier in der Nähe passiert ist. Ohne Geld, ohne Papiere und vor allem ohne Benzin ist es ja vollkommen unmöglich, die ganze Strecke zurück nach Deutschland zu fahren. Natürlich helfen wir dir gerne, Stefan!«
Sie reckte sich vor und tätschelte kurz seinen Arm. »Außerdem finde ich es sehr bemerkenswert, dass du nach deinen Schwierigkeiten so einen Neuanfang hinbekommen hast. Uns freut es sehr, dass du sogar noch die Kraft findest, Hunden aus dem Tierschutz zu helfen. Wie du unschwer erkennen kannst, liegt auch uns das Tierwohl besonders am Herzen.« Stefan sah nach diesen Worten sehr zufrieden mit sich selbst aus.
»Martha hat vollkommen recht«, betonte Opa Gerhard. »Selbstredend helfen wir dir, aber nur unter einer Bedingung!« Stefan hob fragend seine Augenbrauen. »Du musst unbedingt für ein paar Tage als unser Gast hier bleiben. Wir haben so viel nachzuholen und dein Vater wäre mir sicher sehr böse, wenn ich dich einfach so wieder fahren lassen würde.«
Stefan nickte eifrig. »Vielen herzlichen Dank, das bedeutet mir sehr viel! Ich hatte vor dem Vorfall eh vor, auf der Rückfahrt ein paar Tage Urlaub zu machen. Die vereinbarten Termine für die Abholung der Hunde - diesmal in Nordspanien - sind nämlich erst in ein paar Tagen. Ich würde sehr gerne etwas bei euch bleiben.«
Opa Gerhard schaute Terri an. »Du hast sicher nichts dagegen, wenn Stefan ein paar Nächte dein Zimmer zur Verfügung gestellt bekommt, oder? Du könntest ja im Wohnzimmer auf dem Sofa schlafen.« Terri sah über die ganze Sache gar nicht glücklich aus, aber bevor sie etwas sagen konnte, funkte dieser Stefan wieder dazwischen.
»Oh nein, nein, das wird gar nicht nötig sein! Wozu hat man denn sein Wohnmobil dabei? Ich habe es zwar etwas umgebaut, um Platz für die Geräte und auch für die Hunde zu schaffen, aber ein Bett und eine kleine Toilette habe ich immer noch drin.« Stefan zwinkerte Terri zu, die immer noch schwieg, obwohl sie nun versuchte, ein kleines Lächeln zustande zu bringen.
Oma Martha erhob sich. »Das ist also abgemacht! Aber nun haben sicher alle Hunger, ich werde uns mal etwas zubereiten.« Sie ging in Richtung Küche und endlich wurde Terri lebendiger. »Warte Oma, ich helfe dir!« Sie lief ihr hinterher, aber ich hatte den Eindruck, dass sie eher mit Oma alleine sprechen wollte.
Luna schlenderte zu uns. Tante Rosa lag in ihrem Korb und bewachte den Schlaf ihrer Welpen. Alma erzählte flüsternd, um sie nicht zu wecken, was sie bei diesem Wohnmobil gerochen hatte. Danach saßen wir eine Weile schweigend zusammen, weil keiner wirklich wusste, was das alles zu bedeuten hatte. Sollte es der Geruch von den Hunden, die dieser Stefan angeblich immer wieder mitnahm, sein, der Alma so verstört hatte? Endlich räusperte Papa sich.
»Im Moment können wir eh nichts machen, wir wissen gar nicht, worum es geht. Wir müssen diesen Mann sehr genau beobachten und dafür sorgen, dass wir in Sicherheit sind und es auch bleiben. Wenn die Menschen ihm helfen wollen, sollen sie es tun. Aber er soll uns bloß nicht zu nahe kommen, irgendwie ist er überaus verdächtig.«
Papa schaute uns an. »Aber Kinder, erzählt doch nun endlich, wie es bei den Rettungshunden war. Hattest du nicht heute deine Prüfung, Arlo?«
Dankbar darüber auf andere Gedanken zu kommen, erzählten wir ausführlich, wie alles gelaufen war. Alma wurde munterer, als sie darüber berichtete, dass sie ebenfalls demnächst an dem Training teilnehmen durfte und vor allem, dass für sie auch eine gelbe Weste besorgt werden würde. Mama lächelte sie an und gab ihr ein Küsschen. Alma war wieder so gut drauf, dass sie mit ihren Pfoten trippelte - zuerst mit den vorderen, dann mit den hinteren, wie immer. Bis mir etwas einfiel.
»Ich möchte ja nicht ungemütlich werden, aber habt ihr gehört, was dieser Stefan gesagt hat? Er hatte ja ursprünglich gar nicht vor, auf die Finca zu kommen und ist hier auch nie zuvor gewesen. Und er erzählte noch, dass auch sein Navigationsgerät gestohlen wurde. Woher wusste er dann, wo sich unsere total abgelegene Finca befindet?«
Bevor wir uns noch weitere Gedanken über den überraschenden Besucher machen konnten, hörte ich das schönste Geräusch des Tages. Terri war dabei, unsere Näpfe für das Abendessen zu befüllen. Sogar die Welpen von Tante Rosa hatte ich so gut trainiert, dass sie bei diesem wunderbaren Klang sofort wach wurden. Wir waren wahrhaftig miteinander verwandt! Sie taten mir jedoch ein bisschen leid, weil ihre Futterportionen winzig waren. Kaum zu glauben, dass ich in dem Alter wahrscheinlich auch nur so wenig zu essen bekommen habe. Ich lief erwartungsvoll in die Küche. Die zwei Kleinen überholten mich sogar und rempelten mich dabei unsanft an.
»Hey, passt doch auf! Toni, Tina!« An deren Erziehung musste ich noch arbeiten. Kein Respekt vor dem Alter. Ich wollte die beiden ebenfalls schubsen, aber Mama mischte sich ein. »Lass gut sein, Arlo. Sie haben das ja nicht absichtlich getan - vor allem du solltest verstehen, wie sehr Hund sich auf das Futter freuen kann. Ihr Kinder braucht ja alle viel Energie, um groß und kräftig zu werden.«
Ich blickte zu Mama, um zu sehen, ob sie mich mit dem 'groß werden' auf die Pfote nehmen wollte, aber sie schien es ernst zu meinen. Vielleicht würde ich tatsächlich noch etwas wachsen, wenigstens waren Toni und Tina noch kleiner als ich.
Beim Essen bekam ich das im leisen Ton geführte Gespräch zwischen Terri und Oma Martha mit. »Wie gut kennt ihr diesen Stefan, Oma?«
»Na ja, wie gesagt, oft haben wir ihn oder seine Eltern nicht gesehen. Beim letzten Mal war er erst Ende zwanzig, nun müsste er schon fast vierzig sein. Also gut kennen wir ihn auf keinen Fall, aber er scheint sich doch positiv verändert zu haben. Damals war er ehrlich gesagt ein Taugenichts und stand immer mit einem Bein im Gefängnis. Als er dann verurteilt wurde, war das für niemanden eine Überraschung. Aber die Zeit dort drinnen hat ihm anscheinend gutgetan. Er macht auf mich einen ehrlichen und freundlichen Eindruck, doch.«
Oma Martha holte Nudeln aus dem Schrank und setzte einen Topf mit Wasser auf den Herd. »Kannst du bitte die Tomaten klein schneiden? Ein einfaches Nudelgericht sollte für heute reichen, ich habe schließlich nicht mit einem Gast gerechnet.«
Terri wusch die Tomaten und fing an, diese zu schneiden. »Ich weiß nicht so richtig, was ich von ihm halten soll.« Sie nickte mit dem Kopf in Richtung Stefan. »Das kommt mir alles irgendwie zu glatt vor - er ist für meinen Geschmack zu schmeichlerisch.«
»Nun, wenn jemand versucht freundlich zu sein und um Hilfe bittet, ist das doch nichts Negatives«, tadelte Oma Martha Terri. »Wie er selbst gesagt hat, hat jeder eine zweite Chance verdient.«
Terri wurde etwas verlegen und schwieg kurz. Ihre nächste Frage ließ uns alle aufhorchen. »Ja, vielleicht habe ich gewisse Vorurteile. Aber woher wusste er, wo wir wohnen? Insbesondere, wenn, wie er behauptet, sogar sein Navi geklaut worden ist?«
Oma Martha briet Zwiebeln in der Pfanne und zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich war ihm schon bekannt, wo wir ungefähr wohnen. Sicher hat er im Dorf herumgefragt, uns Ausländer kennt hier ja eigentlich jeder.«
Terri wirkte nicht überzeugt, sagte aber nichts mehr. Nur ihr Gesicht sah genauso sorgenvoll aus, wie wohl bei uns allen. Warum verdächtigten wir den Mann überhaupt - nur aufgrund Almas Behauptung, dass mit seinem Wohnmobil etwas nicht stimmte? Vielleicht hatte er mal unabsichtlich irgendein Tier überfahren und Alma hatte das gerochen, könnte doch sein. Wir gingen in den Garten und ich fragte bei Alma nach.
Sie wirkte fast beleidigt. »Nein, Arlo, ich habe nicht irgendein Tier an den Rädern gerochen. Ich habe die Angst von zahlreichen Hunden im Inneren des Wohnmobils gerochen und auch gefühlt! Im Moment sind dort keine Hunde drin, ich spreche ja von früher.«
»Könnte doch sein, dass da irgendein Vorbesitzer des Wagens etwas Schlimmes getan hat«, beharrte ich. »Das kann alles ein Zufall sein und wir verdächtigen diesen Neffen von Opa umsonst.«
Ich hatte keine Lust auf Schwierigkeiten. Mein gebrochenes Bein war erst vor kurzem wieder verheilt und ich war den Gips losgeworden. Außerdem hatten wir es endlich gut auf der Finca und konnten unser früheres, grausames Leben vergessen. Und ein tolles Hobby als zukünftige Rettungshunde hatten wir ebenfalls. Was kümmerten uns irgendwelche Hunde, die vielleicht irgendwann irgendwo etwas nicht so Schönes erlebt hatten? Ich fühlte Almas strengen Blick auf mir ruhen und schämte mich ein bisschen.
Ich seufzte. »Na gut, Alma, wenn du meinst, dass da irgendwas verkehrt ist, dann müssen wir wohl der Sache nachgehen. Ich habe nur keine Ahnung, wie wir das nun angehen sollen.«
Unsere Erwachsenen saßen alle zusammen und tauschten ihre Meinungen über den Besucher aus. Keiner von ihnen schien davon überzeugt zu sein, dass seine Geschichte stimmte. Sogar Luna, die manchmal etwas langsamer mit ihren Überlegungen war, hatte ihre Bedenken. »Als er ankam, wirkte Oma Martha gar nicht erfreut, obwohl sie das zu überspielen versuchte. Ich war selbstredend am Tor und beobachtete ihn beim Aussteigen aus seinem Wagen. Er blickte sich um, wobei ich den Eindruck hatte, als wenn er nach etwas suchen würde. Kann mich natürlich auch täuschen, aber er sah sehr grimmig aus. Erst als Oma Martha ihm entgegenkam, setzte er dieses Lächeln auf, welches er seitdem zur Schau stellt.«
Das hörte sich sehr verdächtig an. Wonach hat er wohl gesucht? Ich sah Oma Martha und Terri Geschirr und Töpfe zum Tisch tragen. Obwohl wir gerade erst gegessen hatten, überlegte ich, ob es sich lohnen würde, etwas näher zu gehen. Könnte doch sein, dass da für mich ein paar Nudeln übrig blieben. Allerdings bekam ich fast nie vom Tisch etwas ab, weil jemand behauptet hatte, dass man auf die Figur achten musste - und ausgerechnet auf meine Figur! Das fand ich schon beleidigend und unverschämt - die Menschen sollten lieber in den Spiegel schauen und überlegen, ob solche Kommentare mir gegenüber tatsächlich angebracht waren.
Oma Martha gab Stefan einen Teller und Besteck. »Nun greif mal zu! Du musst am Verhungern sein - nach so einer langen Fahrt und nach diesen furchtbaren Erlebnissen.«
Während Stefan anfing, mit gutem Appetit zu essen, betrachtete Opa Gerhard ihn. »Sag mal, du warst doch bei der Polizei und hast den Diebstahl angezeigt, oder?«
Stefan schaute nur kurz auf. »Nein, das habe ich nicht gemacht. Ich war ja selber schuld, weil ich das Wohnmobil nicht abgeschlossen habe.« Er zuckte kurz mit den Schultern. »Zum Glück hatte ich den Wagenschlüssel in der Hosentasche, sonst wäre wohl das ganze Wohnmobil verschwunden. Ich war nur sehr erleichtert, als mir eure Finca wieder einfiel.«
»Ja, das war wirklich ein glücklicher Zufall, das muss man sagen.« Opa Gerhard füllte auch seinen eigenen Teller mit den leckeren Nudeln, die fast zu gut rochen. »Aber wenn du schon hier in der Nähe warst, hättest du uns doch auch so besuchen können.«
Stefan leckte kurz seine Lippen, wie ein nervöser Hund es täte, wenn er sich beruhigen muss. War er tatsächlich nervös oder wollte er nur die Tomatensoße ablecken? Er räusperte sich. »Nun ja, wisst ihr, es ist für jemanden wie mich nicht so leicht. Wenn man im Gefängnis gesessen hat, weiß man nie, wie die Leute reagieren. Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen, dass ich einen Besuch für unangebracht gehalten hätte, wenn ich nicht in diese Notlage geraten wäre.«
»Das war dann ja unser Glück«, sagte Oma Martha und goss allen von ihrer selbstgemachten Zitronenlimonade nach. »Nun dürfen wir dich ja zuerst einmal ein paar Tage ordentlich verwöhnen«, fuhr Oma Martha fort und lächelte Stefan freundlich zu. Ich sah Terri kurz ihre Augen verdrehen. Außerdem war sie heute ungewöhnlich still, ansonsten quasselte sie immer fast so wie Alma. Nun hatte sie diesem Stefan gegenüber noch kaum ein Wort gesagt, was ihm anscheinend ebenfalls gerade auffiel.
»Na, Terri, du scheinst etwas schüchtern zu sein! Vor mir brauchst du doch keine Angst zu haben!« Er lachte wieder laut auf. »Ich freue mich, weitere Verwandte kennenzulernen. Wir werden in den paar Tagen mit Sicherheit viel Spaß zusammen haben.«
»Ja, das wird sicher nett.« Sogar Opa und Oma schauten sie etwas verwundert an. Terri gab sich einen Ruck. »Ich habe zwar auf der Arbeit viel zu tun, aber wir können trotzdem das eine oder das andere unternehmen.«
Stefan nickte eifrig und nahm noch einen zweiten großen Teller Nudeln. Er hatte aber einen guten Appetit. Kein Wunder, dass da nichts mehr für unsereins übrig blieb, wenn man so einen Nimmersatt am Tisch dabei hatte. Dieser Typ wurde mir mit jedem Augenblick unsympathischer. Ich schaute mich um, um mich von dem unerreichbaren Essen abzulenken. Es war immer noch sehr warm. Die Erwachsenen saßen unter einem der Olivenbäume, Alma spielte etwas mit Toni und Tina. Ich überlegte, ob ich kurz ins Schwimmbecken springen sollte, wie jeden Tag nachdem mein Bein wieder in Ordnung war. Auf einmal interessierte dieser Stefan sich für uns.
»Ihr habt aber ziemlich viele Hunde. Besonders von diesen kleinen wimmelt es hier ja regelrecht.« Wieder dieses Lachen. Er hielt sich wohl für richtig geistreich. »Was sind das überhaupt für Hunde, die sehen ja alle fast gleich aus? Könnt ihr die überhaupt auseinander halten?« Terri hob ihre Augenbrauen und wollte sicher etwas passendes erwidern, aber Oma Martha kam ihr zuvor.
»Natürlich können wir das», sagte sie ebenfalls lachend. Ich würde gerne wissen, was daran nun so witzig war. »Wenn man mit ihnen zusammen lebt, erkennt man leicht die Unterschiede. Die kleinen Hunde sind alle Chiliers; das ist so eine modische neue Rasse. Und Luna ist eine Wolfshündin, aber das kann man ja auch unschwer erkennen.«
Stefan betrachtete uns intensiv, viel zu intensiv, fand ich. »Ach, ihr züchtet diese Hunde? Da kann man sicher gutes Geld mit verdienen. Die sehen ja ganz putzig aus, obwohl ich als Mann eher solch richtige Hunde wie diese Luna hier vorziehe.« Richtige Hunde? Der Berg an Minuspunkten für diesen Typen wuchs noch einmal bis zum Himmel.
Opa Gerhard schüttelte leicht den Kopf. »Da liegst du etwas falsch, mein lieber Stefan. Obwohl diese Hunde so klein sind, sollte man sie genauso behandeln, wie die größeren auch. Manchmal habe ich den Eindruck, dass eben diese Kleinen sogar noch mehr liebevolle Erziehung brauchen, weil sie einen oft durch ihr niedliches Aussehen so leicht um den Finger wickeln. Übrigens, nein, wir züchten nicht. Wir haben sie alle aus schlechter Haltung übernommen.«
Endlich entschloss sich Terri auch etwas zu der Unterhaltung beizutragen. »Wir haben sie vor einigen Monaten aus den Fängen eines äußerst brutalen Welpenhändlers gerettet. Er hat eine regelrechte Qualzucht hier in der Nähe betrieben und dieser Rüde sowie die zwei Hündinnen mussten ohne Pause jahrelang für ihn Welpen produzieren.« Sie zeigte auf uns. »Diese Welpen hätte man sonst viel zu früh von den Muttertieren getrennt und ins Ausland verkauft.«
Anscheinend vollkommen unbeeindruckt von unserem Schicksal zuckte Stefan mit den Schultern. »Sag' ich doch, man könnte mit dem Verkauf von solchen Welpen viel Geld verdienen. Habt ihr das noch nie in Betracht gezogen? Das wäre doch ein nettes Hobby. So viel zu tun gibt es hier in der Pampa ja nicht. Ich könnte euch ein paar gute Kontakte vermitteln, durch meine Arbeit im Tierschutz kenne ich viele Leute, die Hunde in gute Familien vermitteln.«
Opa Gerhard hob abwehrend die Hände. »Nein, das ist wirklich kein Thema für uns. Du meinst es sicher gut, aber diese Hunde haben hier ihr Zuhause und mehr Welpen müssen sie auch nicht mehr produzieren. Das kommt gar nicht in Frage!«
Wieder zuckte Stefan mit den Schultern. Vielleicht stimmte etwas wirklich nicht bei ihm, körperlich, meinte ich. Dass er ein regelrechter Kotzbrocken war, zeigte sich immer deutlicher. Ich war sehr erleichtert, dass Opa uns verteidigte, weil es ja immer sein konnte, dass sie ihre Meinung im Bezug auf uns änderten. Es war für mich eh schwer, Vertrauen zu fassen, was wohl nach unseren Erlebnissen kein Wunder war. Außerdem hatten sogar unsere Menschen schon zwei Hunde abgegeben. Tante Rosa hatte zwei verwaiste Welpen mit großgezogen. Doch eines Tages war eine Nachbarsfamilie mit ihren Kindern vorbeigekommen und sie haben sich in diese zwei unsterblich verliebt. Zwar beruhte es auf Gegenseitigkeit, wie die Welpen wiederholt betonten und sogar darum bettelten, mit ihrer neuen, angebeteten Familie mitgehen zu dürfen. Erst als die Familie versprach, uns oft zu besuchen, ließen die Menschen sie gehen. Außerdem hatte Tante Rosa mit ihren etwas zu wild geratenen eigenen Welpen mehr als alle Pfoten voll zu tun.
»Bei diesem Welpenhändler waren aber nicht mehr viele Hunde übrig, wenn nur diese hier gerettet werden konnten.« Warum interessierte dieser Stefan sich bloß so sehr für uns?
»Nun hör mal!« Terri errötete und konnte sich nur mit größter Mühe beherrschen, wie ich an ihrem mahlenden Kiefer erkennen konnte. »Wir konnten weit über fünfzig Hunde aus dieser Hölle herausholen, Welpen und Elterntiere. In der Klinik, in der ich arbeite, wurden alle behandelt - und ich sage es dir, sie waren teilweise in einem katastrophalen Zustand. Nach und nach konnten aber alle vermittelt werden, und zwar hier vor Ort. Als öffentlich gemacht wurde, was mit diesen armen Lebewesen passiert war, ist die Hilfsbereitschaft enorm gewesen. Auch bei unseren Nachbarn konnten einige einziehen.« Terri zeigte auf die ziemlich entfernt liegenden Fincas in der Nachbarschaft, auf denen nun mit der Abenddämmerung die Lichter angingen.
»Ach, auch noch Nachbarschaftshilfe - das ist ja ein guter Ort für Mensch und Tier!« Die Ironie in Stefans Stimme war für uns nicht zu überhören, aber die Menschen nahmen so etwas wieder einmal nicht wahr. Trotzdem schien es ihm selbst aufzufallen, dass er es mit seinen Bemerkungen etwas übertrieb. »Ich meine ja nur, dass es schön ist, wenn solche Aktionen erfolgreich durchgeführt werden können. Dass diese Hunde sogar hier in der Gegend ein Zuhause gefunden haben, ist natürlich nützlich.. äh.. ich meine glücklich für alle.«
Hatte er sich jetzt nur versprochen oder war das mit dem 'nützlich' ernst gemeint? Wieso nützlich, für wen? Ich ging zu den anderen, die anscheinend ebenfalls alles mitbekommen hatten, so wie sie regungslos da saßen und diesen Stefan anstarrten. Für einen Hund wäre das schon eine Kampfansage gewesen, aber die Menschen hatten nur das Thema gewechselt und unser Missfallen nicht einmal bemerkt. Abgesehen von Terri, die aufstand und in der Küche verschwand. Kurz danach kam sie mit Leckerlis zu uns zurück - na, das sah doch gut aus!
»Ich weiß nicht, was mit diesem Stefan los ist.« Beim Aufteilen der Kaustangen streichelte sie jeden von uns kurz. »Er ist zwar der Neffe von Opa, aber irgendwie traue ich ihm nicht. Er verheimlicht doch irgendetwas.« Luna schaute in seine Richtung und knurrte. »Ihr habt also auch das Gefühl, oder?« Diesmal knurrte ich kurz, obwohl es etwas schwierig mit voller Schnauze war. »Ihr braucht keine Angst zu haben, bei uns seid ihr in Sicherheit.« Als ich jedoch sah, wie finster Stefan kurz zu uns herüberblickte, war ich da gar nicht mehr so sicher.
Am nächsten Morgen wollte Opa Gerhard unbedingt, dass Stefan ihm sein tolles Wohnmobil vorführte. Alma und ich wurden beauftragt, ihnen unauffällig zu folgen und zu versuchen, etwas Verdächtiges zu entdecken, was unser Misstrauen bekräftigen würde. Papa wäre sicher gerne mitgekommen, aber er war nach unzähligen Operationen wegen seiner noch bis vor kurzem gelähmten Hinterbeine weiterhin ziemlich wackelig auf den Pfoten. Alles Dank diesem Monster Rodriguez, der uns so schlimm misshandelt hatte. Obwohl ich alles versuchte, um die Vergangenheit zu vergessen, kamen immer wieder die Erinnerungen hoch, welche mich fast zermürbten. Alma dagegen war unbekümmert wie eh und je, worum ich sie beneidete. Als ich sie einmal fragte, wie sie das schaffte, war ihre Antwort wieder so Alma-typisch, dass mir dazu nichts mehr einfiel. Ungern gebe ich zu, dass es meine Absicht gewesen war, sie von ihrer ununterbrochenen Hochstimmung herunterzuholen.
»Wir haben das Schlimme überstanden«, hatte sie gesagt. »Es verdirbt einem nur den Tag, wenn man andauernd an den ganzen Horror denken muss - dann hätte das Monster letztendlich doch gewonnen. Ich denke lieber daran, wie viel Positives wir gewonnen haben - nicht nur neue Freunde, sondern auch ein eigenes, liebevolles Zuhause!«
Und so tapste sie zum Schwimmbecken und setzte sich