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»Bosheit ist ein Mythos, den gute Menschen erfunden haben, um die seltsame Anziehungskraft der anderen zu erklären.«
Bis heute, 125 Jahre nach seinem Tod, gehört Oscar Wilde zu den beliebtesten und meist zitierten Autoren – nicht zuletzt wegen seiner Spitzzüngigkeit und dem Scharfsinn seiner Beobachtungen. Ob sich seine Polemik gegen überflüssige Zeitungen oder schlechte Literatur richtet, gegen geistlose Frauen oder langweilige Männer, gegen scheinheilige Moralvorstellungen oder die Ignoranz der Unkultivierten – immer ist sie treffsicher, brillant formuliert und äußerst unterhaltsam.
Mehr als pure Gehässigkeit, ist sie Ausdruck des künstlerischen Selbstverständnisses Wildes, seine Extravaganz gegen die Meinung der anderen zu leben und seine Kunst, die elegante Schönheit und kritischen Geist verbindet, über die gesellschaftlichen Konventionen stellen zu dürfen.
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Seitenzahl: 87
Veröffentlichungsjahr: 2025
Bis heute, 125 Jahre nach seinem Tod, gehört Oscar Wilde zu den beliebtesten und meistzitierten Autoren – nicht zuletzt wegen seiner Spitzzüngigkeit und des Scharfsinns seiner Beobachtungen. Ob sich seine Polemik gegen überflüssige Zeitungen oder schlechte Literatur richtet, gegen geistlose Frauen oder langweilige Männer, gegen scheinheilige Moralvorstellungen oder die Ignoranz der Unkultivierten – immer ist sie treffsicher, brillant formuliert und äußerst unterhaltsam.
Mehr als pure Gehässigkeit, ist sie Ausdruck des künstlerischen Selbstverständnisses Wildes, seine Extravaganz gegen die Meinung der anderen zu leben und seine Kunst, die elegante Schönheit und kritischen Geist verbindet, über die gesellschaftlichen Konventionen stellen zu dürfen.
Oscar Wilde wurde am 16. Oktober 1854 in Dublin geboren. Seine Märchen, Theaterstücke und Romane erregten außerordentliches literarisches und gesellschaftliches Aufsehen und machten ihn schon zu Lebzeiten zu einem der berühmtesten Autoren. Nach dem Skandal um sein Verhältnis mit Lord Alfred Douglas und einer Haftstrafe floh er nach Paris, wo er am 30. November 1900 verstarb.
Denis Scheck, geboren 1964 in Stuttgart, ist ein deutscher Literaturkritiker, Übersetzer und Journalist. Bekannt ist er u. a. aus der ARD-Literatursendung »Druckfrisch« und aus dem SWR-Literaturmagazin »lesenswert«.
Christina Schenk, geboren 1980 in Bonn, war Buchhändlerin in Papenburg, studierte Verlagswirtschaft in Leipzig und arbeitet heute als Redakteurin für Kultursendungen im Radio und Fernsehen.
Oscar Wilde»Ich kann allem widerstehen außer der Versuchung«
Ausgewählt und mit einem Nachwort versehen von Denis Scheck und Christina Schenk
Diese Textauswahl ist erstmals 2007 unter dem Titel Oscar Wilde für Boshafte (it 3309) erschienen.
eBook Insel Verlag Berlin 2025 Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des insel taschenbuchs 5103.Der Inhalt dieses eBooks ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Wir behalten uns auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor. Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr. Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen. Quellenverzeichnis am Schluss des BandesUmschlagillustration: Nicolas Mahler, WieneISBN 978-3-458-78272-8www.insel-verlag.de
Der Gute, die Schönen, das Häßliche: Gesellschaft und Politik
England
Amerika
Mann und Frau, Mann und Mann, Frau und Frau
Medien
Literatur und Kunst
Musik
Religion
Familie
Freund und Feind
Jung und Alt
Arm und Reich
Nachwort
Bosheit ist ein Mythos, den gute Menschen erfunden haben, um die seltsame Anziehungskraft der anderen zu erklären.
[Essays II, 253]
Es ist besser, nicht anders zu sein als seine Mitmenschen. Der Häßliche und der Dumme kommen auf dieser Welt am besten weg. Sie können gemütlich dasitzen und das Spiel begaffen.
[Dorian Gray, 13]
Im Abendanzug mit weißer Halsbinde kann jeder, so haben Sie mir einmal gesagt, selbst ein Makler, in den Ruf kommen, kultiviert zu sein.
[Dorian Gray, 16]
Vernunft und Feigheit sind in Wirklichkeit dasselbe, Basil. Vernunft ist der Geschäftsname der Firma. Weiter nichts.
[Dorian Gray, 17]
Mir sind Menschen lieber als Prinzipien, und Menschen ohne Prinzipien sind mir lieber als sonst etwas auf der Welt.
[Dorian Gray, 20]
Nur geistig Verirrte streiten.
[Dorian Gray, 22]
Jeder Einfluß ist unmoralisch – unmoralisch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus.
[Dorian Gray, 27]
Das Ziel des Lebens ist Selbstentfaltung. Seine eigene Natur vollständig zu verwirklichen – das ist es, wozu jeder von uns da ist. Heutzutage haben die Leute Angst vor sich selbst.
[Dorian Gray, 28]
Der Mut hat unser Geschlecht verlassen. Vielleicht haben wir ihn niemals wirklich besessen. Der Schrecken der Gesellschaft, der das Fundament der Moral ist, der Schrecken vor Gott, der das Geheimnis der Religion ist – das sind die beiden Dinge, die uns beherrschen.
[Dorian Gray, 28]
Der Körper sündigt gelegentlich, und damit ist die Sünde für ihn erledigt, denn Handeln ist eine Art Läuterung.
[Dorian Gray, 28-29]
»Vermutlich hat er Ihnen Komplimente gemacht. Sie dürfen kein Wort davon glauben, was er sagt.« »Er hat mir bestimmt keine Komplimente gemacht. Vielleicht ist das der Grund, warum ich nichts von dem glaube, was er mir erzählt hat.«
[Dorian Gray, 30]
Schönheit ist eine Form des Genies – sie steht in der Tat noch höher als das Genie, da sie keiner Erklärung bedarf.
[Dorian Gray, 32]
Manchmal sagen die Leute, Schönheit sei nur oberflächlich. Mag sein. Aber zumindest ist sie nicht so oberflächlich wie das Denken.
[Dorian Gray, 32]
Nur Dumme urteilen nicht nach dem, was sie sehen.
[Dorian Gray, 32]
Aber der Tapferste unter uns hat Angst vor sich selbst.
[Dorian Gray, 28]
Vergeuden Sie nicht das Gold Ihrer Tage, indem Sie den Langweiligen zuhören, die hoffnungslosen Versager zu bessern suchen oder Ihr Leben an die Dummköpfe, die Gewöhnlichen und den Pöbel wegwerfen. Das sind die ungesunden Ziele, die falschen Vorstellungen unserer Zeit.
[Dorian Gray, 33]
Ich frage mich, wer den Menschen als ein vernünftiges Tier definierte. Das war die voreiligste Definition, die es je gegeben hat.
[Dorian Gray, 39]
Was die Politik betraf, war er ein Tory, außer wenn die Tories an der Regierung waren, denn zu dieser Zeit schimpfte er sie rundheraus eine Bande von Radikalen.
[Dorian Gray, 42]
Seine Grundsätze waren veraltet, aber zugunsten seiner Vorurteile ließ sich vieles sagen.
[Dorian Gray, 42-43]
Prüfungen, mein lieber Mann, sind von Anfang bis Ende der reinste Humbug. Wenn jemand ein Gentleman ist, weiß er durchaus genug; ist er kein Gentleman, dann nützt ihm auch sein ganzes Wissen nichts.
[Dorian Gray, 43]
Es lag etwas unheimlich Reizvolles darin, Einfluß auszuüben. Keine andere Tätigkeit kam dem gleich.
[Dorian Gray, 47]
»Wie gräßlich!« rief Lord Henry. »Rohe Gewalt kann ich noch ertragen, aber rohe Vernunft ist ganz und gar unerträglich. Es liegt etwas Unanständiges in ihrer Anwendung. Sie steht unter dem Geist.«
[Dorian Gray, 50]
»Ich kann mit allem Mitleid haben, außer mit Leiden«, erwiderte Lord Henry achselzuckend. »Dafür habe ich kein Mitleid. Es ist zu häßlich, zu abscheulich und zu peinlich.«
[Dorian Gray, 51]
Man sollte die Farbe, die Schönheit, die Lebensfreude mitempfinden. Je weniger über die Betrübnisse des Lebens geredet wird, um so besser ist es.
[Dorian Gray, 51]
Es ist das Problem der Sklaverei, und wir versuchen es zu lösen, indem wir die Sklaven belustigen.
[Dorian Gray, 51]
Heutzutage sterben die meisten Leute an einer Art schleichendem gesunden Menschenverstand und entdecken erst, wenn es zu spät ist, daß die eigenen Fehler das einzige sind, was man niemals bereut.
[Dorian Gray, 52-53]
Er kam prinzipiell zu spät, da sein Grundsatz lautete, Pünktlichkeit stehle einem die Zeit.
[Dorian Gray, 56]
Die Leute lieben es, fortzugeben, was sie selbst am nötigsten brauchen. Ich nenne das den Abgrund der Freigebigkeit.
[Dorian Gray, 68]
Ich beachte niemals, was gewöhnliche Leute sagen, und mische mich nie in das ein, was reizende Leute tun.
[Dorian Gray, 86]
Die moderne Moral besteht darin, daß man den Maßstab seiner Zeit akzeptiert. Ich bin der Meinung, daß jeder kultivierte Mensch es für eine Art gröbster Unmoral halten muß, den Maßstab seiner Zeit zu akzeptieren.
[Dorian Gray, 91]
Mittelalterliche Kunst ist bezaubernd, aber mittelalterliche Gefühle sind unmodern.
[Dorian Gray, 91]
Kein kultivierter Mensch bereut jemals einen Genuß, und kein unkultivierter Mensch weiß, was Genuß ist.
[Dorian Gray, 91]
Eine Zigarette ist das vollendete Beispiel eines vollendeten Genusses. Sie ist köstlich und läßt einen unbefriedigt.
[Dorian Gray, 92]
Nur zwei Arten von Menschen sind wirklich faszinierend – Leute, die einfach alles wissen, und Leute, die überhaupt nichts wissen.
[Dorian Gray, 97]
Gute Vorsätze sind nutzlose Versuche, in wissenschaftliche Gesetze einzugreifen. Ihr Ursprung ist pure Eitelkeit. Ihr Resultat ist entschieden gleich Null. Hin und wieder verschaffen sie uns jene überschwenglichen, unfruchtbaren Gemütserregungen, die für die Schwachen einen gewissen Reiz besitzen. Das ist alles, was man zu ihren Gunsten vorbringen kann. Sie sind Schecks, auf eine Bank gezogen, bei der man kein Konto hat.
[Dorian Gray, 113]
Das Gewissen macht uns alle zu Egoisten.
[Dorian Gray, 116]
Ich will nicht meinen Gefühlen ausgeliefert sein. Ich will sie nutzen, genießen und beherrschen.
[Dorian Gray, 122]
Die Gesellschaft, zumindest die zivilisierte Gesellschaft, findet sich niemals leicht bereit, etwas Nachteiliges von solchen zu glauben, die sowohl reich wie bezaubernd sind. Sie fühlt instinktiv, daß Manieren wichtiger sind als Moral, und nach ihrer Ansicht ist die höchste Ehrbarkeit viel weniger wertvoll als der Besitz eines guten Kochs.
[Dorian Gray, 158]
Nicht einmal die Kardinaltugenden können mit lauwarmen Vorspeisen versöhnen.
[Dorian Gray, 158]
Die Gesetze der guten Gesellschaft sind die gleichen wie die Gesetze der Kunst, oder sie sollten es zumindest sein.
[Dorian Gray, 158]
Ist Täuschung etwas so Schreckliches? Ich glaube nicht. Sie ist nur eine Methode, durch die wir unsere Persönlichkeit vervielfältigen können.
[Dorian Gray, 158]
Ich liebe Klatsch über andere Leute, aber Klatsch über mich interessiert mich nicht. Er besitzt nicht den Reiz der Neuheit.
[Dorian Gray, 165]
Die Mittelklassen machen ihren moralischen Vorurteilen an ihren ungepflegten Mittagstischen Luft und flüstern über das, was sie die Ruchlosigkeit der Vornehmen nennen, um den Eindruck zu erwecken, als stünden sie in engem Verkehr und auf vertrautem Fuß mit den Leuten, die sie verlästern.
[Dorian Gray, 167]
Niemand begeht jemals ein Verbrechen, ohne eine Dummheit zu begehen.
[Dorian Gray, 186]
Vielleicht erscheint man niemals so ungezwungen, als wenn man eine Rolle zu spielen hat.
[Dorian Gray, 191]
Das reine, unverfälschte Landleben. Sie stehen früh auf, weil sie so viel zu tun haben, und gehen früh zu Bett, weil sie so wenig zu denken haben.
[Dorian Gray, 193]
Mäßigung ist eine fatale Sache. Genug ist so schlecht wie eine Mahlzeit. Mehr als genug ist so gut wie ein Festschmaus.
[Dorian Gray, 197]
Das Leben war zu kurz, um die Last der Fehler, die andere begangen hatten, auf die eigenen Schultern zu nehmen. Jeder lebte sein eigenes Leben und bezahlte seinen eigenen Preis dafür. Der Jammer war nur, daß man für ein einziges Vergehen so oft bezahlen mußte.
[Dorian Gray, 207]
In der ordinären Tatsachenwelt wurde weder der Böse bestraft noch der Gute belohnt. Erfolg war dem Starken beschieden, mit Mißerfolg der Schwache geschlagen.
[Dorian Gray, 217]
Das einzig Schreckliche auf der Welt ist Langeweile, Dorian. Das ist die einzige Sünde, für die es keine Vergebung gibt.
[Dorian Gray, 221]
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