Ich mische mich nicht gerne in meine Privatangelegenheiten - Karl Kraus - E-Book

Ich mische mich nicht gerne in meine Privatangelegenheiten E-Book

Karl Kraus

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Originell, treffsicher und in höchstem Maße aggressiv – das sind die Attribute, mit denen sich die Aphorismen Karl Kraus' beschreiben lassen. Scharfsinnig und mit sprachlicher Raffinesse, oft witzig und immer unterhaltsam, nahm der Herausgeber und Autor der Zeitschrift Die Fackel im frühen 20. Jahrhundert die Gesellschaft kritisch und voller boshaften Spotts aufs Korn, und nichts und niemand war vor seiner spitzen Feder sicher: weder phrasendreschende Kollegen (»Es gibt Schriftsteller, die schon in zwanzig Seiten ausdrücken können, wozu ich manchmal sogar zwei Zeilen brauche.«) noch unfähige und/oder korrupte Vertreter des Staatsapparats («Einen Brief absenden heißt in Österreich einen Brief aufgeben.«) oder anmaßende Psychoanalytiker (»Man kehrt nur dann vor fremder Bewußtseinsschwelle, wenn man's zuhause schmutzig hat.«), am wenigsten aber das von Machtstreben, Verlogenheit und sexueller Doppelmoral geprägte Bürgertum (»Es ist nicht Sitte, eine Frau zu heiraten, die vorher ein Verhältnis gehabt hat. Aber es ist Sitte, mit einer Frau ein Verhältnis zu haben, die vorher geheiratet hat.«).

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 103

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Cover for EPUB

Karl Kraus

Ich mische mich nicht gerne in meine Privatangelegenheiten

Ausgewählt von Christine M. Kaiser

Insel Verlag

Inhalt

Ich bin nicht für die Frauen, sondern gegen die Männer

Wie der Schelm ist, so denkt der Psycholog

Es gibt seichte und tiefe Hohlköpfe

Welche Plage, dieses Leben in Gesellschaft

Einen Brief absenden heißt in Österreich einen Brief aufgeben

Nachwort von Christine M. Kaiser

Editorische Notiz

Ich bin nicht für die Frauen, sondern gegen die Männer.

[A 272]

Eine schöne Welt, in der die Männer die Erfüllung ihres Lieblingswunsches den Frauen zum Vorwurf machen!

[A 192]

Wo sie hintrat, wuchs kein Gras, außer jenes, in das sie die Männer beißen ließ.

[A 157]

Die Weiber haben wenigstens Toiletten. Aber womit decken die Männer ihre Leere?

[A 24]

Den Vorzug der Frau, immer erhören zu können, hat ihr die Natur durch den Nachteil des Mannes verrammelt.

[A 17]

Die schlecht verdrängte Sexualität hat manchen Haushalt verwirrt; die gut verdrängte aber die Weltordnung.

[A 189]

Die einen verführen und lassen sitzen; die andern heiraten und lassen liegen. Diese sind die Gewissenloseren.

[A 35]

Das vom Mann verstoßene »Weibchen« rächt sich. Es ist eine Dame geworden und hat ein Männchen im Haus.

[A 39]

Es kommt gewiß nicht bloß auf das Äußere einer Frau an. Auch die Dessous sind wichtig.

[A 24]

Mancher rächt an einer Frau durch Gemeinheit, was er durch Torheit an ihr gesündigt hat.

[A 35]

Das Gesetz enthält leider keine Bestimmung gegen die Männer, die ein unschuldiges junges Mädchen unter der Zusage der Verführung heiraten und wenn das Opfer eingewilligt hat, von nichts mehr wissen wollen.

[A 35]

Der Philister berauscht sich an dem reinen Wein, den er dem Mädchen über seine Vermögensverhältnisse einschenkt.

[A 158]

Gott nahm vom Weib die Rippe, baute aus ihr den Mann, blies ihm den lebendigen Odem aus und machte aus ihm einen Erdenkloß.

[A 183]

Der »Verführer«, der sich rühmt, Frauen in die Geheimnisse der Liebe einzuweihen: Der Fremde, der auf dem Bahnhof ankommt und sich erbötig macht, dem Fremdenführer die Schönheiten der Stadt zu zeigen.

[A 15]

Es heißt eine Frau prostituieren, wenn man sie dafür bezahlt, daß sie einem das Geld abnimmt.

[A 185]

Ein Liebesverhältnis, das nicht ohne Folgen blieb. Er schenkte der Welt ein Werk.

[A 21]

Der Philister verachtet die Frau, die sich von ihm hat lieben lassen. Wie gerne möchte man ihm recht geben, wenn man der Frau Schuld geben könnte!

[A 40]

Der Lebemann steht unter dem Philister, weil er als Beteiligter die Frau dem unbeteiligten Philister zur Verachtung zutreibt.

[A 320]

Er war so unvorsichtig, ihr vor jedem Schritt die Steine aus dem Weg zu räumen. Da holte er sich einen Fußtritt.

[A 319]

Welche Wollust, sich mit einer Frau in das Prokrustesbett seiner Weltanschauung zu legen!

[A 22]

Hüte dich vor den Frauen! Du kannst dir eine Weltanschauung holen, die dir das Mark zerfressen wird.

[A 167]

Der Losgeher hat nichts zu verlieren. Der andere nähert sich einer Frau nicht, weil er einen ganzen Lebensinhalt, den er zitternd trägt, aus der Hand fallen lassen könnte.

[A 37]

So erhaben kann sich nie ein wertvoller Mann über ein wertloses Weib dünken, wie ein wertloser Mann über ein wertvolles Weib.

[A 37]

Die Weiber sind nie bei sich und wollen darum, daß auch die Männer nicht bei sich seien, sondern bei ihnen.

[A 183]

Es ist nicht Sitte, eine Frau zu heiraten, die vorher ein Verhältnis gehabt hat. Aber es ist Sitte, mit einer Frau ein Verhältnis zu haben, die vorher geheiratet hat.

[A 42]

Eine Dame scheint wohl wie die Sonne, darf aber mit ihr schon darum nicht verwechselt werden, weil sich die Sonne mit so vielen an einem Tage abgibt, während die Dame von Gott geschaffen ist, um einem einzigen Bankdirektor warm zu machen, womit sie auch alle Hände voll zu tun hat, so daß sie sich gar nichts anderes verlangt, indem sie weiß, daß es ihr so lange zugute kommt, bis sie kalt wird und bis auch der Bankdirektor das Bedürfnis fühlt, zur Sonne zu gehen, die sich mit so vielen an einem Tage abgibt, amen.

[A 318]

Er ist bescheiden aus tieferen Gründen,

das Gegenteil hat er bei ihr nicht erkannt.

Um seine Zigarre anzuzünden,

entfacht er ihren Höllenbrand.

Das weitere, denkt er, wird sich finden,

so wie es sich seit jeher fand.

[A 181]

Moralische Verantwortung ist das, was dem Mann fehlt, wenn er es von der Frau verlangt.

[A 40]

Die bürgerliche Gesellschaft besteht aus zwei Arten von Männern, aus solchen, die sagen, irgendwo sei eine »Lasterhöhle« ausgehoben worden, und solchen, die bedauern, die Adresse zu spät erfahren zu haben. Die Einteilung hat den Vorzug, daß sie sich in einer und derselben Person vollzieht, weil nicht Gegensätze der Weltanschauung, sondern bloß Umstände und Rücksichten für die Wahl des Standpunktes maßgebend sind. Man würde aber fehlgehen, wenn man glauben wollte, daß die sittliche Entrüstung und die Begierde in übersichtlicher Weise nebeneinander gelagert sind; sie greifen vielmehr ineinander und sind unaufhörlich damit beschäftigt, ihre Kräfte gegenseitig zu steigern und ihr Objekt zu vergrößern.

[F 254-255, 19 f.]

Ich hörte einen angeheiterten deutschen Mann einem Mädchen, das in eine Seitengasse einbog, die humoristisch deklamierten Worte nachrufen: »Da geht sie hin, die Schanddirne!« Es ist nicht anzunehmen, daß je ein Gesetz zustandekommt, welches erlaubt, deutsche Männer niederzuschießen, die mit einem einzigen Wort den vollständigen Beweis ihrer Unnützlichkeit auf Erden erbracht haben.

[A 59]

Man beobachte einmal, wie die anständigen Herren eine Frau grüßen, von der »man spricht«. In dem Gruß ist der abweisende Stolz der Gesellschaftsstütze mit der einverständlichen Kennerschaft des Markthelfers vereinigt. Für beides möchte man ihnen an die Gurgel fahren.

[A 58]

Es empfiehlt sich, Herren, die das Angebot einer Zigarre mit dem Satz beantworten: »Ich sage nicht nein«, sofort totzuschlagen. Es könnte nämlich sonst der Fall eintreten, daß sie auf die Frage, wie ihnen eine Frau gefalle, die Antwort geben: »Ich bin kein Kostverächter«.

[A 194]

Als die Wohnungsmieter erfahren hatten, daß die Hausbesitzerin eine Kupplerin sei, wollten sie alle kündigen. Sie blieben aber im Hause, als jene ihnen versicherte, daß sie ihr Geschäft verändert habe und nur mehr Wucher treibe.

[A 191]

Die Moralisten sträuben sich noch immer dagegen, daß der Wert der Frau ihren Preis bestimme. Inzwischen bestimmt längst schon der Preis ihren Wert, und damit wird keine Moral fertig.

[A 190]

Solange die Frauenrechtsbewegung besteht, sollten es sich die Männer wenigstens zur Pflicht machen, die Galanterie einzustellen. Man kann es heute gar nicht mehr riskieren, einer Frau auf der Straßenbahn Platz zu machen, weil man nie wissen kann, ob man sie nicht beleidigt und in ihren Ansprüchen auf den gleichen Anteil an den Unannehmlichkeiten des Daseins verkürzt. Dagegen sollte man sich gewöhnen, gegen die Feministen in jeder Weise ritterlich und zuvorkommend zu sein.

[A 50 f.]

Das ist der ehrliche Erfolg der Frauenemanzipation, daß man dem Weib, welches sich dem Handwerk eines Journalisten gewachsen zeigt, heutzutag nicht mehr die verdiente Geringschätzung vorenthalten darf.

[A 184]

Eine, die mit Vitriol umgeht, ist auch imstande, zur Tinte zu greifen.

[A 31]

Wenn der Geist der Weiber in Betracht kommen soll, dann werden wir anfangen, uns für die Sinnlichkeit der Männer zu interessieren. Welch eine Aussicht!

[A 51]

Die Frauen verlangen das aktive und das passive Wahlrecht. Daß sie das Recht haben sollen, jeden Mann zu wählen, und daß man ihnen keinen Vorwurf mehr mache, wenn sie sich von wem immer wählen lassen? Behüte der Himmel: Sie meinen es politisch! Aber auf so verzweifelte Gedanken sind sie von den Männern gebracht worden. Jetzt wird diesen nichts anderes übrig bleiben, als von der Regierung zu verlangen, daß ihnen endlich die Menstruation bewilligt werde.

[A 50]

Das Virginitätsideal ist das Ideal jener, die entjungfern wollen.

[A 41]

Sie ist mit einer Lüge in die Ehe getreten. Sie war eine Jungfrau und hat es ihm nicht gesagt!

[A 157]

Als normal gilt, die Virginität im allgemeinen zu heiligen und im besondern nach ihrer Zerstörung zu lechzen.

[A 27]

Wenn einer keine Jungfrau bekommen hat, ist er ein gefallener Mann, er ist fürs ganze Leben ruiniert und hat mindestens Anspruch auf Alimente.

[A 271]

Ein sonderbarer Ehrgeiz, einem Mädchen der erste zu sein. Und gerade das nennt sich Genießer und behandelt eine Frau wie einen beliebigen Labetrunk. Daß auch Frauen Durst haben, wollen sie nicht gelten lassen. Aber jedenfalls würde ich mir die Flasche von einem Küfer öffnen lassen und dann erst trinken.

[F 259-260, 42]

»Ich mag kein Beefsteak, von dem schon ein anderer gekostet hat!«, sagte ein starker Esser der Liebe. Und ward ein Bissen für eine starke Esserin.

[F 198, 2]

In der Liebe kommt es nur darauf an, daß man nicht dümmer erscheint, als man gemacht wird.

[A 36]

Daß Titania auch einen Esel herzen kann, wollen die Oberone nie verstehen, weil sie dank einer geringern Geschlechtlichkeit nicht imstande wären, eine Eselin zu herzen. Dafür werden sie in der Liebe selbst zu Eseln.

[A 18]

Der Mann bildet sich ein, daß er ein Weib ausfülle. Aber er ist nur ein Lückenbüßer.

[A 313]

Distichon der Geschlechter

Klein ist der Mann, den ein Weib ausfüllt, doch er kann dadurch wachsen.

Größer geworden, hat er keinen Raum mehr für sie.

[A 188]

Ein perverser Kopf kann an der Frau gutmachen, was zehn gesunde Leiber an ihr nicht gesündigt haben.

[A 314]

Hundert Männer werden ihrer Armut inne vor einem Weib, das reich wird durch Verschwendung.

[A 16]

Auch geistige und sittliche Qualitäten des Weibes vermögen die wertlose Geschlechtlichkeit des Mannes anzuregen. Es kann kompromittierend sein, sich mit einer anständigen Frau auf der Straße zu zeigen; aber es grenzt geradezu an Exhibitionismus, mit einem jungen Mädchen ein Gespräch über Literatur zu führen.

[A 16]

Die Begierde des Mannes ist nichts, was der Betrachtung lohnt. Wenn sie aber ohne Richtung läuft und das Ziel erst sucht, so ist sie wahrlich ein Greuel vor der Natur.

[A 16]

An dem deutschen Kaffee habe ich eine übertriebene Nachgiebigkeit gegenüber der Milch beobachtet. Er erbleicht, wenn sie nur in seine Nähe kommt. Das könnte auch ein Bild von der Beziehung der Geschlechter in diesem Lande sein.

[A 141]

Das eben ist der Unterschied der Geschlechter, die Männer fallen nicht immer auf einen kleinen Mund herein, aber die Weiber immer auf eine große Nase.

[A 29]

Persönlichkeit des Weibes ist die durch Unbewußtheit geadelte Wesenlosigkeit.

[A 13]

Den Inhalt einer Frau erfaßt man bald. Aber bis man zur Oberfläche vordringt!

[A 14]

Weiber sind Grenzfälle.

[A 183]

Nichts ist unergründlicher als die Oberflächlichkeit des Weibes.

[A 14]

Ist eine Frau im Zimmer, ehe einer eintritt, der sie sieht? Gibt es das Weib an sich?

[A 14]

Die Frau braucht in Freud und Leid, außen und innen, in jeder Lage, den Spiegel.

[A 14]

Der Spiegel dient bloß der Eitelkeit des Mannes; die Frau braucht ihn, um sich ihrer Persönlichkeit zu versichern.

[A 14]

Ein Weib ohne Spiegel und ein Mann ohne Selbstbewußtsein – wie sollten die sich durch die Welt schlagen?

[A 34]

Eine Frau, die nicht häßlich sein kann, ist nicht schön.

[A 23]

Kosmetik ist die Lehre vom Kosmos des Weibes.

[A 24]

Es gibt Frauen, die nicht schön sind, sondern nur so aussehen.

[A 24]

Zur Vollkommenheit fehlte ihr nur ein Mangel.

[A 23]

Eine Frau muß so gescheit aussehen, daß ihre Dummheit eine angenehme Überraschung bedeutet.

[A 318]

Nur ein Mann sollte sich unglückliche Liebe zu Herzen nehmen. Eine Frau sieht dabei so schlecht aus, daß ihr Unglück in der Liebe begreiflich wird.

[A 34]

Die schöne Frau hat so viel Verstand mitbekommen, daß man alles zu ihr und nichts mit ihr sprechen kann.

[A 20]

Wenn eine Frau Gescheitheiten sagt, so sage sie sie mit verhülltem Haupt. Aber selbst dann ist das Schweigen eines schönen Antlitzes noch anregender.

[A 20]

Die Frauen sind die besten, mit denen man am wenigsten spricht.

[A 20]

Ich stehe immer unter dem starken Eindruck dessen, was ich von einer Frau denke.

[A 22]

Eine Frau soll nicht einmal meiner Meinung sein, geschweige denn ihrer.

[A 317]

Das durchschnittliche Weib ist für den Kampf ums Dasein hinlänglich ausgerüstet. Mit der Fähigkeit, nicht empfinden zu müssen, hat es die Natur für die Unfähigkeit, zu denken, reich entschädigt.

[A 20]

Die geniale Fähigkeit des Weibes, zu vergessen, ist etwas anderes als das Talent der Dame, sich nicht erinnern zu können.

[A 16]

Die Augen der Frau sollen nicht ihre, sondern meine Gedanken spiegeln.