Ich muss fast nichts und darf fast alles! - Richard Kaan - E-Book

Ich muss fast nichts und darf fast alles! E-Book

Richard Kaan

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Beschreibung

Willkommen im Unruhestand! Wir Älteren müssen fast nichts mehr – wir dürfen. Fast alles! Thema des Buches ist der Umgang mit dem Alter, speziell mit dem Älterwerden. Wir sind ja nicht plötzlich alt, wir werden älter und wenn wir dann älter sind, heißt das ja nicht notwendigerweise, dass wir uns vom Leben zurückziehen sollen. Nein, ein heiterer Zugang und ein bewusstes Zugehen auf die kommenden Jahre erleichtern uns das Dasein gewaltig! Glück im Alter ist kein Zufall, denn Beschäftigung und Wahrgenommenwerden schaffen Wohlbefinden. Humorvoll und äußerst unterhaltsam beschreibt Richard Kaan in sieben Kapiteln seine inspirierende Haltung zu "leben", "lernen", "laufen", "lachen", "lieben", "lösen" und "lehren". Er lernt gerne aus Beispielen und nimmt mit Vergnügen Anregungen von denen an, die es entspannt angehen. Machen wir es doch ebenso! - DAS Geschenkbuch für 50+ - sinnvoll, vergnüglich, entspannt

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Seitenzahl: 154

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2021 Verlag Anton Pustet

5020 Salzburg, Bergstraße 12

Sämtliche Rechte vorbehalten.

Lektorat: Anja Zachhuber

Grafik und Produktion: Nadine Kaschnig-Löbel

Coversujet: DenisProduction.com/shutterstock.com

auch als gedrucktes Buch erhältlich: ISBN 978-3-7025-1003-9

eISBN 978-3-7025-8078-0

www.pustet.at

Richard Kaan

           Ich muss fast nichtsund darf fast alles!

beschwingt altern

Inhalt

Einleitung

leben

Ach, wie ist das Leben schön!

lernen

Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans allemal

laufen

Das Leben besteht in der Bewegung

lachen

Lachen ist … wie ein Regenbogen zwischen den Schauern

lieben

Die Liebe an und für sich

lösen

Nicht bereit – aber vorbereitet

lehren

Wer nichts weiß, muss alles glauben

 

Anmerkungen

Dank

Gebet des älter werdenden Menschen

Oh Herr, Du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter und eines Tages alt sein werde.

Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen.

Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen.

Lehre mich, nachdenklich (aber nicht grüblerisch), hilfreich (aber nicht diktatorisch) zu sein.

Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen, zur Pointe zu gelangen.

Lehre mich schweigen über meine Krankheiten und Beschwerden. Sie nehmen zu, und die Lust, sie zu beschreiben, wächst von Jahr zu Jahr.

Ich wage nicht, die Gabe zu erflehen, mir die Krankheitsschilderungen anderer mit Freude anzuhören, aber lehre mich, sie geduldig zu ertragen.

Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann.

Erhalte mich so liebenswert wie möglich.

Lehre mich, an anderen Menschen unerwartete Talente zu entdecken, und verleihe mir, o Herr, die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.

Teresa von Avila (1515–1582) zugeschrieben

Zum Geleit

Was macht das Thema „Alter“ so wichtig? Warum ist die Beschäftigung mit dem eigenen Alter schon frühzeitig ein Muss? Weil die Alten heute nicht mehr alt sind! Oder zumindest wesentlich später als noch vor 20, 30 Jahren.

Die „Silver Ager“, „Best Generation“ oder „Alt-Hippies“ von heute lieben das Leben, geben deutlich mehr Geld aus als die Jungen und wollen etwas er-leben. Manche gehen wieder zur Uni, andere bereisen die Welt oder machen Sozialdienste und wieder andere wollen einfach weiterarbeiten. Sehr zum Missfallen der Gewerkschaft und auch vieler Unternehmen. Aber auch das schert sie wenig – wie so vieles.

Richard Kaan beschreibt in sieben launigen und unterhaltsamen Kapiteln sein Credo: Wir Älteren dürfen fast alles und müssen fast nichts mehr. Wir dürfen verrückt sein, aber auch vernünftig, fleißig oder auch zeitweise zurückgezogen. Nur nichts machen, das dürfen wir nicht. Sonst verkümmern wir.

Herzlich IhrHermann Scherer

Einleitung

Warum nur, warum?

Jetzt sind Sie alt. Von Amts wegen alt. Das war die Botschaft, die ich von meiner Rentenversicherung erhielt, es geschah um meinen 65. Geburtstag herum. Ich könne im nächsten Monat in Ruhestand gehen, ließ man mich wissen. Ob ich länger arbeiten dürfe? Ja schon, aber …

Fast genau zu dieser Zeit traf ich Greta, eine ältere Dame – entzückend und inspirierend –, die vor Leben nur so sprühte. Sie erzählte über ihre Erfahrung mit dem Altern, ich von der meinen. Nach ein paar intensiven Gesprächen während einer Veranstaltung fragte sie mich, warum ich denn kein Buch darüber schreiben wolle. Und das war’s – ich wollte.

Auch ich hatte mich früher immer wieder einmal mit dem Thema „Alter“ beschäftigt. Zugehört, wenn beispielsweise manche meiner Alters-Kollegen stolz von ihrem Ruhestand berichteten, und habe dabei verwundert gelernt, wie viele Jahre die meisten nicht mehr arbeiteten. Wenn ich mich zudem noch in unserem Freundeskreis umsah, fanden sich einige, die plötzlich besonders viel auf Reisen waren. Andere, welche Ehrenämter annahmen und wieder andere, die einem Chor beitraten oder das Töpfern lernten. Also neuerdings Beschäftigungen nachgingen, für die sie früher wenig oder gar keine Zeit hatten.

Demgegenüber las ich fast täglich in der Zeitung von Versicherungs-Mathematikern, die sich die Haare rauften – beim Nachdenken über den künftigen Umgang mit dem laufenden Älterwerden ihrer Kundschaft. Schließlich sei das durchschnittliche Lebensalter heute bereits bei über 80 Jahren und jedes Jahrzehnt kämen weitere 2 ½ Jahre dazu. Was zur Folge habe, dass ein Großteil der Berechtigten heute fast 20 Jahre seine späte Grundversorgung genießen könne! Immer öfter lese ich auch vom Pflegenotstand und der Unterversorgung mit ausländischen Pflegerinnen, ohne die unser Versorgungswesen komplett zusammenbrechen würde.

Ein paar Seiten weiter erfuhr ich jedoch von rüstigen 100-Jährigen auf höchsten Bergen oder Methusalems, die solo auf dem Fahrrad die Wüste Gobi durchquerten. Und die Top-Meldung war kürzlich eine 70-Jährige, die einen Sohn zur Welt gebracht hatte. Es hieß, es sei ihr erstes Kind!

Über meine eigene Zukunft hatte ich mir wenig Gedanken gemacht, denn ich bin seit rund 40 Jahren selbstständig. Da war so etwas wie Ruhestand nie eine Überlegung. Ich möchte auch heute noch weitere 15–20 Jahre arbeiten. Sicher nicht im selben Tempo wie bisher und nicht im gleichen Umfang, doch immer so, dass ich positiv mit dem beschäftigt bin, was ich gerade mache. Und dann kam die Idee zu diesem Buch, was dazu führte, dass ich mich intensiv mit dem Altern auseinandersetzte. Ich las viele Bücher und sprach mit interessanten Menschen. Ich bat manche von ihnen mir ein paar Zeilen zu diesem Thema zu senden und hiermit bedanke ich mich herzlich bei all jenen, die das taten. Waren die Texte Englisch, habe ich sie selber übersetzt.

Altern ist nicht immer lustig, oft sogar sehr unlustig. Altern ist nichts für Feiglinge, wie Joachim Fuchsberger es ausdrückte. Disziplin und rechtzeitige Planung allerdings helfen enorm und können uns das späte Leben massiv verbessern. Daher: Tun Sie etwas, lassen Sie die Dinge nicht einfach passieren. Befassen Sie sich positiv mit Ihrer Zukunft. Kümmern Sie sich um Ihre Freunde oder suchen Sie sich rechtzeitig neue, denn Freundschaft braucht einen „Vorlauf“. Trennen Sie sich von „schlechten“ Freunden, denn deren Gedanken und deren Gehabe sind ansteckend wie faule Äpfel in einer Kiste. Vergessen Sie das Geschwätz, es hat keine Bedeutung! Ich kann diesen Satz gar nicht oft genug lesen, schreiben oder sagen. Immer wieder fallen mir Gespräche ein, in denen ich bissige Kommentare, blöde Nachreden oder alle Arten von sonstigem Geschwafel über die eine oder den anderen vorgelabert bekam – Ohren zu oder Hörer auflegen ist meine unbedingte Empfehlung!

Lösen Sie sich von Objekten, denn das geschieht ohnedies. Jetzt aber können Sie noch mitreden. Dasselbe denke ich mir auch zur Wohnversorgung, hier ist das rechtzeitige Anpassen ebenso wichtig. Nutzen Sie medizinische Möglichkeiten aller Art, und gönnen Sie Ihrem Körper alle Annehmlichkeiten der modernen Zeit wie beispielsweise Ayurveda-Massagen oder neue Titan-Knie. Und wenn die Falten Ihrem positiven Selbstwertgefühl zu sehr im Wege stehen, lassen Sie sie wegmachen. Pflegen Sie ihr Sozialleben, genießen Sie die Zeit beim Nichtstun, erlauben Sie sich Verrücktheiten, die Sie immer schon machen wollten. Entdecken Sie neue Talente und graben Sie Ihre alten aus. Geben Sie Ihr Wissen, Ihre Erfahrung weiter, wo immer es geht. Denn genau IHRE Kenntnisse über seltene Apfelsorten oder giftige Pilze sind gefragt. Bringen Sie möglichst viele junge Leute dazu, freudig Neues zu lernen. Tun Sie etwas – und warten Sie nicht!

Auch die Beschäftigung mit dem Tod war ein unvermeidlicher Bestandteil dieses Buches. Aber wie sagte der griechische Philosoph Epikur?

Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.

Jeder möge das interpretieren wie er will, doch eines ist sicher: Wir können ihm nicht entrinnen. Entrinnen können wir aber der Ruhestands-Falle: uns nur noch zurückzulehnen und zu warten. Nicht zu leben, sondern nur noch da zu sein und auf den Tod zu warten.

Das kann ich über mich nicht sagen, ich habe schon bis jetzt intensiv gelebt und fast keinen Fehler ausgelassen. Und ich freue mich bereits heute auf alle weiteren Fehler! Wenn ich gehen muss – so soll’s sein. Danke Herrgott, danke für alles, es war toll! Und wenn ich gegangen bin, hoffe ich, dass viele sagen: „Schön, dass er da war“ (übrigens eine nette Grabinschrift). Und wenn nicht, dann habe ich zu vieles falsch gemacht. Lustig soll die Musik sein, freudig das Fest. Und wenn dann ein Schmetterling über unsere Gesellschaft fliegt, ja, dann bin ich das. Denn ich halte es wie Laotse, der einst sagte:

Was für die Raupe das Ende ihres Daseins, ist für den Rest der Welt ein Schmetterling.

William Shakespeare hatte für sein Stück „Wie es Euch gefällt“ sieben Akte gewählt, das gefällt mir. Angelehnt an den großen Meister unterteile auch ich die Notwendigkeiten eines positiven Zugangs zum Alter in deren sieben:

leben, lernen, laufen, lachen, lieben, lösen und lehren

Natürlich ist die Gewichtung der Kapitel unterschiedlich, alle jedoch scheinen mir wichtig und alle passieren zeitgleich. Jedes einzelne halte ich für nötig, um möglichst gesund und fröhlich älter zu werden. Sie sind Information und – wie der Titel meines Buches – ermunternde Aufforderung zugleich.

Und bevor ich Sie in meine Welt der „heiteren sieben ‚l‘“ führen darf, erlauben Sie mir noch diesen Hinweis: Ich liebe weibliche Wesen, sie sind, meiner Überzeugung nach, den männlichen ebenbürtig. Dennoch finde ich es überzogen und der Emanzipation nicht dienlich, wenn in Texten jedes maskuline Wort auch weiblich ausgedrückt werden muss. Ich verwende daher aus Gründen der besseren Lesbarkeit die jeweils geläufige Form von Substantiven und bitte bei allen Damen um Nachsicht. Sollte ich damit Ihre Gefühle verletzen, so werde ich mich gerne bei einem Glas Prosecco entschuldigen – und sofern diese Einladung als zu forsch aufgefasst wird, dürfen Sie dann gerne selber zahlen.

leben

Ach, wie ist das Leben schön!

Die Kinder sind prächtig geraten und beide aus dem Haus; die Enkelin, die süße kleine „Terroristin“, dürfen wir des Öfteren um uns haben, aber müssen selten. Zuhause ist es warm und wir wissen, wo wir morgen unser Essen herbekommen. All das als Besonderheit, als Privileg der geografischen Lage sowie unserer Zeit, welche bloß ein kleines Fenster der Geschichte gewesen sein wird. Kein Krieg seit mehr als 70 Jahren, so etwas hat es hier seit Jahrhunderten nicht gegeben. Aufgewachsen in einer heilen Umgebung, sauber, sicher, bequem, Wohlstandskinder eben. Aber immer wieder mit traurigen Ereignissen konfrontiert, mit Flüchtlingsdramen zum Beispiel, die uns in Mitteleuropa jedoch in Wahrheit nur sehr am Rande treffen. Seien wir ehrlich, was bedeuten eine oder zwei Millionen Menschen mehr unter uns 500 in der EU?

Die einzige wirkliche Bedrohung derzeit ist ein Virus. Covid-19, im Volksmund: Corona. Bedingt durch unser Leben, das uns in kürzester Zeit an jeden Ort der Welt bringt, und durch Lieferketten der Globalisierung, die Produkte oder Teilprodukte aus aller Herren Länder zusammenfügt, ist es überall zu finden. Und trotz riesiger Anstrengungen und Restriktionen wird das wohl auch noch ein bisschen länger so bleiben. Zumindest bis die meisten von uns dagegen geimpft sind.

Damit gehen aber auch Massenentlassungen einher, weniger Arbeit verteilt auf immer weniger Menschen. Eine rasant fortschreitende Digitalisierung, die alte Arbeitsstrukturen dramatisch ändern wird. Und eine vermutlich nicht zu vermeidende Konfrontation Alte gegen Junge. Die nicht (in Quarantäne) eingesperrt sein wollen, die meinen, dass die Älteren, die ihre Zukunft ohnedies schon hinter sich haben, ihnen ihre Arbeitsplätze streitig machen.

Wie dieses Match ausgehen wird, steht in den Sternen. Was wir aber schon heute wissen, ist: Wir werden langsam aussterben, wir re-produzieren uns nämlich zu wenig. Woher das kommt? Vielleicht daher, dass gemäß einer Berliner Altersstudie von Karolina Kolodziejczak und Denis Gerstorf rund ein Drittel der Senioren mehr Sex hat als die 20–30-Jährigen. Das hilft halt in Blickrichtung auf mehr Kinder wenig. Denn unsere Reproduktions-Verweigerung hat andere Gründe, wie zum Beispiel Angst vor Arbeitslosigkeit, große Karriere-Wünsche, traurige Aussichten für alleinerziehende Mütter, Religion, schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Es gibt also relativ und absolut immer mehr „Alte“. Doch was ist alt?

Die Dehnung der Zeit

Die Wissenschaft unterscheidet „junge Alte“ und „alte Alte“ oder spricht vom „dritten“ und „vierten Lebensalter“. Beide meinen so ziemlich dasselbe, nämlich den Zeitraum von ca. 60–80 Jahren und darüber hinaus. Früher war das für uns Jüngere ganz klar: die einen waren die „Oldies“, die anderen die „Kompostis“. Erinnern Sie sich noch an Ihr letztes Klassentreffen? Mir kommt da immer vor: lauter alte Leute. Einer schien mir letztens sogar seinen Vater zum Maturatreffen gesandt zu haben … Wir fühlen uns offensichtlich immer deutlich jünger, als wir tatsächlich sind. Was bedeutet „Alter“ denn wirklich, was gezählte Jahre? Warum vergeht für die einen die Zeit soo langsam, für andere wiederum soo schnell? Ein paar Beiträge von Menschen unterschiedlichen Alters können uns möglicherweise Antwort geben.

Nehmen wir einmal meine Enkelin: süß, blond, schlimm, manchmal sehr schlimm, aber immer überaus süß. Fast fünf Jahre alt. Sie freut sich wie eine Schneekönigin auf ihren fünften Geburtstag. „Sophie, was bedeutet denn dein fünfter Geburtstag?“, frage ich und versuche arglos zu erscheinen, denn sonst wäre der Roller oder das Puppenhaus viel wichtiger als dieses „ernste“ Gespräch. Spontan sagt sie: „Dann kriege ich braune Haare!“ „Aha, und warum?“ „Meine Mami hat braune Haare, genauso wie der Papi und ich habe jetzt noch blonde.“ „Okay, noch was?“ „Dann kriege ich auch dicke Arme!“ „Wofür?“ „Dann kann ich endlich Mamis Uhr tragen“, was bedeutet, dass sie dann ebenso auf ihr Handgelenk passen wird. „Und noch etwas?“ „Ja, dann kriege ich Schulzähne!“ „Was bitte sind Schulzähne?“ „Das weißt du nicht, dummer Opapa? Das sind die Zähne, die dann kommen, wenn ich endlich in die Schule gehen darf!“ Sophie ist also in dem Alter, in dem alles unendlich weit weg ist und kaum zu erwarten.

Ähnlich sah es auch Marianne, als sie selbst noch Schülerin war: Maturanten waren für sie „die Götter in Weiß, denn diese haben es geschafft, sind erwachsen und dürfen nun alles“. Ihre Eltern schienen ihr damals „ur-alt“. Jetzt mit 30+ sieht für sie alles ganz anders aus: Heute sind ihre Altvorderen „richtig jung“, die 18-Jährigen hingegen „Gemüse“.

Und wie fühlt man sich als 50-Jähriger, eventuell sogar mit einem Kleinkind? Florian weiß es: „Ich bin 50 Jahre alt.“ „Na und? – Das sind viele.“ „Ich bin 50 und Unternehmer.“ „Ok, deren gibt es ebenfalls viele.“ „Ich bin 50, Unternehmer und seit Kurzem Vater.“ „Gewonnen, das sind nicht viele. Wie fühlt es sich an, in dem Alter Jungpapa zu sein?“ „Anders, ganz anders. Ich habe schon eine erwachsene Tochter, und nun ein weiteres Kind, das ihre Tochter sein könnte. Plötzlich sehe ich mein Elterndasein ganz anders als damals. Heute habe ich, nein, nehme ich mir die Zeit. Will der Kleinen beim Wachsen zusehen – weil ich jetzt weiß, was ich damals versäumt habe.“ „Hast Du Zukunftsängste?“ „Ängste, nein, nicht wirklich. Aber ganz andere Überlegungen. Als ich zum ersten Mal Vater wurde, war mir die Zukunft eher egal. Der Moment hat gezählt, der Rest würde sich ergeben. Heute? Da denke ich an Verantwortung, habe zum ersten Mal in meinem Leben Gedanken wie: Kann ich lange genug verdienen, damit wir unserer Kleinen eine ordentliche Erziehung und Ausbildung finanzieren können? Wie alt bin ich, wenn die Kleine Abitur macht? Darf ich weiterhin rasante Hobbys ausüben – wenn mir da etwas zustößt? Meine Zeit wird knapp. Ich muss plötzlich vorsorgen, sorgfältig planen und unvermutet spielt mein Alter eine Rolle.“

Lassen wir es schließlich Dru, eine wunderbare Dame aus Sydney in ihren 70ern, die alle Höhen und Tiefen des Lebens erfahren hat, selbst ausdrücken, was alt sein für sie bedeutet: „Jedes Alter, das man gerade hat, ist das Beste, 60 Jahre, 70 oder gar 80? – für jeden von uns hat das Altsein eine andere Bedeutung. Vermutlich gemeint ist aber die Zeit ab 65, weil dann eine Reihe von Änderungen passiert: Du bekommst eine Seniorenkarte, eine Rente und Rabatte auf Reisen oder Versicherungen. Mit 75 sind dann ärztliche Untersuchungen erforderlich, wenn du deinen Führerschein behalten willst. Und mit 85 musst du [in Australien] zusätzlich nachweisen, dass du das Fahren körperlich noch schaffst.

Heute bin ich fast 75 Jahre alt und darf sagen, dass ich mein Leben jetzt mehr denn je genieße. Ich bin glücklich mit der Person, die ich bin, ich fühle mich von Familie und Freunden geliebt und betreut. Um dies zu erreichen, gab es jedoch in meinen jüngeren Jahren viele Erfahrungen, die ich niemandem wünsche. Ich habe jetzt ein Gefühl großer Zufriedenheit, zumal meine drei Jungen zu Männern herangewachsen sind, auf die ich besonders stolz bin. Obwohl ohne Vater groß geworden, sind sie jetzt, in ihren 40ern wunderbare Menschen, die nicht nur meine Söhne, sondern auch meine Freunde geworden sind. Glücklicherweise habe ich zudem einen Partner, der mich liebt, der sein Bestes tut, um mein Leben angenehm, lustig und voller Lachen zu gestalten. Ich merke erst jetzt, dass es Wichtigeres im Leben gibt als materielle Besitztümer.

Also, kurz gesagt, ich liebe das ‚ältere Alter‘ – es ist fantastisch! Ich kann meistens tun, was ich will (innerhalb von Grenzen), ich habe eine tolle Familie und viele Freunde – das Leben meint es richtig gut mit mir!“

Das gefühlte Alter

Wir sehen, Alter bedeutet für fast jeden von uns etwas anderes. Es hängt von den Lebensumständen ab, aber ebenso von der jeweiligen Umgebung. Wie sehr sich das unterscheiden kann und was es zur Folge hat, berichtet Cornelia Werner im Hamburger Abendblatt1:

„Den Anfang machte eine ungewöhnliche Studie: Die amerikanische Sozialpsychologin Ellen J. Langer startete 1979 ein Experiment mit älteren Menschen in einem abgeschiedenen Kloster. Das Experiment sollte ihre Sicht auf das Altern entscheidend beeinflussen. Männer im Alter zwischen Ende 70 und Anfang 80 wurden in zwei Gruppen zu je acht Teilnehmern aufgeteilt. Beide Gruppen hielten sich für eine Woche in einer Umgebung auf, wie sie 1959 existierte, mit Schwarz-Weiß-Fernsehen, Musik von Nat King Cole und Filmen wie ‚Ben Hur‘. Gleichzeitig wurde die experimentelle Gruppe aufgefordert, sich vorzustellen, es sei tatsächlich das Jahr 1959. Alles, was in ihrem Leben nach dieser Zeit geschah, sollte in dieser Woche tabu sein. Die Kontrollgruppe erhielt eine andere Aufgabe, nämlich sich rückblickend mit all dem auseinanderzusetzen, was sie seit 1959 erlebt hatte.

Das Ergebnis des Experiments: Beide Gruppen waren ‚jünger‘ geworden, aber bei denen, die sich 20 Jahre zurückversetzt hatten und dort ‚quasi lebten‘, waren deutlicher Veränderungen messbar: So hatte sich unter anderem die Beweglichkeit ihrer Gelenke verbessert, und in Intelligenztests waren stärkere Verbesserungen festzustellen. Und auf Fotos wurden alle Teilnehmer der experimentellen Gruppe von neutralen Betrachtern nach dem Versuch als deutlich jünger bewertet.“

Der Satz „Wir sind so jung, wie wir uns fühlen“ gewinnt damit neue Aktualität. Wie wir alt werden, wird stark von unseren Vorstellungen vom Altern beeinflusst, davon, welche Bilder wir vor Augen haben, wenn wir an alte Menschen denken, behauptet Langer. Ihre Ergebnisse der jahrzehntelangen Arbeit hat die Harvard-Professorin in ihrem Buch „Counterclockwise“2