Identitätspolitik - Bernd Stegemann - E-Book

Identitätspolitik E-Book

Bernd Stegemann

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Beschreibung

Identitätspolitik ist ein sperriges Wort und viele aufgeregte Debatten kreisen darum. Keiner vermag es so recht zu erklären, dabei ist der Kern dieses Kampfbegriffs so alt wie die Menschheit. »Wir zuerst!« ist ein Schlachtruf, der zu allen Zeiten ertönt ist. »America first« ist Identitätspolitik, aber auch »Black Lives Matter« nutzt die Schlagkraft, die von dem »Wir zuerst!« ausgeht. Beiden Parolen ist eine rätselhafte Mischung aus Plattitüde und Angriff zu eigen. Natürlich zählen Schwarze Leben. Doch der Ruf wird militant, wo die Aussage »All Lives Matter« nicht mehr akzeptiert wird. Warum sollen »alle Leben« nicht zählen, und warum sollen nur »Schwarze Leben« zählen? Oder geht es darum gar nicht? Mit diesen Fragen, die ins Herz der Identitätspolitik führen, beginnt Bernd Stegemann seinen ideengeschichtlich fundierten Essay, in dem er einen Blick auf die Kipppunkte der Identitätspolitik wie Opfermanagement, Intimkommunikation, Cancel Culture, Critical Race Theory oder Wokeness wirft und die Frage nach der Zukunft des Universalismus stellt. 

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Identitätspolitik

Fröhliche Wissenschaft 227

Bernd Stegemann

Identitätspolitik

Inhalt

Einleitung

1. Identitätspolitik: archaisch und postmodern

2. Der Kampf um Anerkennung

3. Die zwei Hypotheken der Identitätspolitik

4. Identitätspolitik versus Klassenpolitik

5. Identitätspolitik versus Universalismus

6. Die doppelten Standards der Identitätspolitik

7. Kipp-Punkte der Identitätspolitik

Opfermanagement

Magische Sprache

Die dunkle Macht der Intimkommunikation

Cancel Culture

Critical Race Theory

Woker Aktivismus

8. Ideologische Sackgassen

9. Identitätspolitik als Herrschaftsideologie

10. Das Ende des Universalismus

Ausblick: »You won’t like, what comes after the USA.«

Anmerkungen

Einleitung

Identitätspolitik ist ein sperriges Wort, und viele aufgeregte Debatten kreisen um den Begriff, den keiner so recht zu erklären vermag. Dabei ist der Kern von Identitätspolitik so alt wie die Menschheit. »Wir zuerst!« ist der Schlachtruf, der zu allen Zeiten ertönt ist. »America first« ist Identitätspolitik, aber auch »Black Lives Matter« nutzt die Schlagkraft, die von dem »Wir zuerst!« ausgeht. Beiden Parolen ist eine rätselhafte Mischung aus Plattitüde und Polemik zu eigen. Natürlich zählen schwarze Leben. Doch der Ruf wird militant, wo die Aussage »All Lives Matter« nicht mehr akzeptiert wird. Warum sollen »alle Leben« nicht zählen, und warum sollen nur »schwarze Leben« zählen? Diese Frage führt ins Herz der Identitätspolitik.

In einer ersten Definition könnte man festhalten: Identitätspolitik ist Politik der ersten Person. »Wir zuerst!« und »Ich als Identität X« sind die Fundamente einer solchen Politik. Nun könnte man einwenden, dass doch jede Politik die Interessen einer Gruppe vertritt. Politik ist immer Identitätspolitik. Dieser Einwand ist berechtigt, denn Identitätspolitik ist die älteste Form von Politik. Sie spricht die archaischen Instinkte der Urhorde an. Wir halten reflexartig zusammen gegen die anderen, die meistens die Feinde sind. Aus dieser historischen Tatsache folgte aber die Einsicht, dass die immerwährende Arbeit der Zivilisation darin besteht, die polemogene Kraft der Identitätspolitik einzuhegen. Gelingt diese Befriedung, können Konflikte gelöst werden, gelingt die Befriedung nicht, stehen sich feindselige Wir-Gruppen gegenüber, deren Ziel nicht mehr das gemeinsame Leben, sondern die Auslöschung der Feinde ist. Bedenkt man die unheilvolle Geschichte der Identitätspolitik, wird die Frage, warum dieser archaische Politikstil heute so viel Zulauf erhält, relevant. Und bedenkt man die identitätspolitischen Exzesse, mit denen Deutschland im 20. Jahrhundert gewütet hat, so ist es unerklärlich, warum gerade auf der linken Seite des politischen Spektrums Identitätspolitik für ein legitimes Mittel gehalten wird.

Meine Versuche, darauf Antworten zu finden, werden sich einen Weg durch verschiedene Aspekte der Identitätspolitik bahnen. Schon an der ersten Gabelung fällt auf, dass die Erkundung durch falsche Schilder erschwert wird. So wird vor allem von linken Identitätspolitikern geleugnet, dass sie Identitätspolitik betreiben. Die Leugnung geht häufig so weit, dass die Existenz von Identitätspolitik bestritten wird.1 Dieser falschen Wegmarkierung darf aber nicht geglaubt werden, denn sie ist eine politische Strategie, mit der linke Identitätspolitik ihre Absichten besser durchsetzen will. Denn gerade linke Identitätspolitiker wissen um den archaischen Kern ihrer politischen Methode und sie wissen, dass dieser Kern zum Arsenal reaktionärer Politik gehört. Es erscheint ihnen also ratsam, diesen Kern zu verleugnen, da er im eklatanten Widerspruch zu ihren politischen Inhalten steht. Die Existenz von Identitätspolitik zu leugnen, gehört also bereits zu den Mitteln der Identitätspolitik.

In diesem argumentativen Trick wird ein zentrales Problem der Identitätspolitik angewendet: Sie führt doppelte Standards ein. Alles, was das Wir für richtig hält und was seinen Zwecken hilft, ist gut. Nutzt der politische Gegner die gleichen Mittel für seine Zwecke, dann sind diese Mittel böse. Linke Identitätspolitik ist gut, rechte Identitätspolitik ist schlecht, und umgekehrt. Die doppelten Standards führen zu unlösbaren Folgeproblemen. Wenn jedes Wir für sich eigene Regeln beansprucht und allen anderen Wir-Gruppen die Berechtigung auf die gleichen Regeln abspricht, sind Einigungen nicht mehr möglich. In ausdifferenzierten Gesellschaften gibt es unendlich viele Widersprüche, die einer Verständigung bedürfen. Aber durch die doppelten Standards werden aus Widersprüchen unlösbare Konflikte. Wer die Interessen der anderen Seite nur noch unter der Perspektive der Feindschaft sieht, der ist zur Verständigung nicht mehr bereit. Denn ein Kompromiss mit dem Feind käme einem Verrat an der eigenen Sache gleich.

Die zivilisierende Kraft der Demokratie besteht darin, dass alle Seiten ihre Interessen nach den gleichen Regeln beanspruchen dürfen. Identitätspolitik verletzt diese Gleichheit, indem sie verschiedene Regeln für die verschiedenen Gruppen fordert. Die Ängste junger Menschen vor dem Klimawandel sind relevant und müssen von der Politik viel mehr beachtet werden. Die Ängste älterer Menschen vor Migration sind hingegen irrelevant und dürfen von der Politik auf keinen Fall beachtet werden, und wiederum umgekehrt. Doch eine Gesellschaft braucht ein Fundament von geteilten Werten und Wahrheiten. So sollte »Alle Leben zählen« zu den Werten gehören, auf die sich alle einigen können. Wenn aber Menschen aufgrund dieses Wertes ihren Arbeitsplatz verlieren, wie es während der Black Lives Matter-Proteste in den USA passiert ist, dann wird das gemeinsame Fundament zum Kampfplatz der doppelten Standards. Wer »America first!« fordert, muss auch damit rechnen, dass für eine »Russki Mir!« gekämpft wird. Doch beide Ansprüche löschen sich gegenseitig aus. Identitätspolitik ist also nicht nur archaisch in ihrem Menschenbild, sondern sie ist auch zerstörerisch für alle zwischenstaatlichen und demokratischen Verfahren.

Schon nach diesem ersten Überblick stellt sich die Frage nochmal vehementer, warum immer mehr linke Gruppierungen zu den Mitteln der Identitätspolitik greifen. Und es stellt sich die Frage, was mit Links gemeint ist, wenn doch die Methode und die Folgen der Identitätspolitik eindeutig einem reaktionären und archaischen Menschen- und Gesellschaftsbild entsprechen.

Die Versuche, darauf Antworten zu finden, werden durch viele Widersprüche und falsche Vereinfachungen manövrieren. Der gemeinsame Kern all dieser politischen Handlungen ist, dass sie eine Stressreaktion auf die Zersplitterung der Gesellschaft sind. Identitätspolitik verspricht ebenso wie der Populismus einfache Lösungen in einer komplizierten Zeit. Die dialektische Pointe besteht aber in beiden Fällen darin, dass diese Stressreaktionen das Phänomen der Zersplitterung immer weiter vergrößern. Identitätspolitik bewirkt also nicht nur auf der Ebene der Kompromissbildung, sondern auch auf der Ebene des zivilisierten Miteinanders das Gegenteil von dem, wofür sie angetreten ist. Sie stiftet Feindschaften, wo sie Gleichberechtigung schaffen will, und sie verhindert Kompromisse, wo sie Lösungen erzwingen will. Es gibt also nicht nur viele Gründe, diese regressive Form der Politik zu kritisieren, sondern es ist dringend notwendig, ihre argumentative Methode genauer zu beschreiben, um deren toxische Ausbreitung einzudämmen.

1. Identitätspolitik: archaisch und postmodern

Identitätspolitik ist die älteste Form von Politik und zugleich die aktuell erfolgreichste. Sie ist die älteste Form von Politik, da sie das einzelne Interesse an eine Gruppenidentität bindet und daraus eine robuste Waffe formt. Von der Urhorde über den Clan bis zur neuzeitlichen Nation definiert sich die Stellung des Einzelnen über sein Verhältnis zu etwas Größerem. Mit der Formel: »Ich als …« macht sich der Einzelne zum Teil einer Gruppe und schließt sein Wollen an eine höhere Macht an. Im Umkehrschluss wird die Gruppe, wenn sie sich auf eine gemeinsame Identität stützt, zu einer schlagkräftigen Einheit. Die Formel: »Wir als …« hat deutlich mehr Kraft als der vereinzelte Ruf nach Anerkennung. Die Politik der Identität verläuft also in beide Richtungen. Sie macht die Identität zum Ausgangspunkt des politischen Handelns (Ich als X fordere) und sie stärkt die Identität durch ihre Politik (Wir sind als Identität X legitimiert).

Identitätspolitik ist aktuell erfolgreich, weil sie die Sehnsucht des Menschen nach Anerkennung zu erfüllen verspricht. In einer zersplitterten Welt scheint die Sehnsucht jedes Einzelnen, gesehen und gehört zu werden, unerfüllt zu bleiben. Eine Politik, die die eigene Identität zum Thema hat, ist eingängig, da jeder gerne der eigenen Geschichte zuhört. Und in einer multikulturellen Gesellschaft ist eine Politik, die die Interessen einer Identität vertritt, durchsetzungsstark, da sie im Chaos der Bruchlinien eine klare Orientierung bietet. Identitätspolitik nutzt die archaischen Energien der gekränkten Ehre und der Entgegensetzung von Freunden und Feinden. Darum ist sie in einer komplexen Welt wirksam, da sie hilft, einen Überblick zu behalten. Der neue Aufschwung der alten Politik ist inzwischen jedoch so erfolgreich, dass ihre blutige Historie darüber vergessen wurde. Die Forderung »Wir als Nation« hat die Geschichte Europas durch Kriege geprägt. Völker wurden zu Kampfeinheiten zusammengeschweißt, und den wenigen Menschen, die vom Krieg nicht überzeugt waren, wurden mit der identitätspolitischen Propaganda das notwendige Ressentiment gegen den Feind und der blinde Zusammenhalt mit der Nation eingebläut.2

In der deutschen Vergangenheit hat die Rhetorik des Nationalsozialismus das Ausmaß identitätspolitischer Regression exemplarisch vorgeführt. Die Nazi-Reden schwankten zwischen Selbstmitleid über eine lange Kette der Demütigungen und dem einzigartigen Auftrag, den die deutsche Identität in der Welt zu erfüllen habe. Angetrieben wurde die aufpeitschende Rhetorik von dem Ressentiment der gekränkten Volksseele und der Verheißung, dass der Tag des Zorns bald kommen würde.3

Seit den Nazi-Exzessen des »Wir zuerst« sollte der Auftrag für die Nachgeborenen vor allem in Deutschland darin bestehen, die Politik der gekränkten und darum gewaltbereiten Identitäten einzudämmen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Seit die Milieus, die sich als progressiv verstehen, die älteste Politikform zur Durchsetzung ihrer Interessen entdeckt haben, entstehen täglich neue Konflikte um Identitäten und ihre Vorrechte. Vergessen scheinen alle Erinnerungen an den blutigen Kampf der Identitäten. Die neue Legitimation lautet, dass es dieses Mal wirklich um die gute Sache ginge und dass es dieses Mal wirklich die Unterdrückten seien. Doch auch die gutgemeinte Reaktivierung der regressiven Kräfte bleibt ein Spiel mit dem Feuer.

Wird die Frage nach der gemeinsamen Identität zur Basis politischen Handelns, so entsteht eine gefährliche Mischung aus subjektivem Wollen, gemeinsamen Empfindlichkeiten und einer daraus abgeleiteten Legitimation für das »Wir zuerst«. Der verhängnisvolle Zirkelschluss der Identitätspolitik besteht darin, dass die eigenen Ansprüche eine besondere Berechtigung haben, weil sie in einer besonderen Identität begründet sind. Und die eigene Identität ist besonders, weil sie besondere Ansprüche hat. Der Appell an die eigene Identität wirkt selbstverstärkend, da alle Eigenarten zum Beweis einer Besonderheit werden, die den Zusammenhalt stärkt. Aus diesem Zusammenhalt werden die robusten Forderungen abgeleitet, die von allen anderen berücksichtigt werden müssen. So verstärken sich die Konflikte, weil die Widersprüche zu eindeutigen Fronten zwischen dem guten Wir und dem bösen Anderen verhärten. Identitätspolitik stärkt das Gemeinschaftsgefühl und ist eine Politik für tribalistische Gemeinschaften, die sich in einer feindlichen Umwelt behaupten müssen. Wird ihre Methode in ausdifferenzierten Gesellschaften angewendet, so führt sie zu einer Retribalisierung, da aus sachlichen Widersprüchen wieder Stammeskämpfe werden.

Eine nichtidentitäre Politik kann nach anderen Wegen suchen, um Konflikte als sachliche Widersprüche verhandelbar zu machen. So wurden in der BRD von Jürgen Habermas eine auf universalistischen Normen beruhende Politik oder von Niklas Luhmann eine auf geregelten Verfahren basierende Legitimation ausgearbeitet. Beide Modelle stellen einen kategorischen Fortschritt zu dem alten Modell der Identitätspolitik dar. Sie befreien aus dem Zwang, alle Widersprüche als Konflikte zwischen feindlichen Parteien zu betrachten. Und sie formulieren die Interessen neutral und nicht als eine Frage der Identität, womit sie dabei helfen, Kompromisse zu finden. Die geflügelten Worte vom »zwanglosen Zwang« des besseren Arguments und einer »Legitimation durch Verfahren« wurden zum Kennzeichen eines solchen nüchternen Politikstils.

Da jeder für seine Interessen die besten Argumente suchen und auf die Neutralität der Verfahren vertrauen kann, herrscht auf dieser Ebene schon die erstrebte Gleichheit. Eine gerechte Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass vor dem Gesetz alle gleich sind und der rationale Gehalt eines Arguments gilt, unabhängig davon, wer es sagt und wann es gesagt wird. Solange die gleichen Regeln der Rationalität und intersubjektiven Plausibilität gelten, ist die zivilisatorische Basis für Gleichheit gegeben. Das Ziel ist also nicht Ergebnisgleichheit, sondern Chancengleichheit.

Doch die Phase der Ausnüchterung scheint beendet. Überall in der Welt flammen die heißen Konflikte wieder auf. Der Duell-Charakter zwischen Gut und Böse, wie ihn etwa der US-amerikanische Wahlkampf inszeniert und populistische Politiker in allen Ländern praktizieren, erscheint den komplexitätsmüden Zeitgenossen immer öfter eine willkommene Orientierung. Je mehr die historischen Erinnerungen an die amoklaufende Identitätspolitik verblassen, desto mehr schwindet auch die Vorsicht vor ihrer Widerauferstehung. Überall entzünden sich neue mikronationalistische Konflikte, die mit dem Recht auf eine eigene Identität angeheizt werden. Und überall werden sachliche Widersprüche zu fundamentalen Kämpfen erklärt, in denen es nur noch Sieger und Besiegte geben kann. Die Politik der gekränkten Identität bildet damals wie heute den Brandbeschleuniger des Nationalismus, darüber hinaus ist sie ein Treiber des immer stärker werdenden religiösen Fundamentalismus. Aber auch inmitten der befriedeten Gesellschaften entstehen identitätspolitisch erhitzte Kulturkämpfe.

Die Regression, die sich seit einigen Jahrzehnten in den multikulturellen Gesellschaften vollzieht, besteht in der Anwendung der Identitätspolitik für die Durchsetzung partikularer Interessen. Als erste regressive Tendenz fällt auf, dass der zwanglose Zwang des besseren Arguments seine befriedende Kraft verliert. An seine Stelle setzt sich die archaische Macht der identitären Behauptung: Der Wert einer Aussage bemisst sich daran, wer sie getätigt hat. Nicht mehr der rationale Gehalt des Arguments überzeugt, sondern die Position des Sprechenden ist entscheidend. Dieses neue Wahrheitsregime wird vor allem von linker Identitätspolitik durchgesetzt.

Linke Identitätspolitik ist eine neue Form der alten Identitätspolitik. Denn sie verbindet in einer paradoxen Weise Ressentiment, aggressive Identitätsbehauptungen und postmoderne Dekonstruktionen ebendieser Behauptungen von Eigentlichkeit. Die Paradoxie besteht in der gleichzeitigen Nutzung der archaischen Triebkraft des kollektiven Egoismus und der Dekonstruktion ebendieser Wir-Konstruktionen. Sie behauptet eine eindeutige Identität, und zugleich warnt sie vor der Gewalt, die von eindeutigen Identitäten ausgeht. Sie ist Befreiung aus der alten Identitätspolitik, und zugleich will sie eine neue, paradoxe Politik der Identitäten durchsetzen. Mit diesen widersprüchlichen Argumenten ist die neue Identitätspolitik ein Kind der Postmoderne.