Ihr letzter Wunsch (Ein Rachel Gift FBI-Suspense-Thriller – Band 1) - Blake Pierce - kostenlos E-Book + Hörbuch

Ihr letzter Wunsch (Ein Rachel Gift FBI-Suspense-Thriller – Band 1) Hörbuch

Blake Pierce

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Beschreibung

FBI Special Agent Rachel Gift ist eine der brillantesten FBI Agenten bei der Jagd auf Serienmörder. Eigentlich wollte sie das für immer tun – bis sie erfährt, dass sie nur noch wenige Monate zu leben hat. Fest entschlossen, kämpfend unterzugehen und ihre Diagnose geheim zu halten, stellt sich Rachel ihrer eigenen Sterblichkeit, während sie versucht, anderen das Leben zu retten. Aber wie lange wird sie durchhalten, bis sie unter der Last des Ganzen zusammenbricht? "EIN MEISTERWERK ZWISCHEN THRILLER UND MYSTERY. Blake Pierce ist es gelungen, Charaktere zu entwickeln, deren psychologische Seite so gut beschrieben ist, dass wir uns in ihre Gedanken hineinversetzen, ihre Ängste nachvollziehen und ihre Erfolge bejubeln können. Dieses Buch ist voller Wendungen und wird Sie bis zur letzten Seite wachhalten." --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (re Verschwunden) IHR LETZTER WUNSCH (Ein Rachel Gift FBI-Thriller – Buch 1) ist der Debütroman einer lang erwarteten neuen Serie von #1-Bestseller- und USA Today-Bestsellerautorin Blake Pierce, deren Bestseller Verschwunden (kostenloser Download) über 1.000 Fünf-Sterne-Bewertungen erhalten hat. Die 33-jährige FBI-Agentin Rachel Gift, die sich wie keine andere in die Gedankenwelt von Serienmördern hineinversetzen kann, ist ein aufsteigender Stern in der Abteilung für Verhaltensdelikte – bis sie bei einem routinemäßigen Arztbesuch erfährt, dass sie nur noch ein paar Monate zu leben hat. Um niemanden mit ihrem Schicksal zu belasten, beschließt Rachel, keinem davon zu erzählen – nicht einmal ihrem Chef, ihrem Partner, ihrem Mann oder ihrer siebenjährigen Tochter. Sie will kämpfend untergehen und dabei so viele Serienmörder wie möglich dingfest machen. Im Bundesstaat Virginia treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der es auf Frauen abgesehen hat, die sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung unterziehen. Rachel taucht in seine kranke und verschrobene Psyche ein, um sein Motiv und die Verbindung zwischen den Opfern zu verstehen. Hinzu kommt, dass der Fall ihr persönlich nahe geht und Erinnerungen an ihre eigene Fruchtbarkeitsbehandlung und ihren gescheiterten Versuch, ein zweites Kind zu bekommen, wachruft. Als sie einen diabolischen, inhaftierten Serienmörder um Hilfe bittet, wird ihr schnell klar, dass dies ein Fehler war. Hat er sie etwa durchschaut? Kann Rachel ihr Geheimnis bewahren und ihren immer schlechter werdenden Gesundheitszustand lange genug vertuschen, um den Auftrag zu beenden? Kann sie ihre eigene Wunschliste erfüllen, bevor sie stirbt? Und kann sie wird es ihr gelingen, nicht in das dunkle Loch ihrer eigenen traumatischen Vergangenheit hinabzusteigen? Die RACHEL GIFT-Reihe besteht aus fesselnden und packenden Thrillern mit einer brillanten und mutigen FBI-Agentin. Die Krimis sind spannungsgeladen, voller Wendungen und schockierender Geheimnisse und dabei so mitreißend, dass man die Bücher bis spät in die Nacht hinein nicht aus der Hand legen kann. Die Bücher #2 und #3 der Reihe – IHRE LETZTE CHANCE und IHRE LETZTE HOFFNUNG – sind ebenfalls erhältlich.

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Zeit:8 Std. 8 min

Veröffentlichungsjahr: 2022

Sprecher:Blake Pierce

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IHR LETZTER WUNSCH

(Ein Rachel Gift FBI-Suspense-Thriller – Band Eins)

Blake Pierce

Blake Pierce ist Autor der erfolgreichen Mystery-Reihe RILEY PAGE, die aus siebzehn Büchern besteht. Blake Pierce ist ebenfalls Verfasser der MACKENZIE WHITE Mystery-Reihe, die vierzehn Bände umfasst; der AVERY BLACK Mystery-Reihe mit sechs Büchern; der fünfbändigen KERI LOCKE Mystery-Reihe; den sechs Büchern der MAKING OF RILEY PAIGE Mystery-Reihe; der KATE WISE Mystery-Reihe, die aus sieben Büchern besteht; der CHLOE FINE Psycho-Thriller-Reihe, die sechs Bände umfasst; der fünfzehnteiligen JESSE HUNT Psycho-Thriller-Reihe (Fortsetzung folgt); der Psycho-Thriller Reihe DAS AU-PAIR, die aus drei Bänden besteht; der ZOE PRIME Mystery-Reihe, die sechs Teile umfasst; der ADELE SHARP Mystery-Reihe mit zehn Bänden (Fortsetzung folgt); der LONDON ROSES EUROPAREISE Cosy-Krimi-Reihe, die bisher aus sechs Büchern besteht (Fortsetzung folgt); den drei Büchern des neuen LAURA FROST FBI Thrillers (Fortsetzung folgt); der neuen ELLA DARK FBI Thrillern mit bisher sechs Büchern (Fortsetzung folgt); der EIN JAHR IN EUROPA Cosy-Krimi-Reihe aus bisher drei Bänden (Fortsetzung folgt); der dreiteiligen AVA GOLD Mystery-Reihe (Fortsetzung folgt); sowie der RACHEL GIFT Mystery-Reihe, die aktuell aus drei Büchern besteht (Fortsetzung folgt).

Als treuer Leser und lebenslanger Fan des Genres rund um Mystery und Thriller, hört Blake gern von Ihnen, also besuchen Sie die Seite www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.

Copyright © 2021 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig.

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

EIN RACHEL GIFT FBI-SUSPENSE-THRILLER

IHR LETZTER WUNSCH (Band #1)

DIE FÄLLE DER AVA GOLD

BEUTESTADT (Band #1)

EIN LAURA FROST FBI-THRILLER

VOR LANGEM VERSCHWUNDEN (Band #1)

VOR LANGEM ENTDECKT (Band #2)

EIN ELLA-DARK-THRILLER

IM SCHATTEN (Band #1)

WEGGENOMMEN (Band #2)

AUF DER JAGD (Band #3)

EIN JAHR IN EUROPA

EIN MORD IN PARIS (Band #1)

TOD IN FLORENZ (Band #2)

RACHE IN WIEN (Band #3)

LONDON ROSES EUROPAREISE

MORD (UND BAKLAVA) (Band #1)

TOD (UND APFELSTRUDEL) (Band #2)

VERBRECHEN (UND BIER) (Band #3)

EIN UNGLÜCKSFALL (UND GOUDA) (Band #4)

EINE UNHEIL(UND EIN PLUNDERSTÜCK) (Band #5)

ADELE SHARP MYSTERY-SERIE

NICHTS ALS STERBEN (Band #1)

NICHTS ALS RENNEN (Band #2)

NICHTS ALS VERSTECKEN (Band #3)

NICHTS ALS TÖTEN(Band #4)

NICHTS ALS MORD (Band #5)

NICHTS ALS NEID (Band #6)

NICHTS ALS FEHLER (Band #7)

NICHTS ALS VERSCHWINDEN (Band #8)

NICHTS ALS JAGEN (Band #9)

DAS AU-PAIR

SO GUT WIE VORÜBER (Band #1)

SO GUT WIE VERLOREN (Band #2)

SO GUT WIE TOT (Band #3)

ZOE PRIME KRIMIREIHE

GESICHT DES TODES (Band #1)

GESICHT DES MORDES (Band #2)

GESICHT DER ANGST (Band #3)

GESICHT DES WAHNSINNS (Band #4)

GESICHT DES ZORNS (Band #5)

GESICHT DER FINSTERNIS (Band #6)

JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE

DIE PERFEKTE FRAU (Band #1)

DER PERFEKTE BLOCK (Band #2)

DAS PERFEKTE HAUS (Band #3)

DAS PERFEKTE LÄCHELN (Band #4)

DIE PERFEKTE LÜGE (Band #5)

DER PERFEKTE LOOK (Band #6)

DIE PERFEKTE AFFÄRE (Band #7)

DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8)

DIE PERFEKTE NACHBARIN (Band #9)

DIE PERFEKTE VERKLEIDUNG (Band #10)

DAS PERFEKTE GEHEIMNIS (Band #11)

DIE PERFEKTE FASSADE (Band #12)

DER PERFEKTE EINDRUCK (Band #13)

DIE PERFEKTE TÄUSCHUNG (Band #14)

CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE

NEBENAN (Band #1)

DIE LÜGE EINES NACHBARN (Band #2)

SACKGASSE (Band #3)

STUMMER NACHBAR (Band #4)

HEIMKEHR (Band #5)

GETÖNTE FENSTER (Band #6)

KATE WISE MYSTERY-SERIE

WENN SIE WÜSSTE (Band #1)

WENN SIE SÄHE (Band #2)

WENN SIE RENNEN WÜRDE (Band #3)

WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Band #4)

WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Band #5)

WENN SIE FÜRCHTETE (Band #6)

WENN SIE HÖRTE (Band #7)

DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

BEOBACHTET (Band #1)

WARTET (Band #2)

LOCKT (Band #3)

NIMMT (Band #4)

LAUERT (Band #5)

TÖTET (Band #6)

RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

VERFOLGT (Band #9)

VERLOREN (Band #10)

BEGRABEN (Band #11)

ÜBERFAHREN (Band #12)

GEFANGEN (Band #13)

RUHEND (Band #14)

GEMIEDEN (Band #15)

VERMISST (Band #16)

AUSERWÄHLT (Band #17)

EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE

EINST GELÖST

MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #6)

EHE ER SÜNDIGT (Band #7)

BEVOR ER JAGT (Band #8)

VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)

VORHER SEHNT ER SICH (Band #10)

VORHER VERFÄLLT ER (Band #11)

VORHER NEIDET ER (Band #12)

VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13)

VORHER SCHADET ER (Band #14)

AVERY BLACK MYSTERY-SERIE

MORDMOTIV (Band #1)

FLUCHTMOTIV (Band #2)

TATMOTIV (Band #3)

MACHTMOTIV (Band #4)

RETTUNGSDRANG (Band #5)

SCHRECKEN (Band #6)

KERI LOCKE MYSTERY-SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

INHALT

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL EINS

Es war einer der seltenen Tage, an denen Rachel tatsächlich mit der Frau zufrieden war, die sie im Spiegel sah. Obwohl sie dreiunddreißig war, sah sie eher wie fünfundzwanzig aus, und ihre Haare fielen heute gut. Sie hatte letzte Nacht gut geschlafen, und ihre braunen Augen strahlten munter. Sogar ihre Haut war heute extrem rein und schimmerte leicht im Licht des Badezimmers.

Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte. Sie hatte heute Training, und in etwa drei Stunden würde sie schwitzen und ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden tragen. Aber das Training machte ihr Spaß, sodass sie es gerne in Kauf nahm, verschwitzt und abgekämpft auszusehen, wenn das bedeutete, dass die Trainingseinheit gut gelaufen war. Sie lächelte in freudiger Erwartung, trotz des schrecklichen Gesangs, der aus der Dusche hinter ihr ertönte. Der Sänger war ihr Mann Peter, der „Head Over Heels“ von Tears for Fears schmetterte.

„Schatz“, sagte sie lächelnd. „Ich liebe dich ungemein, aber du hast diesen Ton um eine Trillion Oktaven verfehlt.“

Peter reagierte, indem er noch lauter sang und einen hohen Ton anschlug, der nicht einmal Teil des Liedes war. „Weißt du“, erwiderte er, „die meisten Frauen würden es zu schätzen wissen, wenn man ihnen ein Ständchen bringt, bevor sie zur Arbeit gehen.“

„Das hier erinnert mich allerdings eher an Foltermethoden, die die Armee in Afghanistan anwendet, indem sie die Gefangenen um drei Uhr morgens mit Marilyn Manson beschallen.“

„Toll. Sag deinen Vorgesetzten Bescheid. Vielleicht wäre ich eine gute Ergänzung für das FBI. Dann würdest du den ganzen Tag in den Genuss meines Gesangs kommen.“

Bevor sie antworten konnte, begann Peter wieder zu singen. Als Rachel das Bad verließ, hatte sie ein breites Lächeln im Gesicht. Es war einer dieser Tage … einer dieser Tage, an denen man schon frühmorgens einfach wusste, dass es ein guter Tag werden würde.

Trotz des schrecklich schiefen Refrains war sie froh, Peter unter der Dusche singen zu hören. In letzter Zeit tat er das öfter. Sie hatten in den letzten Wochen versucht, ein zweites Kind zu bekommen, was ein deutlich aktiveres Sexleben bedeutete. Bei ihrer ersten Tochter, Paige, hatten sie einige Schwierigkeiten gehabt, und sie hofften, dass es beim zweiten Kind etwas leichter werden würde. Sie wusste, dass es Peter nichts ausmachte, etwas Zeit in die Nachwuchsplanung zu investieren, aber Rachel hoffte, dass es bald passieren würde.

Als Rachel die Treppe hinunterging, war Paige schon wach. Sie stand vor dem Kühlschrank und versuchte auf Zehenspitzen, nach dem Orangensaft zu greifen. Sie hatte sich allein angezogen, wozu Rachel sie immer ermutigte, und nichts davon passte zusammen. Sie trug ein schwarzes Descendants-Shirt und grün-weiß gestreifte Leggings. Ihre braunen Haare waren immer noch zu Zöpfen geflochten, die Rachel ihr am Vortag gemacht hatte.

„Hallo, Kleine“, sagte Rachel, trat hinter ihre Tochter und holte ihr den Orangensaft herunter.

„Morgen, Mommy“, erwiderte Paige.

„Schön, dass du schon angezogen bist. Hast du heute was Schönes vor?“

„Nö, nur Schule“, sagte Paige, doch in ihrer Stimme schwang ein freudiger Unterton mit. Paige schien alles an der Schule zu lieben, und das war auch gut so, denn genau wie ihre Mutter, war sie nicht besonders gut darin, Anweisungen zu befolgen. Diese Eigenschaft schien sich jedoch aufzulösen, sobald Paige die Schule betrat. Ihre Lehrerin hatte nur Gutes über Paige zu sagen, worauf Rachel nicht allzu stolz zu sein versuchte.

„Und am Wochenende?“, fragte Rachel und brachte ein Glas Orangensaft zu dem Tisch, auf dem Paige vor einer Schale Cornflakes mit Apfelgeschmack saß, die sie sich offenbar schon in eine Schüssel geschüttet hatte. Rachel erschauderte innerlich bei der Kombination von Apfelcornflakes mit Orangensaft. „Hast du etwas vor?“

„Mrs. Denning hat gesagt, ich könnte auf einem ihrer Pferde reiten, weißt du noch?“

„Ja, aber ich –“

„Und Annie Jenkins gibt eine Eis-Party. Oh, und ich will den neuen Jump Park ausprobieren, von dem alle Kinder in meiner Gruppe reden!“

Rachel schmunzelte. Ihre Tochter hatte immer große Pläne. Das Mädchen konnte einfach nicht stillsitzen – ein weiterer Charakterzug, den sie von Rachel geerbt hatte. „Das hört sich ja nach einem ereignisreichen Wochenende an.“

Rachel machte sich daran, ihren Smoothie und eine Schüssel Haferflocken zuzubereiten. Da sie heute Morgen Training hatte, würde sie auf dem Weg zur Trainingsstrecke wahrscheinlich auch einen Eiweißriegel essen. Sie rechnete fest damit, dass sie am Ende völlig erschöpft und ihr Adrenalinspiegel möglicherweise stark erhöht sein würde, also war Eiweiß der Schlüssel. Sie setzte sich zu Paige an den Tisch und genoss die Tatsache, dass sie sich heute Morgen nicht hetzen musste. Wenn sie Training hatte, begannen ihre Tage etwas später als in der FBI-Außenstelle, sodass sie etwas mehr Zeit mit Paige hatte.

„Das mit den Pferden wird sich schon machen lassen“, meinte Rachel. „Ich rufe Mrs. Denning heute Abend an, um einen Termin zu vereinbaren.“

„Danke!“

Als Rachel sich gerade daran machte, ihren Haferbrei zu essen, kam Peter in die Küche. Er hatte sich angezogen und war gerade dabei, seine Krawatte zu binden, als er in die Küche kam. Nachdem er sie festgezogen hatte, begann er mit seiner schnellen Routine: Er steckte einen Bagel in den Toaster und schenkte sich eine große Tasse Kaffee ein. Rachel nahm sich einen Moment Zeit, um ihn zu beobachten, wie er schnell durch die Küche wirbelte. Er schien gute Laune zu haben, und das war auch gut so. Er sah so viel besser aus, wenn er lächelte (aber das war wahrscheinlich bei allen Männern so, oder?). Er musste dringend zum Friseur, worauf sie ihn jedoch nicht hinweisen wollte. Außerdem gefiel es ihr, wenn ihm sein blondes Haar leicht in die Stirn hing. Dadurch sah er jungenhaft aus, jünger als sechsunddreißig. Außerdem musste er sich rasieren, auch wenn Rachel seinen Fünf-Uhr-Schatten lieber mochte.

Peter war Softwareentwickler, und in letzter Zeit arbeiteten er und sein Team an einem neuen Update, das, seinem Unternehmen einen Millionenvertrag mit der US-Regierung einbringen würde. Vorausgesetzt, es wurde rechtzeitig fertig. Er hatte die letzten Tage bis spät in die Nacht gearbeitet und war immer völlig durch den Wind gewesen, wenn er nach Hause gekommen war.

Nachdem er seinen Bagel mit Frischkäse bestrichen und seinen Kaffee getrunken hatte, gab er Paige einen Abschiedskuss und prustete gegen ihre Wange. Paige kicherte, als er ihr außerdem einen Klecks Frischkäse auf die Nase schmierte.

Dann drückte er Rachel einen Kuss auf den Mundwinkel. „Ich wünsche euch einen schönen Tag“, sagte Peter.

„Dir auch, Daddy!“, antwortete Paige. „Hey, vielleicht darf ich morgen auf Mrs. Dennings Pferden reiten!“

„Das ist fantastisch“, meinte Peter, der bereits zur Tür hinausging.

Paige runzelte die Stirn und blickte auf ihre letzten Apfelcornflakes hinunter, die in der Milch schwammen. „Daddy hatte es eilig, hm?“, fragte sie.

„Ja. Aber das haben wir doch besprochen. Er hat viel zu tun auf der Arbeit. Ich denke, in ein paar Wochen wird sich das wieder legen. Wo wir gerade von Eile sprechen, du musst zur Schule. Willst du noch etwas zu essen?“

„Vielleicht einen Donut von Dunkin’ auf dem Weg?“, fragte sie mit einem hinterhältigen Grinsen.

„Nur wenn wir in weniger als zwei Minuten aus der Haustür raus sind“, sagte Rachel.

Paige sprang sofort auf und lief kreischend aus der Küche und durch den Flur, um ihre Schuhe und ihren Rucksack zu holen. Wie immer wartete Paige an der Tür, bevor Rachel ganz fertig war. Als Rachel Paige schließlich die Tür öffnete, strahlte ihre Tochter und sagte: „Ich nehme einen Boston Cream Donut!“

Rachel betrachtete den Rest ihres Smoothies und den rechteckigen Proteinriegel in ihren Händen und tat ihr Bestes, um Paiges Begeisterung zu teilen.

***

Rachel fand es ein bisschen lächerlich, dass man in einer Autoschlange warten musste, bis man seine Kinder an der Schule absetzen konnte, hatte sich jedoch damit abgefunden, dass die Welt nun einmal so funktionierte. Während sie in der Schlange dahinkroch, wartete Paige geduldig, bis sie an der Reihe war, aus dem Auto auszusteigen und reinzugehen. Nachdem sie ihren Boston-Creme-Donut verschlungen hatte, zeigte sie ihrer Mutter ihre Freunde (sie schien sehr beliebt zu sein), als sie sich der Absetzzone näherten.

„Das ist Shelly! Ihre Mommy hat einen Koch-Vlog.“

„Woher weißt du, was ein Vlog ist?“, fragte Rachel.

Anstatt zu antworten, fuhr Paige fort, auf ihre Freunde zu zeigen. „Oh, und das ist Micah! Er ist lustig, weil er manchmal in der Klasse rülpst und immer vergisst ‚Entschuldigung‘ zu sagen.“

Als sie gerade in der Reihe weiterfuhren, hielt ein Auto auf der linken Ausfahrtspur an und hupte. Rachel schaute hinüber und sah, dass es Courtney Pinter, eine extrem überengagierte Mutter war. Die Frau ließ ihr Fenster herunter, und da Rachel nicht unhöflich sein wollte, tat sie es ihr gleich.

„Hallo“, sagte Courtney in einem Tonfall, der Rachel an eine Disney-Prinzessin erinnerte. Sie war hübsch und viel zu fröhlich. Außerdem war sie erst achtundzwanzig, was Rachel ebenfalls missfiel. „Ich wollte dich nur daran erinnern, dass wir bis nächsten Dienstag die Erlaubnisscheine für das Sommercamp brauchen! Ich weiß, dass diese Fristen und Termine einen manchmal ganz schön auf Trab halten können!“

Das Lächeln, das Rachel Courtney zuwarf, war genauso falsch wie Courtneys übertrieben heitere Stimme. Ach, dachte sie, wenn ich nur ein Leben führen würde, in dem das Abgeben von Schulformularen ganz oben auf meiner Prioritätenliste steht. Muss wirklich schön sein …

 „Ja, ich weiß“, sagte Rachel. „Wir werden am Wochenende darüber sprechen und sehen, ob es sich einrichten lässt. Danke!“

Sie schloss das Fenster wieder und fuhr weiter. Nur noch ein Auto. „Mom, wirklich?“, fragte Paige. „Du meldest uns für das Sommercamp an?“

Diese Courtney ist ein echtes Miststück, dachte Rachel. Sie hatte gehofft, Paige hätte das Sommercamp – einen dreitägigen Campingausflug für Mütter und Töchter – vergessen.

„Nun, wie ich Ms. Courtney schon gesagt habe, wir müssen im Kalender nachsehen, okay?“

Paige lächelte so breit, dass sich ihre Wangen zu dehnen schienen. Das Lächeln war immer noch auf ihrem Gesicht, als Rachel auf den Ausstiegsplatz fuhr. Page riss begeistert ihre Tür auf und zerrte ihre Büchertasche hinter sich her.

„Tschüss, Kleine“, sagte Rachel. „Ich hab dich lieb!“

„Ich dich auch!“, rief Paige.  Dann rannte sie los, um unter den wachsamen Augen des Aufsichtspersonals eine ihrer Freundinnen zu begrüßen.

Rachel wartete drei Sekunden, um zu sehen, wie Paige die Schule betrat. Es war ein Anblick, der sie mit Stolz und Traurigkeit gleichermaßen erfüllte. Sie seufzte, als sie losfuhr und den letzten Rest ihres Smoothies hinunterkippte, während sie überlegte, ob sie das mit dem Sommercamp vielleicht irgendwie hinbekommen könnte.

***

Als Rachel das Trainingsgelände erreichte, fühlte sie sich wie ein Kind, das kurz davor war, einen Spielplatz zu betreten. Sie hatte diesen Parcours schon mindestens ein Dutzend Mal absolviert und ihn im Grunde jedes Mal mit Links geschafft. Sie fragte sich, ob es ihr heute gelingen würde, ihre persönliche Bestzeit zu unterbieten – die zweitschnellste Zeit, die in der Zweigstelle des Büros in Richmond, Virginia, je gemessen worden war.

Zu Beginn ihrer Karriere hatte sie den Parcours nur zum Spaß mitgemacht. Die Strecke führte fast zwei Meilen durch ein unwegsames Waldgebiet am Rande von Henrico County, mit Strickleitern, Hindernissen aus Baumstämmen und einer kräftezehrenden Steigung von einer Viertelmeile. Am Ende der Strecke befand sich ein kleines offenes Feld, auf dem mehrere Schusswaffenübungen absolviert werden mussten. Heute stand allerdings nicht der Spaß im Vordergrund (obwohl es ihr Spaß machte). Sie war gebeten worden, den Parcours als Teil einer vom FBI geforderten Eignungsprüfung zu absolvieren.

Der Prüfer stand ein paar Meter rechts von ihr. Sie hatte schon ein paar Mal mit ihm gesprochen; sein Name war Griffith, der Fünfzigjährige war auch mal Agent gewesen, bis ihn eine schwere Knieverletzung außer Gefecht gesetzt hatte. Er tippte gerade etwas auf einem Smartpad, als er zu ihr aufsah. „Guten Morgen, Mrs. Gift. Geht es Ihnen gut?“

„Aber natürlich. Jeder Tag auf dem Hindernisparcours ist ein Lieblingstag.“

„Freut mich zu hören“, sagte Griffith. „Wie Sie wissen, wird am anderen Ende ein weiterer Prüfer auf Sie warten. Und dieses Mal werden wir etwas genauer auf Ihre Ergebnisse achten.“

„Warum das denn?“, fragte Rachel, die sich schon auf die Herausforderung freute.

„Die höheren Stellen wissen, dass Sie diese Strecke mit der zweitbesten Zeit absolviert haben. Da die erste Bestzeit mehr als fünf Jahre alt ist und von einem Agenten stammt, der nach Salt Lake City umgezogen ist, haben sie ein Auge auf Sie geworfen. Unter uns gesagt, sie würden sich freuen, wenn Sie Ihren alten Rekord brechen würden. Aber wenn Sie den des anderen Agenten schlagen könnten …“

„Verstanden“, sagte Rachel, die bereits auf Position ging.

„Bereit?“, fragte er.

Rachel nickte und brachte sich in eine Läuferposition. Als der Pfiff des Prüfers ertönte, lief sie, ohne zu zögern los. Ihre Muskeln schienen auf Anhieb freudig zu reagieren. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie in einem Artikel gelesen, dass erfahrene Surfer oft einen Anflug von Euphorie verspürten, sobald sie auf ihrem Brett standen und sahen, dass sich in der Nähe eine Welle bildete. Sie konnte sich vorstellen, dass sie etwas Ähnliches empfand, wenn sie vor eine körperliche Herausforderung gestellt wurde.

Sie vermutete, dass es auch von Vorteil war, dass sie die Strecke gut kannte. Der erste Abschnitt bestand größtenteils aus flachem Waldgelände, einem schmalen Pfad, der sich durch Eichen und Ulmen schlängelte. Als sie am Ende des ersten Abschnitts ankam, war ihr Puls immer noch ziemlich normal und ihre Atmung regelmäßig. Dann folgte ein drastischer Anstieg. Am Boden lag ein Seil, das an einem Aussichtspunkt an der Spitze des Hügels befestigt war. Sie schaffte es bis zur Hälfte der Steigung, bevor sie das Seil ergriff, um es als Unterstützung zu benutzen.

Anschließend gelangte sie zu einer Holzwand, die quer über den Weg gebaut worden war. Es gab zwei Seile sowie mehrere Haltegriffe zur Auswahl. Rachel entschied sich für beides. Sie sprang vom Boden ab, setzte ihren Fuß auf den untersten Griff und hielt sich an dem Seil fest, um sich nach oben zu ziehen. Mithilfe eines weiteren Haltegriffs zog sie sie nach oben und war innerhalb von weniger als fünf Sekunden über die Wand geklettert. Kaum war sie auf der anderen Seite gelandet, rannte sie weiter.

Die folgenden Hindernisse nahm sie mit der gleichen Zielgenauigkeit und Geschwindigkeit; sie überwand die Hürden und erklomm die Seilwand, als hätte sie ihr ganzes Leben lang nichts anderes gemacht. Sie schaute schnell auf ihre Uhr und sah, dass sie auf dem besten Weg war, ihre Bestzeit zu unterbieten. Doch sie würde sich noch mehr anstrengen müssen, wenn sie den Gesamtrekord brechen wollte.

Als sie den oberen Teil der Steigung erreichte, brannten ihre Waden, doch der Anblick des offenen Feldes vor ihr betäubte den Schmerz. Sie sah den Prüfer ganz am Ende des Feldes an einer Schutzbarrikade stehen. Lediglich drei Holzpfosten, die mit typischen Silhouettenzielscheiben versehen waren, und drei halbe Mauern, die als Deckung dienten, lagen jetzt noch zwischen ihr und dem Prüfer. Rachel rannte zur ersten Wand und zog ihre Glock aus dem Holster an ihrer Hüfte.

Bevor sie hinter der ersten Barrikade in Stellung gehen konnte, flammte ein brennender Schmerz in ihrem Kopf auf. Er war so lähmend und unerwartet, dass Rachels Knie weich wurden. Als sie zu Boden sank, sah sie für einen Moment nur noch weiß. Die ganze Welt wurde leer. Dann begann das Weiß zu verblassen und wurde durch etwas ersetzt, das wie Sternschnuppen aussah, die quer durch ihr Blickfeld rasten.

 Das nächste, was sie wahrnahm, war ein Mann, der auf sie zustürmte – der Mann, den sie am Ende des Parcours gesehen hatte. „Agent Gift! Geht es Ihnen gut?“

Er kniete sich neben sie, hielt aber etwas Abstand, bis er wusste, was geschehen war.

Langsam öffnete Rachel die Augen und blinzelte die letzten der kleinen weißen Sterne weg. Eine tiefe Angst begann in ihrem Herzen aufzusteigen, aber sie war noch nicht bereit, zu verarbeiten, was passiert war. Sie konnte es noch nicht einmal richtig begreifen.

„Agent Gift?“

„Es geht mir gut“, sagte sie. „Ich habe es etwas übertrieben … starker Beinkrampf.“

Sie hoffte, dass es nicht zu sehr nach einer Lüge klang. Sie war verängstigt. Nein … sie war entsetzt. Noch nie hatte sie einen so starken Schmerz gespürt, und die weißen Flecken und der Blitz waren irgendwie noch schlimmer.

Als sie nach vorne blickte, sah sie drei Abschussstationen. Sie war weniger als zwanzig Meter vor dem Ende des Parcours gestürzt.

KAPITEL ZWEI

Rachel war sich ziemlich sicher, dass die Minuten nach einem CAT-Scan zu den nervenaufreibendsten Momenten im Leben eines Menschen gehörten. Es war schon schlimm genug, dass ihr Hausarzt sie zehn Minuten lang untersucht und sie dann an einen Spezialisten überwiesen hatte; dabei hatte sich bereits ein sorgenvoller Knoten in ihrer Brust zusammengezogen. Aber jetzt in einem gellen Untersuchungsraum zu sitzen und darauf zu warten, dass der Facharzt für Neurologie wiederkam, war, wie in der Todeszelle auf den elektrischen Stuhl zu warten.

Sie fühlte sich gut, abgesehen von der Nervosität. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihr Arzt ihr empfohlen hatte, einen Spezialisten aufzusuchen, war Rachel sich sicher gewesen, dass es sich als nichts herausstellen würde. Vielleicht nur eine besonders starke Migräne, die ihr Sehvermögen beeinträchtigt hatte.

Doch mit jeder Minute, die verstrich, wuchs ihre Befürchtung, dass mehr dahintersteckte. Einen Spezialisten aufsuchen zu müssen, war schon beängstigend genug. Aber mehr als zwanzig Minuten nach einer Computertomografie darauf zu warten, dass der Spezialist ins Zimmer kam, war noch unendlich viel schlimmer. Eine Million verschiedener Szenarien spielten sich in ihrem Kopf ab, doch sie kamen ihr alle lächerlich vor. Das Schlimmste, was ihr bisher passiert war, waren ein gebrochenes Handgelenk und eine winzige Operation zur Entfernung eines Zahns im Alter von vierzehn Jahren gewesen. Sie wurde so gut wie nie krank, um Himmels willen.

Genau dreiundzwanzig Minuten nach dem Scan kam der Arzt schließlich herein (Das wusste Rachel, weil sie schon fast zwanghaft minütlich auf die Uhr gesehen hatte). Er hatte eine Mappe in der Hand, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie die weißen Ecken ihres Scans an den Rändern hervorlugen sehen konnte. Der ältere Mann ging auf die Sechzig zu, und hatte eine Stimme, die für einen Arzt wie geschaffen war – ruhig und beruhigend mit einem Hauch von Autorität. Er hatte sich vorgestellt, als sie angekommen war, aber sie hatte seinen Namen vergessen. Glücklicherweise stand er auf dem Schild, das an seiner Brusttasche befestigt war: Dr. Greene.

„Mrs. Gift, ich habe ein paar Fragen, bevor wir zu Ihren Ergebnissen kommen“, sagte Greene.

„Das hört sich nicht gut an“, erwiderte sie. Ihr Herz schlug bereits heftig. Es fühlte sich an, als wäre es in einen Minenschacht geworfen worden.

„Die flackernden Lichter, die Sie beschrieben haben, … haben Sie die heute zum ersten Mal gesehen?“

„Ja.“

„Hatten Sie in letzter Zeit Kopfschmerzen?“

Rachel dachte einen Moment nach und schüttelte dann den Kopf. „Eigentlich nicht, nein.“

An der Art und Weise, wie Greene den Scan aus der Mappe nahm, konnte sie erkennen, dass er keine guten Nachrichten für sie hatte. Als er ihr den Scan zeigte, schien alles in Zeitlupe abzulaufen. „Ich frage Sie deswegen“, sagte er, „weil ich nicht verstehen kann, wie so etwas unbemerkt bleiben konnte.“

Etwas wie was?

Sie hätte schwören können, dass sie den Satz laut ausgesprochen hatte, doch offenbar hatte sie es nicht getan. Eine Minute lang konnte sie nicht atmen. Sie bekam nicht einmal richtig mit, was er sagte. Wie konnte etwas davon real sein?

Er hielt den Scan gegen das Licht und holte einen Stift aus seiner Tasche. Dann zeigte er damit auf einen Teil ihres Gehirns. Als er wieder sprach, lag eine Ernsthaftigkeit in seiner Stimme, die erkennen ließ, dass er schon viel zu oft ähnliche Nachrichten überbracht hat. „Mrs. Gift, genau hier, im Frontallappen Ihres Gehirns, befindet sich ein ziemlich großer Tumor. Und es fällt mir schwer zu glauben, dass er Ihnen bis jetzt noch keine Beschwerden bereitet hat.“

Sie betrachtete den Scan und selbst ihr ungeschultes Auge konnte ihn deutlich sehen. „Ist das … Gilt das als groß?“ Laut ausgesprochen hörte sich die Frage dumm an, doch das war alles, was ihr in diesem Moment einfiel.

„Es ist einer der größten, den ich je gesehen habe“, sagte er ernst.

„Und ist er …“

Sie konnte die Frage nicht zu Ende bringen. Es war zu schwer, sie auszusprechen, vor allem, da sie die Antwort bereits in seinen Augen sehen konnte.

„Diese Art von Tumor wird als GBM bezeichnet“, sagte er. „Ein Glioblastom multiforme. Sie sind lebensgefährlich, und ich muss Ihnen leider mitteilen, dass der Tumor bösartig ist.“ Er sprach mit der Offenheit eines Mannes, der die gleiche Nachricht schon viel zu oft überbracht hatte. Seltsamerweise bemitleidete Rachel ihn dafür.

„Wie … wie lange habe ich noch?“

Mein Gott, stelle ich diese Frage gerade wirklich, dachte sie. Heute Morgen ging es mir doch noch gut. Zum Teufel, heute Morgen ging es mir großartig. Wie kann das überhaupt passieren? Sie spürte eine Anspannung in ihrer Brust, die, wie sie wusste, in Form von Schreien und Tränen herauskommen wollte. Sie tat ihr Bestes, um sie zu kontrollieren, während das Gespräch weiterging.

„Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort“, sagte er. „Es hängt davon ab, ob Sie eine Chemotherapie oder andere Möglichkeiten ausprobieren wollen.“

„Gibt es noch Hoffnung?“, fragte sie.

Er nahm den Scan aus dem Licht und setzte sich auf den einzigen Stuhl im Raum. „Wenn wir ihn vor einem Jahr oder so entdeckt hätten, hätte es vielleicht eine Chance gegeben. Aber so wie es jetzt aussieht, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, dass es helfen würde.“

In diesem Moment starb das winzige bisschen Hoffnung, an das sie sich geklammert hatte, als sie den Scan in der Mappe gesehen hatte. Sie spürte es. Es fühlte sich wie ein gebrochenes Herz mit einer Prise Angst an. Sofort dachte sie an Paige, ihre übermütige Tochter, und an die Pläne, die sie erst heute Morgen geschmiedet hatten. Dann durchbohrte ein anderer Gedanke ihr ohnehin schon brüchiges Herz.

Paige ohne Mutter. Meine Tochter wird viel zu früh in ihrem Leben Trauer erfahren müssen und …

Nein. An so etwas würde sie nicht denken. Noch nicht.

„Was ist mit einer Operation?“, fragte Rachel.

„GMBs sind bekanntermaßen schwer zu entfernen. Eine OP wäre zwar möglich, aber bei der Größe dieses Tumors kann ich Ihnen fast versprechen, dass, selbst wenn wir ihn entfernen könnten, Sie den Eingriff nicht überleben würden.“

„Gibt es irgendeine Hoffnung?“, fragte sie, und ihre Stimme schwankte zwischen Wut und Kummer. Immer wieder ging ihr durch den Kopf, wie sich ihr Tod auf Paige auswirken würde. Natürlich war da noch Peter. Er hatte schon einmal einen Verlust erlebt, als seine Mutter vor vier Jahren gestorben war. Aber das hier … Ein Kind mutterlos zurückzulassen …

„Nun, Sie könnten vielleicht noch einen anderen Spezialisten aufsuchen“, sagte Dr. Greene. „Ärzte, die auf lebensverlängernde Maßnahmen für Menschen mit GMB spezialisiert sind, zum Beispiel. Dann ist da noch die Chemotherapie, wie ich bereits erwähnt habe. Und obwohl die Erfolgsquote bei GMBs unglaublich niedrig ist, würde ich nie etwas hundertprozentig ausschließen.“

Rachel nickte und bemühte sich, vernünftig und rational zu bleiben. „Wie lange noch?“, fragte sie, wobei sie versuchte, nicht vor ihm zusammenzubrechen und zu weinen.

„Im besten Fall eineinhalb Jahre. Es könnte aber auch weniger sein. Vielleicht ein Jahr. Ich kann Ihnen einen genaueren Zeitplan geben, nachdem ich noch ein paar Scans gemacht habe.“

Ihre Augen füllten sich mit Tränen, doch sie schaffte es, nicht zu weinen.

„Es tut mir sehr leid“, sagte Greene, und sie spürte, dass er es ernst meinte. „Gibt es jemanden, den Sie anrufen können, der Ihnen Beistand leisten kann?“

Sie nickte und wischte sich die Tränen weg. „Meinen Mann. Er kann … aber … aber, er …“

„Ich sage Ihnen nicht, was Sie tun sollen, Mrs. Gift. Aber an Ihrer Stelle würde ich ihn anrufen, damit er Sie abholen kommt. Sie können gerne mein Büro oder eines unserer Patientenzimmer benutzen, wenn Sie etwas Ruhe haben wollen.“

„Nein. Ich rufe ihn an, ich … brauche nur eine Sekunde. Kann ich ein paar Minuten hier drin bleiben?“

„Aber natürlich. Bitte sagen Sie mir oder den Schwestern Bescheid, wenn wir etwas für Sie tun können.“

Er warf ihr noch einen letzten Blick zu, der, wie sie annahm, wahrscheinlich Anteilnahme und Ermutigung ausdrücken sollte. Als er die Tür hinter ihr schloss, schlug die traumatische Nachricht in ihr Herz und ihren Verstand ein. Sie stieß einen einzelnen Schrei aus und unterdrückte dann den Rest, während Bilder ihrer Tochter – fröhlich, glücklich, lächelnd, voller Träume – ihren Kopf erfüllten. Sie schaukelte auf der Kante des Untersuchungstisches hin und her. Dann griff sie nach ihrem Telefon und bereitete sich darauf vor, Peter anzurufen. Sie konnte ihn immer noch in der Dusche singen hören, das Echo hallte durch ihren Kopf, und aus irgendeinem Grund wollte sie es ihm nicht sagen. Sie wollte diese Granate nicht in ihr geordnetes Leben werfen.

Nein … nicht am Telefon. Wenn sie anrufen und ihm sagen würde, dass er sie abholen kommen sollte, würde er wissen, dass etwas nicht stimmt. Sie würde sich zusammenreißen und nach Hause gehen. Sie würde einen Weg finden, es ihm beim Abendessen zu sagen – ihm und Paige.

Bei diesem Gedanken kamen die Tränen noch schneller und Rachel fühlte sich, als würde etwas in ihr zerbrechen.

KAPITEL DREI

Als sie die Schüssel mit den vorbereiteten Zutaten in den Ofen schob, dachte Rachel, sie müsste anfangen zu weinen. Sie hatte sich für etwas Einfaches entschieden – Nudelauflauf, eines von Paiges Lieblingsgerichten – und dennoch schaffte sie es kaum, sich auf die Zutaten und die Backzeit zu konzentrieren. Die Zubereitung des Abendessens war unter der Last der verheerenden Nachricht des Arztes unerträglich mühsam.

Wie sollte sie Paige sagen, dass sie in einem Jahr oder so keine Mutter mehr haben würde? Wie sollte sie mit Peter besprechen, wie sie ihre Finanzen regeln sollten, inwiefern ihre Versicherung –

Die Haustür öffnete sich, als Peter von der Arbeit nach Hause kam. Rachel hörte, wie Paige lauthals „Daddy!“ rief und dann mit kleinen Schritten auf ihn zu rannte, um ihn zu begrüßen. Es war ein süßes Stückchen Monotonie, das sich jeden Montag- bis Donnerstagnachmittag auf die gleiche Weise abspielte. Paige tat so, als wolle sie Peter angreifen, Peter ließ seine Taschen fallen, hob sie in seine Arme und wirbelte sie durch die Luft, bis er sie auf der Couch absetzte.

Rachel lauschte der Prozedur, während sie den Timer am Ofen einstellte. Sie wischte die Arbeitsflächen ab und holte Teller, in Erwartung des letzten Teils der täglichen Routine. Und er lief genauso ab, wie sie es erwartet hatte. Peter kam in die Küche, gab ihr einen spielerischen Klaps auf den Hintern und küsste sie auf die Wange.

„Hattest du einen schönen Tag?“, fragte er.

„Mmmh.“ Tränen brannten in ihren Augen, und sie achtete darauf, den Blick auf die Schränke zu richten, während sie die Teller herausnahm. „Und du?“

„Viel zu tun, aber nicht zu viel“, antwortete er. „Meistens nur Besprechungen, um herauszufinden, wen wir mit der Ausarbeitung dieser Vorschläge beauftragen werden. Was bedeutet, dass die nächsten Wochen die absolute Hölle sein werden. Und vielleicht ein paar Sitzungen nach Feierabend im Büro. Also nur so als Vorwarnung.“

„Es gibt Nudelauflauf“, sagte sie. „Ich weiß, dass es nicht dein Lieblingsessen ist, aber ich hatte es eilig und es ist Paiges Lieblings–“

„Unsinn. Klingt köstlich. Ich laufe nach oben, ziehe mich um und decke dann den Tisch.“

Sie sah ihm nach, wie er aus der Küche und die Treppe hinaufeilte, wahrscheinlich um den Tisch zu decken, bevor sie es tat. Peter war ein guter Ehemann und achtete darauf, dass sie nie das Gefühl hatte, dass der ganze Haushalt, wie Kochen, Geschirr spülen und Wäsche waschen an ihr hängen blieben. Er half ihr in seiner ganz eigenen, etwas flippigen Art, was sie nach ein paar Jahren Ehe allerdings kaum noch bemerkte.

Sie hörte auf, den Tisch zu decken, um ihm diese Aufgabe zu überlassen und blieb vor dem Durchgang zwischen Küche und Wohnzimmer stehen. Sie beobachtete Paige, die im Wohnzimmer vor dem Couchtisch kniete. Sie malte und sah sich dabei eine Sendung über magische Cheerleader an. Ihre Zunge ragte ein wenig aus dem Mund, ein Tick, den sie offenbar von Rachel geerbt hatte.

Ich kann das nicht, dachte Rachel. Ich kann es ihr nicht sagen …

Dann fiel ihr ein, dass sie es zweimal tun musste. Sie konnte auf keinen Fall beide gleichzeitig mit der Neuigkeit konfrontieren. Das könnte in einer Katastrophe enden, da Peter die Nachricht verarbeiten und Paige gleichzeitig erklären müsste, was das bedeutete. Sie würde es zuerst Peter sagen müssen, unter vier Augen. Dann, nachdem sie es verarbeitet und ihren Teil der Trauer überwunden hatten, würden sie sich überlegen, wie sie es Paige am besten sagen konnten.

Peter, der kurz darauf die Treppe herunterkam, schien Rachels abwesenden Zustand nicht zu bemerken. Sie schüttelte ihn so gut es ging ab und schaffte es, sich zusammenzureißen, bis sie sich alle zum Abendessen gesetzt hatten. Rachel bemühte sich, während des Essens so zu tun, als wäre es ein Tag wie jeder andere. Und obwohl sie beschlossen hatte, es zuerst nur Peter zu erzählen, konnte sie nicht umhin, sich die Szene auszumalen. Wie sie allein im Wohnzimmer saßen, oder im Schlafzimmer kurz vor dem Schlafengehen. Ich habe heute erfahren, dass ich einen großen Tumor in meinem Gehirn habe.

Sie stellte sich vor, wie Peter reagieren würde, und etwas daran gefiel ihr nicht. Allein die Vorstellung seines betrübten Gesichts, seines Schluchzens und seiner Verwirrung ließ sie daran zweifeln, ob sie es ihm wirklich sagen konnte. Es war keine Angst, sondern die Liebe zu ihrem Mann – zu ihrer Familie. Als FBI-Agentin war sie in ihrer Laufbahn schon zweimal in die Situation geraten, jemandem mitteilen zu müssen, dass ein geliebter Mensch gestorben war. Es war eines der schwierigsten Dinge, die sie je getan hatte, und aus Gründen, die sie nicht genau benennen konnte, war das her unendlich viel schwieriger.

„… und die Dame in dem Video meinte, Dole Whip sei das beste Essen im Park!“

Rachel war sich kaum bewusst, dass Paige gesprochen hatte, bis sie bemerkte, dass Paige sie direkt ansah. Dole Whip, dachte Rachel. Park. Sie redet wieder von Disneyland.

„Ja, aber das ist doch einfach nur Eiscreme, oder nicht?“, fragte Rachel und versuchte, so lässig wie möglich zu klingen.

„Mit Ananas“, sagte Peter.

„Ja! Können wir das also bitte auf meine Liste setzen?“