Im Netz der Menschenfischer - Coletta Coi - E-Book

Im Netz der Menschenfischer E-Book

Coletta Coi

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Beschreibung

Regina, Generation 50+, die Hauptperson in diesem Soziothriller, überredet ihre Freunde zu einem griechischen Abenteuer, dessen Folgen sich selbst in den kühnsten Phantasien nicht vorhersehen lassen. Der Traum vom Lebensabend in der südlichen Sonne lässt aus agilen, lebensfrohen, selbstbewussten Senioren im Laufe des Geschehens psychisch und physisch hilflose Wracks werden, die sich mangels eigenen Antriebs nicht mehr aus den Fängen der "Altersfleckenmafia" befreien können. Dabei hatten sie nur den Wunsch, in Würde und selbstbestimmt zu altern. Die Angst vor dem drohenden Pflegenotstand in Deutschland diente dabei als Hauptmotivation. Mafiöse Strukturen, der Inbegriff des organisierten Verbrechens, verschonen auch alte Menschen nicht. In Griechenland, dem Ort der Handlung, umfasst ihr Einfluss eine ganze Stadt. Ausländische Senioren, die dem klassischen Pflegenotstand in Deutschland entfliehen wollen, werden durch vollmundige Versprechungen nach Griechenland gelockt und hier ihrer persönlichen Freiheit systematisch beraubt. Sie sind nicht ganz unschuldig an dem, was ihnen widerfährt, streben sie doch wie die meisten Menschen nach der Optimierung ihrer Lebensverhältnisse, ohne dabei die nötige Vorsicht walten zu lassen. Sie kommen freiwillig und werden ihr Traumziel nicht mehr lebend verlassen. Mitleid existiert in der Welt des Verbrechens nicht. Was zählt, sind Geld und Einfluss. Im Hintergrund zieht der "Padrone" als Schattengestalt die Fäden. Er agiert in einem mörderischen Milieu, das weder Recht noch Gesetz akzeptiert. Ein Menschenleben zählt hier nicht. Die vorherrschenden wirtschaftlichen Verhältnisse spielen ihm dabei in die Hände. Eine unerwartet auflebende familiäre Bindung könnte sich fast zu spät als Rettung erweisen, doch zu welchem Preis?

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Seitenzahl: 112

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Ähnliche


Inhalt

Titel

Falsche Träume

Schein oder Sein

Das Inserat

Zu spät

Altersflecken

Mia

Wohin mit dem Geld?

Kosta

Der Padrone

In Griechenland

Die Idee

Das Treffen

Besondere Pflege

Zurück in Deutschland

Das blühende Geschäft

In der Hölle

Endstation

Die Ahnung

Der Plan

Maylin und Regina

Verschollen

Eva Koschnik

Das große Schweigen

Die Sargmafia

Eiskalter Mord

Endlich

Hilfe

Die Flucht

Das Ende der Tragödie

Impressum

 

 

 

 

 

 

Im Netz der Menschenfischer

Ein Alptraum unter südlicher Sonne

­­­­­

Coletta Coi

 

 

 

Miller E-Books

 

Falsche Träume

 

In dieser Woche waren schon zwei Menschen tot aus diesem trostlosen Gebäude hinausgetragen worden. Man konnte es sehen, riechen und fühlen. Hier wohnten Menschen, die das Leben schon aufgegeben hatte. Es war ein Ort, der resigniert hatte, ein Platz, der weder Menschen noch Tiere anzog, es war die Endstation.

Eigentlich war es eine schöne Umgebung, wie wir bei unserer Anreise begeistert festgestellt hatten. Es war der richtige Ort, um alt zu werden, nicht um alt zu sein. Der Duft von Jasmin lag selbstgefällig und schwer in der Luft; es herrschte ein angenehmes Klima, es war Frühling. Die Sonne strahlte mit südländischer Selbstverständlichkeit auf unsere nicht mehr ganz taufrischen Körper, die die Wärme aufsogen mit allen Fasern, wie ein Stück Erde, das sehnlichst auf ein paar Tropfen Feuchtigkeit gewartet hat.

Anscheinend hatten wir alles richtig gemacht.

Die Residenz, in der wir uns jeder ein Apartment gekauft hatten, war genauso, wie wir sie uns in unseren Träumen vorgestellt hatten. Inmitten eines Pinienhains stand ein weißes, herrschaftlich anmutendes Haus, das von außen einem Vier-Sternehotel glich. Blumenrabatten standen in üppiger Blüte einladend vor dem Eingang. In bescheidener Schrift war in deutschen Buchstaben: „Seniorenresidenz Jungbrunnen“ zu lesen.

Ja, jetzt konnte der letzte Teil unseres Lebens beginnen. Wie sehr wir ihn alle herbei gesehnt hatten!

Es gibt eine Zeitspanne, so um das 50. Lebensjahr, in der die Menschen sich Gedanken machen, was wohl das Leben für einen noch zu bieten hat. Wird man gesund bleiben? Wird man so viel zum Leben haben, dass es für einen angenehmen Lebensabend reicht? Wird die Familie einen, sobald man krank und pflegebedürftig wird, in ein Heim abschieben? Wird das Gesparte ausreichen, auch wenn man zum Pflegefall wird? Wird man noch geliebt werden, wenn der Körper schlaff und verblüht, der Geist aber wach und jung ist?

Nach einem Leben, gefüllt mit jahrelanger Arbeit und Mühe in Deutschland, wird es doch wohl erlaubt sein, fern dem Alltag ein wenig zu träumen? Ehrgeiz, Existenzängste, familiäre Verpflichtungen werden in Zukunft keine wesentliche Rolle mehr spielen. Jetzt sollte man noch mal etwas wagen, wann sonst?

Was bedeutete schon ein Leben im Alter für die Deutschen? Entweder war man reich, oder man hatte sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren. So einfach war das für die Politiker. Was zählte, waren Arbeitskraft, Gesundheit, das Heranziehen einer neuen Steuer -und Abgabepopulation, kurz gesagt, ein Funktionieren für die Gesellschaft.

Familiengründung als Erfüllung des Generationenvertrags. Nicht mehr und nicht weniger. Familie wird reduziert auf das Wesentliche. Ich finanziere dich so lange, bis du auf eigenen Füßen stehst, dann musst du deinen Teil zum Vertrag beisteuern. All das Herzblut, vergossen auf dem langen Weg des Miteinander, Füreinander, Nebeneinander. War es umsonst versickert?

Doch der Vertrag war einseitig. Wer garantierte uns, den so genannten „Best Agern“, dass wir in Frieden und weitgehend ohne Sorgen alt werden durften? Niemand. Weder die zahlreichen Versicherungen mit ihrer schreienden, verlogenen Werbung in den Medien, noch die Geldinstitute, noch der Staat, der uns ein Maximum an Leben mit einem Minimum an Personal, Ausstattung und finanziellen Ressourcen zu versprechen suchte. Nur wir selbst waren für uns verantwortlich.

Gerne hätten wir diese Verantwortung mit jemandem geteilt, aber niemand wollte dies. Schon lange hatte man uns darauf hingewiesen, selbst für das Alter vorzusorgen. Natürlich nur zu unserem Besten! Hier noch ein Riester, da noch eine Lebensversicherung, ein paar Aktien oder Gold. Das alles sollte uns ein sorgenfreies Alter garantieren. Unser Staat tat genug für seine Bürger, sie sollten im Alter selbst sehen, wo sie blieben. Selber schuld, wenn man wenig, nie, oder nur Teilzeit gearbeitet hatte. Was zählte, waren Versicherungsjahre, nicht Mütter-, Eltern-, Pflegejahre für die eigenen Eltern oder Schwiegereltern. Wir selbst sollten uns ein sorgenfreies Alter garantieren.

Doch was wir um uns herum wahrnahmen, gab wenig Anlass, entspannt in die Zukunft zu blicken. Ganz abgesehen davon, dass das, was wir verdienten, gerade so für ein zufriedenstellendes Leben reichte. Von wegen, genug auf die Seite zu legen, um im Alter entspannt leben zu können. Volle Seniorenheime, die eigentlich Pflegeheime heißen müssten, ein schlechter Pflegeschlüssel, überteuerte Residenzen, die ein „betreutes Wohnen“ für alle Fälle garantieren sollten, natürlich nur für die zahlungskräftige Klientel, versteht sich, bereiteten uns zunehmend schlaflose Nächte.

Wie sollte man denn alles richtig machen, die eigenen Kinder möglichst wenig belasten und das Gesparte am liebsten für sich selbst ausgeben?

Unsere Zeit war gekommen. Worauf sollten wir noch warten? Bis wir zum Pflegefall wurden, eine Last für uns und alle anderen?

Nein – Träume sehen anders aus. Nicht das Schicksal sollte uns erwischen, wir wollten ihm zuvor kommen. Aktiv auf unser Leben Einfluss zu nehmen, das war es doch, was uns die Demokratie seit Jahrzehnten lehrte. Wir hatten noch Träume, wir gehörten nicht zu dieser Gesellschaft, die in Endzeitstimmung alles mit sich geschehen ließ.

Unsere Wünsche wurden mit zunehmenden Lebensjahren kleiner: Sonne, keine Sorgen, nette Freunde, eine schöne Umgebung, wenig oder keine Arbeit. Mehr wollten wir nicht. Unsere Wohnungen oder Häuser in Deutschland konnten wir vermieten, verkaufen oder an unsere Kinder vererben. Keine Altlasten, das war die Option, mit der wir uns auf das griechische Abenteuer einließen. Davon hatten wir geträumt, das hatten wir uns so sehr gewünscht.

Wir sahen genau das, was wir sehen wollten. Der äußere Schein reichte uns vollkommen. Negative Gedanken hatten wir zu Hause in Deutschland gelassen.

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.Demokrit 460-370

Schein oder Sein

 

Doch der Schein entsprach leider nicht der Realität. Da saßen wir nun, eingesperrt in einem heruntergekommenen Loft, das wahrscheinlich eine ehemalige Fabrikhalle gewesen war, die man nun als „Seniorenheim“ nutzte. Es gab keine Wände, alles war offen, nicht die kleinste Möglichkeit zur Wahrung der Intimsphäre des Einzelnen. Wir befanden uns in einem Raum, in dem die Decke fünf Mal höher steht als in einer gewöhnlichen Unterkunft. Die Fenster waren so hoch oben, dass wir nicht einmal hinaus blicken konnten.

Irgendwie hatte ich gerade jetzt einen Déjà-vu-Effekt. Es war, als hätte ich all das schon einmal gesehen, im Fernsehen. Wurden nicht alte Menschen in Asien, die niemand mehr haben wollte, einfach abgeschoben? In Heime, die dem, in dem wir uns jetzt befanden, sehr ähnlich waren?

Aber wir waren in Europa, in Griechenland, dem Ursprungsland der Demokratie! Man konnte uns doch nicht gegen unseren Willen einfach hier festhalten! Wir waren auch keine verarmten Alten, die nicht mehr selbst für sich sorgen konnten.

Was also sollte der ganze Spuk? Träumte ich? War ich, wie so oft schon, vor dem Fernseher wieder einmal eingenickt? Ich zwickte mich selbst in den Arm, um all diese negativen Gedanken auszuschließen. Es war kein Traum. Wir befanden uns hier und jetzt in diesem Gefängnis für unschuldige Alte, deren einziges Verbrechen es war, alt und zu nichts Besonderem mehr Nutze zu sein.

Abends erleuchteten ein paar ungleichmäßig verteilte Neonröhren bis ungefähr 21 Uhr den Raum. Gott sei Dank mussten wir noch nicht frieren. Warum dachte ich jetzt an den Winter? Es hatte gefühlte 40°C in der Halle, es war Spätsommer, unser zweiter Sommer in Griechenland, wo wir unseren Alterswohnsitz aus freien Stücken selbst gewählt hatten. Noch vor drei Wochen konnte ich das Vertrocknen der vorher grünen Landschaft hautnah miterleben. Fast war es, als ob ich nun selbst mitverdorrte, das Leben langsam aus meinem Körper entwich, sich in der heißen Luft einfach auflöste. Ich durfte mich nicht so gehen lassen. Noch fühlte ich mich geistig fit genug, um das zu verstehen, was um mich herum geschah.

Dreißig Menschen lebten hier, ich hatte sie gezählt, auf engstem Raum. Es war schwül und stickig und die Luft roch nach Exkrementen, Krankheit, Siechtum, Tod. Es war ein Geruch, dem man sich nicht entziehen konnte. Er legte einem die unsichtbare Pranke um den Hals und drückte zu, immer wieder, bis man fast der Ohnmacht nahe war.

Einige der Bewohner starrten teilnahmslos vor sich hin, zu benommen, um einen klaren Gedanken fassen zu können. Auch mir und meinen Freunden ging es täglich schlechter, da wir so ruhig gestellt waren, dass wir uns nicht mehr wehren konnten.

Persönliches hatten wir beim Einzug nicht bekommen. Jeder von uns hatte ein Bett, Stühle gab es nur an einem Extra-Platz, ich möchte ihn „Teeküche“ nennen, weil jeder, der noch aufstehen konnte, sich hier selbst Getränke zubereiten konnte oder an den Wasserhahn durfte, um das nach Chlor schmeckende Wasser zu trinken oder es vor dem Genuss abzukochen.

Es hatte uns alle eine Stange Geld gekostet, unseren Traum zu verwirklichen: „Alt werden, wo andere Urlaub machen“, und das noch dazu viel günstiger als in unseren deutschen Einrichtungen, die unter „Betreutes Wohnen“ angeboten werden.

Es hatte sich alles so gut angefühlt. Unsere Apartments waren modern, hell und gemütlich gewesen. Wir hatten uns so wohl gefühlt. Die Tage vergingen wie im Flug. Wir badeten im Meer, spielten am Strand Karten oder Boccia, es war einfach nur schön. Abends setzten wir uns auf die Terrasse, wo wir täglich das Abendrot sehnsüchtig herbeigesehnt hatten. Ein Rot, wie es in Deutschland nie gegeben hatte. Ein Rot, das langsam der herannahenden lauen Bläue der Nacht wich.

Ein Tag verging wie der andere. Doch Langeweile kannten wir nicht. Es war wie Urlaub, ein Urlaub, der nie aufhören sollte. Wir konnten es kaum glauben. War das wirklich unser Leben, das wir nun noch viele Jahre so genießen konnten? Ich ließ mich oft von solchen Tagträumen belagern.

Wir wurden zwar versorgt, aber die drei blutjungen Asiatinnen waren total überfordert mit der nötigsten Pflege der in diesem Raum anwesenden Menschen. Woher kamen eigentlich all die anderen Bewohner? Waren sie auch geködert worden für ein besseres Leben im Alter?

Fast unbewusst arbeitete mein Gehirn. Noch war ich nicht tot, solange ich mir noch Gedanken machte, schwebte ein kleiner Hoffnungsschimmer durch dieses Gebäude mit seinem tödlichen Ambiente. Warum waren so viele Kranke dabei? Waren sie auch betrogen worden, so wie wir, nachdem der Kauf der Apartments abgeschlossen war? Diese Fragen marterten mein Gehirn, während ich verzweifelt versuchte, klare Gedanken zu fassen.

Sie brachten dreimal am Tag ein genießbares Essen, das ich, da es immer püriert war, nicht genau definieren konnte. Die Bettlägerigen wurden gefüttert, die noch laufen konnten, mussten es sich an der Ausgabe abholen und an großen Tischen essen. Doch es wurden immer weniger, die die Energie zum Aufstehen hatten. Essen mussten wir, da blieb uns gar nichts Anderes übrig.

Ein Blick auf meine Freunde zeigte mir, dass auch sie sich dem Schicksal ergeben hatten. Von meinem Bett aus konnte ich meine Freunde immer noch gut beobachten. Doch leider hatte keiner mehr den Wunsch, Kontakt aufzunehmen und sich ein wenig zu unterhalten. Wir waren wie ferngesteuert, Marionetten, die nur darauf warteten, bis wieder ein Faden gezogen wurde.

Nach Wochen geduldigen Hinnehmens regte sich aber auf einmal bei mir ein starker Überlebenswille und ich schaffte es, die Medizin, die, wie ich annahm, mit Tranquilizern angereichert war, in meinen Backentaschen zu speichern. Bei der Einnahme der Medizin verstanden sie keinen Spaß. Jeder musste eine Tablette täglich vor den Augen der Pflegerinnen schlucken. Als sie mir diese zum ersten Mal verabreichten, glaubte ich etwas von Vitaminen oder so ähnlich zu verstehen. Wahrscheinlich wurde auch zusätzlich etwas ins Essen gemischt.

So hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. Es musste etwas passieren, und zwar ganz schnell, wollten wir nicht noch mehr Tote beklagen. Wie hatten sie uns nur dazu gebracht, von unserer schönen Luxuswohnung, die wir in einem hotelähnlichen Komplex bewohnt hatten, hierher zu kommen? Es stimmte etwas ganz und gar nicht. Wäre ich nur nicht so müde und benommen gewesen! Ich musste erst einmal wieder klar im Kopf werden, dann konnte ich überlegen, wie ich meine Freunde und mich hier herausbringen konnte. Türen gab es, aber sie wurden von den Pflegerinnen stets sorgfältig abgeschlossen.

Wie waren wir überhaupt in diese Halle gekommen? Eines Morgens wachte ich auf, und anstatt des schönen Ausblicks aus meinem Fenster auf den blühenden Garten war ich in dieser Halle gelandet. Meine Freunde konnte ich auch nicht sehen, da ich zu schwach zum Aufstehen war. Erst dachte ich, es wäre nur ein schlechter Traum, doch das, was um mich herum geschah, brachte mich schnell in die Wirklichkeit zurück.

Erst heute Morgen hatten sie wieder eine Schwerkranke, wie ich annahm, hinaus geschafft. Eigentlich konnte ich ja gar nicht verstehen, was sie sagten, es waren ja Mädchen, die ihrem Aussehen nach Asiatinnen waren. Wahrscheinlich wollten sie die Kranken ins Krankenhaus bringen, das redete ich mir einfach ein.

Ich wusste gar nicht mehr, was ich denken sollte, wer ich war, wo ich war und warum ich hier war. Es war so anstrengend zu denken. Eigentlich wollte ich nur noch schlafen, vergessen, nichts um mich herum wahrnehmen. Ich war so erschöpft, so lebensmüde. Ich hatte aber schon in der Nacht den Todeskampf und das Röcheln in meiner Umgebung mitbekommen.

Vielleicht war die Kranke gar nicht mehr am Leben. Wer zu stark pflegebedürftig wurde, wurde hier sozusagen langsam eingeschläfert, bis alle Organe versagten. Ich wollte aber nicht wie ein alter Jagdhund, der untauglich geworden war, eingeschläfert werden. Ich wollte leben!