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Robert E. Howard

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Beschreibung

In Whapeton herrscht das Faustrecht. Die anständigen Bürger der Stadt zittern vor den Geiern, einer gefährlichen Bande von Desperados, die überall dort zuschlagen, wo man es am wenigsten erwartet. Sie überfallen Kutschen und Geldtransporte, und selbst einsame Reisende sind nicht vor ihnen sicher. Auch Sheriff Middleton weiß keinen Rat. Bis er schließlich auf die Idee kommt, einen berüchtigten Revolvermann zu engagieren. Niemand in Whapeton ahnt, dass der eigentliche Ärger damit erst beginnt... IM SCHATTEN DER GEIER erschien erstmals im Jahr 1936 im US-Magazin Smashing Novels. Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Western-Klassiker im Rahmen seiner Robert-E.-Howard-Edition als durchgesehene Neuausgabe.

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ROBERT E. HOWARD

Im Schatten

der Geier

Roman

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

IM SCHATTEN DER GEIER   

1. Revolver in der Dunkelheit 

2. Goldfieber 

3. Die Falle des Revolvermanns 

4. Der Wahnsinn, der sie blind macht 

5. Das Rad beginnt sich zu drehen 

6. Das Gericht der Geier 

7. Gestutzte Geierflügel 

8. Die Bürgerwehr 

9. Der Angriff der Geier 

10. Blutiges Gold 

 

Das Buch

In Whapeton herrscht das Faustrecht. Die anständigen Bürger der Stadt zittern vor den Geiern, einer gefährlichen Bande von Desperados, die überall dort zuschlagen, wo man es am wenigsten erwartet. Sie überfallen Kutschen und Geldtransporte, und selbst einsame Reisende sind nicht vor ihnen sicher. Auch Sheriff Middleton weiß keinen Rat. Bis er schließlich auf die Idee kommt, einen berüchtigten Revolvermann zu engagieren. Niemand in Whapeton ahnt, dass der eigentliche Ärger damit erst beginnt...

Im Schatten der Geier erschien erstmals im Jahr 1936 im US-Magazin Smashing Novels. Der Apex-Verlag veröffentlicht diesen Western-Klassiker im Rahmen seiner Robert-E.-Howard-Edition als durchgesehene Neuausgabe.

Der Autor

Robert Ervin Howard (* 22. Januar 1906, + 11. Juni 1936).

Robert Ervin Howard war ein US-amerikanischer Autor von Fantasy-, Abenteuer- und Horrorgeschichten sowie mehrerer Westernromane. Er gilt als stilprägender Vertreter der Low Fantasy.

Howard wuchs in der kahlen und trockenen Landschaft von West-Texas auf und unternahm nur wenige Reisen. Als Heranwachsender arbeitete er auf den örtlichen Ölfeldern; darüber hinaus arbeitete er als Baumwollpflücker, Cowboy, Verkäufer, in einem Rechtsanwaltsbüro, als Landvermesser und als Journalist, bevor er sich durch den Verkauf seiner Geschichten an diverse Pulp-Magazine - vor allem Weird Tales, Thrilling Adventures, Argosy und Top-Notch - ein regelmäßiges Einkommen sichern konnte.

Seine erste Geschichte Spear And Fang verkaufte er im Jahre 1924 an Weird Tales. Dies war der Start einer ebenso kurzen wie beeindruckenden (und vor allem: nachwirkenden) Karriere als Schriftsteller: In den Folgejahren erschuf Howard seine bekanntesten Zyklen um Conan den Cimmerier, Kull von Atlantis, den Pikten Bran Mak Morn, den irischen Piraten Turlogh O’Brien und den englischen Puritaner Solomon Kane.

Die meisten Helden in Howards literarischem Nachlass sind latent depressiv (Solomon Kane, Turlogh O’Brien, Kull von Atlantis), was biographische Bezüge vermuten lässt. Lediglich Conan ist ein tendenziell naiver, von keinen Skrupeln oder tieferen Gefühlen berührter Abenteurer und Krieger. Über den Charakter Conan, der - vor allem auch durch die Verfilmungen in den Jahren 1982 und 1984 (beide mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle) sowie 2011 (mit Jason Momoa in der Rolle des Barbaren)  - wohl die populärste der von ihm geschaffenen Figuren ist, sagte er, sie sei die realistischste von allen, da sie eine intuitive Kombination diverser Männer darstelle, mit denen er in seinem Leben zu tun gehabt habe.

Viele von Howards Fantasy-Geschichten spielen vor dem Hintergrund des – fiktiven – Hyborischen Zeitalters.

Howard war ein Brieffreund H. P. Lovecrafts, der auch Einfluss auf Howards Geschichten ausübte. Umgekehrt geht das fiktive Buch Unaussprechliche Kulte, dessen Erfindung häufig Lovecraft zugeschrieben wird, auf Howard zurück.

Robert E. Howard Howard beendete sein Leben im Alter von 30 Jahren durch Selbstmord. Als seine kranke Mutter ins Koma fiel und wenig Hoffnung auf Genesung bestand, stieg er in seinen Wagen und erschoss sich in der Einfahrt zu seinem Haus.

IM SCHATTEN DER GEIER

  1. Revolver in der Dunkelheit

 

 

Die nackten Bretterwände des Golden-Eagle-Saloons schienen noch immer von den krachenden Detonationen der Revolver widerzuhallen, welche die plötzliche Dunkelheit mit flammend rotem Mündungsfeuer aufgerissen hatten. Doch nur ein nervöses Scharren gestiefelter Füße war in der angespannten Stille, die den Schüssen folgte, zu hören. Dann schabte irgendwo ein Streichholz über Leder, und gelbes, unruhig flackerndes Licht flammte auf, beleuchtete eine zitternde Hand und ein bleiches Gesicht. Einen Augenblick später erhellte eine Öllampe, deren Zylinder zerbrochen war, den Saloon und ließ die starren, bärtigen Gesichter der Männer scharf hervortreten. Die große Lampe, die von der Decke hing, war völlig zertrümmert. Kerosin tropfte auf die Bohlen und bildete eine ölige Pfütze - direkt neben einer anderen Lache, die jedoch dunkler und widerlicher war.

Zwei Gestalten beherrschten die Mitte des Raumes unter der demolierten Lampe. Einer von ihnen lag mit dem Gesicht zum Boden, regungslos und mit leeren von sich gestreckten Armen. Der andere kam gerade mühsam auf die Beine, verständnislos und benommen blickend wie jemand, dessen Verstand noch immer vom Alkohol benebelt ist. Schlaff hing sein rechter Arm an der Seite herunter, und ein langläufiger Revolver entglitt seinen kraftlosen Fingern.

In die erstarrten Männer, die längs der Bar in einer Reihe standen, kam Bewegung. Sie traten vor oder beugten sich vornüber, um einen Blick auf die schlaff am Boden liegende Gestalt zu werfen. Aufgeregtes Stimmengewirr setzte ein.

Eilige Schritte kamen von draußen, und die Menge teilte sich, als sich ein Mann schroff einen Weg durch die Ansammlung bahnte. Seine breitschultrige, schmalhüftige Gestalt lag über der Durchschnittsgröße, und sein breitkrempiger weißer Hut, die gepflegten Stiefel und sein sauberes Halstuch bildeten einen starken Kontrast zu dem rauen, derben Erscheinungsbild der anderen. Und ebenso kontrastierte sein scharf geschnittenes dunkles Gesicht mit dem schmalen Oberlippenbart zu den bärtigen Gesichtern um ihn herum. Er hielt einen Revolver, dessen Griffstück aus Elfenbein bestand, in der Hand, die Mündung nach oben gerichtet.

»Was, zum Teufel, ist hier los?«, verlangte er mit barscher Stimme zu erfahren. Und als sein Blick auf den Mann am Boden fiel, weiteten sich seine Augen.

»Grimes!«, stieß er hervor. »Jim Grimes, mein Deputy! Wer war das?« Etwas Tigerhaftes, Wildes umgab ihn, als er sich auf die verängstigste Menge zubewegte.

»Wer war es?«, fragte er scharf, während er sich halb bückte. Die Revolvermündung wies noch immer nach oben, doch er schien angespannt zu lauem - wie ein Raubtier, das bereit ist, jeden Moment sein Opfer anzuspringen.

Füße scharrten, als die Menge zurückwich. Doch einer der Männer blieb stehen und rief mit fester, klarer Stimme: »Wir wissen es nicht, Middleton. Jackson da hat sich 'nen Spaß gemacht, in die Decke zu ballern, und wir standen alle an der Bar und sahen ihm zu, als Grimes auf einmal in den Saloon kam und ihn festnehmen wollte...«

»Jackson hat ihn also erschossen!«, stieß Middleton knurrend hervor, und der Revolver richtete sich in einer blitzschnellen, kaum wahrnehmbaren Bewegung auf ihn.

Jackson schrie vor Todesangst auf und warf die Arme hoch, und der Mann, der das Schweigen gebrochen hatte, trat schnell zwischen sie.

»Nein, Sheriff, Jackson kann es unmöglich gewesen sein! Sein Revolver war leergeschossen, als die Lichter ausgingen. Ich weiß es genau. Er jagte sechs Kugeln in die Decke, während er sich hier vor uns allen zum Narren machte. Und ich hörte, wie der Hammer danach noch dreimal auf eine leere Hülse schlug. Ich weiß also, dass er keinen Schuss mehr in der Waffe hatte.

Aber als Grimes auf ihn zuging, schoss jemand das Licht aus, und ein Revolver krachte in der Dunkelheit, und als wir dann wieder Licht hatten, lag Grimes da auf dem Boden, und Jackson richtete sich gerade wieder auf.«

»Ich habe ihn nicht erschossen«, murmelte Jackson. »Ich hab' nur 'n bisschen Spaß gehabt. Ich war betrunken, aber jetzt kein bisschen mehr. Ich hätte mich der Festnahme nicht widersetzt. Als das Licht ausging, wusste ich nicht, was da passiert ist. Ich hörte den Revolver krachen, und Grimes riss mich zu Boden, als er stürzte. Ich hab' ihn nicht erschossen. Ich hab' keine Ahnung, wer das getan hat!«

»Keiner von uns weiß das«, fügte ein bärtiger Minenarbeiter hinzu. »Jemand schoss in der Dunkelheit...«

»Mehr als einer«, murmelte ein anderer. »Ich habe mindestens drei oder vier Revolver krachen gehört.«

Schweigen trat ein, und jeder blickte seinen Nachbarn von der Seite an. Die Männer hatten sich zurück zur Bar bewegt und die Mitte des großen Raumes, wo der Sheriff stand, freigelassen.

Misstrauen und Furcht gingen durch die Menge, sprangen wie ein elektrischer Funke von Mann zu Mann. Jeder von ihnen wusste, dass ein Mörder in seiner Nähe stand, vielleicht sogar an seinem Ellenbogen. Und die Männer vermieden es, direkt in die Augen ihres Nebenmannes zu blicken, aus Angst, ihn zu überraschen und das Wissen um die Schuld zu entdecken - und wegen dieser Entdeckung zu sterben.

Sie starrten den Sheriff an, der vor ihnen stand, als erwarteten sie, ihn plötzlich stürzen zu sehen - von einem

Feuerstoß aus denselben unbekannten Revolvern, die seinen Deputy niedergestreckt hatten.

Middletons Augen, die kalt und hart wie Stahl zu sein schienen, musterten einen nach dem anderen von den schweigenden Männern, die in einer langen Reihe standen. Sie wichen seinem Blick aus oder starrten ebenso eisern zurück. In einigen las er Furcht, andere waren unergründlich, und in manchen entdeckte er einen drohenden, höhnischen Ausdruck.

»Ich habe das erwartet. In letzter Zeit ist den Räubern und Killern, die dieses Camp terrorisieren, der Boden ein bisschen zu heiß geworden, und so haben sie meinem Deputy in den Rücken geschossen. Ich vermute, als nächstes werdet ihr versuchen, mich umzulegen. Nun, ich will euch hinterhältigen Ratten, wer ihr auch immer sein mögt, etwas sagen: Ich stehe euch zur Verfügung... jederzeit!«

Er schwieg nun, seine schlanke geschmeidige Gestalt war angespannt, und in seinen Augen brannte lauernde Wachsamkeit. Niemand bewegte sich. Die Männer längs der Bar hätten ebenso gut aus Stein gemeißelt sein können.

Seine Anspannung löste sich, und er ließ seinen Revolver ins Holster gleiten. Eine spöttische Grimasse krümmte seine Lippen.

»Ich kenne Typen eurer Sorte. Ihr erschießt keinen Mann, es sei denn, er kehrt euch den Rücken zu. Im Lauf eines Jahres sind vierzig Männer in der näheren Umgebung des Camps ermordet worden - und nicht einer von ihnen hatte eine Chance, sich zu verteidigen!

Gut möglich, dass dieser Mord ein Ultimatum für mich ist. In Ordnung, Leute! Ich habe die entsprechende Antwort schon parat: Ich kriege einen neuen Deputy, und ihr werdet sehen, dass ihr es mit ihm nicht so einfach wie mit Grimes haben werdet! Von nun an werde ich Feuer mit Feuer bekämpfen! Ich werde morgen früh aus der Schlucht reiten, und wenn ich hierher zurückkomme, werde ich den neuen Mann bei mir haben. Einen Revolvermann aus Texas!«

Er machte eine kurze Pause, um die Information bei den Männern wirken zu lassen. Und er lachte grimmig, als sich die Männer blitzschnelle, verstohlene Blicke zuwarfen.

»Ihr werdet in ihm kein wehrloses, unschuldiges Lamm antreffen!«, versicherte er mit Nachdruck. »Er war sogar für das Land, in dem man das gesetzlose Schnellschießen der Revolverhelden quasi erfunden hat, zu wild. Was er da unten getan hat, soll mich jedoch nichts angehen. Was er hier tun wird, das allein zählt. Und das einzige, was ich mir wünsche, ist, dass die Männer, die Grimes ermordet haben, denselben Trick auch bei diesem Texaner versuchen.

Und noch etwas sollt ihr wissen, und das sage ich im Bewusstsein der Risiken, die ich damit für mich heraufbeschwöre. Ich werde diesen Mann morgen am frühen Vormittag bei Ogalala Spring treffen. Ich werde allein dorthin reiten, bei Sonnenaufgang. Falls irgendjemand Vorhaben sollte, mir aufzulauern, soll er sich jetzt schon mal einen Plan zurechtlegen! Ich werde dem ungeschützten Trail folgen, und jeder, der glaubt, mit mir eine Rechnung begleichen zu müssen, wird mich dazu jederzeit bereit antreffen.«

Voller Verachtung wandte der Sheriff von Whapeton der sich an der Bar zusammendrängenden Menge seinen Rücken zu und verließ den Saloon.

 

Zehn Meilen östlich von Whapeton kauerte ein Mann auf seinen Stiefelabsätzen und briet über einem kleinen Feuer Streifen von Hirschfleisch. Die Sonne kam gerade über dem Horizont hoch. Und nicht weit vom Lagerfeuer entfernt knabberte ein rassiger Mustang am dünnen Gras, das spärlich zwischen den zerklüfteten Felsen wuchs.

Der Mann hatte die Nacht hier gelagert, doch Sattel und Decke waren hinten in den Büschen versteckt. Diese Tatsache ließ erkennen, dass es sich bei ihm um einen Mann von wachsamer Natur handelte. Niemand, der dem Trail, der an Ogalala Spring vorbeiführte, gefolgt war, hätte ihn entdecken können, wie er zwischen den Büschen schlief. Doch nun, als es heller Tag war, unternahm er keinen Versuch, seine Anwesenheit zu verbergen.

Der Mann war von hochgewachsener, breitschultriger Gestalt, mit einer stark ausgebildeten Brust und hageren Hüften - wie jemand, der sein Leben lang im Sattel verbracht hat. Sein unbezähmbares schwarzes Haar passte ausgezeichnet zu seinem Gesicht, das von der Sonne dunkel gebräunt war. Seine Augen jedoch leuchteten in einem brennenden Blau.

An jeder Hüfte ragte jeweils das schwarze Griffstück eines schweren Colts aus einem tief hängenden, abgewetzten schwarzen Lederholster. Diese Revolver schienen ebenso Bestandteil dieses Mannes zu sein wie seine Augen oder seine Hände. Er trug sie schon so beständig und so lange, dass der Umgang mit ihnen für ihn so natürlich geworden war wie der Gebrauch seiner Gliedmaßen.

Während er das Fleisch briet und den Kaffee im Auge behielt, der in einer alten zerbeulten Kanne kochte, richtete sich sein Blick immer wieder nach Osten, wo der Trail eine weite ebene Fläche durchschnitt, bevor er im Dickicht der zerklüfteten Hügellandschaft verschwand. Im Westen erklomm der Pfad einen sanft aufsteigenden Hang und verlor sich zwischen den Bäumen und Büschen, die sich bis auf wenige Meter an die Quelle erstreckten. Aber es war immer die östliche Himmelsrichtung, in die er blickte.

Als ein Reiter aus dem Dickicht im Osten auftauchte, nahm der Mann an der Quelle die Bratpfanne mit den im Fett brutzelnden Fleischstreifen vom Feuer, stellte sie daneben ab und griff nach seinem Gewehr - einer weitreichenden Sharps 50. Seine Augen verengten sich und zeigten Befriedigung. & erhob sich nicht, sondern blieb auf den Knien hocken, das Gewehr lässig in seinen Händen, die Mündung nach oben zeigend.

Der Reiter kam geradewegs auf ihn zu, und der Mann an der Quelle beobachtete ihn unter der Krempe seines Hutes hinweg. Erst als der Fremde sein Pferd wenige Meter vor ihm zügelte, hob der Mann am Feuer seinen Kopf und gestattete dem anderen einen ungehinderten Blick auf sein Gesicht.

Der Reiter war ein junger Mann von geschmeidiger Gestalt und mittlerer Körpergröße. Und sein Hut verbarg nicht, dass sein Haar gelb und lockig war. Seine großen Augen blickten arglos, und ein ansteckendes Lächeln lag auf seinen Lippen. Unter seinem Knie steckte kein Gewehr im Gewehrschuh, doch ein 45er Revolver mit Elfenbeingriffstück hing tief an seiner rechten Hüfte.

Seine Miene, als er das Gesicht des Mannes am Feuer sah, gab keinen Hinweis darauf, was in seinem Kopf vor sich ging - außer einem kaum merklichen Zucken der Muskeln, welche die Augen kontrollierten, ein unfreiwilliges und vor allem unkontrollierbares Zucken. Doch dann zeigte er ein breites Grinsen und rief: »Das Fleisch da riecht himmlisch, Fremder!«

»Sitz ab und hilf mir dabei!«, lud ihn der andere augenblicklich ein. »Kaffee ist auch da, falls es dir nichts ausmacht, aus der Kanne zu trinken.«

Er legte das Gewehr beiseite, als sich der Reiter aus dem Sattel schwang. Der blonde junge Bursche warf die Zügel über den Kopf des Pferdes, fummelte in seiner Deckenrolle herum und zog einen zerbeulten Blechbecher hervor. Mit der Tasse in der Rechten näherte er sich dem Feuer mit dem typisch rollenden Gang eines Mannes, der von Geburt an für ein Leben zu Pferd bestimmt ist.

»Hab' noch kein Frühstück gehabt«, gestand er. »Lagerte die Nacht ein Stück weiter unten am Trail und bin so früh hierhergekommen, um einen Mann zu treffen.

Dachte erst, du wärst der hombre, bis du mich angesehen hast. Hast mich ganz schön erschreckt«, fügte er freimütig hinzu.

Er setzte sich dem größeren Mann gegenüber, der ihm die Bratpfanne und die Kaffeekanne zuschob. Der hochgewachsene Mann bewegte die beiden Gegenstände mit der linken Hand. Die andere ruhte lässig und scheinbar zufällig auf seinem rechten Oberschenkel.

Der jugendliche Reiter füllte seine Blechtasse, trank den schwarzen ungezuckerten Kaffee mit sichtlichem Genuß und goss sich noch einmal nach. Er nahm Stücke des inzwischen abgekühlten Fleisches mit den Fingern aus der Pfanne - und gab Acht, dass er dabei ausschließlich seine linke Hand benutzte. Doch Kaffee eingießen und seine Tasse zu den Lippen führen tat er mit der rechten Hand. Er schien nicht zu bemerken, wo die rechte Hand seines Gegenübers ruhte.

»Heiße Glanton«, stellte er sich vor. »Billy Glanton. Texas. Guadalupe Country. Kam den Trail mit einer Herde Longhorns hoch, ging pleite, als ich in Hayes City mein Glück am Farotisch versuchte und zog dann nach Westen auf der Suche nach Gold. Zum Teufel, fand schnell raus, dass ich nicht zum Prospektor geboren bin! Jetzt bin ich auf der Suche nach 'nem Job, und der Mann, den ich hier treffen soll, sagt, er hätte einen für mich. Wenn ich mich nicht ganz täusche, bist du auch ein Texaner, nicht wahr?«

Die letzte Bemerkung war mehr eine Feststellung als eine Frage.

»Yeah, das ist mein Brandzeichen«, bestätigte der andere brummig. »Name is' O'Donnell. Pecos River Country, ursprünglich.«

Seine Angaben waren genauso unbestimmt wie die von Glanton. Sowohl Pecos als auch Guadalupe Country umfassten beträchtliche Territorien. Doch Glanton grinste jungenhaft und streckte seine Hand aus.

»Schlag ein!«, rief er. »Freue mich, einen hombre aus meinem Heimatstaat zu treffen, auch wenn unsere Tummelplätze da unten ein gutes Stück voneinander entfernt liegen!«

Ihre Hände trafen sich und packten kurz zu - braune, sehnige Hände, die noch niemals Handschuhe getragen hatten und mit der jähen Kraft von Stahlfedern zufassten.